Gefangen auf der Insel der Leidenschaft

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Gestrandet mit dem sexy Feind! Solange Evelina denken kann, herrscht zwischen ihrer Familie, den Viscontis, und den Blackwoods eine erbitterte Fehde. Und nun hat es sie ausgerechnet mit dem arroganten Tycoon Domenico Blackwood auf eine einsame Insel vor der australischen Küste verschlagen. Noch schlimmer: Zwischen ihnen brennt das Verlangen lichterloh! Eine Inselnacht lang will Evelina das auskosten, will Domenico spüren und sich sinnlich verwöhnen lassen. Es wird für immer ihr Geheimnis bleiben, schwört sie. Doch da irrt die junge Schönheit sich gründlich …


  • Erscheinungstag 12.11.2024
  • Bandnummer 2674
  • ISBN / Artikelnummer 0800242674
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Evelina Visconti las die Nachricht ihres Bruders. Jackson fragte, in welchen Klub sie und ihre Freundinnen heute Abend gehen wollten. Bestimmt hatte ihre Mutter ihn sofort angerufen, als Eve geschrieben hatte, sie würde heute Abend nicht zu Hause sein.

Sie schrieb zurück, ohne seine Frage zu beantworten.

Richte Mom aus, ich melde mich morgen.

Nur Sekunden später schaute ihre Freundin Hailey von ihrem Telefon auf.

„Dein Bruder möchte wissen, wohin wir heute Abend gehen. Er will extra aus Neapel kommen, um uns zu begleiten. Ich sage ihm besser nicht, dass wir in Wirklichkeit in Budapest sind, oder?“

„Nein.“ Eve seufzte genervt. Warum war ihre Familie so?

Eve war einundzwanzig. Sie hatte gerade ihr Studium an der Uni abgeschlossen, trotzdem behandelte ihre Familie sie weiterhin wie ein Kind. Dabei war es nicht so, als würde sie dauernd Unsinn anstellen. Sie hatte zielstrebig auf ihren Abschluss hingearbeitet, Partys hatten sich auf die Semesterferien beschränkt und waren nie ausgeartet. Dass sie ab und zu ein Glas Wein trank, war schon das volle Ausmaß ihrer Exzesse gewesen.

Aber nun waren die Prüfungen durch, und ihre Freundinnen hatten sie gedrängt, mit ihnen nach Italien zu kommen. Dort hatte ihre Freundin Hailey ihren Onkel allerdings spontan überredet, sie alle nach Budapest zu fliegen, um durch die berüchtigten Ruinenbars touren zu können.

Eves Mutter Ginny hatte es schon nicht gefallen, dass sie nach Amalfi geflogen war. Sie hatte eigentlich geplant, Eve einem potenziellen Ehemann vorzustellen.

Ginny Visconti hatte es schon reichlich Geduld gekostet abzuwarten, bis ihre Tochter den Abschluss in der Tasche hatte. Ihre eigene Ehe mit Romeo Visconti war von ihrer reichen amerikanischen Familie ausgehandelt worden, als sie erst neunzehn gewesen war. Um Liebe war es dabei nicht gegangen. Ihr Mann leitete die Visconti Group, einen international führenden Hotelkonzern, und Ginny hatte ihren Teil geleistet, indem sie ihm drei Söhne schenkte, im Abstand von jeweils zwei Jahren, pünktlich wie ein Uhrwerk.

Dann kam sieben Jahre später unerwartet noch ein Mädchen auf die Welt. In vielerlei Hinsicht war Eve das verwöhnte Nesthäkchen, das immer versuchte, seinen Brüdern nachzueifern. Ihre Mutter allerdings hielt sie vom Toben und Herumtollen ab, zwängte sie in Kleider und bestand darauf, dass sie sich „wie eine junge Dame“ verhielt.

