Tage mit dir, Nächte der Sehnsucht

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Ungläubig stellt Hotelmanagerin Eleanora DeLuca fest, dass sie nach einer einzigen Liebesnacht ein Kind erwartet! Der Vater? Ihr Boss, Marco Pearson, freiheitsliebender Eigentümer der Grand York Hotelgroup. Die Erinnerung an die verboten erotischen Stunden treibt Eleanora noch immer die Röte ins Gesicht. Selbst ihr Geständnis, dass er Vater wird, kühlt die Hitze zwischen ihnen nicht ab – im Gegenteil. Aber Marcos Pläne für die Zukunft lassen ihr Herz in Scherben zurück … oder wartet in diesem Jahr doch noch ein Weihnachtswunder auf Eleanora?


  • Erscheinungstag 14.11.2023
  • Bandnummer 232023
  • ISBN / Artikelnummer 0800230023
  • Seitenanzahl 144

Leseprobe

1. KAPITEL

Gab es etwas Peinlicheres, als von einem Mann schwanger zu sein, der sich wünschte, er hätte nie mit dir geschlafen?

Auf jeden Fall! Zum Beispiel wenn es sich dabei um deinen Boss handelte, der auch noch dein Jugendfreund war …

Eleanora DeLuca starrte auf den Schwangerschaftstest und wusste nicht, ob sie ungläubig aufstöhnen oder in totale Panik verfallen sollte. Dabei war der 24. August, der Eröffnungstag ihres Hotels, der schönste Tag ihres Lebens gewesen.

Okay, rein faktisch gehörte das Hotel nicht ihr, sondern zur Grand York Hotel Group, und sie war lediglich die Managerin der Dependance in Rom, dem ersten internationalen Hotel des Unternehmens, womit ein neues Kapitel in der Grand York Hotel-Geschichte geschrieben wurde.

Es war zugleich Ehre, Vertrauensbonus und Herausforderung, dem Projekt ihren Stempel aufdrücken zu können, was sie angemessen mit Champagner begossen hatte.

Aber die eigentliche Krönung des Abends war etwas ganz anderes gewesen: die ungeteilte Aufmerksamkeit ihres guten Freundes und heimlichen Dauerschwarms Marco Pearson … nebenbei auch ihr Boss und Miteigentümer der Hotelkette. Nach dem erfolgreichen Tag waren sie sich auf dem Weg zu der für sie reservierten Suite nähergekommen, hatten sich geküsst und später so leidenschaftlich geliebt, dass ihr Herz beim bloßen Gedanken daran schon wieder ganz oben im Hals schlug.

Am nächsten Morgen war sie allein aufgewacht, und als sie später ihr Büro im ersten Stock des Hotels betrat, teilte man ihr mit, Marco sei bereits zurück nach New York geflogen. Einige Tage später rief er sie an. Es sei ein Fehler gewesen, mit ihr zu schlafen. Nicht, weil er sie nicht mochte … ganz im Gegenteil. Ihre Freundschaft habe immerhin zweieinhalb Jahrzehnte überdauert und sei viel zu kostbar, um sie durch eine Kurzschlusshandlung zu gefährden.

Marco fand, sie sollten zukünftig wieder nur beste Freunde sein.

Eleanora schloss die Augen und stöhnte auf. Sie war von ihrem Boss schwanger!

Der sich wünschte, sie hätten nie miteinander geschlafen.

Er war klug, kultiviert und jemand, der sich regelmäßig mit Filmstars und Social-Media-Influencern traf. Und sie? Sie trug sein Kind unter dem Herzen.

Was hatte sich das Universum nur dabei gedacht? Im Grunde genommen war ihr gesamtes Leben eine Studie über Murphys Gesetz. Wenn irgendetwas schieflaufen konnte, dann unter Garantie bei ihr.

Ihr privates Handy klingelte, und als sie es vom Nachttisch nahm und aufs Display schaute, schluckte sie mühsam. Es war der Mann ihrer Träume … der Vater ihres Kindes.

