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Gefunden! Lange hat Cesare Brunetti nach seiner Ehefrau Ida gesucht, die ihn einen Tag nach ihrer Hochzeit verlassen hat. Jetzt hat er sie endlich aufgespürt. Der italienische Milliardär will nur eins: ihre Unterschrift unter den Scheidungspapieren. Doch er hat nicht mit der verblüffenden Erkenntnis gerechnet, dass Ida damals genau wie er Opfer von falschen Versprechungen geworden ist! Noch mehr allerdings überrascht Cesare sein glühendes Verlangen nach seiner Ex – das mit jedem Tag unter der Sonne der Toskana unbezähmbarer wird …


  • Erscheinungstag 27.06.2023
  • Bandnummer 2602
  • ISBN / Artikelnummer 0800232602
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Die Musik setzte ein, und Cesare hörte hinter sich ein vielstimmiges Raunen. Designerkleider raschelten, als Hunderte Gäste sich zur Braut umwandten.

Er selbst hielt den Blick starr auf den vergoldeten Schmuck der Renaissancekirche gerichtet und dachte an die Umstände, die ihn zu diesem Schritt zwangen.

Das kollektive Seufzen der Gäste schien die Atmosphäre um ihn herum zu verdichten. Der aufwendige Blumenschmuck verbreitete einen schweren Duft.

Der Priester nickte ihm zu, und Cesare wusste, er musste sich umdrehen.

Sein Blick fiel auf die weiße Gestalt im Mittelgang. Darum also das Seufzen der Gäste.

Ida Montrose wirkte fast durchscheinend zart in ihrem langen Kleid aus hauchdünner Seide, das über und über mit Spitze besetzt war.

Gesicht und Schultern waren von einem Spitzenschleier bedeckt. Darunter schimmerte goldrot ihr Haar, und er sah den Glanz dieser großen, scheinbar unschuldigen grünen Augen.

Gegen seinen Willen wanderte sein Blick tiefer, zu den süßen Rundungen ihrer Brüste, die nur gerade eben von Spitze bedeckt waren, und weiter zur schmalen Taille, die er so gern umfassen wollte.

Das Kleid schmiegte sich an vollkommene Hüften und fiel dann in transparenten Falten hinab, die sowohl zu einer Blumenfee als auch zu einem Unterwäschemodel gepasst hätten.

Cesares Verlangen erwachte sofort.

Sein Atem stockte, während er sich vorstellte, wie er das hauchdünne Kleid zerriss, sodass die seidige Haut darunter zum Vorschein kam. Wie er ihren Körper überall berühren würde, bis sie ganz und gar ihm gehörte.

Hitze flammte in ihm auf, als hätte jemand Benzin in ein Feuer gekippt. Der Schweiß brach ihm aus, und sein Kiefer schmerzte vor Anspannung, diese Begierde im Zaum zu halten.

Mitten in einer feierlichen Zeremonie vor den wachsamen Augen der ältesten und einflussreichsten Familien Europas. Der reichen Elite des Kontinents.

Mühsam riss er den Blick von seiner Braut los und wandte sich dem Mann zu, der sie mit selbstzufriedenem Grinsen den Gang entlangführte. Fausto Calogero.

Seit Jahren war der weißhaarige Mann nicht mehr in Rom gewesen, und dennoch nickte und grüßte er zu allen Seiten, als kenne er auch nur die Hälfte der hochwohlgeborenen Gäste.

Cesare atmete tief durch.

Natürlich bildete er sich nicht ein, er könnte Calogero direkt nach der Hochzeit loswerden. Dennoch würde sich einiges ändern. Dafür würde Cesare sorgen.

Ida und ihr Großvater hielten an den Altarstufen, und Cesares Aufmerksamkeit richtete sich wieder auf seine Braut. Aus der Nähe erkannte er das nervöse Zittern des Schleiers und des orange-weißen Brautstraußes in ihren Händen.

Das Kinn jedoch hielt sie gerade, und sie erwiderte seinen Blick.

