Die Braut des Sultans (Julia)

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Schon einmal hat der unglaublich faszinierende Sultan ihr das Herz gebrochen. Kühl weist Farrah ihn ab, als sie sich auf einer Modenschau wiedersehen. Doch Tariq gibt nicht auf: Zu Farrahs Überraschung macht er ihr einen Heiratsantrag.
In Julia erwarten Sie romantische Begegnungen zwischen starken Männern und hinreißenden Frauen. In glamouröser Umgebung - auf englischen Herrensitzen, luxuriösen Yachten oder italienischen Palazzi.
  • Erscheinungstag 25.10.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783963690617
  • Laufzeit 04:23:47
  • Auflagenart ungekürzte Lesung
  • Audio Format mp3-Download
  • Unsere CORA-Hörbücher gibt es überall, wo Hörbücher erhältlich sind, auch bei Streaming-Anbietern wie Spotify, Deezer, Napster u.v.m.

Leseprobe

1. KAPITEL

Alles war bereit.

Unnahbar und schweigend, jedoch hellwach und reglos wie ein Raubtier, das auf der Lauer lag, saß Sultan Tariq bin Omar al-Sharma an dem wohlweislich etwas versteckt platzierten Tisch und ließ seine Blicke durch den Raum schweifen. Seine arrogante Kopfhaltung sowie das kalte Glitzern in den dunklen Augen zeitigten den erwünschten Effekt, die anderen Gäste auf Abstand zu halten. Als zusätzliche Maßnahme waren Leibwächter im Hintergrund postiert, entschlossen, sich jedem in den Weg zu stellen, der es wagte, sich dem Sultan unerlaubt zu nähern.

Tariq ignorierte seine Männer ebenso wie die neugierigen Blicke der Anwesenden. Das Aufsehen um seine Person ertrug er mit der Ungerührtheit eines Menschen, der es von Kindesbeinen an gewöhnt war, Gegenstand des öffentlichen Interesses und wildester Spekulationen zu sein.

Er war der begehrteste Junggeselle der Welt, reich an Macht, Einfluss und Geld, ein Mann in besten Jahren, unnachgiebig und zäh und darüber hinaus auch noch atemberaubend gut aussehend.

Für die Frauenwelt stellte Tariq den ultimativen Fang dar. Und so buhlte auch hier wieder jede Einzelne mehr oder minder versteckt um ihn, überzeugt, dass allein sie seiner Aufmerksamkeit würdig war.

Normalerweise hätte Tariq diesen Umstand skrupellos ausgenutzt, heute Abend jedoch war er nur an einer einzigen Frau interessiert.

Und die hatte er bis jetzt noch nicht entdecken können.

Nichts an seiner kraftvollen, athletischen Erscheinung ließ ahnen, dass seine Anwesenheit hier einem anderen Wunsch entsprang als dem, an einer glamourösen Benefizgala teilzunehmen. Sein ebenmäßiges aristokratisches Gesicht verriet mit keiner Miene, dass dieser Abend den Schlusspunkt monatelanger akribischer Planungen markierte.

Er war heute Abend nicht hier, um sich zu amüsieren, sondern um seinem Land zu dienen.

Er musste die Tyndall Pipeline Corporation unter seine Kontrolle bringen. Der Bau einer Ölpipeline war für eine blühende Zukunft Tazkashs unverzichtbar – ausschlaggebend für Sicherheit und Wohlstand seines Volkes. Dass das Projekt wirtschaftlich, umweltpolitisch und finanziell durchführbar war, hatten die Untersuchungen bereits ergeben. Alles war vorbereitet.

Aber Harrison Tyndall weigerte sich mitzuspielen. Nicht einmal verhandeln wollte er. Und Tariq kannte auch den Grund.

Das Mädchen.

Farrah Tyndall.

Daddys kleiner Liebling. Die verwöhnte reiche Tochter. Das glamouröse Partygirl. Das Mädchen, das stets seinen Willen bekam.

Nur mich hat Farrah Tyndall nicht bekommen.

