Eine Braut zu viel (Julia)
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Prinz Jefri von Bahania konnte es nicht fassen, dass er einer Frau im Zweikampf unterlegen war. Ausgeschlossen. Dennoch hatte er bei einem Tempo von fünfhundert Meilen pro Stunde die andere Maschine aus den Augen verloren. Er saß im Cockpit seiner F15 und starrte auf die Stelle am Himmel, wo der Kampfjet eben noch schräg über ihm geschwebt hatte.
„Sie sollten sich mal ein bisschen bewegen.“
Die amüsierte Frauenstimme aus seinem Headset ließ ihn grimmig die Zähne zusammenbeißen.
Wo war sie nur? Er schaute sich um. Vielleicht blitzte irgendwo ein Stückchen Metall in der Sonne auf, das ihren Kurs verriet. Doch er entdeckte nichts.
Jefri flog seit seiner Teenagerzeit und hatte sich im Cockpit immer sicher gefühlt. Doch nun spürte er, wie sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten. Sekunden später ertönte ein schrilles Signal. Ziel erfasst! Wäre dies eine echte Kampfsituation gewesen, dann wäre er jetzt tot.
„Peng, peng“, sagte die Frau amüsiert. „Sie haben ganze zwei Minuten durchgehalten. Nicht schlecht für den Anfang. Okay. Folgen Sie mir nach unten.“
Wie aus dem Nichts stieß ihr Jet auf der linken Seite herab und schwenkte vor ihm ein.
Jefri stöhnte entnervt auf. Das konnte doch nicht wahr sein. Er war ein Prinz, ein Ölscheich, Erbe von unermesslichem Reichtum – der jüngste Sohn des Königs von Bahania. Er wurde nicht von einer Frau am Himmel abgeschossen!
„Ich weiß genau, was Sie jetzt denken“, erklärte sie nüchtern. „Sie sind verärgert und gekränkt. Alle Männer reagieren so. Trösten Sie sich mit der Tatsache, dass ich im Zweikampf seit sieben Jahren ungeschlagen bin. Nehmen Sie es nicht persönlich. Mein Job ist es, Sie zu trainieren. Ihr Job ist es, zu lernen.“
„Ich kenne meine Verpflichtungen“, gab er barsch zurück.
„Aha, Sie nehmen es also doch persönlich.“ Sie seufzte. „Manche Männer sind eben so. Es ist wie eine Krankheit.“
Sie wippte ein paarmal neckisch mit den Tragflächen ihres Jets, bevor sie wie der Blitz davonschoss. Jefri starrte auf die Stelle, wo er sie eben noch gesehen hatte. Wie zum Teufel hatte sie das gemacht?
Er schüttelte ungläubig den Kopf. Dann gab er an den neuen Militärtower seine Kennnummer sowie seine Position in der Wüste durch und bat um Erlaubnis, zur Basis zurückzukehren.
Zwanzig Minuten später landete er und steuerte sein Flugzeug zu den ebenfalls neu errichteten Hangars. Als die Maschine langsam ausrollte und er die Luke öffnete, hörte er, wie jemand seinen Namen rief.
„Zwei Minuten.“ Das war Doyle Van Horn vom Rollfeld aus. „Der bisherige Rekord. Gut gemacht.“
Gut? Ha! Jefri kletterte aus dem Cockpit. „Es war eine Katastrophe.“
„Sie dürfen das nicht persönlich nehmen.“ Doyle klopfte ihm auf die Schulter. „Billie ist nicht zu schlagen.“
„Scheint so.“ Jefri sah den blonden Doyle nachdenklich an. „Seit wann ist sie in Ihrer Firma?“
Doyle grinste. „Praktisch ihr Leben lang. Sie ist meine Schwester. Panzerfahren hat sie von Dad gelernt, als sie zwölf war. An ihrem sechzehnten Geburtstag flog sie zum ersten Mal allein einen Düsenjäger. Sie sagten, Sie wollen nur von den besten Piloten trainiert werden. Diese Forderung erfüllen wir, Eure Hoheit.“
„Nennen Sie mich Jefri. Keine überflüssigen Formalitäten bitte.“
„Natürlich. Ich wollte nur sichergehen. Hätte ja sein können, dass Sie auf diesen Abschuss ein wenig gereizt reagieren. Da wären Sie keine Ausnahme.“
Daran zweifelte Jefri keine Sekunde. Er beobachtete das anfliegende Flugzeug bei der Landung. Der Jet setzte so sanft auf, dass die Räder kaum Staub aufwirbelten.
