Verliebt in den Feind - 5 aufregende Liebesromane

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VERLOBT MIT EINEM SEXY PLAYBOY? von MELANIE MILBURNE

Als Jasmines Verlobter eine Beziehungspause von ihr verlangt, bittet sie verzweifelt Jake Ravensdale um Hilfe. Eigentlich hasst sie ihn, seit er sie als junges Mädchen brüsk zurückwies. Aber wenn dieser umschwärmte Playboy mit ihr flirtet, wird ihr Verlobter sicher rasend eifersüchtig und macht ihr einen Heiratsantrag, oder?

ZAUBER DER CAMARGUE von ALISON YORK

Mitten in der idyllischen Landschaft der Camargue liegt das herrliche Gestüt der Wakefords. Als Alexandra dort einen Job annimmt, verschweigt sie, wie sie wirklich heißt. Aus gutem Grund, wie sich zeigt, denn Marcus, der Mann ihres Herzens, scheint ihre Familie zu hassen …

ZÄRTLICH BERÜHRT, SINNLICH VERFÜHRT von SARA ORWIG

Der blendend aussehende Gabe, für den Ashley seit Jahren heimlich schwärmt, will sie zur Frau. Obwohl ihre Familien seit Jahrzehnten verfeindet sind, bittet er sie um ihre Hand. Doch eine Frage kommt ihr immer wieder in den Sinn: Geht es Gabe nur darum, seine Ländereien mit ihren zu verbinden, oder erwidert er ihr Verlangen? Sein erster heißer Kuss jedenfalls ist äußerst verheißungsvoll ...

... UND HINTERHER CHAMPAGNER von SHAWNA DELACORTE

Um die ehemalige Firma ihres Vaters zu retten, sieht die schöne Paige nur einen Ausweg: Sie lässt sich inkognito von dem neuen Besitzer Bryce Lexington einstellen. Sie ahnt nicht, dass Bryce schon längst weiß, wer sie ist. Aber als er sie dann persönlich kennenlernt, schlägt er alle Warnungen in den Wind. Auch wenn Paige seine ärgste Feindin ist - er will sie, wie er noch keine andere wollte!

HEIRATSANTRAG IN DER KARIBIK von JENNIFER HAYWARD

Wie kann Kostas es wagen, ihr bis in die Karibik zu folgen? Prinzessin Stella ist empört. Sie wird dem arroganten König niemals ihr Jawort geben, basta! Denn er ist nicht nur ihr größter Feind, der charismatische Herrscher hat ihr schon einmal das Herz gebrochen …


  • Erscheinungstag 19.09.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751535489
  • Seitenanzahl 477
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de
Geschäftsführung: Ralf Markmeier
Redaktionsleitung: Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)
Produktion: Jennifer Galka
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Melanie Milburne
Originaltitel: „Engaged to Her Ravensdale Enemy“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
in der Reihe: MODERN ROMANCE
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA
Band 182018 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg
Übersetzung: Anike Pahl

Abbildungen: Dan Couto Photography Inc. / Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 08/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783733710385

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:
BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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1. KAPITEL

Es war nicht die Tatsache, dass sie den Verlobungsring zurückgeben musste, die Jasmine Connolly am meisten Sorgen machte. Immerhin hatte sie noch zwei weitere in einer Schmuckschatulle in ihrer Wohnung in Mayfair, direkt über ihrem Brautmodengeschäft.

Nein, ihr ging es um das Gefühl, zurückgewiesen zu werden. Schon wieder! Was war bloß los mit ihr? Warum war sie anscheinend nicht gut genug? Warum verließen sie die wichtigen Menschen in ihrem Leben – angefangen bei ihrer Mutter?

Aber das war noch nicht alles, was ihre Panik schürte. Am kommenden Wochenende fand in den Cotswolds die Winterhochzeitsmesse statt, und sie würde als Single teilnehmen müssen. Wie konnte sie da ohne Verlobten auftreten? Sie hatte sich so auf diese Expo gefreut. Nach viel Hin und Her hatte sie sich sogar einen Platz in der Modenschau gesichert. Es war ihre erste Catwalk-Show, die Eintrittskarte für größere und wichtigere Veranstaltungen.

Jaz liebte es nicht nur, Hochzeitskleider zu entwerfen, sondern sie war nach allem verrückt, was mit Hochzeiten zu tun hatte. Von einem Mann für den Rest des Lebens verehrt und geschätzt zu werden, fand sie unbeschreiblich romantisch.

Liebe sollte für immer sein. Jedes Mal wenn Jaz ein Kleid entwarf, steckte sie all ihre persönlichen Hoffnungen in die Arbeit. Vielleicht würde sie niemals eines ihrer eigenen Kleider tragen? Das wäre eine grausame Ironie des Schicksals!

Sie warf einen Blick auf ihren nackten Ringfinger, während sie das Lenkrad umklammerte. Wieso hatte sie nicht daran gedacht, einen ihrer Ersatzringe aufzustecken? Dann müsste sie nicht jedem erklären, weshalb sie – um Myles zu zitieren – eine Beziehungspause einlegte.

Es war egal, wie er es nannte, für Jaz machte das keinen Unterschied. Sie wurde abserviert. In die Wüste geschickt. Sie war wieder Single. Und das zum dritten Mal.

Eine klare Absage an ihre Beziehungsfähigkeit.

Jaz parkte ihr Auto am gewohnten Platz auf dem Ravensdene-Grundstück, dem Familiensitz des berühmten Theaterschauspielerpaars Ravensdale, wo sie als Gärtner-Tochter und Ersatzschwester ihrer Tochter Miranda und deren älteren Zwillingsbrüdern Julius und Jake aufgewachsen war.

Miranda hatte sich gerade erst verlobt. Verflixt!

Natürlich freute sich Jaz für ihre beste Freundin. Miranda und Leandro Allegretti passten perfekt zusammen. Und niemand hat ein Happy End mehr verdient als diese beiden. Aber warum konnte Jaz nicht auch eines haben?

Frustriert legte sie den Kopf ans Lenkrad und schloss die Augen. Es war zum Verrücktwerden!

Ein Auto kam die lange Einfahrt hinaufgeschossen, und Jaz richtete sich gerade noch rechtzeitig auf, um zu sehen, wie der italienische Sportwagen neben ihr zum Stehen kam und dabei einen Schwall Kieselsteine hochwirbelte.

Genervt verdrehte sie die Augen.

Jacques Ravensdale, auch bekannt als Jake, stieg aus und richtete sich zu voller Größe auf. Er bewegte sich auf eine ganz besondere Art und Weise, irgendwie geschmeidig, was einen hohen Wiedererkennungswert besaß. Jaz wusste, dass er es war und nicht sein eineiiger Zwillingsbruder Julius, denn sie hatte die beiden schon immer mühelos auseinandergehalten. Nicht jeder konnte das, sie schon.

Denn sie spürte den Unterschied mit jeder Faser ihres Körpers. Sobald Jake in der Nähe war, wurde sie kribbelig und nervös. Es war, als seien feine Antennen direkt darauf ausgerichtet, Signale ausschließlich von ihm aufzunehmen.

Sein schwarzes Haar war vom Wind zerzaust, was sehr sexy aussah. Ein weiterer Grund, ihn zu hassen, denn sie wusste, dass er mit seinem offenen Cabrio gern angab, um Frauen aufzureißen. Er war lässig gekleidet, weil alles an Jake lässig war, einschließlich seiner Beziehungen – wenn man lose Bekanntschaften und One-Night-Stands überhaupt als Beziehung bezeichnen konnte.

Seine dunkelblauen Augen waren hinter einer Designer-Sonnenbrille verborgen, die Stirn war tief gerunzelt. Zumindest mal eine Abwechslung von seinem üblichen spöttischen Grinsen.

„Was zum Teufel machst du hier?“, fragte er ohne Umschweife.

„Freut mich auch, dich zu sehen“, antwortete Jaz kühl. „Wie geht es dir so? Hast du inzwischen ein bisschen an deiner Persönlichkeit gearbeitet?“

Diesen Seitenhieb beachtete er gar nicht. „Eigentlich solltest du in London sein“, brummte er und nahm die Sonnenbrille ab.