Seit Eve frauliche Kurven entwickelt hatte, sprach Ginny Visconti über Heiratsaussichten und zukünftige Ehemänner. Eve kam es oft so vor, als wäre es ihre einzige Existenzberechtigung, durch eine Heirat die Macht und das Vermögen der Visconti-Dynastie zu mehren. Dass ihre Mutter so weit ging, ihr sogar ihren Bruder Jackson als Anstandsdame auf den Hals zu hetzen, damit sie bloß nicht vom rechten Weg abkam, löste in ihr eine verspätete Trotzreaktion aus. Wütend tippte Eve eine Nachricht an Jackson ins Handy.

Lass meine Freundinnen in Ruhe! Ich fliege Montag zurück nach New York.

Dann stellte sie das Telefon stumm und steckte es in ihre Umhängetasche. „Wäre es nicht langsam an der Zeit, tanzen zu gehen?“

Alle in der Runde nickten. Sie hatten den Abend in einem kleinen Café begonnen und danach in einer Billardkneipe Cocktails getrunken, nun machten sie sich auf den Weg in eine Steinfabrik aus dem späten achtzehnten Jahrhundert, ein wahres Labyrinth aus Bars, Bühnen und Tanzflächen. Die ehemalige Fabrik war ein Teil der berühmten Budapester Kneipenszene, die sich in den verlassenen Gebäuden der Altstadt etabliert hatte.

„Wenn ihr mit jemandem mitgeht, gebt dem Rest von uns Bescheid, ja?“, sagte Hailey. „Was mich angeht, könnt ihr fest davon ausgehen, dass ich das tue. Ich sehe euch dann morgen – übernächtigt und mit schlechtem Gewissen.“

Die Übrigen lachten, nur Eve lächelte schwach. Sie war noch nie mit jemandem mit nach Hause gegangen. Gelegentlich verabredete sie sich – meistens mit einem Mann, mit dem ihre Mutter sie unbedingt verkuppeln wollte. Sie hatte auch schon reichlich Frösche geküsst, aber es war kein Prinz darunter gewesen. Und mit keinem Mann hatte sie bisher Sex haben wollen. Ihre Mutter erwartete ohnehin von ihr, bis zu ihrer Hochzeit Jungfrau zu bleiben. Das war natürlich hoffnungslos altmodisch, aber Eve war so mit ihrem Studium beschäftigt gewesen, dass sie gar keine Zeit für Experimente oder Akte der Rebellion gehabt hatte. Der doppelte Masterstudiengang in Marketing und Hotelmanagement hatte ihr volles Engagement erfordert.

In Gegenwart ihrer Freundinnen fühlte sie sich im Moment wie eine alte Jungfer. Alle sahen sich nach potenziellen Partnern um, als sie die erste Bar betraten, in der elektronische Musik von den Steinwänden widerhallte und bunte Lichter flackerten.

Eve bestellte sich lieber keinen weiteren Drink. Sie mochte es nicht besonders, am nächsten Morgen verkatert aufzuwachen. Stattdessen steuerte sie direkt auf die Tanzfläche zu. Dort blieb sie mehrere Lieder lang, bevor sie sich außer Atem an den Tresen drängte, um sich ein Mineralwasser zu bestellen.

Als sie, ihr Glas in der Hand, an der Ecke der Theke stand, erweckte lautes Gelächter ihre Aufmerksamkeit. Gerade war eine Gruppe junger Männer hereingekommen, anscheinend auf einem Junggesellenabschied, wenn sie die Plastikkette, die einer der jungen Männer trug, richtig deutete. Sie war um seinen Arm gewunden. Die Kugel, die daran hing, war anscheinend voller Alkohol. Unter dem Johlen seiner Freunde nahm er daraus einen tiefen Schluck.

Nur ein Mann stach aus der Gruppe heraus. Etwas in Eve erwachte, als sie ihn genauer ansah. Er war älter als die übrigen, sie schätzte ihn auf knapp dreißig. Und er hatte augenscheinlich Geld. Das kurzärmlige Button-Down-Hemd entblößte seinen fantastischen Bizeps und eine Uhr von Cartier am Handgelenk. Seine Bartstoppeln standen ihm. Er hatte sich das dunkle Haar aus der Stirn gestrichen, sodass man die geraden Augenbrauen sah. Sie schienen zu sagen, er wäre kein Typ für Kompromisse.

