2. KAPITEL
Dom brauchte nur einen Anruf, um alles Wichtige zu erfahren. Natalie Elizabeth Clark. Geboren in Farmington, Illinois. Neunundzwanzig Jahre alt. Einen Meter fünfundsechzig groß. Braunes Haar. Braune Augen. Ledig. Studium an der Universität von Michigan. Abschluss in Bibliothekswesen. Drei Jahre Arbeit im Archiv des Centerville Community Colleges, vier Jahre im Zentralarchiv des Staates Illinois. Zurzeit wohnhaft in Los Angeles. Persönliche Assistentin von Sarah St. Sebastian.
Eine Archivarin. Großer Gott!
Dom schüttelte den Kopf, als er mit dem Taxi in die Stadt fuhr. Er sah sie in einem kleinen Büro vor sich, den Blick durch die dicken Brillengläser auf einen Bildschirm gerichtet. Er sah vor sich, wie sie einen endlosen Strom an Dokumenten durchging. Das hatte sie sieben Jahre lang gemacht! Er hätte sich nach nur einer Woche die Kugel gegeben! Kein Wunder hatte sie zugegriffen, als Sarah ihr diesen Job anbot!
Nun ging sie immer noch einen Strom von Dokumenten durch. Sie forschte immer noch in Archiven. Aber zumindest konnte sie jetzt um die Welt reisen, um Zugang zu den interessantesten Unterlagen zu bekommen. Und dabei stand ihr sicher ein sehr großzügig bemessener Betrag an Reisespesen zur Verfügung.
Zumindest ließ das W New York darauf schließen, das Luxushotel, in dem sie abgestiegen war. Dominic hielt sich nicht mit der Rezeption auf. Sein Informant hatte ihm verraten, dass Ms Clark vor zwei Tagen Zimmer 1304 bezogen hatte. Und eine spezielle Software verriet ihm, dass ihr Handy im Moment Signale aus diesem Zimmer schickte.
Zwei Minuten später klopfte Dom an ihre Tür. Hinter dem Spion wurde es für einen Moment dunkel. Als nichts passierte, klopfte er noch einmal.
Keine Reaktion.
„Hier ist Dominic St. Sebastian, Ms Clark. Ich weiß, dass Sie da sind. Bitte machen Sie auf.“
Sie tat es, wenngleich spürbar widerwillig. „Für gewöhnlich meldet man sich vorher an, statt einfach so vor der Tür zu stehen.“
Die Augusthitze hatte ihr Leinenkleid völlig zerknittert. Statt der flachen Pumps trug sie jetzt Flip-Flops aus dem Hotel. Die Spange hatte sie gelöst, sodass das Haar in überraschend dicken weichen Wellen auf ihre Schultern fiel. Sie musterte Dom kühl. „Dürfte ich erfahren, wieso Sie den ganzen Weg hierhergemacht haben?“
Dieselbe Frage hatte Dom sich auch schon gestellt. Er hatte sich bestätigen lassen, dass die Frau war, wer sie zu sein vorgab. Wahrscheinlich hätte er keinen weiteren Gedanken an Natalie Clark verschwendet, wäre da nicht das leichte Beben ihrer Nasenflügel gewesen. Irgendwie provozierte es sein männliches Ego. Und er hatte noch nie einer Herausforderung widerstehen können. Allerdings: Obwohl Zia ständig das Gegenteil behauptete, musste er nicht unbedingt gleich mit jeder Frau, die seine Aufmerksamkeit erregte, ins Bett gehen.
Aber hier war er nun, und hier wollte er bleiben, bis seine Neugier in Bezug auf diese Frau befriedigt war. „Ich hätte gern mehr Informationen über das Kodizill, das Sie gefunden haben, Ms Clark.“
„Ich maile Ihnen die Dokumentation zu, die ich …“
„Ich würde es vorziehen, es mir jetzt anzusehen. Darf ich hereinkommen, oder führen wir das Gespräch hier auf dem Gang?“
Sie trat beiseite. Doms Jagdinstinkt war geweckt. Zu schade, dass er am nächsten Tag in Washington sein musste. Zu gern hätte er herausgefunden, was es brauchte, um diese Lippen dazu zu bringen, seinen Namen zu flüstern.
