Rache, Liebe, Diamanten

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Das wird Nikos Kyriacou eine Lehre sein! Um sich an dem griechischen Millionär zu rächen, drängt Angelina ihn zu einer lieblosen Zweckehe. Sie will ihn dafür büßen lassen, dass er den kostbaren Diamanten zurückfordert, den er ihrer Schwester Tiffany einst geschenkt hat. Angelinas verwegener Racheplan ginge fast auf, würde sie dem ehrgeizigen Geschäftsmann dabei nicht unweigerlich immer näherkommen …


  • Erscheinungstag 05.06.2015
  • Bandnummer 0009
  • ISBN / Artikelnummer 9783733733216
  • Seitenanzahl 128
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Angie Littlewood blickte überrascht von ihren Notizen auf. Hatte sie da gerade etwas gehört? Wie die anderen Forscher und Wissenschaftler, die hier unten in dem Gewölbe unter dem archäologischen Museum arbeiteten, wusste sie die Ruhe zu schätzen. Doch jetzt kündigten schnelle Schritte, die von der Steintreppe herüberhallten, die in die dunkle Gruft führten, Besuch an. In der Tür erschien die Museumsdirektorin Helen Knightley. Sie blickte Angie beunruhigt an.

„Was ist passiert, Helen?“, fragte Angie.

„Ich weiß nicht, wie ich es dir beibringen soll“, begann Helen.

Angie befürchtete sofort, ihrer Mutter sei etwas zugestoßen. Nach dem schmerzlichen Ereignis vor sechs Monaten wagte Angie kaum noch, sie allein zu Hause zu lassen.

„Du hast Besuch“, antwortete Helen.

Angie seufzte leise auf, während sie das Tongefäß zur Seite legte, das sie gerade auf sein Alter prüfte, und stand von ihrem Arbeitsplatz auf. „Ist es wieder meine Mutter? Ich habe ihr oft genug erklärt, sie könne nicht einfach unangemeldet …“

„Nein“, unterbrach Helen sie, doch bevor sie weitersprechen konnte, betrat ein Mann den Raum.

Sekundenlang betrachtete Angie seine attraktiven Züge, die seltsam kalt wirkten, und seine athletische Gestalt und verglich ihn insgeheim mit einem griechischen Gott. Prompt stieg ein beunruhigendes Bild vor ihr auf. Sie stellte sich vor, dass seine nackte muskulöse Brust in der Sonne bronzefarben glänzte, während er …

„Angie?“

Helens Stimme riss sie aus den Gedanken. Dieser Mann war offenbar eine prominente Persönlichkeit, denn er strahlte Macht und Autorität aus. Zwei andere Männer, vermutlich Leibwächter, waren ihm gefolgt und hatten sich nun eindrucksvoll hinter ihm postiert. War er ein Sponsor? Obwohl Angie sich lieber ihrer Arbeit gewidmet hätte, war ihr klar, dass Stellen wie ihre nur dank großzügiger Spenden von Privatleuten und Firmen finanziert werden konnten. Es war wichtig, einen guten Eindruck zu machen. Also ging sie lächelnd auf ihn zu.

Sie hatte in Oxford studiert und promoviert, sprach fünf Sprachen fließend, darunter Griechisch, und konnte die besten Zeugnisse vorweisen. Nur auf solche Qualitäten kam es einem möglichen Sponsor an. Schönheit war hier nicht gefragt.

„Es freut mich, Sie kennenzulernen“, begrüßte sie den Fremden.

Er schüttelte ihr die Hand. „Sie sind Miss Littlewood, nehme ich an.“ Seine Stimme klang fest, und er sprach mit leichtem Akzent.

Angies Gedanken schweiften erneut ab, und sie überlegte, mit welchem griechischen Gott er mehr Ähnlichkeit hatte, mit Apoll oder Ares?

„Das ist Nikos Kyriacou, der Präsident von Kyriacou Investments“, stellte Helen ihn vor.

