Zähmung eines Millionärs

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Millionär Nico Donato liegen die Frauen zu Füßen, und über die Auszeichnung "Hottest Bachelor" wundert er sich überhaupt nicht. Nur die unterkühlte Journalistin Lauren Hughes scheint gegen seinen Charme immun zu sein. Irgendwie beeindruckt sie ihn. Fasziniert ihn. Hat Nico im Leben nicht doch etwas gefehlt? Je besser er sie kennenlernt, desto endgültiger verfällt er Lauren und ihrer verborgenen Leidenschaft. Dumm nur, dass er längst alle Fäden gezogen hat, damit sie ihren Job verliert …


  • Erscheinungstag 01.08.2019
  • Bandnummer 23
  • ISBN / Artikelnummer 9783745750942
  • Seitenanzahl 180
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Lauren

„Und ich will, dass Sie diese Story übernehmen, Lauren.“

„Entschuldigung, tut mir leid, wie bitte?“ Ich sah von meinem Notebook zu meiner Chefredakteurin auf. Bei ihrem Blick unterdrückte ich das genervte Stöhnen, das in mir aufstieg. Ehrlich gesagt hatte ich während des üblichen Morgenmeetings kaum zugehört, denn das Wenige, das ich gehört hatte, hatte nicht gerade aufregend geklungen.

Hottest Bachelor In Town. Ich will, dass Sie das schreiben.“ Patrice tippte mit ihrem manikürten Fingernagel auf die spiegelglatte Tischplatte. „Bitte passen Sie auf.“

Ich sprach es nicht aus, aber meine Miene zeigte deutlich, was ich davon hielt. Patrice Winneham, Chefredakteurin des Luxe-Magazins, konnte es nicht ausstehen, wenn man ihr widersprach. „Gibt es ein Problem?“, fragte sie in eisigem Tonfall nach.

Das Letzte, was ich schreiben wollte, war irgendein frivoler Artikel über New Yorks angesagteste und – noch wichtiger – reichste Junggesellen, aber ich war auf meinen Job angewiesen. „Kein Problem“, log ich widerwillig. Allmählich sollte ich mich daran gewöhnt haben, aber in mir zog sich immer noch alles zusammen, wenn ich so tun musste, als würde mir etwas an diesen Storys liegen, die absolut nichts mit dem wahren Leben zu tun hatten.

Als ob die Welt noch mehr von diesem kompletten Unsinn bräuchte! Je länger ich für Luxe arbeitete, desto mehr kam ich zu der Überzeugung, dass ich wegen solcher dämlicher Aufträge wie diesem am Ende noch die letzte meiner feministischen Überzeugungen verraten würde.

Wer hätte gedacht, dass ich meine Seele verkaufen muss, um die Miete für das heruntergekommene Apartment in Brooklyn bezahlen zu können!

Aus dem Augenwinkel sah ich, dass das neueste und jüngste Mitglied unseres Teams vor Aufregung kaum noch stillsitzen konnte, so gern hätte sie diesen Auftrag bekommen. Ich warf der Kleinen eine Rettungsleine zu.

„Aber eigentlich scheint mir, dass Daphne töten würde, um so eine Story zu bekommen“, schlug ich vor und warf der jungen Rothaarigen am anderen Ende des Besprechungstisches einen freundlichen Blick zu.

Daphne nickte so eifrig, dass ihr fast der Kopf abfiel. Die Story war jetzt für sie greifbar nah, und sie kriegte sich kaum noch ein. Ich musste lächeln. „Sie hat diese frische, junge Sprache, die meiner Meinung nach viel besser zu diesem Artikel passt als meine.“

Außerdem finde ich die Aussicht, einen privilegierten Drecksack zu interviewen, so ansprechend, dass ich mir lieber einen Kuli ins Auge rammen würde.

Doch das konnte ich natürlich nicht laut aussprechen. Damit würde ich meinen Job riskieren, dank dem ich immerhin meine Rechnungen bezahlen konnte, wenn auch nur gerade eben so.

„Ja, und außerdem ist sie leichtgläubig“, erwiderte Patrice unbeeindruckt und lächelte sehr kurz. „Wahrscheinlich würde sie sich in den Mann verlieben, noch ehe das Interview zu Ende ist. Das sind Probleme, die ich mir nicht aufhalsen will. Nein, Sie werden das Interview übernehmen. Die Sache ist entschieden.“ Mit einem warnenden Blick fügte Patrice hinzu: „Und ziehen Sie sich was Nettes an. Sie repräsentieren Luxe.“

Diesen wenig subtilen Seitenhieb ignorierte ich einfach. Den Modegöttern hatte ich noch nie gehuldigt. Ich brachte keine Opfer für die Haute Couture. Ich zog immer an, was mir gefiel. „Hauptsache bequem“ lautete mein Mantra, und ich kannte kein Mitleid mit Frauen, die den ganzen Tag auf High Heels herumliefen und abends versuchten, die höllischen Schmerzen in ihren Füßen wegzumassieren.

