Deep Desire - Ungezähmtes Feuer: Habe ich dich schon mal geküsst?

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Millionäre können es besser …

Wie konnte er ein solch feurige Frau vergessen? Nach einem Unfall hat der millionenschwere Unternehmer Rafael de Luca sein Gedächtnis verloren. Als Bryony vor ihm steht, ihn voller Wut anfunkelt und behauptet, er habe ihr die Welt versprochen, sieht er nur eine Möglichkeit, um sich zu erinnern: Sie müssen ihre sinnliche Affäre wiederholen, Berührung für Berührung …


  • Erscheinungstag 01.06.2015
  • Bandnummer 3
  • ISBN / Artikelnummer 9783956494215
  • Seitenanzahl 120
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Maya Banks

Deep Desire – Ungezähmtes Feuer: Habe ich dich schon einmal geküsst?

Aus dem Amerikanischen von Gabriele Ramm (a) und Brigitte Bumke (b)

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MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der HarperCollins Germany GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright dieses eBooks © 2015 by MIRA Taschenbuch

in der HarperCollins Germany GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgabe:

Enticed By His Forgottten Lover

Copyright © 2011 by Maya Banks

erschienen bei: Harlequin Books, Toronto

Published by arrangement with

Harlequin Enterprises II B.V./S.àr.l

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Mareike Müller

Titelabbildung: Thinkstock/Getty Images, München

Autorenfoto: © Ben Riley Johnson, Jr /Harlequin Enterprises S.A., Schweiz

ISBN eBook 978-3-95649-421-5

www.mira-taschenbuch.de

eBook-Herstellung und Auslieferung:
readbox publishing, Dortmund
www.readbox.net

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1. KAPITEL

Rafael de Luca hatte sich schon in schlimmeren Situationen befunden. Er konnte damit umgehen und würde sich von diesen Leuten hier nicht ins Schwitzen bringen lassen. Sie würden nie erfahren, dass er keinerlei Erinnerungen an irgendeinen von ihnen besaß.

Er sah sich im überfüllten Saal um und nippte an dem geschmacklosen Wein, um die Tatsache zu überspielen, dass er sich unsicher fühlte. Nur aufgrund seiner starken Willenskraft hatte er so lange durchgehalten. In seinem Kopf hämmerte der Schmerz so gnadenlos, dass es schwierig war, den Wein hinunterzuschlucken, ohne dass sein Magen ihn gleich wieder hinaufbeförderte.

„Rafe, du kannst jetzt verschwinden“, murmelte Devon Carter neben ihm. „Du hast lange genug durchgehalten. Niemand vermutet irgendetwas.“

Rafael drehte sich zu seinen drei Freunden um. Devon, Ryan Beardsley und Cameron Hollingsworth gaben ihm sozusagen Rückendeckung. Und das schon, seit sie zusammen das College besucht hatten und entschlossen gewesen waren, Karriere zu machen.

Sie waren zu ihm geeilt, als er im Krankenhaus gelegen und sich an nichts hatte erinnern können. Sie hatten ihn nicht verhätschelt, sondern ihn behandelt wie immer, und dafür war er ihnen äußerst dankbar.

„Ich hab mir sagen lassen, dass ich nie eine Party vorzeitig verlasse“, sagte Rafael und führte noch einmal das Glas zum Mund. Als ihm jedoch das Aroma des Weins in die Nase stieg, senkte er es wieder.