Eleanora richtete sich steif auf und holte tief Luft. „Guten Morgen, Marco.“

„Was ist los mit dir?“, war das Erste, was er wissen wollte. „Ich habe versucht, dich auf deinem Firmenhandy zu erreichen, aber du bist nicht rangegangen.“

Sie sah ihn bildhaft vor sich, wie er in der Büroetage der Grand York Hotel Group in Manhattan hinter seinem großen Schreibtisch saß. Der perfekte Businesstyp im dunklen Anzug mit Krawatte und kurzem nachtschwarzen Haar. Aber unter der korrekten Fassade so athletisch gebaut, dass er an eine dieser antiken römischen Statuen erinnerte … wie sie inzwischen aus erster Hand wusste. Sie hatten sich Zärtlichkeiten zugeraunt, sie hatte ihn zum Lachen gebracht und vor Verlangen und Ekstase stöhnen hören …

„Hallo?“

„Ich bin noch da.“ Sehnsucht und Verwirrung ließen ihre Stimme rau klingen. Dabei war sie klug genug, sich nicht nach etwas zu sehnen, das sie nicht haben konnte. Eine Schwangerschaft würde nichts an seiner Einstellung ändern. Und selbst wenn … wollte sie einen Vater für ihr Kind, der es bereute, mit ihr geschlafen zu haben?

„Eleanora?“

Was für ein Schlamassel! Was ihr jetzt bevorstand, betraf ja nicht nur ihr Privatleben, sondern auch ihren Job. „Ich bin heute nicht ganz fit“, sagte sie gepresst.

„Oh, entschuldige! Du bist krank und ich störe dich. Ich leg auf und ruf in den nächsten Tagen noch einmal an.“

Auf keinen Fall sollte er glauben, dass sie Probleme mit ihrem Job hatte. „Halb so wild, nur Kopfweh, mit dem ich heute Morgen aufgewacht bin.“

Sie warf den Schwangerschaftstest in den Papierkorb und ärgerte sich über die dumme Lüge. Sie log nie! Fast war sie geneigt, ein leider hinzuzufügen. Denn sie würde auch Marco nicht anlügen, was seine Vaterschaft betraf. Es war bereits der 24. Oktober, und damit zwei Monate nach Beginn ihrer Schwangerschaft. Sie musste mit ihm reden, ehe sie einen Babybauch bekam – also so schnell wie möglich.

„Ich nehme eine Kopfschmerztablette und bin in etwa einer Stunde im Büro. Dann kannst du mich dort erreichen.“

„Sicher? Willst du nicht lieber einen Arzt aufsuchen?“

„Ganz sicher“, erwiderte sie gepresst, im Wissen, dass seine Rolle als ihr bester und ältester Freund die des Chefs, der er ja auch für sie war, momentan überwog.

„Wie gesagt, ich bin in einer Stunde in meinem Büro, dann können wir alles besprechen.“

„Ich wollte dich nur daran erinnern, dass ich nächste Woche in Rom sein werde.“

Fast wäre ihr das Handy aus der Hand gerutscht. „Das habe ich nicht vergessen“, sagte sie gepresst und hätte sich dafür am liebsten selbst geschüttelt.

Marco lachte. „Hey, du fürchtest dich doch wohl nicht vor einem kleinen Kontrollbesuch deines Chefs?“, zog er sie auf. „Wie ich dich kenne, wird kein einziges Stäubchen meine weißen Kontrollhandschuhe verunreinigen.“

Wenn er wüsste! Zum Glück blieb ihr jetzt eine Art Galgenfrist von sieben Tagen, um zu entscheiden, was sie tun wollte und was sie sagen sollte und wie …

„Okay, Marco. Wenn das momentan alles ist … ansonsten wie gesagt in einer Stunde am Schreibtisch.“

„Vergiss die Kopfschmerztablette nicht.“

Sie schnitt eine Grimasse, die er zum Glück nicht sehen konnte. „Werde ich nicht.“

Marco Pearson legte den Hörer auf, runzelte die Stirn, lehnte sich in seinem Bürostuhl zurück und schwenkte so weit herum, dass er den atemberaubenden Blick auf Manhattan vor sich hatte.

