Tiffany Pure Lust Band 23

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HÜLLENLOS VOR DIR von CHRISTY MCKELLEN

Er will Antworten! Jamie De Montford muss die rätselhaften Umstände um den Tod seines Vaters aufklären, in den irgendwie die Familie Darlington-Hume verwickelt ist. Er macht der schönen April Darlington-Hume ein gewagtes Angebot: Jamie beschert ihr im Bett unglaubliche Höhepunkte, dafür weiht April ihn in die Geheimnisse ihrer Familie ein …

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  • Erscheinungstag 04.01.2025
  • ISBN / Artikelnummer 8054250023
  • Seitenanzahl 320

Leseprobe

Christy McKellen

1. KAPITEL

April

Beim Sex geht es nicht um Liebe und Zuneigung, sondern nur um Macht und Kontrolle.

Das ist mir in den letzten zehn Jahren klar geworden.

Okay, ich gebe zu, dass er auch der Fortpflanzung dient und der Erhaltung des Familiennamens – oder im Fall meines Vaters der Erzeugung eines Erben für sein riesiges Geschäftsimperium –, und ich weiß auch, dass einige Leute sogar glauben, sie würden es nur zum Spaß tun, aber glaubt es mir: Sex ist nichts als ein Werkzeug, mit dem wir uns gegenseitig manipulieren.

Ja, es stimmt, was die Leute über mich sagen, und damit meine ich in erster Linie Jamie De Montfort: Ich bin eine totale Bitch.

Ich musste so sein. Das war notwendig.

Hinter meinem Rücken bezeichnen mich die Leute als knallhart.

Das gefällt mir. Härte ist sehr nützlich und wichtig. Ohne Härte würde alles auseinanderfallen.

Kalt wie ein Eisbärarschloch, das höre ich weniger gern.

Aber ich wäre bei DH Worldwide, dem bereits erwähnten, multinationalen Imperium meines Vaters, nicht zur Geschäftsführerin aufgestiegen, wenn ich nicht gelernt hätte, das Gerede der Leute zu ignorieren.

Nur meine ich mit diesen Leuten in diesem Fall nicht Jamie De Montfort, denn mir ist leider immerzu äußerst bewusst, was er von mir hält. Durch den Tod meiner Mutter war ich gezwungen, ihre Rolle der Familienmatriarchin zu übernehmen, was meine Schwester Maya nicht ausstehen konnte. Und zwischen Jamie und mir herrscht seitdem alles andere als Freundschaft.

Das ließ sich nicht vermeiden.

Ich konnte ihm nie genau erklären, wieso ich im dritten Studienjahr auf der St. Andrew’s University unsere achtzehnmonatige Beziehung beendet habe. Deshalb hat er beschlossen, von mir immer nur das Allerschlimmste zu denken und dafür zu sorgen, dass alle anderen derselben Meinung sind.

Das ist schon okay. Es musste eben so sein. Uns beiden zuliebe.

Wenn ich ihm die Gründe für mein Verhalten verraten hätte, hätte ihn das seelisch vernichtet – und mich auch.

Denn ich habe ihn geliebt.

Das kann ich jetzt nicht mehr, so, wie er mich seit damals behandelt hat.

Leider kommt es jetzt immer häufiger vor, dass wir uns bei gesellschaftlichen Anlässen über den Weg laufen, und er versäumt keine Gelegenheit, mich wissen zu lassen, wie wenig er von mir hält.

Erst gestern Abend hat er das wieder getan.

Nur hat sich der gestrige Abend am Ende vollkommen von den anderen Begegnungen unterschieden. Wenn ich jetzt daran zurückdenke, kann ich im Grunde kaum fassen, dass es passiert ist. Es kommt mir eher wie ein Traum vor – oder wie ein Albtraum, je nachdem, wie man es sieht.

Ich bin zu einem Fundraiser gegangen, den die Ehefrau eines Geschäftspartners eingeladen hatte, um Geld für eine Hilfsorganisation für Kinder zu sammeln, die ihr sehr am Herzen liegt. Zur Teilnahme habe ich mich ganz kurzfristig entschlossen, weil ein Meeting in Rom geplatzt war und ich daher an jenem Abend unvorhergesehen Freizeit hatte.

Deshalb hatte ich keine Ahnung, dass Jamie De Montfort bei diesem Event als Moderator auftrat.

Ihn als weltberühmten ehemaligen Tennis-Champion für diesen Zweck zu gewinnen war ein echter Coup, und bei den Reaktionen auf sein bescheidenes, charmantes Auftreten war klar, dass an diesem Abend viel Geld in der Kasse der Hilfsorganisation landen würde.

Wenigstens konnte ich ihn von meinem Platz ganz hinten im Saal aus beobachten, ohne wie sonst den Drang zu verspüren, mich angewidert abwenden zu müssen.

Ich muss leider zugeben, dass er echt gut aussah. Sehr gut sogar. Seinen athletischen Körperbau konnte auch der Smoking nicht verbergen. Schon mit Anfang zwanzig, als ich ihn am besten kannte, hatte er einen tollen Körper gehabt. Mit „am besten kennen“ meine ich, dass ich ihn damals regelmäßig nackt gesehen habe.

Ich musste mich daran hindern, körperlich auf diese Erinnerungen zu reagieren, während ich dasaß und versuchte, ihn ganz objektiv zu sehen. Das rotblonde Haar hatte er sich etwas länger wachsen lassen, seit ich ihn vor ein paar Monaten zuletzt gesehen hatte. Im Nacken reichte es wellig bis zum Kragen, und die zerzausten Strähnen fielen ihm in die Stirn. Ich musste daran denken, wie er sich früher, als wir zusammen waren, das Haar immer aus seinen umwerfend blauen Augen weggestrichen hatte, wenn er sich zu mir umgedreht hatte. Die schlichte Eigenart von ihm hat mich jedes Mal auf eine Art erregt, die ich nicht mit Worten erklären kann.

An diesem Abend konnte ich auch seinen kantigen Kiefer deutlich sehen, weil er sich zur Abwechslung rasiert hatte. Sonst ist er für seinen stylishen Dreitagebart berühmt. So kennt man ihn aus der Werbung für seine eigene Sportswear für Männer.

Er war sich schon immer dessen sehr bewusst gewesen, wie attraktiv er ist, daher überrascht es mich ganz und gar nicht, dass er keine Hemmungen hat, sein Aussehen einzusetzen, um daraus Gewinn zu ziehen.

Dieser selbstsüchtige Narzisst!

Wahrscheinlich konnte er es aus diesem Grund nicht fassen und hat so boshaft reagiert, als ich mit ihm Schluss gemacht habe. Er konnte nicht glauben, dass ich es wage, jemanden in die Wüste zu schicken, der so einzigartig ist wie er.

Aber ich habe mit ihm Schluss gemacht. Und diese Entscheidung bereue ich auch jetzt nach zehn Jahren noch nicht. Zumal ich deutlich sehe, wie schamlos er mit jeder einzelnen Frau im Saal flirtet, selbst mit den Frauen, von denen ich weiß, dass er sie schon ins Bett bekommen hat. Ich sollte hinzufügen, dass das auch einige meiner Freundinnen einschließt, obwohl er mich nach wie vor wie den letzten Dreck behandelt.

Doch das macht mir nichts mehr aus.

Wirklich nicht.

Es ist eine Ironie des Schicksals, dass mir genau dieser Gedanke durch den Kopf ging, als meine Sitznachbarin – eine gute Freundin der Organisatorin – sich zu mir beugte und flüsterte: „Haben Sie schon das von Jamie De Montforts Vater Cliff gehört?“

Schon bei der Erwähnung dieses Namens ist es mir kalt den Rücken hinuntergelaufen.

„Nein“, habe ich herausgebracht, obwohl mein Mund sich anfühlte, als sei er mit Steinen gefüllt.

Meine Sitznachbarin schüttelte bedrückt den Kopf und sah mich aus großen Augen betroffen an. „Vor ein paar Tagen ist er nach einem weiteren schweren Herzinfarkt gestorben. Jamie war am Boden zerstört, aber er hat darauf bestanden, heute herzukommen und durch den Abend zu führen.“ Mit einem Nicken deutete sie zu Jamie, der stolz und aufrecht auf der Bühne stand und dem Direktor der Kinderhilfsorganisation die Hand schüttelte, während alle Gäste begeistert applaudierten. „Dieser Mann ist der Inbegriff eines echten Helden.“ Bei dem tosenden Beifall musste meine Sitznachbarin fast schreien. Aus ihrem Blick sprach tiefe Bewunderung.