Sie wollte diese Hochzeit.

Cesare lächelte. Nicht mehr lange, dann würde auch er bekommen, was er wollte.

Eigentlich müsste Ida erschöpft sein.

Letzte Nacht hatte sie kaum geschlafen, und die Feierlichkeiten hatten ewig gedauert.

Bereits am frühen Morgen hatte sie sich der Inspektion durch ihren Großvater unterzogen. Er hatte für alles bezahlt und sich daher das Recht herausgenommen, eine ganze Armee von Stylistinnen, Make-up-Artists und Frisörinnen anzubrüllen.

Ida hatte nicht mitbestimmt, wie sie an ihrem Hochzeitstag aussehen wollte. Dabei fand sie die hautfarbene Seide unter der weißen Spitze ein wenig vulgär.

Aber niemand diskutierte mit Fausto Calogero.

Fertig gestylt war sie in Roms bedeutendste Kirche gebracht worden – zu einer Zeremonie vor Hunderten reicher, hoch angesehener Gäste, allesamt Fremde für sie.

Zum Schluss noch der Empfang: Stunden höflicher Konversation bei exklusivem Essen, das sie vor Aufregung nicht heruntergebracht hatte, und Weinsorten, von denen sie nie gehört, die ihr Großvater jedoch goutiert hatte.

Sie hatte getanzt, bis ihre Füße geschmerzt hatten, und für die Fotografen gelächelt, bis ihre Wangen sich fast verkrampft hatten. Und die ganze Zeit hatten die Leute sie angestarrt, weil alle sich fragten, warum Cesare Brunetti ausgerechnet sie heiratete.

Sie müsste erschöpft sein.

Doch an Schlaf war nicht zu denken. Viel zu aufgeregt fühlte sie sich in der opulenten Luxussuite von Roms teuerstem Privathotel. Ihr Ehemann wartete im Nebenzimmer.

Ida zitterte. Es war die Aufregung, die ihr Herz schneller schlagen ließ. Vor lauter Vorfreude war sie ganz kribbelig.

Im Spiegel erkannte sie harte Brustspitzen, die sich unter dem mitternachtsblauen Seidennegligé abzeichneten. Sie strich über den hauchdünnen Stoff.

Diese Empfindung war absolut neu. Nicht nur hatte sie noch nie ein sexy Negligé getragen, sondern sie stellte sich auch vor, wie es sein würde, Cesares Hände auf ihrer Haut zu spüren. Würde er es langsam und zärtlich angehen oder rau und heftig? Ihr Atem beschleunigte sich, und dieses ungewohnt schwere Gefühl in ihrer Mitte wurde zu einem sehnsüchtigen Pochen.

Ida sah ihre Augen im Spiegel – groß und leuchtend vor fiebriger Erwartung.

Die Haare fielen ihr über die Schultern. Auch das fühlte sich wie ein zärtliches Streicheln an.

Würde Cesare erkennen, was in ihr vorging?

Sie runzelte die Stirn, schlüpfte in den dunkelblauen Seidenmantel und band sich den Gürtel fest um die Taille. Nun waren die harten Knospen kaum noch zu sehen.

Ida schüttelte den Kopf. Wozu sich verstellen? Sobald Cesare sie berührte, würde er wissen, wie sehr sie sich nach ihm verzehrte.

Hoffentlich verdarb ihre Unerfahrenheit nicht die erste gemeinsame Nacht. Ein Mann wie Cesare, ein fabelhaft gut aussehender Aristokrat mit Geld, Anziehungskraft und einer mächtigen Aura, hatte sicher mit einigen Frauen geschlafen.

Umso erstaunlicher, dass er ausgerechnet sie geheiratet hatte.

So naiv zu glauben, dass er sie liebte, war sie nicht. Ihr Großvater war sein Geschäftspartner, und Cesare brauchte nach eigenen Worten eine Frau.

Nur warum hatte er sich ausgerechnet für sie entschieden?