„Ach, ja?“

„Ich habe extra Miranda angerufen.“ Mit einem Fußtritt schloss er die Fahrertür. „Sie meinte, du bist mit diesem Tim auf einer Familienfeier bei seinen Eltern.“

„Myles“, korrigierte sie automatisch. „Tim … war der andere.“

Um seine Mundwinkel zuckte es. „Nummer eins oder Nummer zwei?“

Es ärgerte sie, dass er ihre ehemaligen Verlobten verspottete. Auch wenn sie selbst im Nachhinein nicht mehr viel von diesen Typen hielt … „Nummer zwei. Der Erste hieß Lincoln.“

Geschäftig öffnete Jake den Kofferraum seines Wagens. „Und? Wo ist denn dein Loverboy Myles?“

Eigentlich sollte es sie nicht interessieren, wie aufreizend eng seine Jeans am Po und an den Beinen spannte, während Jake sich vorbeugte. Andererseits war sie auch nur eine ganz normale Frau, und dieser Kerl war gebaut wie ein Olympiaathlet.

Schlank und durchtrainiert, an den richtigen Stellen auffallend muskulös, und insgesamt extrem gut aussehend. Wie ein Model für ein Männermagazin.

Seit Jaz alt genug war, um sich für das andere Geschlecht zu interessieren, hatten ihre Hormone in Jakes Gegenwart verrücktgespielt. Ziemlich ungünstig, wenn man die Tatsache bedachte, dass sie ihn von ganzem Herzen verabscheute!

„Er hat noch in der Stadt zu tun“, erwiderte sie ausweichend. „Beruflich. Nach der Feier.“

Jake drehte sich zu ihr um und grinste. „Ihr habt euch getrennt.“

Es machte sie rasend, dass er diesen Kommentar nicht einmal als Frage formuliert hatte. Typisch: Wieder platzt eine Verlobung von Jasmine Connolly. Doch das würde sie ganz sicher nicht vor ihm zugeben.

„Sei nicht albern.“ Sie winkte ab. „Wie kommst du darauf? Nur weil ich mein Wochenende hier verbringe und an Hollys Hochzeitskleid arbeite, anstatt auf eine Feier …“

„Wo ist denn dein Riesenklunker, mit dem du überall angegeben hast?“, wollte er wissen und zeigte auf ihre Hände.

„In London geblieben. Ich trage ihn nicht gern, wenn ich arbeite“, redete sie sich raus. Das war wenigstens keine einhundertprozentige Lüge! Der Ring war in der Tat noch in London, sicher verstaut im Tresor von Myles’ Familie.

Jaz nahm es ihm übel, dass er ihr den Verlobungsring wieder abgenommen hatte, auch wenn es ein altes Erbstück war. Myles hatte doch mehr als genug Geld. Jetzt lief sie mit nacktem Ringfinger herum und musste sich den neugierigen Fragen anderer Leute stellen!

Wie peinlich, wenn Jake der Erste wäre, der herausfand, dass Jaz wieder eine Beziehung in den Sand gesetzt hatte. Diese Schmach könnte sie nicht ertragen. Er würde sich totlachen und sie verspotten.

Jake hakte einen Finger durch die Kragenschlaufe seiner italienischen Lederjacke und warf sie sich lässig über die Schulter. „Du solltest dich besser rarmachen, wenn du keine Lust auf eine Party hast. In einer Stunde erwarte ich Besuch.“

Ihr wurde flau im Magen bei dieser Vorstellung. „Es kommen Gäste?“

Unter ihren Schuhen knirschte der Kies, als sie auf den Eingang des großen elisabethanischen Herrenhauses zugingen.

„Ja, allerdings.“

Sie folgte ihm ins Haus, wobei sie sich fühlte wie ein Chihuahua, der versucht, mit einem Alphawolf Schritt zu halten. „Warum denn? Und was für Gäste? Sind sie alle weiblich?“

„Du kennst mich wirklich gut“, gab er breit grinsend zurück.

Jaz spürte, wie Hitze in ihr aufstieg. Ihre Wangen brannten, während sie sich ausmalte, wie Jake mit einem Harem seiner Möchtegern-Hollywood-Starlets ausgelassen feierte.

Im Gegensatz zu seinem Zwillingsbruder Julius und seiner jüngeren Schwester Miranda, die alles in ihrer Macht Stehende taten, um sich vom Ruhm ihrer Eltern zu distanzieren, nutzte Jake ihn zu seinem Vorteil. Und zwar ausgiebig! Er war schamlos darin, seinem Vergnügen nachzujagen, und auch sie selbst war eines Tages im Alter von sechzehn Jahren Opfer seiner Verführungstaktik geworden. Auf einer der legendären Silvesterpartys seiner Eltern hatte er Jaz vorgemacht, er würde es ernst meinen mit …

Aber sie dachte nie an diese Nacht in seinem Schlafzimmer zurück. So gut wie nie!

„Du kannst keine Party feiern“, protestierte sie, als sie ihm ins Haus folgte. „Mrs. Eggleston ist weg. Sie besucht ihre Schwester in Bath.“

„Deshalb habe ich mir dieses Wochenende ja ausgesucht“, erklärte er belustigt. „Mach dir keine Sorgen. Ich habe mich persönlich um das Catering gekümmert.“

Jaz verschränkte die Arme und funkelte ihn finster an. „Und ich wette, ich weiß, was auf der Speisekarte steht.“ Nämlich er selbst. Besabbert und egogestreichelt von einer Horde Flittchen, die Champagner wie Wasser tranken und nichts aßen, damit sie bloß kein Gewicht zulegten.

„Willst du dich zu uns gesellen?“

Sie gab ein spöttisches Schnauben von sich. „Spinnst du? Ich könnte mir nichts Schlimmeres vorstellen, als dir dabei zuzusehen, wie du dich von ein paar Möchtegern-Models anhimmeln lässt. Lieber würde ich Rasierklingen essen.“

Gleichgültig zuckte er mit einer seiner breiten Schultern, als wäre es ihm vollkommen egal, ob sie auch kam.

Jaz war seit Jahren nicht mehr allein mit ihm gewesen. Wann immer sie nach Ravensdene kam, waren immer andere Familienmitglieder anwesend. Warum hatte ihr die Haushälterin Mrs. Eggleston nicht Bescheid gesagt, dass er heute hier sein würde? Sie wusste doch, wie sehr Jaz Jake hasste.

Jeder wusste es. Die Fehde zwischen ihnen dauerte schon sieben Jahre. Die Luft knisterte förmlich, wann immer sie sich im selben Raum befanden. Und die Abneigung, die Jaz gegenüber Jake hegte, wuchs immer mehr. Er hatte die Angewohnheit, sie auf eine bestimmte Art zu betrachten, als würde er genau an jene Nacht in seinem Zimmer zurückdenken, als sie sich selbst zum Narren gemacht hatte.

Seine dunkelblauen Augen nahmen einen spöttischen Schimmer an, als könnte er sich an jeden Zentimeter ihres Körpers erinnern – schließlich hatte sie damals in nichts als ihrer Unterwäsche auf ihn gewartet.

Sie wand sich innerlich. Ja, in ihrer Unterwäsche. Was hatte sie sich bloß dabei gedacht? Warum war sie auf ihn hereingefallen? Warum hatte sie nicht bemerkt, dass er nur mit ihr gespielt hatte? Die Demütigung, der er sie ausgesetzt hatte, die Scham und die Verlegenheit, aus seinem Bett gezerrt zu werden vor seinen …

Oh, nein! Sie würde auf keinen Fall weiter darüber nachdenken.

Nicht einmal Jaz’ Vater war hier, um zwischen ihnen zu vermitteln. Er war mit seiner neuen Frau auf einer Kreuzfahrt zwischen den griechischen Inseln unterwegs. Irgendwie gehörte er nicht mehr zu ihr, hatte es im Grunde nie getan. Seine Arbeit war ihm immer wichtiger gewesen als seine Tochter.

Wie konnte ein Garten, selbst ein so großer wie der auf Ravensdene, wichtiger sein als das einzige Kind? Und jetzt? Jetzt gehörte sein Herz endgültig Angela.

Nach London zurückzufahren, kam nicht infrage. Jaz war noch nicht bereit, die Auflösung ihrer Verlobung offiziell bekannt zu geben. Noch nicht. Erst wenn sie sicher wusste, dass es endgültig vorbei war.

Nicht einmal vor Miranda mochte sie es zugeben, solange es noch einen Funken Hoffnung gab. Sie brauchte Myles bloß zu zeigen, was er verpasste. Zweifellos war sie seine Seelenverwandte. Jeder hatte das gesagt. Nun, vielleicht nicht jeder, aber sie brauchte nicht die Zustimmung aller Bekannten und Freunde. Nicht einmal die Zustimmung seiner Eltern, was eine gute Sache war, wenn man bedachte, dass sie Jaz nicht mochten.