„Ich möchte sie kennenlernen“, erklärte er steif.
„Dachte ich mir. Das wollen alle.“
Jefri hob die Brauen. „Alle?“
„Sicher. Keiner will es wahrhaben. Und die ganze Sache wird noch schlimmer, wenn man Billie erst gesehen hat.“
„Inwiefern?“
„Das werden Sie schon selbst herausfinden. Nur ein Hinweis noch: Hände weg von Billie, auch wenn Sie ein Prinz und unser Auftraggeber sind! Sie ist nicht zu haben. Auch für Sie nicht.“
Jefri war es nicht gewohnt, dass jemand ihm Befehle erteilte, doch er verzichtete auf eine scharfe Erwiderung. Billie Van Horn interessierte ihn schließlich nur als Ausbilderin. Er wollte von ihren Kenntnissen profitieren, mehr nicht. Und dann … dann würde er sie noch einmal herausfordern und gewinnen.
Billie sprang behände aufs Rollfeld und öffnete als Erstes den Reißverschluss ihres Overalls. Wie oft hatte sie den Herstellern schon ihre Maße gegeben und noch nie einen gut sitzenden Anzug bekommen! Wer auch immer diese Dinger entwarf, schien zu vergessen, dass es bei Frauen Körperteile gab, die Männer nicht hatten.
Als sie ihren Helm abnahm, sah sie einen großen Mann auf sich zukommen. Sein Gang wirkte entschlossen, die Kopfhaltung eigensinnig. Oh ja, so hatte sie sich Prinz Jefri vorgestellt. Die Königliche Hoheit von Bahania war es nicht gewohnt zu verlieren. Nun, er würde sich daran gewöhnen müssen. Je eher, desto besser. Sie hatte nicht die Absicht, ihm eine Sonderbehandlung zuzugestehen. Was bedeutete, dass er das schrille Abschusssignal so lange hören würde, wie sie ihn trainierte.
Männer hassten es, gegen sie zu verlieren. Sie konnten einfach nicht akzeptieren, dass eine Frau sie im Zweikampf besiegte. Nach ihrer Erfahrung gab es zwei Kategorien von Männern. Die einen wurden wütend und aggressiv. Den Frust, den sie in der Luft erfuhren, reagierten sie nicht selten dadurch ab, dass sie Billie – kaum zurück auf dem Boden – zu demütigen versuchten. Die anderen ignorierten sie einfach. Außerhalb des Cockpits benahmen sie sich so, als sei sie Luft.
Nur einige wenige Männer – sehr wenige – schafften es, ihr ganz unbefangen gegenüberzutreten und sie wie einen normalen Menschen zu behandeln.
Aber keiner ihrer Schüler hatte sie je als Frau betrachtet. Ihre Überlegenheit beim Fliegen zu akzeptieren und Billie am Samstagabend zum Tanzen auszuführen, das ließ sich in ihren Augen nicht vereinbaren.
Unwillkürlich fragte sie sich, welcher Kategorie Prinz Jefri wohl angehörte. Zumindest bestand berechtigte Hoffnung, dass er gute Manieren hatte. Ein Prinz war doch sicher wohlerzogen und höflich.
Während sie noch über ihn spekulierte, nahm er seinen Helm und seine Sonnenbrille ab. Das war der Moment, als Billies Verstand sich ausschaltete.
Er sah einfach umwerfend aus.
Nein, dieses Wort beschrieb ihn nicht wirklich. Sie musste sich etwas Passenderes einfallen lassen. Er war eine Schönheit, aber in absolut maskuliner Ausprägung. Dunkelbraune Augen von dichten schwarzen Wimpern umrahmt. Schwarzes Haar, hohe Wangenknochen, ein entschlossener Mund und ein energisches Kinn.
Billie hatte in Illustrierten Fotos von ihm gesehen, aber diese Hochglanzabbildungen waren nichts im Vergleich zur Wirklichkeit. Sie atmete tief durch und versuchte, sich ganz normal zu benehmen, obwohl ihr Herz deutlich schneller und lauter schlug als sonst.
„Gratuliere“, sagte ihr Superheld und streckte Billie die Hand entgegen. „Sie fliegen Ihren Jet wie ein Profi.“
Er klang wohlwollend und nicht im Geringsten gekränkt. War das möglich?
