Die Herren der Unterwelt 4: Schwarzes Flüstern

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Sabin ist der Träger des Zweifels. Der Liebe hat er abgeschworen, seit sein Dämon die letzte Frau, die Sabin begehrte, vor Jahren regelrecht in den Tod getrieben hat. Seither kämpft er nur noch an der Seite der anderen Lords gegen die Jäger, Sterbliche, die die Dämonen bannen und die Lords danach töten wollen.

Auf einem der Feldzüge gegen die Jäger lernt Sabin in Ägypten jedoch Gwen kennen. Ihr, die halb Harpyie und halb Engel ist und demnach eine dunkle und eine helle Seite in sich vereint, kann der vom Zweifel gepeinigte Herr der Unterwelt nicht widerstehen. Doch gelingt es der Halbtochter Luzifers, ihre zerstörerische Kraft zu bannen? Und kann sie darüber hinaus den Dämon des Zweifels in Sabin zum Schweigen bringen?


  • Erscheinungstag 01.01.2011
  • Bandnummer 4
  • ISBN / Artikelnummer 9783862782222
  • Seitenanzahl 480
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Sabin, der Hüter des Dämons Zweifel, stand in den Katakomben einer antiken Pyramide – schwitzend, keuchend, die Hände mit dem Blut seines Feindes getränkt, den Körper mit Schnittwunden und Blutergüssen übersät, während er das Blutbad betrachtete, das ihn umgab. Ein Blutbad, an dessen Entstehung er nicht ganz unbeteiligt war.

Fackeln flackerten, genau wie die Schatten an den Steinwänden. Wände, an denen nun blutrote Spritzer klebten, hinabrannen ... sich in einer Lache sammelten. Der Sandboden sah aus wie eine feuchte dunkle Paste. Vor einer halben Stunde war er noch honigbraun gewesen, seine Körner hatten gefunkelt und sich unter ihren Schritten zerstreut. Jetzt lagen überall Leichen in dem engen Gang. Der Geruch des Todes hing schon in der Luft.

Neun seiner Feinde hatten den Angriff überlebt. Nachdem sie ihnen die Waffen abgenommen hatten, hatten sie sie in einer Ecke gefesselt. Die meisten zitterten vor Angst. Nur wenige standen mit breiten Schultern, erhobenem Kinn und hasserfülltem Blick dort und weigerten sich trotz ihrer Niederlage, klein beizugeben. Verdammt bewundernswert.

Schade, dass ihr Mut gebrochen werden musste.

Mutige Männer plauderten ihre Geheimnisse nicht aus, aber Sabin wollte ihre Geheimnisse erfahren.

Er war ein Krieger, der tat, was getan werden musste, zum richtigen Zeitpunkt und gleichgültig, was von ihm verlangt wurde. Töten, foltern, verführen. Er zögerte auch nicht, seinen Männern dasselbe abzuverlangen. Bei den Jägern – Sterbliche, die fanden, dass er und die anderen Herren der Unterwelt sich perfekt als Sündenböcke für alles irdische Übel eigneten – ging es einzig darum, zu siegen. Denn nur wenn sie den Krieg gewännen, könnten seine Freunde irgendwann in Frieden leben. Frieden, den sie verdienten. Frieden, den er ihnen von Herzen wünschte.

Er hörte flache, unregelmäßige Atemzüge. Seine, die seiner Freunde, die seiner Feinde. Jeder von ihnen hatte bis ans Ende seiner Kräfte gekämpft. Es war ein Kampf von Gut gegen Böse gewesen, und das Böse hatte gesiegt. Oder vielmehr das, was diese Jäger als das Böse bezeichneten. Er und diejenigen, die durch die Umstände zu seinen Brüdern geworden waren, dachten da anders.

Zugegeben, vor langer Zeit hatten sie die Büchse der Pandora geöffnet und die Dämonen befreit. Doch sie hatten von den Göttern ihre Strafe erhalten: Jeder Krieger musste einen dieser abscheulichen Dämonen aufnehmen. Und zwar auf ewig. Es stimmte zwar, dass sie einst die Sklaven ihrer neuen dämonischen Hälfte gewesen waren – zerstörerische und brutale Mörder ohne Gewissen. Aber sie hatten die Kontrolle wiedererlangt und waren in den wichtigsten Bereichen Menschen. Meistens zumindest.

Manchmal kämpften die Dämonen, siegten und ... zerstörten.

Dennoch. Wir verdienen es zu leben, dachte er. Wie jeder andere litten sie, wenn ihre Freunde verletzt wurden, und wie jeder andere lasen sie Bücher, sahen sich Filme an, spendeten für gute Zwecke. Verliebten sich. Aber die Jäger würden sie niemals so sehen. Sie waren davon überzeugt, dass die Welt ohne die Herren ein besserer Ort wäre. Eine Utopie, besinnlich und perfekt. Sie glaubten, dass man alle Sünden, die je begangen worden waren, den Dämonen anlasten konnte. Vielleicht weil sie dumm wie Kuhmist waren. Oder weil sie ihr Leben hassten und jemanden brauchten, dem sie dafür die Schuld geben konnten. So oder so – die Jäger zu töten war Sabins wichtigste Aufgabe geworden. Seine Utopie war nämlich ein Leben ohne sie.

Deshalb hatten er und die anderen die Annehmlichkeiten ihres Budapester Zuhauses vorübergehend aufgegeben und die vergangenen drei Wochen damit zugebracht, jede gottverdämmte Pyramide Ägyptens nach vergessenen Artefakten zu durchsuchen, die ihnen helfen sollten, die Büchse der Pandora wiederzufinden – den Gegenstand, mit dem die Jäger sie vernichten wollten. Schließlich hatten er und seine Freunde ins Schwarze getroffen.

„Amun“, sagte Sabin und zeigte auf den Krieger in der dunklen Ecke ihm gegenüber. Wie immer verschmolz er mit dem Schatten. Sabin wies mit einer grimmigen Kopfbewegung auf die Gefangenen. „Du weißt, was du zu tun hast.“

Amun, der Hüter der Geheimnisse, nickte bedrohlich, ehe er losging. Wie immer schwieg er, als hätte er Angst, die schrecklichen Geheimnisse, die er über die Jahrhunderte in sich gesammelt hatte, würden aus ihm herausplatzen, wenn er auch nur ein Wort sagte.

Als sie den massigen Krieger sahen, der ihre Kameraden mit einer Leichtigkeit in zwei Hälften gerissen hatte, als würde er mit einem Messer Seide zerschneiden, machten die verbliebenen Jäger einen Schritt zurück. Sogar die mutigen. Klug von ihnen.

Amun war groß, schlank und muskulös. Er hatte einen Gang, der zugleich entschlossen und anmutig wirkte. Entschlossenheit ohne Anmut hätte ihn zu einem Nullachtfünfzehn-Krieger gemacht. Weil er aber beides hatte, strahlte er diese stille Wildheit aus, die man für gewöhnlich nur bei Raubtieren sieht, die ihre Beute zwischen den Fängen nach Hause tragen.

Als er vor den Jägern stand, hielt er inne. Er musterte die ausgedünnte Menge. Dann machte er einen Satz nach vorn und packte den Mann in der Mitte an der Kehle. Er hob ihn so hoch, dass sie sich auf Augenhöhe befanden. Der Mensch strampelte mit den Beinen und schlug mit den Händen gegen Amuns Handgelenke, während er immer blasser wurde.

„Lass ihn runter, du elender Dämon“, rief einer der Jäger und zerrte an der Hüfte seines Kameraden. „Du hast so viele Unschuldige getötet und schon so viele Leben zerstört!“

Amun blieb unbeeindruckt. Wie sie alle.

„Er ist ein guter Mann“, schrie ein anderer. „Er hat es nicht verdient zu sterben. Und schon gar nicht durch die Hand des Bösen!“

Gideon, der blauhaarige, kohläugige Hüter der Lügen, war im Nu an Amuns Seite und trieb die Aufständischen zurück. „Wenn du ihn noch einmal berührst, küsse ich dich windelweich.“ Er zückte zwei gezackte Messer, an deren Klingen noch Blut klebte.

„Küssen“ bedeutete in Gideons verdrehter Welt „prügeln“. Oder war es „töten“? Sabin hatte den Überblick darüber verloren, was im Lügen-Code was bedeutete.

Einen Moment lang herrschte irritiertes Schweigen, während die Jäger versuchten, die Bedeutung von Gideons Worten zu verstehen. Noch ehe sie so weit waren, hörte Amuns Opfer auf zu zappeln. Amun ließ den schlaffen Körper fallen, der reglos auf dem Boden landete.

Lange rührte sich Amun nicht vom Fleck. Niemand berührte ihn. Nicht mal die Jäger. Sie waren zu sehr damit beschäftigt, ihren Kameraden wiederzubeleben. Sie wussten nicht, dass es zu spät war. Dass Amun den Verstand des Mannes gelöscht hatte und der neue Besitzer intimster Geheimnisse war. Vielleicht sogar von Erinnerungen. Er hatte Sabin nie erzählt, wie es funktionierte, und Sabin hatte nie danach gefragt.

Langsam drehte Amun sich um. Seine Bewegungen wirkten steif. Sein dunkler Blick traf für einen düsteren, qualvollen Moment auf Sabins. Er konnte nicht verhehlen, wie sehr es ihn schmerzte, eine neue Stimme in seinem Kopf zu hören. Dann blinzelte Amun, versteckte den Schmerz wie schon tausende Male zuvor und ging langsam auf die gegenüberliegende Wand zu. Sabin beobachtete ihn und zwang sich, ruhig und entschlossen zu bleiben. Ich werde mich nicht schuldig fühlen. Das muss getan werden.

Die Wand sah genauso aus wie all die anderen – zerklüftete Steine, die aufeinandergestapelt worden waren und schräg anstiegen –, und dennoch spreizte Amun die Finger, legte eine Hand auf den siebten Stein von unten und die andere mit geschlossenen Fingern auf den fünften Stein von oben. Synchron bewegte er eine Hand nach links und die andere nach rechts.

Die Steine drehten sich mit.

Wie gebannt beobachtete Sabin das Geschehen. Er war immer wieder erstaunt, wie viel Amun innerhalb weniger Sekunden in Erfahrung bringen konnte.

Als die Steine in ihrer neuen Position einrasteten, bildete sich in ihrer Mitte ein Riss, der sich nach oben und unten ausbreitete – bis zu einer schmalen Öffnung, die Sabin erst jetzt wahrnahm. Ein Teil der Wand wich zurück, immer weiter zurück, bis er schließlich langsam zur Seite rückte. Dahinter kam eine Türöffnung zum Vorschein, breit genug, dass eine ganze Armee massiger Bestien, wie er eine war, hindurchgelangt wären.

Während die Öffnung immer größer wurde, wehte kühle Luft durch die Katakomben. Das Feuer der Fackeln knisterte. Beeilung, beschwor Sabin die Steine. Hatte sich jemals etwas so provozierend langsam bewegt?

„Warten auf der anderen Seite noch mehr Jäger?“, fragte er, nahm dabei seine Sig Sauer aus dem Hüftholster und überprüfte das Magazin. Noch drei Kugeln. Er holte Munition aus seiner Tasche und lud nach. Der Schalldämpfer blieb, wo er war.

Amun nickte und hielt sieben Finger hoch, bevor er sich an dem immer größer werdenden Spalt in Wachposition stellte.

Sieben Jäger gegen zehn Herren. Ausgenommen Amun, denn der wäre schon bald viel zu abgelenkt von der neuen Stimme in seinem Kopf und nicht in der Lage zu kämpfen. Doch jeder wusste, dass Amun trotzdem (schweigend) verlangen würde, in die Aktion eingeplant zu werden. Dennoch arme Jäger, dachte Sabin, sie haben keine Chance. „Wissen sie, dass wir hier sind?“

Ein düsteres Kopfschütteln.

