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Das schönste Hochzeitskleid der Welt! Nichts anderes will Keely für die Vermählung eines Glamourpaares entwerfen. Wenn ihr das gelingt, wird ihr Ruf als Designerin sich wie ein Lauffeuer verbreiten und sie sich vor Aufträgen kaum retten können. Doch dann trifft sie den charmanten Jacob Chatman, der als Pferdezüchter mindestens ebenso ehrgeizig ist wie sie als Modeschöpferin. Genauso wie sie denkt er an nichts anderes als die Karriere – bis ein Stromausfall die Lebenspläne der beiden vollkommen auf den Kopf stellt …


  • Erscheinungstag 12.09.2023
  • Bandnummer 2306
  • ISBN / Artikelnummer 0803232306
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Endlich.

Keely Tucker ließ sich auf das gemütliche Kingsize-Bett in ihrem luxuriösen Hotelzimmer fallen. Die letzten paar Stunden hatte sie im Texas Cattleman’s Club verbracht und sich mit lokalen Verkäufern ausgetauscht, dabei hatte sie sich jedoch nur nach der Ruhe und dem Frieden ihres Zimmers gesehnt.

Und so lag sie da, nahm die Stille in sich auf und wünschte sich, sie könnte die nächsten Tage damit verbringen, nichts anderes zu tun als zu faulenzen und Netflix zu schauen. Doch leider hatte sie nicht die geringste Chance, das tatsächlich zu machen. Bei allem, was du in den kommenden drei Wochen zu tun hast, ist es echt niedlich, dass du glaubst, du hättest Zeit zum Fernsehen, Keely.

Keely war einunddreißig und Stylistin für eine Handvoll namhafter B-Promis, eine Karriere, die sie sich in den letzten zehn Jahren hart erarbeitet hatte. Dank ihrer unermüdlichen Arbeit hatte sie das Glück gehabt, auf dem Radar von Ariana Ramos zu landen. Und genau das bot ihr nun die Chance, vom einfachen Promi-Styling zum Entwerfen origineller Kleidungsstücke für A-Promis überzugehen.

Du hast einen langen Weg hinter dir, seit du Kleider für die Cabbage-Patch-Kids-Cornsilk-Puppen deiner großen Schwester genäht hast.

Keely lachte bei dem Gedanken an das wertvollste Kindheitsspielzeug ihrer älteren Schwester Kyrie. Ein lächerlich hässliches Ding, aber so beliebt, dass die Kinder der späten 1980er bis frühen 1990er Jahre unbedingt alle eine haben mussten. Damals war die Puppe für ihre Eltern, die als Arbeiter in einer Sozialbausiedlung lebten und mit ihrer kleinen Familie gerade so über die Runden kamen, sehr teuer gewesen. Doch sie hatten das viele Geld ausgegeben, um ihrer Schwester diese Puppe schenken zu können, und die hütete sie, als wäre sie aus Gold.

Geld für Puppenzubehör war leider nicht übrig gewesen. Da Not bekanntermaßen erfinderisch macht, begann Keely Kleider zu zeichnen, die sie sich für die Puppe ihrer Schwester vorstellte. Ihre Mutter, die das Talent ihres kleinen Mädchens erkannte, holte ihre Nähmaschine hervor und zeigte ihr, wie man diese Bleistiftzeichnungen in echte Kleider verwandelte.

Die Puppe ihrer Schwester war das am besten angezogene Spielzeug in der gesamten Gegend und Keelys allererste Kundin. Ihr erster Schritt auf einem Weg, der sie nun zu Ariana geführt hatte. Dank der Berühmtheit der Schauspielerin und all der harten Arbeit, die Keely im Laufe der Jahre geleistet hatte, stand ihr kleines Designunternehmen Low-Kee Designs kurz davor, in der Modeindustrie groß rauszukommen.

So sehr sie sich darüber freute, dass ihr Traum in Erfüllung ging, bedeutete dies auch, dass ihr Arbeitsalltag noch anstrengender werden würde – und der war wahrlich schon stressig genug. Für ihren Erfolg musste sie harte Arbeit, vollen Einsatz und einige Opfer bringen.