Sein Blick glitt durch den Raum. Zwei Betten. Auf einem ihre Ledermappe und daneben mehrere Stapel von Dokumenten. Ein Sessel vor dem Fernseher. In der Ecke ein Schreibtisch mit weiteren Stapeln von Papieren. Ein geöffneter Laptop, dessen Bildschirm im Moment die Zeichnung eines mit Juwelen besetzten Eis zeigte.
„Von Fabergé?“ Interessiert betrachtete Dom die Darstellung des kunstvoll verzierten Eis, das in einer von einem Engel gezogenen goldenen Kutsche lag.
„Richtig.“
„Engel mit Wagen-Ei“, las Dom. „Ein Geschenk von Zar Alexander III an seine Frau, Ostern 1888. Eines der acht Fabergé-Eier, über dessen Verbleib nichts Näheres bekannt ist.“
Er warf einen Blick auf die junge Frau, die dicht neben ihrem Laptop stand, so als müsse sie ihn vor forschenden Augen beschützen.
„Suchen Sie danach?“
„Ich dokumentiere nur seine Geschichte.“
„Was haben Sie bisher herausgefunden?“
Die Lippen spannten sich, aber Dom war zu erfahren in der Verhörtechnik, um sie wieder vom Haken zu lassen. Er wartete einfach, bis sie widerstrebend nickte.
„Den Dokumenten nach war es bis 1891 im Gatchina Palast in Sankt Petersburg. Es gehörte zu ungefähr vierzig Eiern, die nach der Oktober-Revolution in den Kreml nach Moskau geschickt wurden. Experten vermuten, dass es in den 1930er-Jahren an Armand Hammer verkauft wurde, aber …“
Er spürte den Moment, in dem die Faszination von ihrer Arbeit stärker wurde als der Widerwille, mit ihm darüber zu sprechen. Ihre braunen Augen leuchteten. Ihre sehr verführerischen braunen Augen, korrigierte er sich, während sie ihre Brille abnahm und sie gedankenverloren an einem Bügel drehte.
„Ich habe einen Nachweis gefunden, dass ein ähnliches Ei 1930 von einem Antiquitätengeschäft in Paris verkauft wurde. Ein Geschäft, das einem russischen Emigranten gehörte. Niemand weiß, wie er in den Besitz des Eis gekommen ist, aber ich habe eine Quelle gefunden, die ich überprüfen möchte, wenn ich in der nächsten Woche in Paris bin. Es kann sein …“
Sie unterbrach sich plötzlich und setzte die Brille wieder auf. Der Ausdruck der Begeisterung in ihren Augen wich dem der Vorsicht.
„Ich will Sie nicht aushorchen“, versicherte Dom ihr rasch. „Interpol hat eine ganze Abteilung, die sich mit verlorenen, gestohlenen oder im Krieg geraubten Kunstschätzen befasst.“
„Ich weiß.“
„Wenn Sie wollen, kann ich ein Treffen für Sie mit dem Leiter der französischen Abteilung arrangieren. Ich meine, wenn Sie schon in Paris sind …“
Das lässig hingeworfene Angebot schien sie für einen Moment aus dem inneren Gleichgewicht zu bringen. „Ich … ähm … ich habe Zugang zu ihrer Datenbank, aber …“ Ihr Blick fiel auf den Bildschirm und wanderte zurück zu Dom. „Das wäre sehr nett“, sagte sie steif. „Vielen Dank.“
Er lachte leise. „Na, sehen Sie, hat doch gar nicht wehgetan, oder?“
In Natalies Kopf schrillte so etwas wie eine Alarmglocke. Sie musste sich zwingen, eine kühle Fassade zu wahren. Sie würde sich nicht von einem Lachen und einem Paar dunkler Schlafzimmeraugen verführen lassen. Nicht noch einmal!
„Ich gebe Ihnen meine Karte“, erklärte sie steif. „Der Mann kann mich jederzeit über Handy oder per E-Mail erreichen.“
„So cool, so höflich.“ Ohne einen Blick auf die Karte zu werfen, ließ er sie in seiner Jackentasche verschwinden. „Was ist es, das Sie an mir nicht mögen?“
Vielleicht alles?
„Ich kenne Sie nicht gut genug, um Sie zu mögen oder nicht zu mögen.“ Dabei hätte sie es bewenden lassen, wäre er nicht so nah gewesen. „Und das ist okay“, setzte sie mit einem Schulterzucken hinzu.
