Julia Exklusiv Band 382

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MIT EINEM PLAYBOY NACH PARIS von MICHELLE SMART

Cara Delanay kocht vor Wut! Noch vor wenigen Wochen hat Pepe Mastrangelo sie voller Leidenschaft geküsst – jetzt hält der charmante Playboy sie für eine Lügnerin. Aber warum macht er ihr trotzdem das verführerische Angebot, mit ihm nach Paris zu ziehen?


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  • Erscheinungstag 09.11.2024
  • Bandnummer 382
  • ISBN / Artikelnummer 0851240382
  • Seitenanzahl 448

Leseprobe

Michelle Smart

1. KAPITEL

Pepe Mastrangelo nahm sich noch ein Glas Rotwein vom Tablett der Bedienung und stürzte es in einem einzigen Zug herunter. Tante Carlotta, die ihn seit der Ankunft auf dem Anwesen der Familie auf Schritt und Tritt verfolgte, redete pausenlos auf ihn ein. Es ging mal wieder um ihr Lieblingsthema: Wann würde Pepe endlich dem Beispiel seines älteren Bruders folgen, heiraten und eigene bambini in die Welt setzen?

Der gesamte Clan der Mastrangelos glaubte offenbar, sich in Pepes Privatleben einmischen zu dürfen. Auch die Familie seiner Mutter, der Clan der Lombardis, hielt dies für ihr gutes Recht. Natürlich meinten sie es nur gut, und normalerweise hatte er auch immer eine passende Antwort parat, nach dem Motto, es gäbe so viele wunderschöne Frauen auf der Welt, warum sollte er sich mit einer einzigen begnügen? Nein, Pepe dachte nicht im Traum daran, zu heiraten! Das war etwas für Masochisten und Idioten.

Wobei – als er noch jung und naiv gewesen war, hätte Pepe beinahe seine Jugendliebe geheiratet. Die Frau, die ihm dann das Herz herausgerissen und fein säuberlich in kleine Fetzen gerissen hatte …

Im Nachhinein war er fast froh darüber, noch mal mit einem blauen Auge davongekommen zu sein. Er hatte seine Lektion gelernt und würde sich nie wieder auf das Abenteuer Ehe einlassen!

Pepe war klug genug, diese Episode seiner Jugend für sich zu behalten. Womöglich würde ihn die Familie sonst erst recht dazu drängen, zu heiraten. Oder – noch schlimmer – sich einem Psychotherapeuten anzuvertrauen.

Warum musste er sich ausgerechnet heute den unangenehmen Fragen seiner Verwandtschaft stellen? Um seine Schlagfertigkeit war es gerade schlecht bestellt, denn er war abgelenkt. Verächtliche Blicke aus grünen Mandelaugen folgten ihm, wohin er auch ging.

Cara Delaney.

Cara und er hatten die Patenschaft für seine Nichte übernommen. Er war gezwungen gewesen, in der Kirche neben Cara zu sitzen und Seite an Seite mit ihr am Taufbecken zu stehen.

Seltsam, er hatte völlig vergessen, wie bildhübsch sie war – die großen, ausdrucksvollen grünen Augen, die Stupsnase, die herzförmigen Lippen – zum Anbeißen. Und dieses flammend rote Haar, das ihr fast bis zur Taille reichte … Das rote Samtkleid, für das Cara sich heute entschieden hatte, brachte ihre Kurven hervorragend zur Geltung. Sie sah unwiderstehlich sexy aus. Unter anderen Umständen hätte er es genossen, den Tag mit ihr zu verbringen, zu flirten, ihr Drinks zu besorgen …

Ob sie ihn noch einmal in ihr Bett lassen würde?

Bisher hatte er kein Problem damit gehabt, eine Exgeliebte wiederzusehen. Er spürte sofort, wenn eine Frau es auf Heirat und Babys abgesehen hatte und machte dann lieber einen großen Bogen um sie. Seine Exfreundinnen gehörten nicht in diese Schublade, deswegen war ein Wiedersehen mit ihnen normalerweise keine große Sache.

Normalerweise stahl Pepe sich aber auch nicht heimlich aus der Hotelsuite, nachdem er mit einer Geliebten geschlafen hatte. Und normalerweise ließ er auch nicht einfach das Handy einer Geliebten mit sich gehen …

Seit das Datum für die Taufe feststand, wusste er, dass er Cara wiedersehen würde. Schließlich war sie die beste Freundin seiner Schwägerin und Taufpatin der kleinen Lily.

Natürlich hatte er nicht damit gerechnet, dass sie ihn strahlend begrüßen würde, aber diese abgrundtiefe Verachtung fand er doch etwas übertrieben. Hatte er die wirklich verdient?

Frustriert stellte er fest, dass er frühestens in einer Stunde aufbrechen konnte. Unnötig lange auf dem Flughafen wollte er sich nämlich auch nicht aufhalten. Morgen würde ihn die Besichtigung eines Weinguts an der Loire ablenken. Er hatte gerüchteweise gehört, es sollte verkauft werden. Wenn es genug Profit abwarf, wollte er es gern erwerben – bevor es offiziell auf den Markt kam.

„Wie ich schon sagte, sie ist wunderschön, oder?“ Tante Carlottas Tonfall klang frostig.

Pepe war so in Gedanken versunken gewesen, dass ihm entgangen war, wie Carlotta sich das Baby geschnappt hatte. Jedenfalls hielt sie Lily jetzt hoch, damit er seine Nichte genau inspizieren konnte.

Widerstrebend betrachtete er das wohlgenährte Baby, das ihn mit großen Augen ansah. Wunderschön? Na ja, wenn man kleine rosige Ferkelchen als schön bezeichnen mochte …

„Ja, wirklich wunderschön“, säuselte er unaufrichtig und rang sich ein Lächeln ab.

Dieser Hype um Babys war ihm schon immer auf die Nerven gegangen. Für ihn waren das langweilige kleine Monster, mit denen er nichts anfangen konnte. Wenn sie erst mal laufen konnten, war das natürlich schon bedeutend interessanter, aber vorher?

Glücklicherweise drängte eine seiner Großtanten sich zwischen Tante Carlotta und ihn, um auch einen Blick auf Lily zu werfen. Pepe nutzte die Gunst der Stunde und verzog sich schleunigst ans andere Ende des Zimmers.

Die letzte Taufe, die er besucht hatte, lag fünfzehn Jahre zurück. Er konnte sich nicht erinnern, ob damals auch so ein Buhei um den Täufling veranstaltet worden war. Am liebsten hätte Pepe das Fest geschwänzt, doch dann hätte sein Bruder Luca wohl nie wieder ein Wort mit ihm geredet. Als Taufpate hatte er keine Chance, zu kneifen.

Ob Luca und Grace wohl schon über weiteren Nachwuchs nachdachten? Wie er seinen Bruder kannte, würde der nicht eher ruhen, als bis ein Junge zur Welt kam.

Seine Eltern hatten mit Luca ja gleich beim ersten Versuch einen Stammhalter hinbekommen. Die Geburt von Pepe war im Prinzip überflüssig gewesen. Aber vielleicht hatten sie einen Spielkameraden für ihren Erstgeborenen gewollt…

Geistesabwesend griff Pepe nach einem weiteren Glas Rotwein und ließ den Blick über die versammelte Sippschaft gleiten. Es schien, als wären alle beschäftigt, abgelenkt, ins Gespräch vertieft. Vielleicht sollte er die Gelegenheit beim Schopf packen und doch schon jetzt unauffällig verschwinden. Lange hielt er die verächtlichen Blicke der rothaarigen Geisha nämlich nicht mehr aus.

„Du wirkst gestresst, Pepe.“

Er fluchte unterdrückt. War ja klar, dass er nicht verschwinden konnte, ohne von ihr angesprochen zu werden.

Also rang er sich ein weiteres nichtssagendes Lächeln ab und wandte sich langsam um. „Cara!“ Du liebe Zeit, er merkte selbst, wie aufgesetzt seine Freude klang. Mit der freien Hand zog Pepe die kleine Frau an sich und beugte sich hinunter, um sie auf die Wangen zu küssen. „Wie geht es dir? Amüsierst du dich gut?“

Cara zog die kupferroten Augenbrauen zusammen. „Klar, ich amüsiere mich prächtig“, antwortete sie sarkastisch.

