Lady Carolines skandalöses Angebot (Historical MyLady 590)
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London, 1. Juni 1820
Da ist eine junge Dame, die Sie sehen möchte, Mylord.“
Gabriel Stone, Earl of Edenbridge, schwang die Füße vom Kamingitter und setzte sich in seinem bequemen Sessel auf, um dem Butler einen fragenden Blick zuzuwerfen.
„Verlieren Sie den Bezug zur Wirklichkeit, Hampshire? Junge Damen kommen mich nicht besuchen, nicht einmal in Begleitung von Anstandsdamen als Personenschutz.“
„Das stimmt, Mylord. Trotzdem ist es unzweifelhaft eine Dame ohne Begleitung, und dazu eine junge.“
„Besitzt dieses mysteriöse Wesen einen Namen?“
„Lady Caroline Holm, Mylord.“
„Holm?“ Der Name ließ etwas in seinem Hinterkopf klingeln. Aufgrund der Tatsache, dass Gabriel bis in die Puppen in einer kuscheligen Hölle am St. Christopher’s Place Karten gespielt und Brandy getrunken hatte, war das Klingeln nur leise zu vernehmen. Er blickte zur Uhr und sah, dass es elf am Vormittag war. Er sollte sich wirklich aus seinem Sessel erheben und endlich ins Bett gehen.
Es war eine einträgliche Nacht gewesen, und das Knistern von Wechseln in seiner Tasche unterstrich das, als er träge aufstand und seine Glieder streckte. Einträglich in der Größenordnung von einigen Hundert Pfund, einem sehr hübschen Siegelring und Besitzurkunden eines kleinen Anwesens in Hertfordshire.
Der Besitz … „Ah, jetzt fällt es mir ein, Hampshire. Ich nehme an, Lady Caroline ist die Tochter von Lord Knighton.“
„Dem verschrobenen Earl, Mylord?“
„Eine beschönigende Beschreibung, Hampshire, aber durchaus passend. Der Mann scheint an gelegentlichen Spielanfällen zu leiden, und in der Zeit zwischen den Exzessen versucht er, seinen Besitz besser aufzustellen. Ich bin froh, sagen zu können, dass ich nie Zeuge seiner anderen Eigenarten war.“
Gabriel drehte sich um, um in den Spiegel über dem Kaminsims zu sehen, und erblickte ein Bild unrasierter und zerzauster Ausschweifung, das jede adelige Dame garantiert dazu bringen würde, schreiend aus dem Haus und auf die Mount Street hinauszustürzen. Abgesehen vom Geschrei – er nahm schließlich Rücksicht auf seine Nachbarn – wäre das eigentlich ein gutes Ergebnis. „Wo haben Sie sie hingeführt?“
„In den Salon. Soll ich Erfrischungen bringen?“
„Ich glaube nicht, dass sie lange genug bleiben wird. Sie lassen mir Badewasser nach oben bringen, ja?“
Gabriel schlenderte aus dem Arbeitszimmer und in Richtung Salon. Langsam fielen ihm die Einzelheiten der vergangenen Nacht wieder ein. Knighton war derjenige gewesen, der die Hertfordshire-Urkunden an ihn verloren hatte, nachdem er eine unbedachte Hand nach der anderen gespielt hatte. Gabriel war er nicht besonders besorgt erschienen, jedenfalls nicht so sehr, dass er seine unschuldige, unbescholtene Tochter in das Heim eines der berüchtigtesten Londoner Lebemänner und Spieler schickte, um die Urkunden auszulösen.
Die fragliche unschuldige Dame stand vor dem leeren Kaminrost und drehte sich beim Geräusch der sich öffnenden Tür um. Gabriel blieb Zeit, die schlanke hochgewachsene Gestalt im blauen Ausgehkleid zu bewundern, bevor sie den Schleier zurückwarf. Die Bewegung legte einen gestreiften Strohhut über sorgfältig frisiertem blondem Haar frei, dazu ein Paar bewundernswert blauer Augen, die eine Nuance dunkler waren als ihr Kleid, eine scharf geschnittene gerade Nase und als Gegengewicht dazu einen sündig sinnlichen Mund.
Mit dem entschlossen wirkenden Kinn war sie zwar keine Schönheit, aber dennoch beeindruckend. Verlockend. „Lady Caroline? Ich bin Edenbridge. Welchem Umstand verdanke ich das Vergnügen Ihres Besuchs?“
Sie machte die Andeutung eines Knickses, der sowohl seinen Rang als auch seinen ungepflegten Zustand widerspiegelte. „Sie haben vergangene Nacht mit meinem Vater Karten gespielt.“ Normalerweise war ihre Stimme wahrscheinlich warm und weich, nahm Gabriel an. Jetzt war sie jedoch weder das eine noch das andere.
„Habe ich. Und um Zeit zu sparen, ja, ich habe dabei Urkunden eines Besitzes in Hertfordshire gewonnen.“
„Ich weiß. Ich habe gehört, wie Papa es heute Morgen meinem älteren Bruder erzählt hat.“
„Sie sind doch hoffentlich nicht gekommen, um mir mitzuteilen, dass es sich dabei um Ihre Mitgift handelt?“
„Nein, darum handelt es sich nicht.“ Sie ging einige Schritte von ihm weg, drehte sich um und kam dann mit erhobenem Kinn wieder zurück. Offenbar suchte sie nach den richtigen Worten. „Der Besitz gehört meinem jüngeren Bruder Anthony.“
„Es tut mir leid, Ihnen widersprechen zu müssen. Er gehört jetzt mir. Es ist kein Erbhof, soweit ich weiß. Er kann also ganz legal veräußert werden.“
„Legal schon, moralisch nicht.“
„Lady Caroline, für Moral bleibt mir äußerst wenig Zeit.“
„Das begreife ich, Mylord.“ Ein empfindlicher Mann wäre bei ihrem Ton zusammengezuckt. „Mein Vater ist …“
„Verschroben.“
Einen Moment lang erwog sie die Bezeichnung. „Ja. Und sowohl von seinem Titel wie von Knighton Park, unserem Zuhause, besessen. Knighton Park gehört natürlich zum Erbe und wird an meinen Bruder Lucas, den Viscount Whiston, übergehen. Anthony ist erst sechzehn. Papa hat beschlossen, dass Anthony Geistlicher werden soll und deshalb kein eigenes Land braucht. Er versteht Anthony nicht so gut wie ich. Eigentlich habe ich ihn aufgezogen und …“ Ihr dürfte nicht entgangen sein, dass sie seine Aufmerksamkeit verlor. Ihr Tonfall wurde wieder lebhaft. „Springbourne liegt zehn Meilen von Knighton Park entfernt, zu weit, um jemals Teil des Hauptbesitzes zu werden. Deshalb hält Papa nicht viel davon.“
„Die Kirche ist für einen jüngeren Sohn die übliche Art, Karriere zu machen“, merkte Gabriel an. Seine eigenen Brüder schienen durchaus zufrieden mit ihren jeweiligen Rollen. Aber sie waren auch nicht die Erstgeborenen und mit den Verpflichtungen eines Titels, mit Pächtern und Ländereien belastet. Von Brüdern gar nicht zu reden. Versprich mir, Gabriel …
Mit der Routine langjähriger Erfahrung schob er die Erinnerungen an seine Kindheit und seine Brüder beiseite. Da waren Ben, der ältere, ein melodramatischer Kavalleriemajor; George, ein frisch ordinierter Vikar mit zarter Seele, der zusammenzuckte, wenn er Gabriel begegnete, und Louis, quälend gelehrt und gewissenhaft, sowohl einfühlsam als auch streitsüchtig, eine Kombination, mit der sich schwer umgehen ließ. Er war Student im letzten Jahr in Cambridge, wo er Recht hörte, bevor er die Familiengeschäfte übernehmen sollte – eine Vorstellung, die Gabriel mit Schrecken erfüllte.