Sie erkannte ihren Fehler sofort. Männer wie Dominic St. Sebastian nahmen so eine Äußerung als Herausforderung. Rasch versuchte sie, dem Gespräch eine neue Wende zu geben. „Sie möchten mehr Informationen über das Kodizill. Ich habe eine Kopie auf meinem PC. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen das Dokument ausdrucken.“
Sie zog den Schreibtischstuhl heraus. Dom war gezwungen, einen Schritt zurückzuweichen, damit sie sich setzen konnte. Die Erleichterung über die größere Distanz währte nicht lange, denn er stützte eine Hand auf den Tisch und sah ihr über die Schulter. Sein Atem streifte die Haarsträhnen an ihrer Schläfe. Strich warm über ihr Ohr. Sie zwang sich, nicht abwehrend die Schultern hochzuziehen, aber es kostete sie all ihre Kraft.
Er betrachtete den Scan des Dokuments auf dem Bildschirm. „Das ist das Papier, von dem die Großherzogin glaubt, es mache mich zum Herzog?“
„Zum Großherzog“, korrigierte Natalie ihn. „Entschuldigen Sie, ich muss den Papiereinzug des Druckers kontrollieren.“
Ihr kleiner transportabler Drucker hatte problemlos Seite um Seite ausgespuckt, bevor Dominic St. Sebastian ihre Arbeit unterbrochen hatte. Aber es war der einzige Vorwand, der ihr einfiel, um ihn dazu zu bringen, ihr etwas Luft zum Atmen zu geben.
Er nahm die Kopie und machte es sich im Sessel bequem, während er sich bemühte, die alte Schrift zu entziffern. Natalie war versucht, ihn noch länger zu quälen, hatte dann aber Erbarmen und ließ die Übersetzung ausdrucken.
„Ich habe das Kodizill durch Zufall entdeckt, während ich Recherchen zu dem Canaletto angestellt habe, der einmal auf Burg Karlenburgh gehangen hat“, erklärte sie. „Ich hatte eine vage Erwähnung des Gemäldes im Österreichischen Staatsarchiv in Wien gefunden.“
Ihre Begeisterung gewann wieder die Oberhand. Viele Menschen hielten ihren Beruf für trocken und langweilig. Sie konnten sich nicht vorstellen, wie spannend es sein konnte, eine vage Spur nach der anderen zu verfolgen, bis man schließlich ein oft überraschendes Ergebnis hatte.
„Die Archive sind so riesig, dass es noch Jahre dauern wird, bis alles digitalisiert ist. Aber die Ergebnisse sind erstaunlich. Wirklich erstaunlich. Das älteste Dokument stammt aus dem Jahre 816.“
Dominic nickte, aber das alles schien ihn nicht sonderlich zu interessieren. Frustriert wandte sie sich wieder dem eigentlichen Thema zu.
„Das Kodizill gehörte zu einer großen Sammlung von Briefen und Verträgen, die alle mit dem Krieg zwischen Österreich und Preußen zu tun haben. Es läuft auf das hinaus, was die Großherzogin Ihnen heute Nachmittag gesagt hat: Kaiser Franz Joseph hat den St. Sebastians das Recht verliehen, so lange den Titel des Großherzogs und der Großherzogin von Karlenburgh zu tragen, solange dort die Grenze verläuft. Das Herzogtum existiert nicht mehr, aber dieses Stück Grenze zwischen Österreich und Ungarn gibt es tatsächlich immer noch. Also gilt auch der Adelstitel noch.“
Dominic schüttelte den Kopf. „Wir wissen doch beide, dass dieses Dokument das Papier nicht wert ist, auf dem Sie es gerade ausgedruckt haben.“
„Die Großherzogin sieht das anders.“
„Stimmt. Und darüber müssen wir sprechen.“
Er faltete den Ausdruck und schob ihn in die Jackentasche. Dabei ließ er Natalie nicht aus den Augen. Sein Blick war kühl geworden. „Charlotte St. Sebastian ist aus Karlenburgh geflohen. Mit ihrem Baby auf dem Arm ist sie zu Fuß zwanzig oder dreißig Meilen weit durch den Schnee gelaufen. Ich weiß, dass es heißt, sie habe auch ein Vermögen an Juwelen gerettet. Ich will das nicht bestätigen …“
Das musste er nicht. Natalie hatte sich die Geschichte schon selbst zusammengesetzt – aus eigenen Recherchen und aus Kommentaren von Sarah über persönliche Dinge, die die Großherzogin im Laufe der Jahre verkauft hatte, um ihre Enkeltöchter in dem Stil erziehen zu können, den sie für angemessen hielt.
