Touchdown für die Liebe

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Seit Ewigkeiten hat Dellina Hopkins einen Mann mit nach Hause genommen - nur nicht bedacht, dass er die Brautkleider ihrer Freundin entdecken und prompt die Flucht ergreifen könnte. Aber das war nur das Vorspiel mit dem sexy Ex-Footballspieler. Denn Dellina soll ein Event für seine Firma organisieren, und zwischen ihnen knistert es, dass die Luft flirrt. Dellina könnte bei Sam sicher mehr als einen Touchdown landen …

"Besser kann ein Liebesroman nicht sein - eine perfekte Mischung aus Gefühlen, Humor und fantastischer Story." Booklist


  • Erscheinungstag 11.04.2016
  • Bandnummer 21
  • ISBN / Artikelnummer 9783956495489
  • Seitenanzahl 304
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Na, bereit, an den Schauplatz des Verbrechens zurückzukehren?“, fragte Dellina Hopkins und schaute den dunkelhaarigen Mann an, der auf ihrer Veranda stand. Sie nahm an, die höfliche Reaktion auf seine Anwesenheit wäre, ihn hereinzubitten. Und das würde sie auch … in einer Minute. Aber erst würde sie ihn etwas zappeln lassen.

Sam Ridge, einen Meter achtzig groß, dunkeläugig, attraktiv, kniff die Augen zusammen. „Du hast nicht vor, es mir leicht zu machen, oder?“

Dellina lächelte. „Nein. Würdest du das an meiner Stelle tun?“

Er überraschte sie, indem er ein Grinsen aufblitzen ließ. „Nein, würde ich nicht.“

„Ein ehrlicher Mann.“ Mit der Hüfte stieß sie die Tür ein Stück weiter auf und trat dann zurück, um ihn hereinzulassen. „Das ist ein Wunder.“

Er trat ein. Dellina ließ die Fliegengittertür zuknallen, aber die dicke Holztür offen stehen. Es war Sommer in Fool’s Gold und ziemlich warm. Eine leichte Brise wäre nett. Außerdem – und das war der Teil, den sie Sam gegenüber niemals zugeben würde – bedeutete eine offene Tür, dass sie nicht ganz allein waren. Okay, sie waren allein, aber es fühlte sich nicht so intim an. Und angesichts dessen, was beim letzten Mal geschehen war, als sie allein in diesem Haus gewesen waren, war das nur gut.

Sam blieb mitten im Wohnzimmer stehen, als wüsste er nicht, wo er hingehen sollte. Er drehte ein wenig den Kopf, und sie hatte den Eindruck, er schaue den Flur hinunter – in Richtung ihres Schlafzimmers. Ohne Zweifel erinnerte er sich daran, was dort fünf Monate zuvor passiert war.

Dellina wollte ihm sagen, dass es nicht ihre Schuld gewesen war – dass am Valentinstag jedem erlaubt war, sich dumm zu benehmen. Oder in ihrem Fall in der Valentinsnacht. Nur hatte sie genau gewusst, was sie tat, und es war so wunderschön und katastrophal gewesen, wie man es sich nur vorstellen konnte. Jetzt würden sie und Sam die Konsequenzen dafür tragen müssen.

Er drehte sich zu ihr um und zeigte dann aufs Sofa. „Wir sollten uns vermutlich setzen.“

„Macht es das für dich leichter?“, fragte sie.

„Wenn ich Ja sage, setzt du dich dann?“

„Vermutlich.“

„Dann ja. Es macht die Dinge leichter.“

Dellina setzte sich in einen der Sessel, während Sam auf dem Sofa Platz nahm.

Seine Bewegungen waren kräftig, aber kontrolliert. Das liegt vermutlich an seiner Karriere als Sportler, dachte sie, als sie ihn beobachtete. Auch auf die Gefahr hin, wie ein Groupie zu klingen: Ihr war klar, dass dieser Mann wusste, wie er seinen Körper einzusetzen hatte. Natürlich war sie beim letzten Mal nicht daran interessiert gewesen, sich zu setzen. Oder mit ihm zu reden. Aber er auch nicht. Sie waren förmlich übereinander hergefallen, als sie zum Schlafzimmer gestolpert waren. Er hatte …

Dellina schob die lebhaften Erinnerungen beiseite. Ja, Sam war im Bett umwerfend gewesen. Aber danach war alles den Bach runtergegangen. Sie musste sich an das halten, was wichtig war. Er war wegen eines Jobs hier. Nicht wegen seiner unerwiderten Lust auf sie. Wenn man bedachte, wie er ihr in den letzten Monaten aus dem Weg gegangen war, beruhte das inzwischen auf Gegenseitigkeit.

Aber er steckte auch ein klein wenig in der Bredouille.

Über die altmodische Formulierung hätte sie beinah gelächelt. Ja, Sam brauchte sie. Nicht auf die köstliche, nimm mich rufende Weise, aber geschäftlich. Sie war Party-Planerin, und er wollte eine wirklich große Firmenfeier ausrichten. Er steckte fest, und sie war sein Ausweg. Selten, aber doch manchmal spielten ihr die Umstände in die Hände. Nachdem er nun fünf Monate sie und jene eine Nacht ignoriert hatte, sah er sich jetzt gezwungen, sich ihr zu stellen. War es so verkehrt von ihr, diesen Augenblick zu genießen? Vermutlich nicht.

Sie legte die Hände flach auf ihre Oberschenkel und schaute ihn an. „Wie kann ich dir helfen?“

Ernst sah er sie an. „Wirklich? Du willst wirklich nicht zugeben, dass du weißt, worum es geht?“

Sie blinzelte ein paar Mal, dann riss sie die Augen auf. „Als du mich angerufen hast, um einen Termin zu vereinbaren, hast du nicht erwähnt, worum es geht.“ Natürlich wusste sie, warum er hier war, aber auch jetzt schien ihr eine kleine emotionale Folter die richtige Form der Rache zu sein.

Sein Kiefermuskel zuckte. „Okay. Spielen wir das auf deine Art. Ich bin Sam Ridge. Partner bei Score.“

Sie grinste. „Ich weiß, wer du bist, Sam. So viel müssen wir nun auch nicht vorspielen. Sag mir einfach nur, was du willst, und dann machen wir von da aus weiter.“

Er fluchte leise. „Du bist mit Taryn befreundet. Du hast für sie gearbeitet. Wie lange willst du mich noch bestrafen?“

Er hatte recht, was Taryn anging. Sie und Dellina waren Freundinnen und arbeiteten ab und zu zusammen. Score, die fragliche PR-Agentur, war kurz nach dem Jahreswechsel nach Fool’s Gold gezogen. Drei der Partner waren ehemalige NFLSpieler, und Taryn war diejenige, die die Firma zusammenhielt.

„Ich habe mich noch nicht entschieden, wie lange du bestraft werden musst“, gab sie zu und überlegte, ob mit den Wimpern zu klimpern ein wenig zu dick aufgetragen wäre.

Er seufzte schwer. „Gut. Machen wir es auf deine Weise. Jetzt, wo wir unsere Firma hierher verlegt haben, wollen meine Partner und ich ein großes Fest für unsere Kunden ausrichten. Wir haben ein Hotel gebucht, aber weiter sind wir in unseren Planungen noch nicht gekommen.“

„Eine Party“, hauchte sie und presste sich die Hand aufs Herz. „Das klingt wirklich nett.“

Vermutlich standen Neurochirurgen oder der Mensch, der das Space Shuttle landen musste, ganz oben auf der Top-Ten-Liste von Berufen, die einem Magengeschwüre bereiteten. Sam schätzte, dass auch derjenige, der am Silvesterabend den Ball auf dem Times Square in New York fallen ließ, ein paar schlaflose Nächte hatte. Und er würde anfügen, dass Kicker in der NFL zu sein auch seine stressigen Momente hatte. In seiner Zeit bei den L. A. Stallions war er für sechsundzwanzig Siege verantwortlich gewesen, drei davon während der Play-offs und einer beim Super Bowl. Er wusste, wie es war, alle Augen – sowohl live als auch im Fernsehen – auf sich gerichtet und seine Leistung endlos kritisiert zu sehen.

Er hatte immer bereits in dem Moment, wenn sein Fuß mit dem Ball in Berührung kam, gewusst, wie das Ergebnis aussähe, und er war berühmt dafür, sich direkt nach dem Schuss umzudrehen und sich von dem Jubel der Zuschauer sagen zu lassen, ob er richtig gelegen hatte. Er war Druck gewohnt. Er hatte ihn gelebt und geatmet. Aber nie hatte er jemandem wie Dellina Hopkins gegenübertreten müssen, und das Schlimmste daran war, dass sie recht damit hatte, es ihm schwer zu machen.