Diese Woche war sie kaum zum Schlafen gekommen und hatte all ihre Energie gebraucht, um von einem Kunden zum nächsten zu reisen. Sie hatte in ihrer Heimatstadt Brooklyn, New York, begonnen, bevor sie an die Westküste geflogen war, um sich mit Ariana zu treffen. Nachdem sie ein paar Tage in L.A. verbracht hatte, um die Entwürfe für Arianas Hochzeitskleid fertigzustellen, war sie in die Kleinstadt Royal in Texas geflogen.

Keely seufzte und versuchte, die Unruhe zu unterdrücken, die sie verspürte. Dass sie ihren Job an die erste Stelle in ihrem Leben setzte, führte nun mal zwangsläufig zu dieser andauernden Erschöpfung und leider zu Einsamkeit. Das permanente Reisen bedeutete, dass in ihrem Leben kein Platz für Spaß, Flirts oder eine Beziehung war. Doch obwohl die Einsamkeit ein ständiger Begleiter war, musste Keely zugeben, dass nicht alles schlecht war.

Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie an ihren Job dachte. Mit einunddreißig waren die meisten Leute beruflich nicht so gut aufgestellt wie sie und standen nicht kurz vor ihrem Karrierehöhepunkt. Dafür war sie dankbar. Sie würde sich von ihrer Erschöpfung oder ihrem Wunsch, mit einem anderen Menschen auf einer persönlichen Ebene in Kontakt zu treten, garantiert nicht davon abhalten lassen, ihren absoluten Traum zu leben, nämlich, sich als Bekleidungsdesignerin für die Stars einen Namen zu machen.

Wenn du diesen Traum verwirklichen willst, kannst du nicht die ganze Nacht hier rumliegen, Keely.

Sie suchte nach dem Telefon, das sie in der Hand gehalten hatte, als sie sich auf das Bett warf. In dem Moment, als ihre Finger sich darum schlossen, vibrierte es.

„Ariana“, begrüßte Keely ihre Kundin. „Ich habe gerade an dich gedacht.“

„Wie schön. Und toll, dass du den ganzen Weg nach Royal auf dich genommen hast, um mein Hochzeitskleid fertigzustellen.“

Arianas Antwort ließ das Schmunzeln auf Keelys Gesicht noch breiter werden. Obwohl die Frau ein echter Hollywoodstar war, war sie doch so bodenständig, dass sie sich in normale Leute hineinversetzen konnte. Und das motivierte Keely, das absolutes Traumkleid für sie zu entwerfen. „Ich bin gerade ins Hotel gekommen und lege morgen früh los.“

„Hat Jay dich abgesetzt?“

Arianas Frage irritierte sie. „Wer ist Jay?“

„Jacob Chatman. Ein Freund von Tripp und Xavier. Tripp sagte, er habe ihn gebeten, dich ins Hotel zu fahren.“

„Oh, ich hab Tripp gesagt, er soll sich keine Mühe machen. Sein Freund ist sicher in Ordnung, aber als Stadtmädchen ist es mir nicht ganz geheuer, zu jemandem ins Auto zu steigen, den ich nicht kenne.“

„Wie bist du dann ins Hotel gekommen?“

„Ich habe ein Lyft genommen.“

„Keely.“

Arianas Stimme hatte einen leicht tadelnden Unterton, und Keely musste kichern.

„Was ist besser daran, in ein Lyft zu steigen, als sich von Tripps Freund fahren zu lassen?“

Keely stieß einen kleinen Seufzer aus. „Weil es bei Lyft wenigstens einen Nachweis darüber gibt, in wessen Auto ich sitze. Das ist so eine Sache in Brooklyn. Wir trauen niemandem.“

Arianas volles, kehliges Lachen schallte durch die Leitung. „Keely.“ Sie wurde einen Ton leiser, was Keely aufhorchen ließ. „Ich möchte dir dafür danken, dass du den ganzen Weg hierhergekommen bist, drei Monate vor der Hochzeit. Es bedeutet mir sehr viel, dass du so hart daran arbeitest, mein Kleid perfekt zu machen.“

Ein Gefühl der Wärme breitete sich in Keelys Brust aus, denn selbst eine toughe Städterin wie sie wusste es zu schätzen, dass dieser Superstar sie so liebenswürdig und wie eine langjährige Freundin behandelte.