„Ich bin ein Profi.“
Als sie seine Hand ergriff, durchfuhr es sie heiß, so heftig sprühten die Funken zwischen ihnen. Doch Jefri sah sie nur freundlich, aber ansonsten unbeteiligt an und schien nichts davon zu spüren. Wenn das nicht wieder mal typisch ist, dachte sie nicht ohne Selbstironie. In ihrer Eigenschaft als Fluglehrerin verwandelte sie sich offenbar in ein Neutrum.
„Wie haben Sie das gemacht, buchstäblich in der Sonne zu verschwinden?“, fragte er. „Ich hatte Sie genau im Blick. Und dann waren Sie plötzlich weg.“
„Jeder Jet hat tote Winkel. Der Trick ist, sie zu kennen und zum Vorteil zu nutzen.“
„Ich hätte mich aber drehen können, dann hätte sich der tote Winkel verändert.“
Sie schüttelte den Kopf. „Sie waren da oben ziemlich verkrampft. Ich wusste, dass Sie für den Moment auf Kurs bleiben würden. Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen …“
Billie steuerte auf die Zelte zu, die als provisorische Kasernen am Rand des Flugfelds aufgebaut waren. Doch Jefri ließ sich nicht so leicht abschütteln. Er ging neben ihr her und bombardierte sie mit allen möglichen Fragen, die sie automatisch beantwortete, während ihr verschiedene andere Dinge durch den Kopf gingen. Zum Beispiel, dass dieser Mann dem Klischee groß, dunkel und gut aussehend perfekt entsprach. Ein richtiger Märchenprinz und leider mehr am Fliegen als an ihr interessiert.
Am Eingang zu ihrer Unterkunft unterbrach sie ihn mitten im Satz. „Wir haben noch viel Zeit, über all diese Dinge zu sprechen. Im Unterricht und im Flugsimulator.“
„Wann trete ich wieder gegen Sie an?“
Sie zog den Reißverschluss ihres Overalls bis zu den Hüften hinunter und befreite ihren Oberkörper aus dem schweren Stoff. Es war Oktober, aber immer noch sehr warm in der Wüste. Billie zupfte ihr T-Shirt zurecht.
„Nur Geduld, uns bleibt jede Menge Zeit“, versicherte sie ihm. „Ich werde Sie noch oft genug schlagen.“
„Wohl kaum“, versetzte er gekränkt. „Bei diesem letzten Manöver …“
Dieser Mann schien wirklich nicht zu registrieren, dass sie Brüste hatte. Wie die meisten anderen Männer leider auch.
„Ich habe erst morgen früh wieder Dienst.“ Sie blieb höflich, obwohl sie ihm am liebsten einen sanften Tritt versetzt hätte, damit er in seinem Palast oder wo auch immer er wohnte, verschwand. „Ich weiß, Sie möchten Ihre neue Air Force so schnell wie möglich aufbauen, aber ich arbeite nun mal nicht jeden Tag vierundzwanzig Stunden.“
Damit ließ sie ihn stehen und verschwand in ihrem Zelt.
Jefri runzelte die Stirn. So ein respektloses Verhalten konnte er ihr nicht einfach durchgehen lassen. Er folgte ihr. „Sie verstehen mich nicht. Ich brauche diese Information“, behauptete er.
Sie schaute sich zu ihm um und lächelte. „Sie geben wohl niemals auf.“
„Nein.“
Billie kramte einige Kleidungsstücke aus der Kommode und verschwand damit hinter einem Wandschirm.
„Okay. Ich gebe Ihnen fünfzehn Minuten, aber dann müssen Sie mir eine Pause gönnen. Ich bin die ganze Nacht geflogen, und mein Privatzelt ist noch nicht aufgebaut. Bis dahin muss ich mich mit dieser Unterkunft hier begnügen. Es ist heiß, und ich vermisse meine Klimaanlage. Oh, setzen Sie sich doch.“
Er entdeckte in einer Ecke einen Klappstuhl, auf dem ein Knäuel lag. Als er danach griff, entrollte sich das Knäuel, knurrte und schnappte nach ihm.
Hinter dem Wandschirm ertönte ein fröhliches Lachen.