Er ignorierte ihren Sarkasmus und strahlte. „Super! Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest …“

„Willst du dich mal wieder aus dem Staub machen?“ Ihr irischer Akzent war wesentlich ausgeprägter als bei der letzten Begegnung. Als er Cara vor drei Jahren hier in Sizilien kennengelernt hatte, wäre er nicht darauf gekommen, dass sie Irin war. Kein Wunder, sie war als Teenager nach England gezogen und hatte den dortigen Akzent angenommen. Als Pepe sie vor vier Monaten in Dublin verführt hatte, sprach sie schon wieder wie eine Irin. Aber so ausgeprägt wie jetzt war der Akzent nicht gewesen.

„Ich habe noch einen Termin“, erklärte er hoheitsvoll.

„Ach, wirklich?“

Ihr schneidender Tonfall ließ Pepe fast zusammenzucken.

Cara machte eine Kopfbewegung in Graces Richtung. „Ihretwegen hast du mein Handy gestohlen, oder?“ Es war eine Feststellung, keine Frage.

Pepe atmete tief durch. Dieser eisige Blick … Beim letzten Mal hatte noch heißes Verlangen in ihren grünen Augen geschimmert. „Ja, es war wegen Grace.“

Sein Blick verweilte auf Caras sinnlichem Mund. Die herzförmige Gestalt ihrer vollen roten Lippen rief erneut das Bild einer Geisha in ihm hervor. Jetzt biss sie auch noch auf ihre Unterlippe! Fasziniert beobachtete Pepe, wie sich das Rot ihrer Lippen sogar noch intensivierte … Dieser Mund war zum Küssen wie geschaffen!

„Ist Luca ihr durch mein Handy auf die Spur gekommen?“

Warum hätte er es bestreiten sollen? Cara kannte die Antwort ja bereits. „Si.“

„Du bist also extra nach Dublin in das Auktionshaus gekommen, in dem ich arbeite, und hast zwei Millionen Euro für ein Gemälde ausgegeben – nur um an mein Handy zu kommen?“

„Si.“

Er gab es auch noch zu! Fassungslos schüttelte Cara den Kopf, dass die langen kupferroten Locken nur so flogen. Das war wieder einmal typisch für Pepe! Genau wie seine Entscheidung, im legeren Freizeitlook zur Taufe seiner Nichte zu erscheinen. Nur Pepe konnte sich so etwas erlauben – und dabei auch noch umwerfend gut aussehen in lose herabhängendem Hemd und lässigen blauen Chinos.

Dieser Mann hatte einfach ein unglaubliches Charisma! Und ein göttliches Gesicht: aristokratische Nase, hohe Wangenknochen, zerzaustes schwarze Haar, gepflegter Kinnbart …

Doch in diesem Augenblick war Pepes Aussehen absolut nebensächlich! Cara atmete tief durch und konzentrierte sich wieder auf ihr Gespräch. „Deine Behauptung, du wolltest schon immer mal eine Städtereise nach Dublin machen, war also nur ein Vorwand, mich dazu zu bringen, dich herumzuführen?“

„Ja.“ Er hielt ihrem eisigen Blick stand und versuchte, sich zu rechtfertigen. „Es war wirklich ein tolles Wochenende. Du bist eine ausgezeichnete Stadtführerin.“

„Und du bist ein kompletter …“ Wieder biss sie sich auf die Lippe. „Ach, was soll’s. Du hast mich also nur verführt, um an mein Handy zu kommen, sowie ich eingeschlafen war.“

„Das war der Hauptgrund …“ Besonders stolz war er nicht darauf. „Aber ich kann dir versichern, dass ich jede Minute mit dir genossen habe. Und ich weiß, dass es dir ebenso gegangen ist.“

In seinen Armen hatte Cara damals jede Selbstkontrolle verloren. An diese außergewöhnliche Erfahrung hatte Pepe in den letzten Monaten immer wieder denken müssen. Sosehr er auch versuchte, das Ganze aus seinem Gedächtnis zu verdrängen.

Ich muss hier raus, dachte Pepe frustriert. Erst die Taufe, dann das nicht enden wollende Gerede über Hochzeit und Babys, und jetzt auch noch Caras Vorwürfe – das war einfach alles zu viel.

„Was redest du denn da von Genießen?“, stieß Cara wütend hervor. „Du hast mich das ganze Wochenende lang nach Strich und Faden belogen! Hast mir vorgespielt, du würdest dich mit mir wohlfühlen!“

Pepe setzte sein gewinnendstes Lächeln auf. „Ich habe mich wirklich wohlgefühlt in deiner Gesellschaft.“ Jetzt war allerdings das Gegenteil der Fall. Caras Gardinenpredigt war ja schlimmer als die Strafpredigten des Schuldirektors früher. Obwohl er Caras Standpauke wohl verdient hatte.

„Ja, klar! Du hältst mich wohl für sehr dämlich“, fauchte sie. „Du hast dich nur an mich rangemacht, weil dein Bruder alles in Bewegung gesetzt hat, um Grace zu finden.“

„Es war sein gutes Recht, zu erfahren, wohin seine Frau sich abgesetzt hatte.“

„Nein! Schließlich ist sie nicht sein Eigentum“, widersprach Cara wütend.

„Das ist ihm inzwischen auch bewusst geworden. Schau dir die beiden doch mal an!“ Er zeigte auf Luca und Grace, die Arm in Arm in der Nähe standen und einander verliebte Blicke zuwarfen. „Sie sind glücklicher denn je. Alles hat sich zum Guten gewendet.“

„Ich war noch Jungfrau, Pepe.“

Er zuckte zusammen. Dieses kleine Detail hatte er zu verdrängen versucht. „Bist du auf eine Entschuldigung aus? Kannst du haben. Aber ich habe dir an dem besagten Abend schon gesagt, dass ich das nicht wissen konnte.“

„Ich hatte es dir doch erzählt!“

„Du hast lediglich gesagt, du hättest noch nie eine feste Beziehung gehabt.“

„Genau!“

„Das heißt ja wohl nicht automatisch, dass du noch unberührt bist.“

„Doch, genau das wollte ich damit ausdrücken.“

„Woher sollte ich das denn wissen? Du bist sechsundzwanzig, Cara.“ Verunsichert musterte er sie. Die Zornesröte war ihr ins Gesicht gestiegen, und sie zitterte vor Wut. Pepe war nicht unbedingt scharf darauf, vor seiner ganzen Verwandtschaft geohrfeigt zu werden. Auch wenn Cara dazu wohl eine Trittleiter gebraucht hätte …

„Du hast mich benutzt“, zischte sie. „Und du hast mir vorgegaukelt, es wäre dir ernst mit mir und wir würden uns bald wiedersehen.“

„Wann soll ich das denn gesagt haben?“

„Du hast gesagt, ich soll dich in deinem neuen Haus in Paris besuchen und einen schönen Platz für den Canaletto aussuchen, den du ersteigert hattest.“

„Das war geschäftlich. Du bist Kunstexpertin. Ich brauche wirklich jemanden, der mich auf diesem Gebiet berät.“ Seine Kunstsammlung, die er in seinem Haus in Paris präsentieren wollte, war noch immer eingelagert.

„Geschäftlich! Ich weiß noch genau, wann du mir den Vorschlag gemacht hast, Pepe: als du deinen Finger in Champagner getaucht hast, damit ich ihn ablecken konnte.“

Ihm wurde heiß. Das war bei dem romantischen Abendessen gewesen. Anschließend hatte sie zugestimmt, ihn in seine Hotelsuite zu begleiten und die Nacht mit ihm zu verbringen.

Er durfte nicht mehr daran denken. Schon die bloße Erinnerung an jenen Abend weckte die Leidenschaft in ihm!

„Wozu überhaupt dieser ganze Aufwand, Pepe? Hättest du mein Handy nicht sofort stehlen können, statt mir das ganze Wochenende lang vorzugaukeln, wie verliebt du in mich bist?“ Caras Feindseligkeit war Verwirrung gewichen.

Pepe musste zugeben, dass er alles andere als stolz auf seine Aktion war. Doch die lag inzwischen vier Monate zurück. Langsam wurde es doch wohl Zeit, mit der Sache abzuschließen, oder?

„Wie hätte ich denn anders an dein Handy herankommen sollen, Cara? Es war ständig in deiner Handtasche, und die hast du keine Sekunde lang aus den Augen gelassen“, rechtfertigte er sich. Auch jetzt umklammerte sie ihre Handtasche mit festem Griff.

