Heiße Affäre – süße Folgen!

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Es war eine kurze, heiße Affäre – mit süßen Folgen. Was Brianna dem sizilianischen Milliardär Lorenzo Parisi vorsichtshalber verschweigt! Denn zu negativ sind die Berichte im Internet über den angeblich skrupellosen Unternehmer. Doch als die junge Künstlerin nun zu einer Ausstellung nach Palermo fliegt, kreuzen sich ihre Wege erneut. Wie damals knistert es heftig zwischen ihnen, aber Brianna versucht verzweifelt, Lorenzo zu meiden. Zu groß ist ihre Furcht, dass der Milliardär ihr Geheimnis herausfinden könnte …


  • Erscheinungstag 20.02.2024
  • Bandnummer 2636
  • ISBN / Artikelnummer 0800242636
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Brianna Andersen schaute aus dem Fenster, als das Flugzeug in Palermo auf Sizilien zur Landung ansetzte.

Ihr Magen fühlte sich wie zugeschnürt an.

Das vorherrschende Gefühl war Aufregung. Sie würde ihre Werke bei einer internationalen Kunstausstellung zeigen. Sie würde die Gelegenheit bekommen, einen neuen Ort kennenzulernen. Sie würde schicke Cocktailpartys besuchen und mit Künstlern aus der ganzen Welt verkehren. Leute mit viel Geld würden ihre Arbeiten kaufen. Ihr ganzes Leben könnte sich von Grund auf ändern.

All ihre Träume wurden wahr … wenn auch an einem Ort, den sie sich nicht dafür ausgesucht hätte. Palermo mochte eine große Stadt sein, aber die Chancen, ihn wiederzusehen, standen leider nicht schlecht.

So gut es ging verdrängte sie ihn aus ihren Gedanken. Wenn sie ihm wirklich begegnete, würde sie so tun, als könne sie sich kaum noch an den Sommer erinnern, den sie vor zwei Jahren zusammen in Florenz verbracht hatten. Sie die junge Künstlerin, die alles in sich aufsaugte, was Italien an Kunst und Geschichte zu bieten hatte. Er – nun ja, eine Version von ihm, wie sich später herausstellen sollte – ein Geschäftsmann, der nach einem besonders profitablen Quartal seiner Firma Urlaub machte.

Er hatte nicht erwähnt, dass sein Unternehmen zu den größten und profitabelsten in Europa zählte. Auch hatte er verschwiegen, dass er Eigentümer und Geschäftsführer war, was ihn zum Milliardär machte. Ganz sicher hatte er nichts von der feindlichen Übernahme erzählt, die seine Firma unmittelbar vor seinem Kurzurlaub durchgeführt hatte. Und vor allem hatte er ihr nie gesagt, weshalb er ihre Liaison so abrupt beendet hatte.

Von einem auf den anderen Tag war er einfach verschwunden.

Heute konnte sie sich eingestehen, dass sie am Boden zerstört gewesen war. Damals hatte sie versucht, sich nichts anmerken zu lassen. Welcher Künstler träumte nicht von einer wilden Liebesaffäre in Italien, bevor er in die Heimat zurückkehrte? War das nicht wunderbar mondän und europäisch? Und vielleicht hatte sie innerlich ein bisschen Wehmut empfunden, während sie ihren Freunden zu Hause vorgespielt hatte, über die stürmische Affäre mit dem heißen Italiener zu lachen, aber dann … war Größeres passiert.

Und zwar ein positiver Schwangerschaftstest. Plötzlich waren ihre Gefühle für diesen Mann weniger wichtig als die Frage, was sie mit dem kleinen Abschiedsgeschenk machen sollte, das er ihr hinterlassen hatte.

Sie war fest entschlossen gewesen, es ihm zu sagen. Beinahe hätte sie bei der Erinnerung laut aufgelacht. Es wäre ein bitteres Lachen gewesen. Ja, es hatte ein paar Momente gegeben, in denen sie sich Märchen ausgedacht hatte. Selbst sie hatte sich manchmal ein Happy End gewünscht.

