Die Schöne und der Bastard - Kapitel 3

~ Kapitel 3 ~

Hass pulsierte durch seine Adern, als sie ihren Namen aussprach. Monatelanges Warten, ständig nur begleitet von Schmerz und Leid, hatte ihn hierher geführt, und nun konnte er endlich sein Schwert aus der Scheide ziehen. Der rote Nebel des Zorns legte sich über seine Umgebung, während er die Klinge, die ihr den Tod bringen sollte, hoch über seinen Kopf hob. Er kostete diesen Moment aus, von dem er seit der Schlacht bei Hastings geträumt hatte. Einen Augenblick lang fühlte er sich sogar versucht, sein Schwert zur Seite zu werfen, um ihr mit bloßen Händen das Leben zu nehmen. Er wusste, damit würde er dieses urtümliche Verlangen nach Rache noch besser befriedigen. Doch dann hielt er das Heft seines Schwerts fest umklammert und schrie seinen Hass hinaus, damit alle ihn hörten.

„Tod all denen, die vom Blut des Verräters Durward sind!“

Ehe er die Klinge jedoch auf die Frau niederfahren lassen konnte, verzog sich der rote Nebel und er sah nichts weiter als diese Frau, die sich vor ihm hingekniet hatte. Dieses kurze Zögern genügte ihren Untergebenen, um zu ihr zu eilen und sich um sie zu scharen. Die Frau versuchte, die Leute wegzustoßen, aber sie ließen es nicht zu.

Als er daraufhin einen Schritt auf sie zumachte, wich die Menge wie ein Mann vor ihm zurück, bis sie sich zwischen seinen Leuten und einer Ecke des Saals befanden. Weiter konnten sie sich nicht bewegen, aber sie hatten so oder so keine Chance, einen Angriff bewaffneter Ritter unterstützt von Bogenschützen zu überleben. Trotzdem standen sie weiter schützend vor ihrer Mylady.

„Soren“, meldete sich Guermont leise zu Wort. „Vielleicht ist das nicht der richtige Weg.“

Soren drehte sich zu ihm um, da er auf dem einen Ohr nicht so gut hörte, und warf ihm einen finsteren Blick zu. Auch wenn er kurz zögerte, hatte er nicht diesen weiten Weg zurückgelegt, um sich jetzt dicht vor seinem Ziel durch ein paar Dorfbewohner und eine Handvoll Kinder von seinem Vorhaben abbringen zu lassen.

Es waren nur diese wenigen Leute, die sich jetzt schützend vor die Tochter stellten. Ihre Krieger waren allesamt tot oder gefangen genommen, und doch scharten sich die einfachsten Leute um sie, als wären sie tatsächlich in der Lage, ihn aufzuhalten. Guermonts Warnung zeigte Wirkung und ließ ihn bedächtiger vorgehen. Wenn er unschuldige Bauern tötete, würde er damit eine noch schlimmere Verdammnis riskieren als die, die Gott ihm schon zugedacht hatte.

Er steckte das Schwert weg und ging auf die Gruppe zu, unmittelbar gefolgt von seinen Männern, die eine Keilformation eingenommen hatten, sodass sie sich bis zur Mitte der Menschenmenge vorarbeiten konnten. Als sie dann endlich bis zu der Frau vorgedrungen waren, die sich als die gesuchte Tochter zu erkennen gegeben hatte, zogen sie sie ein Stück weit mit sich, während die Menge erneut begann, sich für sie einzusetzen. Eine alte Frau sank auf die Knie.

„Gnade, Mylord! Gnade!“, schrie sie aus Leibeskräften.

„Gnade! Gnade!“, schloss sich eine andere an, gefolgt von immer mehr Leuten, bis der Saal vor flehentlichen Rufen nach Gnade dröhnte, die er gar nicht gewähren wollte.

Zumindest glaubte er das, bis das fragliche Weib seine Hand berührte und vor ihm auf die Knie ging.

„Verschont sie bitte. Sie alle wollen mich nur beschützen“, redete sie auf ihn ein. „Keinen von ihnen trifft irgendwelche Schuld.“

Trotz ihrer Verfassung, der blutigen Stoffstreifen um ihren Kopf und trotz ihres zerrissenen und verdreckten Kleids wirkte sie ganz wie die stolze Tochter des alten Lords. Dass sie sich so für ihre Leute einsetzte, die nun seine Leute waren, berührte ihn, auch wenn ihn in der Stunde seines Triumphs dieser Moment der Schwäche wahrlich anwiderte.

