Mit dir kehrt die Hoffnung zurück

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Das Glück zwischen Anna und ihrem Noch-Ehemann Jared ist nach einem Schicksalsschlag zerbrochen. Für einen Neuanfang ist sie allein an die Küste Australiens geflohen. Doch als überraschend ein Baby bei ihr ausgesetzt wird, muss sie zurück auf ihre Farm im Outback. Denn nur zusammen mit Jared kann sie sich um die kleine Melanie kümmern. Was jetzt? Auch wenn Anna sich immer noch nach Jared sehnt, muss sie sich gemeinsam mit ihm der Vergangenheit stellen, damit ihre Liebe eine zweite Chance bekommt. Unmöglich?


  • Erscheinungstag 15.04.2025
  • Bandnummer 082025
  • ISBN / Artikelnummer 0800250008
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Broome, nordwestliches Australien

Den ganzen Tag schon lastete die Hitze schwül und drückend auf dem Land. Die Wolken bedeckten wie ein dunkel schimmernder Wandbehang den Himmel, das Grollen des Donners und die zuckenden Blitze über dem Strand erweckten die Landschaft zu faszinierendem Leben. Wilde Stürme würden bald folgen, Regenfluten erbarmungslos herabstürzen und die ganze Region Kimberley vom Rest der Welt trennen.

Ihr kleiner Lebensmittel- und Souvenirladen hatte für die wenigen Touristen, die hierher fanden, geöffnet – von sieben Uhr morgens bis sieben Uhr abends. Mit irgendetwas musste sie ja ihre Zeit verbringen …

Anna West ging den Strand entlang zu dem kleinen Apartment, das sie vor fünf Monaten gemietet hatte. Cable Beach war ihr der liebste Ort auf der Welt. Blendend weißer Sand, Felsen und ein erstaunlich blaues Wasser. Auf ihrer Reise von der Antarktis hierher und zurück schwammen Wale vorbei. Wenn sie aus dem kristallklaren Wasser sprangen, boten sie ihre schlanke, graue Schönheit den Blicken dar, in ihrem Familienleben zeigten sie ihre Fürsorge für die Jungen …

Denk nicht daran, nicht gerade heute.

Sie schüttelte den Kopf. Morgen könnte sie sich immer noch Gedanken machen, aber nicht heute.

„Komm nach Perth, Anna. Hier wirst du deine Ruhe haben – und du wirst nicht allein sein“, hatte Sapphie, ihre beste Freundin, am Telefon gesagt.

„Komm nach Yurraji, Anna“, würde ihre Schwester Lea sagen. „Du musst nicht in diesem blöden Laden arbeiten. Molly braucht ihre einzige Tante. Du solltest jetzt bei deiner Familie sein.“

Yurraji war der Besitz, den Großvater Lea hinterlassen hatte. Er lag im wildesten Teil Westaustraliens, wo es noch Wildpferde gab. Lea konnte sie zähmen und bot ihnen einen Zufluchtsort.

Lea und Sapphie riefen jeden Abend an und ertrugen ihre einsilbigen Antworten mit mehr Geduld und Liebe, als sie erwarten durfte. Ihre Anrufe machten die langen, langen Abende erträglich und doch …

Das Schlimmste war, dass sie es noch nicht einmal ertrug, mit ihrer geliebten Nichte zu sprechen. Dass sie auflegte, wenn Molly mit piepsiger Stimme rief: „Ich will mit Tante Anna sprechen!“

Anna wischte sich heftig die verräterischen Tränen aus dem Gesicht. Denk einfach nicht daran.

Es war ihr tägliches Mantra. Als würde etwas geschehen, wenn sie es nur oft genug wiederholte. Vielleicht eine gnädige Amnesie. Oder ihr Leben würde fünfzehn Monate zurückgedreht, sie würde neben Jared aufwachen, seine Hand ergreifen und auf ihren enorm dicken Bauch legen. Wenn sich dann ein kleiner Fuß bewegte, würden sie beide lächeln.

