Historical Saison Band 100

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DER GEHEIMNISVOLLE MARQUESS UND DIE BEZAUBERNDE WITWE von BRONWYN SCOTT
Heiraten? Das kommt für Eaton Falmage, Marquess of Lynford, eigentlich nicht in Frage. Der bezaubernden jungen Witwe Eliza Blaxland kann er allerdings nicht widerstehen. Und plötzlich sehnt er sich nach mehr. Doch das würde bedeuten, sein Geheimnis zu offenbaren – und zu riskieren, sie für immer zu verlieren!

DER LORD UND DIE SCHÖNE FREMDE VOM JAHRMARKT von BRONWYN SCOTT
Was für eine wundervolle Frau! Cassian Truscott, Lord Trevethow, kann die schöne Fremde, die er auf dem Jahrmarkt kennengelernt hat, einfach nicht vergessen. Dumm, dass er heiraten muss – und zwar die zurückgezogen lebende Lady Penrose Prideaux, die niemand seit Jahren gesehen hat …


  • Erscheinungstag 18.07.2023
  • Bandnummer 100
  • ISBN / Artikelnummer 8090230100
  • Seitenanzahl 448

Leseprobe

Bronwyn Scott

Historical Saison BAND 100

Prolog

London, 18. Juni 1823

Der Tod hatte in Mayfair Einzug erhalten. Richard Penlerick, Duke of Newlyn, und seine Duchess wurden zu Grabe getragen. An dem Begräbnis nahmen an diesem Morgen die höchsten Kreise teil, getrieben von der Hoffnung, mit der Tragödie abschließen zu können, die ihre erhabene Welt seit einer Woche lähmte: Zwei Angehörige des Hochadels – keine Geringeren als ein Duke und seine Gattin – waren nach einer abendlichen Theatervorstellung auf einer Allee erstochen worden.

Eaton Falmage, Marquess of Lynford, schloss die Haustür hinter den letzten Trauergästen und wünschte, er könnte damit auch die Schrecken der letzten Woche bannen – denen zuliebe, die im Stadthaus der Newlyns am Portland Square zurückblieben. Doch für sie hatte die Zeit des Schmerzes erst begonnen. Nun, da das Begräbnisspektakel vorbei war und die Penlericks und die, die ihnen am nächsten standen, ihren Gefühlen freien Lauf lassen konnten, begann die wahre Trauer.

Eaton fand den innersten Zirkel, den er seit seiner Kindheit kannte und liebte, in der Bibliothek versammelt. Es handelte sich um eine eingeschworene Runde mächtiger Männer, deren Unterstützung in dieser Woche uneingeschränkt Vennor Penlerick, dem Erben, gegolten hatte.

Vennor stand neben dem Kredenztisch und schenkte Eaton und sich ein Glas Brandy ein, dessen leuchtend helle Farbe in einem Zimmer voller dunkelhaariger und schwarz gekleideter Männer ins Auge sprang. Fragend blickte er in Eatons Richtung.

„Ja, sie sind alle fort“, sagte Eaton leise. „Die Bediensteten haben nachgesehen, ob sich im Haus noch Nachzügler befinden.“ Zur Vergewisserung drückte er Vennors linken Unterarm. „Wir sind ganz unter uns. Endlich.“

Es war für sie alle eine albtraumhafte Woche gewesen, doch niemand hatte mehr als Vennor gelitten, was sich nicht übersehen ließ. Trotz seiner makellosen Aufmachung standen ihm die Anspannung und der tiefe Schmerz ins Gesicht geschrieben. Ohne jede Vorwarnung die geliebten Eltern zu verlieren, war auch in einem Alter von achtundzwanzig Jahren niederschmetternd. Vennor war die ganze Woche über stark geblieben, ein Musterbild von einem Erben und ein vollendeter Gastgeber für jene, die ihm ihre Gesellschaft und ihren eigenen Kummer aufzwangen. Eaton ergriff zwei Gläser. „Komm, setz dich. Uns musst du nichts vorspielen.“

Die Runde hatte sich vor dem unbefeuerten Kamin versammelt. Einer von ihnen, vermutlich Inigo, hatte Stühle aus dem benachbarten Zimmer dorthin getragen, sodass die ganze Gruppe, die man in der feinen Gesellschaft als „Die Dukes aus Cornwall“ kannte, Platz gefunden hatte. Es handelte sich um die Oberhäupter von vier traditionsreichen herzoglichen Familien, die zusammen in den wilden Weiten Cornwalls aufgewachsen waren, genau wie ihre vier Söhne. Der Bund dieser Väter und ihrer Söhne war legendär, ebenso wie die Treue, mit der sie einander zur Seite standen.

Diese eingeschworene Gemeinschaft hatte in der vergangenen Woche in London erneut demonstriert, dass es nichts gab, was sie nicht füreinander tun würden.

Nun leerten die Väter ihre Gläser, standen auf und zogen sich mit einem aufmunternden Nicken zurück, um ihre vier eng befreundeten Söhne ungestört trauern zu lassen, ebenso wie sie es zweifellos an einem anderen Ort gemeinsam tun würden. Die Väter hatten ihren geliebten alten Freund verloren. Eaton, Inigo und Cassian trauerten um einen Mann, der ihnen Onkel, Mentor und Freund gewesen war. Vennor hatte es am schlimmsten getroffen: Auf einen Schlag hatte er Vater und Mutter verloren.

„Ich danke dir, Eaton. Ich bin froh, dass die Trauergäste fort sind.“ Vennor nahm den Brandy und ließ sich auf den Stuhl neben Inigo sinken. Er schenkte ihnen ein müdes Lächeln. „Ich hatte keine Ahnung, dass die Bekannten meines Vaters so viele Töchter in heiratsfähigem Alter haben. Natürlich wusste ich, was mir bevorsteht. Ich hatte bloß gehofft, die Leute würden den Anstand haben, erst nach der Trauerzeit bei mir Schlange zu stehen. Ich glaube, ich ertrage keine weitere Eheanbahnung, die als Beileidsbekundung kaschiert wird. Ich will mir kein weiteres Mal anhören, mein Vater hätte gewollt, dass ich so bald wie möglich in die Zukunft blicke. Du liebe Güte, einige waren sogar so taktlos, mich daran zu erinnern, dass ich Einzelkind sei und die Penlericks auszusterben drohten, wenn ich nicht umgehend für Nachwuchs sorge.“ Der Humor, der sonst zumeist in Vennors Worten mitklang, war verschwunden. Heute war er einfach nur traurig und zornig, und zwar zu Recht. Richard Penlerick und seine Frau waren einem gewaltsamen, sinnlosen Verbrechen zum Opfer gefallen.

Eaton zog sich vor Schmerz die Brust zusammen. Gott sei Dank sind es nicht mein eigener Vater und meine Mutter gewesen. Dieser Gedanke löste sofort Schuldgefühle in ihm aus. Zugleich wurde ihm bewusst, wie die Wirklichkeit aussah. Es war noch nicht sein Vater gewesen. Eines Tages jedoch würde er ihn verlieren: ein Unfall, das Alter, mit Gottes Hilfe kein Verbrechen, aber der schreckliche Augenblick würde kommen. Eaton blickte sich im Kreis der Freunde um: der dunkelhaarige Cassian mit seinem kantigen Kinn, Erbe des Duke of Hayle, der schweigsame Inigo, Boscastles Spross mit den hellblauen Augen, die Generation für Generation von der Boscastle-Linie vererbt wurden. Dachten sie gerade alle an das Gleiche? Dass sich diese Szene in Abwandlungen noch drei Mal wiederholen würde, bevor jeder von ihnen den Titel annahm, für den er erzogen worden war? Sie alle würden ihre Väter verlieren. Von Natur aus war es ein todbringendes Geschäft, Duke zu werden.

Dieser morbide Aspekt machte ihm ähnlich zu schaffen wie der abscheuliche Mord, der die ganze feine Gesellschaft erschüttert hatte. Wenn man einen Duke kaltblütig in der Nähe des Theaters ermorden konnte, war niemand sicher. Die Leute schätzten es nicht, an ihre Sterblichkeit erinnert zu werden – reiche Menschen erst recht nicht. Es war eine brutale Ansage, dass nicht einmal ein Haufen Geld den Tod aufhalten konnte. Es stellte sich nicht die Frage ob, sondern wann. Diese Woche hatte auf äußerst schmerzliche Weise gezeigt, wie plötzlich eine Existenz enden konnte. Das Leben war endlich.

Penlericks Tod war ein Weckruf und erinnerte daran, dass die Nachkommen eines Mannes sein wichtigstes Vermächtnis waren. Nur sie legten weiter Zeugnis ab, dass er hier auf Erden gewesen war. Eaton spürte die harte Wahrheit wahrscheinlich deutlicher als die anderen. Mit ein wenig Glück würden seine Freunde Kinder hinterlassen – Erben, die sie mit Sorgfalt und Liebe auf das Leben vorbereiten würden. Ihm hingegen blieb das für immer verwehrt. Kein noch so großes Glück würde für ihn etwas daran ändern. Gezwungenermaßen waren seine Vermächtnisse von anderer Art: Schulen, Krankenhäuser, Orte, an denen noch Gutes getan wurde, nachdem er eines Tages aus dem Leben geschieden war. Aber es würde keine Söhne oder Töchter geben, die sich darum kümmerten. Es war eine Wahrheit, der sich Eaton nicht gern stellte. Immer schien noch genügend Zeit zu sein, um sich später damit zu beschäftigen. Richard Penlericks plötzlicher Tod hatte bewiesen, wie trügerisch diese Vorstellung war.