„Süße, mach dir keine Gedanken. Bei dem Geld, das du mir zahlst, wäre ich sofort, nachdem du den Ring bekommen hast, gekommen, wenn du das gewollt hättest.“

Keely konnte nicht anders, als in Arianas schallendes Gelächter einzufallen. Nachdem sie sich wieder gefangen hatte, fuhr sie fort: „Im Ernst. Ich bin dir wirklich dankbar für diese Chance, Ariana. Du hättest dieses Kleid auch von Vera Wang, Alexander McQueen oder Oscar de la Renta anfertigen lassen können.“

„Stimmt. Aber deine Entwürfe haben was, das mich anspricht. Diese Designer sind toll, doch alle tragen ihre Sachen. Und ich will nun mal anders sein. Deine Entwürfe sind die beste Art von Andersartigkeit, die es auf dem Markt gibt.“

„Das hast du genau richtig erkannt.“ Keely war zwar dankbar für die Gelegenheit, wusste aber, dass ihre Arbeit hervorragend war und dass niemand anderer für Ariana ein solches Kleid anfertigen konnte, wie das, das sie entworfen hatte. Jetzt musste sie nur noch den perfekten letzten Schliff anbringen, und Ariana würde die bestgekleidete Braut des Jahres sein.

„Wo ich dich gerade am Telefon habe, würde ich gerne ein paar …“ Keely verstummte, da ihr Hotelzimmer in Dunkelheit versank.

„Keely, was hast du gesagt? Keely, bist du noch da?“

„Ja, aber es gibt ein Problem. Hier ist eben der Strom ausgefallen.“

2. KAPITEL

„Was genau meinen Sie damit, dass ich das Hotel verlassen muss?“ Keely stand an der Rezeption des Hotels vor einem Angestellten, der eine Ruhe ausstrahlte, deren Erlangung wahrscheinlich Teil seiner Ausbildung war.

„Ma’am, aufgrund des Stromausfalls ist die Sicherheit nicht mehr gewährleistet, und wir müssen unsere Gäste evakuieren.“

Keelys Kinnlade klappte herunter, als sie verstand, was er sagte. „Für wie lange?“

„Auf unbestimmte Zeit, fürchte ich. Die Stadtverwaltung versucht, das Problem einzugrenzen. Es könnte Tage dauern, bis es behoben ist.“

„Sagten Sie gerade Tage?

Der Mann nickte und schenkte ihr ein leichtes Lächeln, in dem Bedauern mitschwang.

Sie spürte, wie Panik in ihr aufstieg, und versuchte, die zu unterdrücken und einen klaren Kopf zu bewahren. „Also gut. Können Sie mir wenigstens ein anderes Hotel empfehlen, das Suiten anbietet? Ich brauche einen großen Raum für meine Arbeit.“

„Es tut mir leid, Ma’am. Aber das ist ein stadtweites Problem. Die halbe Stadt ist ohne Strom und die wenigen Hotels, die nicht betroffen sind, sind ausgebucht.“

Keely nickte und wandte sich von der Rezeption ab. Panik kroch ihren Rücken hinauf. In dem Bestreben, die Situation in den Griff zu bekommen, holte sie tief Luft, zog ihr Handy aus der Tasche und rief Ariana an.

„Keely?“

„Hey, Ariana. Anscheinend ist der Stromausfall hier nicht auf das Hotel beschränkt.“

„Wir haben davon gehört. Geht es dir gut?“

„Na ja. Ich muss das Hotel verlassen und in der Stadt gibt es keine Unterkunft mit ausreichend Platz für mich zum Arbeiten. Vielleicht muss ich diese Reise canceln und nächsten Monat wieder herkommen.“ Keely versuchte in Gedanken bereits, ihre Termine so umzustrukturieren, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt die Arbeit in Royal beenden konnte. Was mehr als schwierig werden würde, da sie einen extrem vollen Terminkalender hatte.