Sam schüttelte den Kopf. „Okay“, sagte er. „Ich gebe es zu. Ich habe mich geirrt.“

Ihre braunen Augen funkelten. „Womit geirrt?“

„In jener Nacht. Ich hätte nicht einfach so abhauen dürfen. Es war nur …“ Er zeigte in Richtung Flur. „Diese Kleider und die Liste. Ich suche nicht nach einer Frau zum Heiraten.“

„Und ich auch nicht nach einem Mann.“

„Du bist diejenige mit dem Zimmer voller Hochzeitskleider.“

Sie presste ihre vollen Lippen aufeinander. Sam versuchte, nicht darauf zu achten, aber ihr Mund war mit das Erste, was damals an diesem Valentinstag seine Aufmerksamkeit erregt hatte.

Er hatte wochenlang in der Ronan’s Lodge gewohnt, bis der Kauf seines Hauses abgeschlossen war. An jenem Abend war er in die Bar hinuntergegangen und hatte erst dort gemerkt, dass Valentinstag war und die Bar brechend voll mit Pärchen. Da er erst kurz zuvor – wieder einmal – den Frauen abgeschworen hatte, hatte er sich umgedreht, um wieder in sein Zimmer zurückzukehren.

Aber bevor er hatte flüchten können, hatte er Dellina gesehen. Sie war mit Freunden da gewesen. Sie hatten gelacht und sich unterhalten. Niemand hatte Notiz von ihm genommen. Sie war ganz hübsch, aber dann hatte sie gelächelt, und es war wie ein Schlag in den Magen gewesen – und er war ein Mann, der die Kraft eines guten Trittes zu würdigen wusste. Er hatte eine Runde Drinks an ihren Tisch geschickt, die Frauen hatten ihn eingeladen, sich zu ihnen zu gesellen, und eine Stunde später hatten er und Dellina zusammen beim Dinner gesessen.

Später, als er sie geküsst hatte, war ihm klar geworden, dass ihr Mund so aufregend und faszinierend war, wie er gehofft hatte. Sie hatte ihn zu sich nach Hause eingeladen, er hatte Ja gesagt, und der Rest war unglaublich gewesen. Bis er mitten in der Nacht aufgestanden war und sich in einem Albtraum wiedergefunden hatte.

Er war ihr die letzten fünf Monate aus dem Weg gegangen. Was in einer Stadt von der Größe Fool’s Golds nicht leicht war. Die Situation wurde noch dadurch komplizierter, dass er ihre Gesellschaft genossen hatte und sie wirklich gern wiedergesehen hätte.

Jetzt, da seine Firma ihre Dienste benötigte, war er gezwungen, sich damit abzufinden. Also war er hier. Wurde aus purem Vergnügen gequält. Kenny und Jack würden sagen, dass es gar keinen anderen Grund gab, aus dem man jemanden sonst quälen sollte.

Dellina erhob sich. Sie war ungefähr eins fünfundsechzig groß und hatte fabelhafte Kurven an genau den richtigen Stellen. Wenn er sie in der Stadt sah – denn ihr aus dem Weg gehen zu wollen und in der Lage zu sein, es wirklich zu tun, waren zwei ganz verschiedene Dinge –, trug sie normalerweise Kleider oder Kostüme. Heute hatte sie eine Jeans und ein mit Rüschen besetztes, ärmelloses Ding an, das nicht sexy sein sollte, es aber trotzdem war. Ihre nackten Arme zu sehen erinnerte ihn an ihren nackten Körper … was überhaupt erst der Grund für die Probleme zwischen ihnen war.

Verdammt, er hätte an diesem Morgen nicht aufstehen sollen. Oder nach Fool’s Gold ziehen. Oder bei Score einsteigen. Oder überhaupt geboren werden.

„Steh auf“, sagte sie.

Er gehorchte.

Sie ging zu ihm und streckte ihm ihre Hand hin. „Wir fangen noch mal ganz von vorne an. Ich bin Dellina Hopkins. Mir gehört eine Party-Planungsagentur.“

Er wusste nicht, was sie jetzt schon wieder vorhatte, nahm aber an, dass er in der Sache kein großes Mitspracherecht hatte. Die Zeit lief ihm davon, und er war verzweifelt.

„Sam Ridge. Mir gehört eine PR-Firma.“

Sie schüttelten einander die Hand. In der Sekunde, in der sich ihre Finger umeinander schlossen, spürte er die Hitze. Sofort ließ er den Blick zu ihren vollen Lippen wandern und erinnerte sich daran, ihnen nicht annähernd genügend Zeit gewidmet zu haben. Oder irgendeinem anderen Teil von ihr. Es war nur so gewesen, dass er, sobald sie nackt gewesen war, nicht gewusst hatte, welchen Teil von ihr er als Erstes genießen sollte. Und dann hatte der Albtraum begonnen.

Sie entzog ihm die Hand und ließ sie sinken.

„Also, Sam, wie viele kleine Firmen ist auch meine in meinem Haus untergebracht. Dieses Haus, das ich gemietet habe, hat drei Zimmer. In einem schlafe ich. In einem arbeite ich. Womit ein freies Zimmer übrig bleibt. Bitte folge mir.“

Sie ging den Flur hinunter. Er zögerte, hatte eine Ahnung, wohin sie gehen würden, und das war kein Ort, den ein Mann freiwillig besuchen wollte. Die Frage war: Wie sehr brauchte er sie? Und die Antwort lautete: sehr.

Sie blieb vor einer geschlossenen Tür stehen. Der geschlossenen Tür.

„Meine Freundin Isabel hat einen Laden in der Stadt, der Paper Moon heißt“, erklärte Dellina. „Sie verkauft Brautkleider. Letzten Herbst hat sie beschlossen, zu expandieren und auch andere Kleidung in ihr Sortiment aufzunehmen. Sie hat den Laden nebenan gemietet und angefangen umzubauen. Wie du dir vorstellen kannst, war das ein ziemlich großes Unterfangen. Wegen der Bauarbeiten hat sie vorübergehend einen Teil ihrer Lagerfläche verloren. Das durchschnittliche Brautkleid ist ein ziemlich besonderes Stück. Man kann es nicht einfach überall aufbewahren. Es muss geschützt und bei bestimmten Temperaturen gelagert werden.“

Langsam fielen die Puzzleteile an ihren Platz. Sam erinnerte sich, dass er aufgestanden war, nachdem er und Dellina sich geliebt hatten. Er war immer noch geschockt gewesen von der Hitze, die zwischen ihnen aufgelodert war, und hatte sich schon auf einen zweiten Durchgang gefreut. Auf dem Weg vom Badezimmer zurück war er falsch abgebogen. Anstatt in ihr Schlafzimmer zurückzugehen, hatte er sich in einem Raum wiedergefunden, in dem endlose Reihen von Hochzeitskleidern hingen.

Schlimmer noch, an der Wand prangte eine Tafel mit der Überschrift: „Zehn Wege, ihn dazu zu bringen, dir einen Antrag zu machen“.

Da war er verständlicherweise ausgeflippt. Er hatte den Weg zurück in ihr Zimmer gefunden, sich schnell angezogen und war geflohen. Von da an hatte er kein Wort mit Dellina gesprochen. Er war ihr aus dem Weg gegangen, hatte es vermieden, irgendetwas mit ihr zu tun zu haben, und hatte sich selbst nie gestattet, über diese Nacht nachzudenken. Denn wenn er es täte, würde er feststellen, dass er Dellina noch einmal wollte. Und bei seinem Pech mit Frauen war es wichtig, sich an die zu halten, die geistig vollkommen gesund waren.

Was, wie es aussah, vielleicht doch auf Dellina zutraf.

Sie öffnete die Tür. Instinktiv verspannte er sich, als er sah, dass die Kleider noch da waren. Kleiderstangen voller weißer Kleider in Schutzhüllen. Wie Plastik-Aliens hingen sie dort und warteten darauf, auf ihr Mutterschiff zurücktransportiert zu werden.

„Isabel bezahlt mich dafür, dass sie ihre Kleider hier lagern kann“, erklärte Dellina. „Ich würde es auch umsonst machen, aber sie besteht auf einer kleinen monatlichen Miete. Das sind nicht meine Kleider.“

„Okay.“ Er wollte seinen Kragenknopf lösen, stellte aber fest, dass sein Hemd gar nicht bis oben hin zugeknöpft war und der Druck, den er spürte, alleine daher stammte, dass er sich wie ein Idiot aufgeführt hatte.