Dann gab es keine Kameras, die jeden ihrer Schritte überwacht hätten. Hervorragend.

„Sieben Jäger – das ist ein Kinderspiel“, kommentierte Lucien, der Hüter des Todes, als er an der gegenüberliegenden Wand herabsank. Er war blass, und seine verschiedenfarbigen Augen glänzten ... fiebrig? „Macht ohne mich weiter. Ich werde schwächer. Außerdem muss ich sowieso bald wieder Seelen begleiten. Und ich muss noch unsere Gefangenen in den Kerker in Buda werfen.“

Dank seines Dämons konnte sich Lucien allein mit der Kraft seiner Gedanken von einem Ort zum nächsten bewegen. Meist war er gezwungen, die Toten ins Jenseits zu führen. Das hieß jedoch nicht, dass er unbesiegbar war. Sabin zog die Augenbrauen hoch und sah zu ihm hinüber. Die Narben auf seinem Gesicht traten deutlicher hervor als sonst, seine Nase war kaum noch als solche zu erkennen. Er hatte eine Schussverletzung an der Schulter, eine im Bauch, und dem roten Fleck nach zu urteilen, der sich auf seinem Rücken ausbreitete, war seine Niere getroffen worden.

„Bist du in Ordnung, Mann?“

Lucien lächelte. „Ich werd’s überleben. Auch wenn ich mir morgen wahrscheinlich wünsche, tot zu sein. Ein paar Organe sind geschreddert.“

Autsch. Davon würde er sich erst mal erholen müssen. „Wenigstens musst du deine Arme und Beine nicht wiederherstellen.“

Aus dem Augenwinkel sah er Amun Handzeichen geben.

„Nicht nur, dass keine Kameras installiert sind, sie befinden sich außerdem in einer Kammer mit schalldichten Wänden“, übersetzte Sabin. „Das hier ist früher mal ein Gefängnis gewesen, und die Sklavenhalter wollten nicht, dass man ihre Knechte schreien hörte. Die Jäger haben keine Ahnung, dass wir hier sind. Es dürfte leicht werden, sie zu überfallen.“

„Für einen Angriff aus dem Hinterhalt braucht ihr mich ja nicht. Ich bleibe hier bei Lucien“, sagte Reyes, ließ sich auf den Boden fallen und lehnte sich ermattet gegen einen Stein. Reyes’ dämonischer Partner war Schmerz. Physische Qual bereitete ihm Freude, und Verletzungen gaben ihm Kraft. Während des Kampfes. Danach war er genauso geschwächt wie die anderen. Momentan war sein Körper von allen am stärksten geschunden: Seine Wange war so stark geschwollen, dass sogar das Auge in Mitleidenschaft gezogen wurde. „Außerdem muss jemand die Gefangenen bewachen.“

Dann also sieben gegen acht. Arme Jäger. Sabin nahm an, dass Reyes hierbleiben wollte, um Lucien zu beschützen. Denn Lucien konnte nur mit seinem Körper in die Geisterwelt eintreten, wenn er genügend Kraft hatte, und das war augenblicklich eher nicht der Fall.

„Eure Frauen werden mir die Hölle heißmachen“, murmelte Sabin. Die beiden waren frisch verliebt, und sowohl Anya als auch Danika hatten Sabin vor dem Aufbruch nach Ägypten um etwas gebeten. „Bring mir meinen Mann heil zurück“, hatten sie gesagt.

Wenn ihr Mann in diesem desolaten Zustand nach Hause kam, würde Danika Sabin ansehen und enttäuscht den Kopf schütteln, um dann sogleich zu Reyes zu eilen und seine Wunden zu versorgen. Sabin würde sich dreckiger fühlen als der Matsch auf seinen Stiefeln. Anya würde ihm die gleichen Schussverletzungen zufügen, die Lucien davongetragen hatte, und sich dann um Lucien kümmern. Sabin müsste Schmerzen erleiden. Starke Schmerzen.

Seufzend ließ er den Blick über die übrigen Krieger schweifen und versuchte zu entscheiden, wer fit genug war, um mitzukommen, und wer zurückbleiben musste. Maddox – mit dem Dämon der Gewalt – war der wildeste Kämpfer, den er kannte. Im Augenblick war er genauso blutgetränkt und atemlos wie Sabin, aber er hatte sich schon zu Amun gestellt und war bereit für den Einsatz. Seine Frau wäre genauso unzufrieden mit Sabin wie Danika und Anya.

Sabins Blick glitt zu der anmutigen Cameo. Sie war die Hüterin des Elends und die einzige Frau unter ihnen. Was ihr an Körpergröße fehlte, kompensierte sie mit ihrer Grausamkeit. Allerdings brauchte sie nie handgreiflich zu werden – es genügte, wenn sie zu reden anfing. Denn die Menschen konnten den gesammelten Kummer der Welt, der in ihrer Stimme lag, nicht ertragen und begingen meistens schnell Selbstmord. Jemand hatte ihren Hals verletzt und drei tiefe Wunden hinterlassen. Doch das konnte sie offenbar nicht aufhalten, denn kaum hatte sie ihre Machete zu Ende gesäubert, stellte sie sich zu Amun und Maddox.

Sabins Blick wanderte noch ein Stück weiter. Paris war der Hüter der Promiskuität. Es hatte eine Zeit gegeben, in der er der Heiterste unter ihnen gewesen war. Nun wirkte er mit jedem Tag, der verstrich, härter und rastloser. Sabin hatte keine Ahnung, was diese Veränderung verursacht haben mochte. Aber was es auch war, in diesem Moment lauerte Paris vor den Jägern, knurrte wütend und war dermaßen auf Krieg eingestellt, dass er vor grausamer Energie regelrecht zitterte. Sabin war fast sicher, dass Paris trotz der zwei klaffenden Wunden in seinem rechten Bein um keine Verschnaufpause bitten würde.

Neben ihm stand Aeron, Hüter des Zorns. Die Götter hatten ihn erst vor Kurzem von einem Blutrausch-Fluch befreit. Vorher war niemand, der sich in seiner Nähe befunden hatte, sicher gewesen. Er hatte gelebt, um zu verletzen und zu töten. In Augenblicken wie diesem war es immer noch so, das wusste Sabin. Heute hatte Aeron gekämpft, als befände er sich nach wie vor in diesem Rausch. Er hatte jeden in seiner Reichweite gnadenlos verprügelt – fast schon zerfleischt. Das war gut, nur ... Wie stark würde dieser Blutrausch nach dem nächsten Kampf sein? Sabin befürchtete, dass sie Legion rufen müssten, die kleine, blutdürstige Dämonin, die Aeron wie einen Gott anbetete und die Einzige war, die ihn in seinen dunkelsten Stunden besänftigen konnte. Nur leider befand sie sich zurzeit in der Hölle, wo sie sich für die Krieger aufmerksam umsah. Denn Sabin hielt sich gern auf dem Laufenden, er musste wissen, was in der Unterwelt geschah. Wissen war Macht, und man ahnte nie, wozu man es mal brauchte.

Unversehens rammte Aeron einem Jäger die Faust gegen die Schläfe und verwandelte den Menschen in einbewusstloses Häufchen.

Sabin sah ihn irritiert an. „Wofür war das denn?“

„Er wollte uns angreifen.“

Das war zwar stark zu bezweifeln, aber trotzdem durchtrennte Paris die unsichtbaren Fesseln, die ihn bis zu diesem Moment zurückgehalten hatten, und machte sich über die restlichen Gefangenen her – systematisch verprügelte er einen Jäger nach dem anderen, bis alle am Boden lagen.

„Jetzt müssten sie bis auf Weiteres so still sein wie Amun.“ Paris keuchte.

Seufzend richtete Sabin seine Aufmerksamkeit wieder auf die anderen Krieger. Auf Strider, Hüter der Niederlage. Der Mann konnte nicht verlieren, ohne unsägliche Schmerzen zu erleiden. Deshalb sorgte er dafür, dass er gewann. Immer. Und sicher, um sich auf den bevorstehenden Kampf vorzubereiten, holte er gerade die Kugel heraus, die ihn in die Seite getroffen hatte. Gut. Auf ihn konnte Sabin sich stets verlassen.

Kane, Hüter der Katastrophe, stellte sich vor ihn und duckte sich, als plötzlich Geröll von der Decke fiel und Staub aufwirbelte. Mehrere Krieger husteten.

„Äh, Kane“, begann Sabin, „bleib du doch am besten auch hier. Du könntest Reyes bei der Bewachung der Gefangenen helfen.“ Das war ein fadenscheiniger Vorwand, und jeder wusste es.

In dem Schweigen, das auf seinen Vorschlag folgte, ertönte nur das Geräusch der stetig zur Seite gleitenden Steinmauer, die über den Sand schabte. Dann nickte Kane kurz. Er hasste es, wenn man ihn außen vor ließ, das wusste Sabin. Doch seine Anwesenheit verursachte manchmal mehr Probleme, als dass sie welche löste. Und wie immer stellte Sabin den Sieg über die Gefühle seiner Freunde. Das machte er nicht gern, und er täte es auch nicht in jeder Situation. Aber irgendjemand musste mit kühlem Verstand vorgehen – sonst würden sie immer den Kürzeren ziehen.

Ohne Kane würde es in dem bevorstehenden Kampf sieben gegen sieben stehen. Arme Jäger, dachte Sabin wieder. Sie haben immer noch keine Chance. „Will noch jemand hierbleiben?“

Das einstimmige „Nein“ hallte von den Wänden der Kammer wider. In den unterschiedlichen Klangfarben schwang Ungeduld mit. Eine Ungeduld, die auch Sabin verspürte.

Solange sie die Büchse der Pandora nicht gefunden hatten, waren diese Auseinandersetzungen unumgänglich. Aber ohne diese gottverdammten Artefakte, die ihnen den Weg wiesen, konnten sie sie nicht finden. Und da eine der vier Reliquien vermutlich hier in Ägypten lag, war dieser Kampf wichtiger als die meisten anderen. Sabin würde es nicht zulassen, dass die Jäger auch nur ein Artefakt in die Finger bekämen. Denn die Büchse konnte Sabin und alle, die ihm nahestanden, vernichten, indem sie ihnen die Dämonen aus dem Körper zog und nichts als leblose Hüllen übrig ließ.

Trotz seines Vertrauens in einen siegreichen Tag musste er hart für den Sieg arbeiten, das wusste Sabin. Denn die Jäger wurden von Sabins Erzfeind Galen angeführt, einem getarnten, dämonbesessenen Unsterblichen. Und dadurch waren die sogenannten „Beschützer alles Guten und Rechten“ in Dinge eingeweiht, in die sie nicht hätten eingeweiht sein sollen. Zum Beispiel wussten sie, wie man die Herren am besten ablenkte ... wie man sie am besten einfing ... wie man sie am besten vernichtete.

Endlich blieb die Steinwand stehen. Amun blickte in den Gang und gab ein Handzeichen – die Luft war rein, es konnte losgehen. Niemand bewegte sich. Sabins und Luciens Männer hatten nach Jahrtausenden der Trennung gerade erst wieder angefangen, zusammen zu kämpfen. Sie waren alles andere als aufeinander eingespielt.

„Bringen wir die Sache jetzt hinter uns, oder wollen wir hier herumstehen und darauf warten, dass sie uns finden?“, murmelte Aeron. „Ich bin bereit.“

„Sieh dich doch an. Du bist so was von lustlos und fertig“, meinte Gideon und grinste süffisant. „Nicht gerade beeindruckend.“

Zeit, die Führung zu übernehmen, dachte Sabin. Er erwog, wie sie am besten vorgingen. Über die vergangenen Jahrhunderte war er immer achtlos in die Schlacht gezogen, beherrscht von dem einen Gedanken: töten. Doch die Jäger hatte das nur wenig gekümmert. Ihre Anzahl war nicht etwa geschrumpft, sondern gestiegen, und, um ehrlich zu sein, auch ihre Entschlossenheit und ihr Hass wuchsen. Es war höchste Zeit für eine neue Art der Kriegsführung. Er musste seine Ressourcen und Schwächen kennen, ehe er angriff.