Zu mehr als einem angespannten Lächeln konnte ich mich nicht durchringen. Mir hämmerte das Blut in den Schläfen, und mein Magen war so verkrampft, dass mir fast übel wurde.

Cliff war also tot. Und Jamie war trotzdem zu diesem Event erschienen. Das ging mir nicht in den Kopf. Jamie hatte seinen Dad vergöttert, und auch wenn ich keinerlei Sympathie mehr für ihn hegte, war mir klar, wie sehr er im Moment leiden musste. Diese Neuigkeit löste in mir eine Welle schmerzhafter Erinnerungen an die Zeit aus, als meine Mutter nach einem Skiunfall gestorben war. Und erst vor einem Monat hatte ich unerträgliche seelische Qualen und Ängste ausgestanden, als ich erfahren hatte, dass mein Vater bei einem Autounfall nur knapp dem Tode entronnen war.

Ja, ich wusste sehr genau, wie Jamie sich jetzt fühlte.

Beängstigend einsam.

Für ihn musste es umso schlimmer sein, weil er jetzt der letzte De Montfort war. Der letzte seiner Art.

Mich durchfuhr ein Anflug von Nostalgie. Das hatte sicher mit meinen ganz eigenen, quälenden Erinnerungen zu tun. Ich musste mich entschuldigen und aus dem Saal raus, um wieder etwas Luft in meine Lungen zu bekommen. Eigentlich wollte ich direkt zu den Waschräumen gehen, doch dort standen bereits eine ganze Reihe von Frauen Schlange, deshalb bog ich in das nächstbeste Büro ab, das zum Glück leer war. Ohne das Licht einzuschalten, ging ich direkt zum Fenster hinüber und öffnete es, um mir die kühle Abendluft über das erhitzte Gesicht streichen zu lassen.

Mein Herz hämmerte, als sei ich gerade mit Höchsttempo eine ganze Meile gerannt. Vor Aufregung schien mein ganzer Körper zu vibrieren.

Cliff war tot.

Sofort fragte ich mich, ob mein Vater schon davon erfahren hatte. Falls ja, wieso hatte er es mir dann nicht erzählt?

Ich zuckte zusammen, als hinter mir die Tür aufging und aus dem Flur Licht ins Zimmer drang.

Blinzelnd betrachtete ich die Umrisse des großen, breitschultrigen Mannes, der in der Tür stand. Instinktiv wusste ich sofort, um wen es sich handelte, noch ehe meine Augen sich an das Licht gewöhnt hatten und ich die vertrauten Gesichtszüge ausmachen konnte.

„Guten Abend, Jamie“, sagte ich so gleichgültig, wie ich nur konnte. Auf keinen Fall sollte er merken, wie aufgewühlt ich war. Wenn ich mir nur das Geringste anmerken ließ, würde er sofort darauf anspringen und meine Schwäche gnadenlos gegen mich nutzen. Ich konnte nur hoffen, dass er sofort wieder kehrtmachte und ging, wenn er erst erkannte, dass ich allein hier war.

Doch das war mir nicht vergönnt.

„April, witzig, dich hier anzutreffen. So allein und schmollend in der Dunkelheit.“

Bei seinem abfälligen Tonfall kroch sofort die Wut in mir hoch.

„Ich nehme mir nur eine kurze Auszeit. Da drin ist es zu warm“, erwiderte ich ausdruckslos und versuchte, jegliche Emotion aus meinem Tonfall zu bannen, damit Jamie nichts zum Kommentieren bekam. Nur so konnte ich hoffen, dass er sich langweilen und verschwinden würde.

Doch das tat er natürlich nicht. Schließlich war er Jamie. Dieser Mann hat noch keine Gelegenheit verstreichen lassen, um mich zu quälen.

Stattdessen schloss er die Tür hinter sich, und der Raum war wieder in Dunkelheit gehüllt. Langsam kam er zu mir herüber, wo ich nach wie vor reglos am Fenster stand.

Genau in diesem Moment war ich unglaublich dankbar für die Dunkelheit und die kühle Brise von draußen.

„Gibt es einen Grund, wieso du diese Auszeit ausgerechnet in dem Raum nimmst, den sie mir als Garderobe zugewiesen haben?“ Im Schimmer der Straßenbeleuchtung von draußen konnte ich sein Gesicht im Profil sehen.

„Ich dachte, dies sei ein leeres Büro. Mir war nicht klar, dass es dein Zimmer ist“, erwiderte ich und spürte, wie ich knallrot wurde, weil mir dieses Missgeschick so peinlich war.

„Ist das wahr?“, fragte er, und ich konnte ihm den Unglauben anhören.

In der sich anschließenden peinlichen Stille versuchte ich hektisch, irgendetwas zu finden, womit ich seine Aufmerksamkeit davon ablenken konnte, dass ich mich gerade so unwohl fühlte.

„Ich habe vom Tod deines Vaters gehört. Das tut mir sehr leid.“ Ich war zu dem Schluss gekommen, dass ich dieses Thema auch genauso gut gleich hier und jetzt anschneiden konnte. Zweifellos würde es früher oder später ohnehin zur Sprache kommen. Jamie war ohnehin davon überzeugt, dass meine Familie an allem Unglück seines Vaters die Schuld trug. Zweifellos machte er uns auch für diesen Herzinfarkt verantwortlich.

Wenn er nur wüsste …

Die Luft schien im Raum zu stehen, und ich glaubte zu sehen, wie ein schmerzvoller Ausdruck über Jamies Züge glitt, doch in dem dämmrigen Zwielicht konnte ich mir da nicht sicher sein. Bei dem Gedanken daran zog sich mir immer noch der Magen zusammen. Schon seit Jahren hatte Jamie sich mir gegenüber keinerlei Gefühle mehr anmerken lassen, mal abgesehen von Zorn.

„Du hast also davon gehört?“, stellte er schließlich fest.

„Ja, gerade vorhin beim Dinner. Es hat mich überrascht, dass ich nicht eher davon erfahren habe.“

Er streifte sein Jackett ab und warf es über die Lehne eines Stuhls, der unter den Schreibtisch geschoben war. „Tja, also, mein Vater wollte nicht, dass über seinen Tod getratscht wird. Von all dem Gerede hatte er genug, dank deiner Familie.“

Es fiel mir schwer, mir auf die Zunge zu beißen, aber irgendwie gelang es mir, obwohl in mir die allzu vertraute Abneigung hochstieg. Jamie würde sich mir gegenüber vollkommen anders verhalten, wenn er wüsste, was ich alles angestellt hatte, um Cliff und auch ihn vor dem allgemeinen Gerede zu bewahren. Und vor noch Schlimmerem.

„Da wir gerade beim Thema sind: Wie ich gehört habe, hat dein Vater kürzlich einige Zeit im Krankenhaus verbracht.“ Jamie löste sich die Fliege und öffnete den obersten Hemdsknopf.

„Ja, er war ungefähr eine Woche im Krankenhaus, aber mittlerweile ist er wieder zu Hause und erholt sich dort“, erwiderte ich kühl und versuchte, nicht darauf zu achten, wie merkwürdig erregend ich es fand, dabei zuzusehen, wie er sich aus seinem formellen Aufzug schälte.

„Soll das heißen, dass er sich tatsächlich eine Auszeit von der Arbeit nimmt? Ich dachte, das würde nie passieren.“

Es kostete mich große Mühe, nicht die Arme vor der Brust zu verschränken. „Es geht ihm noch nicht gut genug, um wieder ins Büro zu gehen. Das wird bestimmt auch noch ein paar Monate dauern. Er hat permanent Schmerzen, und die Schmerzmittel machen ihn zu benommen, um sich längere Zeit zu konzentrieren.“

Jamie nickte, und eine Haarsträhne fiel ihm wieder in die Stirn. Ich beobachtete, wie er die Strähne zurückschob, und meine verräterische Pussy antwortete mit einem lustvollen Pochen.

„Dann macht er also mal Pause vom Terrorisieren seiner Angestellten? Das muss für alle Beteiligten eine große Erleichterung sein.“ Er neigte den Kopf zur Seite und sah mich durchdringend an. „Oder hast du dich vorgedrängt und diese Rolle übernommen?“

Bei der Feindseligkeit, die er ausstrahlte, spannte sich mein gesamter Körper an.