Er hatte Eleanora noch nie so … so unprofessionell erlebt wie gerade eben.

Seit der Nacht anlässlich der Eröffnung des Grand York Rome ging sie ihm nicht mehr aus dem Sinn inklusive verstörender Erinnerungsblitze!

Zum Beispiel, wie sie auf der Party im Ballsaal getanzt hatten. Ihr helles Lachen, als sie später leichtfüßig die kunstvolle Treppe zu ihrer Suite hinauflief. Dann ein atemloser Gedankensprung, und Eleanora nackt, weich und anschmiegsam, das kastanienbraune Haar zerzaust, funkelnde grüne Augen …

Nie hatte er eine Frau heftiger begehrt. Doch mit seinem besten Kumpel zu schlafen, war ein Riesenfehler gewesen.

Sie kannten sich seit ihrer frühesten Kindheit und hatten gemeinsam sämtliche Höhen und Tiefen der Highschool durchschritten. Und sie war seine erste Angestellte gewesen, als sein Vater ihm nach seinem Abschluss die Leitung der Rezeption im ersten Grand York überließ. Er hatte sie nach ihrem ersten Kater wieder auf die Beine gebracht, und sie hatte ihm geholfen, das Trauma nach dem schmerzlichen Verlust seiner Mutter zu überwinden. Ihre Väter waren immer noch Freunde, und ein kluger Mann würde eine solche Beziehung nicht wegen einer heißen Nacht aufs Spiel setzen.

Dazu kam, dass sie ihre Geheimnisse und Träume kannten. Eine problematische Trennung könnte sich als explosiv, wenn nicht sogar als destruktiv erweisen. Denn dass sie sich irgendwann trennen würden, war so gut wie sicher. Eleanoras wie seine Erfolgsbilanz, was Beziehungen betraf, war gleich null. Sie schien immer bei Typen zu landen, die nicht gut für sie waren, und er glaubte nicht an ein Happy End und hatte sich bereits vor langer Zeit geschworen, sich niemals zu binden.

Und was die Nacht mit ihr betraf … Wenn sie diese Sache weiterführen würden, könnte das ihre Karriere zerstören, und auch seiner würde es zumindest schwer schaden. Am beängstigendsten aber war: Ihre Väter würden sich einmischen.

Das durfte er nicht zulassen!

Als Marco sie Tage später angerufen und ihr erklärt hatte, dass es mit ihnen nicht in dieser Art weitergehen könne, hatte sie das akzeptiert. Während seines geplanten Besuchs in Rom wollte er ihr vermitteln, dass sich zwischen ihnen nichts geändert hatte. Sie waren immer noch beste Freunde, würden es für immer bleiben und es nie wieder so weit kommen lassen.

Ganz gleich, wie unglaublich diese Nacht gewesen war …

Die Tage bis zur geplanten Abreise nach Rom zogen sich für Marco quälend in die Länge, doch als er am späten Montagabend die Gangway zum firmeneigenen Privatjet hinaufstieg, fühlte er sich erstaunlich beklommen. Dabei gab es keinen Boulevardartikel darüber, dass er sich am Abend der Hoteleröffnung in Rom zum Affen gemacht hätte. Es war auch kein Mitarbeitertratsch wegen seines unangemessenen Verhaltens zu ihm durchgedrungen.

Tatsächlich hatte er nichts getan, was egal wen hätte misstrauisch machen können. Mit Eleanora, seiner in Rom neu eingesetzten Hotelmanagerin zu tanzen, war eine normale, absolut nachvollziehbare Geste gewesen. Sie später die Treppe hinaufzubegleiten, konnte auch kein Aufsehen erregt haben, da jeder wusste, dass sie langjährige Freunde und Vertraute waren. Niemand würde vermuten, dass er ihr nicht nur bis in ihr Zimmer gefolgt war, sondern auch noch mit ihr geschlafen hatte.

Und selbst wenn … das war es nicht, was Marco beunruhigte und verunsicherte, sondern allein ihre enge Freundschaft, die er nicht gefährden wollte.