Andererseits waren sie schreckliche Snobs, und Jaz konnte sie nicht ausstehen.

Jaz hatte alles für Myles getan. Gekocht, geputzt, seine gesellschaftlichen Termine organisiert und ihren Kalender angepasst, damit sie ihrem Verlobten jederzeit zur Verfügung stand. Sie hatte sogar Sex mit ihm, wenn ihr nicht danach war. Was aus irgendeinem seltsamen Grund relativ häufig vorkam.

War das vielleicht auch die Ursache, weshalb Myles eine Pause wollte? Weil sie in sexueller Hinsicht zu unnahbar war? Nicht verwegen genug? Dabei war sie offen für alles: Kostüme tragen oder Spiele spielen. Sie würde es zwar hassen, aber wenn sie ihn auf diese Weise zurückgewinnen konnte, würde sie es tun.

Außerdem fanden andere Männer sie ausgesprochen attraktiv. Ständig musste sie Avancen abwehren. Sie war nicht eitel, aber sie kannte ihre Vorzüge: super Aussehen, gute Figur, hübsches Gesicht und tolle Haare. Und sie war schlau. Mit knapp vierundzwanzig Jahren hatte sie schon ihre eigene Brautmoden-Firma gegründet.

Sicher, beim Aufbau hatte sie viel Hilfe von Jakes Eltern Richard und Elisabetta Ravensdale erhalten. Wären die beiden nicht gewesen, hätte Jaz keine erstklassige Ausbildung erhalten. Sie waren für Jaz eingetreten, als deren Mutter sie im Alter von acht Jahren nach einem Besuch auf Ravensdene verlassen hatte und nie wiedergekommen war.

Nicht dass es Jaz störte, von ihrer Mutter praktisch ausgesetzt worden zu sein. Nicht wirklich. Sie war erleichtert gewesen, nicht in die schimmelige und von Ungeziefer verpestete Wohnung in Brixton zurückkehren zu müssen, wo die Nachbarn erbitterter gegeneinander kämpften als wilde Katzen in der Nähe einer Mülldeponie.

Es ging ihr eher ums Prinzip. Wie ein Paket bei fremden Leuten abgeladen zu werden … diese Behandlung hatte kein Kind verdient. Trotzdem war es viel besser gewesen, in der elisabethanischen Villa in Buckinghamshire zu wohnen. Es war wie ein ländliches Wellnesshotel mit vielen grünen Feldern drum herum, mit dunklen, schattigen Wäldern und einem Fluss, der sich wie ein silbernes Band durch das Anwesen schlängelte.

Das war ihr Zuhause, und die Ravensdales waren wie eine Familie. Abgesehen von Jake natürlich.

Jake warf seine Reisetasche aufs Bett und stieß einen Fluch aus. Was zur Hölle hatte Jasmine Connolly hier zu suchen? Er war sicher gewesen, das Haus am Wochenende für sich zu haben. Er hatte einen Plan, und Jasmine war ganz bestimmt kein Teil davon.

Im Gegenteil, er ging ihr aus dem Weg, wo er konnte. Und wenn sich ein Zusammentreffen nicht vermeiden ließ, tat er alles, um sie zu ärgern. Es verschaffte ihm Genugtuung, zu sehen, wie sie die Zähne zusammenbiss und aus ihren graublauen Augen kleine Dolche auf ihn abfeuerte.

Sie war eine echte Nervensäge, aber er würde sich von ihr ganz sicher nicht diktieren lassen, was er zu tun und zu lassen hatte. Dieses Haus gehörte seiner Familie, nicht ihrer. Sie konnte vielleicht davon profitieren, mit seiner kleinen Schwester Miranda aufgewachsen zu sein, aber sie war immer noch die Tochter des Gärtners.

Seit ihrer Kindheit plante Jaz schon, ihren sozialen Status durch eine Hochzeit zu verbessern. Mit sechzehn hatte sie sogar Jake im Visier gehabt. Ausgerechnet ihn! Was für ein Witz. Er war zehn Jahre älter als sie, und eine Ehe hatte er damals wie heute nicht auf dem Schirm.

Jaz dagegen dachte ständig ans Heiraten. Ihr ganzes Leben drehte sich darum. Sie war eine gute Designerin, das musste er zugeben, aber es war bestimmt nicht gesund, so besessen vom Bund fürs Leben zu sein.

Vierzig Prozent der Ehen wurden geschieden – seine Eltern waren ein typisches Beispiel dafür, auch wenn sie später erneut geheiratet hatten. Nachdem der Skandal um seinen Vater vor einem Monat bekannt geworden war, hatte es so ausgesehen, als würden sich die beiden ein zweites Mal scheiden lassen. Falls es dazu kam, blieb nur zu hoffen, dass es nicht wieder einen bitterbösen Rosenkrieg gab.

Sein Handy signalisierte mit einem Ping eine eingehende Nachricht, und er fluchte wieder, als er einen Blick aufs Display warf. Siebenundzwanzig SMS und vierzehn verpasste Anrufe von Emma Madden. Er hatte ihre Nummer blockiert, aber sie musste sich von jemand anderem ein Telefon ausgeliehen haben. Wenn er seinen Spam-Ordner überprüfte, würde er mit Sicherheit genauso viele E-Mails von ihr finden.

Hatte dieser dumme kleine Teenager keine Schule? Wo waren ihre Eltern? Warum kontrollierten sie die Online-Aktivitäten ihrer Tochter nicht?

Er hasste es, von halbwüchsigen Mädchen gestalkt zu werden. Jasmine hatte diesen Terror vor sieben Jahren mit ihrem unerhörten Auftritt begonnen. Aber den Unsinn hatte er ihr schnell ausgetrieben!

Emma Madden ließ sich allerdings nicht so leicht einschüchtern oder abschütteln. Er hatte versucht, geduldig zu sein. Er hatte versucht, höflich zu sein. Was sollte er noch tun? Die Fünfzehnjährige war wie ein Blutegel und klammerte sich an ihn, als würde ihr Leben davon abhängen. Er wurde von ihr verfolgt. Von einem Teenager! Sie schickte ihm Geschenke auf die Arbeit, tauchte in seinem Fitnessstudio auf und auch bei Geschäftsessen, was verdammt peinlich war.

Mühsam hatte er seinen Klienten davon überzeugen können, dass er sich niemals einem Teenager nähern würde. Er mochte ein Playboy sein, doch er hatte ein paar unumstößliche Prinzipien. Die Finger von minderjährigen Mädchen zu lassen, gehörte selbstverständlich dazu!

Jake schaltete sein Handy lautlos und warf es neben seiner Tasche auf die Bettdecke. Dann ging er zum Fenster, um die Felder zu betrachten, die das Landgut umgaben. Er mochte den Herbst auf Ravensdene. Das Laub der Bäume im Garten war herrlich bunt, und die Luft roch würzig und frisch, manchmal sogar schon winterlich.

Sobald seine Gäste ankamen, würde er das Feuer im Wohnzimmerkamin anzünden, Musik anmachen, Champagner ausschenken, seine Party feiern und reichlich Fotos davon auf Social-Media-Plattformen posten, sodass Emma Madden die Botschaft endlich verstand.

2. KAPITEL

Die Autos fuhren vor, als Jaz es sich gerade in dem kleineren Wohnzimmer eingerichtet hatte, das sie als Arbeitsplatz nutzen wollte. Sie musste die französische Spitze an das Brautkleid von Julius’ Verlobter Holly nähen, und zwar von Hand, was Stunden dauern dürfte.

Aber sie war am glücklichsten, wenn sie an einem ihrer Modelle arbeitete. Basisaufgaben wie das Zuschneiden und Nähen hatte sie an Dienstleister vergeben, aber wenn es um die Details ihrer Kreationen ging, machte sie normalerweise alles selbst. Das gab ihren Designs den ganz persönlichen Jasmine-Connolly-Touch.