Er war umgeben von kultivierten Prominenten, deren Blicke sie bei der Feier wie Stiche gespürt hatte. Sogar eine glamouröse Prinzessin war eingeflogen und hatte ihn angesehen, als hätte sie ihn am liebsten verspeist.

So war Ida nicht.

Immerhin spürte sie eine gewisse Zuneigung, auf der sie aufbauen konnten.

Sie erkannte sie, wenn er sie ansah, und in seinem seltenen, aber umwerfenden Lächeln. Er war der Einzige, der ihr tatsächlich zuhörte.

Es hatte sogar Momente gegeben, in denen ihr Großvater harsch mit ihr umgesprungen war und sie Cesares Blick aufgefangen hatte. Da hatte sie Verständnis gespürt, Unmut über das Verhalten des Großvaters.

Cesare … ihr Ehemann … ließ sich von ihrem Großvater nicht einschüchtern. Und das war es, was ihr Hoffnung verlieh. Er hatte sie zur Frau genommen, weil er sie wollte.

Ebenso sehr wie sie ihn.

Und nun gehört er mir.

Sie war neunzehn Jahre alt, und das schlafende Verlangen in ihr war zum Leben erwacht.

Bisher hatte sie schlicht keine Möglichkeit gehabt, sich mit Männern zu treffen. All das würde sie mit ihm nachholen. Sie freute sich auf die sinnlichen Genüsse, die Cesare ihr zweifellos bereiten konnte.

Nachdenklich betrachtete Ida ihre linke Hand. Da steckte der schlichte goldene Ehering vor dem Verlobungsring mit dem riesigen Diamanten.

In ein paar Jahren tauschten vielleicht auch sie die liebevollen, strahlenden Blicke, an die sie sich bei ihren Eltern erinnerte.

Dieser Gedanke machte ihr Hoffnung. Seit sie mit acht Waise geworden war, sehnte sie sich nach der Liebe ihrer Eltern zurück.

Sie schob das Kinn vor, streifte den Morgenmantel ab und legte ihn sorgsam über eine Sessellehne. Dann atmete sie durch und griff nach dem goldenen Türknauf.

Cesare war im luxuriösen Wohnbereich der Suite. Allerdings nicht bequem auf dem Sofa, sondern mit dem Telefon am Ohr vor dem Fenster, das über die Dächer von Rom hinausblickte.

Der Klang seiner italienischen Muttersprache mit dieser tiefen, rauchigen Stimme ließ sie an dunkle, geschmolzene Schokolade denken. Instinktiv leckte sie sich die Lippen. Wie er wohl schmeckte? Der Kuss in der Kirche war viel zu flüchtig gewesen.

Ein genüsslicher Schauer lief ihr über den Rücken, und sie rieb die klammen Hände an ihren Hüften.

Vielleicht hätte sie den Morgenmantel anbehalten sollen. Cesare war vollständig angezogen, bis hin zum maßgeschneiderten schwarzen Jackett, das sich perfekt um breite Schultern und eine schmale Taille legte.

Noch nie hatte sie ihn in Jeans und T-Shirt gesehen. Trotzdem erkannte sie, dass unter den geschäftsmäßigen Anzügen ein starker, trainierter Mann steckte. Er strahlte Männlichkeit und Selbstbewusstsein aus. Deshalb ließ er sich von ihrem Großvater auch nicht beeindrucken.

Idas Blick wanderte zu Cesares langen Beinen, und sie erinnerte sich, wie sie die Oberschenkel beim Tanz zwischen den Beinen gespürt hatte. Da hatte auch in seinem Blick eine unerwartete Hitze gelegen.

Sie war unerfahren, aber nicht dumm. Dieser Blick war ein sinnliches Versprechen gewesen, das sie nun einlösen wollte.

Mit nackten Füßen auf dem dicken Teppich trat sie lautlos und unbemerkt näher.

Dann wandte er sich um. Zufrieden beobachtete sie, wie seine Augen sich weiteten.