„Ich gehe voran, weil ich am wenigsten verletzt bin.“ Er krümmte den Finger um den Abzug seiner Waffe, ehe er sie widerstrebend ins Holster steckte. „Ich will, dass ihr euch zusammentut: immer ein weniger Verletzter mit einem stärker Verletzten. Und dann arbeitet ihr zusammen. Der stärker Verletzte unterstützt den Gesünderen, der angreift. Lasst so viele wie möglich am Leben“, befahl er. „Ich weiß, dass ihr das nicht wollt, weil es eurem Instinkt widerstrebt. Aber keine Sorge. Sie werden noch früh genug sterben. Sobald wir den Anführer ausgemacht und uns seine Geheimnisse zu eigen gemacht haben, sind die anderen nutzlos für uns. Dann könnt ihr mit ihnen machen, was ihr wollt.“

Das Trio, das ihm den Weg versperrt hatte, machte nun Platz, sodass er ungehindert in den Gang schlüpfen konnte. Schnell reihten sich die anderen hinter ihm ein. Ihre Schritte waren nicht lauter als ein verhaltenes Flüstern. Batteriebetriebene Lampen beleuchteten die Wände, die mit Hieroglyphen übersät waren. Sabin sah nur eine Sekunde lang hin, doch das genügte, damit sich die Bilder in sein Gedächtnis brannten. Sie zeigten, wie ein Gefangener nach dem anderen zu einer grausamen Hinrichtung getrieben wurde: Man riss ihnen bei lebendigem Leib das Herz aus der Brust.

In der abgestandenen, staubigen Luft roch es nach Mensch. Er nahm Parfüm, Schweiß und Essensgerüche wahr. Wie lange waren die Jäger schon hier? Was machten sie hier? Hatten sie das Artefakt schon gefunden?

Als ihm die Fragen durch den Kopf gingen, stürzte sich sein Dämon darauf. Zweifel konnte nicht anders. Ganz offensichtlich wissen sie mehr als du. Vielleicht reicht es sogar, um dich zu Fall zu bringen. Gut möglich, dass deine Freunde heute Nacht ihren letzten Atemzug tun.

Der Dämon des Zweifels konnte nicht lügen, nicht ohne dass Sabin das Bewusstsein verlor. Er konnte nur Hohn und negative Vermutungen einsetzen, um seine Opfer zu überwältigen. Sabin hatte nie verstanden, warum ein böser Geist aus der Hölle sich die Täuschung nicht zunutze machen konnte. Die beste Erklärung, die ihm eingefallen war, war, dass sein Dämon selbst Opfer eines Fluchs war. Aber er hatte es schon längst akzeptiert. Nur dass Sabin sich nicht erlauben würde, in dieser Nacht ins Wanken zu geraten. Mach nur so weiter, und ich verbringe die nächste Woche in meinem Zimmer und lese, damit ich nicht so viel nachdenke.

Aber ich brauche Nahrung, lautete die gewinselte Antwort. Die Sorge, die er auslöste, war die größte Nahrungsquelle des Dämons.

Bald.

Beeil dich.

Sabin hob eine Hand, blieb stehen, und die Krieger hinter ihm taten es ihm gleich. Vor ihnen lag eine Kammer, deren Tür offen stand. Sie hörten das Echo von Stimmen und Schritten und das Dröhnen einer Maschine.

Die Jäger waren völlig abgelenkt und forderten sie geradezu dazu auf, sie aus dem Hinterhalt anzugreifen. Dafür bin ich genau der Richtige.

Wirklich?, begann der Dämon, ohne an Sabins Drohung zu denken. Das letzte Mal, als ich das überprüft habe ...

Vergiss mich. Ich habe dir wie versprochen Nahrung besorgt.

In seinem Kopf ertönte ein freudiger Aufschrei, und dann öffnete Zweifel seinen Geist für die Jäger in der Pyramide, indem er ihnen alle erdenklichen zerstörerischen Gedanken zuflüsterte. Alles umsonst... was, wenn du falschliegst... nicht stark genug ... könnte bald sterben ...

Die Gespräche erstarben. Es hörte sich so an, als wimmerte jemand.

Sabin hielt einen Finger hoch, dann noch einen. Als er den dritten Finger hob, setzten er und die Krieger sich mit lautem Kampfgeschrei in Bewegung.

2. KAPITEL

Gwendolyn die Schüchterne presste sich gegen die Rückwand ihrer Glaszelle, als die Horde der zu großen, zu muskulösen und zu blutverschmierten Krieger in die Kammer stürmten, die sie mehr als ein Jahr lang geliebt und gehasst hatte. Geliebt, weil in der Kammer zu sein bedeutete, dass sie ihre Zelle hatte verlassen dürfen und so etwas wie Freiheit verspürte. Gehasst, weil sie all die schrecklichen Foltertaten hatte mit ansehen müssen, die hier verübt worden waren.

Die Männer, die jene Taten verübt hatten, stießen jetzt entsetzte Schreie aus und ließen ihre Petrischalen fallen, ihre Nadeln, ihre Fläschchen und die verschiedensten Werkzeuge. Glas zersplitterte. Wildes Gebrüll schwoll an, als die Eindringlinge mit eingeübten Drohgebärden vorwärts stürzten und heftig um sich schlugen und traten. Ihre Opfer fielen um wie Pappfiguren. Keine Frage, wer diesen Kampf gewinnen würde.

Gwen zitterte. Sie fragte sich, was mit ihr und den anderen geschah, wenn sich der Staub legte. Die Krieger waren eindeutig keine Menschen, genau wie sie, genau wie all die Frauen, die in den Zellen ringsum eingesperrt waren. Sie waren zu brutal, zu stark, zu Gott weiß was, um sterblich zu sein. Aber was genau sie waren, wusste sie nicht. Und warum waren sie bloß hier? Was wollten sie?

Sie hatte im vergangenen Jahr so viele Enttäuschungen erfahren, dass sie gar nicht zu hoffen wagte, dass die Krieger gekommen waren, um sie zu retten. Würde man sie und die anderen hier verrotten lassen? Oder würden diese Männer an ihnen herumforschen und sie missbrauchen, wie die abscheulichen Menschen es getan hatten?

„Tötet sie!“, rief eine ihrer Mitgefangenen den Kriegern entgegen. Beim Klang ihrer harten, wütenden Stimme schlang Gwen sich unwillkürlich die Arme um die Taille. „Sie sollen genauso leiden, wie wir gelitten haben.“

Das Glas, das die Frauen von der Außenwelt trennte, war dick und kugelsicher. Und doch war jedes Leid in der Kammer und in den anderen Zellen wie ein lauter Knall in Gwens Ohren.

Sie wusste, wie sie den Lärm abschirmen konnte – das hatten ihre Schwestern sie schon als kleines Mädchen gelehrt –, aber sie wollte die Niederlage ihrer Entführer unbedingt hören. Ihre schmerzerfüllten Laute waren wie Schlaflieder für sie. Beruhigend und süß.

Doch so stark die Krieger offenbar auch waren, sie versetzten keinem der Menschen den Todesstoß. Seltsamerweise verwundeten sie sie bloß und schlugen sie bewusstlos, bevor sie sich auf den nächsten stürzten. Und nach gefühlten – viel zu kurzen – Sekunden, die wahrscheinlich aber mehrere Minuten gewesen waren, stand nur noch ein Mensch auf den Beinen. Der schlimmste von ihnen.

Einer der Krieger ging auf ihn zu. Zwar verfügten alle Angreifer über tödliche Fähigkeiten, aber der hier hatte am schmutzigsten gekämpft. Er hatte in erster Linie auf die Leistengegend und die Kehle gezielt. Bereit für den letzten Schlag hob er den Arm, doch dann blickte er in Gwens aufgerissene Augen und hielt inne. Langsam ließ er den Arm sinken.

Ihr stockte der Atem. Braune blutverschmierte Haare klebten an seinem Kopf. Seine Augen hatten die Farbe von Brandy und leuchteten zugleich blutrot. Unmöglich. Das bildete sie sich bestimmt nur ein. Sein Gesicht war so grob, das es aus Granit hätte gehauen sein können. Jeder Gesichtszug schien Zerstörung zu versprechen, und trotzdem hatte es fast etwas ... Jungenhaftes. Ein verblüffender Gegensatz.

Das Hemd hing ihm in Fetzen vom Leib und enthüllte bei jeder seiner Bewegungen gebräunte Haut und schlanke Muskeln. Die Sonne! Wie sehr Gwen sie vermisste, sich nach ihr sehnte. Ein violetter Schmetterling schlang sich um die rechte Seite seines Brustkorbs und tauchte zaghaft in den Bund seiner Hose ein. Die Flügel liefen spitz zu, was die Figur zugleich weiblich und männlich wirken ließ. Warum ein Schmetterling?, fragte Gwen sich. Seltsam, dass sich ein starker, bösartiger Krieger so ein Motiv aussuchte. Aber was auch dahintersteckte, der Anblick beruhigte sie.

„Helft uns“, sagte sie und betete, dass der Unsterbliche sie durch das schalldichte Glas hören konnte. Doch falls er sie hörte, ließ er es sich nicht anmerken.

„Befreit uns.“ Noch immer keine Reaktion.

Was, wenn sie euch hierlassen? Oder schlimmer: wenn sie aus demselben Grund hier sind wie die Menschen?

Ihr Kopf war plötzlich voll von Zweifeln. Sie runzelte die Stirn und wurde blass. Die Ängste waren nicht aus der Luft gegriffen; noch vor wenigen Momenten hatte sie sich dasselbe gefragt. Aber jetzt war es irgendwie anders ... fremd. Das waren nicht ihre Gedanken, nicht von ihrer inneren Stimme gesprochen. Wie ... was ... ?

Spitze weiße Zähne bohrten sich in die Unterlippe des Mannes, als er sich sichtlich wütend die Hände an die Schläfen presste.

Was, wenn ...

„Aufhören!“, brüllte er.

Der Gedanke, der sich gerade in ihrem Kopf hatte formen wollen, verpuffte plötzlich. Irritiert blinzelte Gwen. Der Krieger schüttelte den Kopf, und sein Blick wurde noch intensiver.

Für ihren verhassten Foltermeister war das die Gelegenheit zu handeln. Er machte einen Schritt auf den Krieger zu.

Gwen fuhr zusammen und schrie: „Pass auf!“

Die Aufmerksamkeit nach wie vor auf Gwen gerichtet, streckte der granitgesichtige Krieger einen Arm aus und packte den Menschen am Hals, wodurch er ihn zugleich würgte und auf Abstand hielt. Der Mensch – sein Name war Chris – ruderte panisch mit den Armen. Obwohl er nicht älter war als fünfundzwanzig, war er dennoch der Anführer der Wärter und Wissenschaftler hier. Er war der Mann, den sie mehr hasste als die Gefangenschaft.

„Alles, was ich tue, tue ich für das Allgemeinwohl.“ Das hatte er am liebsten gesagt – kurz bevor er eine der anderen Frauen direkt vor ihren Augen vergewaltigt hatte. Er hätte sie auch künstlich befruchten können, aber er hatte es vorgezogen, sie durch den erzwungenen Geschlechtsakt zu erniedrigen. „Ich wünschte, ich hätte dich vor mir“, hatte er oft hinzugefügt. „Jede dieser Frauen ist nur ein Ersatz für dich.“

Trotz seines Verlangens hatte er sie nie angerührt, weil er sich zu sehr vor ihr gefürchtet hatte. Genau wie die anderen. Sie wussten, wen sie vor sich hatten. An dem Tag, als die Männer Gwen entführt hatten, hatten sie sie in Aktion gesehen. Eine Frau braucht nur aus Versehen ein paar Menschen zu Tode zu prügeln, und schon hat sie ihren Ruf weg, dachte Gwen. Anstatt sie zu töten, hatten sie sie eingesperrt und mit verschiedenen Drogen im Belüftungssystem experimentiert, in der Hoffnung, sie lange genug außer Gefecht setzen zu können. Bisher hatten sie zwar keinen Erfolg gehabt, aber auch nicht aufgegeben.