„Du und dein Bruder kennt doch sicher genug dunkle Gestalten, die mir die Tasche auf offener Straße hätten rauben können“, fuhr sie ihn an. „Dann hättest du nicht ein ganzes Wochenende mit mir verschwenden müssen.“

„Du hättest dabei aber verletzt werden können“, gab er zu bedenken. Ihm wurde tatsächlich ganz mulmig bei der Vorstellung. Doch dieses Gefühl wollte er gar nicht erst zur Kenntnis nehmen. Überhaupt reichte es ihm langsam. Okay, er hatte sich nicht gerade wie ein Gentleman benommen, hatte jedoch keine Lust, sich den restlichen Abend lang immer wieder dafür zu entschuldigen.

„Hättest du deine Tasche nur einen Moment lang aus den Augen gelassen, wäre das alles nicht passiert, Cara“, sagte er abschließend.

„Ach, jetzt ist es auch noch meine Schuld?“ Wütend funkelte sie ihn an.

Cara war wirklich eine der kleinsten Frauen, die er kannte! In den vier Monaten, in denen Pepe sie nicht mehr gesehen hatte, schien sie noch zierlicher geworden zu sein … Er bewunderte die Energie, die in diesem Persönchen steckte. Das flammend rote Haar, die funkensprühenden Augen … Unerschütterlich maß sie ihn mit Blicken, als wäre sie so groß wie er.

Pepe verkniff sich einen erneuten Fluch. „Es ist nun mal passiert. Ich habe mich entschuldigt, und damit ist die Angelegenheit für mich erledigt. Ich schlage vor, du lässt die Sache jetzt auch auf sich beruhen und blickst nach vorn.“

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und machte sich auf den Weg zu Luca und Grace, um sich von ihnen zu verabschieden.

„So einfach ist das nicht.“

Etwas in ihrem Tonfall sorgte dafür, dass Pepe abrupt stehen blieb.

„Für mich ist es unmöglich, ‚die Sache auf sich beruhen zu lassen‘.“

Ein eiskalter Schauer lief ihm über den Rücken. Langsam wandte Pepe sich wieder um. Er ahnte, was Cara ihm sagen wollte.

„Du nutzloser, verantwortungsloser Playboy“, stieß sie wütend hervor. „Ich bin schwanger!“

2. KAPITEL

Cara hatte keine Ahnung, wie Pepe auf diese Neuigkeit reagieren würde. Aber mit dieser Reaktion hatte sie nicht gerechnet.

Er grinste breit und fragte betont lässig: „Willst du mich auf den Arm nehmen?“

„Nein, ich bin in der sechzehnten Woche. Herzlichen Glückwunsch, Pepe. Du wirst Vater.“

Sein Blick wurde durchdringend, das aufgesetzte Lächeln blieb. Der Familienclan rückte neugierig näher, um nur ja nichts zu verpassen.

Cara wurde es mulmig zumute. Sie wünschte, sie könnte sich hinter Grace verstecken, wie sie es seit Teenagerzeiten getan hatte. Wenn sie sich mit einer ungewohnten Situation konfrontiert sah oder neue Leute kennenlernte, schob sie zuerst immer Grace vor. Sobald sie die Situation einschätzen konnte, wagte Cara sich dann aus der Deckung. Jahrelang hatte das gut funktioniert. Grace war so verständnisvoll und hatte sie immer beschützt.

Aber dann hatte sie geheiratet und war nach Italien gezogen. Cara war plötzlich auf sich allein gestellt und musste ihr eigenes Leben führen.

Eigentlich war sie auf einem guten Weg gewesen. Sie zog wieder nach Irland, fand einen Job, der sie begeisterte, auch wenn er schlecht bezahlt war, und sie hatte sich einen kleinen Freundeskreis aufgebaut.

Und dann hatte Pepe ihr alles kaputt gemacht. Wie ein Bulldozer hatte er alles in Schutt und Asche gelegt. Kein Stein lag mehr auf dem anderen.

Cara war verzweifelt und schwanger, sah einer ungewissen Zukunft entgegen, und er hatte sie einfach sitzen lassen.

Jetzt machte er eine Kopfbewegung Richtung Tür. „Komm mit!“

Erleichtert, den neugierigen Blicken zu entkommen und sich einen Moment lang zu sammeln, folgte Cara ihm widerspruchslos hinaus auf den breiten Korridor.

Pepe lehnte sich an die Steinmauer und fuhr sich durchs dichte schwarze Haar.

Eine Bedienung eilte an ihnen vorbei, um die hungrigen Gäste im Wohnzimmer mit frischen Appetithappen zu versorgen.

Im nächsten Moment verließen zwei ältere Herren lachend das Zimmer. Als sie ihren Großneffen Pepe entdeckten, klopften sie ihm herzlich auf die Schultern und bestürmten ihn mit Fragen. Freundlich lächelnd gab er den neugierigen Verwandten Auskunft. Dabei vermittelte er den Eindruck, alles wäre in bester Ordnung.

Kaum waren die alten Herren von dannen gezogen, erlosch Pepes unbekümmertes Lächeln. „Hier können wir nicht ungestört reden. Komm mit!“

Er schlug einen Weg in dem umgebauten Kloster ein, der Cara bisher verborgen geblieben war, obwohl sie früher schon viel Zeit mit Grace und Luca auf dem Familiengut der Mastrangelos verbracht hatte. Pepe hatte sich ihnen damals gelegentlich angeschlossen. Dann waren sie alle zusammen losgezogen und hatten sich amüsiert. Zu Cara hatte er immer ein kumpelhaftes Verhältnis gepflegt. Bis …

„Wohin gehen wir, Pepe?“ Sie wollte jetzt nicht an diese unbeschwerte Zeit denken, das half ihr auch nicht weiter.

„In meinen Wohnbereich.“

Die kleine Cara hatte Mühe, dem mit Riesenschritten davoneilenden Mann zu folgen. „Wozu?“

Ungeduldig warf er ihr einen finsteren Blick über die Schulter hinweg, dachte aber nicht daran, langsamer zu gehen. „Weil ich keine Lust habe, dieses Gespräch unter den Argusaugen der versammelten Clans der Mastrangelos und Lombardis zu führen. Oder wäre dir das lieber?“

„Natürlich nicht! Aber in deine Wohnung will ich auch nicht. Können wir uns nicht an einem neutralen Ort unterhalten?“

„Nein.“ Er blieb vor einer Tür stehen, schloss sie auf und bat Cara hinein. „In genau zwei Stunden geht mein Flieger nach Paris. Du solltest dich also kurzfassen. So. Dann versuch mal, mich zu überzeugen, dass ich es war, der dich geschwängert hat.“

Empört musterte sie ihn. Er wirkte gelangweilt. „Willst du mir etwa unterstellen, dich zu belügen?“

„Du wärst nicht die erste Frau, die versucht, einem Unschuldigen ihr Kind unterzuschieben.“

Mit einem Blick, der hätte töten können, marschierte sie an Pepe vorbei – direkt in sein Reich. Niemals würde sie auf die Idee kommen, mit diesem Mistkerl eine gemeinsame Zukunft zu planen!

Pepes Reich sah aus wie eine typische, ultramoderne Junggesellenwohnung. Ein Flachbildfernseher von der Größe einer Kinoleinwand dominierte das gigantische Wohnzimmer, das mit allen nur möglichen technischen Spielereien ausgestattet war.

Plötzlich kamen Cara Zweifel, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, mit Pepe zu reden.

„Möchtest du was trinken, Cara?“

„Nein. Lass uns die Sache schnell hinter uns bringen.“ Natürlich war es richtig, Pepe zu informieren! Das war sie ihrem ungeborenen Kind schuldig.

„Ich brauche aber einen Drink.“ Pepe griff nach einer Fernbedienung, die auf einem Glastisch mitten im Zimmer gelegen hatte und betätigte sie.

Staunend beobachtete Cara, wie eine Wandverkleidung aus Eichenholz zur Seite glitt und den Blick auf eine komplett ausgestattete Bar freigab.

Schweigend mixte Pepe sich einen Drink und wandte sich kurz um. „Kann ich dir wirklich nichts anbieten?“

„Nein.“

Er trank das Glas in einem Zug leer und sah dann wieder Cara mit seinen dunkelblauen Augen an. „Du wolltest mich doch überzeugen. Dann schieß mal los!“

„Ich bin schwanger“, wiederholte sie.

„Das sagtest du bereits.“

„Es ist eine Tatsache.“

„Wie viel?“

„Wie viel was?“

„Geld. Wie viel Geld willst du aus mir herauspressen?“

Wütend funkelte sie ihn an. „Ich presse nichts aus dir heraus.“

„Du willst also kein Geld?“, fragte er spöttisch.