Er räusperte sich. „Das, äh, erklärt das Problem mit den Brautkleidern. Aber was ist damit?“

Er zeigte auf die Tafel. Auf ihr stand immer noch „Zehn Wege, ihn dazu zu bringen, dir einen Antrag zu machen“, aber es fehlten die entsprechenden Vorschläge.

Dellina seufzte und ließ sich gegen die Wand sinken. „Die gehört Fayrene.“

Er hob eine Augenbraue.

„Meine jüngere Schwester“, erklärte sie. „Fayrene hat Ryan im letzten Herbst kennengelernt. Sie haben sich verliebt, aber sie wollte nicht heiraten und sich stattdessen auf ihre Karriere konzentrieren. Ryan war damit einverstanden, und sie kamen überein, vier Jahre zu warten.“

„Wo ist das Problem?“

„Sie hat ihre Meinung geändert und möchte, dass er ihr jetzt einen Antrag macht.“

Er wartete, weil er wusste, dass da noch mehr kommen musste.

„Ryan versteht die Nachricht nicht.“ Dellina massierte sich die Schläfen. „Vermutlich, weil sie es ihm nie klar gesagt hat. Fayrene will Ryan nicht sagen, dass sie ihre Meinung geändert hat. Das wäre nicht romantisch. Sie will, dass er von allein draufkommt.“

„Das wird nicht passieren“, sagte Sam. „Wenn Ryan deine Schwester liebt, wird er ihre Wünsche akzeptieren, egal, wie sehr er auch vielleicht eher heiraten will. Das ist keine gute Strategie.“

„Danke für deine Erklärung. Aber das müsstest du schon mit Fayrene diskutieren, denn ich stimme dir da vollkommen zu. Der Punkt ist, diese Liste hat nichts mit mir zu tun.“

Dellina sah ihn an. „Hör mal, Sam. Ich weiß, du hast keinen Grund, mir zu glauben, aber ich nehme nicht ständig Männer mit nach Hause, die ich gerade erst kennengelernt habe. Am Valentinstag war es das erste Mal, dass ich so etwas getan habe.“

Sie sprach weiter, aber er hörte lange genug auf, ihr zuzuhören, um sich in der Tatsache zu sonnen, dass sie sich ausgerechnet ihn für ihren One-Night-Stand ausgesucht hatte. Okay, das war nicht ganz so gut, wie ein Heilmittel für eine tödliche Krankheit zu entwickeln, aber trotzdem schön zu wissen. Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf sie.

„… und als du weggelaufen bist, wusste ich nicht, was passiert ist. Dann habe ich mich an dieses Zimmer erinnert und gewusst, dass du ausgeflippt bist.“

„Verständlicherweise“, ergänzte er.

„Ja. Das ist schon ein wenig verstörend. Aber du hättest mich doch einfach fragen können, was es damit auf sich hat.“

Er dachte an die anderen Frauen, die er in seinem Leben kennengelernt hatte. Seine Familie. Wenn Dellina davon wüsste, würde sie keine rationale Reaktion erwarten. Aber sie hatte keine Ahnung davon, und das war ihm auch lieber so.

„Du hast recht“, pflichtete er ihr bei. „Ich hätte dich fragen sollen. Ich habe einfach nur reagiert. Es war spät, und wir hatten Sex, und dieses Zimmer hat mir eine Heidenangst eingejagt.“

Sie lächelte. „Du kannst ganz schön schnell laufen.“

„Ich hatte viel Übung.“

Ihr Lächeln wurde breiter und lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihren Mund. „Du warst echt gut darin, mir aus dem Weg zu gehen. Fool’s Gold ist nicht sonderlich groß.“

„Das ist mir auch schon aufgefallen. Du warst überall und hast es mir nicht leicht gemacht.“

„Das wollte ich auch nicht“, gab sie zu.

„Dann musst du dich ja gefreut haben, das von der Firmenfeier zu hören.“

Sie sah ihn schelmisch an. „Ein bisschen.“

Weil die Organisation dieser Party nämlich ihm zugeteilt worden war. Normalerweise hätte er einfach jemanden dafür engagiert, aber die einzige Party-Planerin der Stadt war Dellina. Also hatte er es so lange wie nur irgend möglich hinausgezögert.

„Jetzt, wo du dich auf meine Kosten amüsiert hast“, sagte er, „gibt es immer noch ein Problem, das wir lösen müssen.“

„Stimmt. Score schmeißt eine Party für seine besten Kunden. Drei Tage Spaß und Ausgelassenheit.“

„Ausgelassenheit? Hast du das gerade wirklich gesagt?“

Sie drückte sich von der Wand ab und ging über den Flur. „Das weißt du doch. Komm. Reden wir darüber, wie viel mehr du mir dafür bezahlen musst, das alles innerhalb von vier Wochen auf die Beine zu stellen.“

Dellina war in Sams Gegenwart entspannter, als sie erwartet hatte. Jetzt, da sie über die Vergangenheit und die Peinlichkeit der Nacht gesprochen hatten, konnten sie sich dem Geschäft-lichen widmen.

Er folgte ihr in ihr Büro. Unglücklicherweise war sie nicht auf Besucher vorbereitet, deshalb lagen überall Papierstapel herum. Sie wollte sagen, dass sie normalerweise zu ihren Kunden ging, wusste aber, dass eine der Grundregeln im Business lautete, sich niemals unnötig zu entschuldigen. Dafür gäbe es noch ausreichend Zeit, sollte sie es wirklich vermasseln.

Sie griff zur gleichen Zeit nach einem Stapel Papiere wie Sam. Seine Hand legte sich auf ihre. Instinktiv schaute sie ihn an, und ihre Blicke hielten einander fest. Vermutlich wegen der Hitze, die sofort aufstieg, ganz zu schweigen von den Funken, die zwischen ihnen flogen. Außer sie war die Einzige, die diese Anziehung verspürte. In dem Fall fragte er sich vermutlich, was, zum Teufel, mit ihr nicht stimmte.

Sie zog die Hand zurück, er auch, und die Papiere segelten zu Boden.

Dellina starrte das Chaos an. „Okay“, sagte sie und ging um ihren Schreibtisch herum. „Lass sie einfach da liegen. Tiefer können sie nicht fallen.“

Ihr Büro befand sich in dem kleinsten der drei Zimmer. Es war vielleicht zehn Quadratmeter groß, und in der Mitte stand ihr großer Schreibtisch. Es gab ein paar Stühle, zwei Aktenschränke, eine Pinnwand an der Wand, ein Fenster und einen langen Tisch, den sie meistens dazu nutzte, weitere Papiere zu stapeln. Irgendwann dieser Tage würde sie sich endlich mal ein Ablagesystem überlegen müssen.

Sie setzte sich und griff nach einer Mappe. Sie wies ihren Projekten verschiedene Farben zu, und die Score-Party war blutrot. Eine der Farben der L. A. Stallions. Etwas, das sie lächeln ließ, auch wenn es Sam nicht auffiel.

„Wegen der Party“, fing sie an und zog sich einen Notizblock heran. „Was schwebt euch da vor?“

„Taryn muss dir doch irgendwas erzählt haben.“

„Das hat sie, aber ich möchte sichergehen, dass ich verstehe, was du erwartest. Also, schieß los.“ Sie lächelte. „Keine Sorge, ich werde mich nicht langweilen, wenn ich es schon gehört habe.“

„Wie beruhigend.“ Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Wir laden zwanzig Paare ein, das macht also vierzig Erwachsene. Sie bringen insgesamt zwölf Kinder im Alter zwischen sechs und dreizehn Jahren mit.“

Sie machte sich Notizen.

„Zu unseren Kunden gehören Sportgrößen, eine Firma, die Rum herstellt, und eine Timesharing-Firma für Jets.“

Sie schaute auf. „Eine was?“

„Eine Timesharing-Firma für Jets. Privatflugzeuge?“

„Ich weiß, was das ist.“

„Bei einem Timesharing erwirbt man Stunden, anstatt sich ein ganzes Flugzeug kaufen zu müssen. Außerdem gibt es einen jährlichen Mitgliedsbeitrag. Man kann hundert Stunden kaufen. Zweihundert. Wie viele auch immer man braucht.“

Sie nahm an, nur einen Teil eines Jets zu besitzen war besser, als das gesamte Ding zu kaufen. Zumindest wenn man in der Position war, sich um solche Sachen Gedanken machen zu müssen. Sie flog nicht oft, aber wenn, suchte sie immer online nach Schnäppchen.

„Ein weiterer Kunde ist ein internationaler Headhunter.“ Er hielt inne, als warte er auf eine Frage.