Als sie letzte Woche miteinander telefoniert hatten, hatte er erwartet – oder besser gehofft –, sie würde absolut locker sein und so tun, als wäre nichts zwischen ihnen vorgefallen. Stattdessen hörte sie sich seltsam bedrückt an und erzählte etwas von Kopfschmerzen, zu denen sie seines Wissens noch nie geneigt hatte. Hatte sie die nur vorgeschützt, weil sie nicht mit ihm reden wollte?

Während er seinen Sitzplatz einnahm, kam es ihm immer wahrscheinlicher vor, dass seine beste Freundin vielleicht doch ein Problem mit ihm hatte und es nur nicht zugeben wollte, um den Frieden zu wahren und ihren Job zu schützen.

Wie geplant verschlief Marco den langen Flug und wachte erst auf, als die Stimme des Copiloten ankündigte, dass sie gleich landen würden. Ein Blick auf die Uhr verriet ihm, dass es in Italien fast Mittag war. Nachdem er die Stufen vom Jet hinunter aufs Rollfeld bewältigt hatte, sah er sich suchend nach der schwarzen Limousine um, die er geordert hatte.

Seine Augenbrauen schossen überrascht nach oben, als er Eleanora neben der hinteren Tür am Kotflügel lehnen sah. Sie stieß sich vom Wagen ab, als er auf sie zukam.

„Buon giorno.“

„Dir auch einen guten Tag.“ Normalerweise hätte es ihn gefreut, von ihr abgeholt zu werden, und ihre Begrüßung in Landessprache hätte ihn zum Schmunzeln gebracht. Allerdings war beides für Eleanora eher unüblich und ließ ihn darum vermuten, dass sie etwas unter vier Augen mit ihm besprechen wollte.

Absolut nachzuvollziehen für eine frisch eingestellte Hotelmanagerin. Oder für eine Frau, die etwas ganz anderes von ihm wollte …

In jener Nacht zusammen im Bett gelandet zu sein, war ihrer beider Entscheidung gewesen, und weder Eleanora noch er waren zu beschwipst gewesen, um nicht zu wissen, was sie taten. Aber er war ihr Boss und hätte schlauer sein müssen, als eine Angestellte zu verführen – oder sich von ihr verführen zu lassen.

Sicher käme seine neue Hotelmanagerin nie auf die Idee, ihn deswegen zu verklagen, aber sie könnte ihre langjährige Freundschaft beenden. Und das müsste er seinem Vater erklären, und der sich wiederum den Fragen der Familie DeLuca stellen.

Marco betete innerlich, dass es nur das Hotel betraf.

„Was verschafft mir die Ehre, von dir persönlich empfangen zu werden?“ Der Fahrer öffnete die hintere Wagentür, und Marco forderte Eleanora auf, zuerst einzusteigen.

„Es gibt da etwas, das ich mit dir besprechen muss, und ich wollte ungestört sein.“

Das hatte er natürlich erwartet, trotzdem schlug sein Herz wie verrückt, während er einstieg und neben ihr Platz nahm. Die Wagentür schloss sich hinter ihm, und noch ehe ihr Chauffeur hinter dem Steuer Platz nehmen konnte, fuhr Eleanora per Knopfdruck die Trennscheibe zur Fahrerkabine hoch.

Er riskierte einen Seitenblick, sah die Anspannung in ihrem Gesicht und beschloss, die Sache jetzt und hier in Ordnung zu bringen. Sie waren beste Freunde und …

„Ich bin schwanger.“

Der Schock verschlug ihm die Sprache. Die Limousine fuhr über das Rollfeld auf die Umgehungsstraße und fädelte sich in den fließenden Verkehr Richtung Innenstadt ein.

„Du bist …“

„Ich weiß, du wolltest, dass wir nach der Eröffnungsfeier einfach vergessen, dass wir miteinander geschlafen haben. Und ich hätte das auch akzeptiert, wenn nicht …“ Sie hob hilflos die Schultern. Marco konnte sie nur stumm anstarren.