Ein tiefer Donner rollte über das Meer. Sie begann zu rennen, über den Sand hin zu dem Weg, der die Hauptstraße mit dem Strand verband, wo ihr kleines Haus stand. Ein schäbiges Cottage mit einer absackenden Veranda, von dem aus man die Wellen am Strand sehen konnte, genügte ihr.

Im Vorüberlaufen lockte sie der Duft aus einem Imbissladen, in dem es auch sonst noch alles Mögliche zu kaufen gab. Sie würde sich Fish and Chips mit nach Hause nehmen. Und sich eine DVD anschauen. Vielleicht Monty Python. Niemand konnte in Selbstmitleid baden, während er Monty Python schaute. Sie würde lächeln und lachen und für ein, zwei Stunden vergessen.

Eine halbe Stunde später betrat sie ihre Wohnung, stellte ihre Tüte auf dem Couchtisch ab, schob die DVD in den Player und griff nach der Fernbedienung …

Ein lautes Klopfen hinderte sie daran, auf on zu drücken.

Jared.

Sie erstarrte. Wieso versuchte er noch immer, sie zurückzuholen? Weil er ein Mann ist, der nicht verlieren kann. Er hatte mit ihrem Vater einen Pakt geschlossen: Wenn er sie heiratete, würde er Jarndirri übernehmen. Und niemand sollte je erleben, dass die große Outback-Legende Jared West einen Deal vermasselte. Es würde ihn in den Augen von seinesgleichen genau so demütigen wie die Tatsache, dass seine Frau es gewagt hatte, ihn zu verlassen.

Dieses Mal klang das Klopfen noch fordernder.

„Komme“, rief Anna und ging ohne große Eile zur Tür. Sie durfte nicht den Anschein erwecken, sich über sein Kommen zu freuen. Er würde die Situation sofort ausnutzen. Ein einziger Kuss, und sie war verloren. Beim ersten Mal hatte er es fertiggebracht, sie halb auszuziehen. Sie war schon fast dahingeschmolzen, bevor sie doch noch zur Vernunft kam und ihn rausschmiss. Sie mochte ihn nicht mehr lieben, aber ihr Körper schien den Unterschied nicht zu kennen.

Anna riss kampfbereit die Tür auf, aber keine einen Meter fünfundachtzig große verkaterte männliche Gestalt füllte den Türrahmen aus. Stattdessen stand da eine junge Frau mit einem hübschen Gesicht, einem zu dünnen Körper und verzweifelt um Hilfe flehenden Augen. „Hi, Anna … äh … wie geht es dir …?“

Anna wusste, was Rosie Foster fragen wollte. „Mir geht es gut, Rosie. Wie geht es dir und unserer schönen Melanie?“

Rosie schaukelte die Babyschale, die sie trug. „Oh, uns geht es gut. Schau, ich weiß, ich habe kein Recht, dich zu fragen …“

Der vertraute Schrecken und Schmerz überfielen Anna, während sie sich zu einem Lächeln zwang. Rosie Foster, ihre einzige Freundin in dieser Stadt, fragte Anna nie über ihr Leben aus. Sie hatte genug eigene Probleme. Rosie war eine frischgebackene alleinerziehende Mutter, deren Ex abgehauen war, ohne Unterhalt zu zahlen. Sie brauchte Hilfe und hatte Anna zu ihrer Vertrauten und Babysitterin auserkoren.

Oh, Rosie, nicht ausgerechnet an diesem Tag. Ich kann das heute wirklich nicht machen, ich kann nicht! Wieso hatte Rosie sie ausgesucht, die nutzlose Anna West, die an einem Tag ihren Sohn und ihre Gebärmutter verloren hatte und dann aus ihrer Ehe ausgebrochen war?