Cameron, von seinen Freunden nur Cam genannt, lächelte verächtlich. „Wen interessiert, was du normalerweise tust? Es ist deine Party. Sag ihnen, sie sollen sich zum …“

Ryan hob die Hand. „Es sind wichtige Geschäftspartner, Cam. Wir wollen ihr Geld, vergiss das nicht.“

Devon beugte sich hastig vor und flüsterte: „Der Mann, der jetzt auf uns zukommt, ist Quenton Ramsey der Dritte. Seine Frau heißt Marcy. Er ist einer derjenigen, die in den Moon Island Deal investieren.“

Rafael nickte, machte einen Schritt aus dem Schutz seiner Freunde und lächelte das sich nähernde Paar an. Es stand eine Menge auf dem Spiel, und von daher war es wichtig, dass die Investoren nicht nervös wurden. Rafael und seine Geschäftspartner hatten einen fantastischen Ort für ihren Hotelkomplex gefunden – eine winzige Insel vor der Küste von Texas, direkt gegenüber der Bucht von Galveston. Das Land gehörte ihm. Jetzt mussten sie dort nur noch das Hotel errichten und ihre Investoren bei Laune halten.

„Quenton, Marcy, wie schön, Sie beide wiederzusehen. Sie sehen bezaubernd aus, Marcy. Quenton kann sich wirklich glücklich schätzen.“

Die ältere Frau errötete erfreut, während Rafael ihre Hand nahm und sie an seine Lippen führte.

Er nickte höflich und heuchelte Interesse, doch sein Nacken kribbelte erneut, und er musste den Drang unterdrücken, ihn zu massieren. Er hielt den Kopf gesenkt, als würde er jedem Wort der beiden lauschen, doch gleichzeitig ließ er den Blick hastig durch den Saal schweifen auf der Suche nach der Ursache für sein Unbehagen.

Anfangs strich sein Blick über sie hinweg, doch abrupt richtete er seine Aufmerksamkeit zurück auf die Frau, die am anderen Ende des Saals stand und ihn grimmig ansah. Wenn Blicke töten könnten, dachte er und musterte sie abschätzend. Sie ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern starrte ihn weiter an.

Rafael konnte nicht einmal sagen, warum sie ihn so in den Bann zog. Normalerweise stand er auf große, langbeinige Blondinen. Und wenn sie dazu noch blaue Augen und weiche helle Haut besaßen, war er meist verloren.

Diese Frau war klein, trotz ihrer hohen Absätze, und ihr Teint eher südländisch. Dichte schwarze Locken fielen ihr bis auf die Schultern, auch ihre Augen waren dunkel.

Sie musterte ihn, als hätte sie bereits ein Urteil über ihn gefällt und ihn für schuldig befunden. Er dagegen hatte sie noch nie gesehen. Oder vielleicht doch?

Erneut verfluchte Rafael die Lücke in seinem Gedächtnis. Er erinnerte sich an nichts, was in den Wochen vor seinem Unfall vor vier Monaten geschehen war. Und auch die Erinnerungen an die Zeit davor waren nicht vollständig. Es war alles so … willkürlich. Selektive Amnesie. So ein Quatsch. Abgesehen von hysterischen Frauen in schlechten Seifenopern bekam kein Mensch Amnesie – hatte er bisher zumindest geglaubt. Sein Arzt vermutete, dass es einen psychologischen Grund für die fehlenden Teilchen seines Gedächtnisses geben könnte. Rafael hatte das weit von sich gewiesen. Er war nicht verrückt. Wer zum Teufel wollte schon sein Gedächtnis verlieren?

Er erinnerte sich sehr gut an Devon, Cam und Ryan und an alles, was sie während der letzten zehn Jahre erlebt hatten. An die Jahre im College. Ihre Erfolge im Geschäftsleben. Er erkannte auch die meisten Menschen, die für ihn arbeiteten. Allerdings nicht alle, und das bereitete ihm im Büro ziemlich viel Stress. Vor allem, da er dabei war, den Vertrag für den Bau des Resorts unter Dach und Fach zu bringen, der ihm und seinen Partnern Millionen einbringen würde.

Jetzt erkannte er die Hälfte seiner Investoren nicht, und dabei konnte er es sich in diesem Stadium wirklich nicht leisten, einen von ihnen zu verlieren.