Ein Grieche? Angie lächelte. Der Vergleich mit einem griechischen Gott war wohl gar nicht so abwegig. Erst nach und nach drang der Name in ihr Bewusstsein. Nikos Kyriacou! Von Kyriacou Investments hatte Angie noch nie etwas gehört, aber in den letzten sechs Monaten hatte ihre Mutter oft genug von Nikos Kyriacou gesprochen.

Helen spürte offenbar, wie gespannt die Atmosphäre auf einmal war. Sie räusperte sich. „Vielleicht sollten wir …“

„Lassen Sie uns allein“, unterbrach Nikos Kyriacou sie hart und unhöflich. „Ich möchte mit Miss Littlewood unter vier Augen sprechen.“

„Aber …“

„Es ist in Ordnung, Helen“, behauptete Angie. Insgeheim wusste sie jedoch, dass nichts in Ordnung war. Ihre Knie zitterten, und sie wollte mit diesem Mann nicht allein sein. Sein unhöfliches Benehmen überraschte sie nicht. Zweifellos war er ein rücksichtsloser und gefühlloser Mensch. Man konnte ihn mit Ares, dem attraktiven, aber kalten griechischen Kriegsgott, vergleichen, der den Menschen Tod und Verderben gebracht hatte.

Sie straffte die Schultern und wappnete sich für die bevorstehende Auseinandersetzung. Während sie ihn unverwandt ansah, spürte sie die Kälte und Rücksichtslosigkeit, die er ausstrahlte. Am liebsten hätte sie die Flucht ergriffen. Doch dann erinnerte sie sich an ihre Schwester und an ihre Mutter … und an ihr Schicksal, das eng mit Nikos Kyriacou verbunden war.

Wie oft hatte sie sich schon vorgestellt, was sie diesem Mann alles an den Kopf werfen würde, falls sie ihm jemals begegnen sollte.

Warum sollte sie sich davor fürchten, mit ihm allein zu sein? Er hatte ihre Familie ins Unglück gestürzt. Etwas Schlimmeres konnte er ihr nicht antun.

Nikos Kyriacou erwiderte ihren Blick ohne jedes Anzeichen von Mitgefühl oder Reue.

„Zuerst möchte ich Ihnen mein Beileid zum Tod Ihrer Schwester aussprechen“, begann er, nachdem Helen sich zurückgezogen hatte.

Angie war schockiert über so viel Heuchelei. Vielleicht hätte sie ihm geglaubt, wenn seine Stimme nicht so hart geklungen hätte. Doch seine Worte hörten sich nicht wie eine Beileidsbezeugung an, sondern wie eine Beleidigung.

Heftiger Schmerz durchströmte sie, und sie atmete tief ein. „Wenn Sie das nächste Mal jemandem Ihr Beileid aussprechen, sollten Sie wenigstens so tun, als meinten Sie es ernst. Unter den gegebenen Umständen ist Ihre Beileidsbezeugung völlig unangebracht. Nach allem, was Sie getan haben, halte ich es für eine Unverschämtheit, dass Sie überhaupt mit mir reden wollen.“

Er runzelte die Stirn. „Der Tod Ihrer Schwester war ein bedauerlicher Unglücksfall, aber …“

„Ein bedauerlicher Unglücksfall?“, unterbrach Angie ihn scharf, obwohl sie normalerweise weder laut noch aggressiv wurde. „Sie wollen Ihr Gewissen beruhigen, um nachts gut schlafen zu können, nicht wahr, Mr Kyriacou?“

In seinen dunklen Augen blitzte es gefährlich auf. „Ich habe kein Problem mit meinem Schlaf.“

Ihr Herz fing an zu rasen, und ihre Hände wurden feucht. Zorn und Empörung durchströmten sie. Die beiden Männer hinter ihm beobachteten sie aufmerksam.

„Was sind das für Leute, die Sie mitgebracht haben?“, fragte Angie.

„Meine Leibwächter.“ Mit einer ungeduldigen Handbewegung schickte er die Männer fort.