„Im Moment bin ich die leitende Geschäftsführerin, falls du das meinst, aber ich halte mich für eine faire und zugängliche Chefin.“

Er schnaubte. „Zugänglich? Du?“

Da war sie also, die unvermeidliche erste Beleidigung. Obwohl ich mich innerlich darauf vorbereitet hatte, tat es weh. Ich blinzelte schnell, um die brennenden Tränen zurückzudrängen. Auf keinen Fall wollte ich mir irgendeine emotionale Regung anmerken lassen. Das würde er nur gegen mich ausnutzen.

Er kam einen Schritt näher, und ich musste mich beherrschen, nicht zurückzuweichen, zumal mich sein vertrauter maskuliner Duft umgab. In meinem Kopf drehte sich alles, und unpassenderweise fing etwas in mir vor triebhafter Sehnsucht zu pulsieren an.

„Wie ist das denn so, wenn man endlich die Erlaubnis bekommt, eigenständig zu arbeiten, ohne dass am Ende doch Daddy alles entscheidet?“ Mit dem Blick seiner hellblauen Augen schien er mich durchbohren zu wollen. Ganz offensichtlich suchte er nach Schwachpunkten in mir.

Aber die würde ich ihm ganz sicher nicht zeigen.

Ich stieß einen schweren Seufzer aus und verdrehte die Augen. Auch wenn er gerade erst seinen Vater verloren hatte, gab ihm das nicht das Recht, sich so boshaft aufzuführen. „Du änderst dich wohl nie, oder? Immer noch dieselben Sprüche, so ermüdend sie auch sein mögen.“

„Tja, wenn du jemals etwas Neues auf die Reihe bringst, was zumindest im Ansatz mein Interesse weckt und nicht so verdammt langweilig und seelenlos ist, dann könnte ich mir endlich auch neue Sprüche aneignen“, keilte er zurück.

Ich hatte mir zwar fest vorgenommen, auf keine seiner Gehässigkeiten einzugehen, doch diese Bemerkung ließ mich innerlich zusammenzucken.

Einen atemlosen Augenblick lang hatte ich den Eindruck, so etwas wie Bedauern in seinen Zügen zu sehen, aber ich würde hier bestimmt nicht weiter herumstehen, um auf eine Entschuldigung zu warten. Dafür war meine Angst zu groß, dass meine unbekümmerte Fassade einstürzte. Deshalb drückte ich die Schultern nach hinten. „Jamie, wie zu erwarten war es keine Freude, dich wiederzusehen. Wenn das jetzt alle Bosheiten waren, die du diesmal für mich auf Lager hattest, dann kann ich ja gehen. Ich will nicht schuld sein, dass dein schmachtendes Publikum auf dich warten muss. Schließlich weiß ich, wie sehr du es liebst, angehimmelt zu werden.“

„April, warte …“

Noch im Umdrehen konnte ich sehen, wie er die Hand ausstreckte, als wolle er mich aufhalten, doch anstatt auf meinem Arm landeten seine Finger am dünnen Spaghettiträger meines Kleids. Ich war so fest entschlossen, von ihm wegzukommen, dass ich mich zu schnell bewegte und er den Griff nicht mehr lösen konnte. Ich spürte einen Ruck, hörte ein Reißen, und der Träger gab nach. Die Seite meines Kleids glitt mir über den Rücken nach unten.

Erbost schnappte ich nach Luft, fuhr zu Jamie herum und sah ihn wütend an.

„Ups.“

Seine lächelnd hochgezogenen Mundwinkel gaben mir den Rest.

„Das ist ein maßgeschneidertes Fünftausend-Pfund-Kleid von Eva Verdano!“, schrie ich wütend und entnervt darüber, dass mir bei seiner unbekümmerten Belustigung auch noch die Stimme zitterte.

„Tu jetzt nicht so, als könne dein Daddy dir kein neues kaufen.“ Verächtlich zuckte er mit den Brauen.

„Ich kann es mir leisten, mir meine Kleider selbst zu kaufen, du arroganter Bock!“ Die Erwiderung konnte ich mir nicht verkneifen, obwohl ich mich gleichzeitig über mich selbst ärgerte, weil ich auf seine Provokation einging. „Zufällig gehöre ich zu den bestbezahlten Geschäftsfrauen des Landes.“ Zitternd deutete ich auf ihn. „Und bevor du es jetzt wagst, mich darauf hinzuweisen, dass Daddy mir diesen Job gegeben hat, solltest du bedenken, dass ich hart dafür geschuftet habe, dort hinzukommen, wo ich heute bin!“

„Ja, rede dir das ruhig ein, wenn du dich dadurch besser fühlst“, erwiderte er knurrend.

Das war’s. Ich hatte genug von ihm. Brodelnde Wut kroch in mir hoch, und ohne nachzudenken, packte ich sein Hemd an der Brust und riss mit aller Kraft. Anscheinend hatte der Stoff einen hohen Seidenanteil, denn die obersten vier Knöpfe rissen spielend leicht ab. Das Hemd klaffte auf und gewährte mir den spektakulären Anblick von Jamies nackter, muskulöser Brust.

Einen Augenblick lang reagierte keiner von uns. Wir waren beide zu geschockt über das, was ich gerade getan hatte. Dann, bevor ich ihn aufhalten konnte, griff Jamie zu, packte mein Kleid und tat mir dasselbe an, indem er den Stoff vorn aufriss und meine Brüste entblößte, weil ich an diesem Abend leider beschlossen hatte, sie wegen der Silhouette meines Outfits nicht in einen BH zu zwängen.

Entsetzt stieß ich einen leisen Schrei aus. Mich nervte nicht nur, dass er mir mein schönes Kleid total ruiniert hatte, sondern auch, dass ich seinen spöttischen Blicken jetzt ungeschützt ausgesetzt war.

Durch den Schleier von grellroter Wut hindurch sah ich, wie er entschuldigend eine Hand hob. „Mist, April, tut mir leid, ich wollte nicht …“

Das wollte ich alles nicht hören. Mein Vorhaben, ihm gegenüber friedlich zu bleiben, war geplatzt. Ich wollte ihn verletzen, so wie er mich gekränkt hatte. Immer und immer wieder. Schon seit Jahren. Aber die Worte kamen mir nicht über die Lippen. Mir fiel absolut nichts ein, was seinen Panzer aus Selbstbewusstsein durchdringen konnte. In Ermangelung einer besseren Idee holte ich weit aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige.

Das brutale Klatschen hallte in dem kleinen Zimmer wider, doch der Schlag schaffte es nicht, mich wieder zu Verstand zu bringen. Ich war schon seit Jahren in meinem brennenden Zorn gefangen, deshalb holte ich einfach nur noch einmal aus, um Jamie ein weiteres Mal zu ohrfeigen.

Diesmal reagierte er schneller, und es gelang ihm, mich am Handgelenk festzuhalten, bevor meine Hand sein Gesicht treffen konnte. Kraftvoll hielt er mich fest, blickte mir durchdringend in die Augen und schüttelte langsam in einer wortlosen Warnung den Kopf. Davon ließ ich mich nicht aufhalten. Ich wollte mich nicht von ihm bändigen lassen. Deshalb hob ich meine freie Hand und schwang sie in Richtung seiner anderen Wange.

Anscheinend hatte er jedoch damit gerechnet, denn er schaffte es, auch meine andere Hand festzuhalten. Dann drehte er sich mit mir herum und drückte mich gegen das Fenster. Mit seinen großen Händen hielt er meine Handgelenke fest und ließ meiner Wut keinen Freiraum mehr.

„Schluss damit!“, befahl er wütend, und in seinen Augen blitzte etwas auf, das verdächtig nach Verlangen aussah.

Wir waren beide außer Atem. Jeder Atemzug klang in dem stillen Raum laut und angestrengt.

Ich hätte mich hilflos fühlen und fürchten müssen, weil ich mit ihm allein und er mir körperlich so überlegen war.

Doch ich hatte keine Angst. Vielmehr war ich seltsamerweise überglücklich.

Alles in mir drängte darauf, ihn bis an seine Grenzen zu bringen, nur um zu sehen, was er dann tun würde. Ich wollte ihn zum Handeln zwingen und ihn bis an den Rand seiner Komfortzone schieben, vielleicht sogar noch ein Stück weiter. Er sollte genauso aus dem Gleichgewicht geraten wie ich gerade. Ich wollte nicht die Einzige sein, die darum kämpfen musste, sich weiter zu beherrschen.