Aber dann hatte sie die Wahrheit über Lorenzo Parisi he­rausgefunden. Er war nicht nur Milliardär, hatte nicht nur sein eigenes Firmenimperium gegründet. Sondern war auch in eine Art Fehde verwickelt, die in Gewalttätigkeiten ausgeartet war … und zwar mit ihm als Drahtzieher.

Ein Zeitungsartikel nach dem anderen hatte Lorenzo Parisi als gefährlichen und skrupellosen Geschäftsmann beschrieben. Die Anschuldigungen hatten sie schockiert. Anfangs hatte Brianna sich geweigert, auch nur ein Wort zu glauben. Zwei Monate war sie mit ihm zusammen gewesen, und er hatte nie auch nur die Stimme erhoben.

War er ein starker Mann? Ja. Hatte sie jemals Angst vor ihm gehabt? Nicht ein einziges Mal.

Doch wie konnten so viele Berichte falsch sein? Sie hatte jeden Artikel gelesen, den sie finden konnte. Und der allgemeine Tenor lautete, dass er die treibende Kraft hinter dem Anschlag auf das Kind seines Rivalen war. Das war die für Brianna ausschlaggebende Information.

Damals hatte sich das Baby in ihrem Bauch nicht real angefühlt. Positiver Test hin oder her, sie hatte kaum Schwangerschaftssymptome gehabt. Ein bisschen Erschöpfung, ein paar diffuse Schmerzen. Sie hatte den Test nur gemacht, weil ihre Tage sich offenbar verspätet hatten. Obwohl sie also wusste, dass sie schwanger war, empfand sie die Tatsache wie eine eigenwillige Fantasie …

Seltsamerweise waren es ausgerechnet die Details des gewalttätigen Angriffs auf den Sohn von Lorenzos Konkurrenten, die sie dazu brachten, die Hand auf ihren Bauch zu legen und endlich zu akzeptieren, dass sie ein Kind unter dem Herzen trug. Und es war an der Zeit, eine Entscheidung zu treffen.

Wenn in den Artikeln die Wahrheit über Lorenzo stand – wenn er wegen ein paar zusätzlichen Dollars zu Gewalt griff, obwohl er doch schon so reich war –, dann konnte sie sich und ihr Kind nicht diesem rücksichtslosen Schläger ausliefern. Deshalb beschloss sie, es ihm nicht zu erzählen.

Sie zog zu ihren Eltern, verhielt sich unauffällig und wurde mit einer problemlosen Schwangerschaft gesegnet, aus der ein wunderschöner und prächtiger Junge hervorging.

Erst nach Gios Geburt hatte sie sich wieder mit Kunst beschäftigt. Die vielen schlaflosen Nächte und die Anforderungen, die ein Baby rund um die Uhr stellte, hatten das Bedürfnis in ihr geweckt, zu ihrer früheren Kreativität zurückzufinden. Zum Glück hatte sie engagierte und hilfsbereite Eltern, die ihr oder Gio nie das Gefühl gegeben hatten, eine Belastung zu sein.

Sobald das Flugzeug zum Stehen kam, schaltete sie das Handy ein. Während die anderen Passagiere um sie herumwuselten, wartete Brianna auf Nachrichten von zu Hause.

Als sie eintrudelten, musste sie lächeln. Einige SMS von ihrer Mutter, Fotos von Gio. Mit bezaubernd verschmiertem Gesicht nach dem Essen. Wie er glücklich an den Haaren seines Großvaters zerrte. Dann frontal in die Kamera grinsend. Und schließlich selig schlummernd. Bei jedem einzelnen Bild verspürte sie einen kleinen Stich mitten ins Herz.

Trotzdem bereute sie nicht, hergekommen zu sein. Ihre Eltern passten gut auf ihn auf. Und sie konnte sich darauf konzentrieren, weshalb sie hier war: auf ihre Kunst. Auf ihre Karriere. Auf eine Gelegenheit, dafür zu sorgen, dass es ihren Eltern und Gio in Zukunft an nichts fehlte.