Vennor hob sein Glas. „Ein Toast auf euch alle und auf eure Unterstützung. Ohne euch hätte ich die letzten Tage nicht durchgestanden.“ Er nickte jedem Freund einzeln zu. „Auf die Freundschaft in guten wie in schlechten Zeiten.“

Alle tranken, und Eaton ergriff die Karaffe, um erneut die Gläser zu füllen. Er schenkte Vennor Brandy nach. Wenn man sich nicht in düsteren Gedanken verlieren wollte, war es besser, irgendetwas zu tun. Sich um andere zu kümmern, war ohnehin seine Stärke. Das hatte ihm schon immer gelegen. Welche Ironie des Schicksals, dass ausgerechnet er keine eigene Familie haben würde, die er mit seiner Fürsorge überschütten konnte. „Du hast deine Pflicht in dieser Woche mehr als erfüllt, Ven. Du kannst ein ganzes Fass mit Brandy leeren, wenn dir danach zumute ist. Niemand ist hier, dich dafür zu richten.“ Vermutlich würde es Vennor guttun, sich zu betrinken und den Gefühlen freien Lauf zu lassen, die er seit der schrecklichen Nachricht im Zaum gehalten hatte. Allerdings befürchtete Eaton, dass Vennor anderes im Sinn hatte.

Vennor schüttelte den Kopf. „Es gibt zu viel zu tun. Vater hat im House of Lords ein wichtiges Gesetz durchbringen wollen. Es wäre eine Schande, tatenlos zuzusehen, wie sein Vorhaben jetzt scheitert. Ich werde seinen Sitz dort einnehmen, sobald es erlaubt ist. Bis dahin kümmere ich mich von hier aus um die Angelegenheit, damit nichts außer Acht gelassen wird. Es ist meine Art der Ehrbezeugung an ihn.“

Eaton tauschte einen besorgten Blick mit Cassian aus. Wenn Vennor sich in Arbeit stürzte, würde er die Trauer nur unterdrücken, sie verschieben, anstatt sie zu bewältigen. Cassian beugte sich vor. „Warum kommst du nicht mit mir nach Cornwall und tauchst ein wenig in das ruhige Landleben von Truro ein? Das hält dir für eine Weile die vielen Mütter vom Hals, die ihre Töchter an den Mann bringen wollen. Wie du schon gesagt hast, muss eine Zeit der Trauer berücksichtigt werden – keiner erwartet von dir, dass du den Sitz im House of Lords vor dem nächsten Jahr einnimmst …“

Ich erwarte es aber von mir“, schnitt ihm Vennor entschieden das Wort ab. „Überdies muss ich mich um mehr kümmern als die Einführung des Gesetzes. Wenn ich hier bin, kann ich dafür sorgen, dass meinen Eltern Gerechtigkeit widerfährt.“

„Du solltest dich besser nicht in die Ermittlungen einmischen“, widersprach Eaton. „Die Morde werden auch ohne dich aufgeklärt.“ Seiner Ansicht nach benötigte Vennor Abstand zu dem schrecklichen Verbrechen und keine tiefere Beschäftigung damit, wenn er mit dem Verlust fertigwerden wollte.

„Da bin ich mir nicht sicher“, widersprach Vennor. „Ich werde nicht ruhen, bis die Mörder meiner Eltern gefunden und vor Gericht gestellt wurden.“

Eaton ließ seinen Blick durch die Runde schweifen, um die Reaktionen der anderen einzuschätzen. Er war nicht der Einzige, der sich um Vennor Sorgen machte. Von den Mördern, die Newlyn und die Duchess getötet hatten, gab es keine brauchbare Spur. Wahrscheinlich würde man sie niemals schnappen. Er wollte Venor die Enttäuschung ersparen.

Wann wurde die Suche nach Gerechtigkeit zu einer fixen Idee, von der man besessen war? Würde Vennor diesen Zeitpunkt rechtzeitig erkennen? Er wollte den Freund nicht mit seiner Trauer allein lassen, und schon gar nicht in dem Wissen, dass Vennor sich in etwas hineinsteigerte. Doch wie lange konnte er noch fern von Cornwall bleiben? Seine neu gegründete Schule, das Musikkonservatorium, sollte in diesem Herbst eröffnet werden, und es gab noch erschreckend viel zu tun. Er konnte unmöglich länger in London bleiben. Ursprünglich war er nur in die Stadt gekommen, um Marianne Treleven als Freund der Familie bei ihrem Debüt zu unterstützen. Anschließend hatte er sofort nach Porth Karrek zurückkehren wollen. Indes genügte ein Blick in Vennors Gesicht, um Eaton zum Bleiben zu bewegen. Der Freund brauchte weiter ihre Unterstützung, ansonsten würde er bis zur Besinnungslosigkeit arbeiten.

„Wenn du das vorhast, bleiben wir bei dir.“ Eaton sah das zustimmende Nicken der anderen. Sie alle würden ihre Pläne für den Freund auf Eis legen.

„Nein, das ist nicht nötig“, sagte Vennor. „Dein Konservatorium braucht dich, Eaton. Du kannst nicht noch länger von zu Hause fernbleiben. Ich weiß, was für ein Opfer das für dich wäre, und bitte behaupte jetzt nicht das Gegenteil! Mein Vater würde das auch nicht gutheißen. Er hat deine neue Schule unterstützt, und er hätte nicht gewollt, dass es seinetwegen zu einer Verzögerung kommt. Du hast dich die letzten fünf Monate von morgens bis abends darum bemüht, alles vorzubereiten – selbst die Reise nach Italien, die dir so viel bedeutete, hast du dafür abgesagt.“ Vennor schüttelte den Kopf. „Ich lasse nicht zu, dass ihr alle eure Pläne über Bord werft, nur um bei mir Kindermädchen zu spielen.“ Er sah die anderen ernst an. „Außerdem bleiben eure Väter hier. Ich werde also nicht allein sein.“

Das ist nicht dasselbe, dachte Eaton. Wenn ihn die Trauer übermannte, würde Vennor einen Freund seines Alters brauchen und nicht nur die Vertrauten seines Vaters. Aber Vennor dachte eben immer zuerst an die anderen, nicht an sich. Sie alle hatten ihre besonderen Vorzüge, Talente und Eigenschaften. Vennor war ein großer Menschenfreund. Er besaß ein so treffsicheres Gespür für die Wünsche und Empfindungen anderer wie Inigo für Geldangelegenheiten.

Gerade wollte Eaton die Argumente des Freundes entkräften, als sich Inigo einmischte. „Vater und ich haben hier noch Bankgeschäfte zu erledigen. Wir würden ohnehin beide bleiben, um zu sehen, wie das Parlament mit einigen neuen Investitionsgesetzen verfährt.“

„Dann bleibt Inigo in meiner Nähe. Dagegen ist nichts einzuwenden. Bist du zufrieden, Eaton?“ Vennor lächelte dankbar, und Eatons Besorgnis löste sich in Wohlgefallen auf. Inigo würde sich mit derselben Fürsorge um den gemeinsamen Freund kümmern, wie er es sonst getan hätte.

Nach dieser Entscheidung breitete sich Schweigen aus. Erneut waren die Gläser fast leer. Eaton lauschte dem lauten und unnachgiebigen Ticken der Kaminuhr. Es wurde Zeit für die vier Freunde, einander Lebewohl zu sagen und ihrer Wege zu gehen. Er und Cassian würden früh am nächsten Morgen die Heimreise nach Cornwall antreten. Inigo würde sich seinen Londoner Geschäften widmen, und für Vennor begann ein ganz neuer Alltag.

Nichts würde mehr sein wie zuvor.

Bei ihrer nächsten Begegnung würde Vennor bereits offiziell den Titel des Duke tragen, mit allen Pflichten, die damit verbunden waren. Er würde bald heiraten, und das würde alles völlig verändern. Dies war ein letzter Moment, das Ende eines Kapitels. Das gehörte vermutlich zum Abenteuer Leben dazu, auch wenn es Eaton im Augenblick nicht sehr abenteuerlich erschien. Im Gegenteil, es kam ihm einfach nur traurig vor. Sie hatten sich einen weiteren großen Schritt von ihrer Kindheit entfernt. Ein Teil von Eatons Seele wehrte sich gegen den Verlust, der damit verbunden war. Hatte er nicht schon genug verloren? Musste er das auch noch verlieren? Doch es würde unausweichlich so kommen. Seine Freunde würden mit der Zeit heiraten, nicht nur Vennor. Standen sie sich alle noch so nahe, wenn sie ihre Zuneigung mit anderen teilten, die nicht zu ihrer Runde gehörten? Wenn Ehefrauen und eigene Familien ihre Aufmerksamkeit verlangten, konnte sich vieles ändern. Ihre Väter hatten das in Einklang gebracht. Doch vielleicht nur, weil sie alle verheiratet waren und eine Familie hatten. Eaton würde nie heiraten. Machte ihn diese Entscheidung zum Außenseiter? Absichtlich schlossen sie ihn gewiss nicht aus, doch es konnte sich einfach so ergeben.