Vielleicht, weil Anna noch viel einsamer war als Rosie. Rosie wusste wenigstens, wie man um Hilfe bat. Anna wusste nicht, wie sie ihren Stolz überwinden sollte. Jeder hier wusste wahrscheinlich, dass sie Jared verlassen hatte, und sie alle hatten ihre Theorien, warum. Aber Anna weigerte sich, ihre Neugier zu befriedigen. Seit einem Jahr hatte sie mit niemandem geredet.

Anna senkte den Blick. Ein erhitztes, pausbäckiges Gesicht sah sie aus der Babyschale an, mit großen blauen Augen, langen goldenen Wimpern und einem rosa Häubchen mit Rüschen. Grübchen zeigten sich, als ein vertrauensvolles Lächeln auf dem kleinen Gesicht aufleuchtete.

Eine knubbelige kleine Faust löste sich von einem Mund, der einer Rosenknospe ähnelte, eine winzige Hand griff nach Anna, ein zahnloser kleiner Mund lächelte ein sabberndes, bezauberndes Hallo.

Und Annas Herz, das erstarrt war, als sie erkannt hatte, dass ihr schöner Junge in ihr starb und sie nichts dagegen tun konnte, schmolz erneut dahin. „Natürlich, Rosie, kommt rein, ihr beiden.“

Es war mal wieder Regenzeit.

Jeden Tag zog sich der Himmel zu mit Wolken, schwer wie Schafsvlies nach der Schur, dick, dunkel und mit scharlachroten Flecken wie Blut. Zu dieser Jahreszeit beherrschten von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang die Wolken den Himmel. Augenblicke wilder Farbenpracht nach der Dunkelheit und bevor es wieder dunkel wurde. Es war, als wäre das Firmament verschwunden.

Genau wie Anna. Vor fünf langen Monaten war er an einem heißen Nachmittag vom Füttern nach Hause gekommen, hatte nach seiner Frau gerufen – und nur das Echo seiner eigenen Stimme gehört.

Zum tausendsten Mal hatte Jared West die Nachricht gelesen, die sie ihm hinterlassen hatte.

Wir beide wissen, dass es vorbei ist. Ich kann dir nicht die Kinder schenken, die du dir wünschst, und ich kann nicht länger hier leben, nicht länger diese Stille ertragen, dieses Alleinsein.

Vom Jarndirri-Konto brauche ich nichts. Ich habe das Erbe meiner Mutter. Nimm das Geld, um Jarndirri zu bewirtschaften. Die Farm hat immer mehr dir gehört als mir. Versuche nicht, mich zu finden. Ich werde nicht zurückkommen.

Wenn das Jahr um ist, werde ich die Scheidung beantragen. Du kannst immer noch die Kinder haben, die du dir wünschst. Für dich ist es noch nicht zu spät. Sei glücklich.

Das war alles. Ein paar hingekritzelte Zeilen. Als hätten fünf Jahre Ehe ihr nichts bedeutet. Als hätte es all die Jahre, in denen sie sich ein Heim schafften, nie für sie gegeben.

Warum konnte er dieses blöde Stück Papier nicht wegwerfen? Anna hatte kein einziges Mal versucht, Kontakt zu ihm aufzunehmen. Jedes Mal hatte sie ihn rausgeschmissen, wenn er bei ihrem kleinen Haus am Rand von Broome auftauchte. Er hatte sofort gewusst, dass sie dorthin gezogen war. Sie liebte diesen Ort. Sogar ihre Flitterwochen hatte sie dort verbringen wollen, statt in Europa. Er hatte ihr immer versprochen, einmal eine Woche mit ihr dorthin zu fahren. Irgendwann.

Na ja, jetzt hatte sie ja ihren Willen.

Als er das letzte Mal nach Broome geflogen war, hatte sie ihn noch nicht einmal hereingelassen. Sie hatte ihm die unterschriebenen Scheidungspapiere in die Hand gedrückt und gesagt: „Lass mich allein, Jared. Wenn du mich noch einmal belästigst, werde ich ein Kontaktverbot beantragen.“ In ihren sanften hellbraunen Augen hatte eine unbeugsame Entschlossenheit gelegen.