Die Frau starrte ihn immer noch an, aber sie machte keine Anstalten, sich ihm zu nähern. Je länger sie sich ansahen, desto kälter wurde ihr Blick.

„Entschuldigen Sie mich bitte“, murmelte er den Ramseys zu. Mit einem freundlichen Lächeln löste er sich aus der Gruppe, die sich um ihn herum gebildet hatte, und bahnte sich einen Weg zu der mysteriösen Frau.

Sein Sicherheitsteam folgte ihm in kurzem Abstand, doch Rafael ignorierte die Männer. Sie klebten an seinen Fersen, nicht, weil man um seine Sicherheit fürchtete, sondern weil seine Partner Angst hatten, dass sein Gedächtnisverlust bekannt werden könnte. Die Sicherheitsleute waren ein ungewohntes Ärgernis, doch sie hielten andere auf Abstand, was ihm im Augenblick nur recht war.

Die Frau blickte ihm mit stolz erhobenem Kopf entgegen, und der Trotz, der sich in ihrer Miene spiegelte, faszinierte ihn.

Einen Moment lang stand er schweigend vor ihr und betrachtete die zarten Linien ihres Gesichts, während er überlegte, ob dies wirklich ihre erste Begegnung war. Doch an solch eine Frau würde er sich erinnern, oder?

„Entschuldigen Sie, kennen wir uns?“, fragte er betont einschmeichelnd.

Vermutlich würde sie kichern und eine Begegnung leugnen. Oder sie würde frech lügen und ihn davon überzeugen wollen, dass sie eine wunderbare Nacht zusammen verbracht hatten. Was definitiv nicht sein konnte, da sie absolut nicht sein Typ war.

Sein Blick wanderte über ihren üppigen Busen, der von der Empiretaille ihres schwarzen Cocktailkleides noch betont wurde.

Sie verhielt sich jedoch nicht so, wie er es erwartet hatte. Als er ihr wieder ins Gesicht schaute, funkelte sie ihn wütend an.

„Ob wir uns kennen?“ Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern, doch Rafael kam jedes Wort wie ein Peitschenhieb vor. „Du elender Mistkerl!“

Er hatte den Schock über ihre Schimpftirade noch nicht verdaut, da verpasste die Frau ihm einen rechten Haken. Rafael taumelte rückwärts und hielt sich die Nase.

„Verdammt …“

Ehe er sie fragen konnte, ob sie wohl den Verstand verloren hatte, trat einer der Sicherheitsleute zwischen ihn und die Frau, und in dem Durcheinander traf er sie versehentlich so, dass sie ins Straucheln geriet. Sie stolperte und fiel auf ein Knie, wobei sie instinktiv die Hände auf den Bauch legte.

Erst jetzt bemerkte Rafael, was der weite Rock verborgen hatte: die sanfte Wölbung eines Babybauchs.

Sein Leibwächter wollte die Frau gerade unsanft wieder auf die Füße ziehen, als Rafael dazwischen ging.

„Nein!“, rief er. „Sie ist schwanger. Tun Sie ihr nicht weh!“

Der Bodyguard trat zurück und sah Rafael überrascht an. Die Frau kam hastig auf die Füße und rannte dann den Flur entlang, wobei ihre spitzen Absätze auf dem Marmorboden klapperten.

Rafael starrte ihr hinterher, zu überrascht, um irgendetwas tun oder sagen zu können. Bevor sie sich abgewandt hatte, hatte er der Frau noch einmal in die Augen geschaut. Sie hatte nicht mehr wütend ausgesehen, sondern verletzt und den Tränen nahe. Irgendwie hatte er dieser Frau wehgetan, und er wollte verdammt sein, wenn er wusste, wodurch.

Der stechende Schmerz in seinem Kopf war vergessen, als er den Flur entlang hinter ihr hereilte. Er stürmte aus der Hotellobby, und als er die Stufen erreichte, die hinunter auf die geschäftige Straße führten, entdeckte er zwei Schuhe im Mondlicht glitzern.