„Sabin, nicht“, sagte eine hübsche dunkelhaarige Frau und legte dem rotäugigen Krieger die Hand auf die Schulter. Ihr Tonfall war so bedrückt, dass Gwen sich krümmte. „Wie du uns gesagt hast: Wir brauchen ihn vielleicht noch.“

Sabin. Ein starker Name. Hatte was von einer Waffe. Passte zu ihm.

Ob die beiden ein Paar waren?

Endlich nahm er den vereinnahmenden Blick von ihr, und sie konnte wieder atmen. Sabin ließ Chris los, und der Bastard fiel bewusstlos zu Boden. Dass er noch lebte, wusste Gwen, weil sie das Blut durch seine Adern und die Luft in seinen Lungen rauschen hörte.

„Was sind das für Frauen?“, fragte ein blonder Krieger. Er hatte funkelnde blaue Augen und ein schönes Gesicht, das Leidenschaft und Sicherheit ausstrahlte. Aber er war nicht derjenige, neben dem sich Gwen in Gedanken plötzlich zusammenrollte und friedlich schlief. Tief. Sicher. Endlich.

All die Monate hatte sie Angst gehabt zu schlafen, weil sie gewusst hatte, dass Chris darauf gelauert hatte, sie in einem günstigen Moment zu vergewaltigen. Deshalb hatte sie immer nur kurz und leicht geschlummert, ohne jemals ihre Deckung aufzugeben. Manchmal hatte sie sich dazu zwingen müssen, sich nicht einfach dem bösen Mann hinzugeben, um als Gegenleistung endlich die Augen schließen und im schwarzen Vergessen versinken zu können.

Ein schwarzhaariger Mann mit violetten Augen trat vor und betrachtete die Zellen rings um Gwens. „Gütige Götter. Die dort drüben ist ja schwanger.“

„Diese auch.“ Der diese Worte sprach, hatte bunte Haare, blasse Haut und so stahlblaue Augen wie sein blonder Freund, nur dass er dunklere Schatten um die Augen hatte. „Welche Bestien halten denn schwangere Frauen unter solchen Bedingungen gefangen? Das ist erbärmlich, sogar für Jäger.“

Die gefangenen Frauen schlugen gegen das Glas und flehten um Hilfe, darum, befreit zu werden.

„Kann irgendwer hören, was sie sagen?“, fragte der Berg von einem Mann.

„Ja, ich“, erwiderte Gwen, ohne lange zu überlegen.

Sabin drehte sich zu ihr um. In seinen braunen Augen loderte es nicht mehr rot. Er taxierte sie, prüfte sie mit seinem Blick.

Ein Schauer rieselte ihr den Rücken hinab. Konnte er sie hören? Ihre Augen wurden größer, als er zu ihrer Zelle herüberkam und dabei sein Messer in die Scheide steckte. Durch ihre hochsensiblen Sinne nahm sie einen leisen Hauch Schweiß, Zitrone und Minze wahr. Gwen atmete tief ein und genoss jede Nuance dieses Dufts. Monatelang hatte sie nichts als Chris und sein aufdringliches Aftershave gerochen, seine beißenden Drogen und die Angst der anderen Frauen.

„Du kannst uns hören?“ Sabins Stimmfarbe war genauso rau wie sein Gesicht und hätte ihre Nerven eigentlich wie Sandpapier aufreiben müssen, aber aus irgendeinem Grund beruhigte sie sie wie eine Liebkosung.

Zögerlich nickte Gwen.

„Und sie?“ Er zeigte auf die anderen Gefangenen.

Sie schüttelte den Kopf. „Kannst du mich denn hören?“

Nun schüttelte er den Kopf. „Ich lese von deinen Lippen.“

Oh. Das bedeutete, dass er sie die ganze Zeit intensiv beobachtet hatte, sogar als sie es nicht bemerkt hatte. Es war ihr nicht unangenehm.

„Wie bekommen wir das Glas auf?“, wollte er wissen.

Sie presste die Lippen zusammen und wagte, einen kurzen Blick auf die schwer bewaffneten, blutverschmierten Raubtiere hinter ihm zu werfen. Sollte sie es ihm verraten? Was, wenn sie ihre Mitgefangenen vergewaltigen wollten, so wie die anderen Männer es getan hatten? So wie sie es befürchtet hatte?

Sein harter Gesichtsausdruck wurde weicher. „Wir sind nicht gekommen, um euch etwas anzutun. Ich gebe dir mein Wort. Wir wollen euch nur befreien.“

Sie kannte ihn nicht und wusste, dass sie ihm lieber nicht vertrauen sollte. Dennoch stand Gwen auf und schleppte sich aufweichen Knien zur Glaswand. Auf diese kurze Distanz sah sie, dass Sabin sie weit überragte und seine Augen überhaupt nicht braun waren. Vielmehr waren sie eine Symphonie der Farben: Bernsteingelb, Kaffeebraun und Kastanienrot. Zum Glück war das rote Glimmen noch immer weg. Hatte sie es sich tatsächlich nur eingebildet?

„Frau?“, sagte er.

Wenn er die Zelle wie versprochen öffnete, wenn sie den Mut aufbringen konnte und nicht auf der Stelle erstarrte, wie es ihre Art war – dann konnte sie endlich fliehen. Die Hoffnung, die sie sich zuvor versagt hatte, wurde plötzlich lebendig, geradezu quälend. Einzig der Gedanke, dass sie ihre möglichen Retter unabsichtlich auf grausame und brutale Art und Weise vernichtete, schmälerte Gwens Freude.

Mach dir keine Sorgen. Solange sie nicht versuchen, dir was anzutun, bleibt deine Bestie eingesperrt. Aber eine falsche Bewegung, und...

Das Risiko muss ich eingehen, dachte sie und sagte: „Steine.“

Er runzelte die Stirn. „Steige?“

Sie musste einen dicken Kloß herunterschlucken, als sie den Arm hob und mit einem ihrer Fingernägel – verglichen mit den Nägeln eines Menschen war es eher eine Kralle – das Wort STEINE in das Glas ritzte. Kaum hatte sie einen Buchstaben geschrieben, verschwand er auch schon wieder. Verdammtes Götterglas. Sie hatte sich schon oft gefragt, wie die Menschen darangekommen waren.

Er wartete. Dann runzelte er wieder die Stirn, während er seine Aufmerksamkeit offensichtlich auf ihre zu langen, zu spitzen Fingernägel richtete. Ob er sich gerade fragte, was für ein Geschöpf sie war?

Dann fragte Sabin: „Steine?“, und ihre Blicke kreuzten sich.

Sie nickte.

Er drehte sich um die eigene Achse und suchte die gesamte Kammer ab. Obwohl es nur wenige Sekunden dauerte, hatte Gwen den Eindruck, er hätte sich jeden Zentimeter genau eingeprägt und fände sich auch im Stockdunkeln zurecht.

Die Krieger stellten sich hinter ihm auf und sahen sie erwartungsvoll an. Unter die Erwartung mischten sich noch andere Gefühle: Neugierde, Misstrauen, Hass – auf sie? – und sogar Lust. Gwen wich einen Schritt zurück, dann noch einen.

Sie würde den Hass der Lust immer vorziehen. Ihre Beine zitterten so heftig, dass sie befürchtete, sie würden ihr den Dienst versagen. Bleib ruhig. Du darfst nicht in Panik geraten. Es geschehen schlimme Dinge, wenn du in Panik gerätst.

Wie wehrte man das Verlangen anderer ab? Sie konnte ihren Körper nicht zusätzlich bedecken. Während der Gefangenschaft hatten die Entführer ihr die Jeans und das T-Shirt weggenommen und ihr stattdessen ein weißes Trägertop und einen kurzen Rock gegeben – das erleichterte den „Zugriff“. So hatten sich die elenden Schweine ausgedrückt. Einer der Träger war vor Monaten gerissen, und das Top klaffte auseinander. Gwen hatte es unter dem Arm zusammengeknotet, um irgendwie ihre Brust zu bedecken.

„Umdrehen“, sagte Sabin plötzlich.

Ohne nachzudenken, wirbelte Gwen herum, und ihr langes rotes Haar flog ihr auf den Rücken. Ihr Atem ging stoßweise, und ihr traten Schweißperlen auf die Stirn. Warum wollte er sie von hinten sehen? Damit er sie leichter überwältigen konnte?

Noch eine schwere Pause. „Ich meinte nicht dich, Frau.“ Dieses Mal war Sabins Stimme weich und sanft.

„Ach komm schon“, beschwerte sich jemand. Sie erkannte den respektlosen Tonfall des blonden Mannes mit den blauen Augen. „Du meinst doch nicht ernsthaft ...“

„Ihr macht ihr Angst.“

Gwen blickte über die Schulter.

„Aber sie ...“, begann der stark Tätowierte.

Sabin fiel auch ihm ins Wort. „Wollt ihr Antworten oder nicht? Ich habe gesagt, umdrehen!“

Ein paar Seufzer ertönten, dann scharrende Geräusche.

„Frau.“

Langsam drehte sie sich wieder um. Alle Krieger hatten Sabins Befehl befolgt und wandten ihr nun den Rücken zu.

Sabin legte eine Hand auf das Glas. Sie war groß, frei von Narben und wirkte ruhig, war jedoch von blutigen Kratzern übersät. „Welche Steine?“

Sie zeigte auf eine Steingruppe in einem Kasten hinter ihm. Die Steine waren klein, etwa faustgroß, auf jeden war eine andere Art zu sterben gemalt worden. Die wichtigsten waren Enthauptung, Entfernen der Gliedmaßen, Erstechen, ein Speer durch den Bauch und ein Feuer, das am Körper eines an einen Baum genagelten Mannes emporkletterte.

„Gut, das ist gut. Aber was mache ich damit?“

Das Verlangen nach der Freiheit – sie war zum Greifen nah – machte sie atemlos, als sie pantomimisch erklärte, dass die Steine in Löchern platziert werden mussten, wie Schlüssel in Schlössern.

„Spielt es eine Rolle, welcher Stein wohin kommt?“

Sie nickte und zeigte dann auf jeden einzelnen Stein und auf die Zelle, die er öffnete. Sie hatte den Einsatz der Steine fürchten gelernt, da sie jedes Mal unfreiwillige Zeugin einer weiteren Vergewaltigung geworden war. Seufzend begann Gwen, das Wort SCHLÜSSEL ins Glas zu ritzen, als Sabin seine Faust in den Kasten rammte, um an die Steine zu gelangen. Das hätten sonst vielleicht zehn Menschen mit vereinten Kräften geschafft, aber bei ihm wirkte es völlig mühelos.

Seine Hand war schwer verletzt, mehrere Schnitte zogen sich von den Fingerknöcheln bis zum Handgelenk. Es bildeten sich rote Perlen, die er wegwischte, als bedeuteten sie nichts. Zu dem Zeitpunkt hatten die Verletzungen bereits zu heilen begonnen, und die zerrissene Haut wuchs wieder zusammen. Oh ja. Er war irgendetwas viel Größeres als ein Mensch. Kein Elb, denn seine Ohren waren perfekt abgerundet. Kein Vampir, denn er hatte keine langen Eckzähne. Also eine männliche Sirene? Seine Stimme war voll und köstlich genug, ja. Aber vielleicht zu rau.