„Ah ja. Wenn Sie mit allen Menschen so umgehen wie mit meiner Schwester, brauchen Sie natürlich Leibwächter. Sie kennen keine Skrupel. Meine Schwester ist in Ihrer Villa vom Balkon gestürzt und war sofort tot. Dennoch wagen Sie es, so zu tun, als wären Sie für ihren Tod nicht verantwortlich!“

Plötzlich wirkte er angespannt. „Die Polizei hat gründlich ermittelt, und man ist zu dem Schluss gekommen, dass es ein Unfall war.“ Seine Stimme klang so gleichgültig, dass Angie noch zorniger wurde.

So kannte sie sich gar nicht. Verzweifelt versuchte sie die aufsteigenden Tränen fortzublinzeln. „Natürlich, ein Unfall. Was sonst?“, spottete sie. „Sie sind eine prominente Persönlichkeit, nicht wahr, Mr Kyriacou?“

Er versteifte sich. „Ich weiß nicht, was Sie damit andeuten wollen, Miss Littlewood. Aber ich warne Sie! Seien Sie vorsichtig!“

Angie erbebte insgeheim. Nikos Kyriacou wirkte einschüchternd und sehr gefährlich. Vor Wut hätte sie diesem Mann am liebsten eine Ohrfeige verpasst.

Eigentlich war sie ein ruhiger, ausgeglichener Mensch. Doch jetzt entdeckte sie Seiten an sich, von denen sie bisher nicht gewusst hatte, dass sie existierten.

„Nicht Miss, sondern Dr. Littlewood“, korrigierte sie ihn kühl. „Von Ihnen lasse ich mich bestimmt nicht einschüchtern.“

„Natürlich, Dr. Angelina Littlewood. Aber ich bin nicht hier, um Sie einzuschüchtern.“ Seine arrogante Miene war unerträglich.

„Man nennt mich Angie und nicht Angelina.“ Angelina passte eher zu einer schönen, glamourösen Frau als zu ihr, wie sie fand. „Offenbar wissen Sie nicht viel von mir.“

„Doch. Sie haben Archäologie studiert, sind Dr. phil. und haben sich auf antike griechische Kunstwerke spezialisiert. Eine beachtliche Leistung für eine so junge Frau. Verraten Sie mir eins, Dr. Littlewood: Lassen Sie sich immer mit Ihrem Doktortitel anreden?“, fragte er ironisch.

Angie war schockiert darüber, dass er mehr von ihr wusste, als ihr lieb war. „Nur wenn man versucht, mich von oben herab zu behandeln.“

„Habe ich das getan?“ Er ließ den Blick über ihr Gesicht, die Brille und das gelockte rötliche Haar gleiten, das sie streng im Nacken zusammengesteckt hatte. „Sie haben nicht viel Ähnlichkeit mit Ihrer Schwester“, stellte er fest.

Er hatte sie in ihrem empfindlichsten Punkt getroffen. Sie wandte sich ab. Dass sie und Tiffany in beinahe jeder Hinsicht sehr verschieden gewesen waren, war ihr klar. Dennoch hatten sie sich nahegestanden. Auch als aus dem liebenswerten kleinen Mädchen ein launischer Teenager geworden war, hatte sich daran nichts geändert. Doch Angie machte sich große Vorwürfe. Vielleicht hätte sie ihrer jüngeren Schwester energischer ins Gewissen reden müssen?

Müde strich Angie sich über die Stirn, wie um den Schmerz abzustreifen. War sie am Ende doch nicht ganz unschuldig am Tod ihrer Schwester? Immerhin hatte sie nichts gegen Tiffanys selbstzerstörerische Lebensweise unternommen und nicht versucht, Tiffany von Männern wie Nikos Kyriacou fernzuhalten.

„Haben Sie den Abschlussbericht gelesen?“, fragte er hart.