Tariqs harter Mund verzog sich zu einem Lächeln. Dabei hätte sie ihn durchaus haben können. Allerdings nur zu seinen Bedingungen, und die hatten ihr nicht gefallen.

Ebenso wenig, wie sie Harrison Tyndall gefallen hatten. Wochenlange zähe Verhandlungen zwischen dem Staat Tazkash und der Tyndall Pipeline Corporation hatten am Ende zu keinem Ergebnis geführt. Seitdem herrschte Funkstille – und das nun schon fünf lange Jahre.

Grotesk, wenn wegen einer Frau Geschäftsbeziehungen eingefroren wurden.

Neben ihm saß Hasim Akbar, sein Erdölminister, der sich jetzt respektvoll räusperte. „Vielleicht sollte ich mich mal umsehen, ob die kleine Tyndall inzwischen eingetroffen ist, Exzellenz.“

„Die Mühe können Sie sich sparen.“ Tariq sprach langsam und gedehnt, sein vornehmes Oxford-Englisch war Ausdruck der besten Bildung, die man sich mit Geld erkaufen konnte. „Ich wüsste es, wenn sie hier wäre.“

Hasim, der alle Mühe hatte, seine wachsende Nervosität zu zügeln, trommelte mit den Fingern auf dem Tisch herum. „Dann kommt sie aber extrem spät.“

Tariq lächelte zynisch. „Was dachten Sie denn? Mit Pünktlichkeit kann man schließlich kein Aufsehen erregen.“

Er war überzeugt, dass Farrah Tyndall in irgendeinem Flügel des Hauses bereits ungeduldig auf ihren Auftritt wartete, der natürlich so effektvoll wie möglich vonstatten gehen musste. Denn lag in der Inszenierung der eigenen Person nicht der einzige Sinn ihres müßiggängerischen Daseins? Nachdem sie vermutlich den ganzen Tag beim Frisör und mit ihrem Stylisten verbracht hatte, wollte sie jetzt der Öffentlichkeit die Früchte ihrer harten Arbeit präsentieren. Das war typisch für die Frauen, mit denen Tariq es zu tun hatte. Sie interessierten sich nur für ihr Aussehen.

„Es ist wirklich spät. Vielleicht ist sie ja doch schon hier, und wir haben sie nur übersehen.“

„Da kennen Sie Farrah Tyndall schlecht“, gab Tariq zurück. „Sonst wüssten Sie, dass es absolut unmöglich ist, sie zu übersehen.“

Sie war so außergewöhnlich schön, dass wahrscheinlich jedem Mann hier im Saal bei ihrem Eintritt der Atem stocken würde. Leider war sie auch sträflich oberflächlich.

Tariq interessierten im Moment allerdings weder ihre Schönheit noch ihre Charaktereigenschaften. Seine Leute hatten in den letzten Monaten diskret sämtliche verfügbaren Aktien der Tyndall Pipeline Corporation aufgekauft, und jetzt lag die Übernahme endlich in Tariqs Reichweite. Alles, was ihm dafür noch fehlte, war ein Aktienanteil von zwanzig Prozent.

Und genau diese zwanzig Prozent hielt Farrah Tyndall.

Hasim war so nervös, dass er schneller als normal atmete. „Ich halte diesen Plan immer noch für undurchführbar.“

Tariq lächelte. „Na, dann ist es wenigstens eine echte Herausforderung“, erklärte er ungerührt, während er den Stiel seines Weinglases zwischen den langen Fingern drehte.

„Um Ihr Ziel zu erreichen, werden Sie das Mädchen heiraten müssen“, gab der Erdölminister zu bedenken.

Tariqs Finger legten sich fester um das Weinglas. „Ich weiß. Allerdings nur vorübergehend“, schränkte er schroff ein, woraufhin sich Hasims Gesicht noch mehr verdüsterte.

„Sie denken ernsthaft daran, auf dieses uralte Gesetz zurückzugreifen, das es Ihnen gestattet, sich nach einer Wartezeit von vierzig Tagen und vierzig Nächten scheiden zu lassen?“

„Warum nicht? Ich brauche diese Aktienmehrheit, aber ich habe nicht die geringste Sehnsucht danach, länger als nötig ein verheirateter Mann zu sein.“

Der Plan war perfekt.