„Natürlich will ich Geld.“ Mit Genugtuung bemerkte sie, wie seine ebenholzschwarzen Augenbrauen hochschossen. „Schließlich schwimmst du darin, und ich bin praktisch pleite. Als Vater des Kindes wirst du ja wohl für eine vernünftige Ausstattung sorgen und für eine Wohnung, in der dein Kind aufwachsen kann.“

„Mit anderen Worten: Du versuchst, Geld aus mir herauszupressen.“

„Nein!“ Mit bebenden Händen zog sie einen braunen Umschlag aus der Handtasche, griff hinein und reichte Pepe einen Ausdruck. „Hier ist der Beweis. Ich bin in der sechzehnten Woche schwanger – und zwar von dir.“

Pepe brach der Schweiß aus, ihm wurde übel, und sein Herz raste.

Kein Wunder, beim Anblick dieses Ultraschallbildes. Es wirkte so echt, Cara konnte es nicht gefälscht haben, oder?

Mit starrem Blick betrachtete er das nierenförmige Gebilde, das ihn entfernt an E. T. erinnerte. Ein Fötus. Pepe sah genauer hin und fand den Namen der Klinik in Dublin, die eine gewisse Cara Mary Delaney aufgesucht hatte. Ihr Geburtsdatum war ebenfalls vermerkt sowie der errechnete Geburtstermin des Kindes. Pepe rechnete zurück.

Vor exakt sechzehn Wochen war er tatsächlich in Dublin gewesen.

Pepe sah auf. „Du siehst gar nicht schwanger aus.“ Sie war schlanker, als er sie in Erinnerung hatte.

„Ich hatte viel Stress.“ Cara rang sich ein Lächeln ab. „Durch die unerwartete Schwangerschaft habe ich ständig abgenommen. Aber keine Sorge, dem Baby geht’s gut. Vermutlich sieht man mir bald an, dass ich ein Kind erwarte.“

Er warf noch einen Blick auf das Ultraschallbild. Es schien sich um ein Original zu handeln. Cara war zwar clever, aber er traute ihr nicht zu, so ein Bild zu fälschen. Das Exemplar, auf das er vor zehn Jahren stundenlang gestarrt hatte, war verschwommen gewesen. Davon abgesehen, entdeckte er keinen Unterschied.

Cara war schwanger!

Perplex schaute er sie an. Sie bebte am ganzen Körper. Pepe musste sich sehr beherrschen, sie nicht tröstend an sich zu ziehen. Ratlos atmete er tief durch und versuchte, die Situation möglichst sachlich einzuschätzen. Doch seltsamerweise konnte er keinen klaren Gedanken mehr fassen.

„Herzlichen Glückwunsch! Du wirst also Mutter. Was macht dich eigentlich so sicher, dass ich der Vater bin?“

Im ersten Moment fehlten ihr die Worte. „Was ist denn das für eine blöde Frage? Natürlich bist du der Vater! Du bist der einzige Mann, mit dem ich je Sex hatte. Wie konnte ich nur so dumm sein!“

Die letzte Bemerkung überhörte Pepe. „Und das soll ich dir glauben?“

„Du weißt genau, dass ich noch Jungfrau war.“

„Das bestreite ich ja gar nicht. Aber woher soll ich denn wissen, ob du nach meiner Abreise nicht mit einem anderen Kerl ins Bett gestiegen bist? Könnte ja sein, dass du auf den Geschmack gekommen bist.“

Ehe er sichs versah, hatte er eine schallende Ohrfeige eingefangen. Cara hatte mit voller Wucht zugeschlagen.

„Wage ja nicht, mich in den Dreck zu ziehen!“, zischte sie wütend.

Vorsichtig strich Pepe über die schmerzende Wange. So viel Kraft hätte er der kleinen Cara niemals zugetraut. Der Abdruck ihrer Hand brannte auf der Narbe, die ihm im Alter von achtzehn Jahren durch einen Messerstich zugefügt worden war.

„Tu das nie wieder!“, raunzte er mit gefährlich leiser Stimme. „Sonst hast du mich zum letzten Mal gesehen. Und Geld gibt es auch nicht.“

„Die Ohrfeige hast du dir selbst zuzuschreiben.“

„Wieso? Weil ich misstrauisch bin? Lass dir eins gesagt sein: Ich vertraue niemandem. Schon gar nicht einer Frau, die behauptet, mein Kind zu erwarten.“

„Ich erwarte dein Kind.“

„Du erwartest ein Kind. Bis ich nach der Geburt des Kindes einen Vaterschaftstest durchführen lasse. Wenn der sich als positiv erweist – okay. Dann ist es mein Kind. Bis dahin will ich nichts mehr davon hören.“

Seit der Geschichte mit Luisa hatte Pepe jedes Vertrauen in die Menschheit verloren. Das galt besonders für Frauen. Nie wieder würde er einer Frau glauben, dass sie ein Kind von ihm erwartete. Nie wieder! Jedenfalls nicht ohne einen eindeutigen Beweis. Den konnte nur ein Vaterschaftstest liefern.

Cara juckte es in den Fingern, noch einmal zuzuschlagen. Sie ballte die Hände zu Fäusten, bis die Fingernägel sich schmerzhaft in die Handflächen bohrten. Erst dann ließ sich der Impuls unterdrücken.

Pepe nie wiederzusehen hätte sie überlebt. Aber auf sein Geld war sie angewiesen. Nachdem sie das Rückflugticket nach Sizilien bezahlt hatte, blieben ihr noch genau achtundvierzig Euro bis zur nächsten Gehaltsüberweisung in vierzehn Tagen. Wenn es nur um sie allein gegangen wäre, hätte Cara tagelang von gebackenen Bohnen auf Toast leben können. Aber nun musste sie auf die Gesundheit ihres Babys achten!

Außerdem würde sie bald eine neue Wohnung brauchen. In ihrer derzeitigen Wohngemeinschaft von vier Frauen war kein Platz für Kinder.

Als Cara ihre Schwangerschaft festgestellt hatte, wäre sie bei der Vorstellung, dass ein kleiner Mensch in ihr heranwuchs, fast in Panik ausgebrochen. Ausgerechnet sie erwartete ein Baby? Sie konnte sich nicht erinnern, jemals einen Säugling auch nur auf dem Arm gehalten zu haben. Nachdem der erste Schock überstanden war, erfasste Cara langsam das ganze Ausmaß dessen, was da auf sie zukam. Das Kind war ja völlig abhängig von ihr. Sie musste dem Baby Liebe geben, für ein sicheres Zuhause und eine vernünftige Ernährung sorgen. Daran, dass sie ihr Baby lieben würde, bestand überhaupt kein Zweifel. Aber sie verdiente ja kaum genug Geld, um sich selbst über Wasser zu halten!

Die Situation wäre halb so schlimm gewesen, wenn Cara bereits die Karriereleiter erklommen hätte. Aber sie stand ja noch auf der untersten Sprosse.

„Soll das heißen, du erwartest in fünf Monaten einen Anruf von mir, um zu erfahren, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist?“ Cara bemühte sich, die erneut aufsteigende Panik zu unterdrücken. Leicht fiel ihr das nicht.

Pepe durchbohrte sie mit Blicken. „Aber nein, cucciola mia.“

So hatte er sie während des gemeinsamen Wochenendes genannt. Neugierig hatte sie den Kosenamen auf ihrem Handy nachgeschlagen, das er dann später gestohlen hatte. ‚Mein Welpe‘? Besonders angetan war sie nicht gerade gewesen. Doch wenn Pepe es mit seinem sizilianischen Akzent aussprach, klang es unglaublich sexy.

Während sie noch darüber rätselte, warum er sie eben wieder mit dem Kosewort bedacht hatte, betrachtete Pepe das Ultraschallbild noch einmal eingehender.

„Das Bild ist bereits vier Wochen alt“, bemerkte er mit Blick auf das Datum in der Ecke.

„Und?“

„Wieso hast du dir vier Wochen Zeit gelassen, mich zu informieren?“

Sein Misstrauen ging ihr langsam auf die Nerven. Überall schien er eine gegen ihn gerichtete Verschwörung zu vermuten.