Aber wie konnte er akzeptieren, dass es vorbei war, wenn er noch nicht einmal wusste, warum? Sie hatten ein fantastisches Leben zusammen gehabt. Sie konnten alles wiederhaben, was sie verloren hatten: Glück, Jarndirri und Kinder. Er musste sie nur nach Hause zurückholen.

Als Adam starb … mein wunderschöner Sohn … da hatte er auch sterben wollen. Doch als Anna nach der Operation aus der Narkose erwachte und erfuhr, dass die Ärzte ihren Uterus nicht hatten retten können, da war seine wunderbare, perfekte Frau gegangen. Sie hatte sich von jedem abgewandt, der ihr nahestand, besonders von ihm und Lea. Sapphie, die Einzige, mit der sie noch wirklich sprach, würde ihm nicht verraten, was Anna erzählte oder fühlte.

„Frag sie selbst, Jared“, war alles, was sie sagte. „Sprich mit ihr.“

Aber Anna weigerte sich, mit ihm zu reden. Er verstand, wie schlimm das alles für sie war, doch er wollte die Hoffnung auf keinen Fall aufgeben. Nach Monaten hatte er einen Weg gefunden, wie sie die Kids haben konnten, die sie sich wünschten. Er hatte nur abwarten wollen, bis Anna über Adams Tod hinweg war. Doch was er auch versuchte, Anna kam nicht darüber hinweg. Sie hatte ihn verlassen, ihn, ihr gemeinsames Leben, alles.

Ohne Anna fühlte sich alles falsch an. Egal, was in der Besitzurkunde stand, Anna war Die Curran, die vierte Generation der Curran-Dynastie auf Jarndirri. Ohne sie fühlte er sich wie ein Eindringling in dem einzigen Leben, das er sich immer gewünscht, dem einzigen Traum, den er je gehabt hatte.

Ohne Anna war er nichts als ein Hochstapler, so wie sein Vater es gewesen war.

Nicht daran denken. Aber die Erinnerungen kamen Tag und Nacht …

Mit vierzehn hatte seine Kindheit geendet. Und seine Zeit als ein West.

Noch vor der Beerdigung war er ein Curran geworden. Es schien, als hätte seine Mutter ihn gar nicht schnell genug fortgeben können. Immerhin hatte sie ihn den Currans anvertraut.

In einer Umgebung, in der ein falsches Wort seine Welt zum Einsturz gebracht hatte, machten die Currans alles richtig. Er hatte seinen Vater verloren, aber in Bryce Curran einen Mann gefunden, der ihn mit Stolz erfüllte, weil er ihn als Sohn bezeichnete. Er verlor seine Brüder und Schwestern, doch in Lea hatte er eine Schwester, die ihm auf schroffe Art ihre Zuneigung zeigte und Tacheles mit ihm redete.

Und in Anna … hatte er sein Schicksal gefunden.

Mit einem Lächeln, einer Berührung verbannte sie die Dämonen in die hinterste Ecke seiner Seele. Mit Anna an seiner Seite war er Der Curran, auserwählt, die stolze Tradition des berühmten Jarndirri-Clans fortzuführen.

Doch jetzt, wo sie fort war, wer war er da? Was war er?

Er faltete den Brief zusammen und steckte ihn zurück in seine Tasche. Es war fast schon dunkel, und es gab noch eine Menge zu tun, bevor Mrs. Button das Abendessen servierte. Warum also hing er hier vor dem Haus herum, eine Stunde früher als nötig?