Er bückte sich und hob die mit Strasssteinen verzierten Riemchensandalen auf. Eine schwangere Frau sollte nicht solche hohen Absätze tragen, dachte er stirnrunzelnd. Wenn sie nun gestolpert und gefallen wäre? Warum war sie überhaupt davongelaufen? Ganz offensichtlich hatte sie ihn zur Rede stellen wollen, nur um dann bei erster Gelegenheit zu fliehen.

„Verdammt, was geht hier vor, Rafe?“, wollte Cam wissen.

Nicht nur Cam, sondern sein gesamtes Sicherheitsteam sowie Ryan und Devon waren ihm hinaus in die kühle Herbstnacht gefolgt. Jetzt scharten sie sich um ihn und musterten ihn besorgt.

Frustriert stieß er den Atem aus und drückte Ramon, dem Chef seiner Sicherheitsabteilung, die Sandalen in die Hand.

„Sehen Sie zu, dass Sie die Frau finden, die diese Schuhe getragen hat.“

„Was soll ich mit ihr machen, wenn ich sie gefunden habe?“, fragte Ramon mit ruhiger Stimme und ließ bei Rafael keinen Zweifel aufkommen, dass er auch diese Aufgabe wie immer schnell, diskret und zuverlässig erledigen würde.

„Gar nichts. Erstatten Sie mir einfach Bericht. Ich kümmere mich um alles Weitere.“

Mit diesen Worten erntete er nur weiteres Stirnrunzeln.

„Das gefällt mir nicht, Rafe“, meinte Ryan. „Das sieht alles zu sehr nach einem abgekarteten Spiel aus. Es ist durchaus möglich, dass dein Gedächtnisverlust schon bis zur Presse durchgesickert ist, ohne dass sie es bis jetzt an die große Glocke gehängt haben. Eine Frau könnte dich auf tausend Arten manipulieren und die Sache gegen dich verwenden.“

„Ja, das könnte sie“, erwiderte Rafael ruhig. „Allerdings hat die Frau irgendetwas an sich, was mich beunruhigt.“

Cam hob eine Augenbraue. „Kennst du sie?“

Rafael schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht. Noch nicht. Aber ich finde es heraus.“

Bryony Morgan trat aus der Dusche, schlang sich ein Handtuch um den Kopf und zog dann ihren Bademantel an. Nicht einmal eine warme Dusche hatte ihren rasenden Puls beruhigen können. So sehr sie es auch versuchte, aber sie kam nicht über die unbändige Wut hinweg.

Kennen wir uns?

Rafaels Frage erklang wie eine Endlosschleife immer wieder in ihrem Kopf, bis sie nur noch den Wunsch verspürte, auf irgendetwas einzuschlagen. Vorzugsweise auf ihn.

Wie hatte sie nur so dumm sein können? Eigentlich neigte sie nicht dazu, den Kopf wegen eines gut aussehenden Mannes zu verlieren. Meist war sie immun, sogar wenn jemand mit Charme und Humor punkten konnte.

Aber von dem Moment an, als Rafael de Luca auf ihre Insel gekommen war, hatte sie nur noch Augen für ihn gehabt. Sie hatte gar nicht erst versucht, dagegen anzukämpfen oder ihm zu widerstehen, denn er verkörperte alles, was sie sich immer gewünscht hatte. Er war die Vollkommenheit in Person in den seriösen Anzügen, die er trug. Oh, aber es war ihr schnell gelungen, ihn daraus zu befreien. Als er schließlich abgereist war, hatte ihn nicht einmal mehr sein Pilot erkannt.

Aus dem ernsten, nervösen Geschäftsmann war ein entspannter und gut erholter Urlauber geworden.

Der verliebt gewesen war.

Bryony schloss die Augen, als der Schmerz sie unvermittelt wieder traf.