Cassian verlagerte seine Sitzposition und warf Eaton einen fragenden Blick zu. Was jetzt? Alle sahen ihn an. Seit Kindertagen war er der Anführer ihrer Runde gewesen, der Meister des Abenteuers. Sofort waren die Erinnerungen da: blauer Himmel und zischende Gischt, vier Jungen, die den Sommer an den Stränden von Cornwall verbrachten – mal im Spiel Schmuggler oder Pirat, mal Soldaten, die gegen die französische Flotte kämpften, mal Schatzsucher. Eaton erinnerte sich an den Sommer, in dem er die Karte gefunden hatte, in dem letzten großen Sommer, bevor sein Leben fast unmerklich aus der Bahn geraten war. Selbstverständlich hatten die vier das zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, ebenso wenig wie Richard Penlerick geahnt hatte, dass er nie wieder einen Sommer erleben würde, als er sich vor einer Woche zu Bett gelegt hatte. Für sie als Jungen war es damals ein schöner Sommer gewesen, voller Abenteuer, auch wenn sie nie einen Schatz gefunden hatten. Eaton hatte sie durch jede Höhle an den Stränden von Porth Karrek geführt, in die man sich bei Ebbe wagen konnte. Sie hatten Lagerfeuer gemacht, draußen geschlafen, nachts die Sterne betrachtet und sich flüsternd die Neuentdeckungen anvertraut, die sich aus dem allmählichen Erwachsenwerden ergaben. Damals hatten sie ihn alle erwartungsvoll angesehen, und jetzt war es genauso. Es war an ihm, den nächsten Schritt zu tun und allen den Abschied zu erleichtern.

Eaton hob sein Glas und bemühte sich, die richtigen Worte zu finden, während ihm die Gefühle fast den Hals zuschnürten. Auf einmal sehnte er sich danach, wieder in Falmage Hill zu sein, seinem Zuhause in Porth Karrek, umgeben von allem, was ihm vertraut war: seiner neuen Schule, seiner Orangerie, seinen Lieblingswegen durch die Trevaylor Woods, seinen wissenschaftlichen Experimenten und seinem Hund Baldor. Er war zu lange fort gewesen. „Es wird Zeit, Gentlemen. Lasst uns zum Abschied noch einmal das Glas erheben. Auf die Vergangenheit haben wir bereits angestoßen. Nun lasst uns auf die Zukunft trinken. Auf alles, was wir erreichen wollen! Meine Freunde, darauf, dass jede Minute kostbar ist.“

1. KAPITEL

Porth Karrek, Cornwall, September 1823

Jede Minute zählte, jetzt, wo die Eröffnung der Schule kurz bevorstand. Eaton krempelte die Ärmel hoch und ergriff den Eichentisch. Am anderen Ende nickte ihm sein Freund und neuer Schuldirektor, der berühmte Komponist Cador Kitto, zu, und unter gemeinsamem Ächzen hoben sie den schweren Tisch an. Um sie herum waren Arbeiter fieberhaft damit beschäftigt, die Wände zu streichen und aufzuräumen. Das Musikkonservatorium sollte in drei Tagen den Betrieb aufnehmen, und einige Schüler würden bereits früh ankommen, weil sie bei der Eröffnung in zwei Tagen etwas vorspielen sollten. In den vergangenen Wochen hatte jede helfende Hand gezählt – auch und ganz besonders die von Eaton. Müßiggang war nie seine Sache gewesen. Es gefiel ihm nicht, anderen beim Arbeiten zuzusehen und sich im Hintergrund zu halten. Überdies hinderte ihn die Betätigung zumindest zeitweilig daran, auf trübe Gedanken zu kommen.

Sie trugen den Tisch nach vorn und waren erleichtert, als sie ihn mit einem dumpfen Geräusch abgesetzt hatten. Massive Eiche war eben verflucht schwer! Eaton wischte sich über eine Braue, und Cador lachte.

„Habe ich gerade Schmutz auf meiner Stirn verteilt?“

„Ja, aber das sollte dich nicht bekümmern. Es sind keine Damen in der Nähe, die dich sehen könnten.“ Cador zwinkerte. Dann nickte er in Richtung Türrahmen, in dem Eatons Sekretär aufgetaucht war. „Es sieht so aus, als ob du anderweitig gebraucht wirst.“

Eaton richtete sich auf und hoffte, dass kein leidiger Papierkram auf ihn wartete. „Was gibt es, Johns?“

„Jemand möchte Sie sprechen, Mylord.“ Johns war noch jung. Eaton hatte ihn eingestellt, damit er bei der Buchhaltung und bei der Korrespondenz für die Schule half. Heute merkte man ihm an, dass er noch keine zwanzig Jahre alt war. Sichtlich verunsichert trat Johns von einem Fuß auf den anderen, und seine Wangen waren gerötet, was sicherlich nicht daran lag, dass er die Treppe hochgegangen war. Wer auch immer Eaton sehen wollte, musste sehr entschieden aufgetreten sein.

„Hat sich der Besucher vorher angekündigt?“ Eaton schaute sich nach einem Lappen um, mit dem er sich die Hände abwischen konnte. Als Türhüter musste Johns nach einiges dazulernen.

„Nein, Mylord.“

„Ist es ein Junge, der früher eingetroffen ist?“ Eaton dachte nicht mehr an einen Lappen. Längst ging er gedanklich die Möglichkeiten durch. Die Zimmer im dritten Stock waren notfalls schon fertig, und die Köchin konnte er auch schon früher als geplant rufen lassen, auch wenn die Vorräte erst morgen eintreffen sollten …

Johns räusperte sich. „Es handelt sich um eine der Patroninnen, Mylord. Eine der Witwen.“

Eaton entspannte sich, obgleich er sich über das verschüchterte Verhalten seines Sekretärs wunderte. Zwei der großzügigsten Gönnerinnen der Schule waren reiche Witwen, die sich Eaton kaum angsteinflößend vorstellen konnte. „Ist es Mrs. Penhaligon? Ist sie gekommen, um zu überprüfen, dass ihr Instrument an einem guten Platz steht?“ Austol Penhaligons Witwe hatte zu Cadors großer Freude ihr kostbares Pianoforte des berühmten Instrumentenbauers Sébastien Erard gestiftet. Die andere verwitwete Patronin war eine gewisse Mrs. Blaxland, eine außergewöhnlich wohlhabende Frau aus Truro, der Eaton nie persönlich begegnet war. Er nahm an, dass sie bereits sehr betagt war, was sie vermutlich daran hinderte, zu reisen. Ihr Ehemann, Huntingdon Blaxland, war mit fünfundsechzig Jahren gestorben, und das war bereits fünf Jahre her.

Einzig das Rascheln von weichem Stoff hinter Johns’ Rücken warnte Eaton, bevor eine nüchterne Frauenstimme verkündete: „Nein, ich bedaure, es handelt sich nicht um Mrs. Penhaligon.“ Eine anmutige Gestalt in apfelgrünem Kleid mit glänzendem kastanienbraunem Haar schritt gebieterisch an Johns vorbei und verströmte den Duft von Pfirsichblüte und Vanille. „Ich bin Eliza Blaxland.“ Sie strich mit einem behandschuhten Finger über die Oberfläche des Eichentischs und betrachtete den dunklen Staub auf der vormals blütenweißen Fingerspitze. „Und Sie, Lord Lynford, werden mir Rede und Antwort stehen.“

Eaton musterte sie mit starrem Blick. Dieser arrogante Zankteufel ist also Eliza Blaxland? Was hatte der ältliche Minen-Magnat denn mit einer Frau wie ihr angefangen? Sie war keine gebrechliche grauhaarige Witwe, die von ihrem Lehnstuhl aus Wohltätigkeiten verteilte. Dies war eine elegante, anspruchsvolle Frau Anfang dreißig voller Lebensenergie, die es gewohnt zu sein schien, Kontrolle auszuüben. Wenn dem so war, würde sie sich noch umschauen. Gern nahm er ihr Geld für die Schule entgegen, aber nicht ihre Befehle. Er war der Marquess of Lynford und kein Mann der Unterwürfigkeit. Weder war er käuflich noch ließ er sich einschüchtern. „Rede und Antwort, Mrs. Blaxland? In welcher Angelegenheit? Ich wüsste nicht, dass wir verabredet wären, geschweige denn, dass ich Ihnen über irgendetwas Rechenschaft schulde.“ Gewöhnlich war es an ihm, anderen Anweisungen zu erteilen. Wie interessant, dass sie den Spieß umdrehen wollte. Sie würde lernen müssen, dass ihre Schecks ihr keine Blankovollmacht in der Schule verliehen, und dies betraf auch das plötzliche Auftauchen zwei Tage vor der Eröffnung des Hauses.