Und selbstverständlich darauf, Lorenzo Parisi aus dem Weg zu gehen.

Lorenzo Parisi stand in einer schattigen Ecke der Galerie und beobachtete das Geschehen um ihn herum. Niemand kam zu ihm. Ein paar Besucher schauten in seine Richtung und flüsterten dann hinter vorgehaltenen Händen miteinander. Die meisten gaben sich große Mühe, ihn zu ignorieren.

Sollte doch jeder tun, was er wollte. Lorenzo wusste, dass man ohnehin nichts gegen vorgefasste Meinungen tun konnte. Genau aus diesem Grund hatte Dante Marino ja auch einen so beeindruckenden Medienkrieg gegen ihn geführt.

Ob er die Drohungen gegen die Familie Marino abstritt, sich über die Vorwürfe aufregte oder ruhig erklärte, dass er unschuldig war … es spielte keine Rolle. Dante hatte die öffentliche Wahrnehmung gekauft. Er hatte seine jahrhundertealte Familiengeschichte und den Respekt, den sein Name besaß, zu seinem Vorteil genutzt.

Im Grunde konnte Lorenzo es dem Mann kaum verübeln. Hätten ihm solche Waffen zur Verfügung gestanden, hätte er sie vermutlich auch eingesetzt. Aber er hatte eben keine lange Ahnenreihe vorzuweisen, er besaß nicht den Luxus von über Generationen aufgehäuften Reichtümern oder uralter Beziehungen. Er war in Armut aufgewachsen und hatte um jeden Cent und jedes bisschen Macht kämpfen müssen.

Zum Glück hatte er sich als guter Stratege erwiesen, denn am Ende hatte er weit mehr erreicht, als er sich in seinen kühnsten Träumen vorgestellt hatte. Vielleicht war das der Grund, weshalb er Dantes Lügen mit einer gewissen Gelassenheit begegnete. Irgendwann würde der Mann seine Schwäche offenbaren, und dann würde Lorenzo zuschlagen.

Er wusste immer, wann er zuschlagen musste.

Außerdem liefen seine Geschäfte weiterhin erfolgreich. Das war das Entscheidende. Sollte Dante doch seinen persönlichen Krieg führen – Lorenzo interessierte sich nur für Ergebnisse.

Natürlich sah sein Ziel heute Abend ein wenig anders aus. Nicht die Geschäfte hatten ihn hergeführt, sondern die ausstellende Künstlerin.

Und da war sie. Nicht ganz in Schwarz gekleidet, wie viele andere Künstler. Sie entsprach nicht dem Klischee, das er von Künstlern als launische, seltsame und immer düster vor sich hinbrütende Wesen im Kopf hatte.

Sie war klug. Fröhlich. Verträumt. Und ihre Kunst spiegelte genau das – unterlegt mit einer makabren und skurrilen Note. Ihre wunderschönen Landschaften und Porträts überlagerte sie mit einer Art Stickerei, um dunklere Schatten anzudeuten. So wurden Knochen unter einem Kleid sichtbar oder Blut, das aus der hübschen Natur quoll.

Es wunderte ihn nicht, dass ihre Kunst gut ankam. Sie war einzigartig, seine Brianna – was daran sollte die Kunstwelt nicht lieben?

Seine Brianna. Die Worte ließen ihn zusammenzucken. Vor zwei Jahren hatte er mit ihr Schluss gemacht, als sie angefangen hatte, auf Ideen zu kommen … und er diese Ideen nicht so schrecklich gefunden hatte, wie er eigentlich sollte. Gerade hatte er seine ersten geschäftlichen Erfolge verbuchen können. Das war ihm zu Kopf gestiegen, wie er sich heute eingestehen konnte. Platzend vor Selbstvertrauen war er in Urlaub gefahren – so sorglos, dass er sich nicht mehr unter Kontrolle hatte.