Nein, ich lief lieber glücklich wie ein Fisch im Wasser in bequemen flachen Schuhen an diesen Frauen vorbei und schnappte ihnen das Taxi vor der Nase weg, weil ich schneller rennen konnte.

Armes Mädchen, dachte ich bei Daphnes niedergeschlagener Miene. Wahrscheinlich hatte sie sich die Arbeit für ein Hochglanzmagazin wie Luxe in den schillerndsten Farben ausgemalt, und jetzt traf die Realität sie wie ein eiskalter Guss.

Ich wusste noch genau, wie ich damals als idealistischer Neuling hier angefangen hatte. Und jetzt war ich ein abgestumpftes Mitglied der Redaktion, das sich mit Sarkasmus über Wasser hielt und nur noch ab und zu über den alltäglichen Mist ins Staunen kam.

Patrice wirkte zufrieden damit, dass ihr Wort hier Gesetz war. Selbstgefällig lächelnd fuhr sie fort: „Wir haben es geschafft, einen Junggesellen an Land zu ziehen, der so sexy ist wie sonst keiner. Obendrein stammt er aus einer der vornehmsten, traditionsreichsten und vermögendsten Familien. So was findet man heute kaum noch. Ein echter italienischer Hengst, könnte man sagen. Bei diesem Hottie auf dem Cover werden den Leserinnen die Augen aus dem Kopf fallen. Für so eine Ausgabe brauche ich Leute mit Erfahrung.“

Entnervt zwang ich mich, gute Miene zum langweiligen Spiel zu machen, und setzte ein Lächeln auf. „Und wie heißt dieser sexy Single, der die Vaginas zum Glühen bringt?“

„Geduld, es ist …“ Patrice legte eine dramatische Pause ein, bevor sie mit dem Namen herausrückte. „Nico Donato von Donato Inc. Seine Familie stammt aus Italien. Sie haben ganz bescheiden, aber erfolgreich mit einem Weingut in der Toskana angefangen. Ist das nicht ein Traum? Kann man sich irgendetwas Romantischeres vorstellen als diese italienische Landschaft?“

Woher soll ich das wissen, wollte ich erwidern. Der letzte romantische Moment in meinem Leben lag schon lange zurück. Wie viele Jahre war es jetzt her, dass mein Ex mich im fünften Monat hatte sitzenlassen? Sechs.

Folglich konnte ich mit Sicherheit sagen, dass das Romantischste in meinem Leben seither die kurzen Momente waren, in denen ich mich mit meinem Zauberstab im Schrank versteckte.

Wäre es zu viel Information, wenn ich zugab, dass mir mittlerweile schon drei von diesen widerspenstigen Vibratoren durchgebrannt waren? Unwillkürlich rieb ich mir die Narbe an der Hand, wo mir der letzte Vibrator in Flammen aufgegangen war.

Romantik? Ich wüsste nicht mal, ob ich sie erkennen würde, wenn ich auf offener Straße darüber stolperte. Das machte jedoch nichts, denn Männer waren eine Komplikation, für die in meinem Leben kein Platz war. Ich war absolut zufrieden, wie es gerade lief. Ich brauchte keinen Wein und keine Rosen von irgendeinem Mann, um mich vollwertig zu fühlen.

Vermisste ich es manchmal, mich in einer kalten Nacht an einen warmen Körper zu schmiegen? Ja, aber dafür könnte ich mir auch einen Hund oder eine Katze anschaffen. Der Effekt wäre derselbe. In letzter Zeit hatte ich ernsthaft darüber nachgedacht.

„Wow! Ich habe Fotos von Nico Donato gesehen. Der ist definitiv ein Hottie“, schwärmte Daphne, und aus ihren Blicken sprach der blanke Neid. „Ich kann mir keine Frau vorstellen, die ihn zurückweisen würde, wenn er sie fragt.“

Ich gab mir Mühe, nicht die Augen zu verdrehen. Und mit meiner oscarreifen Vorstellung machte ich weiter, indem ich wie eine gute Angestellte nickte und Patrice zustimmte, weil ich meinen Job brauchte. „Klingt wirklich fantastisch.“ Innerlich kämpfte ich gegen den Würgereiz.