Hasim zupfte sich nervös ein unsichtbares Stäubchen vom Ärmel. „Soweit ich weiß, fand dieses Gesetz seit Urzeiten keine Anwendung mehr.“

„Egal.“

„Es ist eine schwere Kränkung für eine Braut und ihre Familie, Exzellenz“, wandte Hasim heiser ein. Tariq zog eine schwarze Braue hoch.

„Wie kann man eine Frau kränken, die nur an ihr eigenes Vergnügen denkt?“, fragte er. „Sie erwarten doch wohl nicht, dass ich mit Farrah Tyndall Mitleid habe.“

„Und was ist, wenn sie heute Abend nicht kommt? Davon hängt alles ab.“ Der Minister rutschte unbehaglich in seinem Sessel herum und tupfte sich verstohlen den Schweiß von der Stirn.

Tariq hingegen saß ganz entspannt da und schaute immer noch zu dem Treppenaufgang, der in den Ballsaal führte. „Sie wird kommen, verlassen Sie sich darauf. Erstens, weil ihr Vater der Schirmherr dieser Veranstaltung ist, und zweitens, weil sie nicht zu den Leuten gehört, die sich einen glamourösen Auftritt entgehen lassen. Beruhigen Sie sich, Hasim.“

Kaum hatte er seinen Satz zu Ende gesprochen, erschien Farrah Tyndall auf dem obersten Treppenabsatz.

Sie kam herabgeschwebt wie eine Prinzessin, das goldblonde Haar aufgesteckt zu einer kunstvollen Frisur, die zweifellos nur dazu diente, ihren grazilen schlanken Hals zur Schau zu stellen, in einem bodenlangen hochgeschlossenen goldenen Kleid, das sich eng an einen einfach perfekten Körper schmiegte.

Immerhin hat der Aufwand beim Frisör und beim Stylisten das erwünschte Ergebnis gebracht, dachte Tariq kalt, während sein erfahrener Blick langsam über ihren Körper glitt.

Und was er da sah, verriet, dass sich ihre Prioritäten in den letzten fünf Jahren nicht verlagert hatten.

Dennoch stellte er gewisse Veränderungen fest. Sie war selbstbewusst geworden. Erwachsen. Ihr Gang war sicher, sie bewegte sich nicht mehr leicht tapsig wie ein junges Reh, das nicht recht weiß, was es mit diesen langen Beinen anstellen soll. Sie hatte Haltung und Stil entwickelt, war in diesen umwerfenden Körper hineingewachsen.

Aus dem bildhübschen Mädchen von damals war eine atemberaubend schöne Frau geworden.

In diesem Moment wurde Tariq hinterrücks von einer abscheulichen Begierde gepackt. Nur unter Aufbietung seiner gesamten Selbstbeherrschung gelang es ihm, sich nichts anmerken zu lassen.

Was nur ein weiteres Mal bewies, dass das männliche Verlangen unberechenbar war und mit dem Verstand nicht kontrolliert werden konnte.

Verärgert über seine heftige Reaktion, beobachtete er schweigend, wie Farrah zwischen den Tischen hindurchging und gelegentlich stehen blieb, um irgendwen zu begrüßen. Dabei hatte sie ein unschuldig kokettes Lächeln aufgesetzt, mit dem sie versuchte, den Männern den Kopf zu verdrehen.

Was ihr natürlich perfekt gelang.

Ihr Tisch befand sich direkt neben seinem. Dafür hatten seine Leute gesorgt. Jetzt saß er reglos da, wie ein Tiger kurz vor dem Sprung, und wartete darauf, dass sie ihn entdeckte.

Seine Anspannung wuchs, in seinen Adern pochte das Blut.

Gleich, jetzt gleich …

Sie begrüßte einen Mann, der ihr galant die Hand küsste. Dann legte sie ihre kleine Abendhandtasche auf dem Tisch ab und drehte sich, immer noch lächelnd, um.