„… aber ich warne Sie! Der Wunsch der Großherzogin, ihre Adelslinie fortbestehen zu sehen, ist nur natürlich. Ich möchte nicht, dass Sie sich das zunutze machen.“
„Wie bitte?“ Es dauerte einen Moment, bis sie begriff, was er meinte. Als es ihr klar wurde, schnappte sie nach Luft vor Empörung. „Glauben Sie etwa …? Glauben Sie allen Ernstes, ich hätte dieses Kodizill gefälscht, um Geld von den St. Sebastians zu bekommen?“ Sie sprang auf.
Er richtete sich gleichfalls auf. „Im Moment nicht. Sollte ich etwas anderes herausfinden, werden wir beide uns mit Sicherheit noch einmal über dieses Thema unterhalten.“
„Raus!“
„Sollte das nicht heißen: Raus, Euer Durchlaucht?“
Es hätte nicht viel gefehlt, und es wäre zu einem Mord gekommen.
Dom fuhr mit dem Taxi zurück zu einem letzten Treffen mit der Großherzogin und seiner Schwester. Er konnte nicht sagen, dass das Gespräch mit Ms Clark seine Zweifel beseitigt hatte. Diese Frau hatte irgendetwas an sich, das er nicht benennen konnte. Sie kleidete sich in unförmige Säcke und liebte es offenbar, in Gesellschaft im Hintergrund zu bleiben. Ein unscheinbares graues Mäuschen – das überhaupt nicht mehr unscheinbar war, wenn es wütend wurde und seine braunen Augen blitzten.
Zu schade, dass er keine Zeit hatte, sie näher kennenzulernen. Das wäre sicher weit interessanter gewesen als das Meeting, das ihm am nächsten Tag in Washington bevorstand. Den Rest der Taxifahrt verbrachte er damit, sich verschiedene Szenarien auszumalen für den Fall, dass sich seine Wege und die von Natalie Elizabeth Clark noch einmal kreuzen sollten.
Er hatte sich mehr oder weniger entschieden, es noch einmal zu einem solchen Treffen kommen zu lassen, als Zia ihm die Tür zum Apartment der Großherzogin öffnete.
„Schon so schnell zurück?“ In ihren Augen tanzte ein Lachen. „Ms Clark ist deinem männlichen Charme also nicht verfallen und mit dir ins Bett gehüpft?“
Die Neckerei kam seinen Gedankenspielen so nah, dass seine Antwort etwas schroffer ausfiel als beabsichtigt: „Ich war nicht in ihrem Hotel, um mit ihr ins Bett zu gehen!“
„Nicht? Na, das wäre ja einmal etwas ganz Neues.“
„Jézus, Mária és József! Du und deine spitze Zunge, Anastazia Amalia. Ich hätte dir den Mund mit Seife auswaschen sollen!“
„Ha! Das hättest du nie geschafft! Aber komm rein. Charlotte spricht gerade per Skype mit Sarah. Ich glaube, ihre Unterhaltung könnte dich interessieren.“
Skype? Die Großherzogin? Dom fand es unfassbar, dass eine Frau, die zwischen den beiden großen Weltkriegen geboren war, sich auf diese neueste Technik einließ. Schweigend folgte er seiner Schwester ins Wohnzimmer. Ein Blick auf die Szene, die sich ihm bot, korrigierte seine Vorstellung von der technischen Affinität der Großherzogin.
Sie saß hoch aufgerichtet in ihrem gewohnten Sessel, eine Hand auf ihrem Gehstock. Auf ihren Knien lag ein iPad, mit dem sie sich erkennbar unbehaglich fühlte. Gina saß im Schneidersitz vor ihr auf dem Boden und hielt den Bildschirm im richtigen Winkel.
Sarahs Stimme war zu hören, und ihr Gesicht füllte fast den ganzen Bildschirm. Daneben war ihr Mann zu sehen.
„Es tut mir leid, Grandma. Es ist mir einfach so herausgerutscht.“
„Was meinst sie?“, fragte Dom Zia leise.
„Dich.“ Das Lachen in Zias Augen war immer noch da.
„Mich?“
„Shhhh. Hör einfach zu.“
Mit gerunzelter Stirn wandte Dom seine Aufmerksamkeit der Unterhaltung zu.