Bei Daphnes Seufzen konnte ich förmlich sehen, wie kleine Herzchen und Regenbogen um ihren Kopf herumschwebten. Lieber Himmel! Wahrscheinlich hatte Patrice sogar recht. Jemanden wie Daphne loszuschicken, um den italienischen Hengst zu interviewen, das wäre, als würde man ein Lamm zum Schlachter schicken. Daphne lebte wahrscheinlich immer noch in der Phase ihres Lebens, in der der BH farblich zum Slip passt.

Ich dagegen trug im Moment eine Unterhose mit einem Loch, und mein BH war drei Jahre alt.

Bei mir würde jeder Verführungsversuch in schallendem Gelächter enden. Im Gelächter des Mannes und in meinem eigenen.

Das sollte nicht heißen, dass ich hässlich war. Und wahrscheinlich besaß ich sogar noch einen BH und einen Slip, die zueinander passten. Aber sexy Slips waren unbequem. Und in meinem Leben ging Bequemlichkeit vor.

#singlemom

#allesgeldfürskind

#meinvibratorstelltkeinepeinlichenfragen

Patrice redete schon wieder. „Ich weiß gar nicht, wie dieser Mann es geschafft hat, noch Single zu sein. Aber wenn diese Ausgabe erst erschienen ist … Gut möglich, dass wir noch eine Fortsetzung mit der Verlobung bringen, denn irgendjemand wird ihn sich schnappen, das garantiere ich euch.“

„Vielleicht ist er ja ein Arschloch?“, warf ich ein, und alle am Tisch lachten nervös auf, abgesehen von Patrice, die nur die Stirn runzelte.

Ich zuckte mit den Schultern. Im Grunde hatte ich nur ausgesprochen, was alle anderen auch dachten, aber nicht zu sagen wagten. „Das liegt doch auf der Hand, oder nicht? Gut aussehend und reich, aber vielleicht hat er einen miesen Charakter. Kein Geld der Welt kann einen miesen Charakter aufwiegen.“

„Ich bin sicher, dass er ein liebenswerter Mensch ist“, stellte Patrice entschieden klar. „Und es ist Ihr Job, dafür zu sorgen, dass das deutlich wird.“

„Aber was, wenn – nur damit wir uns einig sind – er kein liebenswerter Mensch ist?“

Patrice tippte mit ihrem Montblanc-Füller auf die polierte Tischplatte. Ihre blauen Augen wirkten noch eisiger als sonst. „Ich bin sicher, er ist liebenswert“, antwortete sie schließlich. „Und Sie werden gute Arbeit leisten. Ich freue mich schon darauf, Ihren Entwurf zu lesen.“

Das Lachen der Runde im Konferenzraum klang noch nervöser.

Wieso musste ich mich unbedingt mit der Löwin im Designerkostüm anlegen? Keine Ahnung. Vielleicht lag es daran, dass ich meine Tage bekam. Oder ich war es einfach leid, ständig diese dämlichen, oberflächlichen Artikel zu schreiben, die lediglich das Vorurteil bestärkten, dass Frauen nur an heißen Kerlen mit großen Schwänzen interessiert waren.

Vielleicht waren es doch meine Tage.

Ganz ehrlich, gut möglich, dass es beides war.

Wenn ich etwas Ernstes beitragen wollte, dann hieß es: Jetzt oder nie. Ich legte eine Hand auf mein Knie, das unter dem Tisch unablässig wippte. Dann brachte ich meine eigene Idee für einen Artikel vor.

„Ich habe mir überlegt, dass wir doch einen Artikel über Richterin Elena Kagan am Obersten Gerichtshof bringen könnten, um zu zeigen, wie sehr Frauen immer noch kämpfen müssen, um Stellen zu bekommen, die traditionell eher mit Männern besetzt werden.“

Das Schweigen war lähmend. Die abschätzigen Blicke taten mir fast körperlich weh.

Abfällig stieß Patrice die Luft aus. „Wir sind hier bei Luxe und nicht beim Juristischen Rundbrief. Niemand interessiert sich für eine schrullige alte Frau in einer schwarzen Robe, es sei denn, sie trägt bei den Verhandlungen darunter Donna Karan.“

Tadelnd schnalzte Daphne mit der Zunge, und ich hätte die Kleine am liebsten geschüttelt, bis ihr Verstand einsetzt, aber letztlich hatte Patrice recht. Luxe würde in absehbarer Zukunft nichts über Fortschritte bei den Frauenrechten veröffentlichen. Bei Luxe ging es nur um Designerschuhe und um das ewige ungesunde und unerreichbare Schönheitsideal. Die Frauen würden ewig weitermachen, sich gegenseitig anzuzicken und miteinander zu streiten.