Damals wie heute hatte Lorenzo einen klaren Plan für sein Leben besessen. Gewisse Herausforderungen, Umwege und Überraschungen hatte er einkalkuliert, aber für Frauen und Beziehungen hatte es nie einen Platz gegeben. Die Ehe mit einer mittellosen amerikanischen Künstlerin passte nicht in seinen Lebensentwurf – also musste die Liaison beendet werden.

Er hatte sich von ihr getrennt und sich auf das konzentriert, was wirklich wichtig war.

Sein Imperium aufzubauen. Seine Familie zu beschützen.

Er hatte seine Entscheidung nie bedauert, auch wenn ihr Anblick seine Überzeugungen jetzt ins Wanken zu bringen drohte. Es war, als habe es die vergangenen zwei Jahre nie gegeben – und er war wieder der Narr, der sie unbedingt für sich allein haben wollte.

Seither war keine andere Frau mit Brianna vergleichbar gewesen, was ihn wirklich irritierte. Zwei Jahre später befand er sich im selben Raum wie sie und fühlte genau dasselbe wie damals, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte.

Es war in einem Museum gewesen. Sie hatte gemalt. Er erinnerte sich an alle Details: Jeans und ein bunter Pullover, die Haare lose hochgesteckt. Im Gegensatz zu den anderen Künstlern in ihrer Gruppe konzentrierte sie sich ganz auf ihre Arbeit. Während die meisten schon plaudernd zusammenpackten, war sie noch in ihr Werk vertieft.

Lorenzo war hingerissen. Er beobachtete sie, bis sie fertig war. Erst dann ging er zu ihr. Ein Kaffee führte zu einem Abendessen, und dann waren zwei Monate wie im Flug vergangen.

Manchmal fragte er sich immer noch, ob diese zwei Monate nicht ein Traum gewesen waren. Eine Halluzination. Auf jeden Fall war er nicht er selbst gewesen. Vielleicht hatte sie ihn verhext. Gelegentlich wollte er das lieber glauben, als die Wahrheit zu akzeptieren.

Brianna Andersen war schlicht außergewöhnlich.

Heute Abend war sie nicht so leger gekleidet wie damals – sie trug ein Kleid in Gold und Weiß mit atemberaubenden Cut Outs, unter denen nackte Haut schimmerte. Ihre Augen waren dunkel geschminkt, das Haar fiel ihr in langen dunklen Wellen über die Schultern. Ihre Wangen wirkten leicht gerötet. Gerade war sie in ein Gespräch mit einer Frau vertieft, die von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet war. Die beiden standen vor einem großen Werk, in dem Lorenzo sofort Briannas Hand erkannte.

Sein Blick folgte ihr, als sie von der Frau in Schwarz durch den Raum geführt und verschiedenen Leuten vorgestellt wurde. Die ganze Zeit über hielt sie eine Champagnerflöte in den Händen, trank aber nie einen Schluck.

Und nicht ein einziges Mal schaute sie in seine Richtung. Kein einziges Mal wagte sie sich in die Nähe seiner schattigen Ecke. Fast hätte er denken können, sie habe ihn einfach nicht gesehen.

Also wartete er, bis die ersten Gäste sich zum Gehen wandten. Etliche Werke waren mit roten Punkten als verkauft gekennzeichnet – von ihren mehr als von den anderen Künstlern. Ein seltsamer Anflug von Stolz machte sich in ihm breit, dass sie der Star des heutigen Abends war.

Vermutlich war es genau diesem Stolz geschuldet, dass er sich zum Handeln entschloss, obwohl er eigentlich geplant hatte, nur zu beobachten. Also ging er zu ihr. Er wollte eine Bemerkung über das Porträt machen, auf das sie so aufmerksam schaute, konnte aber den Blick nicht von ihr abwenden. Zum Greifen nah. Da stand er nun und sah sie an, während sie nur Augen für das Bild hatte. Als ob sie seine Gegenwart gar nicht spüren würde.