„Wie ich höre, haben Sie Bekanntschaft mit Muffin gemacht.“
Stirnrunzelnd betrachtete er das Fellknäuel. „Muffin?“
„Mein Schätzchen. Sei nett zu dem großen Mann, Süße“, erklärte Billie streng. „Er bezahlt die Rechnungen. Kraulen Sie Muffin ein wenig unter dem Kinn. Und sagen Sie ihr, dass sie hübsch ist. Das hört sie gern.“
Jefri fand den winzigen Hund mit den bunten Haarsträhnen und den misstrauischen Augen alles andere als hübsch.
„Was würde ich jetzt für ein schönes Bad geben“, seufzte Billie. „Aber eine Badewanne haben wir nicht mit im Gepäck. Doyle findet das zu umständlich. Natürlich können wir tonnenweise Jets und Computerausrüstungen transportieren, aber eine einzige kleine Badewanne stellt ein Problem dar. Was ist bloß mit euch Männern los? Warum seht ihr nicht ein, wie viel uns Frauen ein schönes Schaumbad bedeutet?“
Als sie nun hinter dem Wandschirm hervortrat, verschlug es Jefri buchstäblich die Sprache. Erst in diesem Moment nahm er sie zum ersten Mal wirklich wahr.
Sie war der Inbegriff aller Männerfantasien. Langes blondes Haar, große blaue Augen und üppige Brüste. Ihr eng anliegendes Strandkleid betonte die beeindruckenden Rundungen. Sandaletten mit hohen Absätzen machten sie ein wenig größer, dennoch reichte sie ihm kaum bis an die Schultern.
Billie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, bevor sie das Zelt durchquerte und das Fellknäuel hochhob. „Wie geht es meinem kleinen Mädchen? Hast du dem netten Prinzen Guten Tag gesagt?“
Sie ergriff Muffins Pfote und winkte damit. „Muffin sagt Hallo.“
Prinz Jefri von Bahania blickte sprachlos von Billie zum Hund und wieder zurück.
„Okay.“ Billie grinste. „Sie unterhalten sich wohl nicht gern mit Tieren. Kein Problem, das kann ich akzeptieren.“
Sie schlug die Zeltplane am Eingang zurück, um ein wenig Luft hereinzulassen. „Ich dachte, es wäre um diese Jahreszeit kühler hier. Aber na gut, wir sind immerhin in der Wüste.“ Mit Muffin auf dem Arm trat sie nach draußen. „Ich möchte Sie nicht drängen, aber Ihre Zeit läuft langsam ab. Wollten Sie mir nicht noch ein paar Fragen stellen?“
Fragen? Jefri folgte ihr nach draußen. Erst der Anblick der Jagdflieger auf dem Rollfeld rief ihm in Erinnerung, worüber er mit ihr reden wollte. Dennoch schaffte er es nicht, eine Frage zu formulieren. Ihr enges, kurzes Kleid lenkte seine Aufmerksamkeit auf ihre perfekten Oberschenkel. Und die Art, wie sie sich beim Gehen in den Hüften wiegte, beschleunigte seinen Puls.
Derart heftige physische Reaktionen waren ihm völlig fremd. Normalerweise hatte er mit dem anderen Geschlecht keine Probleme. Wenn er eine attraktive Frau begehrte, dauerte es nicht lange, und sie gehörte ihm. Billie jedoch schien sich ihrer Attraktivität nicht bewusst zu sein und sah in ihm offenbar ausschließlich den eifrigen Schüler.
„Was ist?“ Ihre blauen Augen funkelten amüsiert. „Heraus damit. Was wollen Sie wissen?“
Nun, zum Beispiel, wie sich ihre Haut unter seinen Händen anfühlte. Und dann … wie küsste sie? Wie würde sie reagieren, wenn er sie nach allen Regeln der Kunst verführte? Ihren herrlichen Körper liebkoste, bis sie vor Lust laut stöhnte? Wie lange würde es dauern, bis sie sich ihm sehnsüchtig hingab?
„Warum machen Sie diesen Job?“ Seine Stimme klang seltsam belegt. „Warum fliegen Sie?“
„Weil ich es liebe. Ich fliege für mein Leben gern. Außerdem bin ich gut darin.“
„Ja, das stimmt“, räumte er mit widerstrebender Anerkennung ein.
In diesem Moment kamen zwei Mechaniker am Zelt vorbei. Sie musterten Billie unverhohlen von Kopf bis Fuß. Dann steckten sie die Köpfe zusammen. Jefri konnte sich gut vorstellen, worüber sie tuschelten.