Jede Schleife und jeder Glitzerstein, jede Perle und Zierbordüre, die sie an ein Kleid nähte, machte sie stolz auf das, was sie erreicht hatte. In ihrer Kindheit hatte sie schon in diesem Wohnzimmer auf dem Fußboden gesessen, umgeben von Einwickelpapier oder Taschentüchern, und Miranda als Model für ihre ersten Kreationen benutzt. Jaz hatte stets vom ganz großen Erfolg geträumt. Erfolg, der sie weit weg von ihrem Status als unerwünschte Tochter einer Bardame bringen würde. Ihre Mutter hatte dagegen immer nur Tricks und Betrügereien angewendet, um ihre Drogen- und Alkoholsucht zu finanzieren.

Geräusche von knallenden Autotüren, lachenden Frauen und knirschendem Kies verdarben Jaz jetzt allerdings die Laune. Trotzdem würde sie auf keinen Fall in die Stadt zurückkehren, bevor das Wochenende vorbei war. Jake konnte feiern, wie er wollte. Von ihm würde sie sich nicht vorschreiben lassen, was sie zu tun hatte. Außerdem wusste sie, dass es ihn ärgerte, wenn sie hierblieb. Er hatte sich zwar cool und lässig gegeben, aber sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass er innerlich kochte.

Jaz legte ihr Nähzeug hin, weil ihre Neugier allmählich die Oberhand gewann. Sie musste einfach mit eigenen Augen sehen, was für Frauen er eingeladen hatte. Seine Schwäche waren vollbusige Blondinen, davon war Jaz überzeugt. Ein langweiliges Klischee, doch so war Jake eben: simpel und oberflächlich. Er lebte auf der Überholspur und blieb nie lange genug an einem Ort, um Wurzeln zu schlagen. Regelmäßig umgab er sich mit It-Girls und Promi-Sternchen, die ihn ebenso ausnutzten, wie er sie benutzte.

Es war widerlich.

Unten stand Jake in der großen Halle, umgeben von etwa zehn jungen Frauen – allesamt blond, in knappe Cocktailkleider gezwängt und auf schwindelerregend hohen Absätzen unterwegs. Jaz lehnte sich mit verschränkten Armen gegen den Türrahmen und sah zu, wie ihn jede einzelne zur Begrüßung küsste. Eine zerzauste sogar sein Haar, und eine andere rieb ihre offensichtlich unechten Brüste schamlos an seinem Oberarm.

Jake fing Jaz’ Blick auf und verzog den Mund zu einem spöttischen Lächeln. „Ah, hier kommt die Spaßpolizei. Ladys, das ist Jasmine, die Tochter des Gärtners.“

Jaz bedachte ihn mit einem verächtlichen Blick, bevor sie sich an die jungen Frauen wandte. „Wissen eure Eltern eigentlich, wo ihr euch herumtreibt?“, fragte sie scharf.

Warnend zog Jake die Augenbrauen zusammen. „Hör auf damit, Jasmine!“

Sie lächelte ihn zuckersüß an. „Ich will nur sichergehen, dass sich nicht ein oder zwei Minderjährige mit einschleichen.“

Zwei Augen funkelten wütend, und er presste die Lippen zu einer schmalen Linie zusammen.

Zufrieden stellte Jaz fest, dass sich erste Risse in seiner aufgesetzt coolen Fassade zeigten. Sie war die Einzige, die ihn derart provozieren konnte.

Normalerweise spazierte er sorglos mit einem nonchalanten Lächeln durchs Leben, aber sobald er auf Jaz traf, hatte er mit latenter Wut zu kämpfen. Sie fragte sich, wie weit sie ihn herausfordern konnte.

Seit sieben Jahren gingen sie einander möglichst aus dem Weg. Wenn die Familie zu Weihnachten oder zu Geburtstagen zusammenkam, begrüßten sie sich nicht einmal. Er umarmte oder küsste Jaz nie auf die Wange, wie er es mit Miranda oder seiner Mutter tat. Stattdessen mied er Jaz, als würde sie eine tödliche Krankheit in sich tragen. Doch das passte ihr gut, schließlich wollte sie ihm auch nicht zu nahe kommen.

Anstatt zu antworten, ging Jake an ihr vorbei, als wäre sie unsichtbar, und führte die Besucherinnen ins große Wohnzimmer. „Hier herein bitte, meine Damen“, rief er dabei. „Die Party kann gleich losgehen.“

Am liebsten hätte Jaz sich als abfällige Geste den Finger in den Hals gesteckt, als die Frauen ihm wie die Lemminge folgten. Kapierten sie denn nicht, wie sehr sie damit sein unerträgliches Ego anheizten?

Jetzt würde er teuren Champagner ausschenken, exotische Cocktails mixen und ihnen lustige Anekdoten über seine berühmten Eltern und deren internationale Theaterfreunde erzählen. Jene, mit denen er nicht schlafen wollte, würde er um zwei oder drei Uhr morgens rausschmeißen. Und laut der Boulevardpresse schickte er diejenigen, mit denen er tatsächlich schlief, direkt im Anschluss daran nach Hause. Auf einen Anruf von ihm durften sie nicht hoffen.

Es kam selten vor, dass eine von ihnen mal zwei Nächte oder mehr mit Jake Ravensdale verbrachte. Jaz konnte sich an die letzte kaum noch erinnern.

Die Türklingel ertönte hinter ihr. Jaz stieß einen müden Seufzer aus und drehte sich um, um zu öffnen.

„Ich mach das schon.“ Jake kam aus dem Wohnzimmer herbeigeeilt.

„Reichen dir zehn Frauen noch nicht?“, erkundigte Jaz sich schnippisch und machte einen Schritt zur Seite.

„Pft!“ Er riss die Tür auf und … erstarrte. „Emma?“ Er schluckte trocken. „Aber wieso? Was machst du denn hier? Wie hast du mich gefunden?“

So ernst und nervös hatte Jaz ihn noch nie erlebt.

„Ich musste dich einfach sehen“, antwortete das Mädchen mit bebender Stimme, und ihre riesigen Augen füllten sich mit Tränen. „Ich konnte nicht anders.“

Und sie war in der Tat noch ein Mädchen, stellte Jaz fest. Ein Teenager, genau in dem sensiblen Alter, wenn die Hormone verrücktspielten und man kein Kind mehr und auch noch keine Frau war. Ein Alter, in dem man schnell Fehler beging, die einen manchmal für den Rest des Lebens verfolgten.

Litt Jaz nicht selbst bis heute unter den Konsequenzen ihres unbedachten Handelns?

„Wie bist du hergekommen?“, wollte er wissen.

„Ich habe ein Taxi genommen.“

Er zog die Brauen zusammen. „Den ganzen Weg von London?“

„Nein, vom Bahnhof im Dorf.“

Das Mädchen tat Jaz leid, weil sie sich daran erinnerte, wie offensichtlich sie Jake ihrerseits damals angehimmelt hatte. Als wäre er ein Halbgott, vor dem man auf die Knie sinken müsse: stark, schön, unbesiegbar.

Es war grausam, dabei zuzusehen, was sich in diesem jungen naiven Köpfchen abspielte. Teenagerliebe konnte wahnsinnig intensiv und verletzlich sein, irrational und zerstörerisch. Das arme Kind hatte sich in einen erwachsenen Mann verguckt, der absolut nicht das geringste Interesse an ihm zeigte.

Jake wollte hier mit seinem kleinen Harem feiern, und Emma glaubte offenbar, sie könnte dazugehören. Was für ein unschuldiger kleiner Dummkopf!

Jaz ertrug es nicht länger, Zeugin dieser bedrückenden Szene zu sein. Was, wenn Emma etwas anstellte, das sie ihr Leben lang bereute? Davon konnte Jaz schließlich ein Lied singen. Es musste einen Weg geben, Emma eine Abfuhr zu erteilen, die nicht allzu demütigend war.

„Warum kommst du nicht erst mal rein und …?“, begann Jaz, wurde jedoch sofort von Jake unterbrochen.

„Halt dich da raus, Jasmine! Ich kümmere mich schon darum.“ Dann wandte er sich an das Mädchen. „Du musst wieder gehen, und zwar jetzt. Hast du mich verstanden?“

Noch mehr Tränen in ihren Augen. „Aber ich kann nicht nach Hause zurück. Meine Mutter denkt, ich würde bei einer Freundin übernachten. Ich würde total Ärger bekommen und Hausarrest bis an mein Lebensende!“

„Und den hättest du auch verdient“, schimpfte er.

„Vielleicht kann ich helfen.“ Freundlich reichte Jaz dem Mädchen die Hand. „Hi, ich bin Jaz, Jakes Verlobte.“

Es folgte eisiges Schweigen.