Verdammt, vielleicht fing ich tatsächlich an, Luxe zu hassen. Oder ich verwandelte mich in ein verbittertes Miststück, weil ich schon seit Ewigkeiten nicht mehr flachgelegt worden war. Da sich daran auch in absehbarer Zukunft nichts ändern würde, musste ich meinen Stolz hinunterschlucken, lächeln und mich damit einverstanden erklären, Mr. Großschwanz zu interviewen, weil ich sonst meine Miete nicht mehr zahlen konnte.

„Ich werde alles vorbereiten“, sagte ich und notierte mir: Letzten Rest an Würde aufgeben und die männliche Schlampe interviewen. „Ist schon ein Fotograf bestellt?“

„Alles erledigt. Jacques wird die Aufnahmen machen. Ich hatte mir überlegt … die Hamptons … Strand und Meer … makelloses weißes Hemd und blauer Anzug …“

„Das werden bestimmt tolle Fotos“, stimmte ich zu, obwohl ich innerlich die Augen verdrehte. Waren solche Fotos nicht schon eine Million Mal gemacht worden? „Heißer Typ am Strand, das finden alle sexy“, sprach ich aus, was Patrice bestimmt hören wollte.

„Genau so ist es.“ Sie nickte zustimmend, als sei sie erleichtert, mich endlich zur Vernunft gebracht zu haben. „Und für Themen mit Strandfotos lassen sich so einfach Anzeigen verkaufen. Also: Alle haben ihre Aufträge. Auf jetzt, los doch, begeistert mich.“

Als ich den Konferenzraum verließ, schob Daphne sich neben mich. „Hast du schon Fotos von Nico gesehen? Er ist der Wahnsinn. Blaue Augen, zum Sterben schön, und ein Körper … wie geschaffen für die Sünde. Er ist so süß. Und echt charmant.“

„Woher willst du wissen, dass er süß ist?“, erwiderte ich ebenso spöttisch wie neugierig. „Bist du ihm schon begegnet?“

„O nein“, gab Daphne zu, fügte jedoch schnell hinzu: „Es reicht schon, wenn man sein Gesicht sieht. Er scheint so süß zu sein. Das erkennt man an den Augen. Seine Augen erzählen eine ganz eigene Geschichte.“

„Die erzählen ganz sicher eine Geschichte“, stimmte ich zu und hätte mir am liebsten den Finger in den Hals gesteckt. Vielleicht sollte ich die rosa Blase, in der Daphne lebte, zum Platzen bringen, indem ich ihr von meinem süßen Ex erzählte. Von dem Typ, der mich und meinen Sohn im Stich gelassen hatte, als ihm klarwurde, dass man beim Vaterwerden einen neuen Job annimmt, der rund um die Uhr läuft und nicht mehr viel Raum für Freizeit lässt.

Ich verdrängte diesen Wunsch, denn es wäre nur Energieverschwendung gewesen. Wahrscheinlich würde Daphne ohnehin kaum etwas mitbekommen und mich am Ende für eine gehässige Zicke halten, besonders wenn sie erfuhr, wer mein Ex war.

Stattdessen sagte ich nur: „Für mich klingt das alles nur nach Problemen. Aber ich würde mich freuen, wenn ich mich irre. Nicht sehr wahrscheinlich, aber das wäre eine nette Überraschung.“

„Du willst diesen Auftrag wirklich nicht?“ Daphne war fassungslos, dass ich so abfällig reagierte, wenn ich die Möglichkeit bekam, irgendeinen reichen Kerl anzuhimmeln. „Schließlich ist Nico Donato megareich. Abartig reich. Wie die Typen mit Toiletten aus Gold, die sich den Arsch mit Hundertdollarscheinen abwischen. So reich wie die Araber.“

Ich verzog das Gesicht. „So reich, ja? Klingt ja toll.“ Wieso sollte irgendjemand überhaupt so reich sein wollen? Klang für mich nach einer Menge Ärger. Mir wäre es lieber, mir keine Sorgen mehr machen zu müssen, als abartig reich zu sein. Doch anscheinend war ich mit dieser Ansicht in der Minderheit, zumindest im Moment. „Ich persönlich ziehe ja Toilettenpapier vor, aber es muss das richtig gute sein, nicht dieses faserige, das zerreißt, sobald man es benutzt.“