„Nehmt euch einen Stein“, rief er, ohne den Blick von ihr abzuwenden.

Sofort wirbelten die Krieger herum. Aus Sorge, ein Blick auf die anderen könnte ihre Angst zu sehr schüren und die Bestie in ihr wecken, konzentrierte Gwen sich darauf, nur Sabin anzusehen. Du hast alles im Griff, du machst das gut. Sie durfte – und würde – nicht unsicher werden. Sie bereute schon viel zu viel.

Warum konnte sie nicht so sein wie ihre Schwestern? Warum konnte sie nicht mutig und stark sein und sich so annehmen, wie sie war? Sie hätten sich sogar ein Bein oder einen Arm abgeschnitten, um zu entkommen – und zwar schon längst. Sie hätten zuerst eine Faust durch das Glas und dann durch Chris’ Brust gestoßen. Danach hätten sie vor seinen Augen sein Herz verspeist und dabei gelacht.

Plötzlich überkam das Heimweh sie. Wenn ihr Exfreund Tyson ihren Schwestern von der Entführung berichtet hätte – was er vermutlich nicht getan hatte, denn er fürchtete sich viel zu sehr vor ihnen –, dann hätten sie nach ihr gesucht und nicht aufgegeben, ehe sie sie gefunden hätten. Denn sie liebten sie trotz ihrer Schwächen und wollten nur das Beste für sie. Wie enttäuscht sie sein würden, wenn sie von ihrer Gefangenschaft erfuhren. Gwen hatte nicht nur sich verraten, sondern ihre gesamte Art. Schon als Kind hatte sie bei Konflikten die Flucht ergriffen, was ihr den erniedrigenden Beinamen „Gwendolyn die Schüchterne“ eingebracht hatte.

Sie merkte, dass ihre Handflächen feucht waren, und wischte sie an den Oberschenkeln ab.

Sabin kommandierte die Männer und sagte ihnen, welche Steine in welche Löcher gehörten. In einigen Fällen irrte er sich, doch Gwen blieb unbesorgt. Sie würden es herausfinden. Bei dem Stein, der zu ihrer Zelle gehörte, lag er jedoch sofort richtig, und als ein Krieger – ein blauhaariger gepiercter Punk – ihn in die Hand nehmen wollte, legte Sabin ihm seine starken, sonnengebräunten Finger ums Handgelenk und hielt ihn zurück.

Der Blauhaarige sah Sabin fest in die Augen. Sabin schüttelte den Kopf und sagte: „Meiner.“

Der Punk grinste. „Wir hassen, was wir sehen, nicht wahr?“

Sabin zog nur die Augenbrauen hoch.

Gwen blinzelte irritiert. Sabin hasste es, sie anzusehen?

Eine Frau nach der anderen wurde befreit. Einige weinten, andere versuchten aus der Kammer zu fliehen. Aber die Männer ließen sie nicht weit kommen, und Gwen war überrascht, wie sanft sie die wild kämpfenden Frauen in den Armen wiegten. Der hübscheste Mann der Gruppe – der mit den bunten Haaren – näherte sich jeder einzelnen Frau und murmelte leise: „Schlaf, mein Liebling.“

Erschreckenderweise gehorchten sie ihm und sanken in die schützenden Arme der Krieger.

Sabin ging in die Hocke und nahm Gwens Stein, auf dem der bei lebendigem Leib angezündete Mann abgebildet war. Nachdem Sabin sich aufgerichtet hatte, warf er den Stein in die Luft und fing ihn mit Leichtigkeit wieder auf. „Lauf nicht weg. In Ordnung? Ich bin müde und möchte nicht hinter dir herlaufen müssen, aber ich werde es tun, wenn du mich dazu zwingst. Und ich habe Angst, dass ich dir aus Versehen wehtue.“

Da sind wir schon zu zweit, dachte sie.

„Nein ... lass sie nicht frei.“ Chris stöhnte auf einmal. Wie lange war er schon wach? Er hob den Kopf und spuckte Dreck aus. Unter seinen Augen hatten sich Blutergüsse gebildet. „Gefährlich. Tödlich.“

„Cameo.“ Mehr sagte Sabin nicht.

Die Kriegerin wusste sofort Bescheid. Sie ging zu dem Menschen hinüber, packte ihn am Hemd und zog ihn mit Leichtigkeit auf die Füße. Mit der freien Hand hielt sie ihm einen Dolch an die Kehle. Entweder war er zu schwach, oder er hatte zu große Angst – auf jeden Fall wehrte er sich nicht.

Gwen hoffte inständig, dass es die Angst war, die ihn in Schach hielt. Sie starrte auf die Messerspitze, als könnte sie sie allein mit ihrer Willenskraft dazu bringen, die Kehle dieses Bastards aufzuschlitzen und ihm unvergessliche Qualen zuzufügen.

Ja, dachte sie wie hypnotisiert. Ja, ja, ja. Tu es. Bitte, tu es. Schneide ihn, lass ihn leiden.

„Was soll ich mit ihm machen?“, fragte Cameo Sabin.

„Setz ihn außer Gefecht, aber lass ihn am Leben.“

Enttäuscht ließ Gwen die Schultern sinken. Doch mit der Enttäuschung kam eine verblüffende Erkenntnis: Obwohl sie ihre Gefühle im Griff hatte, war sie trotzdem kurz davor, ihre innere Bestie von der Leine zu lassen. All diese Gedanken an Schmerz und Leid waren nicht ihre eigenen. Unmöglich. Gefährlich, hatte Chris gesagt. Tödlich. Und er hatte recht. Du darfst nicht die Kontrolle verlieren.

„Aber du kannst ihm ruhig etwas wehtun, wenn du magst“, fügte Sabin hinzu und sah Gwen mit zusammengekniffenen Augen an. War er ... wütend? Auf sie? Aber warum? Was hatte sie ihm denn getan?

„Lass das Mädchen nicht frei“, wiederholte Chris. Ein Zittern fuhr durch seinen Körper. Er wich zurück, aber Cameo, die offensichtlich stärker war, als sie aussah, riss ihn zurück. „Bitte nicht.“

„Vielleicht solltest du die Rothaarige in ihrer Zelle lassen“, schlug die zierliche Kriegerin vor. „Zumindest fürs Erste. Nur für alle Fälle.“

Sabin hob die Hand mit dem Stein und hielt inne, kurz bevor er ihn in die Mulde neben Gwens Käfig legte. „Er ist ein Jäger. Ein Lügner. Und ich denke, er hat sie verletzt und will verhindern, dass sie uns alles erzählt.“

Gwen sah ihn voller Schrecken und Ehrfurcht an. Er war nicht wütend auf sie, sondern auf Chris – einen Jäger? – und darauf, was er ihr angetan hatte. Er meinte wirklich, was er gesagt hatte. Er würde ihr nicht wehtun. Er wollte sie in Freiheit sehen. In Sicherheit.

„Habe ich recht?“, fragte Sabin sie. „Hat er dir wehgetan?“

Die Demütigung trieb ihr die Hitze in die Wangen, als sie nickte. Emotional hatte er sie geradezu zerstört.

Sabin fuhr sich mit der Zunge über die Zähne. „Er wird es bereuen. Das verspreche ich dir.“

Langsam verflog die Verlegenheit. Ihre Mutter, die sie vor fast zwei Jahren enterbt hatte, hätte Gwen lieber tot als geschwächt gesehen, aber dieser Mann – dieser Fremde – wollte sie rächen.

Chris schluckte nervös. „Hört mir zu. Bitte. Ja, ich bin euer Feind, und ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ihr nicht auch meine Feinde seid. Das seid ihr. Ich hasse euch mit jeder Faser meines Körpers. Aber wenn ihr sie gehen lasst, bringt sie uns alle um. Das schwöre ich.“

„Wirst du wirklich versuchen, uns umzubringen, kleiner Rotschopf?“, fragte Sabin noch sanfter als zuvor.

Gwen, die von den Menschen immer nur „Nutte“ oder „Dreckstück“ genannt worden war, spürte, wie der süße Kosename einer nach Rosen duftenden Sommerbrise gleich durch ihren Geist wehte. In den wenigen gemeinsamen Minuten hatte dieser Mann es geschafft, ihr die eine Sache zu schenken, von der sie seit ihrer Entführung geträumt hatte: Er war wie der weiße Ritter, der fest entschlossen ist, den bösen Drachen zu töten. Zugegeben – einst hatte sie gedacht, dieser weiße Ritter käme in Gestalt von Tyson oder des Vaters, den sie nie kennengelernt hatte. Trotzdem: Es geschah nicht jeden Tag, dass ein Traum wahr wurde.

„Rotschopf?“

Das Wort riss Gwen aus den Gedanken. Was hatte er gefragt? Ach ja, ob sie versuchen würde, ihn und seine Freunde umzubringen. Sie befeuchtete sich die Lippen und schüttelte den Kopf. Wenn ihre Bestie das Ruder übernahm, würde sie es nicht nur versuchen. Sie würde es schaffen. Ich habe die Kontrolle. Größtenteils. Ihnen wird nichts geschehen.

„Dachte ich auch nicht.“ Mit einer flinken Bewegung legte Sabin den Stein in die richtige Position.

Gwens Herz hämmerte so hart in ihrer Brust, dass sie fast glaubte, es müsste ihr die Rippen brechen. Langsam hob sich das Glas ... hob sich weiter ... gleich ... gleich ... Und dann war zwischen ihr und Sabin nichts als die pure Luft. Der Duft von Zitrone und Minze wurde intensiver. Die Kälte, an die Gwen sich mit der Zeit gewöhnt hatte, wich einer Decke aus Wärme, die sich um ihren Körper zu legen schien.

Auf ihrem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. Frei. Sie war wirklich frei.

Sabin atmete scharf ein. „Meine Götter. Du bist unglaublich.“

Sie ertappte sich dabei, wie sie auf ihn zuging und einen Arm ausstreckte. Sie sehnte sich nach dem Hautkontakt, der ihr all die Monate verwehrt worden war. Eine einzige Berührung war alles, was sie brauchte. Und dann würde sie nach Hause gehen. Endlich.

Nach Hause.

„Nutte!“, schrie Chris, der versuchte, sich aus Cameos Griff zu befreien. „Bleib weg von mir. Haltet sie von mir fern. Sie ist ein Ungeheuer!“

Unvermittelt blieb sie stehen, und ihr Blick wanderte zu dem erbärmlichen Menschen, der für all das Leid und die Qual verantwortlich war, die sie während des vergangenen Jahres erlitten hatte. Ganz zu schweigen davon, was er ihren Mitgefangenen angetan hatte. Ihre Fingernägel verwandelten sich in messerscharfe Krallen. Kleine, scheinbar hauchdünne Flügel entfalteten sich auf ihrem Rücken, zerrissen dabei den Baumwollstoff ihres Tops und flatterten wild. Das Blut in ihren Adern verdünnte sich, raste durch jeden Teil ihres Körpers, schnell, so schnell, und ihr Blick wurde zum Infrarotblick – sämtliche Farben verschwanden, sie sah nur noch die Wärme von Körpern.

In dem Augenblick wurde ihr klar, dass sie ihre Bestie – ihre dunkle Seite – nicht einmal im Ansatz unter Kontrolle gehabt hatte. Sie hatte sich die ganze Zeit in ihr gewunden und nur so lange stillgehalten, bis sie die Möglichkeit zum Angriff hatte ...

Nur Chris, nur Chris, bitte, Götter, nur Chris. Dieses Mantra wiederholte sie immer und immer wieder im Geiste, auf dass es den Blutrausch ihrer rachedurstigen Bestie linderte. Nur Chris, lass alle anderen am Leben, greif nur Chris an.

Doch tief in sich wusste sie, dass die Zahl der Todesopfer längst feststand.