Jetzt, wo sie erwachsen waren, gab ihnen Gabriel Geld, wenn sie darum baten; er hatte alle in ein gutes, sauberes Bordell gebracht, als er fand, sie seien dafür reif genug, hatte sie vor habgierigen jungen Damen und ihren noch habgierigeren Müttern gewarnt und es abgesehen davon geschafft, ihnen monatelang aus dem Weg zu gehen. So war es besser für alle.
„Es mag so üblich sein“, sagte Lady Caroline mit einer Stimme, die ihn an unzureichend gezuckerte Zitronen erinnerte, „aber zu Anthony passt das nicht.“ Sie sah ihn an und blickte dann hastig weg. Vielleicht war es die Morgensonne, die ihr direkt in die Augen schien, vielleicht war es aber auch sein Anblick. Jedenfalls sah sie ihn erneut an und biss sich auf die volle Unterlippe, und da erwachte die Raubkatze in ihm, zuckte mit dem Schwanz und begann zu schnurren. „Anthony liebt Springbourne. Er ist weder lernbegierig noch klug. Er ist der geborene Bauer und Landbewohner. Es wird ihm das Herz brechen, wenn er erfährt, dass Springbourne verloren ist.“
„Und Sie erwarten von mir, dass ich es Ihnen einfach so wiedergebe? Nehmen Sie Platz, Lady Caroline. Ich habe eine lange, harte Nacht hinter mir und kann mich nicht hinsetzen, solange Sie stehen.“ Aber vor allem wollte er sie in Bewegung sehen.
Mit einem schwachen Geräusch, das er für ein Zeichen von Erschöpfung hielt, setzte sie sich auf den nächsten Stuhl und musterte ihre verschränkten Hände, während er sich ihr gegenüber niederließ. „Nein, ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie etwas so Selbstloses tun, wie die Träume und die Zukunft meines kleinen Bruders ohne Gegenleistung zu retten.“
„Sehr vorausschauend von Ihnen“, konstatierte er gedehnt und wurde dafür mit einem ärgerlichen Zischen belohnt, bevor sie sich wieder in eine perfekte Dame verwandelte. „Sie wollen es also zurückkaufen?“ Er zog den Stapel der mit Initialen versehenen Schuldscheine aus der Tasche und arbeitete sich durch, bis er den fand, den Knighton unterschrieben hatte. Er hob ihn hoch, damit sie ihn sehen konnte. „Das ist der Wert, den Ihr Vater gezeichnet hat.“
Lady Caroline zuckte zusammen. „Nein, ich kann es natürlich nicht zurückkaufen. Sie müssten wissen, dass ich als unverheiratete Frau über mein Geld nicht verfügen kann.“
„Was schlagen Sie dann vor?“
„Sie haben einen gewissen Ruf, Lord Edenbridge.“ Diese Handschuhe schienen äußerst faszinierend sein, wenn sie so aufmerksam untersucht werden mussten.
„Als Spieler?“
Sie schloss die Augen, atmete tief ein, öffnete die Augen wieder und sah ihn trotzig an, bevor ihr Blick wieder weg und zum Kaminbesteck glitt. „Als Mann mit amourösen Neigungen.“
Gabriel unterdrückte ein Lachen. Trotzdem entwischte ihm ein amüsiertes Schnauben. „So könnte man es bezeichnen.“
„Ich bin Jungfrau.“
Und eine, die dazu ganz reizend errötete. „Das hoffe ich doch sehr“, sagte er fromm. Der üppige Mund war zu einer harten Linie zusammengepresst, und Gabriel hatte plötzlich das Bedürfnis, ihn mit seinen Lippen zu erobern und ihn wieder weich und nachgiebig zu machen.
„Ich schlage einen Tausch vor, Mylord.“ Sie sagte das zum Kaminbesteck. „Meine Jungfräulichkeit gegen die Urkunden.“
Gabriel hatte sich bisher im Umgang mit Frauen für weltgewandt gehalten. Nach vielleicht einer halben Minute, in der sich Lady Carolines Wangen von hellem Rosa in Pfingstrosenrot verfärbten, musste er seine Überzeugung, er sei durch nichts zu schockieren, revidieren. Dann sagte er: „Ich habe nicht die Angewohnheit, Jungfrauen zu deflorieren, egal ob sie achtbar sind oder nicht.“ Aber in Ihrem Fall …
„Vielleicht könnten Sie erwägen, eine Ausnahme zu machen? Soweit ich weiß, sind Männer von Jungfräulichkeit regelrecht besessen. Mir erscheint das seltsam, andererseits kenne ich nur wenige Männer.“ Und es klang so, als wolle sie dies auch nicht ändern.
Er schnippte mit einem Finger gegen die Schuldscheine, was seine Besucherin aufschrecken und ihn ansehen ließ. „Diese Schulden sind nicht Ihr Problem, Lady Caroline.“
Sie biss sich auf die Lippen, und Gabriel atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Selbst nur über Sex mit ihr zu reden, hatte unangenehme Wirkungen auf ihn. Er verstand, warum Männer eine jungfräuliche Braut wollten. Sie wollten sichergehen, dass ihre Erben ihrem Samen entsprungen waren. Aber er fand Jungfrauen nicht besonders anziehend. Frauen zu etwas zu zwingen, war abstoßend, und eine willige Jungfrau bedeutete sicher sehr viel mehr Schwierigkeiten, als sie es wert war, ermüdend unbedarft – und das um den Preis, sich mit einem verrückten Vater mit einer Pistole anzulegen. Außerdem erwartete Gabriel von seinen Geliebten ein gewisses Können und Erfahrung.
Aber trotzdem, diese hier … Es hatte überhaupt nichts mit ihrer Jungfräulichkeit zu tun. Diese blauen Augen und dieser Mund und dieser sture, unschuldige Mut … Verdammt, da draußen war sie nicht sicher, wenn sie nicht wusste, welche Wirkung sie auf einen Mann hatte!