Er lächelte nicht. Schon eher wirkte er unendlich gelangweilt.

Das entlockte ihr ein leises Lachen.

In diesem Moment wandte er den Kopf in ihre Richtung. Durch die flackernden Lichter des Klubs brannte sich sein Blick geradewegs in ihre Augen.

Eve spürte ein Flattern im Magen, reine, pure Faszination. Aber sicherheitshalber sah sie sich einmal kurz um. Wirklich? Du meinst mich?

Der Mann sagte etwas zu seinen Begleitern und bahnte sich dann langsam einen Weg durch die Menge auf sie zu.

Ihr Herz schlug im Staccato.

Im letzten Moment bog der Fremde ab zur Bar, wo er eine Kreditkarte schwenkte und seine Bestellung aufgab.

So viel dazu. Anscheinend hatten Eves Freundinnen gelogen, als sie gesagt hatten, ihr pinkes Neckholder-Top und der mit Pailletten besetzte Minirock sähen heiß aus. Vielleicht lag es auch daran, dass es ihr an Kurven mangelte. Sie ging gern joggen, wenn sie gestresst war, und jetzt, nach den Prüfungen, war sie schlank wie ein Windhund. Ihre Mutter versuchte immer, sie dazu zu bewegen, gepolsterte BHs zu tragen, aber Eve ließ den BH eigentlich lieber ganz weg.

„Bist du allein hier?“

Eve erstarrte, als hätte sich ein Panther an sie herangeschlichen.

Mr. Groß, Dunkel und Gutaussehend stand auf einmal direkt neben ihr und beugte sich vor, damit er sie nicht anbrüllen musste. Seine Stimme klang wie dunkle Schokolade – zu dunkel und erdig, um süß zu sein, trotzdem die reine Versuchung.

Schnell schüttelte sie den Kopf. „Ich bin mit Freundinnen hier.“ Sie deutete auf die Tanzfläche, aber das verriet ihm natürlich nicht, wer zu ihr gehörte.

War es sein Aftershave, das sich wie eine Umarmung um sie legte? Eine köstliche Mischung aus Muskat und Nelke, Zeder und Zitrus, Bergamotte und schwarzem Pfeffer. Die Ausstrahlung von Macht, die ihn umgab, war überwältigend und hüllte sie ein wie ein Energiefeld, dessen statische Effekte ihren ganzen Körper aufluden.

Sie wollte ihn berühren. Das war alles, woran sie denken konnte, als sie den Blick über ihn wandern ließ.

„Wie alt bist du?“ Er klang wie ein Amerikaner. Wie sie.

Es ärgerte Eve, dass er anscheinend glaubte, sie sei nicht volljährig.

„Fast zweiundzwanzig“, sagte sie spöttisch.

„Einundzwanzig also“, wiederholte er genauso spöttisch und zog sich ein bisschen von ihr zurück.

„Wie alt bist du?“ Sie wollte, dass er wieder näher kam.

„Fast zu alt für einundzwanzig.“ Er drehte sich um und nahm das Tablett mit den bestellten Shots von der Theke. Mühelos balancierte er es auf einer Hand. Er bot ihr von den Gläsern an, bevor er sich selbst eins nahm.

„Ich bin Dom.“

Kurz für dominant. Das passte. Eve hatte genügend erotische Romane gelesen, um sich ihn als jemanden vorzustellen, der gern die Kontrolle übernahm, besonders beim Sex.

Ein Schauer durchlief sie, von Kopf bis Fuß.

„Eve“, stellte sie sich vor und nahm sich einen Drink vom Tablett. Sie tranken beide, bevor er ihr zunickte und das Tablett zu seinen Freunden hinübernahm.

Eve atmete tief ein. Das Brennen erfüllte ihre Brust und ihren Bauch. Sie stellte das leere Glas auf dem Tresen ab und kehrte dann auf die Tanzfläche zurück. Nach Dom schaute sie sich nicht mehr um, aber sie wusste trotzdem genau, wo er war.