„Ich weiß auch, was das ist“, sagte sie. „Sie suchen Mitarbeiter für gehobene Stellen in großen Firmen.“

„Sehr gut.“

Bei der Feier wäre viel Geld versammelt, dachte sie, als sie sich weitere Notizen machte. Was wenig überraschend war. Die Besitzer von Score waren reiche, erfolgreiche Männer. Oder in Taryns Fall eine reiche, erfolgreiche Frau. Da war es nur logisch, dass sie ebensolche Kunden anzogen. Sie fragte sich, warum sie sich entschieden hatten, nach Fool’s Gold zu ziehen. Ein ruhiges, familienorientiertes Städtchen mit einer Besessenheit für Festivals. Laut Taryn waren es die Jungs gewesen, die den Umzug vorangetrieben hatten. Dellina fragte sich, ob sie damit auf etwas zu- oder vor etwas weggelaufen waren.

Sie ließ den Blick zu Sam zurückwandern. Er war über eins achtzig groß, hatte breite Schultern und einen schlanken, muskulösen Körper. Als Kicker musste er nicht riesig sein. Jack und Kenny waren wesentlich größer. Auch wenn sie Sams Gestalt bevorzugte, würde sie seine stattliche Männlichkeit und die erneuten Funken ignorieren und sich stets daran erinnern, dass dieser Auftrag für sie eine große Sache war. Sie würde die Partner umhauen und mit einem dicken Sparbuch und einer hervorragenden Empfehlung daraus hervorgehen.

„Die Party beginnt am Freitagnachmittag und geht bis Sonntagnachmittag“, erklärte er. „Wir haben ein Zimmerkontingent oben in der Ski-Lodge gebucht.“

„Wie viele Zimmer?“, fragte sie. „Und was ist mit Räumen, in denen man sich treffen kann, und anderen Angeboten?“

„Die Informationen habe ich im Büro. Ich kann sie dir mailen.“

„Super. Ich muss auch Kopien der Verträge haben, damit ich gucken kann, was sie erwarten und was ihr erwartet.“

Er presste kurz die Lippen zusammen. „Ich habe einfach ein paar Zimmer reserviert“, meinte er. „Es gibt keinen Vertrag.“

Sie machte sich weitere Notizen und sagte sich, dass sie nicht über ihn urteilen sollte. Sie war die professionelle Party-Planerin, nicht er. „Darum kümmere ich mich.“ Sie hatte gelernt, alles schriftlich festzuhalten. „Ihr solltet verschiedene Aktivitäten, Mahlzeiten und Geschenktüten anbieten. Wollt ihr ein gesondertes Programm für die Kinder? Ich schätze, die Eltern würden es genießen, wenigstens einen Teil der Zeit für sich zu haben.“

„Klar, warum nicht.“

„Vorträge? Musikalische Unterhaltung? Wollt ihr Babysitter für die Kinder zur Verfügung stellen?“

„Ich habe keine Ahnung.“

Was bedeutete, er und seine Partner waren über ein „Hey, lasst uns eine Party schmeißen“ noch nicht hinausgekommen. Das Gute war, dass es so nicht viel gab, was sie wieder rückgängig machen musste. Das Schlechte war der enge zeitliche Rahmen.

„Wir haben nur knapp vier Wochen, um das alles auf die Beine zu stellen“, sagte sie und richtete ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn, was nicht schwer war. Sams Züge waren wie gemeißelt, seine dunklen Augen eindringlich. Er sah aus wie ein Model für ein sinnliches Männerparfüm. Und er saß so nah bei ihr. Nicht, dass sie darauf reagieren würde. Sie arbeiteten jetzt zusammen. Hatten eine rein geschäftliche Beziehung. Was bedeutete, was auch immer vorher zwischen ihnen geschehen war, war interessant, aber nicht relevant.

„Ich muss diese Woche noch ein anderes Projekt zu Ende bringen, danach bekommt ihr bis zum Wochenende der Feier meine volle Aufmerksamkeit“, erklärte sie ihm.

Er hob eine Augenbraue und nickte. „Wir brauchen auch auf der Feier deine volle Aufmerksamkeit.“

„Wie sehr willst du in die Entscheidungen bezüglich der Party einbezogen werden?“

„Sprich alles mit mir ab. Wir können entweder regelmäßige Treffen vereinbaren, oder du kommst einfach bei Score vorbei. Ich mache mich dann für dich frei.“

„Wir machen beides“, sagte sie und fügte weitere Punkte zu ihrer wachsenden To-do-Liste hinzu. „Okay – einen Vertrag für die Zimmer zu kriegen und einen Zeitplan zu erstellen werden meine Top-Prioritäten sein. Ich rechne nach Stunden ab. Für einige Sachen werde ich eine Kaution benötigen, aber aufgrund des engen Zeitplans werden andere Sachen sofort zahlbar sein. Ich habe es lieber, wenn alle Rechnungen über mich laufen, damit ich weiß, was für Kosten auf euch zukommen.“

„Kein Problem. Wenn du im Büro vorbeikommst, gebe ich dir einen Vorschuss. Diese Party wird viel Geld kosten. Ich will nicht, dass du deswegen dein Konto strapazieren musst.“

„Danke“, sagte sie und dachte, dass er während ihrer einzigen intimen Begegnung genauso rücksichtsvoll gewesen war. Er hatte …

Nein, sagte sie sich entschlossen. Das würde nicht noch einmal passieren. Und sie würde sich auch nicht in Erinnerungen daran verlieren, wie er sie berührt oder geküsst hatte oder …

„Ich denke, ich habe genug, um anzufangen“, sagte sie und legte den Stift weg. „Treffen wir uns in einigen Tagen wieder, dann habe ich schon ein paar Einzelheiten ausgearbeitet.“

„Klingt nach einem Plan.“

Sie erhoben sich beide, und sie begleitete ihn zur Haustür. Eine Sekunde lang fragte sie sich, was zwischen ihnen passiert wäre, wenn er nicht ins falsche Zimmer abgebogen wäre. Wenn er es auf direktem Weg zurück zu ihr geschafft hätte.

Vermutlich nichts, sagte sie sich und verabschiedete sich von ihm. Er war ein berühmter Exsportler und sie ein Kleinstadtmädchen. Sie bezweifelte, dass ein Mann wie er nach etwas Ernstem suchte, und sie tat es auch nicht. Was passiert war, war eine lustige Anekdote und mehr nicht. Aber es macht schon Spaß, darüber nachzudenken, gab sie insgeheim zu, nachdem er gegangen war.

2. KAPITEL

Drei Stunden später hatte Dellina einen groben Plan für das Wochenende aufgestellt. Sie hatte bereits ein paar Vorarbeiten geleistet, aber zu wissen, wie viele Gäste kämen und wie viele Kinder welchen Alters dabei wären, machte es leichter, passende Aktivitäten für alle vorzuschlagen. Mit dem Resort hatte sie bereits einen Termin für ein Testessen vereinbart.

Sie schaute auf die Uhr, stand dann auf und ging in den Flur. Dort schnappte sie sich ihre Handtasche, verließ das Haus und machte sich auf in Richtung Stadtzentrum.

Fool’s Gold lag am Fuße der Sierra Nevada auf einer Höhe von ungefähr siebenhundertfünfzig Metern, was bedeutete, dass es hier vier richtige Jahreszeiten gab. Das war nur eines der Dinge, die sie an diesem Ort so liebte. Auch wenn die Haupteinnahmequelle der Tourismus war, gab es genügend kleine Läden und Firmen in der Gegend sowie den großen Hotel- und Kasinokomplex am Rande der Stadt und ein Outletcenter. Im Norden lag eine Fabrik, die Windturbinen herstellte, und im Westen waren unzählige Weingüter beheimatet.

Dellina und ihre Schwestern waren hier geboren und aufgewachsen. Kurz hatte sie darüber nachgedacht, in eine größere Stadt zu ziehen, dann aber erkannt, dass sie im Grunde ihres Herzens ein Kleinstadtmädchen war. Sicher, ihre Firma woanders aufzubauen wäre leichter, aber leichter war nicht immer besser. Das hatte sie von ihrer Familie gelernt.

Sie bog auf die Fourth Street ab und sah das Schild des Brew-haha vor sich. Taryn und Larissa hatten in der Sekunde ein gemeinsames Kaffeetrinken organisiert, in der sie ihnen von ihrem geplanten Treffen mit Sam erzählt hatte. Zweifelsohne wollten sie alle Einzelheiten hören. Dellina würde nur sagen, dass alles gut gelaufen war. Auf keinen Fall würde sie von dem Kribbeln erzählen, das sie in seiner Nähe empfunden hatte. Das wäre für sie alle nur peinlich.