Kerzengerade blieb Jake neben Jaz stehen und atmete hörbar tief ein. Emma starrte die beiden nur wortlos an, und ihre Wangen färbten sich pink.

„Oh, ich … das wusste ich nicht“, stotterte sie. „Ich dachte, Jake wäre Single, sonst hätte ich doch niemals …“

„Ist schon gut, Süße“, beruhigte Jaz sie. „Das verstehe ich vollkommen, und ich bin kein Stück beleidigt deswegen. Wir haben unsere Beziehung ziemlich geheim gehalten. Stimmt’s, Darling?“, sagte sie über die Schulter zu Jake und gab ihm lächelnd einen kräftigen Stoß zwischen die Rippen.

Er öffnete den Mund, schloss ihn aber gleich wieder, und nach einer weiteren Schocksekunde grinste er breit. „Das ist richtig, mein Schatz. Ein Geheimnis. Und den Antrag, den habe ich ihr – ehrlich gesagt – gerade eben erst gemacht. Darum feiern wir hier auch heute.“

„Kommst du jetzt, Jakey?“ Eine sichtlich angetrunkene Blondine erschien in der Wohnzimmertür und hielt in der einen Hand ein Champagnerglas, in der anderen die Flasche.

Entschlossen hakte Jaz Emma unter und brachte sie zur Küche. Dabei gab sie Jake über Emmas Kopf hinweg ein unmissverständliches Zeichen, sich um die Gäste zu kümmern.

„Das ist eine der Brautjungfern“, erklärte sie dem Mädchen. „Hat wohl zu tief ins Glas geschaut. Ich bin echt kurz davor, sie zu ersetzen, muss ich sagen. Sie soll mir nicht die schönen Fotos ruinieren. Kannst du dir das vorstellen?“ Am Esstisch angekommen, klopfte sie auf einen Stuhl. „Setz dich mal hierhin! Möchtest du eine heiße Schokolade? Oder lieber einen Tee?“

„Ähm … ein Kakao wäre toll.“

Wenige Minuten später stellte Jaz den dampfenden Becher vor Emma hin. „Hier, bitte.“

Dankbar legte das Mädchen beide Hände darum. „Und du bist mir wirklich nicht böse, weil ich einfach unangemeldet hier aufgetaucht bin? Ich hatte ja keine Ahnung, dass Jake ernsthaft mit jemandem zusammen ist. In der Presse stand auch nie was darüber.“

„Nein, natürlich nicht“, versicherte ihr Jaz. „Das konntest du doch nicht wissen.“ Bis vorhin wusste sie ja selbst nichts davon! „Wir haben es noch nicht offiziell gemacht, weil wir etwas Zeit für uns wollten, ehe der Medienzirkus losgeht.“

Und das würde er, mit allem Drum und Dran! Wenn das keine heilsame Wirkung auf Myles hatte, half gar nichts mehr!

„Du bist doch die Gärtnerstochter, das weiß ich aus den Zeitschriften“, meinte Emma. „Da gab es grad einen langen Artikel über das uneheliche Kind von Jakes Vater, diese Katherine Winwood. Ich habe auch Bilder von dir gesehen. Du kennst Jake dann wohl schon ewig, oder?“

„Ja, seit meinem achten Lebensjahr“, gestand Jaz. „Und in ihn verliebt bin ich seit meinem sechzehnten Lebensjahr.“ Eine Notlüge mehr schadete sicherlich nicht für den guten Zweck! „Wie alt bist du?“

„Fünfzehneinhalb.“

„Keine einfache Zeit.“

Emmas große braune Augen schimmerten. „Ich habe Jake vor zwei Monaten auf einem Empfang kennengelernt. Im Restaurant von meinem Stiefvater. Manchmal lässt er mich dort als Kellnerin einspringen. An dem Abend war Jake der Erste, der nett zu mir war. Er hat mir sogar ein großzügiges Trinkgeld gegeben.“

„Kein Wunder, dass du auf Anhieb verknallt warst“, sagte Jaz lächelnd. „Er bricht Herzen im Vorbeigehen, kann ich dir verraten!“

Reichlich erfolglos versuchte Emma, Jaz’ Lächeln zu erwidern. „Ich sollte dich eigentlich hassen, aber das kann ich nicht. Du bist genauso nett wie er. Auf diese natürliche und normale Weise, weißt du? Ihr passt bestimmt ganz toll zusammen.“

Jaz nickte langsam und verkniff sich einen ironischen Kommentar. „Was hältst du davon, wenn wir deine Mutter anrufen und ihr erzählen, wo du bist? Danach fahre ich dich zum Bahnhof und warte dort mit dir auf den Zug, okay? Hast du ein Handy?“

Dumme Frage! Welcher Teenager besaß heutzutage keines? Wahrscheinlich war es sogar ein besseres Modell als ihr eigenes!

Als Jaz eine gute Stunde später vom Bahnhof zurückkehrte, war Jake gerade im Wohnzimmer damit beschäftigt, die Überreste seiner kleinen und recht kurzen Feier zu beseitigen. Offenbar hatte er seine Gäste ebenfalls auf den Heimweg geschickt.

„Brauchst du Hilfe?“, erkundigte sie sich, woraufhin sie mit einem finsteren Blick bedacht wurde.

„Für einen Abend hast du schon mehr als genug angerichtet.“

„Ich fand mein Eingreifen eigentlich ziemlich genial“, widersprach sie ruhig und betrachtete scheinbar interessiert ihre Fingernägel.

„Verlobt?“, brauste er auf. „Ausgerechnet wir beide? Dass ich nicht lache!“ Er sah beängstigend wütend aus.

„Was hätte ich denn sonst machen sollen?“, verteidigte sie sich. „Das arme Kind war blind vor Liebe, da hätte sie eine lahme Ausrede sicherlich nicht zum Gehen bewegt.“

„Ich hatte alles unter Kontrolle“, behauptete er kühl.

Jaz verdrehte die Augen. „Inwiefern? Darum dieser Auflauf der Plastikblondinen? Als wenn das funktioniert hätte! Du fängst das Ganze völlig falsch an, Jake. Oder sollte ich lieber Jakey sagen?“

Sein scharfer Blick durchbohrte sie. „Diese albere Göre verfolgt mich schon seit Wochen. Letzte Woche hat sie ein wichtiges Geschäftsessen gesprengt. Ihretwegen habe ich einen wertvollen Kunden verloren.“

„Sie ist noch jung und gefällt sich in der Rolle der unsterblich Verliebten“, erklärte Jaz ihm geduldig. „Wahrscheinlich warst du der erste Mann, der sie jemals auf Augenhöhe angesprochen hat, darum hat sie sich in dich verguckt. Aber eine wilde Party mit zahllosen It-Girls zu feiern, wird sie wohl kaum davon überzeugen, dass du kein Interesse an ihr haben könntest, solange sie sich nur genug ins Zeug legt. Der einzige Ausweg ist die unmissverständliche Ansage, dass du offiziell vom Markt bist. Für immer.“

Mit der halb vollen Flasche Champagner, die er in der Hand hielt, zeigte er anklagend auf sie. „Du bist die letzte Frau auf Erden, der ich einen Heiratsantrag machen würde!“

Jaz lächelte. „Ich weiß. Ironie des Schicksals, was?“

„Und was wird dein Verlobter dazu sagen?“

Tja, jetzt musste sie Jake wohl reinen Wein einschenken. „Myles und ich legen gerade eine kleine Beziehungspause ein“, gestand sie.

„Du durchtriebenes kleines Ding! Also willst du mich dazu benutzen, um ihn eifersüchtig zu machen?“

„Wir könnten uns gegenseitig nützen“, korrigierte sie. „Es ist eine Win-win-Situation. Wir brauchen den Schein ja auch nur ein oder zwei Wochen zu wahren, danach ist dann alles wieder wie gehabt.“

Eine tiefe Furche erschien zwischen seinen Augenbrauen. „Du willst das tatsächlich an die große Glocke hängen?“

„Längst geschehen.“ Belustigt hielt sie ihr Smartphone hoch. „Auf Twitter hagelt es schon Reaktionen, und ich erwarte jede Minute einen Anruf von deiner Familie.“

Wie auf Kommando begannen ihre Telefone gleichzeitig zu klingeln.