„Und was hast du jetzt vor?“ Ich stieß ein Schnauben aus. „Jetzt hast du mich hier gefangen, halb nackt und verletzlich.“

Ich blickte ihm in seine umwerfend blauen Augen, und bei jedem Atemzug war mir sehr bewusst, dass meine nackten Brüste sich nur wenige Zentimeter vor seiner entblößten Brust hoben und senkten. Meine hart aufgerichteten Nippel fühlten sich unglaublich empfindsam an, und mir war klar, dass es nicht nur an der kühlen Luft lag, dass sie so emporragten.

Flüchtig zeigte sich ein seltsamer Ausdruck auf seinem Gesicht, und dann weiteten sich seine Pupillen.

Auf einmal fühlte es sich an, als würden wir beide am Rand einer unbekannten und gefährlichen Zone stehen.

Jede Faser meines Körpers sehnte sich nach diesem Unbekannten.

Aber zu meiner Enttäuschung löste er den Griff an meinen Handgelenken und wich von mir zurück. Ein Stirnrunzeln verdüsterte den Ausdruck seines schönen Gesichts, doch sein brennender Blick verriet nach wie vor sein glühendes Verlangen.

Mich überkam pure, süße Sehnsucht, als ich daran denken musste, wie er mich früher immer mit so unverhohlener Lust angesehen hatte.

Zusammen hatten wir eine wilde Zeit erlebt. Mir kam es vor, als würde das eine Ewigkeit zurückliegen. Damals hatten wir mit allem Möglichen herumexperimentiert. Verrückte Sachen wie BDSM, was mir damals viel Spaß gemacht hatte, was ich aber seitdem mit keinem anderen Partner hatte machen wollen. Es hätte mich zu sehr an meine Zeit mit Jamie erinnert. Damals war alles noch so unkompliziert gewesen. Ich war naiv und glücklich gewesen. Und danach habe ich jede Erinnerung daran verdrängt. Meiner Familie zuliebe musste ich nach der Trennung von ihm emotional ein Felsen sein, deshalb habe ich all meine Lüste tief in mir eingeschlossen und keinen Blick mehr darauf geworfen.

Bis jetzt.

Aber zu meiner tiefen Enttäuschung schüttelte er nur den Kopf und sagte: „Ich habe überhaupt nichts vor. Mir fehlt jedes Interesse, dieses erbärmliche Treffen noch weiter in die Länge zu ziehen, denn ich verschwende meine Zeit nicht an kaltherzige Miststücke. Damit ist bei mir schon lange Schluss.“

Seine Worte trafen mich wie tausend kleine Schnitte, und der rot glühende Zorn stieg wieder in mir auf.

Wie konnte er es wagen, so zu tun, als lasse ihn das alles kalt? Als würde ich ihm nichts bedeuten? Denn ich wusste, dass ich ihm etwas bedeutete. Er hätte sich mir gegenüber niemals so verhalten, wenn er nichts für mich empfinden würde.

Ohne groß darüber nachzudenken, ging ich auf ihn zu und stützte mich mit beiden Händen an seine Schultern. Das Überraschungsmoment war auf meiner Seite. Meine Attacke kam für ihn unerwartet, daher konnte ich ihn rücklings gegen die nächste Wand drücken.

Verblüfft stieß er ein Stöhnen aus, als ich mich an ihn presste und meinen Schoß an seinen drückte. Es machte mich froh, zu spüren, dass sein Schwanz so hart war, wie ich es mir ausgemalt hatte.

„Fühlt sich nicht so an, als ob dir jedes Interesse an mir fehlt“, zog ich ihn auf.

Er lachte, und noch ehe ich überhaupt richtig mitbekam, was geschah, schlang er die Arme um mich und drehte sich mit mir auf der Stelle herum, sodass ich es jetzt war, die mit dem Rücken an die Wand gedrückt wurde. Ich presste seine Arme in meinem Rücken an die Wand, damit er nicht von mir wegkonnte, und sah ihm ins Gesicht, sah ihm die Wut und die Verwirrung an. Das bestärkte mich nur noch mehr in meinem Entschluss, diesen Kampf hier zu gewinnen. „Und was willst du jetzt tun? Wie sieht dein nächster Zug aus?“

Da ich seine Hände sicher hinter meinem Rücken eingeklemmt hatte, strich ich ihm mit den Fingerspitzen an seinem aufgerissenen Hemd über die nackte Brust, wobei ich dafür sorgte, beide Nippel zu berühren. Die ganze Zeit über sah ich ihm in die Augen, um seine Reaktion mitzubekommen.

Als er scharf die Luft einsog und wütend meinen Blick erwiderte, schlug mein Herz gleich schneller, so glücklich war ich. Selbst nach all der Zeit kannte ich seinen Körper ganz genau, und diese Erkenntnis machte mich so froh, wie ich es mir selbst nicht erklären konnte.

Im Rücken spürte ich, wie er seine Hände bewegte, und ich erkannte, dass sie nicht so eingeklemmt waren, wie ich gedacht hatte.

Aber er versuchte trotzdem nicht, sich zu befreien.

Er wollte, dass ich das hier tat.

Und deshalb würde ich es tun.

Ich ließ die Hände tiefer gleiten, drückte ihm die Fingernägel leicht in die Haut und sah, wie er zuckte und unter meinen Berührungen erzitterte. Zufrieden sah ich ihn die Augen schließen. Sein Atem ging stoßweise, seine Kehle bewegte sich, und immer, wenn ich ihn mit den Fingernägeln stärker reizte, musste er schlucken.

Meine Finger erreichten den Bund seiner Hose. Ich hielt einen Moment inne und ließ die Fingerspitzen nur am Ledergürtel entlang über die straffe Haut mit den festen Bauchmuskeln daruntergleiten.

„Scheiße!“, stöhnte er und kniff die Augen zu. „Dann mach schon weiter.“ Er öffnete die Augen wieder und sah mich direkt an. „Tu es.“

Zur Hälfte klang es nach einer Herausforderung, zur anderen Hälfte flehend.

Mehr Aufmunterung brauchte ich nicht. Ich legte ihm die Hände flach auf die Brust und drückte leicht, bis er gezwungen war, einen Schritt vor mir zurückzuweichen. Dadurch bekam ich genug Freiraum, um tiefer zu greifen und den weichen Ledergürtel aus der Schnalle zu lösen.

Er ließ die Arme sinken, während ich ihm nach dem Gürtel den Hosenknopf öffnete und den Reißverschluss langsam nach unten zog, bis ich mit einer Hand in seine Boxershorts gleiten konnte. Keinen Moment lang unterbrach ich den Blickkontakt.

Er sollte wissen, dass ich immer noch die Kontrolle über alles hatte, was hier zwischen uns geschah. Ich wollte ihm zeigen, dass er es trotz aller Versuche nicht geschafft hatte, mich in die Knie zu zwingen. In diesem Film war ich der Regisseur. Das hier passierte nur, weil ich es zuließ.

Sein Schwanz war steinhart, doch die Haut fühlte sich seidig glatt an, als ich meine Finger um seine Erektion schloss. Jamie stöhnte kehlig auf, und ich begann, mit der Hand auf und ab zu gleiten, wobei ich sie immer leicht drehte, wenn ich die Kuppe erreichte. Sein Stöhnen wurde lauter und erregter.

Die Wärme seines Körpers hüllte mich ein. Sie streichelte mir die Haut und ließ mir sinnliche Schauer über den Rücken rieseln. Doch ich ignorierte meine Regungen. Nichts sollte mich jetzt von dem ablenken, was ich mit ihm tat. Ich wollte es auskosten und das Machtgefühl genießen, seine Lust kontrollieren zu können.

Ich hatte ihn vollkommen in der Hand.

Dieser Triumph war schwindelerregend. Ich verstärkte den Druck und bewegte die Hand schneller. Als Reaktion darauf schloss er die Augen, senkte den Kopf und biss die Zähne zusammen, als würde er sich völlig in dem verlieren, was ich mit ihm tat.

Mit jedem angestrengten Atemzug hob und senkte sich seine Brust. Es bereitete mir größte Genugtuung, dass ich ganz genau wusste, was er hier und jetzt brauchte. Ich spürte, dass er seine Gefühle wegen des Tods seines Vaters in sich eingeschlossen hatte. Durch die Konfrontation mit mir hatte er einen Weg gefunden, seinen Schmerz und seine Wut rauszulassen. Wenn auch nur für eine kurze Zeit, hatte er die Verantwortung für seine Gefühle an jemand anderen übertragen.

Ich war der einzige Mensch, der ihm geben konnte, was er jetzt brauchte.

Und auf welche Art er es brauchte.