Das war der Moment, in dem sie ihn entdeckte.

Sie wurde bleich, ihr strahlendes Lächeln erlosch. In den Tiefen ihrer leuchtend grünen Augen flackerte ein Ausdruck von Verletzlichkeit auf, und für einen Sekundenbruchteil sah Tariq wieder das Mädchen vor sich, das sie vor fünf Jahren gewesen war.

Für einen Moment wirkte sie, als ob sie unter Schock stünde, dann aber riss sie ihren Blick von ihm los, legte ihre Finger fest um die Stuhllehne und atmete mehrmals tief durch.

Durch ihre Reaktion sah Tariq sich voll bestätigt. Jetzt zweifelte er keine Sekunde mehr daran, dass alles ganz einfach werden würde. Er beobachtete, wie sie die schmalen Schultern straffte und die Stuhllehne losließ, an der sie Halt gesucht hatte. Als sie jetzt wieder in seine Richtung schaute, war ihr Gesicht undurchdringlich. Offenbar hatte sie sich wieder in der Gewalt. Sie begrüßte ihn mit einem leichten Kopfnicken, bevor sie sich wieder umwandte, und nichts, aber auch gar nichts in ihrem Verhalten legte die Vermutung nah, dass er mehr sein könnte als ein flüchtiger Bekannter.

Sie gab sich äußerst gelassen.

Während sein Blick über ihre anziehende Rückansicht glitt, wurde Tariq klar, dass er in diesem Fall nichts dagegen hatte, sich nach der erfolgreichen Firmenübernahme ein kleines Vergnügen zu gönnen – obwohl er es sich zum Grundsatz gemacht hatte, Geschäftliches und Privates nie miteinander zu verquicken. Aber diesmal gestattete er sich eine Ausnahme. Auch wenn seine Heirat mit der Tyndall-Erbin rein geschäftlicher Natur war, würde die Hochzeitsnacht doch ein sinnlicher Genuss werden.

Ebenso wie die darauf folgenden vierzig Tage und Nächte. Tariq verzog den Mund zu einem süffisanten Lächeln. Vielleicht ließ sich diesem Deal ja doch etwas mehr abgewinnen als ursprünglich angenommen.

Plötzlich bekam diese Ehe für ihn einen Reiz, den er vorher nicht bedacht hatte.

Sie musste sofort weg hier. Auf der Stelle.

Farrah stand in einer Ecke der dunklen, von einem gepflegten Rasen umgebenen Terrasse. Der Regen hatte schon seit geraumer Zeit nachgelassen, sodass es jetzt wieder schwülwarm war, trotzdem fröstelte sie. Da half es auch nichts, sich die Arme zu reiben.

Tariq bin Omar al-Sharma. Sie hatte nicht einmal gewusst, dass er im Lande war.

Sonst wäre sie zu Hause geblieben oder ans andere Ende der Welt geflohen oder im Boden versunken – alles, alles, nur nicht ihm Auge in Auge gegenüberstehen zu müssen. Und schon gar nicht so ohne Vorwarnung, ohne die Chance, sich gegen den Schock eines Wiedersehens mit ihm zu wappnen.

Ein Blick in diese exotischen dunklen Augen hatte ausgereicht, sie wieder in das schüchterne, unsichere Mädchen von vor fünf Jahren zu verwandeln. Schüchtern, unsicher und bis über beide Ohren verliebt.

Aber sie war nicht gut genug gewesen für ihn.

Er hatte ihr zerbrechliches, eben erst aufkeimendes Selbstbewusstsein mit Füßen getreten. Traurigkeit und ein Gefühl tiefer Demütigung stiegen in ihr auf, sodass sie sich am liebsten in einer dunklen Ecke verkrochen hätte.

Da hieß es immer, man könnte seine Vergangenheit einfach hinter sich zurücklassen, aber was war, wenn diese Vergangenheit eine ganze Armada aus Privatflugzeugen besaß und einen verfolgte?

Das Essen war die Hölle gewesen. Sie hatte geplaudert und gelacht, verzweifelt bemüht, sich nichts anmerken zu lassen, obwohl sie sich die ganze Zeit Tariqs Anwesenheit überdeutlich bewusst gewesen war.