Offenbar war er doch nicht verliebt gewesen. Er kam. Er sah. Er siegte. Sie war einfach nur so unglaublich naiv und selbst zu verliebt gewesen, um seine wahren Motive zu begreifen.

Doch das hieß ja noch lange nicht, dass er mit seinen Lügen und seinem Betrug durchkommen würde. Es war ihr egal, was sie tun musste, aber er würde das Land, das sie ihm verkauft hatte, nicht mit einem riesigen Schickimickihotel bebauen und die gesamte Insel in einen Spielplatz für den gelangweilten reichen Jetset verwandeln.

Sie hatte all ihren Mut zusammennehmen müssen, um heute Abend in seine Party zu platzen, aber nachdem sie von dem Anlass erfahren hatte – eine Zusammenkunft der potenziellen Investoren für das Projekt, mit dem er plante, ihre Insel zu ruinieren –, war sie entschlossen gewesen, ihn zur Rede zu stellen. Direkt dort, inmitten der Investoren. Sollte er es doch wagen, sie anzulügen, wenn alle im Saal von seinen Plänen wussten.

Womit sie nicht gerechnet hatte, war, dass er es leugnen würde, sie jemals getroffen zu haben. Aber besser hätte er sie ja gar nicht zum Bauerntölpel abstempeln können. Oder als weltverbessernde Ökofanatikerin, die sich gegen den Fortschritt stemmte.

Es haute sie fast um, wie sehr sie sich in ihm getäuscht hatte. Seufzend schüttelte sie den Kopf. Sie musste sich endlich wieder beruhigen, sonst würde ihr Blutdruck noch weiter in die Höhe schießen.

Wo blieb denn der Zimmerservice? Sie war halb verhungert. Entschuldigend rieb sie sich den Bauch und versuchte ganz bewusst, all die aufgestaute Wut und den Stress loszulassen. Es konnte nicht gut für das Baby sein, wenn die Mutter ständig so auf der Zinne war.

Sie biss die Zähne zusammen, bevor sie merkte, dass sie sich schon wieder verspannte. Noch einmal zwang sie sich loszulassen, ehe sie sich der mühevollen Aufgabe widmete, die Haare durchzubürsten und trocken zu föhnen.

Gerade als sie fertig war, klopfte es an der Tür.

„Endlich etwas zu essen“, murmelte sie und stellte den Föhn ab.

Sie eilte zur Tür und riss sie auf. Aber im Flur standen weder ein Wagen mit Essen noch ein Hotelangestellter, sondern Rafael. In den Händen hielt er ihre Schuhe.

Hastig machte Bryony einen Schritt zurück und versuchte, die Tür wieder zuzuschlagen, doch Rafael schob blitzschnell einen Fuß dazwischen.

Unbeugsam wie immer bahnte er sich einen Weg ins Zimmer und baute sich vor ihr auf. Bryony hasste es, wie klein und verletzlich sie sich in seiner Gegenwart fühlte. Oh, sie hatte es nicht immer gehasst. Im Gegenteil, sie hatte es genossen, wie geborgen und geliebt sie sich gefühlt hatte, wenn sie ihren viel kleineren Körper an seinen geschmiegt hatte.

„Verschwinde oder ich rufe den Hotelsicherheitsdienst“, zischte sie ihn an.

„Tu das“, erwiderte er gelassen. „Doch da mir dieses Hotel gehört, könnte es schwierig werden, mich hinauswerfen zu lassen.“

Bryony kniff die Augen zusammen. Mist, wieso musste sie sich ausgerechnet eins von seinen Hotels aussuchen?