„Oh, sie sind durchaus mein Problem.“ Als sie sich ernst vorbeugte, um ihn – oder sein unordentliches Halstuch, das sie nun fixierte – zu überzeugen, wurde Lady Caroline lebhaft, ihre Schamesröte verschwand. „Mama ist vor zehn Jahren gestorben. Anthony ist mein kleiner Bruder, und ich habe ihr versprochen, mich um ihn zu kümmern. Ich liebe Papa natürlich, aber er ist … schwierig. Er würde es als Geldverschwendung ansehen, wenn er dafür zahlen müsste, die Papiere zurückzukaufen. Seiner Meinung nach wäre das Geld besser angelegt, wenn es in Lucas’ Erbschaft fließen oder dazu dienen würde, Knighton Park zu vervollkommnen.“ Als Gabriel nicht antwortete, sagte sie erbittert: „Anthony ist der Einzige aus meiner Familie, der mich aufrichtig liebt, und ich liebe ihn, als sei er mein Kind und nicht nur ein Bruder. Sie haben auch Brüder. Ich weiß das, weil ich im Peerage nachgeschlagen habe.“ Aus irgendwelchen Gründen brachte das die Farbe auf ihre Wangen zurück. „Heute morgen, meine ich. Ich weiß, dass Sie als Mann ihnen gegenüber nicht so empfinden können, wie ich für Anthony empfinde. Aber wenn sie Ihre Hilfe bräuchten, würden Sie doch alles tun, was in Ihrer Macht stünde, oder?“ Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
Ja. „Nein.“ Er würde sie darin nicht ermutigen und ihr nicht gestatten, dass das Versprechen, das sie ihrer Mutter gegeben hatte, ihm etwas bedeutete. Seine Pflichten als Mann, als ältester Sohn, waren grundverschieden von ihren als Tochter, als Frau. „Hören Sie mir zu! Anthony ist noch ein Junge. Er wird sicher selbst seinen Weg finden. Er ist kein Kind mehr und unterliegt deshalb auch nicht mehr Ihrer Verantwortung. Ihr älterer Bruder wird auf ihn achten.“
Jetzt sah sie ihn endlich an, obwohl ihre Miene nahelegte, dass sie es nur deshalb tat, weil ihm zwei Köpfe gewachsen waren. „Ich verstehe Sie nicht. Ich liebe ihn seinetwegen, auch wenn Anthony gleichzeitig das Einzige ist, was mir von Mama geblieben ist. Ich weiß aus dem Peerage, dass auch Ihre Mutter tot ist. Empfinden Sie nichts für Ihre Familie? Erkennen Sie nicht Ihre Eltern, wenn Sie Ihre Brüder ansehen? Sie sind ganz sicher das Wichtigste auf der Welt für Sie, auch wenn Sie sich manchmal mit ihnen streiten.“
„Das Einzige, was mir von Mama geblieben ist“, hatte sie gesagt. Er verstand das nur zu gut. Schwärze umfing ihn, die Erinnerungen tobten in ihm. Versprich mir … die regungslose weiße Hand, schlaff neben der Flasche …
Gabriel tat die Bilder mit einem Schulterzucken ab, unfähig, sich ihre Bedeutung einzugestehen. Er würde für seine Brüder töten. Er würde sie beschützen. Natürlich würde er das tun. Er musste es tun. Er war für sie verantwortlich. Wieder zuckte er die Achseln. „Es ist meine Pflicht. Aber ich bin ein Mann und das Oberhaupt der Familie.“
„Es tut mir leid, dass Sie so empfinden. Ihnen muss viel entgehen“, murmelte Lady Caroline.
Einen entsetzlichen Augenblick lang glaubte Gabriel, sie würde weinen. Sie wirkte bestürzt. „Sie werden sich nicht für diese Urkunden an mich verkaufen. Was wird Ihr Ehemann dazu sagen?“ Nur der Himmel wusste, woher dieser Anfall von Anstand plötzlich kam.
„Ich habe keinen. Noch nicht.“ Ihr trauriger Gesichtsausdruck wurde jetzt streng.
„Aber Sie werden schon bald einen haben.“ Er nahm an, sie war Anfang zwanzig, dreiundzwanzig vielleicht. „Und ein Ehemann bedeutet auch eine Hochzeitsnacht.“
„Papa hat einige Männer für mich im Auge, aber er hat sich noch nicht entschieden, welcher die vorteilhafteste Verbindung bietet. Ehrlich gesagt, würde ich mich freuen, demjenigen in der Hochzeitsnacht einen Schrecken einzujagen.“ Sie schien ihren Mut zurückgewonnen zu haben, aber jetzt sah sie wieder das Kaminbesteck an.
„Sie müssen ihm nicht gehorchen.“
„Er ist mein Vater. Natürlich muss ich ihm gehorchen. Mir bleibt keine Wahl.“
„Ich nehme an, Sie halten es für Ihre Pflicht.“
Sie nickte, ein scharfes Rucken ihres abgewandten Kopfes. „Die Pflicht und der Mangel an Alternativen. Mein Vater neigt dazu, Bewerber zu entmutigen, die seinen Wünschen für mich nicht entsprechen.“
„Sie wollen nicht wirklich mit mir das Bett teilen, oder?“ Gabriel lächelte, als sie ihn – überrascht über seine schnörkellose Sprache – ansah. Er machte mit Bedacht ein wölfisches Gesicht und strich über sein unrasiertes Kinn, damit sie seinen Mund ansah. Sie starrte darauf, schluckte dann, und damit machte sich seine Erektion noch deutlicher bemerkbar.
„Um offen zu sein, sind Sie mir lieber als Sir William Claypole oder Mr. Walberton. Oder Lord Woodruffe.“
„Herrje! Hat Ihr Vater eine Liste mit den Namen aller Junggesellen mittleren Alters erstellt?“ Wenn er Schwestern hätte, würde er nicht wollen, dass sie auch nur einen dieser Männer heirateten, am wenigsten Woodruffe.
„Nur mit solchen, die Ländereien besitzen, die in der Nähe zu unseren Anwesen liegen, und bereit sind, sie gegen mich zu tauschen.“ Als er nicht antwortete, sagte sie eindringlich: „Bitte, Lord Edenbridge! Ich weiß, dass Sie als hart und zynisch gelten und sich um nichts und niemanden scheren. Aber ganz tief in Ihrem Inneren müssen sich doch familiäre Gefühle verbergen. Sie verstehen sicher, wie verzweifelt ich bin.“
Der erste Teil ihrer Beschreibung traf mehr oder weniger zu. „Angesichts der Tatsache, dass es noch nicht einmal Mittag ist, haben Sie eine Menge Informationen über mich zusammengetragen.“
Wieder errötete Lady Caroline. „Ich habe Sie bei Bällen und anderen Anlässen gesehen. Und die Leute reden.“
Und du hast dich so sehr für mich interessiert, dass du nach mir gefragt hast? Gabriel lachte innerlich über sich selbst. Du eitler Laffe! Geschmeichelt, weil du einem attraktiven Mädchen aufgefallen bist? Die Frauen sahen ihn normalerweise an und er sah sie an. Aber das waren keine wohlerzogenen Jungfern. Er besaß einen stark entwickelten Selbsterhaltungstrieb.