Das Schicksal hatte es so eingerichtet, dass sie mit dem Rücken zu ihm saß, aber das hatte nichts geändert. Sein dunkler Blick hatte in ihrem Nacken gebrannt, bis sie unter einem Vorwand nach draußen geflüchtet war.

Seltsam, dass man sich in seinem Wesenskern immer gleich bleibt, egal wie sehr man sich äußerlich auch verändert, überlegte sie benommen. Selbst wenn man sich nach außen hin noch so souverän und glamourös gebärdete, änderte das doch nichts an eventuell vorhandenen, tief sitzenden Unsicherheiten. Innerlich war sie immer noch das unscheinbare schüchterne Mädchen, das für seine Mutter ein nie versiegender Quell der Enttäuschung gewesen war.

Sie legte eine Hand an ihre pochende Schläfe. Der Gedanke an ihre Mutter vergrößerte ihr Elend noch. Ihre Mutter war jetzt seit sechs Jahren tot, aber der verzweifelte Wunsch, ihren Stolz zu erringen, war Farrah geblieben. Sie fühlte Panik in sich aufsteigen. Plötzlich glaubte sie zu wissen, wie Aschenputtel sich gefühlt haben mochte, als die Kirchturmuhr Mitternacht geschlagen hatte. Denn genauso fühlte sie sich jetzt auch. Falls sie es nicht schaffte zu entkommen, würde die Wahrheit ans Licht kommen, und dann würde sich die wahre Farrah Tyndall zeigen. Und das musste sie verhindern, das war sie ihrer Mutter schuldig. Sie musste sofort nach Hause, wo sie ohne Zeugen sie selbst sein konnte.

Aus dem Ballsaal drang Gelächter, dann vernahm sie Schritte – unüberhörbar männliche. Sie drückte das Kreuz durch und straffte die Schultern, eine Körperhaltung, die hoffentlich ihren Wunsch nach Ungestörtheit ausdrückte.

„Na, hast du schon genug? Das würde mich doch sehr wundern.“

Die Stimme erklang dicht hinter ihr, tief, seidenweich und unverwechselbar. Alles in Farrah spannte sich an.

Eine Stimme, die sie früher einmal geliebt hatte. Der glatte, einschmeichelnde Tonfall hatte in ihren Ohren exotisch und verführerisch geklungen.

Früher war ihr alles an Tariq exotisch und verführerisch erschienen.

Man hatte ihn den Wüstenprinz genannt, und dieser Name war ihm geblieben, obwohl er seit vier Jahren der Alleinherrscher von Tazkash und Sultan war. Außerdem war Tariq bin Omar al-Sharma als Prinz wie als Sultan ein äußerst erfolgreicher und kluger Wirtschaftsführer. Als Kronprinz hatte er sein kleines Land zu einem bedeutenden Mitspieler auf dem Weltmarkt gemacht. Als Sultan hatte er sich die Achtung der Politiker und Wirtschaftsinstitutionen der Welt verdient.

Sein Wort hatte Gewicht.

Jetzt brachte Farrah der Klang seiner Stimme an den Rand eines Nervenzusammenbruchs.

Ein Teil von ihr wollte diesen Mann ignorieren, wollte ihm die Genugtuung versagen, dass sie sich auch nur an ihn erinnerte, während ein anderer Teil ihm am liebsten die Augen ausgekratzt hätte.

Glücklicherweise hatte sie mittlerweile gelernt, ihre Gefühle im Zaum zu halten, eine Lehre, die sie ihm zu verdanken hatte. Er war ein Mensch, der nicht die kleinste Kleinigkeit von sich selbst preisgab.

Sie hatte ihm ihre wahren Gefühle gezeigt, und ihm war nichts Besseres eingefallen, als darauf herumzutrampeln.