„Sie können nicht hierbleiben.“
Billies Lächeln erlosch. „Wie bitte? Wollen Sie mich etwa nach Hause schicken?“
„Nein. Natürlich nicht. Ich sage nur, dass Sie nicht in diesem Camp bleiben können. Es ist nicht sicher.“
Ihre gute Laune kehrte zurück. „Vielen Dank für die Sorge, aber ich lebe in Camps, seit ich elf bin. Es wirkt nach außen alles ein bisschen rau, aber es macht mir Spaß. Normalerweise passen drei Brüder und mein Vater auf mich auf. Diesmal ist Doyle allein, aber ich bin absolut sicher, er wird mich gut beschützen.“ Sie rieb ihre Wange an Muffins Kopf. „Zu gut, stimmt’s, mein kleines Mädchen?“
„Sie und Ihr Bruder sind meine Gäste im Palast“, erklärte Jefri gebieterisch.
Sie blinzelte. „Sagten Sie Palast?“
„Ja. Wir haben Dutzende von Gästezimmern. Es wird Ihnen an nichts fehlen.“
„Haben diese Gästezimmer eine Badewanne?“
„Groß genug, um darin zu schwimmen.“
Ein sehnsüchtiger Seufzer kam über ihre vollen, rosigen Lippen, und Jefris Fantasie lief sofort auf Hochtouren.
„Ein richtiges Bett, Wände und ein sandfreies Leben.“ Billie konnte ihr Glück kaum fassen. „Doyle ist bestimmt nicht einverstanden, aber ich werde ihn schon überzeugen.“
„Wenn du mich fragst, dann ist das hier die reine Zeitverschwendung“, fluchte Doyle. In einer schwarzen Stretchlimousine passierten sie ein schmiedeeisernes Tor. „Wir haben noch nie bei einem Klienten gewohnt.“
Billie betrachtete versonnen die gepflegten Rasenflächen. „Wir hatten auch noch nie einen königlichen Klienten. Es ist ein Palast, okay? So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben. Niemand zwingt dich, die Demütigungen dieses Luxus zu erdulden. Fahr zurück in die Zeltstadt am Flugplatz, wenn es dich glücklich macht.“
Ihr Bruder sah sie wütend an. „Du weißt genau, dass Dad mich umbringt, wenn ich nicht auf dich aufpasse.“
„Ich bin siebenundzwanzig und erwachsen, Doyle. Irgendwann musst auch du das akzeptieren.“
„Nicht in diesem Leben.“
Sie schüttelte resigniert den Kopf. Diese Situation war ihr nur allzu vertraut. Schlimm genug, das jüngste Kind in der Familie zu sein, aber noch dazu ein Mädchen? Das wünschte sie ihrem ärgsten Feind nicht.
Dennoch hatte sie sich mit den Jahren an die überhebliche Art ihrer Brüder gewöhnt und sich in ihr Schicksal gefügt. Wenn für sie nichts Besonderes auf dem Spiel stand, gab sie gern nach. Aber diesmal nicht. Diesmal ging es immerhin um eine Badewanne.
Der Wagen bog um eine Ecke, und der Palast kam in Sicht. Billie traute ihren Augen kaum. „Unglaublich!“ Sie starrte auf das mehrstöckige Gebäude, das im strahlenden Licht der Sonne wie rosa überpudert wirkte.
Jedes Stockwerk hatte einen umlaufenden Balkon. Türme und Rundbogenfenster ließen den majestätischen Palast aussehen wie ein Schloss aus Tausendundeiner Nacht. Üppig blühende Gartenanlagen bildeten den passenden Rahmen.
„Nicht schlecht.“ Doyle pfiff anerkennend durch die Zähne.
Billie stieß ihm neckend den Ellbogen in die Seite. „Hey, du bist tatsächlich beeindruckt. Zu schade, dass Dad und die Jungs das nicht sehen können.“
Ihr Vater nahm in Südamerika an einer internationalen Konferenz teil, und ihre Brüder erfüllten Sonderaufträge im Irak. So blieb der Job in Bahania Doyle und ihr überlassen. Eine leichte Arbeit, dachte Billie. Air-Force-Piloten konnte sie im Schlaf ausbilden. Sie flog gern, und Fliegen war eins der wenigen Dinge, die sie perfekt beherrschte.