„Hallo, Brianna.“

Sie rührte sich nicht. Einen Moment stand sie vollkommen still. Sie wirkte wie erstarrt in der Entscheidung, ob sie kämpfen oder flüchten sollte.

Eigentlich war nichts Bemerkenswertes an ihr. Durchschnittliche Größe und Figur. Dazu braunes Haar, blaue Augen, ein heller Teint. Ein typisches amerikanisches Mädchen.

Und doch …

Die goldenen Akzente ihres Kleides, das sich auf wunderbare Weise an ihre Kurven schmiegte, besaßen etwas Poetisches. Der Anblick der hellen Haut ließ ihn dieselbe Wärme wie damals empfinden – die er seither nicht mehr gespürt hatte, egal wie viele Frauen es in seinem Bett gegeben hatte. Das Blau ihrer Augen erinnerte ihn an etwas, das er nie hatte einordnen können, obwohl er viele Stunden damit verbracht hatte, es zu versuchen.

Schließlich wandte sie den Kopf. Mit höflicher Miene schaute sie zu ihm auf. „Oh. Hallo …“ Sie brach ab, als würde sie nicht mehr wissen, wer er war.

Lorenzo lachte. Vielleicht aus Arroganz. Vielleicht lag es an der Tatsache, dass sie keine gute Schauspielerin war. Nicht für eine Sekunde nahm er ihr ab, dass sie ihn vergessen hatte.

„Lass uns keine Spielchen spielen, tesoro. Das passt nicht zu dir.“

Mit einer gewissen Anerkennung stellte er fest, dass sie seinem Blick standhielt. Weder wich sie zurück, noch verengten sich ihre Augen. Unverwandt schaute sie ihn leicht verwundert an. Nur auf ihren Wangen zeichnete sich allmählich verräterische Röte ab. „Lorenzo. Es ist lange her“, sagte sie dann.

„Das ist es, Brianna.“ Er schenkte ihr ein Lächeln von der Art, das sie damals als verhängnisvoll bezeichnet hatte.

Sie lächelte nicht zurück.

„Ich … es tut mir leid. Ich muss gehen.“ Sie machte einen Schritt rückwärts. Erst jetzt fiel ihm auf, dass sie die ganze Zeit über keinen wirklichen Augenkontakt hergestellt, sondern nur auf seine Stirn geschaut hatte. Noch ein Schritt nach hinten, damit sie sich außerhalb seiner Reichweite befand, dann drehte sie sich um und eilte in Richtung der Toiletten davon.

Völlig verwirrt sah er ihr nach – ein Zustand, in dem er sich nicht oft befand. Noch einmal blickte sie über die Schulter zu ihm zurück. Den Ausdruck in ihren Augen konnte er zunächst nicht einordnen. Es lag keine Bosheit in diesen blauen Tiefen, kein Hass, weil er die Affäre so abrupt beendet hatte, keine Verlegenheit oder gar Verzweiflung.

Dann erkannte er die Angst darin.

Alle anderen Reaktionen hätte er verstanden, aber selbst wenn sie jedes einzelne Gerücht über ihn gehört hatte, ergab Angst keinen Sinn. Keine einzige Frau hatte ihn je beschuldigt, ihr Gewalt angetan zu haben – obwohl Dante zweifellos versucht hatte, einige für diese Geschichte zu kaufen. Dante schreckte vor nichts zurück.

Lorenzo betrachtete die Stelle, an der Brianna gerade noch gestanden hatte. Irgendetwas war … nicht in Ordnung.

Und er würde nicht eher ruhen, bis er herausgefunden hatte, was es war.

2. KAPITEL

„Das war wirklich dumm“, murmelte Brianna zu sich selbst, während sie ihr Spiegelbild über dem Waschtisch anstarrte. Zum Glück befand sich sonst niemand auf der Toilette, weshalb sie ungeniert aufstöhnen und Selbstgespräche führen konnte.