Denn ich kannte ihn.

Ich hatte immer genau gewusst, was er am dringendsten brauchte.

Mir fiel wieder ein, wie sehr es ihn immer erregt hatte, meine Lippen zu spüren. Ich ließ mich auf die Knie sinken und nahm seinen Schwanz in den Mund. Als ich ihn zustimmend aufstöhnen hörte, musste ich zufrieden lächeln. Mit der Zungenspitze ertastete ich die Stelle, an der er immer am liebsten geleckt wurde, umfasste seinen Sack und formte mit Zeigefinger und Daumen der anderen Hand einen Ring um seine Wurzel. Leicht Druck ausübend, bewegte ich die Finger im selben Rhythmus wie meine Lippen.

Ich spürte, wie er am ganzen Körper zu zittern anfing, und innerlich musste ich lächeln. Er stand komplett unter meiner Kontrolle. Und das fühlte sich fantastisch an.

„Sieh mich an“, hörte ich ihn flüstern. Seine Stimme war kaum mehr als ein kehliges Keuchen.

Doch ich würde nicht zulassen, dass er jetzt den Ton angab. Ich wollte mir von ihm nicht sagen lassen, was ich zu tun hatte. Das war vorbei. So würde es nicht laufen.

Deshalb behielt ich den Blick auf das gerichtet, was ich gerade tat. Unablässig bewegte ich den Mund und ließ seinen harten Schwanz tief in meinen Rachen gleiten, nur um ihn wieder herauszuziehen und mit der Zunge seine pralle Kuppe zu umspielen. Genau so hatte ich es damals immer getan und ihn damit fast um den Verstand gebracht. Er stand kurz davor ’zu kommen. Sein Atem wurde zu einem Keuchen, und er ballte die Hände zu Fäusten.

Ich genoss jede Sekunde, ihn so unter Kontrolle zu haben.

In dieser Genugtuung war ich so sehr gefangen, dass ich nicht darauf gefasst war, was er als Nächstes tat. Er stieß ein tiefes, entnervtes Seufzen aus und zog sich ganz unvermittelt zurück. Dann ging er in die Hocke, griff mir unter die Arme und zog mich hoch. Fordernd drückte er mich wieder an die Wand, legte mir die Hände auf die Schultern und hielt mich gefangen.

Einen Augenblick sah er mir durchdringend in die Augen. Mir kam es vor, als müsse er wieder zu sich finden. Dann lächelte er mich verführerisch an, und bevor ich reagieren konnte, strich er mit einer Hand nach unten, packte mein Kleid und zog es nach oben, während er mit der anderen Hand zwischen meine Oberschenkel glitt.

Ich konnte nur überrascht nach Luft schnappen. Genau dort, wo mein Slip vor Lust feucht war, spürte ich seine Fingerspitzen.

„Scheint so, als würdest du auch darauf brennen, dir zu nehmen, was du brauchst“, stellte er leise fest und beugte sich dabei vor, sodass seine Worte wie ein Hauchen über meinen Mund glitten. Meine Lippen kribbelten, so berauschend war dieses Gefühl. Mit einer Hand glitt er in meinen Slip und ließ die Rückseiten seiner langen Finger über die Wölbung meiner Scham gleiten. Dann drückte er mit dem Daumen auf meine Pussy, und meine Klitoris erzitterte vor Lust. Alles in mir sehnte sich danach, dass er mich noch intimer berührte.

„Ich brauche nichts von dir“, versuchte ich zu widersprechen. Das Herz donnerte mir wie ein Vorschlaghammer in der Brust. Angestrengt versuchte ich, mich nicht von dem erotischen Sog mitreißen zu lassen, den er in mir weckte.

Sein amüsierter Blick und die skeptisch hochgezogenen Brauen verrieten mir jedoch, dass er mir kein Wort glaubte.

Wie er mir immer wieder die Kontrolle über dieses Spiel entriss, gefiel mir ganz und gar nicht, aber von einem Moment zum nächsten wusste ich nicht mehr, was ich dagegen tun sollte. Mit einem seiner Finger drang er in mich ein, glitt immer tiefer, bevor er ihn unendlich langsam wieder herauszog und dabei jede einzelne erogene Zone berührte.

Ich biss mir auf die Lippen. Jetzt bloß nicht stöhnen! Doch der amüsierte Ausdruck in seinem Gesicht zeigte mir, dass er ganz genau wusste, was er in mir auslöste.

Und er hatte nicht vor, damit aufzuhören.

Diesmal benutzte er zwei Finger, die er leicht gekrümmt auf diesen magischen Punkt in mir drückte. Strahlen aus purer Lust durchzuckten mich. Ganz langsam zog er die Finger wieder heraus und verstrich die Feuchtigkeit bis hinauf zu meiner Klitoris, die vor Verlangen pochte.

„Gib’s zu, du willst meinen Schwanz in dir spüren“, drängte er mich und ließ die Fingerkuppe ganz sachte über die erregten Nervenenden der kleinen Knospe gleiten. „Mehr alles andere, was du dir je gewünscht hast.“

„Fick dich“, stöhnte ich auf und konnte kaum noch klar denken.

„Was soll das jetzt heißen? Du willst mich ficken? Du mit mir? Ich mit dir? Ja, das dachte ich mir.“ Er hakte einen Finger in meinen Slip und zog so stark an der zarten Spitze, dass der Stoff riss und das Höschen an meinen Beinen hinab zu Boden glitt.

Genau jetzt hätte ich einfach weggehen sollen. Ich hätte ihm sagen sollen, dass ich das alles nicht wollte und er mich in Ruhe lassen sollte.

Aber das konnte ich nicht, egal, wie sehr mein Kopf darauf bestand.

Denn mein Körper sehnte sich verzweifelt nach dem exakten Gegenteil. Es kam mir vor, als würde mein Körper dieser Gelegenheit schon seit Jahren entgegenfiebern. Als stünde er kurz vor dem Verhungern. Und Jamie war die köstlichste Mahlzeit auf der Welt, die nur darauf wartete, von mir vernascht zu werden.

Wahrscheinlich war das der Grund, wieso ich nicht zurückwich, sondern die kleine Distanz zwischen uns schloss und ihn heiß und begehrlich küsste.

Als unsere Lippen sich berührten, war mir klar, dass auch er sich genau danach sehnte, denn er öffnete den Mund und ließ die Zunge tief zwischen meine Lippen gleiten. Sein sehnsuchtsvolles Stöhnen hallte vibrierend in meinem Mund wider.

Es fühlte sich so unglaublich an! Heiß, drängend und tabulos. Immer wieder glitt er mit der Zunge an meiner entlang. Es fühlte sich wie ein Duell an, das er unbedingt gewinnen wollte. Ich erwiderte jede Liebkosung, zog den Kopf zurück, knabberte an seiner Unterlippe, während ich sie in meinen Mund zog.

Sein Stöhnen klang fast frustriert, dann löste er sich von mir und sah mir tief in die Augen. Aus seinem Blick sprach brennende Lust.

„Willst du es?“, fragte er vor Verlangen heiser keuchend.

„So sehr wie du“, erwiderte ich leise. In mir brodelte heiße Lust. Die hatte ich seit Jahren unterdrückt, aber jetzt brach sie aus mir hervor und ließ sich nicht mehr zügeln. Mein Körper wollte sich holen, was er brauchte.

Er schob die Hände unter meinen Po und hob mich hoch. Ohne nachzudenken, schlang ich die Beine um seine Taille und seufzte zufrieden auf, als ich seinen harten Schwanz spürte, der sich zwischen die Lippen meiner Pussy drängte. Jamie fing an, die Hüften zu bewegen und sich an der empfindsamen Knospe meiner Klitoris zu reiben.

Für mich schrumpfte die ganze Welt auf diese eine unvergleichlich lustvolle Empfindung zusammen.

Wir keuchten beide vor Lust. Die körperliche Anstrengung machte uns das Atmen genauso schwer wie der brennende Hunger auf Sex.

Sosehr ich auch die Kontrolle über die Situation zurückbekommen wollte, war mir bewusst, dass ich diesen Kampf verlieren würde. In meinem Kopf drehte sich alles. Für mich zählte nur noch der Drang, das zu beenden, was wir begonnen hatten. Deshalb fühlte es sich für mich vollkommen richtig an, als ich seine Eichel spürte, die sich fordernd an den Eingang meiner Vagina presste und dann unaufhaltsam und beharrlich in mich eindrang.