Die Limousine kam sanft vor dem Palast zum Stehen. Ein uniformierter Wärter öffnete den Wagenschlag. Nachdem Doyle ausgestiegen war, folgte Billie mit Muffin auf dem Arm. Es dauerte einen Moment, bis ihre Augen sich an die gleißende Sonne gewöhnten. In diesen zwei Sekunden fiel ihr Blick auf Prinz Jefri. Sie hätte schwören können, dass er von einer goldenen Aura umflort wurde.
Gemeiner Trick, dachte sie, als sie wieder klar sehen konnte.
„Miss Van Horn.“ Der Prinz neigte höflich den Kopf.
„Billie“, korrigierte sie ihn fröhlich. „Da ich Sie von nun an regelmäßig in Ihrem Jet abschießen werde, verzichten wir lieber auf Förmlichkeiten.“
Diese Bemerkung dürfte dem Prinzen kaum gefallen. Zweifellos bildete er sich ein, sie in kürzester Zeit schlagen zu können. Das glaubten sie alle. Und sie alle irrten sich. Dementsprechend würde er im Verlauf des Trainings immer mürrischer werden. Oh, aber auch damit hatte sie Erfahrung. Sie würde es schon überleben.
Der Prinz wechselte ein paar Worte mit einer uniformierten jungen Frau, die daraufhin zu Doyle trat und ihn mit einer einladenden Geste aufforderte, ihr zu folgen. Ihr Bruder zwinkerte Billie zum Abschied kurz zu. Während sie darauf wartete, ebenfalls abgeholt zu werden, versuchte Billie sich von diesem gewaltigen Reichtum nicht nervös machen zu lassen.
„Hier entlang bitte“, sagte Prinz Jefri.
Sie blickte erstaunt auf. „Wie?“
„Ich möchte Ihnen zeigen, wo Sie wohnen.“
Erledigten Königliche Hoheiten so etwas neuerdings höchstpersönlich? Irgendwo hatte sie doch gelesen, dass manche Könige sogar einen persönlichen Diener extra dafür beschäftigten, ihnen die Zahncreme auf die Zahnbürste zu drücken.
„Ist dies Ihr erster Besuch in meinem Land?“, erkundigte sich Jefri.
„Ja.“ Sie nahm Muffin auf den anderen Arm, während sie neben Jefri herging. „Bei der Firmenpräsentation war ich nicht dabei.“
Sie betraten ein Foyer von der Größe einer kleinen Arena. Die vergoldete Decke war an die zwanzig Meter hoch. Die Wände schmückten Mosaikdarstellungen von alten Schlachten. Wow, das war schon etwas anderes als die Tapeten in dem Hotel in Bosnien, wohin ihr letzter Auftrag sie geführt hatte.
Als Jefri ihr Interesse bemerkte, blieb er vor einer Abbildung stehen, die etliche Reiter auf kräftigen Pferden zeigte. „Mein Volk war immer ein Volk von Kämpfern. Vor tausend Jahren haben wir das Land gegen die Kreuzritter verteidigt.“
Sie sah ihn aus dem Augenwinkel an. „Sie meinen damit uns, ja?“
„Aber nein, das ist doch längst Geschichte.“
Billie schaute bewundernd zu dem imposanten Kronleuchter und den bunten Glasfenstern auf. „Wunderschön …“
„Danke. Der Rosa Palast ist ein Juwel für das Volk von Bahania.“
Sie folgten dem Hauptgang, der breit genug war, um darin mit einem Panzer zu fahren, wie Billie überwältigt feststellte. „Ich habe ein wenig über Ihr Land gelesen.“ Ihre hochhackigen Sandaletten klapperten auf dem Fliesenboden. „Es ist nicht streng islamisch.“
„Nein. Es gibt hier auch Christen und andere Glaubensrichtungen. Alle respektieren sich gegenseitig.“
„Wofür brauchen Sie dann die Air Force?“
„Um unsere Ölfelder zu schützen. Bei den Unruhen in den Staaten um uns herum müssen wir in der Lage sein, unsere Ressourcen zu sichern.“
„Das Öl reicht nicht ewig“, gab sie zu bedenken.
„Richtig. Deswegen sind wir auch dabei, unsere Exporte breit zu fächern. Bahania soll auf dem Weltmarkt bestehen können.“
Schön und klug dazu, dachte sie mit einem kleinen Lächeln. Wenn er sie nun auch noch begehrenswert fände, wäre ihr Glück perfekt. Ihre Recherche hatte ergeben, dass Prinz Jefri unverheiratet war, aber sie hatte ihn auf vielen Fotos in der Gesellschaft bezaubernder Frauen abgelichtet gesehen.