Zu flüchten war das Gegenteil von sich nichts anmerken zu lassen. Sie hätte stehen bleiben und ein bisschen Smalltalk halten müssen, um sich dann in aller Ruhe zu entschuldigen!

Aber Lorenzo von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, hatte sich angefühlt, als würde sie mit den Fingern in eine Steckdose fassen. Keine noch so gute Vorbereitung hätte sie vor dieser heftigen Reaktion geschützt.

Genauso hatte sie sich vor zwei Jahren gefühlt. Überwältigt. Verzaubert. Und alles, was er getan hatte, war, Hallo zu sagen und sie zu beschuldigen, Spielchen zu spielen. Was war denn nur los mit ihr?

Brianna atmete tief ein, zog ihr Handy aus ihrer kleinen Handtasche und betrachtete das Bild auf dem Sperrbildschirm. Umrahmt von einem Strauß aus Tulpen grinste Gio sie an.

Sie war seinetwegen hier. Und für alles, was diese Ausstellung für ihre Zukunft bedeutete. Normalerweise war das Foto ihr Leitstern, der sie auf Kurs hielt, aber jetzt sah sie nur, dass er die Nase und das Lächeln seines Vaters besaß.

Und sie war Mutter. Es gab jemanden, den sie beschützen musste.

Sie würde sich nicht schuldig fühlen, weil sie Gio Lorenzo verschwiegen hatte. Nicht, wenn er vielleicht eine Gefahr für ihn bedeutete. Wenn es die Familie seines Konkurrenten treffen konnte, weshalb dann nicht auch seine eigene?

Warum war er überhaupt hier? Sie erlaubte sich nicht, die Möglichkeiten genauer zu untersuchen. Denn die eine, von der sie wollte, dass sie stimmte, war die, die nicht wahr sein durfte.

Er ist hier, um dich zu sehen.

Tja, Pech gehabt. Sie würde gehen. Sie würde ihm keine Chance geben, um … was auch immer zu tun. Auch wenn ihr Herz einen Schlag bei dem Gedanken aussetzte, dass er seit zwei Jahren an sie dachte. An sie gedacht hatte und sie sehen wollte und …

Nein. Es gab kein und. Wichtig war jetzt nur, diesen Ort so schnell wie möglich zu verlassen, um Gio nicht in Gefahr zu bringen.

Entschlossen steckte sie ihr Handy zurück in die Tasche und marschierte wieder in den Ausstellungsraum. Kinn hoch, Schultern nach hinten, Entschlossenheit ausstrahlend.

Doch als sie ihren Blick über die Gäste schweifen ließ, entdeckte sie ihn nirgends. Er war verschwunden. Erleichtert atmete sie aus.

Es war nur so, dass die Erleichterung sich seltsamerweise wie Enttäuschung anfühlte. Das behagte ihr gar nicht. Zeit zu verschwinden. Sie fand die Organisatorin der Ausstellung und verabschiedete sich von ihr. Draußen wartete ein Wagen, der sie ins Hotel bringen würde.

Bevor sie von der Tür zum Wagen gelangte, sah sie sich mit einem kleinen Hindernis konfrontiert.

Dem Mann, dem sie aus dem Weg zu gehen versuchte.

Er stand auf dem Bürgersteig und betrachtete die wunderschön beleuchteten Gebäude im nächtlichen Palermo.

Sie hatte nicht vergessen, welche Wirkung er ausstrahlte. Eine angeborene Energie ging von ihm aus. Es kam ihr vor, als habe sie sich schon immer davon angezogen gefühlt – noch bevor sie ihm überhaupt begegnet war.

Kurz überlegte sie, wieder kehrtzumachen und nach drinnen zu gehen, aber sein Blick hatte ihren längst gefunden. Mitten auf der Türschwelle blieb sie stehen und konnte sich nicht mehr rühren.

Er lächelte. Oh, Gott. Gleich würde sie wieder etwas Dummes tun. Denk an Gio! Beschütze deinen Sohn.