Erleichtert stellte sie fest, dass ihm gefiel, was er sah. Das Negligé umspielte ihren Körper locker. Doch obwohl ihre Haut vom Schlüsselbein bis zu den Knien bedeckt war, fühlte sie sich nackt und ausgeliefert.

Cesare beendete das Gespräch und steckte das Handy weg. Dann schob er die Hände in die Hosentaschen und musterte sie mit so ernstem Gesicht, dass ihr nervöses Lächeln erstarb.

„Ida.“

Mehr sagte er nicht. Doch die tiefe, raue Stimme reizte Idas Sinne. Das war ein gutes Zeichen, oder nicht?

Aber er kam nicht näher. Noch nicht einmal die Fliege legte er ab.

Sie schluckte. Sollte sie das für ihn übernehmen? Ihr stockte der Atem beim Gedanken daran, wie sie das schneeweiße Hemd öffnen und darunter seine männliche Brust freilegen würde.

Also nahm sie ihren Mut zusammen und trat näher.

Sein Blick war so intensiv. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie unscheinbar sie war. Eher klein und zierlich als groß und kurvenreich.

Doch sie wollte sich nicht infrage stellen. Ein Leben lang hatte ihr Großvater bei ihr nach Fehlern gesucht. Das hier war ihr Neuanfang.

Jetzt ging es nur um Cesare und sie, und das brachte die Zweifel zum Schweigen.

Noch nie war sie so glücklich gewesen.

Idas Lächeln erinnerte Cesare an die goldenen Sonnenaufgänge über seiner geliebten Toskana.

Wie ein Feuer erfasste es binnen Sekunden sein komplettes Inneres. Die Hitze schoss durch seine Lungen, sodass ihm der Atem stockte, als sie ihn direkt ansah.

Alles andere schien plötzlich unwichtig. Die lang vorbereiteten Pläne, die jetzt sofort ausgeführt werden mussten. Selbst der Umstand, dass Calogero sein Unternehmen und damit sein Leben im Würgegriff hielt. Alles verschwand hinter diesem umwerfenden Lächeln und Idas faszinierenden hellgrünen Augen.

Sicher, sie war Calogeros Enkelin, doch sie hatte das Gesicht eines Engels und den Körper der jungen Venus. Allein dieses rotgoldene Haar, das um ihre hellen Schultern fiel! Der Mund in der Form einer Rosenknospe. Die feingliedrige Gestalt und die Aura von Unschuld, die sie umgab. Unmöglich, sich davon nicht blenden zu lassen.

Aber sie ist nicht unschuldig!

Und dieser Gedanke brachte ihn in die Realität zurück.

Immerhin spielte Ida eine entscheidende Rolle in den Plänen des alten Mannes. Sie war es, die in die stolze Brunetti-Familie einheiratete.

Cesare wandte sich ab und ging zur antiken Kommode hinüber.

„Ich brauche einen Drink. Möchtest du auch?“

Zuerst kam keine Antwort, doch dann erwiderte Ida mit einer überraschend rauchigen Stimme: „Danke. Ich nehme, was du nimmst.“

Sein Magen zog sich zusammen. Ihre Stimme war die einer Sängerin in einer Nachtbar. Verführerisch, anzüglich, dekadent.

Cesare schluckte. Es nervte ihn, wie sein Puls sich beschleunigte und sein Kragen zu eng wurde. Als wäre er der Neunzehnjährige und sie schon siebenundzwanzig.

Als wüsste er nicht, wie gefährlich es war, die Lust über den gesunden Menschenverstand zu stellen.

Doch zu seiner eigenen Überraschung war er kurz davor, Ida trotz aller Vorbehalte hier und jetzt zu nehmen. Vielleicht gegen das Fenster gepresst, mit den Lichtern Roms in ihrem Rücken.

Den ganzen Tag lang hatte er sich beherrscht. Nun stand er kurz vor der Explosion.

Mühsam beruhigte er sich und schenkte sich und ihr Sangiovese ein. Er würde ihrer Provokation nicht erliegen.