„Was ist mit dir geschehen?“, fragte er, ohne seine Wut vor ihr zu verbergen.

„Ein Stein traf mich am Kopf“, begann sie. „Meine Augen …“ Mehr brachte sie nicht heraus, da sie am ganzen Leib zu zittern anfing, als wäre ihr das ganze Ausmaß soeben selbst erst bewusst geworden.

„Bist du blind?“, hakte er nach.

Ein solcher Makel war zweifelsfrei ein Grund, dem Wunsch des Königs nach einer Heirat mit ihr nicht nachkommen zu müssen. So etwas genügte, um eine Verlobung zu lösen, es war ein Hindernis für jede wahre Ehe und es konnte …

Sie kann mich nicht sehen!

Soren erkannte, dass ein kleiner Funken Hoffnung ihm diese Worte eingegeben hatte. Als Blinde würde sie nie sein entstelltes Gesicht zu sehen bekommen. Sie würde niemals mit Abscheu seine Verstümmelung betrachten, niemals würde er in ihren Augen Angst oder Mitleid sehen müssen.

Sie konnte ihn nicht sehen.

„Nehmt sie mit“, sagte er leise.

Erneut brach im Saal lautes Schreien und Lamentieren los, da diese Leute glaubten, er wolle sie hinrichten lassen. Die Mylady dagegen sagte keinen Ton und setzte sich auch nicht zur Wehr, als seine Männer sie bis zum anderen Ende des Saals führten und ihr bei den Stufen hinauf aufs Podest halfen. Seine Krieger nahmen aufgereiht Stellung zwischen den Leuten und dem Podest, um sie davon abzuhalten, zu ihrer vormaligen Herrin vorzudringen.

Er ging die Stufen hinauf und stellte sich zu ihr, wobei er alle mit einem finsteren Blick bedachte, die ihm die Macht streitig machen wollten, das zu tun, was er tun wollte. Aber die leise Stimme der Frau kam ihm zuvor, noch ehe er seine Anweisungen hatte erteilen können.

„Mylord?“, fragte sie und drehte den Kopf, um herauszufinden, wo genau er sich in diesem Moment befand. „Mylord Soren?“

Hitze durchfuhr seinen Körper, als er sich vorstellte, ihre sinnliche Stimme zu hören, wenn sie in seinem Bett lag. Sie würde seinen Namen wieder und wieder flüstern und hauchen und so seine Macht über ihren Körper und ihre Seele anerkennen, während er ihr Stunde um Stunde Lust bereitete. Sie würde seinen Namen schreien, wenn er in sie eindrang, damit nur er sie besitzen würde und niemand sonst …

Soren verwarf diese Vision schnell wieder und sah die Frau aufgebracht an, bis er begriff, wie sinnlos dieses Unterfangen war. Also ging er zu ihr und brachte bis auf ein heiseres „Aye“ nichts heraus.

„Würdet Ihr mir einen Moment mit einem Priester gestatten, bevor …“ Ihre Stimme versagte kurz. „Vor meinem Tod?“

Bei jedem anderen hätte er solchen Mut bewundert, bei ihr dagegen musste er sich zwingen, kein Mitgefühl zu empfinden. Voller Wut über sich selbst, weil er schon flüchtig daran gedacht hatte, ihr gegenüber Güte zu zeigen, drehte er sich weg. „Du wirst einen Priester benötigen, Sybilla of Alston“, knurrte er. „Aber ich beabsichtige nicht, dich heute zu töten.“

„Mylord? Soll ich dann Eure Gefangene sein?“

Er sah ihr zu, wie sie versuchte, auf ihn zuzugehen und dabei stolperte. Verflucht! Nun musste er sich auch noch davon abhalten, zu ihr zu eilen und ihr zu helfen. „Du wirst eine Art Gefangene sein“, erwiderte er. „Als meine Ehefrau.“

Wieder kam Unruhe auf, die Menschen drängten nach vorn, weil sie sie vor einem Schicksal bewahren wollten, das offenbar noch schlimmer war als der Tod. Lady Sybilla sagte nichts, dann auf einmal sackte sie in sich zusammen und fiel zu Boden.


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