„Noch einmal Hallo“, begann er. „Kommst du raus, oder flüchtest du nach drinnen?“

Brianna blinzelte und kramte fieberhaft in ihrem Gehirn nach einer bissigen Antwort. Sie hatte geahnt, dass das passieren konnte. Genau auf die Situation hatte sie sich vorbereitet. Tatsächlich hatte sie sogar vor dem Spiegel geübt, zwanglose und desinteressierte Dinge zu ihm zu sagen.

Nicht vorbereitet hingegen war sie auf die Gefühle von damals, die plötzlich wieder lebendig wurden. Die Rüstung, die sie so sorgfältig angelegt hatte, bekam Risse. Auf einmal fühlte sie sich sehr verletzlich.

„Hast du Angst vor mir, tesoro?“, schnurrte er. „Ich kann mir gar keinen Grund vorstellen“, fuhr er mit seidiger Arroganz fort, die half, den Nebel zu lichten, der sich um ihr Denkvermögen gelegt zu haben schien.

„Kannst du nicht?“, gab sie zurück. Sie zwang sich, die Schwelle zu überqueren, hielt sich jedoch in der Nähe der Tür. So blieb ihr ein Fluchtweg, falls sie einen brauchte. „Nicht bei all den Gerüchten, die um deine Person kursieren?“

Einen winzigen Moment huschte ein seltsamer Ausdruck über seine Miene. „Sag mir, Brianna, glaubst du jedes Gerücht, das du hörst? Oder nur die über frühere Liebhaber?“, erkundigte er sich geradezu beiläufig, als würden sie über ein ganz banales Thema sprechen.

Das Wort Liebhaber in seiner tiefen samtenen Stimme perlte über ihren Rücken. Ihr Körper schien sich mit aller Macht an das erinnern zu wollen, was ihr Kopf vergessen wollte.

Gio. Denk an Gio. Doch die Mahnung half nicht. Unvermittelt stiegen Schuldgefühle in ihr auf.

Der Mann vor ihr wusste nicht, dass er einen Sohn hatte. Nie hatte Gio ihm ein bezauberndes Lächeln geschenkt, nie hatte er ihn in den Armen gehalten.

Weil er ein gewalttätiger Krimineller ist, Brianna. Weil er mit gefährlichen Geschäften zu tun hat, die seinen Sohn verletzen könnten. Und nichts davon ist deine Schuld.

„Ich habe keinen einzigen Artikel gesehen, der die Anschuldigungen gegen dich widerlegt“, entgegnete sie. Sie würde sich nicht einschüchtern lassen.

Lorenzo neigte den Kopf zur Seite, streckte den Arm aus und berührte mit einem Finger ihre Wange. Sein Blick blieb auf den Finger gerichtet, als er ihn langsam bis zu ihrem Kinn gleiten ließ. Die zarte Berührung durchfuhr sie wie ein Blitz. Ein Schauer überlief sie, was nicht sein sollte. Sie sehnte sich nach mehr und wusste, dass sie das nicht durfte.

Das war keine Einschüchterung. Es war Verführung. Diesen Weg hatte sie schon einmal beschritten. Jetzt musste sie klüger sein als vor zwei Jahren. Stärker.

„Mein ursprüngliches Statement weist alles zurück“, erklärte er.

„Das stammte von deinem Pressesprecher.“ Sie sollte sich bewegen – sollte sich seiner zärtlichen Berührung entziehen. Sie durfte nicht zulassen, dass er ihren Verstand manipulierte.

„Du bist wirklich sehr gut informiert. Ich wusste nicht, dass die Angelegenheiten eines einfachen sizilianischen Geschäftsmannes in Amerika für Schlagzeilen sorgen würden.“

„Du bist wohl kaum ein einfacher sizilianischer Geschäftsmann. Aber das habe ich erst erfahren, als ich nach Hause gekommen bin.“

Nach Hause. Gio. Verschwinde von hier, Brianna.

Endlich gelang es ihr, ihren Körper in Bewegung zu setzen – einen Schritt weg von ihm, weg von seinem Finger, seiner Aura. Gleich dort vorne wartete der Wagen, der sie in Sicherheit bringen würde.