Mit diesem Gedanken im Hinterkopf drehte sie sich langsam um, entschlossen, so zu tun, als ob seine Anwesenheit für sie nicht mehr als eine unerwünschte Störung wäre. Sie waren so grundverschieden, wie zwei Menschen es nur sein konnten. Und er hatte ihr schmerzhaft deutlich gemacht, dass sie nicht in seine Welt gehörte.

„Guten Abend, Hoheit“, sagte sie in spöttischem Ton, aber verzweifelt bemüht, seinem Blick auszuweichen, weil sie aus Erfahrung wusste, dass man in seinen Augen ertrinken konnte, und das würde sie in keinem Fall zulassen. Sie schaute an ihm vorbei zur Tür, wo sie einen großen Schatten auf der Schwelle stehen sah – einer seiner Leibwächter wahrscheinlich. Seine Bodyguards waren immer zur Stelle, ganz egal, wo Tariq sich aufhielt. „Mir war es drinnen zu warm geworden.“

„Und trotzdem zitterst du.“ Mit den für ihn so typischen sparsamen Bewegungen kam er näher, während Panik in Farrah aufstieg.

Ihr Mund wurde trocken, ihre Finger legten sich automatisch fester um ihre perlenbestickte Abendhandtasche, was natürlich unsinnig war, da kaum zu befürchten stand, dass der reichste, begehrteste Junggeselle der Welt vorhatte, sie auszurauben. Und doch hatte er ihr vor Jahren das Wertvollste geraubt, das sie besaß.

Ihr Herz.

Und dann schaute sie ihn doch an – und bereute es auf der Stelle. Beim Anblick seines geheimnisvoll wirkenden, ebenmäßig geschnittenen Gesichts verschlug es ihr den Atem.

„Ich habe keine Lust auf Spielchen.“ Sie war stolz, dass sie es schaffte, ihre Stimme ruhig zu halten. Dass sie nicht die Nerven verlor. „Es ist ein unglückliches Zusammentreffen, aber nur, weil wir zufällig auf derselben Veranstaltung sind, heißt das noch lange nicht, dass wir uns miteinander abgeben müssten. Niemand verlangt von uns, dass wir so tun, als wären wir alte Freunde.“

In diesem Dinnerjacket sah er wirklich umwerfend aus. Obwohl ihm alles stand, wie sie wusste. Ganz egal, ob er nun die traditionelle Tracht seines Landes oder westliche Kleidung trug, an ihm wirkte alles elegant und passend. Tariq bewegte sich mit einer geradezu traumwandlerischen Sicherheit zwischen den Kulturen, um die ihn weniger anpassungsfähige Menschen nur beneiden konnten.

Er spielte in einer anderen Liga als Farrah, und dass sie irgendwann einmal an eine gemeinsame Zukunft mit ihm geglaubt hatte, war eine demütigende Erinnerung daran, wie naiv sie damals gewesen war.

Vergiss es, ermahnte sie sich, als sie erneut von einer Welle der Unsicherheit überschwemmt wurde. Sie hatte schon lange ihr eigenes Leben – ein Leben, das sie liebte. Ein Leben, das zu ihr passte. Sie hatte gelernt, sich in der Welt der Schönen und Reichen zu behaupten, weil man es von ihr erwartete, aber das war nur ein kleiner Teil von ihr.

Und ganz gewiss nicht der wichtigste.

Aber das ging Tariq nichts an. Durch die kurze Beziehung mit ihm hatte sie gelernt, wie unklug es war, sich anderen gegenüber zu öffnen, weil es in den meisten Fällen nur Kummer und Schmerz nach sich zog. Wichtig war, dass man sich selbst schützte.

Jetzt trug der Nachtwind Musik durch die offenen Türen nach draußen, ein Zeichen dafür, dass der Ball eröffnet worden war. In einer halben Stunde würde die Modenschau beginnen, bei der mitzumachen Farrah sich bereit erklärt hatte. Aber wie konnte sie das? Wie sollte sie über den Laufsteg spazieren, wenn sie wusste, dass Tariq im Publikum saß?

Sie würde Henry, den Familienchauffeur, anrufen und ihn bitten, sie abzuholen.

Sich selbst zu schützen bedeutete, dass sie diese Veranstaltung hier so schnell wie möglich verließ.