Er schob sich tiefer vor, und ich hielt den Atem an. Mein Körper passte sich an Jamies beeindruckende Größe an. Er hielt nicht inne. Sofort bewegte er die kraftvollen Hüften und drang immer weiter vor.

Ich konnte es nur genießen. Ich brauchte es. Ich brauchte mehr von ihm.

Im Einklang mit ihm bewegte ich mich, nahm jeden seiner Stöße auf und drängte ihn, mir noch mehr zu geben.

Ich war verloren in meiner hemmungslosen Lust. Die alles kontrollierende, taktierende Frau, die ich sonst beim Sex bin, war verschwunden. Mit einem Mal war ich wieder der Mensch von damals, an den ich mich nur noch vage erinnern konnte. Damals war ich eine Frau gewesen, die einfach nur Sex hatte, weil es ihr Spaß machte. Damals war ich noch zu Liebe und Zuneigung fähig gewesen.

Und dann, ganz unvermittelt, hielt er inne. Sein Schwanz pochte immer noch tief in mir, doch Jamie wirkte wie erstarrt und bewegte keinen einzigen Muskel. Das frustrierte mich so sehr, dass ich um ein Haar entnervt aufgeschrien hätte. Ich bewegte die Hüften und versuchte, ihn dazu zu bringen, sich wieder zu bewegen.

Doch das tat er nicht.

Stattdessen lehnte er sich nach hinten, umfasste mein Kinn und drehte meinen Kopf, sodass ich gezwungen war, seinen prüfenden Blick zu erwidern.

„Das ist der Grund, wieso du heute Abend hergekommen bist, stimmt’s?“, fragte er leise. „Du kannst dich nicht von mir fernhalten. Wo immer ich in letzter Zeit auch hingehe, bist du da, im Hintergrund, am Rand meines Sichtfelds, wie ein trauervolles Gespenst“, zog er mich auf. Aus seinen Worten klang Triumph, während er wieder begann, sich vor und zurück zu bewegen. Der Druck seines Körpers an meiner Klitoris ließ kleine Lustschauer durch mich hindurchrieseln. „Ich wusste es. Ich wusste, dass du noch scharf auf mich bist. In all den Jahren hast du mich zurückgewollt, aber du warst zu feige, um es zuzugeben.“

Und wie mit einem Schlag holte mich die Wirklichkeit ein, und ich kam wieder zur Vernunft.

Sein triumphales Gerede ließ auf der Stelle jede Erregung in mir absterben. In meiner Wut legte ich ihm die Hände auf die Brust und stieß ihn mit aller Kraft von mir. Ich fühlte, wie sein Schwanz aus mir hinausglitt. Er musste einen Schritt zurückweichen, und meine Füße sanken zurück auf den Boden.

Mein ganzer Körper war erfüllt von Bedauern darüber, dass der intime Kontakt mit Jamie beendet war. Gleichzeitig kam in mir wieder die Traurigkeit hoch, die mir so vertraut war, dass mir davon fast übel wurde. Aber ich verdrängte diese Gefühle schnell wieder, bevor sie mich überwältigen konnten. Er durfte den Schmerz und die Traurigkeit nicht sehen, die ich schon seit so vielen Jahren vor ihm verheimlichte.

„Bilde dir bloß nichts ein“, entgegnete ich so abfällig, wie ich nur konnte, und schob mir den Rock des Kleids wieder nach unten. „Hier ging es nicht darum, dass ich dich will. Es war nur Rachesex. Aus Hass. Darum dreht sich bei uns doch schon seit Jahren alles, und das wird mir allmählich langweilig. Es kam mir wie eine gute Gelegenheit vor, damit wir es hinter uns bringen und ein für alle Mal miteinander fertig sind.“

Stirnrunzelnd sah er mich an. Meine Erklärung schien ihn zu amüsieren. „Du willst wirklich auf den besten Orgasmus deines Lebens verzichten, nur weil dein übergroßer Stolz dir das gebietet?“

Mein Lachen klang verächtlich. „Ich war ja nicht mal in der Nähe eines Höhepunktes. Du könntest mich nie zum Orgasmus bringen.“

Ungläubig schnaubte er. „Genau daran meine ich mich aber sehr gut erinnern zu können. Sogar mehrmals. Damals, als du noch ein Mensch warst und kein arbeitswütiger Roboter.“

Mit erhobenem Zeigefinger wedelte ich vor seinem Gesicht hin und her. „Dann habe ich Neuigkeiten für dich: Auch damals bin ich bei dir nie gekommen. Ich habe es jedes Mal vorgetäuscht, weil ich Mitleid mit dir hatte und dein zerbrechliches Ego nicht verletzen wollte.“

Das stimmte nicht ganz. Anfangs war es mir zwar schwergefallen, mich für einen Orgasmus genug zu entspannen, und manchmal hatte ich es vorgetäuscht, weil ich mich geschämt hatte, dazu nicht fähig zu sein. Doch nachdem wir die Verlegenheit unserer jungen Beziehung überwunden hatten, war ich bei ihm regelmäßig gekommen, und wir hatten unsere Körper gegenseitig immer besser kennengelernt.

„Du bist eine verdammte Lügnerin.“ Er zog sich die Hose zu und schnallte den Gürtel fest.

„Wirklich?“ Ich warf ihm meinen stolzesten Blick zu, bei dem die Leute auf der Stelle erstarrten. „Ehrlich? Du hast mir damals nichts bedeutet, und jetzt bedeutest du mir auch nichts. Für mich bist du nur ein kleines Ärgernis mit großer Schnauze und einem offensichtlichen Minderwertigkeitskomplex. Vielleicht wäre es für dich am besten, wenn du dir selbst gegenüber zur Abwechslung mal ehrlich wärst.“ Ich straffte die Schultern und kämpfte gegen den Anflug von Scham, als ich sah, wie tief ich ihn verletzt hatte.

Mir zog sich der Magen zusammen. Was stimmte nicht mit mir? Dieser Mann hatte gerade seinen Vater verloren, und ich giftete ihn voller Hass an, um ihn zu verletzen.

Doch er gab mir keine Gelegenheit, etwas davon wiedergutzumachen. Kühl und beherrscht musterte er mich von Kopf bis Fuß in meinem zerzausten Zustand, dann wandte er sich um, zog sein Jackett von der Lehne und warf es mir zu.

Ich war zu langsam, um es aufzufangen, deshalb rutschte es an meinem Körper hinab und landete zu meinen Füßen.

„Das brauchst du jetzt dringender als ich. Wir wollen doch nicht, dass du noch kälter wirst.“ Damit wandte er sich um, verließ das Zimmer und warf die Tür hinter sich zu.

Ich behalte Jamies Jackett viel länger als nötig.

Während der nächsten Tage hing es einfach nur da, über der Rückenlehne des Sessels in meinem Schlafzimmer. Mir kam es vor, als würde es sich über mich lustig machen.

Es ist mir peinlich, das zuzugeben, aber einmal habe ich meine Vernunft besiegt und das Jackett hochgehoben, um daran zu schnuppern und Jamies Duft zu riechen. Den Grund dafür kann ich mir selbst nicht recht erklären. Irgendetwas Dunkles tief in mir hat mich dazu gebracht. Vielleicht war es der Wunsch, mich selbst zu bestrafen. Irgendein masochistischer Drang, mich selbst zu quälen.

Der Sex mit Jamie war ein Fehler gewesen. Ein absoluter Fehler. Es war ein dummes Zeichen von Schwäche. Die Scham darüber fühlt sich wie ein Virus in mir an. Mitten in der Nacht lässt sie mich aufwachen, und dann ist mir heiß, als ob ich Fieber hätte.

Als ich fünf Tage nach dem Vorfall immer noch nicht richtig schlafen kann, stehe ich auf und stopfe das Jackett wütend in eine Kleidertüte, um es am nächsten Tag in die chemische Reinigung zu bringen.

Seltsam, aber sobald ich das Jackett nicht mehr im Haus habe, geht es mir besser. Es ist, als hätte ich mit einem Exorzismus einen bösen Geist vertrieben.

Aber natürlich weiß ich tief in mir drin, dass dies noch nicht das Ende sein kann.

So funktioniert das im Leben eben nicht.

Und natürlich hatte ich recht.

2. KAPITEL

Jamie

In all den Jahren habe ich so viel Wut auf April Darlington-Hume verspürt, dass ich es unmöglich in Worte fassen kann.

Zumindest glaube ich, dass es Wut ist.

Jedenfalls fühlt es sich die meiste Zeit über so an.

Nur diesmal leider nicht.