„Ich werde Ihr Angebot annehmen“, sagte er. Sie rang nach Luft, als habe sie das nicht erwartet, und die Farbe wich aus ihren Wangen. „Ich werde Ihnen die Urkunden schicken, sobald ich sie von Ihrem Vater erhalte, und Sie werden mir einen Schuldschein über Ihre Jungfräulichkeit ausstellen, der eingelöst werden muss, sobald Ihre Hochzeit arrangiert ist.“
„Aber …“
„Mag sein, dass ich ein Spieler und Lebemann von schockierendem Ruf bin, Lady Caroline. Aber ich bin auch ein Gentleman. Zumindest eine Art von Gentleman.“ Genug, um nicht um deine Unschuld zu schachern. Wenn sie glaubte, sie hätten eine Abmachung, würde es sie davon abhalten, etwas Leichtsinniges zu tun, damit sie das Geld zusammenbekäme, um ihn auszuzahlen. Er würde ihr einfach die Urkunden aushändigen, und er sollte es bedingungslos tun. Aber der Jäger in ihm liebte es, sie in seinen Klauen zu wissen. Nicht, um ihr wehzutun, nur, um ein bisschen mit ihr zu spielen. Neuerdings war er entsetzlich gelangweilt. „Ich schwöre Ihnen, mit niemandem darüber zu reden. Wie entscheiden Sie sich?“
Sie hatte – mit Lord Edenbridges höhnischem Gelächter, das ihr in den Ohren klang – erwartet abzublitzen oder flach auf dem Rücken liegend in seinem Schlafzimmer zu landen. Was von beidem sie schrecklicher gefunden hätte, dazu war ihr nichts eingefallen. Diese Galgenfrist hatte sie nicht erwartet. Eigentlich war es keine richtige Galgenfrist, sondern nur ein Aufschub, fiel ihr auf, als seine Worte endlich bei ihr ankamen.
„Ich nehme an.“ Caroline fragte sich, ob sie kurz davor war, in Ohnmacht zu fallen. Sie neigte nicht dazu, aber ihr erschien das Zimmer jetzt kleiner, und sie hatte ein seltsames Dröhnen in den Ohren. Das musste das Rauschen ihres Blutes sein.
„Bitte schicken Sie die Urkunden an diese Adresse!“ In ihrem Retikül fand sie die Karte ihrer Klavierlehrerin und gab sie Gabriel, ohne ihn anzusehen. Sie hatte die ganze Zeit über versucht, seinem Blick auszuweichen, teilweise, weil die gesamte Situation so peinlich war, aber auch, weil sie wusste, dass sie jedes Mal errötete, wenn sie diesen lässigen eleganten Mann mit den langen Gliedern ansah. Sein Gesicht aus der Nähe zu betrachten wäre allzu beunruhigend. „Miss Fanshawe kennt die Situation bei mir zu Hause.“
„Ist sie daran gewöhnt, als Mittelsmann für Ihre verbotene Korrespondenz zu fungieren?“ Der Earl ging zu einem Schreibtisch, und Caroline merkte, dass sie die Luft angehalten hatte. Ein rascher Blick auf seinen Rücken ließ sie schaudern. Er war viel zu groß und zu männlich und zu animalisch, um ihr so nahe sein zu dürfen. Bisher hatte sie ihn nur aus sicherer Distanz in einem Ballsaal gesehen, und da hatte sie sein dunkles Haar und die leichte Nachlässigkeit seiner Abendkleidung attraktiv gefunden.
Aus der Nähe aber war seine Nichtbeachtung der Details modischer männlicher Kleidung und Körperpflege schockierend und mehr als nur ein wenig beunruhigend. Sein Haar war dicht, leicht gewellt und zerzaust, obwohl er es mit den langen Fingern zu ordnen versucht hatte. Im Gesicht hatte er Bartstoppeln, sein Halstuch war verrutscht und der Kragen geöffnet, sodass man seinen Halsansatz sehen konnte. Er roch nach Brandy und Rauch und schwach nach Moschus. Seine Lider hingen müde herab und bildeten einen Gegensatz zu seiner etwas heiseren Stimme. Sie fragte sich, welche Augenfarbe er wohl haben mochte. Dunkelblau? Braun?
Aus sicherer Entfernung hatte sie ihn attraktiv und faszinierend gefunden. Für eine gut erzogene junge Dame war der Klatsch über ihn aufregend gewesen, und sie hatte ihre Fantasie damit genährt. Natürlich hatte sie nie damit gerechnet, dass sie sich irgendwann nur wenige Schritte vom Objekt ihrer unpassenden Vorstellungen entfernt befinden würde. Ihre Anstandsdame Tante Gertrude würde beim Gedanken, dass Caroline auch nur mit Gabriel Stone reden könnte, in einem hysterischen Anfall nach Luft schnappen.
Sein Ruf war schockierend schlecht, aber niemand hielt ihn für hinterhältig. Er habe viele Liebschaften, behaupteten die Lästermäuler. Für eine Dame wäre es dumm, ihr Herz zu riskieren, und für das Befinden von Leuten, die es wagten, in seiner Gesellschaft ein Spiel zu wagen, spielte er viel zu gut Karten. Aber sie riskierte nichts, sagte sie sich, jedenfalls nicht ihr Herz. Nach dem Schock und dem Ärger, die der Entdeckung, was Papa in der vergangenen Nacht angerichtet hatte, folgten, war ihr Lord Edenbridge wie die Antwort auf ihre Träume erschienen: unmoralisch, unkonventionell, weltläufig und besessen von dem, was er unter Ehre verstand. Oft genug war ihr dieser Mann in ihren Träumen erschienen, die vorgeschlagene Abmachung würde für sie also nicht unangenehm sein. Irgendwann musste jede Frau ihre Jungfräulichkeit verlieren, oder? Der Bauch von Lord Woodruffe wabbelte über seinen Hosen. Ihr schauderte. Ich werde nicht an Woodruffe denken. Denke an diesen Mann hier! An Lord Edenbridges Körper wabbelte nichts, allem Anschein nach waberte auch nichts in seinem Geist.
Caroline rief sich innerlich zur Ordnung. „Ich führe keine verbotene Korrespondenz“, stellte sie richtig. „Aber ich bin mit Miss Fanshawe befreundet.“
„Keine sehr gute Freundin, wenn sie Sie dazu ermuntert, hierherzukommen.“ Er zog den Schreibtischstuhl für sie zurück.
„Sie weiß nicht, dass ich hier bin.“ Caroline beäugte den Federhalter misstrauisch. Sie war sich überhaupt nicht sicher, was sie hier eigentlich tat. Heute Morgen um neun schien es eine gute Idee gewesen zu sein. „Was soll ich schreiben?“
„Etwas, was unsere Abmachung festlegt.“ Die Miene dieses verdammten Kerls war unbewegt, der Blick unter unanständig langen Wimpern verborgen. Sie nahm an, er amüsierte sich prächtig.
„Gut.“ Sie tauchte die Spitze der Feder ein und wählte ihre Worte sorgfältig. So leichtsinnig, wie er glaubte, war sie nicht.
Ich stimme zu, Lord Edenbridge den vereinbarten Preis zu zahlen, nachdem meine Verlobung geregelt ist.
Caroline Amelie Holm
1. Juni 1820
Sie bestreute das Blatt mit einer Hand, die nur ein wenig zitterte, mit Sand und schob Edenbridge die Notiz zu. „Reicht das?“
„Bewundernswert diskret.“ Er faltete das Papier und ließ es in seine Brusttasche gleiten. „Das hier wird sicher in meinem Safe aufbewahrt.“
„Natürlich.“ Seltsam, dass sie von seiner Diskretion und seinem Ehrgefühl völlig überzeugt war, jedenfalls, wenn es darum ging, dieses Geheimnis zu wahren. Er würde in seinen Clubs nicht damit prahlen, dass er die scheue, tugendhafte Lady Caroline Holm erobert hatte. Oder doch?