Sie wusste, was er meinte. „Ja, ich habe gelesen, dass sie betrunken war“, erwiderte sie ruhig. Als sie seine überraschte Miene bemerkte, fügte sie hinzu: „Haben Sie gedacht, ich wüsste es nicht oder würde versuchen, es abzustreiten?“

„Obwohl in dem Bericht zweifelsfrei festgestellt wird, dass mich und meine Familie keine Schuld trifft, sind Sie offensichtlich davon überzeugt, ich sei für den Unfall verantwortlich. Deshalb dachte ich, Sie hätten ihn vielleicht nicht gelesen.“

Ungläubig sah sie ihn an. „Tiffany war noch sehr jung, Mr Kyriacou. Sie hatte gerade ihren achtzehnten Geburtstag gefeiert, als sie die Stelle in einem Ihrer Hotels antrat. Die meisten Achtzehnjährigen trinken manchmal etwas zu viel. Das gehört zum Erwachsenwerden.“

„Sprechen Sie aus eigener Erfahrung, Dr. Littlewood?“

Sie runzelte die Stirn. „Das tut nichts zur Sache.“

„Wirklich nicht?“ Er lächelte flüchtig und blieb ruhig und beherrscht.

„Falls Sie jede Verantwortung von sich weisen wollen, nur weil Tiffany etwas zu viel getrunken hatte, muss ich Ihnen leider widersprechen. Unter den gegebenen Umständen finde ich Ihre Gleichgültigkeit geradezu beleidigend. Sie sind zumindest insofern für Tiffanys Tod verantwortlich, als dass sie an dem Abend nur Ihretwegen zu viel getrunken hat.“

Warum bin ich eigentlich bisher jeder Konfrontation aus dem Weg gegangen? überlegte Angie kampflustig. Sie fand es sehr befreiend, das auszusprechen, was sie dachte.

Völlig unbeeindruckt zog Nikos Kyriacou die Augenbrauen zusammen. „Glauben Sie, ich hätte ihr den Alkohol selbst eingeflößt?“

„Vielleicht könnte man es sogar so nennen. Unter normalen Umständen wären meine Schwester und Sie sich niemals begegnet, doch leider hat das Schicksal Sie und Tiffany zusammengeführt.“

„Das Schicksal?“, wiederholte er ironisch.

Sie wusste nicht, was er mit der Bemerkung andeuten wollte, aber es war bestimmt etwas Negatives.

„Meine Schwester hatte mit einem Ihrer Hotels einen Zweijahresvertrag abgeschlossen. Auf Ihren Jetset-Partys musste sie die Leute mit Alkohol versorgen. Sie war jung und voller romantischer Ideen. Und das haben Sie ausgenutzt. Sie waren ganz und gar nicht der richtige Mann für Sie, Mr Kyriacou, und das hätte Ihnen mit all Ihrer Erfahrung klar sein müssen. Sie hätten bei Ihren Models, den Schauspielerinnen und den anderen Frauen aus Ihren Kreisen bleiben sollen, die mit Ihren Spielregeln vertraut sind. Aber Sie konnten meiner Schwester offenbar nicht widerstehen, nicht wahr?“ Angies Stimme bebte nur so vor Verachtung. „Sie haben Ihre Unerfahrenheit ausgenutzt und ihr das Herz gebrochen.“

Sekundenlang betrachtete er sie schweigend. „Ich möchte Ihre Schwester nicht diffamieren“, erklärte er schließlich. „Doch offenbar gehen unsere Meinungen, was den Unfall und auch den Charakter Ihrer Schwester betrifft, weit auseinander.“

„Das ist mir klar, denn Sie wollen Ihr Gewissen beruhigen. Offenbar haben Sie sich erfolgreich eingeredet, Sie seien völlig unschuldig an dem, was passiert ist. Aber Tiffany hatte noch nie einen festen Freund, dennoch haben Sie …“ Sie verstummte und errötete, während Nikos Kyriacou sie fragend ansah.