„Lass mich erst mal sehen, was ich tun kann.“ In Arianas Stimme schwang vorsichtiger Optimismus mit. „Pack deine Sachen schon mal zusammen, ich melde mich gleich wieder. Ich verspreche dir, dass wir eine Lösung finden.“

Jacob Chatman ließ sich in seinen Lieblingssessel fallen, zu müde, um mehr zu tun, als zu atmen. Nachdem er seinen Mitarbeitern beim Ausmisten der Ställe, beim Auffüllen des Wassers und Getreides, beim täglichen Gesundheitscheck der Pensionspferde und beim Einstallen der beiden neu erworbenen American Quarter Horses geholfen hatte, hatte er kaum noch Energie für etwas anderes als zu duschen gehabt.

Heute Abend hatte er sogar noch weniger Elan als sonst, weil er auch noch im Cattleman’s Club gewesen war, um Ariana und Xaviers Hochzeitsvorbereitungen zu unterstützen. Er schloss die Augen, lehnte sich zurück und wollte gerade die Taste zum Hochstellen der Fußstütze an seinem Sessel drücken, da hörte er von seinem guten Freund Tripp Nobel das vertraute: „Jay, wo bist du?“

Das Dümmste, was ich je getan habe, war, diesem Mann eine Zugangskarte für das Eingangstor zu geben.

Er seufzte tief, bevor er seinem ungebetenen Besucher zurief: „Bin hier“. Tripp war oft genug im Haus gewesen, um genau zu wissen, wo „hier“ war. Das Poltern seiner schweren Stiefel, bis er das große Zimmer erreichte, war der Beweis dafür, dass sein Freund sowohl das Haus als auch ihn gut kannte.

„Du siehst fertig aus. Harter Tag?“

„Nicht härter als die meisten.“ In Jacobs Antwort schwang Erschöpfung mit, gemischt mit Verärgerung darüber, dass sein Freund seinen Feierabend störte. Das Einzige, was er so sehr schätzte wie seine Ranch, war seine Ruhe und sein Frieden nach einem harten Arbeitstag. Und Tripp wusste das. „Brauchst du was?“

Tripps schiefes Grinsen überraschte ihn nicht. Und da Jacob nicht allzu viele gute Freunde hatte, zog er einen Mundwinkel zu einem unechten Lächeln hoch.

„Frag nicht, Mann.“

Tripps gespielte Beleidigung hob Jacobs Stimmung. Auch wenn er müde war und allein sein wollte, schaffte Tripp es immer wieder, dass er sich in dessen Gegenwart wohlfühlte.

„Du könntest mir wenigstens ein Bier anbieten. Ich weiß, dass deine Mama dir Manieren beigebracht hat.“

Das hatte sie. Sowohl Tripp als auch er waren von Frauen erzogen worden, die von ihren Söhnen Sauberkeit und Ordnung, gute Manieren sowie Rücksichtnahme erwarteten. Wer gegen diese Erwartungen verstieß, riskierte einen Holzlöffel an den Kopf. Diese Werte waren tief in ihnen verwurzelt. Jacob musste jedoch zugeben, dass nach einem harten Arbeitstag auf der Ranch die letzten beiden Punkte nicht mehr so instinktiv funktionierten.

Er richtete sich auf, da hob Tripp eine Hand und sagte: „Mann, du siehst fertig aus. Ich weiß, wo ich das Bier finde.“

Jacob nickte und als sein Freund um die Ecke und außer Sichtweite war, rief er: „Und wasch dir unbedingt die schmutzigen Hände, bevor du an meinen Kühlschrank gehst.“

Tripps Lachen, das daraufhin durch die Gänge schallte, brachte ihn selbst zum Lachen. Ihre Mütter hatten genau das zu ihnen gesagt, wenn sie als Jungen ins Haus gerannt waren, um etwas zu essen zu holen, nachdem sie den ganzen Tag draußen gespielt hatten.

Tripp enttäuschte ihn nicht und erwiderte wie erwartet: „Ja, Ma’am.“

Das hatten sie früher immer geantwortet. Sein Freund brachte ihn sogar dann zum Lachen, wenn er es gar nicht beabsichtigte.

Jacob hatte angenommen, dass sich das ändern würde, als Tripp sich in Dionna Reed verliebte. Frauen brauchten Aufmerksamkeit und so glücklich wie sein Freund war, würde er es ihm nicht verübeln, wenn der seine ganze Energie auf Dionna richtete. Doch dem war nicht so. Die Dankbarkeit, die er empfand, weil Tripp jetzt hier und bei ihm war, drohte ihn zu überwältigen.