3. KAPITEL

Von dem Moment an, als Sabin die niedliche Rothaarige in der gläsernen Zelle gesehen hatte, war er unfähig gewesen, den Blick von ihr abzuwenden. Unfähig zu atmen, unfähig zu denken. Ihre langen Haare waren üppig gelockt. Zwischen dicken rubinroten Locken lugten mehrere blonde hervor. Ihre Augenbrauen waren von einem dunklen Kastanienbraun, aber ebenso schön. Sie hatte eine Stupsnase, und ihre Wangen waren so rund wie die eines Engels. Aber ihre Augen ... die waren ein Fest für die Sinne: bernsteinfarben mit grauen funkelnden Ringen. Hypnotisierend. Ringsherum bildeten schwarze Wimpern einen dekadenten Rahmen.

Halogenlampen hingen von Haken an den Wänden und tauchten sie in helles Licht. Während es bei anderen ihre Makel enthüllt hätte, brachte es bei ihr nicht nur den Schmutz zum Vorschein, der ihre Haut in Streifen überzog, sondern verlieh ihr einen gesunden Glanz. Sie war zierlich, hatte kleine, runde Brüste, eine schmale Hüfte und Beine, die lang genug waren, um sie um ihn zu schlingen und sich so während der turbulentesten Ritte festzuhalten.

Hör auf so zu denken. Du weißt es doch besser. Ja, allerdings. Seine letzte Geliebte, Darla, hatte sich das Leben genommen. Und er hatte sich geschworen, nie wieder eine Beziehung einzugehen. Aber zu der Rothaarigen hatte er sich augenblicklich hingezogen gefühlt. Genau wie sein Dämon, auch wenn Zweifel sie aus einem anderen Grund wollte. Er hatte ihre Beklemmung gespürt und zielgerichtet versucht, in ihren Kopf zu gelangen, um sich an ihren tiefsten Ängsten zu weiden.

Aber sie war kein Mensch, das hatten sie beide schnell gemerkt, und aus dem Grund gelang es Zweifel nicht, ihre Gedanken zu hören, solange sie sie nicht artikulierte. Das hieß jedoch nicht, dass sie vor ihm sicher war. Oh nein. Zweifel wusste mit einer Situation zu wachsen und sein Gift in angemessener Weise zu versprühen. Mehr noch: Der Dämongenoss die Herausforderung und strengte sich umso mehr an, um die Zwischentöne dieser Frau zu hören und jeden Funken Hoffnung in ihr zu zerstören.

Was war sie? In den vielen Tausend Jahren seiner Existenz war er schon so manchem unsterblichen Geschöpf begegnet, und trotzdem konnte er sie nicht einordnen. Auf jeden Fall wirkte sie menschlich. Zart, schwach. Zerbrechlich. Doch diebersteinsilberfarbenen Augen verrieten sie. Und die Krallen. Er stellte sich vor, wie sie sich in seinen Rücken bohrten ...

Warum hatten die Jäger sie gefangen genommen? Sabin fürchtete sich vor der Antwort. Drei der sechs eben befreiten Frauen waren eindeutig schwanger, und das ließ im Grunde nur eine Erklärung zu: Seine Feinde wollten eine neue Generation von Jägern gründen. Und zwar von unsterblichen Jägern. Sabin sah, dass zwei Sirenen Narben am Hals hatten. Offenbar war ihnen der Kehlkopf entfernt worden. Außerdem entdeckte er eine blasse Vampirfrau, der die Reißzähne gezogen worden waren, eine Gorgone, der man die Schlangenhaare abrasiert hatte, und eine Tochter von Amor, die man geblendet hatte – wohl um zu verhindern, dass sie einen Feind mit ihrem Liebeszauber verführte.

Wie grausam die Jäger mit diesen wunderbaren Geschöpfen umgegangen waren. Was hatten sie nur dem Rotschopf angetan, dem wunderbarsten von allen? Trotz knappem Top und kurzem Rock konnte Sabin weder Narben noch Blutergüsse ausmachen, die auf eine Misshandlung hingedeutet hätten. Aber das hieß gar nichts. Bei den meisten Unsterblichen verheilten Wunden schnell.

Ich will sie. Sie sah zwar unsagbar müde aus, doch wenn sie ihm, ihrem Retter, dankbar zulächelte ... Er hätte angesichts ihrer Schönheit vergehen können.

Ich will sie auch, flüsterte sein Dämon ihm zu.

Du kannst sie nicht haben. Was bedeutete, dass sie auch für ihn tabu war. Erinnerst du dich an Darla? Obwohl sie so stark und selbstsicher war, hast du es geschafft, sie zu brechen.

Er hörte ein schadenfrohes Lachen. Ich weiß. Das war doch lustig, oder?

Sabin ballte die Hände zu Fäusten, hob die Arme jedoch nicht. Verfluchter Dämon. Irgendwann zerbrach jeder unter den schweren Sorgen, die seine andere, seine dunklere Hälfte andauernd nährte und an denen sie sich labte. Er gab Frauen Gedanken ein wie: Du bist nicht attraktiv genug. Du bist nicht schlau genug. Wie könnte dich jemals irgendein Mann lieben?

„Sabin“, ertönte Aerons Stimme. „Wir sind so weit.“

Er streckte die Hand aus und winkte die Frau zu sich. „Komm.“

Doch sein Rotschopf drückte sich gegen die Wand am anderen Ende der Kammer. Ihr Körper zitterte vor wieder aufkeimender Angst. Er hatte erwartet, dass sie – trotz seiner Warnung – davonlaufen würde. Doch er hatte nicht mit solchem ... Schrecken gerechnet.

„Ich habe es dir doch versprochen“, sagte er sanft. „Wir wollen dir nicht wehtun.“

Sie öffnete den Mund, aber es kam kein Ton heraus. Und wie er sie so ansah, vertiefte sich der goldene Glanz in ihren Augen, verdunkelte sich, lief ein tiefes Schwarz in das Weiße.

„Was zum Teufel ...“

Von einer Sekunde auf die nächste war sie verschwunden. Als wäre sie nie da gewesen. Er wirbelte herum und sah sich suchend in der Kammer um. Er entdeckte sie nicht. Dann stieß der einzige Jäger, der noch auf den Beinen war, urplötzlich einen panischen Schrei aus – einen Schrei, der abrupt abbrach, als sein Körper in sich zusammensank und auf den sandigen Boden fiel, wo sich sogleich eine Blutlache bildete.

„Die Frau.“ Sabin keuchte und umklammerte seinen Dolch, fest entschlossen, sie vor der unbekannten Macht zu beschützen, die soeben den Jäger getötet hatte, den sie hatten verhören wollen. Er sah sie immer noch nicht. Wenn sie wie Lucien mithilfe eines Gedanken verschwinden konnte, war sie in Sicherheit. Zwar auch außer Reichweite für ihn, aber in Sicherheit. Konnte sie das? War sie weg?

„Hinter dir“, sagte Cameo, und ausnahmsweise klang sie eher erschrocken als elend.

„Meine C.götter“, stammelte Paris. „Ich habe nicht gesehen, dass sie sich bewegt hat, und trotzdem ...“

„Sie hat doch nicht ... Hat sie ... Wie hätte sie denn ...“ Maddox rieb sich mit der Hand übers Gesicht, als könnte er nicht glauben, was er sah.

Wieder wirbelte Sabin herum. Und da war sie, zurück in ihrer Zelle. Sie saß auf dem Boden, die Knie an die Brust gezogen, der Mund blutverschmiert, eine ... Luftröhre? ... in einer Hand. Sie hatte dem Mann die Kehle herausgerissen – oder ausgebissen?

Ihre Augen hatten wieder ihre normale Farbe angenommen, bernsteinfarben mit grauen Ringen, doch ihr Blick war dermaßen leer und abwesend, dass Sabin befürchtete, der Schock über ihre Tat hätte ihren Geist betäubt. Auch ihr Gesicht entbehrte jeglichen Ausdrucks. Ihre Haut war jetzt so blass, dass er die blauen Venen darunter erkennen konnte. Und sie zitterte, schaukelte vor und zurück und murmelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin. Was. Zur. Hölle?

Der Jäger hatte sie ein Ungeheuer genannt. Sabin hatte ihm nicht geglaubt. Jedenfalls nicht zu jenem Zeitpunkt.

Nun ging er zu ihr in die Zelle. Auch wenn er nicht wusste, was er tun sollte, war ihm zweierlei klar: Er konnte sie weder in dieser Verfassung zurücklassen, noch konnte er sie wieder einsperren. Erstens hatte sie keinen seiner Freunde angegriffen. Und zweitens würde sie, flink wie sie war, entwischen, ehe sich das Glas geschlossen hatte, und ihm dafür, dass er sein Versprechen gebrochen hatte, ernsthaften Schaden zufügen.

„Sabin, Mann“, warnte Gideon ihn. „Vielleicht willst du es dir ja nicht noch mal überlegen, ob du wirklich da reingehen willst. Mal wieder hat ein Jäger gelogen.“

Ausnahmsweise die Wahrheit gesagt, hieß das also. „Weißt du, womit wir es hier zu tun haben?“

„Nein.“ Ja. „Sie ist keine Harpyie, keine Ausgeburt des Teufels, die nicht ein Jahr unbehelligt auf der Erde verbracht hat. Ich habe bisher noch nie mit ihnen zu tun gehabt, und ich weiß nicht, dass sie eine Armee Sterblicher binnen Sekunden töten können.“

Da Gideon kein wahres Wort sagen konnte, ohne sich schon bald den Tod zu wünschen, weil er körperliche Höllenqualen litt und von Schmerzen geschüttelt wurde, wusste Sabin, dass alles, was er sagte, gelogen war. Das hieß, dass der Krieger sehr wohl schon einer Harpyie begegnet war und dass Harpyien natürlich Ausgeburten des Teufels waren und selbst Vertreter seiner Art innerhalb weniger Sekunden vernichten konnten.

„Wann?“, fragte er.

Gideon wusste, was er meinte. „Weißt du noch, als ich nicht in Gefangenschaft gewesen bin?“

Aha. Gideon hatte mal drei Monate lang die Foltertechniken der Jäger aushalten müssen.

„Keine hat das halbe Lager getötet, ehe irgendein Alarm ausgelöst werden konnte. Sie flog nicht aus unbekannten Gründen davon, und die überlebenden Jäger verbrachten die nächsten Tage nicht damit, die gesamte Art der Harpyien zu verfluchen.“

„Moment. Harpyie? Das glaube ich nicht. Sie ist nicht hässlich.“ Der Einwand kam von Strider, dem König im Aussprechen offensichtlicher Fakten. „Wie sollte sie eine Harpyie sein?

„Du weißt genauso gut wie wir, dass die Mythen der Menschen manchmal verzerrt sind. Nur weil Harpyien laut der Legenden hässlich sind, heißt das nicht, dass sie es auch wirklich sind. Und jetzt, alle raus.“ Sabin begann seine Waffen hinter sich auf den Boden zu werfen. „Ich kümmere mich um sie.“

Ein mehrstimmiger Protest wurde laut.

„Ich bekomme das schon hin.“ Das hoffte er zumindest.

Vielleicht aber auch nicht...

Ach halt die Klappe, verdammt noch mal.

„Sie wird ...“

„... mit uns kommen“, fiel Sabin Maddox ins Wort. Er konnte sie nicht hierlassen. Sie war eine viel zu kostbare Waffe – eine Waffe, die gegen ihn eingesetzt werden konnte oder von ihm. Ja, dachte er, und seine Augen wurden größer. Ja. „Und zwar lebendig.“

„Zum Teufel, nein“, protestierte Maddox. „Ich will keine Harpyie in Ashlyns Nähe haben.“

„Du hast doch gesehen, was sie getan hat. Sie ...“

Maddox fiel ihm ins Wort: „Ja, allerdings, und genau deshalb will ich sie nicht in der Nähe meiner schwangeren Menschenfrau haben. Die Harpyie bleibt hier.“

Noch ein Grund, der Liebe aus dem Weg zu gehen, dachte Sabin. Sie verwandelt sogar den härtesten Krieger in einen Schwächling. „Sie muss diese Männer genauso hassen wie wir. Sie kann uns helfen.“

Maddox blieb stur. „Nein.“

„Ich übernehme die Verantwortung für sie, und ich werde dafür sorgen, dass sie ihre Klauen nicht ausfährt.“ Auch das konnte er nur hoffen.