Niemand wusste besser als er, wie wichtig Kontrolle war. Hätte sein verstorbener Vater besonnener gehandelt, wäre die Familie nie in diese Zwangslage geraten.

Mit einem Glas in jeder Hand wandte Cesare sich um und fand sie noch auf demselben Fleck. Wusste sie, dass der Lichtspot ihr Haar wie Feuer aufflammen ließ? Und dass Cesare unter dem schimmernden Stoff ihres Negligés ihre harten Brustspitzen sah?

Zweifellos. Ida wusste um ihre Erscheinung. Vor der Hochzeit hatte sie stets sittsame pastellfarbene Kleidchen getragen, um ihre Jugend zu unterstreichen. Das Brautkleid hingegen war ein verwirrender Mix aus jungfräulicher Unschuld und sexy Vamp gewesen. Dazu angetan, ihm den Kopf zu verdrehen.

Cesare reichte ihr ein Glas und ignorierte das Prickeln, als ihre Finger sich berührten. Der vertraute Geschmack des kostbaren Weins besänftigte seine Sinne. Er stammte aus dem Familienweingut – eine Erinnerung an all die Dinge, die früher selbstverständlich gewesen und inzwischen bedroht waren.

Nicht mehr lange, wenn seine Pläne aufgingen.

„Kommst du bald ins Bett?“

Ihre Stimme war reinste Verführung. Mit großen Augen sah sie ihn an, und er fragte sich, wie oft sie diesen Blick wohl benutzte, um ihren Willen zu kriegen.

Nicht bei mir.

„Ich muss arbeiten.“

Sie zog die Augenbrauen zusammen, und es ärgerte ihn, dass es nicht nur sexy, sondern auch süß aussah.

„Das ist unsere Hochzeitsnacht!“

„Na und?“

Zugegeben, er sollte ihre Bestürzung wahrscheinlich nicht so genießen. Aber nach dem Stress der letzten Monate tat es gut, der brennend heißen Wut ein kleines Ventil zu lassen. Bei der Hochzeit hatte er keine Wahl gehabt, sein Sexleben bestimmte er jedoch ganz allein.

Cesare nahm einen weiteren Schluck. Wenn seine anderen Pläne auch scheiterten, das Weingut hatte er heute gerettet – und all die Jobs, die damit zusammenhingen. Was den Rest der Brunetti-Gruppe betraf …

„Dann willst du nicht …?“ Sie schüttelte den Kopf, als wäre sie plötzlich schüchtern geworden. Das hätte ihn vielleicht amüsiert, aber er hatte dieses Schauspiel längst satt.

„Du meinst, ob ich keinen Sex will?“

Aufreizend langsam ließ Cesare seinen Blick an ihrem Körper hinabgleiten, bis er bei den nackten Füßen mit den hellrosa Zehnägeln ankam. Dann ließ er ihn wieder hoch zu ihrem Gesicht wandern. Ihre Wangen glühten. Am Hals erkannte er hektische Flecken.

Also war sie nicht so souverän, wie sie sich gab.

„Ich mag Sex“, erklärte er nonchalant, „aber auch ich habe Grenzen.“

„Entschuldigung?“ Sie zuckte zusammen. Einige Tropfen Wein landeten auf der schimmernden Seide.

Automatisch dachte Cesare daran, was sich unter dem hauchfeinen Stoff verbarg.

Denn er wollte sie ja.

Dieses sengende Verlangen hatte er schon gespürt, als der alte Calogero sie einander vorgestellt hatte. Auch da hatte sie die grünäugige Unschuld gespielt. Bei jedem Treffen hatte er dieses Begehren gespürt. Am allerstärksten sogar am heutigen Tag, als sie vor aller Welt seine Frau geworden war.

Ein wilder, ursprünglicher Teil von ihm wollte nichts lieber, als mit ihr die letzten Monate zu vergessen. Er hasste sich für dieses verzweifelte Verlangen. Und genau deshalb durfte er ihm nicht nachgeben.