Sie versuchte um Tariq herumzugehen, aber er hielt sie am Arm fest.

„Unsere Unterhaltung ist noch nicht beendet. Du bist noch nicht entlassen.“

Sie hätte fast laut aufgelacht. Anderen Menschen Befehle zu erteilen war Tariq zur zweiten Natur geworden. Er war geboren, um zu herrschen, und es machte ihm nichts aus – im Gegenteil. Mit achtzehn war sie von diesem Maß an Macht geblendet gewesen … Macht gepaart mit einer unerhört starken erotischen Ausstrahlung.

Aber inzwischen hatte sie dazugelernt.

Trotzdem spürte sie jetzt bei so viel körperlicher Nähe eine Erregung in sich aufsteigen, die ihren gesamten Körper erfasste. Sie versuchte krampfhaft, ihre Empfindungen zu ignorieren.

„Ich brauche deine Erlaubnis nicht, Tariq“, erklärte sie, verärgert über sich selbst, weil sie sich überhaupt auf ein Gespräch mit ihm einließ. „Am besten vergessen wir diese Begegnung ganz schnell.“

Ich ganz bestimmt, schwor sie sich benommen, während sie ihr wild klopfendes Herz und die Schmetterlinge in ihrem Bauch energisch zur Ordnung rief.

Diese Gefühle waren nicht echt. Sie zählten nicht.

„Glaubst du wirklich, diese Begegnung heute ist Zufall?“ Er stand so nah, dass sie durch den dünnen Stoff ihres Kleides die Hitze spüren konnte, die sein Körper abstrahlte. Sie bekam ganz weiche Knie. Obwohl sie extrem hohe Absätze trug, war Tariq immer noch fast einen Kopf größer als sie und ihr auch sonst physisch weit überlegen. Ihm so nah zu sein bedeutete Qual und Versuchung zugleich, und wieder ergriff ein leidenschaftliches Verlangen von ihr Besitz. Und als sie hörte, wie sich seine Atmung beschleunigte, wusste sie, dass es ihm genauso ging.

So war es immer zwischen ihnen gewesen.

Von diesem ersten Tag am Strand – von diesem ersten Kuss in den Höhlen von Zatua an.

Genau deshalb hatte sie sich damals zum Narren gemacht. Sie hatte sich von einer sexuellen Anziehungskraft blenden lassen, die stark genug war, den gesunden Menschenverstand auszuschalten und sämtliche kulturellen und gesellschaftlichen Unterschiede zwischen ihnen einzuebnen.

Für einen Moment stand sie reglos da, gebannt von Tariqs Ausstrahlung. Da war etwas Wildes, Ungezähmtes. Etwas durch und durch Männliches. Das hatte sie schon damals vom ersten Moment an gespürt, und jetzt spürte sie es erneut. Ihre Brustspitzen wurden hart und drückten sich gegen den Stoff ihres Kleides, in ihrem Unterleib entfaltete sich eine dunkle, gefährliche Hitze und breitete sich in ihrem ganzen Körper aus.

Und dann brach Gelächter aus dem Ballsaal den Bann, der es ihr unmöglich gemacht hatte, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen oder gar sich zu bewegen.

Mit dem Gefühl, gedemütigt worden zu sein, trat sie einen Schritt zurück und dachte an die Lektionen, die sie in dem Wüstenland gelernt hatte. Zum Beispiel, dass Liebe gepaart mit Leidenschaft für eine Beziehung nicht immer ausreichte.

Oder dass Tariq rücksichtslos und zynisch war und sie beide weder von ihrem Charakter noch von ihren Erwartungen her zueinander passten.

Autor

Sarah Morgan
<p>Sarah Morgan ist eine gefeierte Bestsellerautorin mit mehr als 21 Millionen verkauften Büchern weltweit. Ihre humorvollen, warmherzigen Liebes- und Frauenromane haben Fans auf der ganzen Welt. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von London, wo der Regen sie regelmäßig davon abhält, ihren Schreibplatz zu verlassen.</p>
Mehr erfahren