Die nächsten Stunden war sie sich seiner Gegenwart die ganze Zeit bewusst. Nicht, weil sich seine Kumpels so laut und rüpelhaft benahmen – was sie taten –, sondern weil sie ihn spüren konnte. Sie wusste genau, ob er an der Bar stand, ob er den Raum verlassen hatte oder sich mit einer Frau unterhielt, die mit ihm tanzen wollte. Es war, als hätte sie einen direkten Draht zu ihm.

Irgendwann besuchte Eve die Damentoilette. Und zwar allein, weil all ihre Freundinnen schon Partner gefunden hatten. So wie alle anderen Klubbesucher auch, dachte Eve amüsiert, als sie die Toilette wieder verließ und im Flur an einem Pärchen vorbeikam, das offenbar versuchte, im Stehen an der Wand Sex zu haben.

Gerade wollte sie wieder in den Klub, als ein betrunkener Mann auf sie zu taumelte. Sie wich ihm aus, dachte, er wäre vielleicht nur gestolpert. Aber dann griff er sie von hinten um die Taille, zog sie an sich und nuschelte ihr irgendetwas in einer fremden Sprache ins Ohr.

Eve reagierte rein instinktiv. Sie schwang die Hüften zur Seite, sodass sie ihm mit der Hand in den Schritt schlagen konnte. Als er einen Schmerzenslaut von sich gab und sie losließ, wirbelte sie herum und versetzte ihm einen Schlag aufs Ohr.

Er taumelte zurück gegen die Wand. Beim Zurückweichen kollidierte sie prompt mit einem anderen Mann und wirbelte herum, bereit, erneut zuzuschlagen.

Eine Hand legte sich um ihre Faust. „Gute Arbeit.“

Dom.

Und da war sie wieder, die jäh aufflammende Erregung und Erwartung, die seine Nähe in ihr auslösten.

„Ich habe Brüder.“

Nur weil ihre Mutter es nicht gern gesehen hatte, dass Eve mit ihnen herumtobte, hieß das nicht, dass ihre Brüder ihr nicht allerlei Tricks und Kniffe beigebracht hatten. Eve wusste sich zu wehren.

„Komm, tanz mit mir.“ Dom hielt noch immer ihre Faust. Er senkte seinen Arm, ohne sie loszulassen, und verflocht ihre Finger miteinander.

Eve folgte ihm auf die Tanzfläche. Vorhin hatte sie ihn schon beim Tanzen beobachtet, fasziniert von seinem Hüftschwung, seinen breiten Schultern. Er hatte die Anmut eines Athleten.

Einen Moment lang kam sie sich unbeholfen und schüchtern vor. Aber als sein Blick über sie wanderte, war es wie ein Weckruf. Ihre Körper bewegten sich im Gleichklang, obwohl sie sich nicht berührten. Dom schien vollkommen auf sie konzentriert. Erst nach ein paar Augenblicken fiel ihr auf, dass er sich zwischen ihr und allen anderen Männern positioniert hatte, was sie dazu zwang, Abstand zu halten.

Besitzergreifend. Eve fand es ungewohnt aufregend. Sie konnte sich so sexy zeigen, wie sie wollte, ihm gerade in die Augen sehen, einen Fuß zwischen seine Beine setzen, bis ihr Schenkel seinen streifte, und sich umdrehen, sodass ihr Po gegen ihn stieß.

Sie hatte ihn kaum berührt, aber sie stand unter Strom.

Dom legte ihr beide Hände auf die Hüften. Sie begannen sich zu bewegen, seine Brust an ihrem Rücken, seine Arme wie ein Käfig um sie herum. So würde es sein, wenn er mit ihr schlief. Animalisch und wild.