Darauf gab es nur eine Antwort … er wartete darauf, dass ausgerechnet heute das Telefon klingelte. Es wäre Adams erster Geburtstag gewesen. Bei Gott, er konnte das Gesicht seines Sohnes sehen, wie er hinter ihm her wackelte. Er konnte sehen, wie er Adam auf seine Hüfte hob, ihn auf sein erstes Pony setzte …

Er brauchte Anna hier. Sie musste zu ihm zurückkommen. Jarndirri war ihrer beider Herz und Seele. Hier hatten sie sich zum ersten Mal geküsst, sich verlobt, sogar geheiratet. Und diese Stunde vor Sonnenuntergang war immer ihre Zeit des Tages gewesen, in der sie zusammengearbeitet, sich vor dem Dinner unterhalten oder unter der Dusche geliebt hatten.

Er stieß einen rauen Fluch aus, rammte sich seinen Akubra-Hut auf den Kopf und stürmte durch die Tür. Fast konnte er die leise Stimme des Geistes hören, der ihm folgte.

„Abendessen in einer Stunde, Jared. Kann ich dir bei etwas helfen? Oder ist es Zeit für eine Dusche? Du siehst so … verschwitzt aus“, sagte sie mit diesem ganz eigenen süßen, frechen Lächeln.

„Hör auf, mich zu verfolgen“, murmelte er, während er die Stufen herunterging, sich auf sein Motorrad schwang und die Maschine aufheulen ließ. Auf Jarndirri, wie auf jedem anderen Besitz in der Region Kimberley, gab es keine Zäune. Wie auch, wenn ein einzelner Besitz die Größe von ganz London hatte? Er musste sich davon überzeugen, dass die Rinder in der Nähe der wenigen umzäunten Paddocks waren. Der weit umherwandernde Viehbestand musste in Sicherheit sein, bevor es wie aus Kübeln zu regnen anfing, die Bäche zu reißenden Flüssen wurden und das Vieh darin ertrank.

„Mr. West, Mr. West!“

„Was ist, Ellie?“ Er drehte sich um. „Was haben Sie gesagt?“ Das Motorrad machte zu viel Lärm, er musste sich verhört haben.

„Mrs. West ist am Telefon. Sie will Sie sprechen. Es hört sich dringend an.“

Eine Stunde später

„Zum Teufel, Jared, das ist kein Spaß! Du fliegst fünfzig Knoten über der erlaubten Geschwindigkeit. Du magst der beste Pilot in ganz Kimberley sein, aber dass es Gesetze gibt, hat einen Grund.“

Als Jared das verzweifelte Schreien eines der vier Fluglotsen der Region ignorierte, knurrte Tom: „Na gut. Ich habe den Luftraum um dich herum freigeräumt, sodass du keinen anderen umbringst. Aber ich rufe Bill an, dann kann er sich mit dir beschäftigen, wenn du in Broome ankommst. Aber knall nicht gegen den Turm, denn da sitze ich drin, und wenn ich überlebe, bringe ich dich eigenhändig um!“

Versuch’s doch. Nichts würde ihn davon abhalten, nach Broome zu fliegen. Zu Anna. Er wusste, dass Tom recht hatte. Der erste Sturm der Jahreszeit war im Anmarsch, er flog direkt in die Gefahrenzone. Aber nach fünf langen Monaten hatte Anna ihn endlich angerufen. Und er würde sie nach Hause holen, bevor sie ihre Meinung wieder änderte.

„Wenn du Ärger willst, Kumpel, den kannst du haben“, schrie Tom. „Bill erwartet dich am Flughafen. Du verbringst eine Nacht in der Zelle und kannst dich auf eine Menge Anzeigen gefasst machen, wenn du nicht sofort langsamer wirst!“

Jared grinste wieder und informierte die Autoverleih-Firma, damit sie den Wagen zu einer weniger benutzten Landebahn brachte. Von dort aus war der Weg zu Anna kürzer. Hoffentlich würde er bei ihr ankommen, bevor Bill ihn erwischen konnte.