Weil ich es wollte, hat Eleanora versucht, die Nacht zu vergessen? Was hat sie denn erwartet? Dass wir eine andere Art von Beziehung beginnen?

Marco verpasste sich selbst eine mentale Ohrfeige. War das etwa alles, was ihm zu ihrer schockierenden Eröffnung einfiel? Sie war schwanger! Und wie er damit umging, würde über die Zukunft ihrer Freundschaft und ihrer Arbeitsbeziehung entscheiden.

Diese Schwangerschaft würde weder den Angestellten des Hotels in Rom noch denen des Firmensitzes in New York verborgen bleiben. Es würde Klatsch und Tratsch geben, aber auch das spielte keine Rolle. Damit konnte er umgehen, genau wie Eleanora.

Jetzt galt es erst einmal, das brisante Thema so offen und ehrlich zu diskutieren, wie sie bisher immer miteinander umgegangen waren.

Marco holte tief Luft. „Okay, zunächst tut es mir wirklich leid, dass dein großer Tag hier in Rom damit geendet hat, dass wir zusammen im Bett gelandet sind, wofür ich in erster Linie dem Alkohol die Schuld gebe.“

„Das könnte man so sehen, wenn wir tatsächlich betrunken gewesen wären, aber das waren wir nicht.“ Eleanora machte eine Pause und holte tief Luft. „Wir hatten eine arbeitsreiche Zeit hinter uns, haben die Show meines Erachtens perfekt gemeistert, uns danach ein bisschen Entspannung gegönnt und einfach nicht an mögliche Konsequenzen gedacht.“

Exakt diese Konsequenzen drohten ihn gerade zu überwältigen. „Ein Baby …“

Sie fing seinen Blick ein. „Ja.“

Marco spürte seinen Körper taub werden. Nur sein Herz schlug rasend, während beängstigende Gedanken ihn wie eine riesige Welle überrollten. Er dachte nicht nur an Windeln und Fläschchen, sondern an Schaukeln, Schule, Teenagerjahre, Universität. Visionen, die ihm völlig unbekannt waren, weil er eine Vaterschaft für sich nie in Betracht gezogen hätte.

Eleanora wirkte in sich gekehrt. Wahrscheinlich quälten sie ähnliche Gedanken, und offenbar hatte keiner von ihnen eine Antwort und schon gar keine Lösung parat.

Wenn er schon befürchtet hatte, dass ihre Freundschaft durch eine heiße Nacht in Mitleidenschaft gezogen werden könnte, drohten durch eine bevorstehende Elternschaft noch viel drastischere Veränderungen. Und so streifte ihn auf der endlos scheinenden Fahrt zum Grand York Hotel sogar die verrückte Idee, dass sie vielleicht heiraten sollten. Aber nach einer Schrecksekunde schob er den Gedanken gleich wieder von sich.

Heiraten? Ich? Niemals!

Erstens ermöglichte es ihm seine Freiheit, oder besser seine Unabhängigkeit, den Job als Geschäftsführer der familieneigenen Hotelkette bestmöglich auszufüllen. Dazu kam, dass er aus erster Hand miterlebt hatte, wie sein Vater durch den viel zu frühen Tod seiner Frau ein völlig anderer Mensch geworden war. Selbst eine so starke, wundervolle Liebe wie die seiner Eltern war mit dem Tod seiner Mutter zu Ende gegangen, was bewies, dass es so etwas wie ein ewiges Glück nicht gab.

Nur ein Narr konnte daran glauben! Und damit stand fest, dass er Eleanora nicht bitten würde, ihn zu heiraten. Nicht nur, weil er selbst nicht an die Ewige Liebe glaubte, sondern auch, um seiner besten Freundin die Freiheit zu lassen, irgendwann eine Ehe mit jemandem einzugehen, der … na ja, der eben anders tickte.

Damit war zumindest schon eine Sache entschieden. Dafür blieben noch unzählige Fragen offen und unbeantwortet. Also zurück zu Windeln, Sorgerecht und Betreuung. Er würde ein Kindermädchen einstellen müssen. Arbeiteten Nannys in Teilzeit? Ließ sich sein Penthouse überhaupt kindersicher machen, oder müsste er umziehen?