„Wenn du sie willst, gehört sie dir“, meinte Strider. Er war immer auf seiner Seite. Guter Mann. „Maddox wird auch einverstanden sein, weil du Ashlyn nie drängst, in die Stadt zu gehen und sich nach möglichen Hinweisen in den Gesprächen der Jäger umzuhören, egal wie sehr du es auch möchtest.“

Maddox kniff die Augen zusammen. „Wir müssen sie irgendwie bändigen.“

„Nein. Ich übernehme das.“ Sabin gefiel der Gedanke nicht, dass irgendein anderer sie berührte. Egal auf welche Weise. Er redete sich ein, dass es an der Folter lag, die sie höchstwahrscheinlich hatte erleiden müssen, an dem entsetzlichen Missbrauch, und dass sie zornig auf jeden reagieren könnte, der versuchte, sie anzufassen, aber ...

Im Grunde wusste er, dass das nichts war als eine faule Ausrede. Er fühlte sich zu ihr hingezogen, und ein Mann, der sich für eine Frau interessierte, konnte das Objekt seiner Begierde nicht einfach aufgeben. Selbst wenn dieser Mann den Frauen abgeschworen hatte.

Cameo trat neben ihn, ohne die Frau aus den Augen zu lassen. „Paris kann sich um sie kümmern. Mit seiner Finesse kann er selbst die grausamsten Frauen in gute Stimmung versetzen. Du dagegen eher weniger, und wir sind eindeutig darauf angewiesen, dass diese hier gute Laune hat.“

Paris, der jede Frau jederzeit verführen konnte, Unsterbliche wie Menschen? Paris, der Sex zum Überleben brauchte? Sabin biss fest die Zähne zusammen, als er es sich, ohne es zu wollen, vorstellte. Nackte, ineinander verschlungene Körper, die Hand des Kriegers, mit der er in das zerzauste Haar der Harpyie griff, Glückseligkeit auf ihrem Gesicht.

Es wäre besser für sie. Es wäre wahrscheinlich für sie alle besser, wie Cameo gesagt hatte. Die Harpyie wäre geneigter, ihnen im Kampf gegen die Jäger zu helfen, wenn sie an der Seite ihres Liebsten kämpfen konnte – und Sabin war jetzt fest entschlossen, sie zur Unterstützung zu bewegen. Natürlich könnte Paris mehr als nur einmal mit ihr ins Bett steigen. Doch irgendwann würde er sie betrügen, weil er Sex mit verschiedenen Frauen brauchte, um zu überleben, und das würde sie vermutlich in Rage versetzen. So sehr, dass sie sich am Ende womöglich noch dazu entschloss, die Jäger zu unterstützen.

Eine ganz schlechte Idee, beschloss er, und zwar nicht nur, weil er es so wollte.

„Gebt mir fünf Minuten. Wenn sie mich umbringt, kann Paris sich ja an ihr versuchen.“ Sein trockener Tonfall löste nicht das leiseste Gelächter aus.

„Lass wenigstens zu, dass Paris sie in Tiefschlaf versetzt so wie die anderen“, beharrte Cameo.

Sabin schüttelte den Kopf. „Wenn sie zu früh aufwacht, bekommt sie nur Angst und greift euch am Ende noch an. Ich muss erst an sie herankommen. Und jetzt raus mit euch. Lasst mich arbeiten.“

Eine Weile geschah nichts. Dann hörte Sabin, wie sie sich schlurfend in Bewegung setzten, schwerer als sonst, da die Krieger die anderen Frauen heraustrugen. Und dann war er mit dem Rotschopf allein. Oder war die korrekte Bezeichnung ihrer Haarfarbe eher Rotblond? Wahrscheinlich. Sie saß immer noch zusammengekauert da, murmelte immer noch vor sich hin, hielt immer noch die Luftröhre umklammert.

Na, du bist aber ein schlechtes kleines Mädchen, hm?, rief der Dämon und schleuderte die Worte direkt in den Kopf der Harpyie. Und du weißt bestimmt auch, was mit schlechten kleinen Mädchen passiert, nicht wahr?

Lass sie in Ruhe. Bitte!, flehte Sabin den Dämon an. Sie hat unseren Feind getötet und damit verhindert, dass sie weiter nach der Büchse suchen – und sie am Ende finden.

Bei dem Wort „Büchse“ schrie Zweifel auf. Der Dämon hatte tausend Jahre in der Dunkelheit und dem Chaos der Büchse der Pandora verbracht und wollte nicht zurückkehren. Er täte alles, um diesem Schicksal zu entkommen.

Sabin konnte nicht mehr ohne Zweifel existieren. Er war ein fester Teil von ihm geworden. Und sosehr er ihn auch manchmal hasste, er hätte lieber einen Lungenflügel geopfert als den Dämon. Ersteren konnte er schließlich erneuern.

Nur ein paar Minuten Ruhe, fügte er hinzu. Bitte.

Oh, sehr gerne.

Zufrieden mit dem Ausgang seiner Verhandlung, trat Sabin in die Zelle ein. Er bückte sich, sodass er sich mit der Frau auf Augenhöhe befand.

„Tut mir leid, tut mir leid“, wiederholte sie, als spürte sie seine Gegenwart. Aber sie sah ihn nicht an, sondern starrte weiter blind geradeaus. „Habe ich dich getötet?“

„Nein, nein, es geht mir gut.“ Das arme Ding wusste ja gar nicht, was es getan hatte oder was es sagte. „Du hast etwas Gutes getan und einen durch und durch schlechten Mann umgebracht.“

„Schlecht. Ja, ich bin sehr schlecht.“ Sie schlang ihre Arme fester um die Knie.

„Nein, er war schlecht.“ Langsam streckte er die Hand aus. „Ich möchte dir helfen. In Ordnung?“ Vorsichtig drückte er seine Finger unter ihre und öffnete ihre Hand. Das blutige Überbleibsel fiel herunter. Sabin fing es mit der anderen Hand auf, um es dann über seine Schulter weit wegzuwerfen. „Und, so ist es doch besser, hm?“

Glücklicherweise löste sein Handeln keinen weiteren Wutanfall aus. Sie atmete nur schwer.

„Wie heißt du?“, fragte er.

„W...was?“

Immer noch auf ruhige Bewegungen bedacht, strich er ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht und hinters Ohr. Sie genoss die Berührung sichtlich und schmiegte die Wange an seine Handfläche. Er verharrte in der Liebkosung und genoss es, ihre weiche Haut zu spüren, während er tief in sich den schmalen Grat der Gefahr erkannte, auf dem er sich bewegte. Seinem Interesse für sie nachzugeben und sich nach mehr zu sehnen hieß, sie zu heillosem Elend zu verurteilen – so wie er es mit Darla getan hatte. Dennoch zog er seine Hand nicht zurück; auch nicht, als sie sein Handgelenk packte und seine Hand durch ihr seidiges Haar führte. Es war so offensichtlich, dass sie gestreichelt werden wollte. Er kraulte ihr den Kopf. Sie seufzte genießerisch.

Sabin konnte sich nicht erinnern, jemals so ... zärtlich zu einer Frau gewesen zu sein, selbst zu Darla nicht. So viel sie ihm auch bedeutet hatte, er hatte dem Sieg stets größere Bedeutung beigemessen als ihrem Wohlergehen. Doch diese Frau berührte ihn in diesem Augenblick irgendwie. Sie war so verloren und einsam – das waren Gefühle, die ihm sehr vertraut waren. Er hatte das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen.

Siehst du? Du sehnst dich schon nach mehr.

Stirnrunzelnd zwang er sich, den Arm fallen zu lassen.

Ein zarter Schrei der Verzweiflung entwich ihr, und auf einmal wurde es noch schwerer, den kleinen Abstand beizubehalten, der zwischen ihnen bestand. Wie hatte dieses bedürftige Geschöpf den Menschen so brutal niedermetzeln können? Es erschien ihm unmöglich, und hätte er es nicht mit eigenen Augen gesehen, hätte er die Geschichte nicht geglaubt. Nicht dass es viel zu sehen gegeben hätte, so schnell wie sie sich bewegt hatte.

Vielleicht wurde sie wie er und seine Freunde von einer dunklen Macht beherrscht. Vielleicht konnte sie sie nicht davon abhalten, ihren Körper wie eine Marionette zu steuern. In dem Moment, als ihm dieser Gedanke in den Sinn kam, wusste Sabin auch schon, dass er richtig geraten hatte. Wie ihre Augen die Farbe gewechselt hatten. Mit welchem Entsetzen sie ihre Tat realisiert hatte ...

Wenn Maddox sich in einem Wutanfall seines Dämons verlor, gingen die gleichen Veränderungen in ihm vor. Sie konnte nichts für das, was sie tat, und hasste sich vermutlich dafür, der kleine Liebling.

„Wie ist dein Name, Rotschopf?“

Sie spitzte die Lippen und runzelte die Stirn – ein Spiegelbild seiner Mimik. „Name?“

„Ja. Name. Wie heißt du?“

Sie blinzelte. „Wie ich heiße.“ Das leicht Raue in ihrer Stimme verblasste allmählich und ließ eine Erkenntnis aufkeimen. „Wie ich ... ach so. Gwendolyn. Gwen. Ja, das ist mein Name.“

Gwendolyn. Gwen. „Ein hübscher Name für eine hübsche Frau.“

Ein Hauch von Farbe kehrte in ihr Gesicht zurück, und sie blinzelte wieder – dieses Mal richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf ihn. Sie schenkte ihm ein zögerliches Lächeln, das begrüßend, erleichtert und hoffnungsvoll wirkte. „Du bist Sabin.“

Wie sensibel war eigentlich ihr Hörsinn? „Ja.“

„Du hast mir nichts getan. Auch nicht, als ich ...“ In ihrer Stimme schwang Verwunderung mit, Verwunderung und Reue.

„Nein, ich habe dir nichts getan.“ Er hätte gern hinzugefügt: Und das werde ich auch nie. Aber er war sich nicht sicher, ob das stimmte. In seinem Streben nach dem endgültigen Sieg über die Jäger hatte er einen guten Mann verloren, einen großartigen Freund. Er hatte sich von zahllosen beinah tödlichen Verletzungen erholt und viele Geliebte begraben. Falls nötig, würde er der Sache auch diese kleine Biene opfern, ob er sie begehrte oder nicht.

Außer du wirst weich, meldete sich plötzlich Zweifel zu Wort.

Das wird nicht passieren. Das war ein Schwur. Er weigerte sich, etwas anderes zu glauben. Und es war eine Bestärkung dessen, was er schon längst wusste: Er war kein ehrenwerter Mann. Er würde sie benutzen.

Gwens Blick glitt an ihm vorbei, und ihr Lächeln erstarb. „Wo sind deine Männer? Sie standen genau dort. Ich habe doch nicht ... ich ... habe ich ...“

„Nein, du hast ihnen nichts getan. Sie warten direkt vor der Kammer, das schwöre ich.“

Vor Erleichterung ließ sie die Schultern sinken. „Danke.“ Offenbar sprach sie mit sich selbst. „Ich ... oh Himmel.“

Sie muss den Jäger entdeckt haben, den sie getötet hat, dachte er.