„Was soll ich gemacht haben?“ Seine Stimme klang gefährlich sanft. „Tun Sie sich keinen Zwang an, Dr. Littlewood. Klären Sie mich auf, was ich Ihrer unschuldigen Schwester angetan haben soll. Ich muss gestehen, ich finde Ihre Sicht der Dinge faszinierend. Mit der Realität hat es jedoch nichts zu tun.“

Fanden die Frauen ihn deshalb so attraktiv, weil er etwas Gefährliches, Bedrohliches ausstrahlt? überlegte Angie. Sie gestand sich ein, dass er ungemein gut aussah. Aber er wirkte zu kalt und zu rücksichtslos.

Plötzlich fiel ihr ein, wie stolz ihre Mutter darauf gewesen war, dass Tiffany eine romantische Beziehung mit ihm hatte.

Angie hingegen war entsetzt gewesen. „Er ist mindestens fünfzehn Jahre älter als Tiffany!“

Gaynor Littlewood hatte nur die Schultern gezuckt. „Er ist steinreich und prominent. Sie hat es geschafft, ihr kann nicht mehr viel passieren. Wenn sie mit ihm zusammen ist, öffnen sich Türen, die ihr bisher verschlossen waren. Es wird behauptet, er sei Multimillionär. Auf jeden Fall ist er ein erfolgreicher Unternehmer und hochintelligent. Von den bisherigen Freundinnen, meist Models und Schauspielerinnen, hat er sich jedes Mal nach wenigen Wochen wieder getrennt. Mit Tiffany hingegen ist er schon länger als sechs Wochen zusammen. Offenbar meint er es ernst.“

„Warum sollte sich denn ein Mann wie Nikos Kyriacou für Tiffany interessieren?“, fragte Angie. Wenn er wirklich intelligent war, würde Tiffany ihn innerhalb weniger Wochen langweilen.

„Tiffany ist außergewöhnlich schön“, entgegnete ihre Mutter ärgerlich. „Griechische Männer schätzen die Schönheit einer Frau mehr als ihre Intelligenz. Ich erwarte nicht, dass du es verstehst, denn du interessierst dich vor allem für Bücher und deine wissenschaftliche Arbeit. Aber wenn ein Mann nach einem anstrengenden Tag nach Hause kommt, wünscht er sich etwas anderes als eine geistreiche Unterhaltung.“

Angie hatte eine spöttische Bemerkung gemacht und sich gefragt, warum intelligente Männer beim Anblick einer schönen Frau den Kopf verloren. Das beste Beispiel dafür war ihr Vater. Aber auch Nikos Kyriacou hatte offenbar nicht anders reagiert. Dass er für den Tod ihrer Schwester verantwortlich war, bezweifelte Angie nicht. „Tiffany war sehr unerfahren und vielleicht etwas leichtsinnig.“

„Meinen Sie?“ Sekundenlang blitzte es in seinen Augen gefährlich auf. Doch bereits kurz darauf hatte er sich wieder unter Kontrolle.

Angie hingegen bemerkte die Kontrolle über sich und die Situation immer mehr zu verlieren. An das Gewissen eines Mannes zu appellieren, der gar keins besaß, war sinnlos. „Ich kann nicht glauben, dass Sie als weltgewandter Unternehmer nicht erkennen konnten, was für ein Mensch Tiffany wirklich war. Sie müssen sie durchschaut haben“, erklärte sie.

„O ja, ich habe Ihre Schwester durchschaut und weiß, was für ein Mensch sie war“, antwortete er ruhig. „Aber ob das auch auf Sie zutrifft, wage ich zu bezweifeln.“

„Ich weiß, dass meine Schwester aufgrund ihres Aussehens und ihres Verhaltens den Eindruck erweckt hat, sie sei älter, als sie wirklich war. In Wahrheit war sie noch ein Kind. Sie kannte sich mit Ihrer Welt nicht aus, was Ihnen klar gewesen sein muss. Sie hätten ihr keine leeren Versprechungen machen dürfen.“