Da ich nie genau gewusst habe, was ich mit diesen Gefühlen anfangen soll, habe ich sie die meiste Zeit ignoriert.

Das war bei Weitem nicht leicht.

Verdammt, ich habe sie vor zehn Jahren regelrecht vergöttert. Für mich stand fest, dass wir für immer zusammenbleiben würden, sobald wir mit unserem Studium fertig waren und uns ernsthaft um unsere Beziehung kümmern konnten. Natürlich wäre das schwierig geworden, wenn ich weltweit unterwegs bin, um an Tennisturnieren teilzunehmen, und sie ihre Karriere in der Geschäftswelt aufbaut, aber wir hätten es schaffen können. Wenn sie bloß mutig genug gewesen wäre.

Es war ihr Vater, der sich zwischen uns gestellt hat, da bin ich mir hundertprozentig sicher. Er war von Anfang an davon überzeugt gewesen, ich sei nicht gut genug für sie, und am Ende ist sie eingeknickt und hat geglaubt, er müsse recht haben, obwohl ich mich nach dem Tod ihrer Mutter so sehr bemüht habe, für sie da zu sein. Ich wusste ganz genau, welchen Kummer sie durchlebt, weil ich als Teenager dasselbe durchgemacht hatte, als ich meine Mutter verlor, für die die Liebe zum Alkohol wichtiger gewesen war als ihr Wunsch, für mich am Leben zu bleiben. Nur deshalb ist sie ihrem Leberschaden erlegen. In der Zeit habe ich nichts anderes getan, als April Briefe und Geschenke zu schicken und ihr meine Unterstützung anzubieten. Mein gesamtes Leben stand ihretwegen still, nur für den Fall, dass sie mich braucht.

Aber dazu ist es nicht gekommen.

Stattdessen hat sie mich abserviert, ohne mir auch nur einen vernünftigen Grund dafür zu nennen. Anschließend hat sie einfach weitergemacht und so getan, als würde ich nicht mehr existieren. Meine Anrufe hat sie nicht angenommen, und sie ist nie zur Haustür gekommen, wenn ich bei ihr aufgetaucht bin, um sie zu sehen. Schließlich gelang es mir, sie zu konfrontieren, als sie eines Tages das Haus allein verließ und sich nicht in ihrer Limousine hinter ihrem Chauffeur verstecken konnte. Doch auch da weigerte sie sich, mit mir zu reden. Sie sagte nur, ich solle sie in Ruhe lassen und zwischen uns sei es aus.

Sie sagte noch, sie würde mich nicht lieben und wolle jetzt nach vorn sehen. Ich sei für sie nur ein Hindernis, weil sie sich um ihre familiären Pflichten und ihre Karriere kümmern müsse.

Weitere Erklärungen habe ich nie bekommen, obwohl ich ihr in eineinhalb Jahren so nahe gekommen war, dass ich ernsthaft geglaubt hatte, wir würden eines Tages heiraten.

Weil sie nicht nur meine Geliebte war, sondern auch mein bester Freund. Sie war ein Teil von mir.

Leider zeigte sich, dass ich ihr gar nichts bedeutet hatte. Weniger als nichts.

Kein Wunder, dass ich eine Zeit lang völlig von der Rolle war, nachdem sie mich so behandelte. Ich bin nicht sonderlich stolz auf das, was ich in jener Zeit alles getan habe, aber ich war verletzt und verdammt sauer auf sie. Ich konnte kaum noch klar denken.

Und jetzt haben wir zwei all die verheilten Wunden wieder aufgerissen.

Seit dem Wohltätigkeitsevent kann ich nicht mehr aufhören, an sie zu denken. Immer wieder gehen mir ihre Worte durch den Kopf, besonders der Teil, dass sie mir ihre Orgasmen nur vorgespielt hat. Das kann einfach nicht wahr sein. Das hätte ich gemerkt, da bin ich mir sicher.

Oder etwa nicht?

Bisher habe ich noch von keiner Frau Klagen gehört.

Aber auch wenn ich zu neunundneunzig Prozent sicher bin, dass ich mich an unsere gemeinsame Zeit nicht falsch erinnere, verbleibt noch dieses eine Prozent Zweifel, dass sie mir eingepflanzt hat. Und dieser Zweifel lässt mich nicht mehr zur Ruhe kommen. Er belastet mich so sehr, dass es mir schwerfällt, an irgendwas anderes zu denken.

Das hat sich erst durch den Brief meines Vaters geändert, der mir von seinem Testamentsvollstrecker übergeben wurde.

Ein paar Wochen nach der Beerdigung meines Vaters auf dem Familienfriedhof der De Montforts draußen auf dem Felsplateau in der Nähe von St. Ives, wo wir fünfzehn Jahre zuvor meine Mutter beerdigt hatten, wurde ich in die Anwaltskanzlei in Kensington gebeten. Der Anwalt Phil Clary war einer der ältesten Schulfreunde meines Vaters. Er war es, der mir bedrückt lächelnd den dicken altweißen Umschlag überreichte.

„Dein Vater hat dies hier letztes Jahr nach seinem ersten Infarkt geschrieben. Er wollte, dass du es eine Weile nach seinem Tod erhältst.“ Mit einem Nicken deutete er auf den Umschlag. „Ich glaube, er wollte dir erst noch ein bisschen Zeit zum Trauern lassen.“

Ich muss zugeben, dass meine Neugier geweckt war. Mein Vater hatte mir bereits sein Vermögen vermacht, einschließlich des gesamten einträglichen Software-Unternehmens. Deshalb hatte ich keine Ahnung, was sich in diesem Brief befinden könnte. Es musste ihm sehr wichtig gewesen sein, wenn er es mir auf diese Art übergeben ließ.

Nachdem ich den Umschlag aufgerissen und ein einzelnes Blatt herausgezogen hatte, atmete ich tief durch, ehe ich bis aufs Äußerste gespannt las, was mein Vater in seiner schmerzhaft vertrauten Handschrift geschrieben hatte.

Mein lieber Sohn,

wenn du das hier liest, bedeutet das, dass mein kaputtes Herz schließlich doch versagt hat und dass ich unter der Erde liege. Das wird in vielerlei Hinsicht eine Erleichterung sein. In meinem Leben habe ich oft um einen einfachen Ausweg aus der Verzweiflung gebetet, die mich zu verschlingen drohte, besonders nach dem Verlust der Frau, die ich mehr als mein eigenes Leben geliebt habe.

Du darfst allerdings keine Sekunde lang glauben, dass dies bedeutet, dass ich dich jemals verlassen wollte. Du bist das Einzige, was ich im Leben absolut richtig gemacht habe, und ich bin unendlich stolz, dich meinen Sohn nennen zu dürfen. Du hast dich zu einem besseren Menschen entwickelt, als ich es mir jemals erhoffen konnte.

Ich schreibe dir diesen Brief jetzt, weil du etwas für mich tun musst. Etwas, worum ich dich nie bitten konnte, als ich noch gelebt habe. Geh zu April Darlington-Hume und bitte sie, dir zu erzählen, was wirklich mit ihrer Mutter geschehen ist.

Das, was darüber in den Zeitungen stand, war nicht die ganze Geschichte. Es war nicht mal die Hälfte. Schon so oft habe ich es dir erzählen wollen, aber es war mir einfach nicht möglich.

Du wirst begreifen, was ich damit meine, wenn du die lange verborgene Wahrheit endlich erfährst. Auch wenn es schmerzhaft für dich sein mag, es dir anzuhören, habe ich erkannt, dass es das Wichtigste auf der Welt für dich ist, alles zu erfahren.

Es wird mir letztlich doch noch meinen Frieden geben – und hoffentlich im Lauf der Zeit auch dir.

Pass gut auf dich auf, Jamie.

Sei glücklich. Das ist alles, was ich mir je für dich gewünscht habe.

Dein dich liebender Vater,

Cliff

Wie erstarrt saß ich da und hielt den Brief in meinen zitternden Händen. Mühsam kämpfte ich gegen den Ansturm an Emotionen an, weil ich an den quälenden Schmerz denken musste, als sein Sarg in die Erde hinabgelassen wurde.