Der Gedanke weckte eine ungeahnte Erregung in ihr. Zum ersten Mal in ihrem Leben begriff sie, warum Sex so eine große Sache war. Sie wollte, dass er sie festhielt, sie erfüllte, sie für sich beanspruchte. Sie wollte es so sehr, dass sie ihren Po härter gegen ihn presste, sich an der Erektion rieb, die sie in seinem Schritt spürte. Eine eindeutige Einladung.

Doms Hände legten sich einen Moment fester um ihre Hüften. Im nächsten Augenblick ließ er sie los und wirbelte sie herum, zog sie dann wieder fest an sich. Bei der plötzlichen Kollision mit seinem muskulösen Oberkörper wich ihr der Atem aus der Lunge. Seine Erektion weckte in ihr deutliche Fantasien. Er würde ihre Beine spreizen, sich dazwischendrängen und sie leidenschaftlich küssen …

Sein Blick war wie Flammen, die an ihr leckten und sie aufzehrten.

Er ging ein bisschen in die Knie, sodass sich ihr Becken und seins auf einer Höhe befanden. Noch nie war sich Eve ihres weiblichen Geschlechts so bewusst gewesen. Noch nie hatte sie so starke Lust gefühlt, ein Pulsieren, eine urtümliche Sehnsucht nach der Härte, die sie an ihrem Schenkel spürte.

Verbindung. Vereinigung. Paarung.

Ganz leicht biss Dom in ihr Ohrläppchen und knurrte: „Ich muss jetzt leider den Bräutigam meiner Cousine davon abhalten, sich zu Tode zu trinken. Sei brav.“

Sein Mund wanderte zu ihrem Hals. Er hielt sie fest und verpasste ihr einen Knutschfleck. Und ließ sie dann schwankend und wie benommen in der Menge zurück.

Sei brav?

Eve war es leid, brav zu sein.

Sie war weg.

Es traf Domenico Blackwood wie ein Schlag in die Magengrube, dass er sie nicht mehr sehen konnte, ihre schlanke, aufrechte Figur, das mitternachtsschwarze Haar, das durch die flackernden Lichter purpurn leuchtete. Wahrscheinlich war sie mit jemandem nach Hause gegangen, der nicht lange gezögert hatte, das Angebot anzunehmen, das sie ihm auf der Tanzfläche mit ihren quälend aufreizenden Bewegungen gemacht hatte.

Domenico fluchte. Die Erregung wollte nicht nachlassen, und nun wuchs auch noch der Ärger.

Sie war zu jung für ihn gewesen, sagte er sich. Rehäugige einundzwanzig. Er war neunundzwanzig, zynisch und verbraucht. Leer und kalt, wenn man seiner Ex-Verlobten glaubte. Und bestimmt war sie nicht die Einzige, die so dachte.

Auf den ersten Blick hatten ihn Eve und ihre Freundinnen an die Frau erinnert, von der er sich vor ein paar Monaten getrennt hatte. Sie hätten wie durchschnittliche Studentinnen gewirkt, wenn nicht so offensichtlich gewesen wäre, dass sie alle aus reichem Haus stammten. Die von Daddy gekauften Diamantstecker in ihren Ohren sprachen Bände.

Dom hatte seiner Tante mütterlicherseits versprochen aufzupassen, dass ihr künftiger Schwiegersohn nichts tat, was die extravagante Hochzeit in Gefahr brachte, deren Planung ein Jahr in Anspruch genommen hatte. Aber die Rolle des Aufpassers auf eine Gruppe Betrunkener war für ihn nur deshalb erträglich, weil er unterdessen immer wieder ein Paar endlos langer Beine hatte anschauen können. Eves Brüste waren klein und fest, und ihr Haar war lang genug, dass er es sich um die Finger wickeln könnte. Ihr Hüftschwung unter dem glitzernden Paillettenrock hatte etwas Hypnotisches an sich, das jedes Mal seinen Blick auf sich zog, wenn sie sich in dem Labyrinth der Ruinenbar begegneten.