Der Grieche atmete scharf ein und kniff die Augen zusammen. „Was soll ich ihr denn versprochen haben?“

Angie schüttelte den Kopf. Es war eine Frechheit, dass er alles abstritt. „Sie haben ihr versprochen, sie zu heiraten, obwohl Sie nie die Absicht hatten.“

„Wie kommen Sie darauf, ich hätte ihr versprochen, sie zu heiraten?“

„Weil sie es mir erzählt hat. Ich bin sicher, Sie haben gehofft, sie würde nicht darüber reden. Sie haben Pech gehabt.“ Ihr zitterten die Hände, als sie die Tasche nach dem Handy durchwühlte. „Zwei Wochen vor ihrem Tod hat sie mir eine SMS geschickt. Zwei Wochen, ehe sie vom Balkon Ihrer Villa gestürzt ist, Mr Kyriacou.“

„Zeigen Sie sie mir“, forderte er sie ruhig auf.

Nach kurzem Suchen fand sie die SMS. „Hier ist es. Sie hat geschrieben: ‚N will mich heiraten. Bin glücklich.‘“ Angie reichte ihm das Handy und versuchte, den Kloß, der sich in ihrer Kehle gebildet hatte, zu ignorieren. „Sie war sehr verliebt in Sie, und sie war glücklich. An dem Abend, als sie gestorben ist, hat sie mir noch eine SMS geschickt. Sie können sie gern lesen.“

„‚Habe gerade die Wahrheit über N erfahren. Ich hasse ihn‘“, las er laut vor. „Dann stimmt es wirklich, sie hat erwartet, dass ich sie heirate“, stellte er angespannt fest.

„Warum schockiert Sie das? Waren Sie der Meinung, Tiffany hätte Sie und den Heiratsantrag nicht ernst nehmen dürfen? Wie alle jungen Mädchen träumte sie von einer Romanze mit Happy End. Daran sollten Sie sich erinnern, wenn Sie sich das nächste Mal mit einem Teenager einlassen. Sie war Ihnen nicht gewachsen! An dem Abend hat sie herausgefunden, was für ein Mensch Sie sind, und sich wahrscheinlich nur deshalb betrunken.“

„Sie haben nicht die geringste Ahnung, was für ein Mensch ich bin, Dr. Littlewood.“

„Ich weiß, dass meine Schwester sich von Ihnen hätte fernhalten müssen. Jedes Mal wenn ich in einer Zeitschrift blättere, sehe ich eine andere Frau an Ihrer Seite. Offenbar ist es für Sie so etwas wie ein Spiel, ständig die Partnerin zu wechseln.“

Er versteifte sich. „Glauben Sie immer alles, was in den Zeitschriften steht?“

„Natürlich nicht. Aber warum sich ein Mann wie Sie mit so einer jungen Frau wie Tiffany abgibt, ist mir rätselhaft.“

„Da Sie so viel über mich zu wissen glauben, braucht es Ihnen doch nicht rätselhaft zu sein“, entgegnete er scharf.

„Hören Sie auf mit Ihren Spielchen. Und machen Sie sich nie wieder über den Tod meiner Schwester lustig!“

„Ich habe mich nie über Tiffany lustig gemacht, schon gar nicht über ihren Tod.“ Seine unerschütterliche Ruhe verursachte Angie Unbehagen.

Plötzlich hatte sie keine Kraft mehr, sich mit ihm auseinanderzusetzen, und wünschte, er würde gehen. Erschöpft ließ sie sich auf den Stuhl sinken. „Gehen Sie bitte“, forderte sie ihn rau auf und nahm die Brille ab. „Ich weiß immer noch nicht, warum Sie gekommen sind. Aber ich möchte allein sein.“

Nikos sah sie kühl an und runzelte die Stirn. „Warum tragen Sie eine Brille?“

„Wie bitte?“ Seine Frage irritierte sie. Sie sah ihn an, und ihr fiel auf, wie dicht und dunkel seine Wimpern waren. Sie nahmen seinen Zügen etwas von ihrer Strenge. „Ich brauche sie zum Arbeiten. Aber was geht Sie das überhaupt an?“