„Ich glaube, ich verstehe nicht recht.“

Er sah, wie sie ihr Kinn vorschob, als sie die Lippen zusammenpresste. Auch das war verführerisch. Was musste er tun, um diese Schwäche für sie loszuwerden?

„Dann will ich mal deutlicher werden.“

Er hielt inne und beobachtete, wie ihre Brüste sich hoben. Seine Männlichkeit pulsierte verdächtig. Cesare war nicht der Typ für Enthaltsamkeit, aber er hatte seinen Stolz.

„Ich bin nicht interessiert am Protegé des Kriminellen, der meiner Familie und zahllosen Unschuldigen schwer geschadet hat. Ich würde nicht mit dir schlafen, wenn du die letzte Frau in Italien wärst.“

2. KAPITEL

Das meint er ernst! Fassungslos starrte Ida Cesare an.

Zitternd umklammerte sie ihr Glas. Wein schwappte ihr auf die Finger, aber sie konnte den Blick nicht von den dunklen Augen ihres Ehemanns abwenden.

Darin lag Hass.

Bisher waren ihr diese Augen warm und freundlich erschienen – ein Kontrast zum gemeinen Glitzern ihres Großvaters. Doch nun war Cesares Blick so eiskalt, dass sie bis auf die Knochen fror.

„Aber … wir sind verheiratet!“

Sie hatten sich eine gemeinsame Zukunft versprochen …

„Stimmt. Du hast, was du wolltest: meinen aristokratischen Familiennamen. Alle Türen stehen dir offen.“

Ida schüttelte so heftig den Kopf, dass ihr das Haar ins Gesicht schlug. Wie konnte er so etwas denken?

Doch er sprach schon weiter: „Dein Großvater hat auch, was er wollte, nicht wahr? All die Jahre, in denen er nichts unversucht gelassen hat, meiner Familie zu schaden. All die Manipulationen, bis er zum vernichtenden Schlag ausholen und unser Unternehmen unter seine Kontrolle bringen konnte.“

Cesare verstummte schwer atmend, und Ida sah, wie der Zorn in ihm tobte. Die Luft war emotional aufgeladen.

Am liebsten wäre Ida geflüchtet. Zu gut wusste sie, wie gefährlich ein wütender Mann war. Ihr Fußgelenk knickte ein, wo die alte Verletzung schmerzte. Doch sie blieb stehen – mit heftig klopfendem Herzen und zitternden Händen.

Sie durfte sich jetzt nicht verstecken. Dennoch war es, als zögen sich die Wände zusammen, und sie hatte das Gefühl, gleich in Ohnmacht zu fallen. Bei Cesare klang die Hochzeit wie ein Racheplan ihres Großvaters. Aber das konnte nicht sein. Sicher, ihr Großvater war begeistert gewesen. Aber Cesare war selbst einflussreich. Er ließ sich zu nichts zwingen. Oder?

„Es hat ihm nicht gereicht, unser Familienunternehmen zugrunde zu richten, nicht wahr?“, sagte er harsch. „Er wollte in die adlige Gesellschaft und über uns stehen. Zutritt zu einer Welt, die mit Gangstern, Erpressern und Mördern nichts zu tun haben will.“

Sie schnappte nach Luft. Als sie mühsam schluckte, fühlte es sich an, als steckten Scherben in ihrem Hals.

„Du übertreibst.“

Ihr Großvater war ein furchtbarer Mensch. Niemand wusste das besser als sie. Aber ein Mörder?

„Welcher Teil der Wahrheit gefällt dir nicht, Ida? Dass ich mit dir nicht ins Bett will? Oder dass dein Großvater kein respektabler Mann ist?“

Sie würde nicht um seine Zuneigung betteln.