Als sie sich dem Coffeeshop näherte, sah sie eine große, gut gebaute Rothaarige auf dem Bürgersteig auf und ab gehen. Bailey Voss trug ein dunkelblaues Kleid mit passender Jacke sowie praktische dunkelblaue Pumps. Ein wenig zu geschäftsmäßig für sie, wie Dellina fand, doch dann fiel ihr ein, was das bedeutete, und sie eilte auf sie zu.

„Ist es heute?“, fragte sie anstelle einer Begrüßung.

Bailey drehte sich zu ihr um und nickte, während sie sich eine Hand auf den Magen presste. „In einer knappen halben Stunde. Ich war zu früh fertig, und dann … war ich zu nervös, um zu Hause zu bleiben. Aber sobald ich losgegangen war, wusste ich nicht, was ich mit mir anfangen soll.“

Dellina drehte sie zum Brew-haha um. „Komm mit rein. Wir lenken dich ab, bis es so weit ist.“

„Danke“, sagte Bailey und biss sich auf die Unterlippe. „Aber bitte nicht so sehr, dass ich vergesse, wann ich losmuss.“

„Wir stellen uns einen Wecker“, versprach Dellina und begleitete sie in den Laden.

Das Brew-haha war ein helles, fröhliches Café mit kleinen Tischen vor den großen Fenstern. Es gab die üblichen Kaffeeund Teegetränke sowie Gebäck. Dellina erblickte Taryn und Larissa sofort. Sie hatten sich bereits ihre Latte macchiatos geholt und einen Platz gesucht.

Taryn, eine der Partnerinnen bei Score, war Mitte dreißig. Groß, mit langem dunklem Haar und violettblauen Augen, zog sie sich immer an, als wäre sie ein Fashionmodel. Heute trug sie eine maßgeschneiderte Jacke zu einem engen Rock. Ihre Absätze waren mindestens zehn Zentimeter hoch. Ihre Handtasche im Bohemian-Style war aus Leder und Schlangenhaut. Dellina schätzte, dass die Kosten für dieses Outfit ungefähr genauso hoch waren wie für einen guten Gebrauchtwagen.

Larissa war der totale Gegensatz. Sie trug ein buntes T-Shirt und Yogahosen. Ihre langen blonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Sie hatte sich nicht geschminkt, und ihre Zehennägel zierten aufgemalte Gänseblümchen. Taryn verbrachte ihre Tage damit, Score mit eiserner Hand zu regieren, während Larissa Massagen gab und als Jacks Assistentin arbeitete. Die beiden hätten nicht unterschiedlicher sein können.

Beide Frauen schauten auf und winkten, als sie Dellina erblickten.

„Seht, wen ich gefunden habe“, sagte Dellina, als sie sich dem Tisch näherten.

Bailey krampfte ihre Finger um den Riemen ihrer Handtasche. „Ich habe in ein paar Minuten mein Bewerbungsgespräch mit Bürgermeisterin Marsha.“

Taryn zog einen Stuhl hervor. „Setz dich. Du kannst mir alles erzählen, was dich nervös macht, und dann gehen wir das gemeinsam durch.“

Seufzend ließ Bailey sich auf den Stuhl sinken. „Ich habe einfach nur Panik, nicht genügend Erfahrung zu haben.“

Dellina ging zum Tresen und bestellte einen Latte macchiato. „Bailey, willst du auch etwas?“

Bailey schüttelte den Kopf. „Ich habe Angst, was zu verschütten.“

Das konnte Dellina gut verstehen. Niemand wollte mit einem Kaffeefleck auf dem Kleid zu einem Bewerbungsgespräch gehen. Während sie auf ihren Latte wartete, musterte sie Baileys dezentes Make-up und die steile Falte zwischen ihren Augenbrauen. Alleinerziehende Mutter zu sein war nicht leicht. Dellina hatte ihre Familie verloren und schon in frühen Jahren die Verantwortung für ihre Schwestern übernommen. Auch wenn sie damals am Boden zerstört gewesen war, hatte sie zumindest nach Fool’s Gold zurückkehren können, wo sie jeden kannte und es genügend Menschen gab, die ihr unter die Arme griffen.

Bailey und ihr Mann waren ein paar Jahre zuvor in die Stadt gezogen. Keiner von ihnen hatte Familie. Es hatte mal einen Onkel oder Großonkel gegeben, aber der war ein paar Monate nach ihrer Ankunft verstorben. Dann wurde Baileys Mann, ein Soldat, in Afghanistan getötet. Dellina hoffte, dass Bailey den Job bei Bürgermeisterin Marsha bekam, damit sie finanzielle Sicherheit hatte. Das würde enorm helfen, ihr gebrochenes Herz zu heilen.

Mit ihrem Latte kam sie an den Tisch zurück. „Du bist doch hier aufgewachsen“, wandte sich Bailey an sie. „Kannst du mir einen Rat geben, was Bürgermeisterin Marsha betrifft?“

„Sei einfach du selbst“, empfahl Dellina ihr. „Wenn Marsha dich nicht bereits mögen würde, hätte sie dich nicht zum Gespräch eingeladen.“

„Ich hoffe, meine Fähigkeiten reichen aus“, sagte Bailey. „Ich habe zwar den Auffrischungskurs am Community College absolviert, aber schon lange nirgendwo mehr gearbeitet.“

Taryn lächelte sie an. „Entspann dich. Sosehr es auch schmerzt, das zuzugeben, aber die gerissene alte Dame weiß, was sie tut.“

„Du machst das schon“, beruhigte Larissa sie. „Und wenn du den Job bekommst, hast du exklusiven Zugriff auf den ganzen Klatsch und Tratsch der Stadt.“ Grinsend beugte sie sich vor. „Ich erinnere mich noch, als ich mein Vorstellungsgespräch bei Score hatte. Mein Gott, war ich nervös.“

Bailey schaute Taryn an. „Ja, das verstehe ich.“

Taryn riss die Augen auf. „Hey, wenn das gegen mich ging … ich bin in Einstellungsgesprächen immer äußerst freundlich.“

Larissa grinste. „Sie war nicht das Problem. Ich musste mit Jack reden. Und ich hatte solche Angst, weil er dieser große, berühmte Kerl war. Wenigstens musst du dir keine Sorgen machen, wegen Bürgermeisterin Marshas gutem Aussehen kein Wort rauszukriegen.“

Sie alle lachten.

Dellina lächelte Bailey an. „Larissa hat recht. Sobald du den Job hast, erfährst du alles, was in dieser Stadt los ist.“

„Köstlich“, warf Larissa ein.

Taryn schaute ihre Freundin an. „Du hast keine Zeit für Klatsch. Du bist zu sehr damit beschäftigt, Menschen mit giftigen Schlangen umzubringen.“

Larissa ließ den Kopf hängen. „Dafür habe ich mich doch schon tausendmal entschuldigt.“

„Noch tausendmal mehr und ich überlege, das Thema fallen zu lassen“, zog Taryn sie auf.

Dellina wusste nicht viel über Larissa, außer dass sie ein weiches Herz hatte und gerne alle möglichen Tiere rettete. Unglücklicherweise schien sie ihre Pläne nicht immer komplett bis zum Ende zu durchdenken. Ein paar Monate zuvor hatte sie für eine örtliche Wildtierorganisation Schlangen in den Süden des Staates transportiert. Als der Deckel von einer der Transportboxen aufgegangen war, war eine der Schlangen entkommen, und Larissa hatte sofort angehalten und war aus dem Wagen gesprungen.

Angel, Taryns jetziger Verlobter, hatte angeboten, ihr zu helfen – und einen Biss zu spät herausgefunden, dass die Schlangen giftig waren. Die Folge war, dass er die Nacht im Krankenhaus verbringen musste. Angel ging es mittlerweile wieder gut, und die Schlangen hatten es in ihr neues Zuhause geschafft, aber Taryn quälte Larissa immer noch mit den Vorkommnissen. In diesem Fall war Dellina auf Taryns Seite. Tieren in Not zu helfen war eine Sache, aber den Umgang mit giftigen Kreaturen sollte man Profis überlassen.

Bailey stand auf. „Jetzt muss ich wirklich los. Ich will langsam gehen, damit ich nicht ins Schwitzen komme.“ Erneut presste sie sich die Hand auf den Magen. „Ich hoffe, ich kriege das hin.“

Taryn stand auf und umarmte sie. „Du schaffst das. Du wirst großartig sein. Und danach musst du mir alles haarklein erzählen.“

„Das mache ich“, versprach Bailey und ging.