Fragen über Fragen … er würde einen schrecklichen Vater abgeben!

Als sie das Grand York Hotel betraten, begrüßte ihn jeder, vom Pagen bis zur Rezeptionistin, mit einem breiten Lächeln. Wer konnte es ihnen verdenken? Sie alle waren Teil von etwas Außergewöhnlichem. Einem prächtigen Hotel, das dafür gemacht war, Menschen bestmöglich zu verwöhnen. Ein Team wie eine Familie …

Marco schaute zu der hohen, mit Stuck verzierten Decke der Lobby empor, in den eleganten Empfangsbereich aus dunklem Kirschholz und zu der imposanten Marmortreppe, die zum Zwischengeschoss und einer Reihe von Aufzügen führte, mit denen die Gäste zu den ebenso privaten wie kostspieligen Zimmern und Suiten gelangten.

Vor seinem inneren Auge sah er, wie er mit Eleanora diese Treppe geradezu hinaufgehetzt war. Für einen Moment glaubte er sogar, ihr animiertes Lachen zu hören …

Auch an der Rezeption wurde er herzlich begrüßt, während sich Eleanora als Managerin im Hintergrund hielt. Groß, schlank und elegant in einem weißen Kleid und marineblauen Pumps. Ihr kastanienbraunes Haar fiel ihr in weichen Wellen über die Schultern.

Während er bei der Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht, in der er ein Kind gezeugt hatte, innerlich aufgewühlt war, wirkte sie beneidenswert kühl und souverän. Aber im Gegensatz zu ihm hatte sie sich ja auch schon an ihre Schwangerschaft gewöhnen können. Und was ihn betraf … es stand einfach zu viel auf dem Spiel, als dass er sich nicht dringend zurückziehen und darüber nachdenken musste, bevor sie weiter miteinander redeten.

Der Empfangschef überreichte ihm den Schlüssel für das exklusive Penthouse.

„Danke.“ Marco wandte sich ab, ergriff Eleanoras Oberarm und zog sie zur Seite. „Tut mir leid, aber … ich meine, was du mir auf dem Weg hierher erzählt hast, war das Letzte, was ich zu hören erwartet hätte“, raunte er leise.

Offensichtlich war sie sich der Angestellten um sie herum bewusst und neigte nur stumm den Kopf, um ihm zu zeigen, dass sie verstanden hatte.

„Ich werde heute Nachmittag nicht im Büro sein. Nimm es mir nicht übel, aber ich muss das alles erst mal verarbeiten.“ Damit ging er zum Aufzug, gab den Code für die Penthouse-Suite ein und war weg.

2. KAPITEL

Eleanora bemühte ihr professionellstes Manager-Lächeln, ging auf direktem Weg in ihr Büro und ließ sich auf den Schreibtischstuhl fallen, nachdem sie die Tür leise hinter sich geschlossen hatte.

Keine Frage, Marco war über die Nachricht, dass er Vater wurde, nicht glücklich. Doch seine Reaktion als katastrophal zu bezeichnen, wäre übertrieben. Sie selbst hatte auch einige Zeit gebraucht, ihre Gedanken zu sortieren, nachdem sie den positiven Schwangerschaftstest gesehen hatte. Ihm stand das absolut ebenfalls zu.

Womit sie jedoch nie gerechnet hätte, war ihre eigene Reaktion, als sie vorhin Seite an Seite das Grand York Rome betreten hatten. Erinnerungen an ihre gemeinsame Nacht überfluteten ihr Hirn mit Backflashs … wie sie sich gegenseitig berührt hatten, wie sie in seinen Armen eingeschlafen und morgens allein in ihrem Bett aufgewacht war.

Sie hatte es als eine nonverbale Demonstration der Tatsache gewertet, dass er die Nacht mit ihr bereute und nicht zu wiederholen gedachte. Und sie hatte es akzeptiert. Doch momentan führten ihre Hormone offenbar ein Eigenleben. Sie musste entweder einen Weg finden, ihre unangebrachten Gefühle abzuschalten oder wenigstens zu verbergen, wenn Marco und sie sich am nächsten Morgen zu einem Business Meeting treffen würden.