Als er sah, dass sie in die Damentoilette abbog, hatte er dort gewartet, bis sie wieder herauskam. Im ersten Moment war er besorgt gewesen, als er den Betrunkenen auf sie zu stolpern sah, aber zu dem Zeitpunkt, als er nahe genug gewesen war, um einzugreifen zu können, hatte Eve die Situation schon souverän im Griff. Das turnte ihn so an, dass er sie an die Wand pressen und der ganzen Welt ein öffentliches Schauspiel bieten wollte. Zu dem Zeitpunkt wollte er sie so sehr, dass er begriff: Sie stellte eine echte Gefahr für ihn dar. Er hatte seiner Verlobten damals einen Antrag gemacht, eben weil sie ihm nicht wirklich unter die Haut ging. Er hatte miterleben müssen, wie sich ein Mann in seinen eigenen Gefühlen verfangen hatte – sogar zweimal. An seinen Großvater erinnerte er sich nur schwach, aber seinen Vater hatte der gleiche Rachedurst erfüllt, der nach und nach alle Sanftheit aus ihm vertrieben und nur einen harten, knorrigen Stumpf hinterlassen hatte.

In einer solchen Umgebung der Bitterkeit und des Hasses aufzuwachsen, hatte Dom gelehrt, seine eigenen Gefühle zu unterdrücken und zu ignorieren. Er erlaubte niemandem, ihn aus der Fassung zu bringen, und als Eve seine Selbstbeherrschung auf der Tanzfläche unvermittelt auf die Probe gestellt hatte, besann er sich auf seine Pflicht und ließ sie mit nicht mehr als einem flüchtigen Abdruck seiner Lippen auf ihrer Haut hinter sich zurück.

Es fühlte sich allerdings nicht besonders befriedigend an, sich so nobel verhalten zu haben. Besonders, als er später in seinem Penthouse ankam, nachdem er den künftigen Mann seiner Cousine in dessen Zimmer abgeliefert hatte.

Dom duschte, erst sehr heiß, dann sehr kalt, und versuchte, die unerfüllte Begierde loszuwerden. Trotzdem warf er sich unruhig im Bett hin und her.

Frühzeitig am Morgen war er wieder wach, stand fluchend auf und zog sich Trainingssachen über. Ein Besuch im Fitnessstudio würde ihm helfen, diese ungewohnte Unruhe loszuwerden. Das Studio war noch nicht geöffnet, aber ihm gehörte das Hotel, ja, die ganze Hotelkette, die Dutzende ähnlicher Häuser überall auf der Welt besaß.

Mit seiner Karte hatte er Zugang. Immer und überall. Als der Fahrstuhl auf halbem Weg nach unten anhielt, rechnete er damit, es würde eine Familie mit jungen Kindern zusteigen oder vielleicht ein Geschäftsreisender, der einen frühen Flug erwischen wollte.

Stattdessen war sie es. Eve.

Sie trug Shorts und eine Windjacke. In ihrem Gesicht zeigte sich dieselbe Überraschung, die auch in seinem stehen musste. Seine Schwester Astrid würde es Kismet nennen, Schicksal, aber Dom glaubte nicht an so etwas.

Für ihn war es ein Zufall. Eine günstige Gelegenheit.

Und die würde er ergreifen.

2. KAPITEL

Nachdem die letzte ihrer Freundinnen mit einer Frau mit blauem Lippenstift und Handgelenken voller Armreifen nach Hause gegangen war, hatte Eve ein Taxi zurück zum Hotel genommen. Das war der wahre Akt der Rebellion, den sie hier in Budapest beging, dachte sie trocken. Wenn ihre Familie wüsste, dass sie in einem WBE-Hotel abgestiegen war, würden sie sie an den Haaren herauszerren.

Eve hatte nicht gewusst, wo sie übernachten würden, bevor sie angekommen waren. Haileys Onkel hatte alles bezahlt, als Geschenk zum Abschluss. Und Eve hatte keinen Aufriss machen wollen. Jetzt war sie hier, in einer Mini-Suite, deren Luxusdesign den Hotels der Visconti Group in nichts nachstand.