„Warum vertrauen Sie mir?“, fragte er unvermittelt. Die Frage kam so nah an ihre Überlegungen heran, dass sie ihn einen Moment lang mit großen Augen anstarrte, überzeugt, er könne ihre Gedanken lesen.
„Ich weiß es nicht“, gab sie zu. „Es ist einfach nur mein Eindruck und die Tatsache, dass zwar jeder sagt, wie schockierend und rücksichtslos Sie sich benehmen, aber niemand Sie eines unehrenhaften Verhaltens bezichtigt.“
„Es ist leicht, sich ehrenhaft zu benehmen, wenn man nie in Versuchung geführt wird.“ Seine Stimme klang trocken, und sein Blick war leicht amüsiert. „Ich muss zugeben, es ist ein Novum, dass mir jemand so bedingungslos vertraut, Lady Caroline.“
Die Röte, die während dieses unerhörten Gesprächs gekommen und gegangen war, stieg ihr beim Gedanken, womit dieser Mann wohl in Versuchung geführt werden könnte, erneut in die Wangen. Sie war unschuldig, aber nicht dumm. „Offenbar habe ich Sie nicht besonders in Versuchung geführt, Mylord, wenn man bedenkt, wie geschäftsmäßig wir unseren Handel abgeschlossen haben.“
„Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht in Versuchung bin, Lady Caroline.“ Er nahm ihre Hand, hob sie bis auf Haaresbreite vor seinen Mund und ließ sie dort einen Moment lang. Sein Atem war warm, seine Hand fest. Sie wappnete sich dagegen, gleich seine Lippen zu spüren.
„Wie sind Sie hierhergekommen?“, fragte Lord Edenbridge und ließ sie los, ohne den geringsten Versuch unternommen zu haben, ihre Hand zu küssen. Er ging zum Kamin und zog an der Klingel.
„In einer … in einer Mietdroschke.“ Verflucht soll er sein, weil er mich zum Stottern bringt. Weil er mich enttäuscht. Hinter ihr öffnete sich die Tür, und sie verbiss sich jedes weitere Wort.
„Hampshire, holen Sie für die Dame eine Mietdroschke mit einem zuverlässig wirkenden Kutscher. Guten Tag, Lady Caroline! Ich freue mich auf die Ankündigung Ihrer Hochzeit!“
Als sie einen letzten Blick auf den Earl warf, zog er sich das Tuch vom Hals und begann, sich das Hemd aufzuknöpfen. Caroline machte sich nichts vor, ihr Abgang durch die Halle glich einer Flucht.
Es schien vorher eine gute Idee gewesen zu sein. Es schien vorher die einzige Möglichkeit gewesen zu sein. Caroline nahm ihren Platz zum Nachtmahl ein und fragte sich, ob es sich bei ihrem bangen Gefühl um schlechtes Gewissen und Scham handelte oder um Vorfreude. Wahrscheinlich spielt alles zusammen eine Rolle, dachte sie, als sie sich zwang, von der Suppe zu essen; hinzu kam auch noch die Angst vor dem, was geschehen würde, wenn ihr Vater herausfand, was sie heute Morgen getan hatte.
„Alles in Ordnung, Caro?“ Lucas, ihr älterer Bruder, sah herüber.
Ihr Vater, der nie mitbekam, wenn es jemandem schlecht ging – es sei denn, derjenige ginge unversehens in Flammen auf –, achtete nicht auf sie. Er war schon immer mit sich selbst beschäftigt und egoistisch gewesen. Sie hatte bereits vor Jahren die Hoffnung aufgegeben, von ihm Aufmerksamkeit und so etwas wie elterliche Zuneigung zu erfahren. Sie betete nur, Lucas werde bald eine Frau finden, ein warmherziges Wesen, das ihn daran hinderte, wie ihr Vater zu werden.
„Die Suppe ist ein wenig zu salzig. Ich muss mit der Köchin sprechen.“ Offenbar verriet ihr Gesicht nichts über ihre Gefühle, denn Lucas nickte nur und unterhielt sich weiter mit seinem Vater über einen geplanten Besuch bei der Coade’s Artificial Stone Manufactory in Lambeth wegen einer Statue für ihr jüngstes Landschaftsprojekt.
Es war ihr aufgefallen, dass ihr Vater nach einem großen Verlust sofort mit dem Spielen aufhörte. Es war, als sei das Spielfieber, das in ihm gelodert hatte, gelöscht worden, und er verhielt sich wieder wie immer – bis zum nächsten Mal. Immerhin warf er dann längere Zeit kein weiteres Geld aus dem Fenster, aber sein unvernünftiges Verhalten, seine unberechenbaren Launen waren zunehmend ein Grund zur Sorge.
„Was hast du vor, Papa?“, fragte sie, während die Suppenteller abgeräumt wurden.
„Eine Einsiedelei. Ich werde die fast fertiggestellte gotische Kapelle umbauen lassen. Der Platz am Weg, wo die Schonung den Blick zum See freigibt, macht sich besser als Zelle eines Eremiten als eine Kirche.“
„Eine Einsiedelei wäre sehr dramatisch und stimmungsvoll“, bemerkte Caroline pflichtbewusst. Und feucht, dachte sie, fügte dies aber nicht hinzu. Der Platz lag nach Norden und von den Bäumen tropfte die Nässe auf die moosige Böschung. Aber jahrelange Erfahrung hatte sie gelehrt, was sie zu sagen hatte, damit ihr Vater zufrieden war.
„Einen Einsiedler zu finden wird einige Zeit dauern“, erwiderte dieser und machte eine ungeduldige Geste zu Lucas hinüber, damit der sich ein größeres Stück vom Kapaun nehme.
Einen Moment lang glaubte Caroline, ihr Vater reiße Witze, obwohl er völlig ernst klang. „Das könnte schwierig werden.“ Irgendwie schaffte sie es, ihren Tonfall sachlich zu halten. „Ich glaube nicht, dass die üblichen Personalvermittlungen helfen können. Eine Suchanzeige in den Zeitungen vielleicht?“
„Welche Art Eremit schwebt dir vor, Vater?“ Lucas stand offenbar hinter dem Plan. „Es ist ja eine gotische Kapelle. Ein Druide würde nicht passen.“
„Mir schwebt ein Einsiedlernovize vor“, erklärte ihr Vater. „Einer, der früher Mönch war, von König Henry aus seinem Kloster verbannt wurde und nun mit den Büchern und Manuskripten, die er hat retten können, dort lebt.“
„Du erwartest von ihm, dass er tatsächlich dort wohnt, Papa? Diese Lebensweise könnte einem Bewerber allzu hart erscheinen“, erlaubte sich Caroline einzuwenden.