Von seiner frostigen Entgegnung ließ sie sich nicht beeindrucken. Stattdessen erwiderte sie seinen prüfenden Blick, wobei sie ihn spüren ließ, welchen Kontrast sein Erscheinungsbild zu dem ihren bot. Während er ohne Gehrock, Weste und Krawatte mit hochgekrempelten und zerknitterten Hemdsärmeln vor ihr stand und verspätet an den Schmutzstreifen auf seiner Stirn dachte, stellte sie in ihrem sommerlichen apfelgrünen Spazierkleid aus indischem Musselin, dem passenden grünkrempigen französischen Hut und den grünen Halbstiefeletten den Inbegriff eleganter Perfektion dar. „Da bin ich anderer Auffassung. In zwei Tagen soll die Eröffnung stattfinden, und dieser Ort erinnert an ein Tollhaus.“ Mahnend hielt sie die schmutzige Fingerspitze ihres rechten Handschuhs in die Höhe. „Ich gab mein Geld nicht für ein solches Durcheinander.“

Eaton brachte die Art von Lächeln zustande, die sich bei altmodischen Frauen bewährt hatte, die seinen Hang zum Abenteuer tadelten. „Ich versichere Ihnen, dass bis zur Eröffnung alles in schönster Ordnung sein wird.“

Das schien sie nicht zu überzeugen. Zweifelnd ließ sie den Blick durch das Zimmer schweifen, musterte die Maler, die Möbelträger und die Gehilfen, die mit den Reinigungsarbeiten beschäftigt waren. Eaton verzog das Gesicht. Er musste sie aus diesem Raum entfernen. Es waren schon jede Menge Zimmer fertiggestellt. Was für ein Pech, dass sie ihn ausgerechnet in einem wie diesem angetroffen hatte! „Darf ich Ihnen einen Rundgang vorschlagen, Mrs. Blaxland?“ Dieser Frau traute er zu, dass sie ihre Nase sonst allein in alle Zimmer steckte. Wenn er die Führung übernahm, konnte er sie wenigstens im Auge behalten. Leider würde es ihn Zeit kosten, aber das war immer noch besser, als eine großzügige Patronin zu verlieren. Außerdem zog eine enttäuschte Mäzenin oft auch den Verlust anderer Gönner nach sich. „Auf dem Weg können wir uns über den Anlass für Ihr Erscheinen unterhalten.“

Er wies auf Cador, sodass ihr keine Zeit blieb, das Angebot abzulehnen. „Zunächst möchte ich Ihnen unseren Schuldirektor, Cador Kitto, vorstellen, der erst kürzlich aus Wien gekommen ist. Wie Sie sicher wissen, hat er für den Habsburger Hof komponiert.“

Cador, mit seinen wallenden blonden Locken, beugte sich mit einer höfischen Eleganz über ihre behandschuhte Rechte, die Eaton beinahe neidisch machte. „Es ist mir eine Ehre, Sie endlich kennenzulernen Mrs. Blaxland. Unsere Schüler werden in großem Maße von Ihrer Unterstützung profitieren.“ Cadors schwungvoller Charme trägt bestimmt dazu bei, ihr erregtes Gemüt zu besänftigen, hoffte Eaton.

„Was Sie als Durcheinander bezeichnen, betrachte ich als Fortschritt, Mrs. Blaxland. Erlauben Sie mir, Ihnen das Haus zu zeigen.“ Eaton hielt ihr die Tür auf, und sie ließen Cador und das Treiben in dem Klassenzimmer hinter sich. Eaton führte sie in die Schülerzimmer im dritten Stock. Dort standen sorgfältig gemachte Betten und saubere Kleiderschränke, Flechtteppiche zierten die Böden, und strahlend weiße Vorhänge hingen an den Fenstern. In den Zimmern roch es nach Zitronenpolitur und Leinöl. „Mr. Kittos Gattin hat diese Räume gestaltet“, erläuterte Eaton, ohne seinen Stolz zu verbergen. „Sie glaubt, dass sich die Jungen umso wohler fühlen, wenn die Zimmer freundlich eingerichtet sind.“

„Wie sieht es denn mit den Anmeldungen aus? Haben wir genug Schüler, um die vielen Zimmer zu füllen?“

Eaton schloss die letzte Tür hinter ihnen und führte sie zurück zur Treppe. „Zwei Drittel der Zimmer werden belegt sein, was ich für das allererste Semester beachtlich finde.“ Einundzwanzig Jungen im Alter von sieben bis vierzehn würden sich hier am Tag nach der Eröffnung versammeln. „Wenn sich erst einmal herumgesprochen hat, wie gut unsere Schüler sind und wie ausgezeichnet die musikalische Ausbildung ist, die wir an der Cornish Academy anbieten, werden wir schon bald an unsere Kapazitätsgrenzen stoßen“, prognostizierte er, doch sie begegnete seinen Beteuerungen mit dem bohrenden Blick ihrer grünen Augen.

„Haben Sie denn herausragende Schüler?“, fragte sie spitz. „Ich denke, die Herausforderung für ein solches Musikkonservatorium ist nicht die Idee an sich, sondern der Ort, wie ich bereits zuvor in meinen Briefen anmerkte. Warum sollte ein talentierter Junge für eine musikalische Ausbildung in die Weiten Cornwalls reisen, wenn er ebenso gut in London oder auf dem Festland lernen könnte? Ich befürchte, diejenigen, die auswählen können, entscheiden sich nicht für die Akademie von Porth Karrek.“

Sie war scharfzüngig, ihre Bemerkungen waren schonungslos bis an die Grenzen der Unhöflichkeit. Vielleicht war das in diesen Geschäftskreisen üblich, in denen Geld eine größere Rolle spielte als Takt und Manieren.

„Die besonderen Talente, die Sie im Sinn haben, werden kommen, wenn Sie und die anderen Gönner es deren Familien anraten. Die Anwerbung von besonders begabten Schülern ist die wichtigste Unterstützung, die Sie leisten können.“ Richard Penlerick war in dieser Hinsicht besonders hartnäckig gewesen. Noch kurz bevor er ermordet wurde, hatte er in London mit größtem Einsatz für die neue Akademie geworben. „Man kann bei einem solchen Vorhaben nicht einfach Geld bereitstellen und erwarten, dass es ohne persönlichen Einsatz ein voller Erfolg wird.“ Eaton kamen die eigenen Worte barsch vor, doch er hatte nicht die Absicht, sich dafür zu entschuldigen. Wenn Eliza Blaxland seine Erwiderung als Schelte auffasste, war es ihm auch recht. Er war ältester Sohn und Erbe einer reichen Familie. Wenn es nur um Geld gegangen wäre, hätte er die Schule mit Leichtigkeit allein finanziert. Er benötigte das Kapital von Gönnern nicht in der Weise wie das am Hungertuch nagende Waisenhaus von St. Giles. Ihm ging es in erster Linie um die Namen, den Einfluss und den Ruf der Geber.

Eaton räusperte sich. „Ich habe Sie um Ihre Unterstützung gebeten, weil Sie in den einschlägigen Kreisen Cornwalls dafür bekannt sind, besonderen Wert auf gute Bildung zu legen.“ Auch wenn diese Kreise ihm nicht verraten hatten, wie jung sie war.

Am Fuß der Treppe führte er sie in den Saal, auf dessen kleiner Bühne das Pianoforte von Sébastien Erard einen Ehrenplatz einnahm. „Hier werden unsere Konzertaufführungen stattfinden. Selbstverständlich wird Mr. Kitto zur Eröffnung auftreten.“ Er lächelte, um sie daran zu erinnern, dass es ihm gelungen war, einen berühmten Musiker und Komponisten als Schuldirektor anzuwerben. Cadors Bekanntheit zog talentierte Schüler an.

Er wartete ab, bis sie das kostbare Instrument in Augenschein genommen hatte, bevor er ihr die Frage stellte, die ihn schon die ganze Zeit beschäftigte. „Sie hätten sich doch auch bei der Eröffnung ein Bild von alledem machen können. Weshalb sind Sie wirklich heute hierhergekommen, Mrs. Blaxland?“ Wollte sie sich etwa für einen Schüler einsetzen, dessen Zulassung sie sich wünschte? Kannte sie einen Lehrer, der dringend nach Arbeit suchte? Wen auch immer sie nennen würde, alle mussten sich ihren Platz an diesem Ort verdienen. Kitto wollte nur die Besten. Die talentiertesten Schüler würden fernbleiben, wenn sie jedermann aufnahmen oder einstellten.

Sie schenkte ihm ein höfliches Lächeln, das vermutlich nicht wohlwollend gemeint war. Ihm wurde dennoch ganz warm. „In den Jahren, in denen ich die Minen meines verstorbenen Gatten leite, habe ich herausgefunden, dass zuvor vereinbarte Termine oft einen irreführenden Eindruck vermitteln. Kommt man hingegen unangekündigt, kann man sich ein viel besseres Bild von den wahren Gegebenheiten machen.“

„Es ging Ihnen also darum, mich zu überrumpeln, Mrs. Blaxland?“ Sie ein wenig zu verspotten, reizte ihn. Etwas in ihm, das seit der Rückkehr aus London eingeschlafen war, erwachte wieder zum Leben.

„Eine Überrumpelung geht von der Annahme aus, jemanden bei einer Unachtsamkeit zu überraschen“, erwiderte sie gelassen. „Wenn man immer gut vorbereitet ist, kann einen keiner bei Unaufmerksamkeiten ertappen.“

Wann war es zuletzt jemandem gelungen, Eliza Blaxland zu überraschen? Ihrer kühlen Fassade nach zu schließen lag das eine geraume Weile zurück, wenn es überhaupt je geschehen war. Wie würde sie reagieren, wenn ihr die Dinge doch einmal außer Kontrolle gerieten?

Er betrachtete die Vollkommenheit ihrer Gesichtszüge, die hübsche Nase, die strahlend grünen Augen und den Mund – diesen umwerfenden rosafarbenen Mund mit der üppigen Unterlippe, der zum Küssen einlud. Ließ sich diese Frau durch einen Kuss aus dem Konzept bringen? Zweifellos eine reizvolle Vorstellung …

Sie kehrten in die Haupthalle zurück und befanden sich nur noch wenige Schritte vom Eingang entfernt. Es bot sich an, Mrs. Blaxland zu verabschieden und die Arbeit fortzusetzen. „Wenn sonst nichts vorliegt, möchte ich mich hier von Ihnen verabschieden. Wie Sie gesehen haben, gibt es noch viel zu tun.“

„Es gibt da noch etwas.“ Erneut musterte sie ihn prüfend mit ihren klugen Augen. „Ich dachte, Sie wären älter. Es war mir nicht bewusst, dass Budes Erbe so … jung ist.“ Sie schien zu unterstellen, dass er der Aufgabe, ein solches Schulprojekt zu beaufsichtigen, nicht gewachsen war. Vermutlich dachte sie, ein Mann seines Alters und Standes würde eher dazu neigen, sich den Ausschweifungen Londons zu widmen.