„Geh da nicht ran!“ Hastig stellte er sein Handy auf lautlos. „Wir müssen das gut durchdenken … wir brauchen einen Plan.“

Ein Blick auf ihr Display verriet Jaz, dass auch Myles versuchte, sie zu erreichen. Sehr gut, das lief ja wie geschmiert! „Wir können deine Familie auch gern einweihen, wenn du meinst, dass sie da mitspielen würden.“

„Nein, viel zu riskant.“ Er winkte ab. „Falls sich einer von ihnen verplappert, könnte uns das ziemlich schaden. Du weißt ja, wie die Presse funktioniert. Glaubst du, Emma hat dir die Geschichte wirklich abgekauft?“

„Ja. Aber wenn du dich nicht ins Zeug legst, wird sie bestimmt misstrauisch.“

„Wie soll ich mich denn ins Zeug legen? Du erwartest doch nicht, dass ich dich wirklich heirate?“

Spöttisch zog sie eine Augenbraue hoch. „Ich werde mit Myles vor den Altar treten. Schon vergessen?“

„Wenn er dich nach all dem überhaupt zurücknimmt.“

„Das wird er.“ Selbstbewusst hob sie ihr Kinn.

„Was wird Miranda dazu sagen?“, fragte er. „Meinst du, sie kommt damit klar, wenn du in mich verliebt bist?“

Es würde in der Tat nicht einfach werden, ihre Freundin zu überzeugen. Andererseits konnte Miranda Myles nicht leiden, also standen die Chancen nicht schlecht, dass sie sich über einen Kurswechsel in Sachen Hochzeit freute. „Mir gefällt es nicht, sie anzulügen, trotzdem …“

„Daran hättest du denken sollen, bevor du mit diesem Wahnsinnsplan nach vorn geprescht bist“, unterbrach er sie barsch. „Jetzt gibt es kein Zurück mehr.“

„Was hast du deinen Partyflittchen erzählt?“ Ihr gefiel es, ihn zu provozieren. Und es würde einen Heidenspaß machen, ihn dabei zu beobachten, wie er vorgab, endlich eine feste Beziehung zu haben!

„Ich bin es nicht gewohnt, mich rechtfertigen zu müssen“, erklärte er steif. „Zweifellos werden sie die Neuigkeiten noch früh genug erfahren.“

Nachdenklich betrachtete sie ihre Hand. „Ich trage keinen Ring.“

„Liegen nicht noch welche bei dir zu Hause herum?“, erkundigte er sich sarkastisch.

„Willst du etwa, dass ich den Verlobungsring eines anderen Mannes trage?“

Jake stieß einen resignierten Seufzer aus. „Gut, ich besorge dir einen.“

„Keinen falschen Diamanten!“, warnte sie. „Ich möchte einen echten. Die Menschen, mit denen ich es zu tun habe, erkennen den Unterschied nämlich mit bloßem Auge.“

„Deine Kunden dürfen wohl nicht merken, dass du keinen Mann lange genug halten kannst, um ihn am Ende zu heiraten?“

Jaz konnte fühlen, wie die Wut langsam in ihr hochkochte. Es ging ihr nicht darum, was ihre Kunden dachten. Es ging darum, was sie selbst fühlte. Niemand wurde gern abgelehnt oder zurückgewiesen. Verlassen. Sie träumte verzweifelt davon, geliebt zu werden. Ehrlich, aufrichtig und von ganzem Herzen. Und sie hatte schon so viel in ihre Beziehung zu Myles investiert!

Was wusste Jake denn davon, wie man eine Beziehung führte? Er blieb nie lange genug bei einer Frau, um sie tatsächlich kennenzulernen. Seine Begegnungen mit der Damenwelt gingen nicht über das hinaus, was im Bett stattfand.

„Natürlich kann ich einen Mann halten“, behauptete sie gereizt. „Myles hat bloß kalte Füße bekommen, das ist alles. Es ist völlig normal, dass der Bräutigam vor dem großen Tag Angst hat.“

„Wenn er dich lieben würde, bräuchte er keine Pause“, erwiderte Jake mit fester Stimme. „Er würde nie riskieren, dass du dich nach jemand anderem umschaust.“

Dieses Argument war Jaz auch schon in den Sinn gekommen, aber sie wollte nicht darüber nachdenken. Zum Glück fiel es ihr generell leicht, unangenehme Dinge zu verdrängen. „Hör dir mal selbst zu“, versetzte sie mit einem verächtlichen Schnauben. „Jake Ravensdale, berüchtigter Playboy, gibt sich als Kenner in Sachen Liebe aus. Dass ich nicht lache!“

„Wo hast du Emma hingebracht?“

„Ich habe sie in den Zug gesetzt, nachdem ich mit ihrer Mutter telefoniert und ihr alles erklärt habe.“ Jaz seufzte. „Ich wollte nicht, dass die Kleine Schwierigkeiten bekommt oder etwas tut, was sie bereuen könnte.“ So wie ich damals. Schnell schob sie den Gedanken wieder beiseite. Sie würde nicht an den Rest der Nacht denken, nachdem sie Jakes Schlafzimmer verlassen hatte …

Er nahm ein Glas, füllte es mit Champagner und leerte es in einem Zug. Anschließend schüttelte er den Kopf und schenkte sich dann ein weiteres Glas ein. Mit seinem ernsten Gesichtsausdruck sah er seinem Zwillingsbruder ähnlicher denn je.

„Wir brauchen ein Foto“, verkündete Jaz. „Gib mir auch mal ein Glas!“

Auf Jakes Gesicht malte sich Entsetzen aus. „Ein Foto? Wozu?“

Ungeduldig nahm sie sich selbst ein Glas Champagner und stellte sich dann neben ihn. Doch er wich zurück, als hätte sie eine ansteckende Krankheit. „Lass mich in Ruhe!“, murmelte er.

„Das muss aber sein, Jake“, drängte sie. „Wer würde uns glauben, wenn wir kein Verlobungsfoto machen?“

„Du hast keinen Ring“, erinnerte er sie. „Noch nicht.“

„Egal. Ein Schnappschuss von uns mit Champagner und Siegerlächeln reicht völlig.“

„Du bist echt verrückt“, brummte er, während sie sich neben ihm positionierte und ihre Handykamera einschaltete. „Das weißt du, oder? Total verrückt.“

Es war unmöglich, nicht zu merken, wie kräftig und warm sich sein Arm anfühlte, als Jaz sich gegen ihn lehnte. War er sich ihrer Gegenwart genauso bewusst? War das der Grund, warum er jetzt reglos dastand?

Er war ihr schon seit vielen Jahren nicht mehr so nahe gewesen. Auf Familienfotos – obwohl sie ja eigentlich nicht zur Familie gehörte – hatten sie immer möglichst weit voneinander entfernt gestanden. Doch jetzt schien die Hitze seines Körpers sie regelrecht zu versengen.

Eilig überprüfte sie das Foto und stöhnte auf. „Ach, komm schon“, beschwerte sie sich. „Bestimmt kannst du das viel besser. Nicht dermaßen steif!“

„Okay, lass es uns noch einmal versuchen.“ Dieses Mal legte er den Arm um ihre Schultern und lehnte seinen Kopf gegen ihren. Sie spürte, wie die Strähnen seines zerzausten Haars ihre Haut kitzelten. Ihre Sinne spielten vollends verrückt, als seine Bartstoppeln ihr Gesicht streiften. Er roch angenehm frisch nach Limette und Zitronengras mit einem Hauch von Ingwer.

„Na los, mach schon!“

„Oh, ja, richtig.“ Rasch drückte Jaz auf den Auslöser. Sie checkte das Foto, und jetzt sah es so aus, als wäre sie diejenige, die gerade gefoltert wurde. Außerdem war es zu verschwommen.

„Keine Meisterleistung.“ Frustriert löschte sie es und hielt das Handy wieder hoch. „Ein letzter Versuch. Bitte lächeln!“

„Das reicht.“ Schnell trat er von ihr weg, nachdem sie die Aufnahme gemacht hatte. „Du musst mir aber versprechen, dass du das löschst, wenn alles vorbei ist, okay?“

Jaz kreuzte die Finger. „Indianerehrenwort.“

Er atmete hörbar aus, wobei er wirkte, als würde er ihrem Schwur kein Vertrauen schenken.

In Sekundenschnelle stellte Jaz das Bild online und schickte dann noch hastig einen Text an Miranda:

Ich weiß, dass du Myles nie gemocht hast. Ist mein Verlobter Nr. 4 genehmigt?