„Ich habe es dir nicht eher erzählt, weil ich dir nicht über den Weg traue. Jetzt ist es zu spät, mich zu einer Abtreibung zu zwingen.“

Pepe kniff die Augen, presste die Lippen zusammen. „Warum sollte ich das tun?“

Beinahe hätte sie laut gelacht. „Du hast so viele Frauen verführt und verlassen, dass man den Eindruck gewinnen könnte, du betreibst das berufsmäßig. Was sollst du als ‚Playboy des Jahres‘ mit einem Kind?“

Für einen kurzen Moment verfinsterte sich seine Miene. Dann setzte er wieder das lakonische Grinsen auf, das Cara inzwischen nur zu gut kannte. „Vielleicht kann ich als Vater bei noch mehr Frauen landen.“

Der harte Ausdruck seiner Augen ließ Cara unwillkürlich erschauern. „Mir machst du nichts vor, Pepe. Hast du schon vergessen, dass ich dabei war, als du dich abfällig über Kinder geäußert hast, nachdem Grace und Luca darüber diskutiert hatten, ob sie Nachwuchs haben wollen?“

„Und daraus hast du haarscharf geschlossen, ich würde von dir eine Abtreibung verlangen?“

„Ja, denn du hast dich kategorisch gegen Kinder in deinem Leben ausgesprochen.“

Ein kleiner Puls pochte an seinem Kinn. Widerstrebend fragte Pepe schließlich: „Sollte der Vaterschaftstest positiv sein, was erwartest du von mir? Dass ich dich heirate?“

„Nein!“, rief Cara entsetzt. „Eine Heirat kommt für mich überhaupt nicht infrage.“

„Jetzt bin ich aber erleichtert.“ Grinsend ging er wieder an die Bar und mixte sich noch einen Drink. „Für mich gilt nämlich genau das gleiche. Heirat? Nein danke!“

Was trank Pepe da eigentlich? Und was hatte er ihr an dem bewussten Wochenende zu trinken gegeben? Ob er sie damals wohl unter Drogen gesetzt hatte, um sie zu verführen? Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie Verlangen gespürt. Es war ein überwältigendes Gefühl gewesen, fast wie ein Rausch …

Cara musste an ihre Eltern denken. Ihr Vater hatte eine Affäre nach der anderen gehabt. Natürlich hatte es deswegen ständig Ehekrach gegeben. Aber ihre Mutter hatte ihm immer wieder verziehen. War es beiden immer nur um das berauschende Gefühl des Verlangens gegangen? Hatten sich ihre Eltern deswegen so unglaublich egoistisch verhalten?

Entschlossen verdrängte Cara diese Gedanken. Niemals könnte sie so selbstsüchtig sein wie ihre Mutter! An erster Stelle standen die Bedürfnisse des menschlichen Wesens, das in ihr heranwuchs.

Cara sah auf. „Gut, in dem Punkt sind wir uns wenigstens einig: Geheiratet wird nicht. Aber ich brauche deine finanzielle Hilfe, Pepe. Mein kleines Gehalt reicht ja kaum für mich. Wie soll ich davon auch noch ein Kind großziehen?“

Wieder leerte er das Glas auf einen Zug. „Und da dachtest du, du versuchst es mal bei mir.“

„Leicht fällt es mir nicht, dich um Geld zu bitten. Aber schließlich bist du verantwortlich.“

„Ach, es ist also alles meine Schuld?“

„Wer war denn unvorsichtig?“ Ihr wurde heiß bei der Erinnerung an die unvergessliche Liebesnacht.

Wie berauscht, war sie an Pepes Brust gelegen, nachdem sie zum ersten Mal Liebe gemacht hatten. Der sonst so lässige Pepe wirkte plötzlich ernst und nachdenklich. Diese Seite von ihm hatte sie noch gar nicht gekannt. Irgendwann hatte er sich über sie gebeugt und ihr tief in die Augen geschaut. Dann hatte sie sich auf seine sinnlichen Lippen konzentriert. Kaum zehn Minuten nach dem ersten Liebesspiel durchströmte sie erneut heißes Verlangen. Pepe hatte sich auf sie geschoben und leidenschaftlich geküsst. Sie waren beide so entrückt gewesen, dass keinem von ihnen wirklich bewusst wurde, was geschah, als Pepe in sie eindrang. Es war unbeschreiblich gewesen. Wie lange sie so dagelegen, einander geküsst und tief in die Augen geschaut hatten, wusste sie nicht. Nur widerstrebend hatte Pepe sich irgendwann zurückgezogen und doch noch ein Kondom angelegt.

Und dieser eine unbedachte Moment hatte ausgereicht, um ein neues Leben zu schaffen.

„Ich kann mir nicht vorstellen, dass dieser eine Augenblick genügt hat, um ein Baby zu machen“, sagte Pepe jetzt mürrisch.

„So war es aber. Du hast mich benutzt, Pepe. Jetzt stehe gefälligst auch für die Konsequenzen gerade.“

Es ärgerte ihn, dass sie vermutlich recht hatte. Er genoss zwar den Ruf eines Playboys, war aber nie leichtsinnig. Doch, einmal hatte er es drauf ankommen lassen. Damals war er achtzehn gewesen und hatte geglaubt, verliebt zu sein.

Bei Cara hatte er schlicht und einfach nicht ans Kondom gedacht. Es hatte sich so natürlich angefühlt, in ihr zu sein. Zudem war er abgelenkt gewesen, denn seine Gedanken hatten noch bei dem Moment verweilt, als er gemerkt hatte, dass Cara noch unberührt war. Das hatte er erst mal verarbeiten müssen.

Bei allen anderen Frauen, mit denen er bisher geschlafen hatte, war er anschließend ins Badezimmer gegangen, hatte sich dann wieder ins Bett gelegt, sich unterhalten, ein Glas getrunken, vielleicht noch einmal Liebe gemacht und war dann verschwunden. Doch bei Cara war alles anders gewesen. Sein Magen hatte rebelliert, das Herz war ihm schwer geworden. Vielleicht hatte sich auch das schlechte Gewissen gemeldet, weil er Cara die Unschuld geraubt hatte. Und ihr dann auch noch ihr Handy entwenden musste …

Was auch immer es war, Pepe hatte es kaum erwarten können, sie noch einmal zu lieben. Seine Lust hatte ihn einfach überwältigt. Zum Denken war es zu spät gewesen. In diesem einen unvorsichtigen Moment musste das Baby entstanden sein. Unglaublich!

In diesem Moment hatte er aber auch ein Gefühl der Zweisamkeit empfunden. Als hätte er endlich genau das gefunden, wonach er sich immer gesehnt hatte.

Pepe sah auf. „Ich lass mir einen Kaffee bringen. Möchtest du auch etwas zu trinken?“ Etwas Alkoholisches wäre ihm lieber gewesen, aber er hatte genug konsumiert. Er brauchte jetzt einen klaren Kopf.

„Nein.“ Sie lehnte an der Wand, die Arme verschränkt, bereit, das Streitgespräch fortzusetzen.

Noch während Pepe seinen Kaffee orderte, nahm der Plan in seinem Kopf bereits Gestalt an.

Wenn Cara sich streiten wollte, nur zu! Doch diesen Streit würde sie nie gewinnen!

3. KAPITEL

„Setz dich!“

Pepes Tonfall duldete keinen Widerspruch.

Doch Cara blieb stehen. Die Knie drohten ihren Dienst zu versagen, sodass sie sich noch etwas stärker gegen die Wand lehnen musste. Zum Glück verbarg das Kleid, wie wackelig sie auf den Beinen war.

Egal, wie wohlhabend und einflussreich Pepe in seiner Welt auch sein mochte, sie würde sich ihm niemals kampflos unterordnen!

„Dann eben nicht.“ Mürrisch ließ Pepe sich auf einem der braunen Ledersofas nieder, schlüpfte aus den Schuhen und streckte die langen Beine aus. Dann lächelte er zufrieden.

Caras Knie bebten noch stärker. Wie sie dieses aufgesetzte Lächeln hasste! Und doch ging es ihr unter die Haut und brachte ihr Herz zum Rasen.

„Mir ist klar, dass du in einer schwierigen Lage steckst“, sagte Pepe und fuhr sich nachdenklich durchs Haar.

„Das kann man wohl sagen.“ Cara atmete tief ein und aus, um ihre Nerven zu beruhigen.

„Mir ist eine Lösung eingefallen, mit der wir beide leben können.“

Misstrauisch kniff Cara die Augen zusammen.

„Allerdings müssten wir beide Zugeständnisse machen.“

Wieder dieses aufgesetzte Lächeln!

„Aber wenn ich tatsächlich der Vater deines Kindes sein sollte, lohnt es sich, Opfer zu bringen.“

Was weiß denn der Playboy Pepe Mastrangelo von Opfern und Zugeständnissen?

„Welche Opfer?“, fragte sie misstrauisch.