„Ich weiß, dass er nicht ehrlich ist.“ Ihr Großvater war boshaft und rücksichtslos. Aber ein Mörder …? Sie runzelte die Stirn. „Ein Mörder ist er nicht. Und bei mir täuschst du dich auch.“

„Tue ich das?“ Cesare stellte sein Glas ab und verschränkte die Arme vor der Brust. So wirkte er noch größer und breitschultriger. Eine Einschüchterungsgeste. „Dann hat er dich zu dieser Hochzeit gezwungen?“

Ida holte tief Luft. „Nein, hat er nicht.“

Die Hochzeit war ihre Flucht gewesen. Sie hatte sich mit Cesare etwas aufbauen wollen. Und sie hatte gedacht, er wollte sie auch.

So dumm!

Sie sah in sein attraktives, ernstes Gesicht. Wie angeekelt verzog er den Mund und blähte die Nasenflügel. Abscheu in seinen Augen.

Plötzlich schämte sich Ida für ihre albernen Hoffnungen. Für die aufkeimende Anziehungskraft.

Na ja, aufkeimend … Du bist völlig verschossen in ihn.

Das war zum Glück nun vorbei. Niemals konnte sie für einen Mann schwärmen, der sie ansah wie den Dreck unter seinen Schuhen.

Seine höflichen Manieren hatten sie geblendet. Seine wahren Gefühle verstand sie erst jetzt.

Weil du so naiv warst, ihm zu glauben.

Weil du nie eine Chance hattest, die Liebe kennenzulernen.

„Du gibst also zu, dass es dein freier Wille war, mich zu heiraten?“

Da wurde sie wütend.

„Hörst du schlecht, Cesare?“

Er blinzelte. Sie sah seine Überraschung und den rasenden Puls an seiner Schläfe.

Dabei forderte Ida einen Mann, der größer und stärker war, sonst lieber nicht heraus. Das hatte sich zu oft als Fehler erwiesen. Doch als sie sich auf seine Reaktion gefasst machte, atmete er nur tief durch, als versuchte er, sich zu beruhigen.

Das verblüffte sie. Cesares kontrollierte Wut zeigte, wie wenig er mit ihrem Großvater gemein hatte. Er war zornig, doch sie spürte, dass er nur mit Worten zurückschlug.

„Es war deine Wahl. Du wolltest den Titel und die Kontakte. Und für deinen Großvater spionieren.“

Ida wollte widersprechen. Aber dann müsste sie erklären, warum sie einen beinahe Fremden geheiratet hatte.

Wie erniedrigend, Cesare ihre romantischen Träumereien zu gestehen. Die Hoffnung, ihrem Großvater zu entfliehen.

Für Ersteres würde er sie nur verachten. Und was ihre Flucht anging: Er glaubte, dass sie mit ihrem Großvater unter einer Decke steckte. Die Wahrheit würde er ihr nicht abnehmen.

Wie auch? Er strahlte Macht und Selbstbeherrschung aus. Das war ihr sofort an ihm aufgefallen. Außerdem hatte sie von seinen Erfolgen gelesen – überragend für einen unter Dreißigjährigen.

Wie sollte er verstehen, wie es sich anfühlte, hilflos zu sein? Verzweifelt.

„Warum hast du mich überhaupt geheiratet, Cesare?“

Endlich schaffte sie es, sich aus ihrer Erstarrung zu lösen und das Glas auf einem Beistelltisch abzustellen.

Unter Cesares einschüchterndem Blick schlang sie schützend die Arme um ihre Mitte. Warum hatte sie den Seidenmantel nicht anbehalten? Oder irgendetwas anderes, das kein hauchdünner Stoff auf nackter Haut war?

„Du willst jetzt also die Unschuld mimen?“

Ida zuckte mit den Schultern. Er würde ihr ja doch nicht glauben. „Das war eine einfache Frage.“

„Zwecklos.“ Er nahm sein Glas wieder auf und trank einen kräftigen Schluck, als müsste er seine Nerven beruhigen.