Sie wurde wieder blass. „Er hat ... so viel Blut ... wie konnte ich nur ...“

Sabin lehnte sich zur Seite, um ihr die Sicht zu versperren. „Hast du Durst? Oder Hunger?“

Die außergewöhnlichen Augen richteten sich auf ihn. Sie leuchteten gierig. „Du hast etwas zu essen? Richtiges Essen?“

Bei diesem Blick spannte sich jeder Muskel seines Körpers an. Es hatte schon fast etwas Euphorisches. Womöglich spielte sie ihm nur vor, an seinem Angebot interessiert zu sein, damit er sich entspannte und sie leichter entkommen konnte. Musst du wie dein Dämon sein und jeden und alles anzweifeln?

„Ich habe Energieriegel“, erwiderte er. „Ich weiß nicht, ob man das als richtiges Essen einstufen kann, aber sie halten einen bei Kräften.“ Nicht dass sie noch mehr Kraft brauchte.

Sie schloss die Augen und seufzte verträumt. „Energieriegel, das klingt göttlich. Ich habe seit über einem Jahr nichts gegessen, aber ich habe es mir oft vorgestellt. Immer und immer wieder. Schokolade und Kuchen, Eis und Erdnussbutter.

Ein ganzes Jahr ohne den kleinsten Krümel? „Sie haben euch nichts gegeben?“

Sie öffnete die dicht bewimperten Augen. Sie nickte weder, noch bestätigte sie seinen Verdacht, doch das brauchte sie auch nicht. Die Wahrheit lag klar erkennbar in ihrem grimmigen Gesichtsausdruck.

Sobald er die Jäger verhört hätte, würde jeder einzelne, den er in diesen Katakomben gefunden hatte, sterben. Durch seine Hand. Er würde sich Zeit lassen und jeden Schnitt genießen, jeden Tropfen Blut, der vergossen wurde. Dieses Mädchen war eine Harpyie, die Ausgeburt des Teufels, wie Gideon gesagt hatte, doch selbst sie verdiente es nicht, die nagende Qual des Hungerns auszuhalten. „Und wie hast du überlebt? Ich weiß, dass du unsterblich bist, aber sogar die Unsterblichen brauchen Nahrung, um bei Kräften zu bleiben.“

„Die haben irgendwas in das Belüftungssystem gespeist. Eine spezielle Chemikalie, die uns am Leben halten und gefügig machen sollte.“

„Hat bei dir wohl nicht ganz funktioniert, was?“

„Nein.“ Sie leckte sich hungrig die Lippen. „Hast du nicht was von Energieriegeln gesagt?“

„Wir müssen die Kammer verlassen, um sie zu holen. Kannst du das?“ Oder besser: Würde sie es tun? Er bezweifelte, dass er sie zu irgendetwas zwingen konnte, ohne am Ende blutüberströmt und mit gebrochenen Knochen dazuliegen – vielleicht sogar tot. Er fragte sich, wie die Jäger sie eingefangen und hierher gebracht hatten, ohne sie zu töten.

Kurz zögerte sie. Dann sagte sie: „Ja.“

Wieder bewegte Sabin sich langsam, nahm sie beim Arm und half ihr auf die Füße. Sie taumelte. Nein, wurde ihm im nächsten Moment klar, sie kuschelte sich an ihn, suchte engeren Kontakt zu seinem Körper. Er war wie erstarrt, fest entschlossen, sich der Berührung zu entziehen – auf Abstand halten, ich muss sie auf Abstand halten. Und als sie seufzte, drang ihr Atem durch die Schnitte in seinem Hemd bis an seine nackte Brust.

Nun schloss er verzückt die Augen. Er legte sogar einen Arm um ihre Taille, um sie dichter an sich zu ziehen. Vertrauensselig legte sie den Kopf an seinen Hals.

„Davon habe ich auch geträumt“, flüsterte sie. „So warm. So stark.“

Er schluckte den Kloß herunter, der ihm plötzlich im Hals zu stecken schien, und spürte, wie Zweifel in ihm unruhiger wurde und verzweifelt an den Gitterstäben seines Käfigs rüttelte. Er wollte raus und die Behaglichkeit ausmerzen, die Gwen bei Sabin verspürte.

Zu viel Vertrauen, sagte der Dämon, als wäre das eine Krankheit.

Genau die richtige Dosis, fand Sabin. Es gefiel ihm, dass eine Frau ihn als Prinz des Lichts betrachtete und nicht als König der Dunkelheit, vor dem sie schreiend davonlaufen müsste. Ihm gefiel, dass sie ihm erlaubt hatte, ihren Schmerz zu lindern.

Trotzdem war es dumm von ihr, das musste er zugeben. Sabin war niemandes Held. Er war der größte Feind eines jeden.

Ich will mit ihr sprechen!, verlangte sein Dämon und klang dabei wie ein Kind, dem ein besonderes Vergnügen vorenthalten wird.

Ruhe. Wenn Gwen an ihm zweifelte, konnte das leicht die todbringende Harpyie wecken und seine Männer in Gefahr bringen. Und das würde Sabin nicht zulassen. Sie waren ihm viel zu wichtig. Er brauchte sie.

Er musste auf Abstand gehen. Also ließ er die Arme fallen und machte einen Schritt zur Seite. „Nicht anfassen.“ Die Worte waren nur ein Krächzen und klangen härter, als er beabsichtigt hatte. Sie wurde blass. „Jetzt komm. Lass uns von hier verschwinden.“

4. KAPITEL

Die Frau würde ihn umbringen, und das nicht etwa, weil sie stärker und bösartiger war als er. Das war sie zweifelsohne. Er hatte noch keinem Menschen die Kehle herausgebissen, und dass Gwen es getan hatte, imponierte ihm mächtig. Sie hatte es geschafft, die Herren der Unterwelt wie Marshmellow-Männchen dastehen zu lassen.

Zwei ganze Tage waren vergangen, seit Sabin und seine Leute sie aus der Pyramide gerettet hatten. Und erst beim Anblick der Sonne hatte Gwen zufrieden gewirkt. Bis dahin hatte sie sich nicht entspannt. Oder gegessen. Die Energieriegel, auf die sie so scharf gewesen war, hatte sie nur sehnsüchtig angesehen, bevor sie den Kopf geschüttelt und sich weggedreht hatte. Sie benutzte nicht mal die tragbare Dusche, die Lucien auf Sabins Bitte hin für sie besorgt hatte.

Sie traute ihnen nicht. Offensichtlich wollte sie nicht das Risiko eingehen, vergiftet zu werden, wollte sich nicht der Verletzlichkeit des Schlafes oder der Nacktheit aussetzen. Und das war verständlich. Aber, verdammt noch mal, in ihm brodelte das Verlangen, sie zu all diesen Dingen zu zwingen. Zu ihrem Besten. Ohne das Dreckszeug, das in ihre Zelle gepumpt worden war, musste sie den Hunger bis in jede Faser ihres Körpers spüren. Sie musste erschöpft sein, und schmutzig wie sie war – von den letzten zwei Tagen sowie von der gesamten Zeit ihrer Gefangenschaft, was seltsam war, weil die anderen Frauen sauber waren –, konnte sie sich unmöglich wohlfühlen. Dennoch, sie zu zwingen war keine Option. Sabin wollte seine Luftröhre gern noch ein bisschen behalten.

Das Einzige, das sie von ihm angenommen hatte, war Kleidung. Seine Kleidung. Ein Camouflage-T-Shirt und eine Tarnhose. Die Sachen schlackerten an ihrem Körper, obwohl sie Ärmel, Hosenbund und Beine umgekrempelt hatte. Und trotzdem fand er, dass er noch keine schönere Frau gesehen hatte. Die wilden rostbraunen Locken, die Geh-mit-mir-ins-Bett-Lippen – das alles machte sie zur Sünde schlechthin. Und zu wissen, dass der Stoff, den sie trug, schon seinen Körper berührt hatte ...

Ich muss mein selbst auferlegtes Zölibat beenden. Und zwar bald.

Sobald sie in Buda ankämen, würde er genau das tun. Sich eine Frau suchen, die nichts als ein bisschen Spaß wollte, und, nun ja, ihr diesen Spaß bereiten. Niemand würde verletzt werden, weil er nicht bei der Frau bleiben würde. Aber vielleicht bekam er so einen klaren Kopf und wusste dann endlich, wie er mit Gwen umgehen sollte.

Was ihn außerdem beschäftigte, war die Tatsache, dass Gwen sich in die Ecke seines Zeltes gesetzt hatte und ihn anstarrte – egal, wer hereinkam. Ihn. Als stellte er jetzt die größte Bedrohung für sie dar. Gut, er hatte sie vor zwei Tagen in der Höhle angefahren, als er ihr gesagt hatte, dass sie ihn nicht anfassen sollte. Aber er hatte auch dafür gesorgt, dass sie auf dem Weg durch die Wüste zu ihrem Lager auf den Beinen geblieben war. Er war bei ihr geblieben und hatte sie beschützt, während die anderen Krieger zurück in die Pyramide gegangen waren, um nachzusehen, ob sie bei der ersten Begehung etwas übersehen hatten. Hatte er diese tötenden Blicke wirklich verdient?

Vielleicht...

Halt’s Maul, Zweifel! Ich lege keinen Wert auf deine Meinung.

Keine Ahnung, warum dich interessiert, was sie denkt. Du hast Frauen doch noch nie gutgetan, hab ich recht? Schon komisch, dass ich dich ausgerechnet jetzt an Darla erinnern muss.

Auf dem sandigen Boden hockend, knallte Sabin den Deckel seiner Waffenkiste kräftig zu, schloss sie ab und wandte sich dann der Tasche mit Essen zu, die Paris in seinem Auftrag gebracht hatte.

Darla, Darla, Darla, sang der Dämon.

„Wie gesagt, halt endlich dein verdammtes Maul, du dreckiges Stück Scheiße! Ich hab die Schnauze voll von dir.“

Gwen, die immer noch in der gegenüberliegenden Ecke saß, zuckte zusammen. „Aber ich habe doch gar nichts gesagt.“

Er hatte lange Zeit mit Sterblichen zusammengelebt und gelernt, nur in Gedanken mit Zweifel zu kommunizieren. Dass er das jetzt – in Anwesenheit dieser schreckhaften und doch todbringenden Frau – vergessen hatte, war ... demütigend.

„Ich habe nicht mit dir gesprochen“, murmelte er.

Blasser als gewöhnlich schlang sie sich die Arme um die Taille. „Und mit wem dann? Wir sind doch allein.“

Er antwortete nicht. Es ging nicht. Nicht ohne zu lügen. Da Zweifels Unfähigkeit zu lügen vor langer Zeit auf Sabin übergegriffen hatte, musste er bei der Wahrheit bleiben oder weglaufen, wenn er während der nächsten Tage nicht bewusstlos herumliegen wollte.

Zum Glück bestand Gwen nicht auf einer Antwort. „Ich möchte nach Hause“, sagte sie leise.

„Ich weiß.“

Am Vortag hatte Paris alle befreiten Frauen zu ihrer Gefangenschaft befragt. Wie sie vermutet hatten, waren sie entführt, vergewaltigt, geschwängert worden. Man hatte ihnen gesagt, dass man ihnen ihre Babys wegnehmen und zu Kämpfern gegen das Böse ausbilden würde. Danach hatte Lucien alle außer Gwen – die Paris nichts verraten hatte – zu ihren Familien gebracht, die sie hoffentlich vor den Jägern verstecken und ihnen den Frieden und die Behaglichkeit schenken würden, die sie während ihrer Gefangenschaft entbehrt hatten.

Autor

Gena Showalter
<p>Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Gena Showalter gilt als Star am romantischen Bücherhimmel des Übersinnlichen. Ihre Romane erobern nach Erscheinen die Herzen von Kritikern und Lesern gleichermaßen im Sturm. Mit der beliebten Serie »Herren der Unterwelt« feierte sie ihren internationalen Durchbruch. Mit ihrer Familie und zahlreichen Hunden lebt Showalter in Oklahoma City.</p>
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