„Du wirst bis zur Geburt des Kindes bei mir wohnen. Dann lassen wir den Vaterschaftstest machen. Ist er positiv, kaufe ich dir ein Haus, ganz egal, wo du willst, und zahle natürlich Unterhalt.“

Cara glaubte, sich verhört zu haben, und fragte lieber noch mal nach. „Ich soll bei dir wohnen?“

„Si.“

„Warum? Eigentlich wollte ich dich nur um Geld für eine annehmbare Mietwohnung und die Erstausstattung für das Baby bitten. Und nach der Geburt erwarte ich natürlich Unterhaltszahlungen.“

„Ich zahle aber nur, wenn es tatsächlich mein Kind ist.“

Cara biss die Zähne zusammen und stieß hervor: „Es ist dein Kind. Aber da du mir offensichtlich nicht glaubst, bin ich bereit, vertraglich zuzusichern, dir jeden Cent zurückzuzahlen, sollte der Vaterschaftstest negativ ausfallen und sich erweisen, dass der große Unbekannte das Baby gezeugt hat.“

„Wenn es doch so einfach wäre.“ Pepe zog die Mundwinkel nach unten. „Es besteht die Möglichkeit, dass ich tatsächlich der Vater bin. Deshalb möchte ich jedes nur mögliche Risiko für das Kind ausschließen.“

„Ich habe dir doch gesagt, dass es für eine Abtreibung zu spät ist. In Irland ist sie sowieso verboten, und in Sizilien ist sie nur in den ersten drei Monaten erlaubt.“ Energisch drängte Cara die Tränen zurück. Es kam nicht infrage, vor Pepe zu weinen. Sonst würde er womöglich noch so viel Macht über sie bekommen wie ihr Vater über ihre Mutter.

Ihren Stolz hatte sie schon hinuntergeschluckt, wenigstens ihre Würde wollte sie sich bewahren.

„Von einer Abtreibung war nie die Rede. Ich mache mir Sorgen um deine Gesundheit, Cara. Du hast erheblich an Gewicht verloren. Ich werde dafür sorgen, dass du dich vernünftig um das Baby in deinem Bauch kümmerst. Es könnte ja tatsächlich von mir sein.“

„Aber Pepe, was redest du da? Natürlich kümmere ich mich um das Baby! Das Wohl unseres Kindes hat für mich höchste Priorität.“ Deshalb führte sie ja jetzt dieses Gespräch mit Pepe!

„Hört sich gut an. Trotzdem bestehe ich auf meinen Bedingungen. Du wohnst während der restlichen Schwangerschaft bei mir, wo auch immer ich mich gerade aufhalte. Ich werde dafür sorgen, dass es dir und dem Baby an nichts fehlt. Cash gibt es allerdings nicht. Sollte der Vaterschaftstest positiv sein, werde ich dir ein Haus kaufen. Den Ort kannst du bestimmen. Geldsorgen wirst du auch nie wieder haben, denn meine Unterhaltszahlungen werden sehr großzügig sein.“

Das klang so vernünftig und anständig, dass Cara sich fragte, warum sie so lange gezögert hatte, mit Pepe zu reden. Offenbar hatte sie ihn völlig falsch eingeschätzt. So wie er reagierte, hätte er niemals eine Abtreibung von ihr verlangt, oder?

Er schien ihre Gedanken zu lesen. „Ich bin doch kein Monster, das verlangt, ein Kind wegmachen zu lassen!“

Am Haupteingang zu Pepes Wohnbereich wurde energisch angeklopft. Ein Hausmädchen brachte ein Tablett mit einer Kanne Tee, einer Kanne Kaffee und zwei Tassen, stellte es auf dem Glastisch ab und verschwand wieder.

„Ich habe doch gesagt, ich will nichts trinken“, sagte Cara mit Blick auf die Teekanne.

„Du musst aber ausreichend Flüssigkeit zu dir nehmen“, behauptete Pepe.

„Bist du jetzt unter die Ärzte gegangen? Oder kennst du dich so gut aus, weil du schon unzählige uneheliche Kinder gezeugt hast?“ Herausfordernd sah sie ihn an.

Er versuchte, sie mit einem vernichtenden Blick zum Schweigen zu bringen.

Doch das funktionierte bei Cara nicht. Sie ließ sich nicht einschüchtern. „Du willst mir doch nicht weismachen, du hättest noch nie eine Vaterschaftsklage am Hals gehabt, oder?“

Sein Blick war undurchdringlich. „Ich benutze immer Kondome.“

„Ja, das habe ich gemerkt.“ Sie lachte ironisch.

Nun musste auch Pepe lachen. „Eins zu null für dich.“ Anerkennend neigte er den Kopf.

Fasziniert schaute Cara ihn an. Wenn Pepe lachte, war er einfach unwiderstehlich. Schnell rief sie sich zur Ordnung. Sein Aussehen, seine Männlichkeit spielten keine Rolle. Noch einmal würde sie sich nicht mit ihm einlassen, nur weil ihre Hormone verrücktspielten! Wie lässig er da auf dem Sofa lümmelte, während sie selbst immer noch äußerst unbequem an die Wand gelehnt dastand – und sich trotzdem benachteiligt fühlte. Sehr unfair!

Eine schwarze Locke lugte aus dem Halsausschnitt seines rosa Hemds hervor. Nur ein so maskuliner Typ wie Pepe konnte es sich leisten, diese Farbe zu tragen, ohne wissende Blicke auf sich zu ziehen. Cara erinnerte sich, wie seidig das dichte Brusthaar sich angefühlt hatte. Alles andere an Pepe war allerdings extrem hart gewesen …

Sie brauchte nur daran zu denken, schon empfand sie wieder dieses ungestüme Verlangen. Ihr Mund war plötzlich wie ausgetrocknet. Verflixt! Jetzt musste sie doch etwas trinken.

Entschlossen löste Cara sich von der Wand, ging zum Glastisch und schenkte sich eine Tasse Tee ein, die sie mit zum anderen Sofa nahm, gegenüber von Pepe. Vorsichtig setzte sie sich auf den Rand, verlor jedoch sofort den Halt auf dem weichen Sofa, das sie fast verschluckte. Ihre Beine schossen so abrupt in die Höhe, dass der heiße Tee aus der Tasse schwappte und sich über Caras Schoß ergoss.

Sie schrie auf vor Schmerzen.

Pepe war sofort bei ihr und nahm ihr schnell die Tasse aus der Hand. „Alles in Ordnung?“, erkundigte er sich besorgt.

Cara wimmerte nur vor Schmerzen, hob den Kleidersaum hoch und fächelte damit kühlende Luft auf die verbrannten Schenkel. Dann rollte sie vorsichtig die schwarzen halterlosen Strümpfe hinunter.

„Alles okay, Cara?“, fragte Pepe noch einmal.

Er schien wirklich besorgt zu sein. Das schmerzte Cara noch mehr als die Verbrennung, die zu einer heftigen Rötung des linken Oberschenkels geführt hatte. Der rechte war zum Glück fast verschont geblieben. „Es tut schrecklich weh“, stieß sie hervor und presste die Lippen wieder zusammen.

„Klar tut das weh. Kannst du gehen?“

„Warum fragst du?“

„Weil wir das mit kaltem Wasser kühlen sollten.“

„Ach so.“ Das sah sie ein.

„Komm mit ins Badezimmer!“

Das Gesicht schmerzverzerrt, ließ Cara sich von Pepe vom Sofa helfen. Ihre Beine zitterten wie Espenlaub. Pepe erfasste die Situation sofort, hob Cara hoch und trug sie ins Badezimmer.

Eigentlich hätte Cara sofort protestieren müssen, aber es tat so gut, endlich wieder Pepes Duft einzuatmen! Am liebsten hätte sie sich an seine breite Brust geschmiegt und dort Geborgenheit gesucht.

Das Badezimmer war doppelt so groß wie Caras Schlafzimmer und glich einem weiß-schwarz-goldenen Palast. Doch sie hatte jetzt keine Zeit, dieses traumhafte Badzimmer zu bewundern!

„Du musst das Kleid ausziehen“, sagte Pepe, als er sie einige Marmorstufen hinuntertrug und Cara behutsam auf den Wannenrand setzte.

„Kommt nicht infrage!“

„Gut, dann wird es eben nass.“

„Das ist es bereits.“

Pepe schüttelte nur kurz den Kopf, dann kniete er sich vor Cara hin und legte ihr eine Hand aufs Knie.

„He, was soll das?“

„Ich ziehe dir die Strümpfe aus.“ Gesagt, getan.

Cara war froh, dass sie die Beine vor dem Abflug nach Sizilien noch frisch gewachst hatte.