Sie hatte nicht viel geschlafen. Das schrieb sie dem Alkohol zu und der Tatsache, dass Hailey nicht zurückgekommen war. Aber wenn sie ehrlich war, wusste sie, woran es tatsächlich lag. Die Sache mit Dom hatte sie in einen Zustand der Erregung versetzt, in dem sie sich den verpassten Kuss herbeifantasierte. Sie hatte wach gelegen und sich vorgestellt, Dom hätte sie zurück ins Hotel begleitet und dort noch mehr getan, als sie nur zu küssen.

Um halb sieben, als die Sonne aufging und andere frühmorgendliche Jogger unten in den Straßen erschienen, zog sie sich zum Laufen an. Während sie auf den Fahrstuhl wartete, suchte sie auf ihrem Telefon nach einer passenden Playlist.

Dann gingen die Türen auf.

Und da war er. Direkt vor ihr.

Dom.

Eve stand da wie vom Blitz getroffen.

„Kommst du jetzt erst nach Hause?“, fragte sie und merkte erst verspätet, dass er eine Trainingshose, Turnschuhe und ein schlichtes blaues T-Shirt trug.

Er legte die Hand auf den Türspalt. „Ich kann nicht schlafen.“ In seiner heiseren Stimme klang ein Grollen mit, als wäre sie dafür verantwortlich. Aber es klang auch verflucht sexy.

Der Gedanke, etwas zu riskieren, war verlockend. Eve hatte sich dafür verflucht, dass sie nicht mehr mit ihm gesprochen hatte, als sie gegangen war. Aber sie wusste einfach nicht, wie man einen Mann zu sich einlud. Die selbstbewusste Partygängerin der letzten Nacht war weg; zurück blieb eine schüchterne Jungfrau, der die eigenen Gedanken die Schamesröte ins Gesicht trieben.

„Hast du ein eigenes Zimmer?“, fragte Dom, wieder mit dieser heiseren Stimme.

Wenn er sich selbst zu ihr einlud, löste das natürlich alle Probleme … Eves Nervosität wuchs.

„Nein. Aber meine Freundin ist noch nicht wieder da.“ Sie versuchte eine Abgeklärtheit vorzutäuschen, die sie nicht besaß. „Würdest du es gern sehen?“

„Ja.“ Er stieg aus dem Fahrstuhl.

Im hellen Tageslicht wirkte er noch größer als im Klub. Und noch einschüchternder. Er hatte wahrscheinlich geduscht, aber rasiert war er nicht. Um seine Augen lagen tiefe Ringe, trotzdem wirkte er wach. Er ließ sie nicht aus den Augen, während sie voranging.

Eve hatte plötzlich das Gefühl, als prickelte Champagner in ihren Adern. Ihr war beinahe schwindlig, und sie wünschte sich, sie hätte ein schickeres Outfit gewählt als einen Sport-BH, ziemlich locker sitzende Laufshorts und eine Windjacke, die auf Sichtbarkeit abzielte, aber trotzdem kein Hingucker war.

Nervös ließ sie Dom in ihre Suite eintreten. Durch die offen stehende Tür konnte man das Schlafzimmer mit den beiden Einzelbetten sehen, eins unberührt, das andere zerwühlt.

Sie machte eine alberne „Hier wären wir!“-Geste. Wenigstens hatte sie die Vorhänge aufgezogen. Der Ausblick auf den Fluss und die historische Architektur auf der anderen Uferseite war tatsächlich hübsch.

„Fantastisch“, sagte Dom, ohne den Blick von ihr abzuwenden. „Hast du Kondome?“

Wow!

Sie hielt seinen Blick und schluckte krampfhaft. Das Herz schlug ihr auf einmal bis zum Hals. Sie hätte ihm sagen können, dass ihr das ein bisschen schnell ging, aber sie tat es nicht. Das war seltsam, weil diese brutale Direktheit sie normalerweise abgeturnt hätte. Etwas in ihr funkte anscheinend genau auf seiner Wellenlänge. Es gefiel ihr, dass er gleich zur Sache kam. Es erfüllte sie mit erotischer Hitze und einer unerträglichen Erwartung.