„Ich dachte, wir könnten einen Kaffee trinken. Ein wenig miteinander plaudern.“

Mitten im Schritt blieb sie stehen. War er verrückt geworden? Brianna sah nicht auf, sondern zwang sich, ruhig weiterzugehen. „Es war nie nur Kaffeetrinken mit uns, Lorenzo.“

Leise lachend schloss er mühelos zu ihr auf. Sein Lachen war tief und warm und wirkte auf sie wie eine Droge. Denn nur eine Droge konnte sie dazu bringen, Dinge zu wollen, von denen sie wusste, dass sie viel zu gefährlich waren. „Wäre mir auch ein Vergnügen.“

Die Worte trafen sie wie ein Faustschlag. In den vergangenen zwei Jahren hatte sie sich ausschließlich damit beschäftigt, sich erst auf die Mutterschaft vorzubereiten und dann eine alleinerziehende Mutter zu sein. Seither hatte sie nichts mehr genossen, was auch nur im Entferntesten erotischer Natur war. Allmählich hatte sie sich schon gefragt, ob überhaupt noch solche Sehnsüchte in ihr existierten.

Sizilien und Lorenzo bewiesen ihr gerade, dass dem durchaus so war.

Es machte sie wütend, dass so wenig ausreichte, um sie in Versuchung zu führen. Er hatte sich nie dafür entschuldigt, dass er so unvermittelt mit ihr Schluss gemacht hatte. Es schien ihm nicht einmal bewusst zu sein, dass seither zwei Jahre vergangen waren. Er lud sie einfach zum Kaffee ein, als sei es das Selbstverständlichste der Welt.

„Ich werde keinen Kaffee mit dir trinken. Oder irgendetwas anderes tun, Lorenzo.“

„Warum nicht?“

Warum nicht? Warum nicht? Überraschenderweise wallte heiße Wut in ihr auf, und sie wirbelte zu ihm herum. Überraschend deshalb, weil sie geglaubt hatte, längst darüber hinweg zu sein und ihren Frieden mit ihm geschlossen zu haben. Und trotzdem regten sich Gefühle in ihr, selbst Jahre später noch, indem er mit ihr flirtete, als habe er nichts Falsches getan!

„Du hast mich angelogen. Du hast mich verlassen. Von jetzt auf gleich und ohne Erklärung. Wir können das alles einer naiven Kunststudentin auf ihrer ersten Auslandsreise anlasten, die sich nur allzu leicht von einem charmanten Geschäftsmann verführen lässt. Schön und gut. Aber diese Frau bin ich nicht mehr. Und ich kann einfach nicht mehr zufällige Affären mit Männern haben, die so wenig Tiefe und Anstand besitzen.“

Lorenzo hielt sein Temperament unter eiserner Kontrolle, obwohl die Bemerkung über seinen Mangel an Anstand ihn wirklich traf. Also sorgte er dafür, dass Ärger und Beleidigungen an ihm abprallten. Es gelang ihm sogar zu lächeln. Denn hinter ihren Worten lag etwas, das er nicht ganz verstand.

Sie benahm sich … sonderbar. Als hätte sie etwas zu verbergen. Als sei er jemand, vor dem sie Angst hatte. Das passte selbst dann nicht zusammen, wenn sie noch immer wütend auf ihn war, wegen seiner … abrupten Abreise vor zwei Jahren. „Warum nicht?“

Sie blinzelte verwirrt. „Warum nicht was?“

„Warum kannst du keine Affäre mit einem Mann anfangen? Damals hat dir das gefallen.“ Gefallen beschrieb nicht einmal annähernd das, was zwischen ihnen aufgeflammt war – damals und heute auch, aber er wollte nicht zu hoch pokern.

Brianna öffnete den Mund, aber es kam kein Ton heraus. Er sah, wie sie um eine Antwort rang.

„Verheiratet?“

Autor

Lorraine Hall
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