Stolz schaute Taryn ihr hinterher. Aus irgendeinem Grund hatte Bailey etwas in ihr angerührt, sodass sie sogar einen Kleidertausch arrangiert hatte, nur um Bailey zu einem neuen Kleid für ihre Bewerbungsgespräche zu verhelfen. Taryn hatte angenommen, dass Bailey so etwas niemals als Geschenk akzeptiert hätte, und sie war sicher, dass sie sich keine neue Kleidung leisten konnte. Also hatte sie ihr den Tausch angeboten.

Taryn setzte sich und nahm ihr Glas in die Hand. Ihr Verlobungsring funkelte im Licht der Nachmittagssonne. „Also“, sagte sie langsam. „Schieß los.“

Larissa grinste. „Sie hat recht. Wir wollen Einzelheiten. Du hast Hallo gesagt, und dann hat er Hallo gesagt, und dann?“

Dellina unterdrückte ein Lächeln. „Redet ihr von meinem Treffen mit Sam? So interessant war das nicht.“

Taryn kniff die Augen zusammen. „Wenn ich etwas hätte, womit ich dich bewerfen könnte, würde ich es ohne zu zögern tun.“

Dellina lachte. „Bitte nichts werfen. Unser Treffen war gut. Sehr professionell.“

„Kein Sex auf dem Küchentresen?“, fragte Larissa.

Dellina schüttelte den Kopf. „Nein. So etwas würde Sam nicht tun.“

„Aber du?“, hakte Taryn nach. „Interessant.“

„Das habe ich nicht gemeint, und das weißt du auch. Sam war sehr nett, wir haben alles geklärt und dann über die Party gesprochen.“

Beide Frauen schauten sie an, als warteten sie auf mehr. Auf keinen Fall würde sie das Kribbeln erwähnen. Das war privat. Und vermutlich albern. Sie hatte eine Nacht mit Sam verbracht, und die war großartig gewesen. Aber sie beide hatten danach ihre Leben weitergelebt und arbeiteten nun zusammen. Ende der Geschichte.

„Ich hatte auf mehr gehofft“, gab Larissa zu.

„Ich finde, er sieht sehr gut aus“, erklärte Dellina. „Hilft das?“

„Nicht wirklich. Ich habe nie mit Sam geschlafen. War er gut?“

Taryn lachte. „Larissa, meine Süße, das klingt so, als hättest du mit Jack und Kenny geschlafen.“

Entsetzt riss Larissa die blauen Augen auf. „Was? Nein. Natürlich nicht. Ich arbeite mit ihnen zusammen.“ Sie errötete. „Vor allem mit Jack. Wir sind Freunde. Mehr nicht. Ihr wisst schon … gute Freunde.“ Sie presste die Lippen aufeinander, als versuche sie, sich davon abzuhalten, mehr auszuplaudern. „Nur fürs Protokoll, ich habe mit niemandem bei Score geschlafen. Ich habe mich nur gefragt, wie Sam wohl so ist.“

Dellina verspürte einen Anflug von Baileys Nervosität im Magen, nur dass das Gefühl nichts mit Nervosität zu tun hatte. Eine Sekunde lang wusste sie nicht, was der Grund war.

„Weil du an ihm interessiert bist?“ Fragend hob Taryn die Augenbrauen.

In der Sekunde, in der Taryn die Frage laut aussprach, erkannte Dellina den Grund für ihre Angespanntheit – und der machte sie nicht glücklich. Warum interessierte es sie, ob Larissa was für Sam übrighatte? Sie hatte einen Abend mit ihm verbracht und sich seitdem einmal mit ihm unterhalten. Wieso sollte es sie kümmern, wenn er mit der gesamten weiblichen Bevölkerung Kaliforniens schlief?

„Ich bin nicht an Sam interessiert.“ Larissa seufzte. „Ich meinte, dass ich mit ihnen arbeite und sie attraktive, gut aussehende Männer sind. Alle von ihnen. Ich habe in den Medien und von einigen Frauen was gehört und mich gefragt, ob es wohl stimmt.“ Sie schaute Taryn an. „Du hast mit Jack geschlafen, willst mir aber keine Details verraten. Vielleicht ist Dellina nicht so zurückhaltend.“

„Ich war mit Jack verheiratet“, korrigierte Taryn sie. „Und nein, über den Teil unserer Beziehung rede ich nicht.“

Erwartungsvoll schauten beide Dellina an.

Sie hob abwehrend die Hände. „Äh, nein. Ich fühle mich nicht wohl dabei, Einzelheiten auszuplaudern.“

„Wir wäre es mit einer generelleren Aussage?“, bot Larissa an. „War er gut?“

Dellina spürte, dass sie unwillkürlich lächelte. „Ja, das war er.“

Larissa drückte Taryns Hand. „Unser kleiner Junge ist jetzt erwachsen.“

„Du bist ein Freak“, erklärte Taryn ihr. „Das weißt du, oder?“ Sie wandte sich an Dellina. „Als Sams Geschäftspartnerin würde ich dich ermutigen, Sex mit ihm zu haben. Ich schätze, das würde seine Laune steigern, und da bin ich sehr dafür. Als deine Freundin würde ich dir raten, mehr als nur einmal darüber nachzudenken, dich mit einem Mann einzulassen, der so viel Pech mit Frauen hatte.“

„Ah, du argumentierst für beide Seiten gleich gut“, murmelte Dellina. „Beeindruckend.“

„Ja, wirklich, oder?“ Larissa lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. „Was ist das nur an diesen Sportlern, das sie so anziehend macht?“

„Ihre Körper“, erwiderte Dellina ohne Zögern und sagte sich, dass das allgemein galt und nicht nur auf Sam bezogen war.

„Die Gefahr“, ergänzte Taryn. „Erinnerst du dich an die Olympischen Spiele, als wir nicht aufhören konnten, Kipling Gilmore zuzugucken? Ihn auf Skiern den Abhang hinunterrasen zu sehen war so sexy wie nichts anderes.“ Sie hielt inne und grinste. „Abgesehen von Angel natürlich.“

„Oh ja, vergiss bloß nicht, deinen Verlobten zu erwähnen“, murmelte Larissa. „Ich bin, was Kipling angeht, voll auf deiner Seite. Lecker und doppelt lecker.“

Dann beugte sie sich vor. „Ich habe da von einem Freund von mir gehört.“

Taryn stöhnte. „Lauf“, sagte sie zu Dellina. „Lauf, solange du noch kannst. Lauf ganz schnell, und geh nicht ran, wenn sie anruft.“

Larissa zog eine Schnute. „Du weißt doch gar nicht, was ich sagen will.“

„Doch, das tue ich. Irgendeine Kreatur muss gerettet werden. Und es wird seltsam und unangenehm.“

„Vor allem für Jack“, erinnerte Larissa sie.

Taryn strahlte. „Das stimmt.“ Dann schaute sie Dellina an. „Jack hilft Larissa ständig mit ihren verschiedenen Projekten. Ob er will oder nicht.“

„Das ist eine seiner besten Seiten“, sagte Larissa.

„Warum sagt er nicht einfach Nein?“, wollte Dellina wissen.

„Das liegt nicht in seiner Natur“, erwiderte Taryn. „Er hat eine Schwäche für Larissas Projekte.“ Sie griff nach ihrem Latte. „Okay. Worum geht es dieses Mal?“

„Es gibt da womöglich eine Frau in Barstow, die Chiweenies züchtet.“ Sie machte eine dramatische Pause.

Dellina schaute Taryn an. „Was ist ein Chiweenie?“

„Keine Ahnung. Und wo ist Barstow?“

Larissa legte eine Hand auf den Tisch. „Das sind Hunde. Eine Mischung aus Chihuahua und Dackel. Gerüchte besagen, dass sie eher eine Vermehranstalt als eine Hundezucht betreibt. Wir untersuchen das noch. Aber es könnte sein, dass wir reingehen und die Kleinen retten.“

Taryns rechtes Augenlid zuckte. „Gott beschütze uns“, murmelte sie. „Okay. Geh los, und rette deine Chiweenies, aber bitte Dellina nicht vor der Party um Hilfe. Das meine ich ernst. Sie hat eine sehr enge Deadline.“

Larissas Augen weiteten sich. „Aber das sind Welpen!“

Taryn schaute Dellina an. „Siehst du jetzt, womit ich mich herumschlagen muss?“

Für Dellina war offensichtlich, wie viel Liebe hinter Taryns Worten steckte. Denn für Taryn waren die Menschen bei Score ihre Familie. Dellina wusste, wie wichtig es sein konnte, sich zugehörig zu fühlen. Für ihre Schwestern und Freunde würde sie alles tun. Auch wenn sie sich ab und zu fragte, wie es wäre, einen Mister Right im Leben zu haben. Aber dann sagte sie sich jedes Mal, dass es ihr auch so gut ging und ein Mann ihr nur im Weg wäre.