„Ja.“

Hailey hatte ihr am Vorabend noch gesagt, im Nachttisch lägen welche.

„Und zeigst du mir auch, wo?“ Er klang, als wollte er bewusst keine Annahmen treffen. Um sicherzugehen, dass er nicht zu weit ging. Eve musste nur Nein sagen, ihm sagen, sie wolle joggen gehen, und vielleicht würden sie sich dann beim Frühstück sehen.

Sie konnte die Tür öffnen und sonst gar nichts sagen. Ihre Hand lag noch auf der Klinke. Aber ihre Finger sehnten sich danach, über seine Arme zu streichen. Sie wollte ihre Nase an seinen Hals pressen, seine Lippen schmecken. Und der Rest von ihr … Der Rest von ihr wollte wissen, wie es sich anfühlen würde, seinen nackten Körper an ihrem zu spüren. Wie es sein würde, wenn er in ihr war. 

Mit weichen Knien ging sie ins Schlafzimmer und öffnete den Nachttisch, um das Päckchen herauszuholen. Sie legte es neben die Lampe und blieb mit dem Rücken zu ihm stehen. Ein plötzlicher Anfall von Schüchternheit.

Seine Schritte wurden durch den dicken Teppich gedämpft, aber sie spürte seine Nähe so deutlich wie eine Berührung, als er sich ihr von hinten näherte. Die Wärme, die von ihm ausging, hüllte sie ein.

„Was hast du unter der Jacke an?“ Seine Stimme war eine samtige Liebkosung.

Eve drehte sich um und wollte nach dem Reißverschluss ihrer Jacke greifen, aber sie hatte immer noch ihr Telefon in der Hand. Sie warf es auf das ungemachte Bett, griff mit der frei gewordenen Hand nach ihrem Kragen und zog mit der anderen ganz langsam den Reißverschluss auf.

Dom beobachtete sie mit der angespannten Aufmerksamkeit eines Raubtiers. Als die Jacke offen war und er ihren malvenfarbenen BH sah, nickte er ganz leicht.

„Sexy, oder?“, sagte sie ironisch.

„Sehr.“ Er trat näher und berührte ihr Kinn. Sie dachte, er würde sie küssen, aber stattdessen wanderte sein Blick zu ihrem Hals. Ein schwaches Lächeln umspielte seinen strengen Mund. Er ließ eine Fingerspitze hinuntergleiten zu dem kaum sichtbaren Knutschfleck. „Ich möchte dir davon noch mehr verpassen.“

Eve fragte sich, ob seine Stimme immer so heiser war oder ob es die Nachwirkungen der letzten Nacht waren.

Oder … Begierde?

„Vielleicht mache ich dasselbe mit dir“, sagte sie mutig.

„Nur zu.“ Er griff nach den Enden ihrer Jacke und zog sie daran zu sich. Instinktiv hob sie die Hände, aber sie landeten nur auf der seidigen Glätte seiner bloßen Oberarme.

„Du hast mich die ganze Nacht verrückt gemacht, Evie.“ Dom ließ ihre Jacke los und fuhr mit den Händen darunter, legte sie um ihre Taille.

Bei der heißen, besitzergreifenden Berührung keuchte Eve auf. Ihre Haut prickelte. Und die Art, wie er ihren Namen in ein Kosewort verwandelte, machte sie ganz schwach.

„Ich konnte nur daran denken, wie es wäre, wenn du deine langen Beine um meine Taille schlingen würdest. Und um meinen Hals.“

Wow, das war bildhaft. Warum fand sie es so erregend?

„Meine Freundin könnte jederzeit zurückkommen“, sagte sie warnend, ihre Stimme so heiser wie seine.

„Turnt dich das an?“ Dom beschrieb mit seinen Fingern Kreise auf ihrer Lendenwirbelsäule, unter denen sie sich wand, weil die Berührung kitzelte. „Dass sie uns erwischen könnte?“

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