„Achtundzwanzig ist jung?“, fragte er belustigt eine Braue hebend. Das war eine seltsame Bemerkung von einer Frau, die selbst nicht älter als Anfang dreißig sein konnte. „Es ist eine Weile her, dass mich jemand als jung bezeichnet hat. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag, Mrs. Blaxland. Ich freue mich darauf, Sie beim Eröffnungsempfang wiederzusehen.“ Zum Abschied verbeugte er sich leicht. „Ich versichere Ihnen, dass Sie sich keine Sorgen machen müssen. Ich bin in den besten Jahren.“ Diese abschließende Bemerkung konnte er sich nicht verkneifen. Er spürte, dass sonst niemand Mrs. Blaxland mit ein wenig Spott begegnete, und jemand musste es tun. Leute gaben sich nicht ohne Grund unbezwingbar. Er war neugierig, was bei ihr dahintersteckte.

„Das sind Sie ganz bestimmt“, räumte sie mit einem teilnahmslosen Nicken ein, aber er sah etwas in ihren Augen aufflackern, bevor es wieder von eingeübter Nüchternheit verdrängt wurde. Eaton lächelte über seinen kleinen Sieg. Sie hatte sich schon verraten. Eliza Blaxland war nicht so unnahbar oder distanziert, wie sie erscheinen wollte.

2. KAPITEL

Es war lange her, dass sie von etwas überrascht worden war – nicht mehr seit dem Tage, als Huntington sein Arbeitszimmer verlassen hatte und nie zurückgekehrt war. Fünf Jahre, acht Monate und drei Wochen, um genau zu sein. Eliza lehnte sich gegen die Lederpolster ihrer Kutsche und seufzte tief. In den vergangenen Jahren war sie diejenige gewesen, die für Überraschungen sorgte. Es war ihr nichts anderes übrig geblieben, wenn sie die Anteilseigner auf Trab halten wollte. Aber Eaton Falmage, Marquess of Lynford, Erbe des herzoglichen Sitzes Bude, hatte sie überrascht. Sie hatte ihn mit ihrem unangekündigten Besuch kontrollieren wollen, doch auf ihn war sie nicht vorbereitet gewesen. Eliza griff nach ihrem Fächer. Schon der erste verwegene Blick seiner dunklen Augen hatte ihre eisige Fassade zum Schmelzen gebracht.

Sie hatte geglaubt, Männern gegenüber gleichgültig zu sein, sodass sie ihrer Macht nicht erliegen konnte. Lynford hatte sie heute herausgefordert, und zwar nicht als Patronin, sondern als Frau. Sie war keine Frau gewesen – keine wirkliche Frau mit echten Gefühlen und Neigungen –, seit ihr Gatte gestorben war. Um ihrer Tochter und ihrer selbst willen konnte sie es sich nicht leisten, ihren Wünschen und Empfindungen nachzugeben.

Zunächst sahen Männer in ihr eine elegant gekleidete Frau, die kultiviert redete und göttlich tanzte und die sie oftmals besitzen wollten. Doch diese Illusion zerfiel, wenn sie ihnen in den Versammlungen gegenübersaß und in gebildetem Ton ihre sachlichen Urteile fällte. Einige Männer bezeichneten sie als falsche Schlange, als Viper, die darauf lauerte, zuzuschlagen. Andere nannten sie eine Sirene, die Männer dazu verführte, am eisigen Granit ihrer Fassade zu zerschellen. Lynford hingegen hatte sich heute ausgezeichnet geschlagen – ein wahrer Odysseus, der sich von ihrem unerwarteten Besuch und von ihr nicht erschrecken ließ.

Eliza wedelte sich ein wenig schneller Luft zu. Er war nicht nur jünger, als sie angenommen hatte, er war sogar fünf Jahre jünger als sie. Er war groß, breitschultrig, hatte beeindruckend dunkle Augen und war von athletischer Gestalt. Sein am Kragen geöffnetes Hemd und die hochgekrempelten Ärmel hatten daran keinen Zweifel gelassen. Obgleich er weder Gehrock noch Weste oder gar ein Krawattentuch getragen hatte, hatte er sich nicht ein einziges Mal für seine Aufmachung entschuldigt oder versucht, sich etwas überzuziehen. Die Frau in ihr, die so selten entfesselt war, hatte an ihrem Käfig gerüttelt, gepackt von der zur Schau gestellten Männlichkeit. Es hatte ihr in Erinnerung gerufen, dass ihre Sehnsüchte noch nicht abgestorben waren. Das war eine verstörende Erkenntnis.

Eliza schloss die Augen. Es war so lange her, dass sie etwas wie Verlangen verspürt hatte oder Anziehung, die mildere Variante. Seit mehr als fünf Jahren lebte sie enthaltsam und hatte weder gewagt, zu weiblich noch zu männlich aufzutreten, um nicht verhöhnt zu werden, weil sie die Grenzen des Schicklichen überschritt. Die Anziehung, die Lynford auf sie ausübte, kam ihr sehr ungelegen. Sie hätte es bevorzugt, wenn er ein Mann mittleren Alters mit Bauch, grauen Schläfen und einer müden, biederen Ausstrahlung gewesen wäre. Sie wusste, wie man mit solchen Männern zurechtkam.

Ihr Gatte war ein solcher Mann gewesen, siebenunddreißig Jahre älter als sie, als sie vor den Altar getreten waren. Solche Männer bevölkerten den Vorstand der Blaxland Mining Corporation. Lynford hingegen verströmte Wachheit, Tatkraft und Kühnheit. Er schien sich für unfehlbar zu halten, und vielleicht zu Recht. Er war der Sohn eines Dukes. Er war es gewohnt, sich zu behaupten, gewohnt, die Welt nach seinen Wünschen herumzukommandieren. Er war kein Geschäftsmann, wie es ihr Gatte gewesen war, dessen Welt und dessen Wirkungsbereich auf Bilanzen beschränkt war. Und Lynford war, anders als ihr Gatte, ganz eindeutig in seinen besten Jahren.

Mit einem solchen Mann hatte sie keine Erfahrung: ein Mann, der Frauen ansah und dabei ganz offen ihre Schönheit bewunderte, ein Mann, der nicht väterlich bevormundete und der ihrer Direktheit mit seiner eigenen begegnete.

Die Anziehung, die sie empfunden hatte, war schön gewesen. Sie hatte sich plötzlich wieder lebendig gefühlt. Doch sie durfte sich auf nichts einlassen. Sie musste eine Tochter großziehen und Minen am Laufen halten. Sie wollte das Erbe ihres verstorbenen Gatten schützen, damit ihre Tochter niemals Not und Armut erleben musste, wie es bei ihr der Fall gewesen war. Diese Ziele boten keinen Raum für Leidenschaft. Ihr Leben glich einem Drahtseilakt. Ein falscher Schritt – und alles, auf das sie hingearbeitet hatte, war mit einem Schlag verloren.

Sie hatte darauf gehofft, ihre großzügige Unterstützung würde Lynford im Gegenzug dazu bewegen, ihr Vorhaben zu fördern, an der ganzen Küste Schulen für die Kinder der Minenarbeiter zu errichten. Geschäftsangelegenheiten mit einem flüchtigen Vergnügen zu vermischen, konnte diese Pläne gefährden.

Mit ihrem heutigen Besuch hatte sie sich davon überzeugen wollen, dass Lynfords Musikakademie die Investition wert war. Machte er seine Sache gut, oder war er nur ein fauler Dilettant wie so viele? Sie wollte vor der Eröffnung sichergehen, dass er alles im Griff hatte. Sie würde ihren Teil dazu beitragen, dem Konservatorium zum Erfolg zu verhelfen, und damit ihren guten Ruf stärken. Sich auf eine törichte Liebschaft einzulassen, konnte sie alles kosten. Ihrer Mutter war es so ergangen, einer Witwe, die mit einer Tochter und einem Vermögen zurückgeblieben war und die keine Ahnung von geschäftlichen Angelegenheiten gehabt hatte.

Die Mutter, blind für die Inkompetenz ihres Liebhabers, hatte ihn geheiratet und dank seiner falschen Entscheidungen alles verloren. Als das geschah, war Eliza vierzehn Jahre alt gewesen, und sie hatte sich geschworen, sich niemals von ihren Gefühlen blenden zu lassen, niemals in Armut und Abhängigkeit zu versinken. Schon am nächsten Tag hatte sie begonnen, alles zu lernen, was sie über die Verwaltung von Geld in Erfahrung bringen konnte. Wissen war Macht, und nur Bildung bot die Aussicht auf Unabhängigkeit. Es gab zu viele Frauen wie ihre Mutter, die keine Ahnung hatten, wie man mit der eigenen Freiheit umgehen sollte, und daher ohne Männer nicht zurechtkamen. Eliza war fest entschlossen, die Fehler ihrer Mutter nicht zu wiederholen. Sie war viel zu klug, um dem Charme eines attraktiven Mannes zu erliegen.