Sie durchquerten etliche Räume. Einige waren im westlichen Stil eingerichtet, andere mit niedrigen Sofas und Kissen möbliert, die besser in ein Nomadenzelt gepasst hätten. Billie bewunderte Gemälde, prachtvolle Mosaike und kostbare Seidenteppiche.
Plötzlich wand Muffin sich auf ihrem Arm.
„Was ist, Süße?“
Die Hündin ließ sich nicht beruhigen. Sekunden später huschte eine große weiße Katze aus einem Konferenzraum und kreuzte ihren Weg.
Billie schrie leise auf. „Was ist das?“, fragte sie entsetzt.
Der Prinz sah sie erstaunt an und erwiderte dann betont geduldig: „Das ist eine Katze.“
„Ich weiß, dass es eine Katze ist“, fauchte Billie gekränkt. „Aber was hat die hier zu suchen?“
„Mein Vater ist leidenschaftlicher Katzenliebhaber.“
Sie musterte das flaumige weiße Wesen. „Das habe ich gelesen. Aber ich dachte dabei eher an Porzellanfigürchen. Wollen Sie damit sagen, dass es hier im Palast Katzen gibt?“
„Dutzende. Ist das ein Problem?“
Sie registrierte das amüsierte Zucken um Jefris Mundwinkel.
„Nun, sagen wir so: Ich bin nicht gerade ein Katzenfan.“
„Keine Sorge, sie werden Ihnen nichts tun“, erwiderte er mit einem milde herablassenden Lächeln.
Hm, darüber konnte man geteilter Meinung sein. „Und was ist mit Muffin?“
„Ich bin sicher, für Ihren … Hund besteht keine Gefahr.“
Es gefiel ihr nicht, wie er das Wort Hund betonte. Und ihr gefielen die Katzen nicht.
„Leiden Sie unter einer Allergie?“, erkundigte er sich.
„Nicht direkt.“
„Wo liegt dann das Problem?“, hakte er geduldig nach.
„Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht, als ich klein war.“
„Mit einem Löwen?“
Sie musterte ihn kritisch. Plötzlich fand sie Jefri nicht mehr ganz so gut aussehend und nicht im Geringsten intelligent. „Würden Sie mir jetzt bitte mein Zimmer zeigen?“
„Es gibt nichts, was ich lieber täte.“
Jefri fragte sich, warum sein Gast so verärgert auf die Katzen reagierte. Er selbst liebte Katzen zwar nicht so sehr wie sein Vater, vor allem nicht, weil sie sich überall ausbreiteten und seine Kleidung mit Haaren übersäten. Aber mehr als eine kleine Unannehmlichkeit bedeutete ihre Anwesenheit nicht für ihn. Billie Van Horn jedoch benahm sich völlig hysterisch, sobald eine Katze ihren Weg kreuzte. Welches Trauma konnte diese Überreaktion hervorgerufen haben?
Zumindest lenkte ihre Katzenphobie ihn ein wenig von ihrem perfekten Körper ab, diesen üppigen Rundungen an den richtigen Stellen. Ihr Duft, eine Mischung aus einem leicht blumigen Parfüm und frischer Seife, erregte ihn. Diese Reaktion hätte ihn nicht weiter verwundert, wenn sie versucht hätte, seine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Aber Billie schien mehr darauf bedacht, sich vor dem räuberischen Katzenvolk zu schützen.
Als sie im dritten Stock aus dem Fahrstuhl traten, thronte eine Katze mitten im Flur. Billie machte einen Satz zur Seite, was Jefri dazu veranlasste, sich angesichts der hohen Absätze um ihre schlanken Fesseln zu sorgen.
„Wurden Sie einmal angegriffen?“, fragte er, obwohl er sich das kaum vorstellen konnte.
Sie sah ihn aus großen Augen an. „Ich nicht, aber ein guter Freund.“ Billie presste die Lippen zusammen. „Muffin wiegt nur sieben Pfund. Die Biester könnten die Kleine zum Frühstück verspeisen.“
„Ich glaube nicht, dass sie diesen Ehrgeiz aufbrächten.“ Die Katzen seines Vaters schliefen die meiste Zeit.