Vierzig Minuten später setzte Jared hart auf der Landebahn auf. Er rollte in Richtung Hangar und dann so nahe wie möglich zu der Stelle, wo das Auto wartete. Er warf zum Schutz eine Plane über das Flugzeug, drückte dem verblüfften Fahrer Tausend Dollar in bar in die Hand und sagte: „Ich lasse morgen die Schlüssel hier im Wagen. Das Restgeld kannst du behalten.“

Dann verschwand er in einer Staubwolke und ignorierte den fassungslosen Aufschrei des Mannes. „Und wie komme ich jetzt zurück in die Stadt?“

Ganze drei Minuten war er unterwegs, da jaulten auch schon die erwarteten Sirenen hinter ihm. Als Bill ihn überholte und an die Seite winkte, drehte Jared das Fenster runter, sagte: „Du kennst meine Adresse, Bill. Schick mir die Strafanzeige“ und setzte mit aufheulendem Motor zurück auf die Straße.

Jared fuhr weiterhin mit zu hoher Geschwindigkeit, während Bill ihm mit Blaulicht und Sirenengeheul die ganze Strecke bis zu Annas Haus folgte. Es war Jared egal, wie viel er würde zahlen müssen.

„Etwas ist passiert. Ich muss dich sehen, Jared. So bald wie möglich“, hatte sie zaghaft gesagt. So als fürchtete sie, er könnte ablehnen. „Kannst du heute Abend kommen?“

„Ich bin in zwei Stunden da“, war alles, was er erwidert hatte.

Heute Abend kam Anna nach Hause. Er würde nicht zulassen, dass etwas schiefging. Was immer sie wollte, sie sollte es bekommen. Was immer sie brauchte, sie sollte es haben. Egal was er tun musste, um sie nach Hause zu bringen, er würde es tun. Sie war die Königin von Jarndirri, sie war Die Curran … Sie war seine Frau. Sie gehörte zu ihm.

Er kam vor der Tür an, las die Nachricht, riss sie von der Tür herunter und klopfte leise, wie es ihm in der Nachricht befohlen wurde. Er wusste nicht, warum, und es kümmerte ihn auch nicht. Sie hatte ihn gerufen, sie wollte ihn endlich sehen, und nur das zählte.

Anna öffnete die Tür mit einem halben Lächeln, zögernd, sogar etwas unsicher. Ihr rotbraunes Haar war zu einem nachlässigen Pferdeschwanz zurückgebunden, aus dem sich überall Strähnen gelöst hatten. Ihr gerötetes Gesicht war verschwitzt, und an ihrer Wange klebte irgendetwas Weißes. In ihren Rehaugen mit den langen schwarzen Wimpern lagen Furcht und Willkommen und …

Ihr Blick schweifte nach rechts, und sie wirkte überrascht. „Wieso jagt Bill hinter dir her?“

Jared konnte nicht antworten. Sie war chaotisch, sie war anbetungswürdig, sie war Anna, und er verzehrte sich nach ihr. Bevor sie ein Wort sagen konnte, zog er sie in seine Arme und küsste sie leidenschaftlich. Es war, als würde ihn ein Blitz treffen, und zum ersten Mal seit Wochen war er lebendig.

Er hörte ihr leises Stöhnen, den zarten Ton der Hingabe an die Leidenschaft, die so mühelos zwischen ihnen aufflammte, bis ihre Hände seine Brust berührten und sie ihn von sich stieß. „Hör auf. Deswegen habe ich dich nicht gebeten herzukommen.“ Sie errötete, als sie Bill kommen sah. „Warum ist Bill hier?“, flüsterte sie.

„Um mir ungefähr zwanzig Strafzettel zu verpassen“, murmelte er.