Mirandas Antwort kam ebenfalls innerhalb von Sekunden:

OH, MEIN GOTT! Auf jeden Fall!!! Glückwunsch! Ich wusste immer, dass ihr beide heiß aufeinander seid. Ruf dich später an, Kuss

„Wer schreibt dir da?“, wollte Jake wissen.

„Miranda.“ Jaz legte ihr Handy hin. „Sie ist begeistert und freut sich für uns. Wir werden endlich Schwestern sein. Yay!“

Er murmelte einen Fluch und streifte durch den Raum wie ein Hai in einem Goldfischglas. „Julius wird niemals darauf hereinfallen. Nicht für einen Moment.“

„Das muss er aber, wenn du willst, dass Emma dich endgültig in Ruhe lässt“, sagte Jaz vergnügt. „Wenn du nicht richtig mitspielst, werde ich ihr persönlich die Wahrheit sagen.“

„Du genießt diese Zwickmühle, nicht wahr?“

Ihr triumphierendes Lächeln sprach Bände. „Rache wird eben am besten kalt serviert.“

Wütend starrte er sie an. „Ist es nicht ein bisschen kindisch, nach all diesen Jahren noch auf dieser einen Nacht herumzuhacken? Ich habe dir damals nur einen Gefallen getan. Denn ich hätte dich in dieser Nacht auch nehmen können, aber wie wäre das wohl ausgegangen? Schon mal darüber nachgedacht? Nein. Du willst mich als den großen, bösen Typen hinstellen, der sich über deine Schulmädchen-Schwärmerei lustig gemacht hat. Aber glaub mir, das hätte für dich viel schlimmer kommen können!“

Jaz wich einen Schritt zur Seite, als er an ihr vorbeistürmte, um den Raum zu verlassen. Du hast alles noch viel schlimmer gemacht, wollte sie ihm hinterherrufen. Stattdessen biss sie die Zähne zusammen und betrachtete die leeren Flaschen und Gläser um sich herum.

Typisch. Jake hatte die schlechte Angewohnheit, sein Durcheinander anderen Leuten zu hinterlassen, die es für ihn aufräumen mussten.

3. KAPITEL

Jake war so wütend, dass er buchstäblich rotsah. Der sieben Jahre lang geschürte Frust kochte in ihm hoch.

Er lief in seinem Zimmer auf und ab, raufte sich die Haare und fluchte wild über das, was Jasmine ihm angetan hatte. Jetzt war er offiziell verlobt! Was für eine verdammte Farce! Niemand würde ihm das abnehmen. Nicht dem Playboy vom Dienst.

Bei dem Gedanken drehte sich ihm der Magen um. Fest gebunden. Gefangen. Dabei war er der Letzte, der sich an eine Frau binden würde, und ganz bestimmt nicht an jemanden wie Jasmine Connolly. Sie war eine manipulative kleine Hexe, nutzte ihn schamlos aus, um sich ihren dritten Verlobten zurückzuholen.

Wer um alles in der Welt verlobte sich überhaupt dreimal hintereinander? Jemand, der davon besessen war, zu heiraten, und zwar um jeden Preis. Jasmine schien es egal zu sein, mit wem sie sich verbandelte, solange er Geld und einen sozialen Status hatte.

Durch den roten Nebel der Wut konnte Jake trotzdem erkennen, dass ihr Arrangement auch seine Vorteile hatte. Emma Madden hatte die Nachricht von seiner vermeintlichen Verlobung ziemlich gut aufgenommen. Es hatte ihn umgehauen, die Kleine plötzlich vor der Tür stehen zu sehen. Und es kam nicht gerade häufig vor, dass ihn etwas kalt erwischte. Wenn jemand sie dort gesehen hätte – irgendjemand von der Presse –, wäre das eine Katastrophe gewesen. Jake wollte nicht grausam zu dem Mädchen sein, aber wie sonst sollte er sie endgültig loswerden? Jasmines Lösung schien zu funktionieren. Vorerst jedenfalls. Nur – wie lange würde er verlobt bleiben müssen?

Dann war da noch seine Familie, mit der er sich befassen musste. Wahrscheinlich konnte er seine Eltern und Miranda etwas vormachen, aber nicht seinem Zwillingsbruder. Julius kannte ihn viel zu gut. Er wusste genau, wie sehr Jake den Gedanken hasste, in einer Beziehung gefangen zu sein.

In dieser Hinsicht war Jake seinem Vater ähnlich: kein guter Ehemann. Richard und Elisabetta kämpften genauso leidenschaftlich gegeneinander, wie sie sich auch anschließend versöhnten. Krieg und Liebe wechselten sich bei ihnen ständig ab, was Jake als Kind extrem beunruhigend gefunden hatte, auch wenn er es sich nicht anmerken ließ.

In seiner Familie hatte er die Rolle des Hofnarren übernommen. Das war seine Art gewesen, mit den turbulenten Emotionen umzugehen, die ihn beschäftigt hatten. Nie hatte er gewusst, was ihn zu Hause für eine Szene erwartete.

Und dann war es irgendwann wirklich passiert – es war zum Schlimmsten gekommen. Die Scheidung war bitter und eine öffentliche Schlammschlacht gewesen, und das brutale Interesse der Medien konnte einem achtjährigen Kind schwer zusetzen. Er und Julius waren auf ein Internat geschickt worden. Während Julius die Routine, Struktur und Disziplin dort genoss, hatte Jake furchtbar darunter gelitten.

Aus Julius war ein brillanter Akademiker geworden, doch Jake hatte sich mühsam durchkämpfen müssen. Nicht weil es ihm an Intellekt mangelte, sondern weil er auf unreife und unbewusste Weise seine Eltern für deren Scheidung bestrafen wollte.

Später hatte er diese schwierige Anlaufphase recht zügig mit seinem florierenden Business-Analyse-Unternehmen wieder wettgemacht. Er war erfolgreich, wohlhabend und führte ein Leben, um das ihn die meisten Menschen beneideten. Die Schnelllebigkeit seiner Arbeitsprojekte passte perfekt zu seinem persönlichen Lebensstil. Er blieb nie lange an einem Ort, sondern kam, löste alle bestehenden Probleme und verschwand wieder. So liebte er es, und genauso führte er auch seine privaten Beziehungen.

An Jasmine gebunden zu sein, auch wenn es nur ein Spiel war, bedeutete für ihn pure Folter. Er hatte die letzten sieben Jahre damit verbracht, dieser Frau aus dem Weg zu gehen. Vor allem vermied er jeden körperlichen Kontakt mit ihr, und das aus gutem Grund. Er hatte sogar einige Familientreffen abgesagt, um sich nicht im selben Raum mit ihr aufhalten zu müssen.

Julius und Miranda hatten ihm lange Vorträge darüber gehalten, dass er seinen Konflikt mit Jasmine endlich klären müsse, aber warum sollte er sich entschuldigen? Schließlich hatte er nichts falsch gemacht, ganz im Gegenteil. Er hatte ein Problem gelöst, bevor es aus dem Ruder laufen konnte. Und darüber sollte Jasmine endlich mal hinwegkommen!

Als Teenager hatte sie sich plötzlich in einen Vamp verwandelt und ihn damit völlig verrückt gemacht. Sie war ihm wie ein Hündchen überallhin gefolgt, hatte versucht, Zeit mit ihm zu verbringen oder ihn wie zufällig zu berühren. Eine Weile hatte er mitgespielt und auch mit ihr geflirtet, aber am Ende hatte sie das wohl ein bisschen zu ernst genommen. Doch Jake meinte es mit niemandem ernst.

Auf der Silvesterfeier seiner Eltern – als sie sechzehn gewesen war und er sechsundzwanzig – hatte er beschlossen, Jasmine klar und deutlich zu vermitteln, dass sie sich ein anderes Opfer suchen musste. Er war ein Lebemann und kein treudoofer Romantiker, mit dem man den Rest seines Lebens verbringen konnte.

In jener Nacht hatte sie ein aufreizendes Kleid getragen, das viel zu sexy für sie gewesen war, und sich reichlich Make-up aufgelegt. Für Jake hatte sie wie ein Kind ausgesehen, das im Schrank ihrer Mutter herumgestöbert hatte. Trotzdem war er den ganzen Abend auf ihre Avancen eingegangen und hatte zugestimmt, sie kurz nach Mitternacht in seinem Zimmer zu treffen.