„Alexis rief an mit einem Angebot, mein Buch in der Beguile groß herauszubringen“, erklärte Sarah gerade. „Einerseits, weil ich früher bei der Zeitschrift gearbeitet habe, und andererseits wegen meines Titels. Du weißt, wie sie ist.“
„Allerdings“, bemerkte die Großherzogin trocken.
„Ich habe ihr gesagt, dass es noch zu früh ist, über das Buch zu berichten. Leider habe ich ihr dann auch gesagt, dass wir viel schneller vorankommen als erwartet, weil ich nun diese clevere Assistentin habe. Und …“ Sie seufzte schwer. „… ich habe den fatalen Fehler gemacht, das Kodizill zu erwähnen, über das Natalie gestolpert ist, als sie ihre Recherchen zu dem Gemälde von Canaletto anstellte.“
Doms innere Alarmsirenen begannen zu schrillen, aber die Großherzogin schien mit ihren Gedanken ganz woanders. „Dein Großvater hat mir dieses Bild von Venedig geschenkt“, sagte sie versonnen. „Gleich nachdem ich mit deiner Mutter schwanger wurde.“ Sie schien weit fort zu sein. Niemand wagte, sie zu stören.
„Dort ist es passiert“, fuhr sie fort. „… in Venedig. Wir sollten an einem Karnevalsball im Palazzo von Ari Onassis teilnehmen. Ich hatte eine herrliche Maske, ganz besetzt mit Perlen und Spitze. Aber … Wie heißt es doch in dieser grässlichen Werbung? Man weiß nie, wann es einen überkommt? Ich kann nur sagen, dass es deinen Großvater an dem Abend wirklich überkommen hat.“
Gina lachte laut auf. „Erzähl weiter, Grandma!“
Auch Sarah lachte, und ihr Mann fluchte amüsiert. „Verdammt! Meine Frau hat vorgeschlagen, in diesem Frühling zum Karneval nach Venedig zu fliegen, und ich musste ihr stattdessen eine Fotosafari in Afrika einreden!“
„Beim nächsten Mal wirst du auf sie hören“, bemerkte die Großherzogin trocken – wobei Dom hätte wetten mögen, dass sie wie alle hier wusste, dass die Leidenschaft ebenso in der afrikanischen Savanne zuschlagen konnte wie in Venedig.
„Eins verstehe ich nicht“, bemerkte Gina. „Was ist schon dabei, Alexis von dem Kodizill zu erzählen?“
„Nun ja …“ Sarah wand sich sichtlich vor Verlegenheit. „Ich fürchte, ich habe Dominic auch erwähnt.“
Dom fluchte, während Gina laut auflachte. „Wow! Das ist doch ein gefundenes Fressen für die Beguile! Das gibt eine neue Top-Ten-Liste – diesmal suchen sie nicht mehr den Sexiest Man Alive, sondern den Sexiest Royal Single Alive. Ich sehe es schon vor mir!“
„Ich weiß.“ Sarah seufzte. „Es wird derselbe Hexenkessel sein, den Dev durchmachen musste, als er ganz oben auf der Liste stand. Wenn du Dominic siehst, sag ihm, dass es mir leidtut.“
„Das kannst du ihm gleich selbst sagen. Er ist hier.“ Gina winkte ihn herüber.
Als Dominic vor der Kamera des iPad erschien, war Sarah sichtlich verlegen. „Es tut mir leid, Dom. Ich habe Alexis das Versprechen abgenommen, das Ganze nicht auszuschlachten, aber …“
„Mach dich auf einiges gefasst“, ließ sich ihr Mann aus dem Hintergrund vernehmen.
„Damit werde ich schon fertig.“ Dom war nicht ganz so zuversichtlich, wie er vorgab.
„Glaubst du?“ Dev schüttelte den Kopf. „Warte, bis die Frauen versuchen, dir ihre Telefonnummern zuzustecken, und die Reporter dir die Mikrofone vor die Nase halten.“
Die erste Drohung schreckte Dom nicht weiter. Die zweite erschien ihm reichlich unwahrscheinlich – bis er am folgenden Nachmittag in Washington vor dem Gebäude von Interpol aus dem Taxi stieg und sich einer Menge hartnäckiger Reporter gegenübersah.
„Euer Durchlaucht!“
„Hierher!“
„Heh! Hoheit!“
Dom wusste, wie fasziniert die Amerikaner von allem waren, was mit dem europäischen Adel zu tun hatte. Er hielt sich die Hände schützend vor das Gesicht wie ein verurteilter Krimineller und schob sich hastig durch die aufdringliche Meute.