„Dann rufe ich eben die Polizei. Es ist mir egal, wer du bist. Du kannst nicht einfach in mein Hotelzimmer eindringen.“

„Ich bin hergekommen, um dir deine Schuhe zurückzubringen. Bin ich deshalb ein Verbrecher?“

„Ach, komm schon, Rafael! Hör auf, diese dummen Spielchen zu spielen. Das ist unter deiner Würde. Oder sollte es zumindest sein. Ich verstehe schon. Glaub mir – ich verstehe! Ich hab’s schon verstanden, als du auf der Party direkt durch mich hindurchgesehen hast. Obwohl ich sagen muss, dein ‚Kennen wir uns?‘ war einfach unbezahlbar. Man könnte auch sagen, damit hast du den Vogel abgeschossen.“

Es kostete sie große Kraft, nicht noch einmal zuzuschlagen, und offenbar merkte Rafael das, denn er wich zurück.

Sie ging auf ihn zu, nicht willens, ihm die Kontrolle über die Situation zu überlassen. „Weißt du was? Ich habe dich nie für einen Feigling gehalten. Du hast mich ausgetrickst. Das ist mir schon klar. Ich war ein großer Dummkopf. Aber dass du dich vor der unausweichlichen Konfrontation drücken würdest, wie du es getan hast, macht mich ganz krank.“

Sie bohrte einen Finger in seine Brust und ignorierte den erstaunten Ausdruck auf seinem Gesicht. „Außerdem kommst du mit deinen Plänen für mein Land nicht davon. Und wenn es mich den letzten Cent kostet, aber ich werde dich bekämpfen. Wir hatten eine mündliche Vereinbarung, und an die wirst du dich halten.“

Er blinzelte und sah aus, als wollte er etwas sagen.

Bryony verschränkte die Arme vor der Brust. „Was ist? Hast du etwa gedacht, du würdest mich nie wiedersehen? Dass ich mich irgendwo verstecken und schmollen würde, weil ich herausgefunden habe, dass du mich gar nicht liebst und nur mit mir geschlafen hast, damit ich dir das Land verkaufe? Dann irrst du dich aber gewaltig.“

Rafael reagierte, als hätte sie ihn erneut geschlagen. Sein Gesicht wurde ganz blass, und der Blick, den er ihr zuwarf, war eisig. Wenn sie nicht so wütend wäre, bekäme sie es jetzt wahrscheinlich mit der Angst zu tun. Aber Mamaw sagte immer, die Vernunft ist das Erste, was schwindet, wenn man wütend ist. Leider hatte sie recht.

„Willst du damit andeuten, dass wir miteinander geschlafen haben?“, fragte er mit gefährlich leiser Stimme, die ihr – wieder – Angst einflößen sollte. Aber inzwischen war sie über die Angst hinaus. „Ich kenne nicht einmal deinen Namen.“

Warum tat es so weh? Ihr war doch schon seit Langem bewusst, warum Rafael sie auserkoren hatte. Warum er sie verführt und ihr all die Lügen aufgetischt hatte. Sie konnte ihm nicht allein die Schuld zuschieben. Sie war viel zu leicht zu erobern gewesen.

Trotzdem, dass er jetzt vor ihr stand und vehement leugnete, auch nur ihren Namen zu kennen, versetzte ihr einen Stich ins Herz, der wohl niemals verheilen würde.

„Du solltest gehen“, brachte sie mühsam heraus. Wenn er jetzt nicht ging, würde sie die Beherrschung verlieren.

Er zog die Brauen zusammen und neigte den Kopf, um Bryony ausgiebig zu mustern. Sehr zu ihrem Entsetzen streckte er dann die Hand aus und wischte mit dem Daumen eine Träne aus ihrem Augenwinkel.

„Du bist durcheinander.“

Heilige Muttergottes, dieser Mann war wirklich ein Idiot. Sie konnte nur hoffen, dass ihr Kind ihren Verstand und nicht seinen erbte. Fast hätte sie laut aufgelacht, doch heraus kam nur ein unterdrücktes Schluchzen. Es war ja wohl sinnlos, darauf zu hoffen, dass ihr armes Baby auch nur einen Funken Verstand geerbt hatte, wenn es so offensichtlich war, dass beide Eltern schwachsinnig waren.