„Ganz schön sexy.“ Wie eine Trophäe hielt er die Strümpfe hoch.

„Das ist eine völlig unpassende Bemerkung.“

Ein amüsiertes Lächeln umspielte seinen Mund. „Tut mir leid.“

„Schwindler!“

Er grinste frech, griff nach dem Duschkopf, der auf goldenen Armaturen ruhte, stellte das Wasser an, prüfte die Temperatur und richtete dann den kalten Strahl auf Caras Verbrennungen. Das Wasser spritzte in alle Richtungen und traf auch Pepe. Hastig änderte er die Druckeinstellung. „Willst du das Kleid nicht doch ausziehen?“

„Auf gar keinen Fall!“ Lieber würde sie Verbrennungen dritten Grades riskieren, als sich hier vor Pepes Augen zu entblättern!

„Warum stellst du dich so an? Ich habe dich schon nackt gesehen.“

„Aber nicht bei grellem Licht.“

Pepe lächelte nur und richtete den sanften kühlen Duschstrahl weiter auf die Verbrennungen.

Langsam spürte Cara eine Linderung. Das kalte Wasser tat so gut. Sie schloss die Augen und lehnte sich zurück.

Minuten später blickte sie an sich hinunter. Das Kleid war höher gerutscht und gab die Sicht auf das schwarze Höschen frei. Kein Wunder, dass Pepes Augen plötzlich glänzten.

„Das reicht jetzt.“ Energisch zog Cara das klitschnasse Kleid zurecht und senkte verlegen den Blick.

Der Anblick des nassen schwarzen Höschens hatte Pepe nicht unbeeindruckt gelassen. Seine Hose schien plötzlich so unangenehm eng zu sitzen, dass er kaum atmen konnte. Verärgert rang Pepe um Selbstbeherrschung. Unter keinen Umständen durfte er sich jetzt von seinem Verlangen leiten lassen!

Nachdem er das Wasser abgestellt und den Duschkopf wieder in die Verankerung gehängt hatte, ging er vor Cara in die Hocke und sah ihr in die Augen. „Die Rötung ist zurückgegangen, und zum Glück haben sich keine Brandblasen gebildet. Zur Sicherheit gebe ich dir aber noch eine Brandsalbe, die du auf den Verbrennungen verteilen solltest. Danach kannst du dich umziehen. Wo sind deine Sachen?“

„Ich habe nichts zum Wechseln mitgebracht.“

„Wieso nicht?“ Normalerweise blieb Cara immer eine Woche zu Besuch bei ihrer besten Freundin.

„Weil ich heute Abend direkt zurückfliegen will.“

„Wirklich?“ Auch er war ja erst zwanzig Minuten vor der Taufe aus Paris eingeflogen, um so wenig Zeit wie möglich mit Cara zu verbringen. Offensichtlich hatte Cara das gleiche Ziel verfolgt.

„Ich wollte nicht riskieren, mich bei Grace zu verplappern, bevor ich mit dir gesprochen habe“, erklärte sie.

„Danke, das war sehr fair.“

„Eine reine Vorsichtsmaßnahme“, widersprach Cara. „Grace hätte es nämlich sofort Luca erzählt, und der hätte dich vorgewarnt.“

Oder Grace hätte mir höchstpersönlich den Kopf abgerissen, dachte Pepe. „Wie auch immer. Ich frage sie, ob sie dir was zum Anziehen leihen kann.“

„Untersteh dich!“

„Wieso?“ Blöde Frage, dachte er sofort. „Du hast recht. Grace will dann natürlich wissen, warum deine Sachen klitschnass sind, und dann kommt alles raus. Sag mal, weiß sonst noch jemand von dem Baby?“

„Nur meine Mutter. Aber die zählt nicht.“

Pepe stutzte, fragte jedoch nicht nach. Er hatte auch so schon genug zu bedenken.

„Warum fragst du? Befürchtest du, die Mastrangelo-Sippe könnte auf sofortiger Heirat bestehen?“, fragte Cara keck.

„Versuchen können sie es ja.“ Und sie würden es versuchen! Gar keine Frage. „Aber bei mir beißen sie auf Granit.“ Jedenfalls bis zum Ergebnis des Vaterschaftstests. Sollte der positiv sein …

„Bei mir auch. Wie stellst du dir das eigentlich vor, dass ich bei dir wohnen soll, Pepe? Hast du dir mal überlegt, wie ich jeden Tag zur Arbeit nach Dublin kommen soll? Du hast ja mindestens drei Wohnsitze in Europa.“

„Und einen in Südamerika. Deinen Job musst du natürlich an den Nagel hängen.“ Plötzlich bemerkte er, dass Cara zitterte. Sie musste dringend aus den nassen Sachen raus. „Komm jetzt aus der Wanne! Wir können später darüber reden, wenn dir wieder warm ist und du trockene Klamotten trägst.“

„Weder werde ich meinen Job aufgeben noch zu dir ziehen“, beharrte sie.

„Darüber reden wir später. Komm jetzt!“ Fürsorglich streckte er die Arme nach ihr aus. Nur widerstrebend hielt sie sich fest und ließ sich von ihm aus der Wanne helfen. Sie sieht aus wie ein begossener Pudel, dachte Pepe. Das Wasser war ihr sogar ins Gesicht gespritzt.

Zu spät bemerkte er, dass ihre Wangen feucht von Tränen waren, nicht vom Wasser. „Weinst du etwa?“

„Ja, weil ich so wütend bin“, schluchzte sie. „Du hast mein Leben zerstört. Und nun willst du mir auch noch die Zukunft kaputt machen. Ich hasse dich!“

Behutsam wickelte er sie in ein Badetuch und wich einen Schritt zurück. „Wenn du die Wahrheit sagst, blickst du einer rosigen Zukunft entgegen. Dir und dem Baby wird es nie an etwas fehlen. Das verspreche ich dir.“

„Ich will mich aber nicht von dir aushalten lassen. Ich will nur so viel, wie unserem Kind zusteht.“

„Das ist ja auch nur ein Angebot, Cara. Wenn das Kind von mir ist, bist du bis ans Ende deiner Tage versorgt. Was du mit dem Geld machst, ist deine Sache. Stell ruhig eine Nanny ein, meinetwegen auch mehrere, und geh wieder arbeiten.“

„Die nehmen mich bestimmt nicht wieder, wenn ich so lange fehle“, schluchzte sie.

„Dann suchst du dir eben einen neuen Job.“

„So einen finde ich nie wieder. Du hast ja keine Ahnung, wie schwierig es ist, auf dem Kunstmarkt ohne Beziehungen einen Fuß in die Tür zu kriegen.“

Am liebsten hätte Pepe sie an sich gezogen und getröstet. Doch er widerstand dem Impuls – aus reinem Selbstschutz.

Als Luisa damals auf die Tränendrüsen gedrückt hatte, war er darauf hereingefallen. Das passierte ihm kein zweites Mal! Jeden Tag wurde er daran erinnert, wenn er in den Spiegel schaute und die Narbe in seinem Gesicht sah. Natürlich hätte er sich die Narbe entfernen lassen können. Doch ihm war es lieber, täglich daran erinnert zu werden, niemandem zu vertrauen und sich nie wieder zu verlieben.

„Du musst nicht zu mir ziehen“, sagte er und zog das Badetuch fester um sie. Die tränenfeuchten Augen durften ihn nicht anrühren. Ich muss stark bleiben, ermahnte er sich. „Flieg zurück nach Irland und sieh zu, wie du zurechtkommst. Du kannst auch hierbleiben, ich werde dich unterstützen. Sowie das Baby auf der Welt ist, lassen wir den Vaterschaftstest machen. Aber eins muss dir klar sein: Wenn du zurück nach Dublin fliegst, bekommst du keinen Cent von mir, bis geklärt ist, ob ich der Vater bin. Du wirst einen Gerichtsbeschluss für einen Gentest brauchen. Selbst wenn du den bekommst, musst du mich erst finden, bevor du eine Speichelprobe von mir nehmen lassen kannst. Bei Wohnsitzen in vier verschiedenen Ländern kann das Jahre dauern, wenn ich es darauf anlege.“

Natürlich war das gemein von ihm. Eigentlich grenzte es sogar an Erpressung. Aber das war ihm egal.

Sollte Cara wirklich von ihm schwanger sein, dann musste er alles in seiner Macht Stehende tun, um das ungeborene Leben zu beschützen. Wenn es nicht anders ging, manövrierte er sie eben in eine Ecke, aus der es nur einen Ausweg gab: direkt zu ihm. Und da würde sie bis zur Geburt auch bleiben.