Zwei Tage später, Eröffnung der Akademie

Diesmal wird es anders laufen. Mit diesem Vorsatz betrat Eliza den Konzertsaal des Konservatoriums. Heute Abend war sie auf den ach so attraktiven Eaton Falmage vorbereitet. Sein gutes Aussehen und die selbstsichere Art würden sie nicht überrumpeln. Sie wusste jetzt, was sie erwartete, und diesmal würde sie nicht allein mit ihm sein – eine Tatsache, die sich beim Eintreten sofort bestätigte. Es herrschte großer Andrang – Männer in dunkler Abendkleidung und Damen in Seidenkleidern füllten jeden Winkel des großen Saals. Mit so vielen Leuten hatte sie nicht gerechnet.

Eliza klappte ihren Fächer auf und ging zielstrebig durch den Saal. Niemand sollte sie bemitleiden, weil sie ohne Begleitung kam. Über die Jahre hatte sie sich daran gewöhnt, Veranstaltungen allein zu besuchen, und die Gesellschaft hatte sich nach und nach ebenso daran gewöhnt. Sie kam allein an und verschwand wieder allein. Sie sah sich in Ruhe in der jeweiligen Umgebung um und entschied selbst, mit wem sie Zeit verbringen wollte. Im Moment wollte sie sich mit Lynford unterhalten. Glückwünsche waren angebracht. Sie lächelte zufrieden, während sie sich umsah. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit war es Lynford gelungen, für eine einwandfreie Fertigstellung zu sorgen. Nie hätte man sich das vor zwei Tagen vorstellen können, als im Gebäude noch das reinste Chaos geherrscht hatte.

Eliza ließ die Blicke über das dezente Blaugrün der Wände schweifen, das sich geschmackvoll vom Beige der Wandbekleidung aus Walnussholz absetzte. Die Reihe französischer Terrassentüren war zum Garten hin geöffnet, der mit leuchtenden Papierlaternen geschmückt war. Den Garten würde sie im Hinterkopf behalten – er konnte eine willkommene Zuflucht bieten, wenn sie der Menschenmenge entrinnen wollte. Fast hatte sie ihre erste Runde durch den Saal beendet, als sie Lynford endlich erblickte. Er stand nur einen Schritt von dem kostbaren Pianoforte von Sébastien Erard entfernt.

Sie hörte auf, sich Luft zuzufächeln, und beobachtete ihn. Gerade sprach er mit einer Gruppe von Männern. Die anderen waren auch alle dunkel gekleidet, doch er glich ihnen so wenig wie die Sonne dem Mond. Sofort wusste sie, dass sie sich verschätzt hatte. Diesmal würde es überhaupt nicht anders sein als beim ersten Zusammentreffen, außer dass er jetzt tadellos angezogen war. In der offiziellen Aufmachung war er leider nicht weniger attraktiv. Eliza wedelte sich entschieden Luft zu.

Heute Abend waren seine dunklen Locken gezähmt und sorgfältig frisiert. Verstohlen betrachtete sie seine markanten wohlgestalteten Gesichtszüge und die dunklen Augen. In der eleganten Abendkleidung sah er umwerfend aus. Seine große, breitschultrige und muskulöse Gestalt zeigte, dass er alles andere als ein Stubenhocker war. Sicher konnte er mühelos die Klippen von Porth Karrek hochklettern! Selbstverständlich sollte sie sich darüber besser keine Gedanken machen. Ihr Besuch der Eröffnungsfeier war rein geschäftlicher Natur, und Geschäftliches und Privates durften nicht vermischt werden. Niemals. Hatte die Erfahrung mit Miles Detford sie das nicht gelehrt? Und ganz sicher durfte sie nicht dabei ertappt werden, den Marquess of Lynford anzustarren. Das würde er fraglos als Interesse missdeuten.

Zu spät. Sie hatte sich nicht rechtzeitig abgewandt. Ihre Blicke trafen sich, und er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln. Es schien, als ob er sich aufrichtig freute, sie zu sehen. Das beunruhigte sie. Weshalb sollte er sich über das Wiedersehen freuen? Schon sah sie, dass er sich bei der Männerrunde entschuldigte und auf sie zukam. Nun gab es kein Entkommen. Kurz bevor er sie erreichte, schnappte er zwei Gläser mit Champagner von einem Tablett, das gerade vorbeigetragen wurde. „Mrs. Blaxland, wie schön, Sie zu sehen.“ Unbeirrt lächelnd reichte er ihr ein Glas. „Ich hoffe, dass alles Ihre Zustimmung findet. Kein Staub auf den Tischen. Ihre Handschuhe werden heute Abend sauber bleiben.“ Sie hatte das Gefühl, dass Lynford sich über sie lustig machte.

„Ich bin gerade erst gekommen.“ Ihr kühler Ton deutete an, dass für Enttäuschung und Kritik noch Zeit blieb. Würde er ihr das abnehmen? Eliza nippte an ihrem Champagner. Zugegebenermaßen hatte sie dem Zustand der Schule weniger Aufmerksamkeit gewidmet als ihm. Sie kam sich wehrlos vor und beschloss, zum Angriff überzugehen.

„Angesichts des hervorragenden Champagners, den Sie mir gebracht haben, und Ihres Lächelns müssen Sie etwas Wichtiges von mir wollen, Lord Lynford. Also, nur heraus mit der Sprache.“

„Ah, Sie mögen Champagner. Das werde ich mir merken.“ Er grinste verrucht. „Was macht Sie glauben, ich wollte etwas anderes als Ihre Anerkennung?“, fragte er gedehnt.

Darüber musste sie lachen. „Vorgestern war ich in der Tat in Sorge, dass Sie mit den Vorbereitungen nicht rechtzeitig fertig werden. Ich bin aber nicht gekommen, um Sie scheitern zu sehen.“ Eliza klopfte ihm leicht mit dem Fächer auf den rechten Arm. „Ganz im Gegenteil bin ich voller Hoffnung, dass die Schule ein großer Erfolg wird. Unternehmungen, die ich für riskant halte, pflege ich nicht zu unterstützen. Diese Akademie könnte neue Maßstäbe setzen. Vielleicht erkennen die Leute auch den Wert einer breiter angelegten Bildung. Ich habe über Schulen für den Nachwuchs der Minenarbeiter nachgedacht. Diese Kinder sollten mit der Möglichkeit aufwachsen, ein größeres Spektrum an Fähigkeiten zu erwerben, als es bei ihren Eltern der Fall war.“ Sie hielt einen Moment inne und überlegte, ob sie weiterreden sollte. Nicht jeder teilte ihre Ansichten, nicht einmal die Mitglieder ihres eigenen Vorstands. „Mit mehr Kenntnissen hätten sie eine größere Wahl, wie sie sich ihren Lebensunterhalt verdienen können.“

Lynfords Augen wirkten wie zwei nachdenkliche finstere Sterne. Einen Augenblick lang fürchtete sie, ihn beleidigt zu haben. Was dachte der Erbe eines Dukes darüber, den Kindern von einfachen Minenarbeitern den Zugang zu Bildung und damit zu Aufstieg zu gewähren? Sah er die Notwendigkeit ein? War sie zu weit gegangen? Doch Lynford nickte lächelnd und sah ihr in die Augen. „Über dieses Thema würde ich gern später weiter mit Ihnen reden, Mrs. Blaxland.“ Er stieß mit ihr an. „Auf den Erfolg all unserer Vorhaben! Wo wir gerade davon sprechen, könnten Sie uns heute Abend eine große Hilfe sein.“

Aha, also doch. Jetzt erfuhr sie den wahren Grund für seine Freundlichkeit.

„Ich habe gehofft, Sie würden als eine unserer großzügigsten Gönnerinnen ein paar Worte an die Versammelten richten.“

Eine Rede? Sie nippte erneut an ihrem Champagner, doch ihr Mund fühlte sich trotz der kalten Flüssigkeit plötzlich ganz trocken an. Sein Ansinnen kam ihr wie eine Bestrafung vor. „Ich soll eine Rede halten?“ Diese Vorstellung schnürte ihr fast die Kehle zu.

„Es handelt sich nicht um die ausufernde Grabrede für Perikles, Mrs. Blaxland. Lediglich um ein paar einleitende Begrüßungsworte. Dann können Sie kurz Mr. Kitto vorstellen, der weitersprechen wird.“ Er wollte, dass sie den berühmten Mr. Kitto vorstellte, dem sie nur ein Mal ganz kurz begegnet war? Es war, als ob Lynford in die tiefsten Tiefen ihrer Seele geblickt und ihre schlimmsten Ängste zum Vorschein gebracht hätte. Sie hatte gelernt, einer Riege ausschließlich männlicher Anteilseigner gegenüberzutreten, die nicht glaubten, eine Frau könne in ihrer Welt erfolgreich Geschäfte führen. Sie kannte alle Einwände und wusste sie zu widerlegen. Vollkommen unvorbereitet vor einer großen Menschenmenge zu reden, war eine gänzlich andere Angelegenheit. Die Leute würden sie anstarren und jedes Wort und jede Geste auf die Goldwaage legen.

„Darauf sind Sie doch sicher eingestellt“, drängte sie Lynford. „Als unsere größte Wohltäterin haben Sie gewiss erwartet, dass eine solche Bitte an Sie herangetragen wird. Aus sicherer Quelle weiß ich, dass eine gute Vorbereitung der beste Schutz gegen Überraschung ist.“

Das war also seine Revanche. Wie du mir, so ich dir…

Es ging um Überrumpelung.