Endlich hatte Bill ihn erreicht. „Jared West, ich verhafte dich wegen der Übertretung von mindestens siebzehn Gesetzen, einschließlich Geschwindigkeitsüberschreitung, Widerstand gegen die Festnahme …“

Anna zeigte jetzt weder Verlegenheit noch Aufregung, sondern mit weit aufgerissenen Augen blankes Entsetzen. „Du musst ihn loswerden.“ Während Bill ihm seine Rechte vorlas, hatte sie Jared näher zu sich herangezogen, um ihm ins Ohr zu flüstern. „Bitte, Jared.“ Sie klang verzweifelt. „Er wird alles kaputtmachen.“

Er hatte keine Zeit, Fragen zu stellen. Noch nie zuvor hatte Anna ihn um etwas gebeten. Diese sonderbare Bitte musste sehr wichtig sein. Also streckte er die Hände aus. „Verhafte mich.“ Als Bill ihm Handschellen anlegte, wandte Jared sich noch einmal zu Anna um. „Ich werde zurückkommen.“

„Heute Abend bestimmt nicht mehr“, versprach Bill mit grimmiger Miene. „Anna, du weißt, wo du ihn morgen früh gegen Kaution abholen kannst. Falls du das willst.“

Während er hinter Bill herstolperte, bemerkte Jared, wie sie blass wurde. „Jared, es … es tut mir leid“, rief sie ihm nach. „Ich kann dich jetzt nicht auslösen. Ich komme morgen.“

Und er hatte angenommen, sie würde sofort mitfahren und die Kaution bezahlen. Wo er doch ihretwegen zum Schwerverbrecher geworden war.

Etwas stimmte hier nicht, und was immer es war, er würde es bald genug herausfinden … nach einer Nacht im Knast.

2. KAPITEL

Broome Police Station, am nächsten Morgen

„Ich bin etwas in Eile, Bill. Kann ich jetzt meinen Mann mit nach Hause nehmen, bitte?“

„Bist du sicher, dass du das willst?“, fragte Bill leise mit einem seltsam vertraulichen Unterton. Jared ballte die Fäuste.

„Sonst wäre ich ja wohl nicht hier. Kannst du ihn jetzt bitte freilassen?“

Viel zu langsam für Jareds Geschmack schloss Bill die Zelle auf. „Sie ist eine wirkliche Lady“, meinte er zu Jared. „Du kannst von Glück sagen, dass sie hier ist, nach all deinen blöden Eskapaden gestern. Du solltest aufhören, den Hanswurst zu spielen. Kümmere dich um sie. Sie ist etwas … Besonderes.“

Ich kümmere mich immer um sie! hätte er fast geantwortet. Aber dann erinnerte er sich an den einen Fall von tödlicher Vernachlässigung, den er sich nie verzeihen würde. Und von dem jeder in Kimberley wusste. Er fragte sich, was aus ihr geworden wäre, wenn er gestern bei seiner Raserei einen Unfall gehabt hätte. Und er erinnerte sich, wie Bill, ein junger, gut aussehender Single, Anna angeschaut hatte, gestern und auch heute.

Und er erinnerte sich, wie lange sie schon allein lebte.

Hau ab, du Idiot. Sie gehört mir. Er merkte, dass er die Fäuste ballte … und er sah, dass auch Bill es merkte und leise lächelte.

Er würde Bill keinen weiteren Vorteil verschaffen, indem er eine Dummheit beging. Er nickte, schob sich an dem Cop vorbei und ging zu der wartenden Anna. Heute Morgen war sie hübsch angezogen. Lange, cremefarbene Shorts und ein Tanktop in Pink. Ihre Haare fielen glatt bis auf ihre Schulterblätter. Sie sah auf raffinierte Weise so sinnlich und elfenhaft schön aus, dass er gegen das Bedürfnis ankämpfen musste, sie in einem Anfall von Besitzgier in seine Arme zu reißen.

Stattdessen schenkte er ihr dieses träge halbe Lächeln, dem sie noch nie hatte widerstehen können. Und einen Moment lang sah sie ihn an, als wäre er ihre Rettung.