Das Leben auf der Ranch konnte einsam sein, vor allem, wenn man der Besitzer war und die Verantwortung für alles trug. Er hatte es zu etwas gebracht, indem er die ehemalige Farm seiner Familie in die beste Pferderanch in ganz Royal ummodelte. Der Preis dafür bestand darin, dass er vermutlich niemals die Art von Glück finden würde, die Tripp mit Dee hatte.

Tripp kam mit zwei Flaschen Bier zurück und gab ihm eine, bevor er sich auf das Sofa fallen ließ.

„Also, was ist los?“, erkundigte Jacob sich.

„Was soll los sein?“

Jacob zog eine Braue hoch. „Dass du mir ein Bier bringst, weil ich müde bin, bedeutet, dass du was willst. Worum geht’s?“

„Ich kann dir wohl nichts vormachen.“

„Konntest du noch nie. Also, raus damit.“

„Ich weiß, das ist ein großer Gefallen.“

„Nein“, unterbrach Jacob ihn. „Auf dein Drängen hin zu dieser Veranstaltung zu gehen, und das, nachdem ich den ganzen Tag auf der Ranch gearbeitet habe, war ein großer Gefallen. Du und Xavier könnt euch glücklich schätzen, dass ich euch liebe.“

Tripp stimmte mit einem Nicken zu. „Leider habe ich bei dieser Sache keine andere Wahl, und du bist der Einzige, der mir helfen kann. Du weißt es vielleicht noch nicht, weil du früh aus dem Club gegangen bist, aber halb Royal ist von einem Stromausfall betroffen. Und weil du vor ein paar Jahren dieses Notstromaggregat installiert hast, dachte ich, du hättest noch Saft.“

Jacob nickte. „Stimmt, der Generator ist nicht angesprungen. Hier gab es keine Stromunterbrechung. Meine Ranch läuft über einen anderen Transformator als die Stadt. Solange der okay ist, habe ich Strom.“

„Noch besser!“

Tripps Antwort war wie eine riesige rote Flagge. Jacob nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier und sah seinen guten Freund misstrauisch an. „Ich weiß, dass du nicht den weiten Weg hergekommen bist, um dich über den aktuellen Stand meiner Stromversorgung zu informieren. Da hättest du anrufen könnten. Was willst du, Tripp?“

„Dir ist doch klar, dass sich die ganze Stadt auf die Hochzeit von Xavier und Ariana vorbereitet, oder?“

„Das ist mir bewusst“, antwortete Jacob. Seine Ranch war zwar abgelegen, aber selbst er hatte von diesem lokalen Großereignis Wind bekommen. „Sogar ein Einsiedler wie ich kann sich dem Trubel nicht entziehen.“

„Xavier konnte noch nie irgendwas im normalen Rahmen halten.“ Tripp lachte. „Einschließlich seiner Hochzeit. Einige der Geschäftsleute, die du im Club getroffen hast, sind bereits mit den Vorbereitungen für das große Ereignis beschäftigt. Als Trauzeuge und Brautjungfer sind Dee und ich da total mit eingespannt.“

Jacob bemerkte das Funkeln in Tripps Augen, als er von seiner Freundin Dionna Reed sprach. Er kannte die Frau erst seit Kurzem, aber selbst er sah, wie verliebt sein Freund war.

„Nein“, erwiderte er, bevor Tripp die Frage überhaupt aussprechen konnte. „Ich habe zu viel zu tun, um irgendwelche Fremden auf meinem Land unterzubringen.“

„Jay“, flehte Tripp und benutzte Jacobs Spitznamen, um ihm Schuldgefühle einzutrichtern. „Die Frau, die Arianas Hochzeitskleid entwirft, hat keine Unterkunft. Sie braucht viel Platz zum Arbeiten …“ Jacob schüttelte den Kopf, aber Tripp ignorierte ihn und fuhr fort: „Und da du eine ganze Blockhütte hast, die du nicht nutzt …“

„Es spielt keine Rolle, ob ich sie nutze oder nicht. Sie kann nicht herkommen. Ich habe keine Zeit, auf eine schicke Schneiderin aus Hollywood aufzupassen.“

„Technisch gesehen kommt sie aus Brooklyn.“

Tripps Klarstellung trug nicht dazu bei, die Alarmglocken bei ihm verstummen zu lassen. „Und wenn sie aus Timbuktu käme, sie kann hier nicht bleiben.“

Tripp ließ den Kopf hängen und einen Moment lang befürchtete Jacob, dass seine Antwort zu heftig gewesen sein könnte, doch die Heiterkeit in Tripps Blick beruhigte ihn.