3. KAPITEL

Eliza musterte Lynford, dessen Schachzug sie genau durchschaute. „Sie wollen sich also rächen, Lord Lynford?“

Er lächelte verschmitzt, und seine Augen funkelten. „Das dient alles einem höheren Zweck, Mrs. Blaxland, ähnlich wie unangekündigte Besuche.“ Er nahm ihr das leere Glas ab und stellte es gemeinsam mit seinem auf einem Tablett ab, das in der Nähe vorbeigetragen wurde. Anschließend bot er ihr den Arm. „Ich würde Ihnen gern einige Lehrkräfte, die Eltern von ein paar Schülern, die heute Abend auftreten, und unsere anderen Gönner vorstellen.“

„Sie brauchen also eine Gastgeberin“, folgerte Eliza rasch.

„Mr. Kittos Frau Rosenwyn sollte heute diese Rolle übernehmen, aber leider ist sie indisponiert“, erläuterte Lynford. „Bei solchen Veranstaltungen ist die Gegenwart einer Frau unerlässlich, wenn man eine angeregte Unterhaltung zwischen Fremden in Gang bringen will.“ Sie hatte nicht beabsichtigt, heute Abend im Mittelpunkt zu stehen – die Gastgeberin zu spielen und eine Rede zu halten, würde eine Aufmerksamkeit erregen, die sie gar nicht gewollt hatte. Allerdings konnte sie auch davon profitieren. Der Marquess würde ihr viele Leute vorstellen, und das konnte ihr den Weg für spätere Gespräche über Schulen für die Kinder der Minenarbeiter ebnen. Sie erblickte Cador Kittos blonden Lockenschopf und dahinter eine Schar Schüler mit Instrumenten. Ihr Puls schlug schneller. Vermutlich würde bald das musikalische Programm beginnen, und der Zeitpunkt für ihre Rede rückte bedrohlich nahe.

Dafür würde Lynford büßen!

„Wollen wir?“ Er führte sie von einem zum anderen und stellte ihr Lehrkräfte, Mäzene und Eltern vor. Anschließend geleitete er sie zu einem Platz vor der Bühne, auf der die neuen Schüler und Kitto bereits ihre Positionen eingenommen hatten.

„Sind Sie sicher, dass es keinen anderen gibt, der reden sollte?“ Ein letztes Mal versuchte sie, zu entkommen.

Lynford schüttelte den Kopf und schenkte ihr wieder sein entwaffnendes Lächeln. Obgleich er damit alle Gäste großzügig bedachte, verlor es seltsamerweise nicht an Wirkung. „Nein, ich möchte, dass Sie es tun.“ Er legte eine Hand auf ihre behandschuhte Linke, die auf seinem Unterarm ruhte, und drückte verschwörerisch ihre Finger. „Sie werden das wundervoll machen.“ Er hatte sich vorgebeugt, und sie roch einen verlockenden männlichen Duft wie eine frische Herbstbrise mit einer waldigen Note von englischer Eiche und Haselnuss. Du liebe Güte, dieser Duft war berauschend! Er erinnerte sie an ungezügelte Lebensfreude, an Lagerfeuer unter sternklarem Himmel. Es waren Erinnerungen aus ihren Kindertagen, als sie noch nicht die Welt auf ihren Schultern zu tragen hatte und der Herbst eine Zeit des Lachens und Träumens gewesen war. Seine Stimme klang nun wie ein heiseres Flüstern an ihrem Ohr, das besser in ein Schlafzimmer gepasst hätte. „Ich habe vollstes Vertrauen in Sie. Sie sind keine Frau, die sich mit einem Scheitern abfindet, Mrs. Blaxland.“ Dann entfernte er sich von ihr und ging mit langen Schritten durch den Saal. Allein seine Präsenz brachte die Leute dazu, ihre Unterhaltungen zu unterbrechen, sich auf die Stühle zu setzen und abzuwarten, was als Nächstes geschehen würde.

Sie beneidete ihn um sein Selbstvertrauen, um die Leichtigkeit und Selbstverständlichkeit dieser Haltung. Ihr entschiedenes Auftreten hingegen war nichts als eine hart erarbeitete Fassade. Sie führte nicht das Leben, das Huntingdon sich für sie vorgestellt hatte. Die schlichte Notwendigkeit hatte sie in diese Bahnen gelenkt.

Mit achtundzwanzig Jahren hatte sie die Führung des Haushalts gegen die Führung eines Minenimperiums ausgetauscht. Statt Einladungen zu geben, förderte sie nun Schulen und andere Bildungseinrichtungen. Wenn sie eines in den letzten fünf Jahren gelernt hatte, dann, dass Bildung alles war. Sie hatte nur in die Position ihres Gatten wechseln können, weil sie über die nötigen Kenntnisse verfügte. Sie konnte nicht nur lesen, schreiben und rechnen, sondern kannte sich mit Buchführung und tausend anderen Dingen aus. Sie war zu kritischem Denken fähig und hatte die Zeit der Ehe genutzt, um so viel wie möglich zu lernen. Schließlich schien es fast unausweichlich, dass eine achtzehnjährige Braut ihren fünfundfünfzigjährigen Ehemann überleben würde.

Diese Weitsicht war ihr zugutegekommen. Ihr Leben war weit besser als das, was ihr ohne ihre Fähigkeiten bevorgestanden hätte. Sie wäre von einem entfernten Verwandten ihres Mannes zum nächsten geschoben worden. Die Kontrolle über Huntingdons Erbe, seine Minen, hätte sie verloren. Alles, was ihre Tochter Sophie erben sollte, wäre ihr von einem teilnahmslosen männlichen Verwandten aus den Händen gerissen worden. Wie oft hatte sie das bei den Frauen in ihrer Umgebung miterlebt – Frauen wie ihre Mutter, die alles verloren, sobald ihre Ehemänner starben, sogar die Kontrolle über ihr eigenes Leben. Als Huntingdon starb, hatte Eliza sich erneut geschworen, das zu verhindern. Sie hatte ihre Freiheit und die ihrer Tochter um jeden Preis verteidigt. Nun war es ihr Ziel, anderen die Möglichkeit zu geben, ihre Talente zu entfalten.

Lynford war auf die Bühne gestiegen und hatte ein paar einleitende Worte gesprochen. Jetzt winkte er sie von ihrem Platz in der ersten Reihe zu sich. Sie stand auf und glättete erhobenen Hauptes das Kleid. Niemand sollte ihr die Nervosität anmerken. Lynford hatte recht. Sie war keine Frau, die sich mit dem Scheitern abfand. Sie hatte gelernt, zu kämpfen.

Sie war großartig. Eaton hörte aufmerksam zu, wie sich Eliza Blaxland in ihrer kultivierten und kraftvollen Sprechweise an die Menge wandte. Obgleich sie versucht hatte, seinem überraschenden Ansinnen zu entgehen, entdeckte er keinerlei Anzeichen für Unsicherheit. Dennoch stand er bereit, um jederzeit einzugreifen, falls sie seine Unterstützung brauchte. Doch sie benötigte seine Hilfe nicht. Zu scheitern schien nicht in ihrer Natur zu liegen. Eliza Blaxland war der Inbegriff von Kompetenz und Souveränität. Ihre elegante Erscheinung mit den glänzenden kastanienfarbenen Haaren, die zu einem Chignon geflochten waren, das dunkelblaue Seidenkleid und der Perlenschmuck verstärkten ihre enorme Ausstrahlung. Wenn er ihren beunruhigten Blick nicht bemerkt hätte, als er sie um die Rede gebeten hatte, hätte er den Eindruck gewonnen, dass sie solche Auftritte genoss.

Was wusste er über Eliza Blaxland? War sie wirklich so unterkühlt oder brannte doch ein Feuer hinter dieser unbezwingbar wirkenden Fassade?

Gerade stellte sie Cador vor und lenkte die Aufmerksamkeit auf den Schuldirektor und seine jungen Musiker. Als der Applaus einsetzte, verschwand sie fast unbemerkt durch die geöffneten Türen zum Garten. Wenn Eaton sie nicht die ganze Zeit im Blick behalten hätte, wäre es ihm entgangen. Ungeduldig wartete er darauf, ihr nach draußen zu folgen. Es erschien ihm aber unhöflich, den Saal zu verlassen, bevor Cador und die Jungen ihr Konzert beendet hatten. Wollte sie sich vor ihm verstecken oder war es eine Einladung, ihr zu folgen?

Nach dem Schlussapplaus nutzte Eaton die erstbeste Gelegenheit, um sich zur nächsten Terrassentür zu begeben und in den Garten zu gehen. War er zu spät? Nachdem er sich gründlich umgesehen hatte, entdeckte er sie auf einer steinernen Bank sitzend. Ihr Blick war in den klaren Abendhimmel gerichtet, und er betrachtete eine Weile ihr bezauberndes Profil.

„Wollen Sie mir aus dem Weg gehen, oder warten Sie auf mich?“, fragte er, während er sich ihr von hinten näherte. „Einen Moment dachte ich, Sie würden Cinderella spielen und entwischen, bevor ich folgen kann.“ Er wollte unbedingt mehr über sie erfahren, spürte, wie sehr er sich zu ihr hingezogen fühlte. War sie jemand, der seinen Schmerz vertreiben konnte?