Mission erfüllt, sie wird nach Hause kommen, dachte er. Doch dann sah er, wie sich ihre Finger in fast unmerklicher Angst ineinander verkrampften. „Bitte, beeile dich. Wir müssen sofort zurück.“

Er musste noch das Formular unterschreiben, das besagte, dass er zu einem bestimmten Datum vor Gericht zu erscheinen hatte, musste seine Sachen wieder zurückerhalten, Uhr und Ehering … und während der ganzen Zeit rang Anna nervös die Hände. Mit einem rasch hingeworfenen „Bye, Bill“ zerrte sie Jared fast aus der Polizeistation.

Sie erreichten den Wagen, und Anna sprang auf den Fahrersitz. „Wir müssen sofort zurück. Der Zug geht in einer Stunde und …“

„Was für ein Zug? Was ist los, Anna?“, knurrte er.

„Wir müssen dafür sorgen, dass sie den Zug bekommt … Rosie, meine Freundin Rosie Foster. Sie braucht unsere Hilfe, Jared.“

„Wer ist Rosie Foster, und was will sie von mir?“

„Ich sagte dir doch, sie ist meine Freundin, und sie braucht Hilfe.“

„Warum ich? Warum jetzt?“

Sie fuhr, ohne ihm einen Blick zu schenken. „Warte einfach, bis wir bei mir sind. Dann wirst du schon sehen.“

Kein hinreißendes, zweideutiges Lächeln. Keine sanfte Stimme voller Verlangen. Sie hörte ihm kaum zu, und jetzt, Stunden zu spät, erinnerte er sich an die Worte, die sie zu ihm gesagt hatte, als er sie geküsst hatte.

Deswegen habe ich dich nicht gebeten herzukommen

Was immer sie auch von ihm wollte, mit Nachhausekommen schien es nichts zu tun zu haben.

Doch ein Misslingen kam nicht infrage. Sie hatte vergessen, wie sehr sie ihr Heim liebte, wie sehr sie ihn brauchte und liebte. Aber er würde sie daran erinnern.

Sich zur Ruhe zwingend, lehnte Jared sich zurück und wartete. Zum ersten Mal in den zwölf Jahren ihrer Beziehung saß Anna auf dem Fahrersitz. Für den Augenblick überließ Jared ihr die Kontrolle, aber nur bis er wusste, um wen es sich bei dieser Rosie handelte. Was sie brauchte und was in Wahrheit hinter alldem steckte.

Anna zitterten die Hände, als sie die Tür öffnete, aber die Stille im Haus beruhigte sie. Rosie machte wohl auch ein Nickerchen.

Sie atmete erleichtert auf und trat beiseite, um Jared einzulassen. „Komm rein und nimm Platz. Ich setze gleich Wasser auf und mache Kaffee.“ Sie rannte ins Schlafzimmer, um nach dem Baby zu sehen.

In der Mitte des großen Doppelbetts, umgeben von jedem Stuhl, der im Haus zu finden war, sorgfältig in eine Decke gewickelt und friedlich schlummernd lag Melanie in der Babyschaukel, in der Rosie sie gebracht hatte. Ihre Wangen leuchteten in einem hübschen Rosa. Sie hatte die Finger über ihre Nase gelegt und lutschte am Daumen. Ihre nackten Zehen zuckten.

Anna war erleichtert, ihr Herz floss über vor Freude. Sie konnte nicht widerstehen, schlich sich zu dem Bett und flüsterte, den Mund zärtlich an das pummelige Bäckchen gedrückt: „Hast du deine arme Mummy fix und fertig gemacht?“

„Was zum Teufel …“

Die heftig hervorgestoßenen Worte schreckten das Baby auf und ließen es leise wimmern. „Sei still“, flüsterte Anna hastig, während sie die Kleine mit sanftem Streicheln beruhigte. „Sie ist erst vor einer Stunde eingeschlafen.“

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