„Verschwinde!“

Stattdessen umschloss er ihr Kinn und hob es ein wenig an, sodass er ihr in die Augen schauen konnte. Mit einer überraschend zärtlichen Geste wischte er ihr die Tränen von der Wange.

„Wir können nicht miteinander geschlafen haben. Abgesehen von der Tatsache, dass du nicht mein Typ bist, kann ich mir nicht vorstellen, dass ich solch ein Ereignis vergessen haben könnte.“

Ihr klappte der Mund auf, und die Tränen versiegten abrupt. Sie befreite sich aus seinem Griff und gab es auf, den Mann aus ihrem Zimmer zu bekommen. Sollte er doch bleiben. Sie würde gehen.

Sie zog den Aufschlag ihres Bademantels weiter zusammen und stapfte um Rafael herum. Sie kam bis in den Flur, als sich seine Hand um ihr Handgelenk schloss.

Genug war genug. Sie öffnete die Lippen, um laut aufzuschreien, doch er riss sie an seinen harten Körper und legte ihr eine Hand auf den Mund.

„Verdammt, ich tue dir nicht weh“, zischte er.

Er drängte sie zurück ins Hotelzimmer, schlug die Tür zu und verschloss sie. Dann drehte er sich um und funkelte Bryony wütend an.

„Du hast mir schon wehgetan“, brachte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Seine Miene wurde wieder weicher, und Verwirrung zeichnete sich darauf ab.

„Offensichtlich hast du das Gefühl, dass ich dir in irgendeiner Weise unrecht getan habe. Ich würde mich ja entschuldigen, aber dafür müsste ich mich an dich erinnern und an das, was ich dir angeblich getan habe, um Wiedergutmachung leisten zu können.“

„Wiedergutmachung?“ Fassungslos sah sie ihn an, verwirrt angesichts des Unterschieds zwischen dem Rafael de Luca, in den sie sich verliebt hatte, und dem Mann, der jetzt vor ihr stand. Sie riss den Bademantel auseinander, sodass ihr runder Bauch unter dem dünnen Satinnachthemd zu erkennen war. „Du bringst mich dazu, mich in dich zu verlieben. Du verführst mich. Du erzählst mir, dass du mich liebst und dir eine gemeinsame Zukunft mit mir wünschst. Du bringst mich dazu, meine Unterschrift unter Papiere zu setzen, mit denen ich dir das Land verkaufe, das seit einem Jahrhundert im Familienbesitz ist. Du tischst mir Lügen über unsere Beziehung auf und über deine Pläne bezüglich des Baulandes. Aber das reicht dir noch nicht. Nein, du musst mich zu allem Überfluss auch noch schwängern!“

Er wurde kreidebleich und zusehends wütender. Er machte einen Schritt auf Bryony zu, und zum ersten Mal bekam sie es jetzt doch mit der Angst zu tun. Sie wich zurück und stützte sich am Fernsehtisch ab.

„Willst du damit sagen, dass wir miteinander geschlafen haben und dass ich der Vater deines Kindes bin?“

Sie starrte ihn an. „Willst du etwa behaupten, dass wir es nicht getan haben? Dass ich mir die Wochen, die wir zusammen verbracht haben, nur eingebildet habe? Willst du etwa leugnen, dass du mich verlassen hast, ohne dich je wieder zu melden?“ Ihre Stimme triefte vor Sarkasmus, aber leider war auch ihr Schmerz nicht zu überhören, und das ärgerte sie. Es war hart genug, dass er sie verraten hatte. Jetzt wollte sie nicht noch weiter gedemütigt werden.

Rafael zuckte zusammen und schloss die Augen. Langsam machte er einen Schritt von ihr fort, und einen Moment lang hoffte sie, dass er endlich das tat, worum sie ihn schon die ganze Zeit gebeten hatte, nämlich gehen.