Obwohl mich die bedrückende Trauer ablenkte, war ich dennoch von seinem posthumen Brief fasziniert. Wieso in aller Welt war es ihm so wichtig, dass ich mehr darüber erfuhr, was mit Aprils Mutter geschehen war? Und weshalb hatte er mir das nicht einfach selbst erzählt, als er noch lebte? Hatte Aprils Vater Maxim ihn über all die Jahre hinweg erpresst, sodass er mir nichts von dem verraten hatte, obwohl er fand, dass ich es unbedingt wissen sollte? Soweit ich wusste, hatte es Maxim großen Spaß gemacht, das erste Unternehmen meines Vaters damals in den Bankrott zu treiben, kurz nachdem Isabella Darlington-Hume gestorben war. Aber wieso hatte April mir nicht bereits zu jener Zeit alles erzählt? Warum hatte sie stattdessen jede Verbindung zu mir abgebrochen? Hatte ihr Vater sie damals dazu gezwungen?

Schwer vorstellbar, dass es so gewesen war. Aber andererseits war Maxim Darlington-Hume zu allem fähig. Wahrscheinlich war er auch bereit, seine Tochter als Vorwand zu benutzen, wenn er sich davon irgendeinen wirtschaftlichen Vorteil erhoffte.

Hatte mein Vater mir deswegen diesen Brief geschrieben? Bat er mich auf diesem Weg darum, das Unrecht zu rächen, das ihm widerfahren war? Oder wollte er nur, dass ich selbst endlich einen Abschluss fand?

Allerdings bedeutet das in jedem Fall, dass ich wieder Kontakt zu April aufnehmen muss.

Und nach unserer letzten Begegnung fällt mir dieser Schritt nicht leicht.

Wieder körperlich mit ihr vereint und ihr so nahe zu sein, obwohl mein Kummer über den Verlust meines Vaters noch so frisch war, hat mich regelrecht elektrisiert. Ich hatte diese Intimität dringend gebraucht, diese lebensbejahende Verbindung. Nur dass es ausgerechnet mit ihr sein musste, konnte ich nicht ausstehen. Ich habe mich von meinen Emotionen leiten lassen, obwohl ich das schon seit Langem nicht mehr zulasse. Es hat mir eine Scheißangst eingejagt, wie gut sich der Sex mit ihr angefühlt hat. Ich habe mich wie auf einem Drahtseil zwischen Ekstase und Verzweiflung gefühlt. Es war wirklich verdammt gefährlich.

Und deshalb habe ich mich gezwungen, das Ganze wie ein Spiel zu sehen. Vielleicht wollte ich sie damit für das bestrafen, was sie in mir ausgelöst hat. Ich weiß es nicht genau. Es war ein emotionales Chaos.

Und das will ich kein zweites Mal erleben.

Allerdings könnte mein Vater den Gedanken nicht ausstehen, dass April meine Schwäche ausgenutzt hat und ich nach seinem Tod herumheule und in Selbstmitleid ertrinke. Ich bin der letzte lebende De Montfort, und ich habe weder eine feste Partnerin noch Kinder. Vielleicht hatte er Angst, ich würde niemals eine feste Bindung eingehen, wenn mir die katastrophale Beziehung zu April von früher immer noch zu schaffen macht. Vielleicht hat er befürchtet, ich würde den Rest meines Lebens allein bleiben.

Deshalb werde ich diese Herausforderung jetzt annehmen und mitspielen. Ich will mich als der Mann erweisen, auf den mein Vater so stolz war. Mein Vater soll die Gerechtigkeit bekommen, die er verdient. Ich werde April dazu bringen, mir endlich die Wahrheit zu verraten. Und anschließend werde ich diesen Mistkerl Maxim für das zur Rechenschaft ziehen, was er meinem Vater angetan hat. Im ewigen Wettstreit unserer beiden Familien soll wieder Gleichstand herrschen. Und vielleicht gelingt es mir dann, endlich mit dem Kapitel April Darlington-Hume innerlich abzuschließen.

Aber all das bedeutet, dass ich einen Weg finden muss, um sie wiederzusehen.

Ich brauche eine Art Köder. Damit es funktioniert, muss ich ihr etwas bieten, was sie nicht ausschlagen kann. Und es muss etwas sein, worum sie sich persönlich kümmern muss.

Vielleicht kann ich dann ein für alle Mal unser gemeinsames Kapitel zum Abschluss bringen.

Als Schauplatz für meinen Plan entscheide ich mich für meine Privatinsel vor der griechischen Küste. Das ist der beste Ort, um mir Aprils Aufmerksamkeit zu sichern, solange es nötig ist.

Seit ich meine Profikarriere als Tennisspieler beendet habe und mittlerweile auch meine Firma für Sportkleidung leiten kann, ohne tagtäglich vor Ort sein zu müssen, verbringe ich viel Zeit hier auf Palioph. Im Vergleich zu den übrigen griechischen Inseln ist mein Reich klein. Von Küste zu Küste sind es nur fünf Kilometer, aber für mich ist es ein sechzehn Quadratkilometer großes Paradies.

Als einziges Wohnhaus steht hier ein zweigeschossiges Anwesen im typisch griechischen Stil mit sechs Zimmern und einem Balkon, der rings um das gesamte Haus führt. Dadurch habe ich in sämtliche Richtungen Meerblick. Es befindet sich direkt an der Nordküste, und gleich vor dem Haus erstreckt sich ein weißer Sandstrand. Keine fünf Minuten Fußmarsch entfernt liegt der kleine Hafen, in dem meine Jacht liegt, mit der ich zum Festland fahren kann. In einem Nebengebäude habe ich ein Fitnessstudio eingerichtet und davor einen Swimmingpool mit Fünfzigmeterbecken sowie zum Tennisspielen einen Rasen- und einen Sandplatz.

Ist es da nicht verständlich, dass ich meine Zeit gern hier verbringe?

Wenn alles nach Plan läuft, wird April ebenso gern etwas Zeit hier mit mir verbringen. Zumindest ein paar Tage. Länger brauche ich hoffentlich nicht, um an die Informationen zu kommen, die ich von ihr haben will.

Zum Glück habe ich mit der Aussicht auf einen Geschäftsabschluss, den ich in Umlauf gebracht habe, ihre Aufmerksamkeit geweckt. Jeden Augenblick rechne ich mit der Ankunft der Jacht, die ich extra für sie gechartert habe.

Ungeduldig laufe ich im Zimmer auf und ab und lausche, ob ich das Motorengeräusch hören kann, das sich dem Hafen nähert. Mir ist bewusst, wie schnell mir das Blut durch die Adern rauscht.

Ich ärgere mich selbst darüber, wie nervös es mich macht, sie wiederzusehen. Ich schätze, das liegt daran, dass mir wahrscheinlich nur eine einzige Chance bleibt, um alles richtig zu machen. Falls sie merkt, wie viel mir an diesen Informationen liegt, wird sie das gegen mich einsetzen und ganz bewusst alles vor mir zurückhalten. Dann kann ich es vergessen, den letzten Wunsch meines verstorbenen Vaters zu erfüllen.

Dazu werde ich es nicht kommen lassen.

Ich schulde es ihm.

Gerade als ich mich umdrehe und durch die bis zum Boden reichenden Fenster hinaussehe, höre ich in der Stille des Wohnzimmers, in dem ich auf April warte, das Geräusch eines Bootsmotors.

Sie ist es. Ich sehe sie an Deck der kleinen Jacht stehen. Sie blickt in meine Richtung zum Haus. Im Sonnenlicht schimmert ihr blondes Haar wie gesponnenes Gold. Mich beeindruckt ihre stolze Haltung. Es wirkt, als sei sie sich deutlich ihrer Macht bewusst.

Ja, sie strahlt Macht aus, das habe ich aus nächster Nähe erlebt. Wann immer sie einen Raum betritt, zieht sie alle Blicke auf sich. Schließlich ist sie eine schöne Frau, aber das ist nicht der einzige Grund. Ihre Ausstrahlung ist einzigartig. 

Leider weiß sie das sehr genau.

Ich reiße den Blick von ihr los, gehe in die Küche und schenke mir ein Glas Wasser ein, um ihr Bild aus dem Kopf zu bekommen. Doch selbst als ich die Augen schließe und den Kopf in den Nacken lege, um von dem eiskalten Wasser zu trinken, sehe ich sie vor mir. Das lange Haar weht im Wind, und der Stoff ihrer Bluse presst sich an ihren Körper. Verdammt, in dem weißen Hosenanzug sieht sie unglaublich aus.

Scheiße.

In ihrer Gegenwart muss ich wirklich sehr vorsichtig sein. Das Letzte, was ich jetzt brauchen kann, ist, dass ich mich in irgendwelchen Sexfantasien verliere, in denen wir das Band, das uns damals verbunden hat, neu knüpfen.

So wie sie mich i...

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