Auf gar keinen Fall würde er riskieren, noch ein Kind zu verlieren.

4. KAPITEL

So verunsichert wie in diesem Augenblick hatte Cara sich noch nie gefühlt.

Pepes blaues Hemd reichte ihr bis zu den Knien. Die Hosenbeine waren x-mal umgekrempelt. Hätte sie dazu noch extragroße Schuhe getragen, ihr Outfit als Clown wäre perfekt gewesen.

Sie folgte Pepe die Gangway hinauf in seinen Privatjet und erwiderte die freundliche Begrüßung durch die Crew. Alle taten so, als wäre ihr Aufzug völlig normal. Das ließ ja tief blicken. Wer mochte Pepe wohl sonst auf seinen Flügen um die Welt begleiten?

Ein Steward führte sie zu einem der eleganten Ledersitze. Pepe nahm neben ihr Platz. Die Sicherheitsgurte schnappten ein.

„Du kannst unter zehn Sitzplätzen wählen“, sagte sie frustriert.

„Du auch“, antwortete er und streckte lässig die langen Beine aus. Dann bemerkte er das Billighandy in Caras Hand. „Wen willst du anrufen?“

„Grace.“

„Und was willst du ihr sagen?“

„Dass ihr Schwager ein skrupelloser Mistkerl ist.“

Pepe zog eine Augenbraue hoch.

Frustriert gab Cara klein bei. „Zumindest hatte ich vor, ihr das in einer SMS zu schreiben. Aber ich warte wohl lieber, bis das Finanzielle geregelt ist. Ich möchte ja nicht riskieren, dass sie dir vorher den Kopf abreißt.“

„Sehr anständig von dir“, kommentierte Pepe trocken.

Das trug ihm einen giftigen Blick ein, bevor sie auf die ‚Senden‘-Taste drückte. „Ich habe mich bei Grace entschuldigt, ohne Abschied von der Tauffeier verschwunden zu sein. Als Grund habe ich angeführt, dass du mir eine Mitfahrgelegenheit zum Flughafen angeboten hast und es eilig hattest. Unsere gemeinsame Abfahrt ist sicher nicht unbeobachtet geblieben.“

„Befürchtest du Gerede?“, fragte Pepe gelangweilt.

„Ach wo.“ Sollen sie doch denken, was sie wollen. Mir ist es egal. Irgendwann kommt die Wahrheit ans Tageslicht, und die Leute werden merken, dass Pepe gar nicht so liebenswürdig ist, wie er immer tut, dachte Cara. Laut sagte sie: „Ich wollte nur vermeiden, dass Grace sich Sorgen macht.“

Verflixt, sie hätte doch zuerst Grace um Hilfe bitten sollen, als feststand, dass sie ein Kind erwartete. Normalerweise hätte sie sich auch an ihre beste Freundin gewandt, doch Grace war zu dem Zeitpunkt ja nicht auffindbar gewesen. Also hatte sie sich ihrer Mutter anvertraut, die leider mal wieder nur mit sich und ihrem untreuen zweiten Ehemann beschäftigt war und gar nicht richtig zugehört hatte. Typisch!

Inzwischen hatte Luca ja wieder seine Grace aufgespürt, sie hatten sich versöhnt und schwebten im siebten Himmel. Die Tauffeier vorhin wäre eigentlich die perfekte Gelegenheit gewesen, Grace von der Schwangerschaft zu erzählen. Selbstverständlich hätte Grace ihrer besten Freundin geholfen. Allerdings wäre dann die ganze erbärmliche Wahrheit ans Tageslicht gekommen. Und dann?

Außerdem war Pepe für das Kind verantwortlich, nicht Grace. Also sollte er auch dafür zahlen. Dieser nutzlose Playboy.

Jetzt war es sowieso zu spät, Grace ins Vertrauen zu ziehen. Die würde Luca alles brühwarm erzählen, der hätte nichts Eiligeres zu tun, als Pepe anzurufen, und der würde Druck auf seinen Bruder ausüben, damit dieser dafür sorgte, dass Grace auf keinen Fall Geld an Clara weitergab. So eine verfahrene Situation.

„Tun deine Beine noch weh?“, erkundigte Pepe sich, nachdem der Steward endlich die Kabine verlassen hatte.

„Es ist auszuhalten.“ Die Salbe hatte Wunder gewirkt. In der Hinsicht hatte Pepe sich wirklich sehr umsichtig verhalten. Andererseits gab er keinen Millimeter nach, was die Forderung betraf, zu ihm zu ziehen. Es war diese kompromisslose Härte gewesen, die Cara vorhin so hatte verzweifeln lassen, dass sie die Tränen nicht mehr zurückhalten konnte.

Der Jet hatte sich in Bewegung gesetzt und rollte zur Startbahn. Bedrückt blickte Cara aus dem Fenster. Was hier passierte, war völlig verrückt. Irgendwie musste sie Pepe doch umstimmen. Sie gab sich einen Ruck.

„Bitte, Pepe! Ich muss wirklich zurück nach Dublin. Wenigstens für zwei Tage, damit ich alles organisieren kann.“ Zweimal hatte sie in der vergangenen Stunde schon versucht, ihm wenigstens dieses Zugeständnis abzuringen.

„Unmöglich. Ich bin morgen den ganzen Tag geschäftlich unterwegs, und am Abend findet noch ein Geschäftsessen statt.“

„Aber ich muss morgen arbeiten.“

„Du wirst mich begleiten, Cara. Ich habe dir bereits mehrfach mitgeteilt, dass ich die ganze Woche über Termine wahrzunehmen habe.“

„Heißt das im Klartext, ich kann erst am Wochenende nach Hause?“, fragte sie entsetzt.

„Ich fürchte, in der nächsten Zeit ist ein Flug nach Dublin nicht machbar.“

„Was soll das heißen?“

„Dass du deine Angelegenheiten nicht vor Ort regeln kannst.“

„Wie denn sonst? Soll ich etwa per SMS oder E-Mail kündigen?“

„Das musst du selbst entscheiden.“

„Wenn es nach mir ginge, würde ich auf gar keinen Fall kündigen“, erklärte sie wütend. „Aber da du mich ja praktisch dazu zwingst, würde ich meinem Chef gern persönlich mitteilen, dass ich meine Stelle aufgeben muss.“

„Ich verstehe ja, wie unerfreulich das für dich ist. Aber wenn das Baby tatsächlich von mir ist, dann wirst du bald für all die Unannehmlichkeiten entschädigt.“

Schwang da etwa so etwas wie Mitgefühl in seiner Stimme mit? „Und was ist mit meinen Mitbewohnerinnen? Werden die auch entschädigt?“

„Wofür?“

„Dafür, dass ich mein Zimmer nicht ausräumen kann, weil ich nicht nach Dublin darf. Also kann das Zimmer nicht weitervermietet werden, wodurch ihnen die Mieteinnahmen entgehen.“

„Ich werde jemanden nach Dublin schicken, der deine Sachen packt.“

„Kommt nicht infrage!“ So weit kam es noch, dass eine völlig fremde Person in ihren Dessous wühlte. Verzweifelt kniff Cara die Augen zu.

Während sie sich noch stritten, beschleunigte der Jet. Cara drehte sich der Magen um. Schnell presste sie sich gegen die Rückenlehne. Im nächsten Moment hob die Maschine ab.

Cara beruhigte sich langsam. „Wenn ich meine Mitbewohnerinnen bitte, meine Sachen zu packen, kannst du dann dafür sorgen, dass alles abgeholt wird?“

„Selbstverständlich.“

„Dann habe ich sie morgen früh?“

„Wozu die Eile?“ Pepe musterte sie erstaunt.

„Weil ich auße...

Autor

Teresa Carpenter
<p>Teresa Carpenters Familie lebt seit fünf Generationen in Kalifornien. Auch sie selbst wohnt dort: in San Diego an der Küste. Teresas große Verwandtschaft unterstützt sie in allem und gibt ihr Kraft. Besonders stolz macht es sie, ihre Nichten und Neffen zu beobachten, die allesamt klug, sportlich und für eine strahlende...
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Victoria Parker
Victoria Parkers erste Liebe war ein heldenhafter Fuchs namens Robin Hood aus dem gleichnamigen Disney Klassiker. Mit der Zeit wurde er durch den charmanten Mr Darcy, schließlich Lady Chatterley‘s rauen Liebhaber und letzten Endes eine ganze Reihe weiterer Romanhelden abgelöst. Obwohl sie wegen ihrer Untreue ein schlechtes Gewissen hatte, setzte...
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