„Darüber habe ich natürlich bereits nachgedacht. Das Innere der Kapelle wird eine Hütte mit einem Zimmer aufweisen wie die, die ich für die Wildhüter im Zierturm habe einrichten lassen.“
„Und was soll er machen?“ Was tat ein Eremit überhaupt? Still vor sich hin siedeln vielleicht? Irgendwie schaffte sie es, ihre Gefühle zu verbergen; es fiel ihr heute Abend schwer, nicht in hysterisches Gelächter auszubrechen.
„Er soll einfach nur da sein, wenn jemand vorbeikommt. Er muss seine Einsiedelei in Ordnung halten und die Umgebung pflegen. Wenn er Gelehrter ist, habe ich nichts dagegen, wenn er seinen Neigungen nachgeht: lesen, schreiben und so weiter.“
„Kehren wir bald nach Knighton Park zurück, Papa?“ Die überstürzte Flucht vor Lord Edenbridge durch die Eingangshalle und die Tür nach draußen hinaus reichte nicht, wie es schien. Eine überstürzte Flucht aus London fühlte sich inzwischen sehr viel sicherer an. „In einigen Wochen neigt sich die Saison ihrem Ende zu.“
Es war der vertraute Ablauf gewesen. Sie hatten sich mit Bekannten getroffen, mit geeigneten jungen Männern, die geflirtet und getanzt und sich davongemacht hatten, wenn sie ihrem Vater begegnet waren. Carolines Äußeres war passabel, ihre Herkunft akzeptabel, ihre Mitgift annehmbar, aber ihr Vater war die Art Schwiegervater, vor dem Junggesellen gewarnt wurden. Sie nahm an, das wäre nicht mehr wichtig, wenn sie jemals jemandem begegnet wäre, der sie gewollt und geliebt hätte. Aber das war bisher nicht vorgekommen, und sie wusste, dass getuschelt wurde, Lady Caroline Holm würde bald eine alte Jungfer sein. Wie schade, lästerten die Tratschweiber, so ein charmantes Mädchen. Und dann hatte sie Gabriel Stone gesehen.
„Wir bleiben bis Juni in London“, bestimmte ihr Vater und riss sie aus ihren Tagträumen. „Das lässt den Bauarbeitern Zeit genug, um die Einsiedelei fertigzustellen, während Lucas und ich den Zierrat auswählen und einen Eremiten suchen.“
Also keine Möglichkeit zur Flucht. Dummerweise ging es bei ihrem Drang zu fliehen nicht um Lord Edenbridge, sondern um ihr Verlangen, ihn öfter zu sehen. Ein Spiel mit dem Feuer, dachte Caroline. Er ist gefährlich attraktiv und nicht für mich bestimmt. Der Mann ist geradezu verrucht. Und ebenso schön auf eine wilde, zigeunerhafte Art.
Ihr Essen wurde kalt. Caroline wandte sich ihrem Teller zu und sagte sich, dass sie eine Anziehung verspürte, die ebenso albern war wie die Schwärmerei von Schulmädchen für ihren Musiklehrer. Allerdings handelte es sich dabei normalerweise um eine hoffnungslose Leidenschaft, die rasch vergessen war. Das hier würde sie in das Bett eines Mannes und zu einem handfesten Skandal führen, wenn sie nicht außerordentlich vorsichtig vorginge.
„Die Post, Mylord.“ Hampshire hielt ihm das Tablett mit stummem Nachdruck hin, sodass Gabriel sofort nach dem Briefstapel griff, weil es ihn neugierig machte, was das Interesse des Butlers erregt hatte.
Der oberste Brief natürlich. Gesiegelt mit einer schlichten Scheibe, in London aufgegeben und von eleganter weiblicher Handschrift. Er hob ihn an die Nase. Unparfümiert und auf Papier von guter Qualität.
Die Notiz war knapp: Die Sendung ist eingetroffen. Ich bin Ihnen dankbar, dass Sie sich der Sache unverzüglich angenommen haben. Es gab nicht einmal Initialen.
Gabriel tippte mit dem Brief auf den Tisch. Lady Caroline hätte ihm besser geschrieben, ihre Abmachung noch einmal zu überdenken. Er war fast so weit, nicht mehr mit ihr herumzuspielen, ihren Schuldschein zu zerreißen und ihn ihr über ihre entgegenkommende Klavierlehrerin zukommen zu lassen. Er würde ihn nie einlösen.
Wirklich nicht?
Als Gentleman sollte er unbedingt Abstand nehmen. Aber er bewunderte auch ihre unerhörte Logik – gewiss ein guter Weg, die Pläne ihres Vaters zu durchkreuzen, der sie vorteilhaft verheiraten wollte, egal was sie darüber dachte. Ihre Jungfräulichkeit zu verlieren würde sie nicht vor einer Hochzeit retten, außer sie wollte ihre hoffnungsvollen Verehrer vor der Zeremonie informieren.
Ja, er sollte das Papier zerreißen und sie vergessen, sie würde ihr gesamtes Eheleben lang dankbar sein, dass sie so knapp entkommen war. Andererseits langweilte er sich, die Situation war neu für ihn, und ein kleiner innerer Teufel flüsterte ihm ein, das Spielchen ein wenig länger zu treiben, um zu sehen, wie es sich entwickelte.
Er öffnete den nächsten Brief, sah, dass er von seinem alten Freund Crispin de Feaux stammte und das Wachs nicht das Siegel des Marquess of Avenmore trug, sondern eine diskretere, verknappte Version. Cris führte etwas im Schilde.
Und nicht nur das, wie er entdeckte – Cris wollte auch, dass er dabei mitmachte. „Sammle Informationen über Lord Chelfords Schulden … Besorge eine Portechaise und Träger … Schicke sie nach Stibworthy, Nord-Devon …“ Nord-Devon? Was hatte Cris dort, verflixt noch mal, zu suchen?
In den Bücherregalen im Arbeitszimmer fand Gabriel keine Antwort auf seine Frage. Das Ganze war zu faszinierend, um sich handschriftlich damit zu beschäftigen. Gabriel zog an der Klingelschnur. „Hampshire, ich fahre über Bath nach Devon. Ich werde meine Reisekutsche brauchen.“ Noch einmal betrachtete er Cris’ Brief und lächelte. „Sagen Sie Corbridge, er solle für Taten und nicht für Unterhaltung packen.“
Wenn er von dem, was sich an den wilden westlichen Küsten Englands zusammenbraute, zurückgekehrt war, würde er den besseren Teil seine Wesens entdeckt haben. Er würde sofort in Bezug auf die unschuldige Lady Caroline die richtige Entscheidung treffen und sich nicht die Frage stellen, wie die zarte Haut ganz unten an ihrem Hals wohl schmeckte. Nach Erdbeeren vielleicht …
Der Juni ging in den Juli über, mit Sonnenschein, blühenden Rosen, einem Wirbel modischer Sonnenschirme und keinerlei Andeutung ihres Vaters, dass er sich bald aufs Land begeben würde. Caroline konnte nur dankbar dafür sein, weil ihr gerade wie ein klaffendes schwarzes Loch in der Mitte Fehler in ihrem Plan aufgefallen waren.