„Mann, weißt du eigentlich, wie sehr du dich nach unseren Eltern anhörst mit diesem ‚Und wenn sie aus Timbuktu käme‘-Zeug? Du musst damit aufhören, Kumpel. So alt sind wir noch nicht.“

Jacob stöhnte und ging zum Kamin, wo Fotos seiner Eltern standen. Bixby und Geraldine Chatman waren der Beweis dafür, dass man die Früchte seiner Arbeit genießen sollte. Sie hatten das harte und strenge Leben in der Landwirtschaft ertragen, um ihn aufzuziehen und glücklich zu machen.

Als sie sich vor ein paar Jahren zur Ruhe setzten und ihm alles überließen, begann er mit der Verwirklichung seines Traums, die Farm in eine Pferderanch umzuwandeln. Damals hatte er nicht geahnt, wie erfolgreich und befriedigend seine Arbeit sein würde. Er hatte auch nicht bedacht, wie einsam sein Erfolg ihn machen würde.

Als er die Fotos seiner Eltern ansah, wurde ihm klar, dass die beiden einander hatten, um jeden Sturm zu überstehen. Er dagegen musste alleine zurechtkommen.

„Sorry, Kumpel, sie kann nicht hierbleiben. Ich brauche keine Fremden auf meinem Land.“ Er drehte sich um und wollte seinen Standpunkt erneut darlegen, blickte jedoch in das vertraute Dackelgesicht, das Tripp machte. Etwas, das der Mann im Laufe der Jahre perfektioniert hatte, um ihn rumzukriegen.

„Technisch gesehen ist sie keine Fremde. Sie ist die Frau, die du aus dem Club mitnehmen und ins Hotel fahren solltest.“

Wenn Tripp dachte, dass die Erwähnung dieser Tatsache die Sache besser machte, hatte er sich getäuscht. „Die, die verschwunden ist, ohne dir was zu sagen? Oh, die kann definitiv nicht hierbleiben.“

„Bitte, Mann.“ Tripp ging in einen regelrechten Bettelmodus über. „Du bist der Einzige, der genug Platz für ihr ganzes Schneiderei-Zeug hat. Und was schadet es, wenn eine schöne und talentierte Frau auf deiner Ranch wohnt? Sie braucht viel Platz zum Arbeiten, ohne dass jemand sie stört. Und da du den Frauen abgeschworen hast, weiß ich, dass du ihr kein bisschen Aufmerksamkeit schenken wirst.“

Tripp hatte recht. Er hatte weder die Zeit noch Interesse daran, dieser oder irgendeiner Frau Aufmerksamkeit zu schenken. „Gut, sie kann kommen. Unter einer Bedingung.“

Tripps Augen weiteten sich vor Aufregung. Jacob konnte sich denken, dass der Mann so ziemlich allem zustimmen würde, damit er ihm diesen Gefallen tat. Und das war genau das, worauf er baute.

„Wenn ich mein Okay gebe, nervst du mich nicht weiter mit diesen Hochzeitsveranstaltungen. Ich will nichts mehr davon hören, dass ich an irgendwas teilnehmen muss. Verstanden?“

Tripp zögerte einen Moment, dann nickte er widerwillig. „Einverstanden. Ich verspreche dir, du wirst nicht mal merken, dass sie hier ist.“

„Das wäre auch besser“, erwiderte Jacob. „Denn sonst werde ich das an dir auslassen.“

3. KAPITEL

„Bist du sicher, dass dieser Kerl kein Axtmörder ist, der in dunklen Wäldern lebt?“

Arianas Lachen drang laut und deutlich aus den Lautsprechern ihres Mietwagens.