Am Mittwoch entschied sich Eleanora für ein schlichtes schwarzes Kleid, das ihre Kurven umschmeichelte. Sie runzelte die Stirn, als sie sich im Spiegel betrachtete. Die schmale Taille und der zwar kurvige, aber straffe Körper, für den sie so hart gearbeitet hatte, veränderte sich bereits. Doch ihr Bauch war zum Glück noch flach, und die morgendliche Übelkeit hatte sich auch noch nicht eingestellt.

Solange Marco oder sie nichts Dummes sagten oder taten, würde es heute noch kein Outing geben. Irgendwann war natürlich mit Getuschel zu rechnen. Doch sie hatte sich vorgenommen, ihre Gefühle und die verflixten Hormone unter Kontrolle zu halten, die sie ständig daran erinnerten, dass sie sich geküsst und … alles andere getan hatten.

Eleanora atmete ein paarmal tief durch, schlüpfte in ihre hochhackigen Schlangenledersandalen, verließ die Wohnung und fuhr in ihrem kleinen Stadtflitzer zum Grand York. Dort angekommen setzte sie ihre stylische Sonnenbrille und ein professionelles Lächeln auf und betrat selbstbewusst die Lobby.

Es würde noch Monate dauern, bis sie ihre Taille verlor, und weitere Monate, ehe sie sich eine Auszeit nehmen müsste, um das Baby zu bekommen und eine Kinderbetreuung zu organisieren. Die Zeit bis dahin sollte und wollte sie genießen.

Allein die Managerin in ihr schaffte es nicht, ihre Schwangerschaft zu ignorieren. Ihr Verstand und ihr Organisationstalent schrieben im Hinterkopf bereits eine To-do-Liste. Um den Job zu behalten, den sie liebte, bräuchte sie ein Kindermädchen und irgendwann eine größere Wohnung. Außerdem müsste sie entscheiden, ob sie stillen wollte – und falls ja, wie sie eine Milchpumpe benutzte. Dann waren da noch die Basics wie Fläschchen, Windeln, Babyphone … und es ihren Eltern beizubringen.

Automatisch stockten ihre Schritte. Sie drohte zu hyperventilieren, atmete tief durch und ignorierte die ständig wachsende Liste hinter ihrer Stirn. Egal, wie groß der Drang war, in ihrem Kopf für Ordnung zu sorgen, heute war nicht der Tag, um damit anzufangen. Zunächst musste sie sich mit Marco treffen, herausfinden, wie er mit der Sache umging, und seine Fragen beantworten. Oder darauf hoffen, dass er sich darauf beschränken würde, nur über das Hotel und die Gründe für seinen Besuch zu sprechen und alles andere noch ein paar Tage auf sich beruhen zu lassen.

Er stand an der Rezeption und studierte aufmerksam sein Handydisplay.

Ihr bester Freund und Vertrauter sah sie nicht, aber sie sah ihn, den umwerfend attraktiven, klugen, talentierten, lebenslustigen Mann. Wann immer Eleanora ihn ansah, machte ihr Herz einen Sprung, doch jetzt waren ihre Gefühle anders … stärker. Und das alles nur, weil ihre Fantasie zum Leben erwacht war und sie wusste, dass er im Bett wirklich so sensationell war, wie sie es sich immer heimlich ausgemalt hatte.

Da sie beschlossen hatte, sich zu beherrschen und die Kontrolle zu behalten, steuerte die Hotelmanagerin vom Grand York Rome mit hoch erhobenem Kopf auf den Anmeldebereich zu. Marco schaute nicht auf, bis sie direkt neben ihm stand.

„Oh, du bist es.“

Sie nickte knapp und nahm die Sonnenbrille ab. „Was steht auf dem Programm?“

„Jede Menge, aber zunächst … hast du schon etwas zu dir genommen?“

„Wie bitte?“, fragte sie stirnrunzelnd.