Sie war im Besitz der Urkunden. Also war Anthonys Zukunft gesichert, hatte sie sich gesagt. Aber dann, als sie die Papiere auf den Boden ihres Schmuckkastens gelegt und den Kasten abgeschlossen hatte, ging ihr auf, dass sie, indem sie das eine löste, ein anderes Problem geschaffen hatte – oder sogar zwei Probleme, wenn sie den bedrohlichen Schatten Lord Edenbridges und das Versprechen, das sie ihm gegeben hatte, dazuzählte.
Anthonys Ländereien waren ihrem Bruder sicher, doch Ländereien mussten verwaltet werden. Pläne mussten gemacht, Anordnungen gegeben, Löhne gezahlt, Dienstboten überwacht, Einkommen zur Bank gebracht und investiert werden. Fünf Jahre lang musste Springbourne irgendwie funktionieren, bis ihr Bruder volljährig war und das Heft in die Hand nehmen konnte. Sie selbst hatte weder Geld noch Erfahrung noch den gesetzlichen Status dafür. Genauso wenig wie Anthony, der zudem noch minderjährig war. Und wenn einer von ihnen einen Rechtsanwalt oder Grundstücksverwalter einzusetzen versuchte, der für sie handelte, wäre das Erste, was der Mann tun würde, ihren Vater zu konsultieren.
Lord Edenbridge. Papa glaubte, der Earl werde Springbourne übernehmen – und hatte sicher bereits alle benachrichtigt, die davon betroffen waren. Wenn Lord Edenbridge die nominelle Kontrolle übernahm, würde das alle Probleme lösen. War das eine große Zumutung? Vielleicht sollte sie ihm einen prozentualen Anteil am Einkommen anbieten. Oder würde ihn das beleidigen? Sie wollte ihn um seinen Rat bitten.
An dem Tag, an dem ihr klar wurde, dass sie mit ihm reden musste, verschwand Lord Edenbridge aus London. Vergeblich hielt sie nach ihm auf Bällen und Partys Ausschau, sie hörte keinen Klatsch über ihn, und als sie es arrangierte, dass ihre Kalesche durch die Mount Street fuhr, sah sie, dass der Klopfer an der Eingangstür fehlte.
Es ging nicht anders, sie musste ihm schreiben. Caroline saß in dem kleinen Zimmer, das großspurig ihr „Boudoir“ genannt wurde, kaute an ihrer Feder und durchforstete ihr Gehirn nach taktvollen Formulierungen, mit denen sie einen Fremden darum bitten konnte, die Aufsicht über einen Besitz zu übernehmen, den sie ihm für den Preis ihrer Jungfräulichkeit abgeschwatzt hatte.
Das Klopfen an der Tür war wie eine Erlösung.
„Ja, Thomas?“
„Seine Lordschaft bittet darum, dass Sie in sein Arbeitszimmer kommen, Mylady.“ Der Diener hatte sicher den geknurrten Befehl, die Tochter herbeizuholen, in eine höfliche Mitteilung übersetzt. Also lächelte sie ihn an.
Als sie nach unten ging, fragte sie sich, was Papa von ihr wollte. Vielleicht hatte er beschlossen, nach Knighton Park zurückzukehren. In diesem Fall würde das Leben unermesslich komplizierter werden. Nicht nur ihr Briefwechsel musste über Miss Fanshawe gehen, er musste auch aufs Land nachgeschickt werden.
„Du hast mich rufen lassen, Papa?“
Ausnahmsweise war er nicht hinter Stapeln von Plänen und Kostenvoranschlägen vergraben und sah sie nur flüchtig an. Im Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit zu stehen war allerdings nervenaufreibend. „Setz dich, Caroline! Ich habe gute Nachrichten für dich.“
Das klang definitiv nervenaufreibend. „Ja, Papa?“
„Ich habe ein Heiratsangebot von Edgar Parfit, Lord Woodruffe, erhalten. Was sagst du dazu?“
„Lord Woodruffe? Aber er ist … Er ist …“
„Wohlhabend, ein guter Nachbar, vollkommen gesund.“
„Vierzig. Fett. Er denkt nur ans Jagen. Seine erste Frau ist lediglich ein Jahr nach ihrer Hochzeit gestorben.“
„Es ist wohl kaum sein Fehler, dass das dumme Ding vom Pferd gestürzt ist.“
„Miranda hatte Angst vor Pferden und hat die Jagd gehasst. Er hat sie zum Reiten und zur Hetzjagd gezwungen. Er ist ein Tyrann.“ Und er macht mir Angst. Sie schaffte es, die Worte zurückzuhalten, denn sie konnte es nicht begründen, sie empfand es nur so.
„Er ist ein gut erzogener, reifer Mann, der von seiner Frau Ergebenheit erwartet.“
„Die kann er dann von jemand anderes erwarten.“ Caroline merkte, dass sie aufgestanden war. „Ich werde ihn nicht heiraten.“
„Mädchen, du hast mir nicht zu sagen, was du willst oder nicht willst! Du bist verpflichtet, dieses äußerst vorteilhafte Angebot, das man dir macht, anzunehmen.“ Das Gesicht ihres Vaters wurde vor Zorn über ihren Widerstand immer dunkler.
Die Partie war noch schlimmer, als sie befürchtet hatte, und nur insofern vorteilhaft, als dass Lord Woodruffe Land anbieten würde, das den Umfang der Ländereien von Knighton vergrößern würde. Aber sie konnte nichts unternehmen, bevor sie nicht mit Lord Edenbridge gesprochen und Springbourne für Anthony gesichert hatte.
Wenn Mama noch lebte, würde sie das hier nicht zulassen. Fast hätte Caroline es gesagt, doch dann riss sie sich zusammen. Die Erwähnung seiner verstorbenen Frau löste bei ihrem Vater in der Regel die schlimmsten Wutanfälle aus. „Ja, Papa.“ Sie zwang sich, sanftmütig zu wirken. „Aber ich kenne Lord Woodruffe kaum.“
„Vor ein paar Minuten hat dich das nicht daran gehindert, unsinnige Ansichten über ihn von dir zu geben“, knurrte er. „Du hast reichlich Zeit, ihn kennenzulernen. Es besteht kein Grund, die Dinge zu übereilen. Zurzeit bin ich zu beschäftigt, um mir über Kleinigkeiten wie Hochzeiten und Vereinbarungen Gedanken zu machen.“
Eine Gnadenfrist …
„Nächsten Monat oder so reicht. In einer Woche oder zwei Wochen fahren wir nach Knighton. Woodruffe kann um dich werben, Hochzeit im September.“
September? Sie hatte auf sechs Monate gehofft, nicht auf zwei. Beim Gedanken an die Werbung des Barons wurde ihr flau im Magen. „Ja, Papa.“ Es klang schwach und pessimistisch, beruhigte ihn aber. Ungehorsam war er von ihr nicht gewöhnt, fiel ihr auf. Vielleicht hatte es bisher nichts gegeben, dem sie sich hätte entgegenstemmen müssen. Gegen Ignoranz oder Geringschätzung zu rebellieren oder über ihre Eheaussichten zu klagen, wäre sinnlos gewesen. Aber das hier war etwas anderes, und sie hatte ein wenig Zeit gewonnen, um darüber nachzudenken.