„Ich bin mir zwar ziemlich sicher, dass Jacob eine Axt besitzt, weil er da draußen auf einer Ranch lebt, aber Xavier hat nicht erwähnt, dass er ein Mörder ist.“

Keely stöhnte und hoffte, dass sie eine ohnehin schon unhaltbare Situation nicht noch schlimmer gemacht hatte, indem sie zustimmte, bei diesem vollkommen Fremden zu wohnen. „Okay, er ist also kein Mörder.“ Ein bisschen war sie erleichtert. Selbst wenn Ariana und ihr Verlobter für ihn bürgten, vertraute die misstrauische New Yorkerin in ihr nichts und niemandem so leicht. „Und du bist auch sicher, dass es kein Problem ist, wenn ich da bleibe?“

Keely warf einen Blick auf das Navi-Display, um zu sehen, welche Abzweigung sie nehmen musste, um zu ihrer neuen Unterkunft zu gelangen. „Ariana, dein Schweigen ist mir nicht geheuer.“

„Laut Xavier ist Jacob ein anständiger Kerl, der einfach an seine Privatsphäre gewöhnt ist. Solange du in der Blockhütte bleibst und ihm aus dem Weg gehst, kommt er schon klar.“

Keely tippte mit den Fingern auf das Lenkrad und versuchte, das ungute Gefühl zu unterdrücken, das sie bei dieser Sache hatte. Da es nur noch drei Monate bis zu ihrem großen Tag waren, brauchte Ariana sie allerdings, denn ein anderes Kleid von einem Luxusdesigner war nun nicht mehr machbar. Ariana war ein guter Mensch, der ihre Sicherheit niemals aufs Spiel setzen würde, trotzdem war da eine gewisse Unruhe, die sie nicht loswurde. Sie schob es auf die unerwartete Erschütterung durch den Stromausfall, atmete tief durch und versuchte, sich zu beruhigen.

Keely konnte gut mit Druck umgehen. Das musste sie auch, wenn sie mit Berühmtheiten und deren Kleidung arbeitete. Sie hatte beispielsweise bei einer Preisverleihung auf der Toilette Coco Jones in Tränen vorgefunden, weil der Reißverschluss ihres Designerkleides kaputt war. Ohne zu überlegen, hatte sie das Notfall-Nähset, das sie immer bei sich trug, herausgeholt und die Frau buchstäblich in das Kleid genäht. Erleichtert hatte sich die junge Schauspielerin ihren Namen und ihre Telefonnummer notiert, für den Fall, dass sie sie mal brauchen würde. Das war nicht der Fall, aber Keelys sicheres und selbstbewusstes Auftreten war Coco in Erinnerung geblieben, und als sie für die nächste Preisverleihung eine Designerin brauchte, wandte sie sich an sie.

Ungeachtet ihrer Nervosität musste sie ihr Ziel im Auge behalten. Es stand zu viel auf dem Spiel, als dass ihre Nerven sie von ihrer Arbeit abhalten durften.

„In Ordnung, Ariana. Mein Navi sagt, dass ich in ein paar hundert Metern da bin. Ich schreibe dir, falls es ein Problem gibt.“

Ariana und sie beendeten das Gespräch, als sie an ein großes schmiedeeisernes Tor kam. Den Knopf der Gegensprechanlage zu drücken, bevor das leichte Grummeln in ihrer Brust sie zum Wenden veranlasste, kam ihr schwieriger vor, als ein Taxi zur Hauptverkehrszeit bei schlechtem Wetter in Manhattan zu bekommen. Was sie davon abhielt, aufzugeben, waren ihr Stolz und die Tatsache, dass es angesichts des Stromausfalls, der den größten Teil der Stadt betraf, buchstäblich keinen anderen Ort gab, an den sie gehen konnte.

Ein knappes und auffallend kühles „Hallo“ ertönte aus dem Lautsprecher und erinnerte sie daran, was Ariana über ihren Gastgeber gesagt hatte.

Jacob ist ein guter Freund von Xaviers Cousin Tripp. Laut Xavier ist Jacob ein anständiger Kerl, der allerdings an seine Privatsphäre gewöhnt ist. Solange du in der Blockhütte bleibst und ihm aus dem Weg gehst, kommt er schon klar.

„Das will ich hoffen, Ariana“, murmelte Keely leise und hoffte, dass der Lautsprecher nicht so empfindlich war, dass er ihre gedämpften Worte auffing.

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