„Essen …“ Er machte eine entsprechende Geste mit der Hand. „Frühstück.“

Sowohl seine Bemerkung als auch seine ungewohnte Gelassenheit irritierten Eleanora. Ich muss mich beherrschen, ihm nicht um den Hals zu fallen und ihn stürmisch zu küssen, und er denkt an essen? „Nein, ich frühstücke für gewöhnlich nicht, aber meinetwegen können wir unser Meeting auch im Restaurant abhalten.“

„Du musst aber frühstücken.“

„Ich habe um die Zeit noch keinen Hunger.“

Marco beugte sich vor und suchte ihren Blick. „Und was ist mit dem Baby?“

Ihr Atem stockte. Was, wenn einer der Angestellten ihre Diskussion mitbekam? Sie hakte Marco unter und zog ihn vom Empfangstresen weg. „Ich brauche niemanden, der auf mich aufpasst!“, zischte sie, obwohl seine Fürsorge sie wider Willen rührte.

Sollte sich ihr bester Kumpel weiterhin so aufführen, würde sie sich womöglich noch rettungslos in ihn verlieben …

„Wie auch immer, die Lobby ist absolut der falsche Ort, um über all das zu reden. Genehmigen wir uns einen Kaffee.“ Damit wandte sie sich abrupt nach links in Richtung des Hotelrestaurants. Dunkle Holzstühle gruppierten sich um runde Tische mit weißen Leinentischdecken.

Gino, der Oberkellner, schrak auf und stammelte: „Buon … giorno!“

Buon giorno, Gino. Mr. Pearson und ich haben etwas zu besprechen und hätten gerne einen separaten Tisch im hinteren Bereich.“

„Si, Signora.“ Gino führte sie zu einem Tisch und versicherte, baldmöglichst mit Kaffee wieder bei ihnen zu sein.

Eleanora nickte und schaute ihm nach, wie er pflichtschuldigst davonhuschte.

„Du solltest keinen Kaffee trinken.“

Sie seufzte. „Hast du heute Nacht etwa alles über Schwangerschaft gegoogelt?“

„Könnte sein, dass ich mich ein bisschen informiert habe“, gab er zu.

Gino kam mit einem Silbertablett, einer Warmhaltekanne und zwei edlen Kaffeegedecken zurück. Nachdem Marco sich zum Frühstück Eier, Speck und Toast bestellt hatte, orderte Eleanora für sich nachdrücklich nur ein Aqua minerale.

„Du musst aber etwas zu dir nehmen“, forderte Marco.

„Nach dem, was ich zu diesem Thema recherchiert habe, ist es am vernünftigsten, meine Essgewohnheiten beizubehalten“, gab sie spröde zurück. „Wenn das Baby irgendwann mehr braucht, wird sich mein Appetit ganz von allein steigern.“

Der werdende Vater wirkte nicht überzeugt und runzelte die Stirn. „Aber …“ 

„Davon abgesehen … wenn wir uns am Thema Essen festbeißen, bleiben die wirklich wichtigen Themen womöglich auf der Strecke“, übernahm Eleanora die Regie. „Zum Beispiel, wie und wann sollen wir es unseren Familien beibringen? Wie sollen Sorge- und Besuchsrecht geregelt werden, und inwieweit willst du dich überhaupt einbringen? Aber willst du das wirklich hier besprechen?“

Er folgte ihrem Blick und sah einen der Hotelpagen und die Rezeptionistin an der Glaswand des Restaurants vorbeigehen, eindeutig bemüht, sie nicht allzu offen anzustarren. Von der anderen Seite näherte sich Gino mit dem Frühstück.

„Okay, ich bin schon ruhig.“

Autor

Susan Meier
<p>Susan Meier wuchs als eines von 11 Kindern auf einer kleinen Farm in Pennsylvania auf. Sie genoss es, sich in der Natur aufzuhalten, im Gras zu liegen, in die Wolken zu starren und sich ihren Tagträumen hinzugeben. Dort wurde ihrer Meinung nach auch ihre Liebe zu Geschichten und zum Schreiben...
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