„Ich erinnere mich nicht an dich“, sagte er rau. „Ich habe keine Erinnerungen an all das. An dich. An uns. An das.“ Er deutete auf ihren Bauch.

Etwas an seiner Stimme ließ Bryony innehalten. Beschützend legte sie die Arme über ihren Bauch und schluckte.

„Du erinnerst dich nicht.“

Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar und fluchte leise. „Ich hatte einen … Unfall. Vor einigen Monaten. Ich erinnere mich nicht an dich. Wenn das, was du sagst, die Wahrheit ist, dann haben wir uns während der Zeit getroffen, die in meinem Kopf ein schwarzes Loch ist.“

2. KAPITEL

Rafael sah, wie sämtliche Farbe aus ihrem Gesicht wich und sie ins Schwanken geriet. Fluchend streckte er die Hände nach ihr aus, und dieses Mal wehrte sie sich nicht dagegen. Widerstandslos ließ sie sich von ihm zum Bett führen.

„Setz dich, bevor du mir umkippst“, forderte er sie auf.

Mit gequältem Gesichtsausdruck schaute sie zu ihm auf. „Du erwartest von mir, dass ich dir glaube, dass du unter Amnesie leidest? Mit etwas Besserem kannst du nicht aufwarten?“

Er zuckte zusammen, denn auch er fand den Gedanken an Amnesie absurd. Wenn all das, was sie gesagt hatte, der Wahrheit entsprach und ihre Rollen vertauscht wären, hätte er sie aus dem Zimmer gejagt.

„Ich frage das jetzt nicht, um dich noch wütender zu machen, aber kannst du mir sagen, wie du heißt? Ich fühle mich in der Hinsicht etwas benachteiligt.“

Sie seufzte und strich sich mit der Hand abwesend durch das dichte dunkle Haar. „Du meinst es wirklich ernst.“

Als er nur ungeduldig schnaubte, fuhr sie leise fort: „Ich heiße Bryony Morgan.“

Sie senkte den Kopf, und die schwarzen Locken fielen nach vorn und verhüllten ihr Profil. Rafael konnte nicht widerstehen und strich mit dem Finger über ihre Wange, um ihr das Haar hinters Ohr zu streichen.

„Okay, Bryony, wie es scheint, haben wir beide eine Menge zu bereden. Ich habe, wie du dir vielleicht vorstellen kannst, viele Fragen.“

Sie hob den Kopf. „Amnesie. Beharrst du wirklich weiterhin darauf, mir diesen Unsinn auftischen zu wollen?“

Rafael versuchte, daran zu denken, wie skeptisch er an ihrer Stelle wäre, doch die Tatsache, dass sie ihm überhaupt nicht glaubte, ärgerte ihn. Er war es nicht gewohnt, dass jemand sein Wort infrage stellte.

„Glaubst du, mir hat es gefallen, auf einer öffentlichen Veranstaltung von einer Frau geschlagen zu werden und zu erfahren, dass sie angeblich mit meinem Kind schwanger ist, obwohl es meines Wissens das erste Mal ist, dass wir uns treffen? Versetz dich doch mal in meine Lage. Wenn ein Mann, den du noch nie gesehen hast oder an den du dich nicht erinnern kannst, auf dich zukäme und dir die Dinge erzählen würde, die du mir erzählt hast, meinst du nicht, dass du auch ein bisschen misstrauisch wärst? Vermutlich hättest du schon längst die Polizei gerufen!“

„Das ist verrückt“, murmelte sie.

„Pass auf, ich kann das mit meinem Unfall beweisen. Ich kann dir die medizinischen Berichte zeigen. Ich erinnere mich nicht an dich, Bryony. Es tut mir leid, wenn das schmerzhaft ist, aber es ist eine Tatsache. Ich habe nur dein Wort, dass wir uns mal etwas bedeutet haben.“

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