„Du schuldest mir mehr als Beleidigungen.“ Ida beobachtete, wie er überrascht das Glas sinken ließ. „Ich habe dich geheiratet. Erklär mir wenigstens, was du ihm unterstellst.“

Ihr Tonfall war frostig. An Cesares Abscheu oder den giftigen Zorn ihres Großvaters kam sie nicht heran. Dennoch tat es gut, ihren Unwillen nicht zu verstecken.

Sie hob das Kinn und ignorierte die innere Stimme, die sie zur Vorsicht mahnte. Ein Leben lang war sie vorsichtig gewesen. Was hatte es ihr gebracht?

„Erklärst du es mir, oder willst du bloß deine schlechte Laune ertränken?“

Ida war über sich selbst erstaunt. So frech trat sie sonst nie auf. Doch Cesare hielt nur ihren Blick fest und nahm einen tiefen Schluck aus dem Kristallglas.

Diesen Blick zu erwidern, während er schluckte, verursachte bei Ida ein seltsames Gefühl.

Es war … intim. Das Funkeln in seinen Augen machte sie nervös, und auf einmal war sie sich seiner Nähe allzu bewusst. Ihr Inneres zog sich zusammen.

Sie spürte, wie sie errötete. Sein Blick war nicht nur herausfordernd, sondern auch sinnlich. Obwohl sie nicht sagen konnte, wieso.

Cesare spielte mit ihr. Sie wandte sich zum Gehen.

Doch da antwortete er. „Du kennst deinen Großvater. Du wohnst bei ihm.“

„Normalerweise nicht.“

Er runzelte die Stirn. Vielleicht hatte ihr Großvater so getan, als stünden sie sich nahe. Das würde zu ihm passen.

„Ich will ihn nicht entschuldigen, aber ich höre zum ersten Mal von Erpressung und Mord.“

Schweigend starrte Cesare sie an. Dann deutete er in Richtung der Sofas. „Setzen wir uns.“

„Ich bleibe stehen.“

Das war kein gemütliches Schwätzchen. Es kostete Kraft, so zu tun, als fühlte sie sich nicht ausgeliefert im hauchdünnen Seidennegligé. Doch sie musste es wissen.

Cesare starrte sie an. Bei seinem Charisma bekam er bei Frauen wohl immer seinen Willen.

Ida hob die Augenbrauen und gab sich gelassen. „Ich warte.“

„Es ist eine alte Geschichte. Fausto Calogero hasste meinen Großvater und hat ihm und meiner Familie Rache geschworen.“

„Warum? Was hat deine Familie getan?“

Cesare richtete sich gerade auf, sein Gesicht hochmütig. „Sie haben das Mädchen beschützt, das dein Großvater angegriffen hat. Dann haben sie die Polizei gerufen.“

„Er hat ein Mädchen angegriffen?“ Ida rieb sich die Arme, so kalt wurde ihr.

„Er behauptete, sie habe es auch gewollt. Aber sie war diejenige mit dem blauen Auge. Er hätte sie vergewaltigt, wenn mein Großvater nicht ihre Schreie gehört hätte. Danach hat Fausto Italien verlassen, bevor die Behörden ihn festnehmen konnten. Er warf meinem Großvater vor, die Stadt gegen ihn aufgehetzt zu haben.“

Ida würgte den bitteren Geschmack auf der Zunge herunter. Es überraschte sie nicht. Trotzdem schämte sie sich für die Tat ihres Großvaters. Es war, als hätte er damit auch sie beschmutzt.

Konnte es sein, dass diese Heirat Teil eines Racheplans war? Sie hatte ihn oft genug murmeln hören, dass er es seinen Feinden im Heimatland zeigen würde. Nachdem er in England ein Vermögen gemacht hatte.

Autor

Annie West
<p>Annie verbrachte ihre prägenden Jahre an der Küste von Australien und wuchs in einer nach Büchern verrückten Familie auf. Eine ihrer frühesten Kindheitserinnerungen besteht darin, nach einem Mittagsabenteuer im bewaldeten Hinterhof schläfrig ins Bett gekuschelt ihrem Vater zu lauschen, wie er The Wind in the Willows vorlas. So bald sie...
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