Morgens um kurz vor sechs Uhr traf Sam bei Score ein. Er verstaute seine Kleidung zum Wechseln in seinem Spind und ging dann nach draußen.

Die Tage waren zwar schon sommerlich warm, aber die Nächte immer noch frisch. Die Sonne ging gerade hinter den Bergen auf, als er auf das Basketballfeld auf der anderen Straßenseite trat.

Als Kenny, Jack und er für eine Wohltätigkeitsveranstaltung nach Fool’s Gold gekommen waren, hatten sie nicht vorgehabt, Los Angeles zu verlassen. Aber etwas an der Stadt hatte sie angesprochen. Innerhalb der nächsten Wochen waren sie alle unabhängig voneinander wiedergekommen und hatten sich dann schließlich entschieden, hierher umzuziehen. Als Taryn nach einem passenden Gebäude gesucht hatte, hatten sie verlangt, dass es einen halben Basketballplatz haben sollte. Ehrgeizig, wie sie war, hatte sie eins gefunden, wo sie einen kompletten Basketballplatz einrichten konnten. Was bedeutete, dass sie nun dreimal in der Woche morgens eine Runde mit den örtlichen Jungs spielten.

Sam trat durch das Tor in dem hohen Zaun und ging zu den Menschen, die bereits warteten. Er, Jack und Kenny waren die Teilnehmer von Score. Dazu kamen Justice, Angel, Ford und Consuelo – die einzige Frau im Team – von CDS, der örtlichen Bodyguardschule. Gideon gehörte der Radiosender der Stadt, und an den meisten Tagen tauchte auch Gabriel, sein Zwillingsbruder, auf. Normalerweise fand sich auch einer der Stryker-Brüder, Josh Golden oder Raoul Moreno ein.

Sie spielten, bis eine Mannschaft dreißig Punkte hatte, und folgten den NCAA-Regeln. Die Teams wurden zusammengestellt, indem sie Poker-Jetons aus einem Beutel zogen, und das Team, zu dem Consuelo nicht gehörte, spielte mit freiem Oberkörper. Wenn er die Wahl hätte, hätte Sam es vorgezogen, die zierliche Brünette immer in seiner Mannschaft zu haben. Sie war klein, aber schnell, und sie spielte schmutzig.

„Hey“, sagte er im Näherkommen. Nachdem er alle begrüßt hatte, zählte er schnell durch und erkannte, dass sie ein Spieler zu wenig waren. Clay Stryker war kurz nach Sam angekommen, was bedeutete, einer ihrer üblichen Spieler fehlte.

„Angel“, stieß Consuelo angewidert hervor. „Ich wette, er liegt noch mit Taryn im Bett.“

Das wollte Sam gar nicht hören. Taryn war zu sehr wie eine Schwester für ihn, als dass er darüber nachdenken wollte, dass sie Sex mit jemandem hatte. Zu intime Informationen wollte er einfach nicht wissen.

In dem Moment kam ein Mann auf seiner Harley um die Ecke gebogen und parkte. Ein paar der Jungs stießen laute Pfiffe aus.

„Guck, wer da doch noch eintrudelt“, rief Ford. „Wollte deine Frau dich nicht gehen lassen?“

„Kann ich was dafür, dass ich so gut im Bett bin?“, fragte Angel und setzte den Helm ab.

Sam grinste.

Kurz nach Fertigstellung des Spielfelds waren es nur sie drei von Score gewesen. Später in der Woche war das Team von CDS aufgetaucht, und danach war das Spiel stetig gewachsen. Sam war nicht sicher, aber er würde wetten, dass Taryn etwas damit zu tun hatte. Weitere Begrüßungen folgten, während alle ihre Jetons aus dem Beutel zogen und sich in zwei Mannschaften aufteilten.

Sam sah, dass er und Consuelo verschiedene Farben hatten. Er schnitt eine Grimasse und zog sein T-Shirt aus. Er würde vorsichtig sein müssen. Sie hatte keine Skrupel, ihren Ellbogen auszufahren – und zwar im wörtlichen Sinne. Wenn sie weiter nach oben zielte, endete der Mann, der auf sie angesetzt war, schon mal mit einem blauen Auge. Wenn sie nach unten stieß, ging er normalerweise für den Rest des Tages wie ein Cowboy. Beides war nicht sonderlich verlockend.

„Los geht’s“, sagte Jack und klatschte in die Hände.

Kenny verdrehte die Augen. „Einmal ein Quarterback …“, rief er Sam zu.

Sam lachte leise.

Der Ball wurde in die Luft geworfen, und schon ging es los.

Sam duckte sich um Justice herum und griff nach dem Ball. Er lief über den Platz und spürte mehr, als dass er es sah, dass jemand zu ihm aufschloss. Er drehte sich, verlagerte das Gewicht und sprang, um zu werfen. Der Ball wirbelte durch die Luft und fiel elegant durchs Netz.

„Gut gemacht, Sam.“

Bei dem Ruf schaute er über seine Schulter und stieß dann einen unterdrückten Fluch aus.

„Sie sind zu-rü-hück“, sagte Ford und lief an ihm vorbei.

An den meisten Tagen tauchten zwei alte Damen mit Klappstühlen und Kaffeebechern auf. Sie saßen am Spielfeldrand und schauten dem Spiel zu, wobei sie beide Seiten anfeuerten und immer wieder vorschlugen, dass die T-Shirts nicht das Einzige sein sollten, was die Jungs auszogen.

Er hatte keine Probleme damit. Nur schien eine der Ladys besonders an ihm interessiert zu sein, und das war etwas komisch. Er war ihr ein paar Wochen zuvor bei einem der Festivals in der Stadt über den Weg gelaufen und hätte schwören können, dass sie ihm in den Hintern gekniffen hatte.

Justice warf einen Korb für das andere Team, dann sprang Jack vor, um sich den Ball zu schnappen. Sam stellte sich in Position, fing den Ball auf und gab ihn an seinen Teamkollegen weiter. Während sie über das Feld rannten, dachte er, wenn er sich aussuchen könnte, wer ihm in den Hintern kniff, dann sollte es Dellina sein. Sie waren nur dieses eine Mal zusammen gewesen, aber das war unvergesslich für ihn gewesen. Wie sie mich geküsst hat, dachte er, als er sich umdrehte und nach dem Ball griff. Ihr Mund hatte ihn …

Er kam abrupt zum Stehen, als sein Gesicht mit etwas Hartem, Spitzem in Kontakt kam. Schmerz explodierte an seinem Auge, aber noch bevor er anfing zu fluchen, passte er den Ball an Clay weiter. Erst dann hob er die Hand, um die schnell wachsende Beule zu betasten, die garantiert für ein blaues Auge sorgen würde. Er drehte sich zu Consuelo um.

„Musste das sein?“

„Du hast nicht aufgepasst. Du weißt, wie sehr ich das hasse.“ Sie klang eher abwehrend als zerknirscht. Dann zeigte sie auf sein Gesicht. „Deine Nase blutet.“

Er rieb sich übers Kinn. Und richtig, danach hatte er Blut an den Fingern.

„Mitspieler am Boden“, rief Jack und kam auf ihn zu.

„Noch stehe ich“, sagte Sam, machte sich aber schon auf den Weg zum Spielfeldrand. Wenn das Blut auf den Boden tropfte, würde es den Platz nur unnötig rutschig machen. Und vermutlich sollte er sich etwas Eis auf sein Auge legen.

„Ich werde nicht sagen, dass es mir leidtut“, rief Consuelo ihm hinterher.

Er lächelte. Nein, das würde sie nicht, und das gefiel ihm an ihr.

Sam ging über die Straße. Es war immer noch vor sieben, aber als er das Büro von Score betrat, fand er Taryn im Foyer vor. Sie warf einen Blick auf ihn und schüttelte den Kopf.

„Nein“, sagte sie entschlossen. „Ich flicke dich nicht wieder zusammen. Und pass auf, dass du nicht den Teppich vollblutest.“ Entschlossen ging sie zum Telefon am Empfangstresen und nahm den Hörer ab. Eine Sekunde später sagte sie: „Sam ist verletzt.“ Sie hielt inne und schaute ihn an. „Blaues Auge und Nasenbluten.“ Eine weitere Pause folgte. „Ja, sie sind Idioten.“

Sie legte auf. „Larissa wartet in der Umkleide auf dich.“ Grinsend zog sie eine Packung Taschentücher unter dem Tresen hervor und warf sie ihm zu. „Hier, nimm die. Ich schwöre, wenn du auf unseren Teppich blutest …“, fing sie erneut an.