Doch anstatt wie erwartet allein zu ihr zu kommen, hatte er ein paar Mädchen mitgebracht. Jasmine hatte glauben sollen, er wolle eine Orgie feiern. Und der Trick funktionierte, immerhin ließ sie ihn seitdem in Ruhe. Wenn sie beide überhaupt ein Wort wechselten, dann handelte es sich um bissige Bemerkungen und Streitgespräche.

Bis jetzt.

Nun musste er dringend einen Weg finden, mit ihr Zeit zu verbringen, ohne das zu wollen … Na ja, was er eben gern mit ihr machen wollte, auch wenn er es nicht zugeben konnte. Aber er war schließlich auch nur ein Mann, und ein vollblütiger noch dazu! Jasmine war die Art Frau, die die männliche Fantasie anregte, ohne es darauf anzulegen.

Er würde es niemals zugeben, aber im Lauf der Jahre hatte er selbst auch schon ein paar Mal von ihr geträumt. Sie war unheimlich sinnlich und sexy, gleichzeitig besaß sie einen messerscharfen Sinn für Humor und war beeindruckend intelligent. Wie er hatte sie ihr Geschäft allein aufgebaut, obwohl er zwischendurch schon befürchtet hatte, sie könnte auf einen Burnout zusteuern. Nicht dass sie jemals seinen Rat einholen würde. Dafür war sie viel zu stolz. Sie würde lieber bankrott gehen, als zuzugeben, dass sie vielleicht einen Fehler gemacht hatte.

Jake fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. Das hier würde die längste Woche seines Lebens werden. Was erwartete Jasmine eigentlich von ihm? Wie weit wollte sie mit ihrer Lüge gehen? Sie würde sicherlich nicht mit ihm schlafen, vor allem weil sie unbedingt ihren Ex zurückerobern wollte. Fühlte sie sich überhaupt zu ihm hingezogen? Immerhin hatte sie die Angewohnheit, hin und wieder heimlich auf seinen Mund zu starren. Aber jeder wusste, wie sehr sie ihn hasste. Nur schloss ein bisschen Hass guten Sex keinesfalls aus!

Meine Güte. Er musste aufhören, gleichzeitig über Sex und Jasmine nachzudenken. Andererseits hatte er sie nie als Schwester betrachtet, obwohl sie in Ravensdene aufgewachsen war. Und mit den Jahren war sie von einem schlaksigen, unbeholfenen Teenager zu einer ungewöhnlichen und atemberaubenden Schönheit geworden.

Ihre Gesichtszüge würde man nicht unbedingt als klassisch schön bezeichnen, aber als extrem hübsch – auf eine ganz individuelle Weise. Und die in sämtlichen Schattierungen von eisblau bis sturmgrau changierenden Augen machten sie absolut unvergesslich. Sie hatte eine schlanke Figur und glänzendes, gewelltes honigbraunes Haar, das über ihren Rücken fiel. Ihre Haut war cremefarben und glatt und sah mit und ohne Make-up makellos aus.

Ihr Mund … Wie könnte er ihn beschreiben? Er war perfekt. Einfach perfekt. Er hatte noch nie schönere Lippen gesehen, wie von Meisterhand gezeichnet. Sie hatte eine Art, ihr Kinn leicht zu heben, was ihr einen hochmütigen Ausdruck verlieh. Wenn sie lächelte – was sie in seiner Nähe zugegebenermaßen selten tat –, erhellte sie damit den ganzen Raum.

Jakes Handy vibrierte auf dem Nachttisch. Er warf einen Blick auf das Display. Der Anrufer war Julius. Sein Zwillingsbruder versuchte es jetzt schon zum sechsten Mal. Seufzend nahm Jake das Gespräch an, um es hinter sich zu bringen.

„Soll das ein Witz sein?“, fragte Julius ohne Einleitung.

„Nein, nur …“

„Jaz und du?“, unterbrach sein Bruder ihn. „Komm schon, Mann! Du hasst diese Frau doch und kannst es nicht mal ertragen, mit ihr im selben Raum zu sein. Was ist passiert?“

„Es war höchste Zeit, das Kriegsbeil zu begraben“, begann Jake zögernd.

„Hältst du mich eigentlich für total behämmert? Ich weiß, das Hochzeitsfieber hat nach Holly und mir jetzt auch Miranda und Leandro gepackt … Aber ausgerechnet du und Jaz? Das glaube ich keine Sekunde! Hält sie dir eine AK-47 an den Kopf, oder was?“

Jake stieß einen langen Seufzer aus. Er konnte jeden belügen, aber nicht seinen eineiigen Zwilling. Zwischen ihnen bestand eine besondere Verbindung, sie wussten immer, was der andere empfand. Als Julius mit fünfzehn sein Blinddarm entfernt worden war, hatte Jake sich gefühlt, als würde ihm jemand die Eingeweide herausreißen.

„Ich habe ein kleines Problem mit einem anderen Mädchen“, gestand er. „Einem Teenager.“

„Ich bin nicht sicher, ob ich das hören möchte.“

„Es ist nicht, was du denkst“, beruhigte Jake ihn schnell und erklärte die Situation mit wenigen Worten.

„Und wie hat diese Emma auf die Neuigkeit reagiert?“, wollte Julius wissen.

„Überraschend gut, muss ich sagen.“

„Was ist mit Jaz’ Verlobten?“

„Keine Ahnung. Entweder ist er erleichtert, sie los zu sein, oder er kommt vorbei, um mir das Fell über die Ohren zu ziehen.“

Es folgte eine kurze Pause.

„Du wirst doch nicht mit ihr ins Bett gehen?“, fragte Julius dann streng.

„Lieber Himmel, nein! Ich würde sie nicht mit der Kneifzange anfassen!“

„Gut zu wissen“, erwiderte Julius trocken. „Was ist eigentlich damals auf der Silvesterparty passiert, als sie in dein Zimmer kam? Du hast nur erzählt, du hättest sie nicht angefasst.“

„Gar nichts habe ich getan, außer sie wegzuschicken“, bestätigte Jake. „Du weißt doch selbst, wie sie mir immer hinterhergelaufen ist. Da wollte ich sie abschrecken, indem ich ihr einen Vierer mit zwei anderen Frauen vorgeschlagen habe.“

„Das ist ja mal eine ganz neue Methode.“

„Hat aber funktioniert.“

„Vielleicht. Nur finde ich ihre wütende Reaktion darauf ziemlich übertrieben. Bist du sicher, dass da in jener Nacht nicht noch mehr vorgefallen ist?“

„Was zum Beispiel?“, hakte Jake nach.

„Sie hatte etwas getrunken und war emotional aufgewühlt, nachdem sie dein Zimmer verlassen hat. Keine gute Kombination für einen Teenager …“

Als Jake wenige Minuten später auflegte, grübelte er weiter über das nach, was Julius angedeutet hatte. War Jasmine irgendetwas Unangenehmes zugestoßen, nachdem er sie abserviert hatte? War das der Grund, warum sie die junge Emma sofort in Schutz genommen und dafür gesorgt hatte, dass sie sicher wieder nach Hause kam?

Der Rest dieser ominösen Silvesternacht von damals war in Jakes Erinnerung ein bisschen verschwommen. Die meisten Partys seiner Eltern waren auf diese Weise abgelaufen: viel Alkohol, laute Musik und jede Menge Leute, die kamen und gingen. Er hatte sich damals keine Gedanken darüber gemacht, wohin Jasmine verschwunden war, nachdem sie sein Zimmer verlassen hatte. Mit sechsundzwanzig schien das, was er getan hatte, die perfekte Lösung gewesen zu sein. Die einzige Lösung.

Jetzt, zehn Jahre später, war er sich da nicht mehr so sicher.

Jaz machte sich gerade einen Schlummertrunk in der Küche, als Jake hereinschlenderte.

„Fällt es dir schwer, ohne ein Playgirl-Bunny im Arm einzuschlafen?“

„Was ist passiert, nachdem du in jener Nacht damals mein Zimmer verlassen hast?“, fragte er ohne Umschweife.

Jaz senkte den Blick, um seinen durchdringenden blauen Augen auszuweichen. Langsam rührte sie ihre heiße Schokolade um und starrte in den Strudel, der dabei entstand. Genauso ein Strudel wirbelte gerade ihren Magen durcheinander.

Sie dachte ungern an diese Nacht zurück. Diese Nacht war jemand anderem passiert. Einem törichten, naiven Mädchen, das zu viel getrunken hatte und emotional zu labil gewesen war, um zu wissen, was sie tat oder worauf sie sich einließ.

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