Zuerst musste sie Lord Edenbridge auftreiben und sich um Anthonys Besitz kümmern, dann musste sie einen Weg finden, um dieser Heirat zu entkommen. Ihre mutigen Worte über den Verlust ihrer Jungfräulichkeit und damit ihren Ehemann in der Hochzeitsnacht zu schockieren, war nichts weiter als Wunschdenken gewesen, merkte sie jetzt. Wenn Edgar Parfit herausfand, dass seine Braut nicht das war, was er dachte, würde seine Reaktion sehr wahrscheinlich heftig ausfallen. Sie machte sich keine Illusionen über den Mann, sie hatte nur Angst, was schlimmer sein könnte, weil diese Angst nicht recht zu fassen war.
„Wird Lord Woodruffe heute Abend auch bei Lady Ancaster sein, Papa?“ Sie versuchte, so interessiert wie möglich zu klingen.
„Das bezweifle ich.“ Er sah nicht von seinen Papieren auf. „Soweit ich weiß, ist er noch auf dem Land.“
Eine kleine Gnade, dachte sie, als sie das Arbeitszimmer verließ. Falls Lord Edenbridge auch auf der Tanzveranstaltung war, konnte sie hoffen, für Anthonys Zukunft zu sorgen, und wenn das erledigt und ihr Versprechen gegenüber Mama erfüllt war, fand sie vielleicht eine Möglichkeit, sich selbst aus der Klemme zu befreien.
„Du siehst gut aus, Caroline.“ Tante Gertrude, die verwitwete Countess of Whitely, war normalerweise sparsam mit Lob, aber heute Abend war sie absolut liebenswürdig. Wahrscheinlich spornte sie die Neuigkeit an, dass Caroline einen geeigneten Heiratsantrag erwartete.
„Danke! Ich bin mit diesem Kleid auch sehr zufrieden, muss ich zugeben.“ Es war aus bernsteinfarbener Seide mit einem hellgelben Überrock, und Caroline trug es mit braunen Slippern aus Ziegenleder und Bernsteinschmuck, der ihrer Mutter gehört hatte.
„Der Ausschnitt ist allerdings an der Grenze des Schicklichen.“ Ihre Begleiterin beugte sich in der Kutsche vor, um Carolines Brust besser betrachten zu können.
„Ich glaube, man trägt das jetzt so, Tante.“
„Hm. Und du bist ein wenig blass.“
Dass ich vor Anspannung nicht weiß wie ein Laken bin, grenzt an ein Wunder, dachte Caroline, während sie ein höfliches Lächeln aufsetzte und sich darauf vorbereitete, nach ihrer Tante aus der Kutsche zu steigen und das Haus der Ancasters am Berkeley Square zu betreten. Sich gesellschaftlich korrekt verhalten zu müssen hatte sie immerhin vor einem Anfall von Schwermut bewahrt. Sie hatte sich anziehen und frisieren lassen, mit ihrer Zofe geredet und ihren Schmuck gewählt, sich auf Tante Gertrude konzentrieren müssen – und nun hatte sie im Ballsaal der Ancasters – so auszusehen, als habe sie nichts im Kopf, außer sich zu amüsieren.
„Guten Abend, Lady Farnsworth … Ja, Lord Hitchcombe, die Blumendekorationen sind charmant … Nein, Tante, ich werde sicher nicht öfter als einmal mit Mr. Pitkin tanzen … Danke, Mr. Walsh, ein Glas Champagner wäre wunderbar.“ Wie jede andere junge Dame in dem überfüllten heißen Raum lächelte sie und plapperte weiter, während sie am liebsten bekannt gäbe: „Ich habe Lord Edenbridge meine Jungfernschaft angeboten. Ich widersetze mich meinem Vater. Ich zettele eine Verschwörung an gegen …“ Gegen wen eigentlich? Wahrscheinlich gegen mich selbst, um meinen Ruf zu ruinieren.
Und dann entdeckte sie plötzlich, just als die Gesellschaft ihre Plätze für den ersten Tanz einnahm, auf der anderen Seite des Saales eine große schwarzhaarige Gestalt. Edenbridge. Er drehte sich um und ging durch eine Doppeltür, die – das wusste Caroline – zu verschiedenen Wohnzimmern und dem Erfrischungsraum der Damen führte.
Sie murmelte ihrer Tante etwas ins Ohr.
„Um Himmels willen, Caroline! Warum hast du nicht vorher die Toilette aufgesucht?“, wollte Lady Whitely in durchdringendem Flüsterton wissen. „Die erste Reihe stellt sich auf, und du hast noch keinen Tanzpartner.“
„Es ist wirklich unumgänglich“, flüsterte Caroline zurück. „Der Rhabarbernachtisch …“ Sie entfloh, bevor ihre Tante antworten konnte. Mit ein wenig Glück würde sie die Eile ihrer Nichte auf den natürlichen Drang zurückführen und nicht auf das Bedürfnis, einen verruchten Junggesellen zu verfolgen.
Sie bewegte sich so rasch, dass sie beinahe an der ersten Ecke des Flurs in Lord Edenbridge hineingelaufen wäre. Er stand da, einen Abendschuh in der Hand, und stocherte stirnrunzelnd darin herum.
„Lord Edenbridge, ich muss mit Ihnen reden! Wo waren Sie? Ich halte seit Tagen nach Ihnen Ausschau.“
„Ich wünsche Ihnen ebenfalls einen guten Abend, Lady Caroline!“ Er neigte ironisch den Kopf, schüttelte den Schuh und hielt einen kleinen Nagel zwischen Finger und Daumen hoch. „Ich werde mit Hoby ein ernstes Wort reden müssen.“
„Vergessen Sie Ihren Stiefelmacher, Mylord, das hier ist wichtiger!“ Jeden Moment konnte jemand vorbeikommen und sie bei diesem kompromittierenden Tête-à-Tête erwischen.
Er zuckte zusammen. „Das ist ein Affront!“ Aber er zog den Schuh wieder an und öffnete eine Tür. „Wenn ich mich recht erinnere … Ja, ausgezeichnet, und ein Schlüssel im Schloss. Wie entgegenkommend von der lieben Hermione.“
Sie nahm an, dass er damit meinte, der Raum sei als Zufluchtsort für Liebende gedacht. Auf jeden Fall gab es eine Chaiselongue. Caroline schob alle Vermutungen beiseite, weshalb Lord Edenbridge wusste, dass es dieses Zimmer gab, und wartete, bis er den Schlüssel umgedreht hatte.
„Nun, Lady Caroline, wie kann ich Ihnen helfen? Ich bin in Devon gewesen“, fügte er erklärend hinzu. Trotz des munteren Tons und des Lächelns blieb ihr eine gewisse Vorsicht nicht verborgen. Ihre Dringlichkeit ließ ihn wohl vermuten, dass sie hinter ihm her sei, was ihr milde ausgedrückt peinlich war.
Sie nahm einfach in der Mitte der Chaiselongue Platz und breitete ihre Röcke auf beiden Seiten so aus, dass kein Zweifel bestand, dass sie nicht von ihm erwartete, er werde sich zu ihr setzen. Als er betrübt den Mund verzog, hätte sie fast gelächelt. „Vielleicht haben Sie die Situation falsch eingeschätzt, Mylord.“