Es wäre nicht das erste Mal, dass er sich nach einer Geliebten umsah, weil er sich davon Trost und Ablenkung versprach. Seine bisherigen Geliebten waren lebenslustige und erfahrene Frauen gewesen. Sie genossen die Zeit mit ihm, bis es ihnen beiden passte, sich auf neue Abenteuer einzulassen. Eine solche Anziehung wie bei Eliza Blaxland hatte er bei diesen Frauen jedoch nie verspürt. Die Intensität dieses Gefühls musste sich in seinem Blick gezeigt haben, denn plötzlich stand sie auf. „Ich sollte aufbrechen. Es ist schon spät.“

Wollte sie zum Bleiben überredet werden? Fürchtete sie ihre Reaktion auf die Anziehung, die zwischen ihnen herrschte? Verunsicherte sie das Feuer, das zwischen ihnen Funken sprühte? Faszinierend, dass die unerschütterliche Mrs. Blaxland sich von einem Flirt aus der Ruhe bringen ließ.

„Aufbrechen? Sie haben doch gewiss nicht vor, heute Abend noch nach Truro zurückzukehren?“ Wieder verspürte er den Wunsch, sie zu beschützen. Der Gedanke, sie könne sich auf die dunklen holprigen Straßen begeben, gefiel ihm gar nicht. Schon bei Tageslicht benötigte man mindestens drei Stunden, um mit der Kutsche von Porth Karrek nach Truro zu gelangen. In Cornwall waren ganze Landstriche vollkommen unbewohnt. Wenn eine Achse brach oder ein Rad ausgetauscht werden musste, gab es weit und breit keine Hilfe.

„Ich habe Zimmer im Gasthaus am Hafen. Morgen früh muss ich der hiesigen Mine einen Besuch abstatten, und anschließend kehre ich nach Truro zurück. Ich bin nun schon drei Tage unterwegs und habe es eilig, zurückzukommen. Ich danke Ihnen für den Abend.“ Dass sie so schnell wie möglich zurückkehren wollte, legte die Frage nahe, wer oder was dort auf sie wartete? Ein Liebhaber? War sie schon anderweitig vergeben? War das der Grund, weshalb sie so flatterig wurde? Eifersucht loderte in ihm auf.

„Vielleicht sehen wir uns in Truro. Ich bin oft geschäftlich dort.“ Cassian hielt sich in Truro auf und arbeitete an seinen Plänen für den Lustgarten. Eaton wollte ihn besuchen, wenn Cador seine Unterstützung nicht mehr brauchte. „Oder kann ich einen weiteren Überraschungsbesuch von Ihnen erwarten?“

Sie tippte ihm mit dem Fächer auf den linken Ärmel. „Erwartete Überraschungen sind keine Überraschungen mehr, Mylord.“

„Bitte nennen Sie mich Eaton. Es besteht keine Notwendigkeit zu Förmlichkeiten.“ Er machte ihr diesen gewagten Vorschlag spontan wie ein schwärmender Schuljunge. Dann ergriff er ihre rechte Hand und beugte sich darüber. „Sie waren eine entzückende Gastgeberin heute Abend und haben sich wahrlich verdient, mich vertrauter anzureden.“

„Es freut mich, wenn ich nützlich sein konnte. Vielleicht schaffe ich es, zum Weihnachtskonzert wieder hier zu sein.“

An beiden Aussagen zweifelte er. „Lügen Sie mich nicht an, Mrs. Blaxland. Sie wollten heute Abend die Rede nicht halten, und Sie wissen selbst, wie bedenklich es im Dezember mit dem Wetter und den vereisten Wegen ist.“

„Ich wollte nur höflich sein.“ Bewusst zog sie ihre Hand zurück.

„Ich bevorzuge es, wenn Sie ehrlich zu mir sind.“ Eaton war enttäuscht, dass sie aufbrechen wollte. Wie sollte er ihre Geheimnisse ergründen, wenn sie weit von ihm entfernt war? Schon suchte er nach Vorwänden, um sie zu weiteren Besuchen zu überreden. Ein baldiges persönliches Gespräch über Schulen für den Nachwuchs der Minenarbeiter? Anschließend konnte er sie mit auf die Trüffeljagd in den Trevaylor Woods nehmen. Eaton beugte sich ganz nah zu ihr heran und atmete ihren sommerlichen Pfirsich-Vanille-Duft ein. Den Mund an ihrem Ohr flüsterte er: „Und wenn wir von Ehrlichkeit reden, Eliza, Sie sind für mich eine bezaubernde Offenbarung.“

Seine Worte schienen ihr zu gefallen, denn er bemerkte, dass sie den Atem anhielt. Außerdem verwahrte sie sich nicht dagegen, dass er sie mit dem Vornamen angeredet hatte. Eaton blickte ihr in die Augen. Er wollte ihr zeigen, dass er sich aufrichtig für sie interessierte. Sie waren beide erfahrene Erwachsene und mussten keine koketten Spielchen spielen. Auch er wollte ehrlich sein, und er wollte nicht, dass die Unterhaltung endete. „Ich habe mich von Beginn an in Ihnen geirrt. Ich dachte, Sie seien erheblich älter.“ Er lachte leise in sich hinein. „Es scheint mir, als ob diese falsche Annahme auf Gegenseitigkeit beruhte.“

„Mein Ehemann war deutlich älter als ich. Meine Annahme basierte auf dem Üblichen.“

„Wenn Sie nicht in die Schule oder zur Eröffnung gekommen wären, hätte ich es möglicherweise nie erfahren.“

„Was für einen Unterschied macht denn mein Alter, wenn wir wegen der Akademie korrespondieren und es um meine finanziellen Zuwendungen geht? Mein Alter ist dabei nicht von Belang.“

„Ihr Gatte war fünfundsechzig, als er starb.“ Eaton erinnerte sich daran, dass sein Vater es eines Morgens beim Lesen der Zeitung erwähnt hatte.

„Ja, er war bereits fünfundfünfzig, als wir geheiratet haben. Natürlich war ich seine zweite Ehefrau – die erste war ein paar Jahre zuvor gestorben. Ich weiß nicht, weshalb das von Belang ist. Es spielt keine Rolle.“ Doch es spielte eine Rolle.

Sie war sich ihrer selbst nicht so sicher, wie sie vorgab. Dachte sie wirklich, er würde nicht bemerken, wie sie ihn zwischendurch immer ansah? Sie sehnte sich ebenso wie er unglaublich danach, den Funken, die heftig zwischen ihnen sprühten, nachzugeben.

„Es spielt eine Rolle.“ Er legte eine Hand um ihren Nacken, zog sie zu sich, blickte ihr tief in die Augen und murmelte: „Ich habe nicht die Angewohnheit, Großmütter zu küssen.“

„Und ich habe nicht die Angewohnheit …“

Eaton ließ sie nicht aussprechen. Er küsste ihre Lippen und nahm die Erwiderung mit seinem Mund in Beschlag. Über ihre Angewohnheiten – oder deren Fehlen – konnten sie später noch reden.

4. KAPITEL

Er küsst mich. Jede Faser ihres Körpers und alle Sinne nahmen seine Nähe wahr. Sein verführerisch maskuliner Duft erfüllte ihre Nase, sie genoss die Berührung auf ihrer nackten Nackenhaut und gab sich seinem wundervollen Kuss hin. Alles zusammen erweckte sie zum Leben, vielleicht zum ersten Mal. Aufreizend spielte seine Zunge mit der ihren, während er ihren Kopf weiter nach hinten beugte und seinen leidenschaftlichen Kuss vorantrieb, bis sie leise stöhnte. So war sie noch nie geküsst worden. Es war, als ob der Kuss selbst bereits eine vollständige Verführung wäre. Sie wollte diesen Kuss, wollte sehen, wohin er führte. Vielleicht führte er zu einem noch viel verruchteren Verlangen, zu anderen frevelhaften Empfindungen. Doch nur wenn sie es zuließ. Und das werde ich nicht!, rief sie sich zur Vernunft.

Sie war eine Mutter. Sie musste an ihren guten Ruf denken, schon um ihrer Tochter willen. Küsse waren etwas für Frauen, die es sich leisten konnten.

Sie stieß gegen seine muskulöse Brust. Hatte er etwa gedacht, sie wäre absichtlich in den Garten gegangen als Aufforderung an ihn, ihr zu folgen und sie zu küssen?

Plötzlich verwandelte sich die Lust in ein Gefühl der Demütigung. „Mylord …“ Sie hätte mehr auf der Hut sein müssen. „Ich fürchte, Ihnen einen falschen Eindruck vermittelt zu haben. Ich muss jetzt gehen. Sofort.“ Eliza versuchte, an ihm vorbeizukommen, doch er hielt sie sanft an einem Arm fest. „Wann sehe ich Sie wieder?“, fragte er. Er blickte ihr in die Augen.

„Das wäre nicht klug. Geschäft und Vergnügen sollte man nicht vermischen.“ Sie durfte nicht weich werden, sonst würde sie es bedauern. Eine Affäre konnte alles zerstören, was sie sich aufgebaut hatte. Eine Reihe von Anteilseignern wartete nur auf einen Fehltritt von ihr.

„Nicht klug für...

Autor

Bronwyn Scott
<p>Bronwyn Scott ist der Künstlername von Nikki Poppen. Sie lebt an der Pazifikküste im Nordwesten der USA, wo sie Kommunikationstrainerin an einem kleinen College ist. Sie spielt gern Klavier und verbringt viel Zeit mit ihren drei Kindern. Kochen und waschen gehören absolut nicht zu ihren Leidenschaften, darum überlässt sie den...
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