„Sie sollten Kontaktlinsen tragen. Dann würden Sie nicht ganz so unscheinbar und unvorteilhaft, sondern etwas weiblicher wirken.“

Angie war nicht nur empört über die wenig schmeichelhafte Bemerkung, sondern tief gekränkt. Eigentlich kann es mir egal sein, was er von mir hält, sagte sie sich. Ihr Leben lang hatte sie von ihrer Mutter ähnliche Sprüche gehört. Immer wieder hatte sie Angie aufgefordert, sich eleganter zu kleiden, das Haar schneiden zu lassen und Make-up zu benutzen.

Rasch setzte sie die Brille wieder auf. „Sie können denken, was Sie wollen, Mr Kyriacou.“ Ihre Stimmte zitterte beinahe genauso sehr wie ihre Hände. „Wichtig ist für mich nur, weshalb Sie gekommen sind. Macht es Ihnen vielleicht Spaß, andere Menschen leiden zu sehen?“

Nikos Kyriacou musterte sie schweigend, und ihr Unbehagen verstärkte sich. Sein unergründlicher Blick ließ Angie erbeben. Instinktiv wusste sie, dass es ihr nicht gefallen würde, was er zu sagen hatte.

„Haben Sie jemals etwas von dem Brandizi-Diamanten gehört?“

„Nein. Sollte ich das?“

Ein schwaches Lächeln umspielte seinen Mund. „Der lupenreine rosafarbene Brandizi-Diamant ist einer der wertvollsten Edelsteine, von denen man jemals gehört hat. Wie alt er ist, weiß man nicht genau. Aber man nimmt an, dass ein indischer Prinz ihn seiner ersten Frau als Zeichen ewiger Liebe geschenkt hat. Viele Legenden ranken sich um diesen Edelstein. Er ist vor mehreren Generationen in den Besitz meiner Familie gelangt und wird immer an den ältesten Sohn weitergegeben, der ihn der Frau seines Herzens schenkt. Er ist von unschätzbarem Wert, auch in ideeller Hinsicht.“

„Ich kann nicht erkennen, was das mit meiner Schwester zu tun hat“, erklärte sie.

Statt zu antworten, musterte er sie kühl.

„Was hat der Diamant mit meiner Schwester zu tun?“, versuchte Angie es noch einmal.

„Sehr viel.“ In seinen dunklen Augen blitzte es teuflisch auf. „An dem Abend, als sie vom Balkon gestürzt ist, hat Ihre Schwester die Halskette mit dem Brandizi-Diamanten getragen, Dr. Littlewood. Er muss unter ihren persönlichen Sachen sein, die man Ihnen zugeschickt hat. Ich möchte ihn zurückhaben.“

2. KAPITEL

Angie blickte Nikos Kyriacou verblüfft an. „Meine Schwester hat an dem Abend, als sie starb, den wertvollen Diamanten getragen?“

„Richtig“, antwortete er angespannt.

„Ausgerechnet den Diamanten, der ewige Liebe versprechen soll?“ Was für eine Ironie, dachte sie. „Hat Tiffany gewusst, was es mit diesem Edelstein auf sich hat?“

„Ich nehme es an.“

„Dann hat die Tatsache, dass sie dieses Schmuckstück tragen durfte, sie in dem Glauben bestärkt, Sie liebten sie und wollten sie heiraten, nicht wahr?“

„Sie ziehen immer die falschen Schlüsse, Dr. Littlewood“, stellte er fest.

„Nein, im Gegenteil. Mir wird die Sache immer klarer. Verraten Sie mir eins, Mr Kyriacou: Haben Sie meine Schwester geliebt?“

Autor

Sarah Morgan
<p>Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 21 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen.</p>
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Sarah Morgan
<p>Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 21 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen.</p>
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