Er nahm die Packung und zog eine Handvoll Taschentücher heraus. „Tust du was?“

„Dann werde ich sehr wütend?“

„Ohhh, ich zittere schon.“

Sie funkelte ihn an und stolzierte dann davon. Angesichts dessen, dass sie zehn Zentimeter hohe Absätze trug, war ihr Tempo beeindruckend.

Zwanzig Minuten später nahm Larissa das Coolpack herunter, um die Schwellung anzusehen. „Das wird ein blaues Auge“, murmelte sie. Ganz leicht strich sie mit den Fingern über seine Wange. „Willst du zum Arzt?“

„Nein.“

„Typisch. Leg diese Coolpacks immer für zehn Minuten drauf, dann nimm sie zehn Minuten ab. Immer im Wechsel. Und drück nicht zu stark.“

„Ich weiß, wie man das macht“, erinnerte er sie.

„Super. Aber noch besser wäre es, sich erst gar kein blaues Auge einzufangen.“

Er nickte. „Guter Punkt.“

Sie fing an, ihre Erste-Hilfe-Sachen zusammenzuräumen. „Das sieht dir gar nicht ähnlich. Dich ablenken zu lassen, meine ich. Was ist passiert?“

Er hatte an Dellinas Mund gedacht. Was er Larissa natürlich niemals erzählen würde. „Ach, so was kommt schon mal vor.“

„Armer Sam.“ Sie nahm ihre Tasche und hielt dann inne. „Ich sprach gerade mit einer meiner Tierschutzgruppen über …“

Er war schon halb zur Tür raus. „Viel Glück damit.“

„Du hast gar nicht gehört, was wir retten wollen.“

„Ich weiß.“

Fayrene Hopkins liebte es, Pläne zu schmieden. Sie wusste genau, wie erfolgreich ihr Geschäft an ihrem achtundzwanzigsten Geburtstag sein sollte. Sie verstand den Markt in der Stadt, die Gelegenheiten, und hatte sogar schon ein wenig Geld gespart, um ein kleines Apartmenthaus zu kaufen. Denn neben ihrer eigenen Firma würde sie auch anfangen, Immobilien in Fool’s Gold zu kaufen. Sie hatte Freunde, Familie, einen wundervollen Mann, der sie liebte, und einen Plan. Was sie nicht hatte, war ein Verlobungsring, und das brachte sie um.

Es ging ihr gar nicht um den Ring an sich, wie sie zugeben musste, sondern vielmehr um das, was er symbolisierte. Bindung. Denn sosehr Ryan auch schwor, dass er sie liebte, er schien es nicht eilig zu haben, ihr die Frage aller Fragen zu stellen. Aber Fayrene war bereit, zu heiraten und die nächste Phase ihrer Beziehung einzuläuten.

Sie saß auf einem Stuhl in dem Extrazimmer in der Wohnung ihrer Schwester. Dellina telefonierte gerade mit einem Kunden, weshalb Fayrene allein war mit Dutzenden von wunderschönen Brautkleidern. Einige waren Musterstücke, andere für baldige Bräute bestellt worden. Bräute, die mit Männern verlobt waren, die es geschafft hatten, einen Ring zu besorgen und ein Datum festzulegen.

Fayrene stieß einen tiefen Seufzer aus. Im Grunde ihres Herzens wusste sie, dass sie niemand anderem als sich selbst die Schuld daran geben konnte. Als sie und Ryan sich kennenlernten, war sie nicht auf der Suche nach Liebe gewesen. Sie hatte sich nur dafür interessiert, ihr eigenes Geschäft aufzubauen. Sie war jung, und das bedeutete manchmal, dass man sie nicht ganz ernst nahm. Sie wusste, wenn sie wollte, dass die anderen Firmen in der Stadt ihren Service nutzten und ihr vertrauten, dass sie die Aufträge zur Zufriedenheit aller erledigte, musste sie mehr leisten, als erwartet wurde. Sich zu verlieben würde sie nur davon ablenken.

Nur ist Ryan so … nett gewesen, dachte sie sehnsüchtig. Süß und lustig. Sie hatten sich bei Hendrix Construction kennengelernt. Er hatte dort als Ingenieur gearbeitet, während sie die Empfangsdame vertreten hatte. Außerdem hatte sie Babysitter für eine schwangere Katze gespielt, die sich ausgerechnet jenen Morgen ausgesucht hatte, um ihre Babys zu bekommen.

Während sie wie eine Verrückte hin und her gelaufen war, hatte Ryan sie beruhigt, nach der Katze gesehen und alles zusammengehalten. Das hatte sie beeindruckt. Sie hatte versucht, sich von ihm fernzuhalten, aber seinem Charme konnte sie nicht widerstehen. Und als er sie geküsst hatte … tja, da war sie vollkommen verloren gewesen.

Während sie jetzt eines der Kleider in die Hand nahm und sich anhielt, überlegte sie, dass einer der größten Vorzüge von Ryan war, dass er genau das tat, worum sie ihn gebeten hatte. Er wartete. Als sie sich gegenseitig ihre Liebe gestanden hatten, hatte sie Angst gehabt, die Chance zu verpassen, ihren Traum von der eigenen Firma zu verwirklichen. Zu heiraten hätte sie zu sehr abgelenkt. Also hatten sie sich darauf geeinigt, vier Jahre zu warten. Eines davon war schon vergangen, blieben noch drei übrig.

Nur wollte sie nicht länger warten, wusste aber auch nicht, wie sie Ryan diese Information übermitteln sollte, ohne es ihm direkt zu sagen.

Sie betrachtete das Kleid. Nach allem, was sie durch die Schutzfolie sehen konnte, war es eine wunderschöne trägerlose Robe mit Lagen von …

„Lass das Kleid in Ruhe!“ Dellina kam ins Zimmer und stemmte die Hände in die Hüften. „Fayrene, das ist entweder eine Sonderanfertigung oder ein Muster. Du darfst damit nicht rumspielen.“

„Wenn es ein Muster ist, darf ich das schon.“

„Dann geh zu Paper Moon, und probier die Kleider im Laden an wie jeder normale Mensch.“

Fayrene hängte das Kleid zurück an die Stange und seufzte. „Ich bin nicht normal. Ich bin ein Idiot. Ana Raquel war klug. Sie hat erkannt, dass sie Greg liebt, und sich sofort mit ihm verlobt. Sie sind zusammengezogen.“

„Sie sind außerdem zusammen durchgebrannt, um zu heiraten.“

Fayrene rümpfte die Nase. „Das würde ich nicht wollen. Ich will eine große Hochzeit.“ Mit all ihren Freunden. Sie wollte den Gang hinunterschreiten und Ryan am anderen Ende stehen sehen. Sie wollte eine Feier in der Kirche und danach einen Empfang im Garten.

„Fayrene, ich liebe dich wie eine Schwester …“, fing Dellina an.

„Ich bin deine Schwester.“

„Ich weiß. Du bist eine kluge Geschäftsfrau, aber was die Liebe angeht – vor allem mit Ryan –, machst du dir alles viel zu schwer. Sag ihm einfach, was du empfindest.“

Fayrene schüttelte den Kopf. „Der Mann muss den Antrag machen.“

„Das ist unglaublich altmodisch.“

„Ist mir egal. Wenn ich meiner Tochter später eine Gutenachtgeschichte erzähle und sie mich fragt, wie Dad den Antrag gemacht hat, will ich ihr nicht sagen, dass er es nicht getan hat, sondern dass ich ihn fragen musste.“

Es ist mehr als das, dachte sie traurig. Sie wollte, dass Ryan vor Liebe zu ihr so überwältigt war, dass er nicht anders konnte. Dass es ihm egal war, was sie wollte. Dass es das Wichtigste auf der Welt für ihn war, mit ihr zusammen zu sein, und er sie bitten würde, ihn zu heiraten, egal, was sie besprochen hatten. Nur schien das nicht zu passieren.

„Vielleicht liebt er mich nicht mehr“, brachte sie leise hervor.

Dellina lehnte sich gegen den Türrahmen. „Bring mich bitte auf der Stelle um.“

„Noch vor deiner großen Party?“

„Du hast recht. Die Party ist riesig, und ich werde einen so guten Job machen, dass die Leute noch wochenlang darüber reden. Bist du immer noch bereit, meine Hauptbabysitterin zu spielen?“

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