„Willst du jetzt ernsthaft mit mir über Toilettenpapier diskutieren?“ Daphne stellte sich vor mich, als ich gerade in den Pausenraum gehen wollte, um dort meinen Joghurt zu essen. „Nimm mich mit“, flehte sie mich an. „Bitte! Er ist der Mann meiner Träume. Ich würde einen Mord begehen, um ihn zu treffen. Was, wenn er mein Seelenpartner ist?“

„Das ist exakt der Grund, wieso ich dich nicht mitkommen lasse.“ Ich ging an Daphne vorbei. „Vertrau mir, damit tue ich dir einen Gefallen. Männer wie Donato sind selbstverliebt und lassen gebrochene Herzen zurück, wo immer sie auch langgehen. Ich wette, wenn ich ein bisschen nachforsche, treibe ich Unmengen an Frauen auf, die von diesem reichen Widerling benutzt und weggeworfen worden sind. Nur weil er ein hübsches Gesicht hat …“

„Vergiss seinen Körper nicht“, wandte Daphne entschieden ein.

Entnervt atmete ich aus, bevor ich fortfuhr: „… ja, und einen ansehnlichen Körper, bedeutet das nicht, dass er nicht der Teufel sein kann.“ Ich holte meinen Joghurt aus dem Kühlschrank und wandte mich wieder Daphne zu. „Du bist noch jung. Wenn du ein bisschen mehr Erfahrung hast, wirst du erkennen, dass die abartig reichen Kerle normalerweise die sind, von denen man sich fernhalten muss.“

„Du bist nicht viel älter als ich“, stellte Daphne stirnrunzelnd klar. „Warum benimmst du dich dann wie eine alte Lady?“

Sind wir wirklich fast gleich alt? Unmöglich. An den meisten Tagen fühlte ich mich wie hundert.

„Weil ich nicht glaube, dass ich jemals so jung war wie du.“ Ich steckte mir den Löffel in den Mund. „Aber wenn du es unbedingt wissen willst: Ich habe mir schon mal die Finger an einem verbrannt, der sehr süß war und gut mit Worten umgehen konnte. Aus Erfahrung lernt man, richtig?“

„Also, weil dir einmal jemand das Herz gebrochen hat, willst du es kein zweites Mal riskieren?“

Verdammt! Wann war aus dieser Unterhaltung eine therapeutische Sitzung geworden? „So sehr ich dieses kleine Geplauder auch genieße, ich habe noch viel Arbeit zu erledigen …“

Daphne schmollte, aber sie lief mir zum Glück nicht mehr bis zum Schreibtisch nach, und ich konnte meinen Joghurt ungestört essen, während ich mich im Netz ein bisschen über diesen Kerl schlaumachte.

Als erfahrene Google-Kämpferin brauchte ich nicht lange, und nach ein paar Klicks hatte ich Fotos und Hintergrundinformationen über den jüngsten Donato-Spross.

Okay, er sah tatsächlich gut aus, das musste man ihm lassen.

Ja, diese blauen Augen ließen tatsächlich Frauen dahinschmelzen, und sein Körper sah aus, als sei er meisterlich aus Stein gemeißelt.

Und Nico war tatsächlich abartig reich, wie Daphne es ausgedrückt hatte.

Allerdings konnte ich keinerlei Informationen über irgendetwas Nützliches oder gesellschaftlich Wertvolles finden, womit er sich je beschäftigt hätte.

Keine wohltätigen Vereine, kein Engagement für den Frieden, keine einzige gute Tat.

Allerdings fand ich ein paar Paparazzi-Schnappschüsse, wie Nico während der Collegezeit im Urlaub am Lake Havasu Schnaps aus dem Nabel einer heißen Mitstudentin schlürfte.

Richtig. Ich fühlte mich bestätigt. Ein absoluter Nichtsnutz. Wie konnte das Leben nur so unfair sein? Wie konnten Leute wie Nico immer weiter vorankommen, während ehrlich arbeitende Menschen wie ich ständig um jeden Dollar zu kämpfen hatten?

Nachdem ich mir einen Moment Selbstmitleid gestattet hatte, druckte ich seufzend die relevanten Informationen aus, die ich für meinen oberflächlichen Artikel brauchte.

„Ich liebe meinen Job“, sagte ich leise zu mir selbst. „Ich liebe meinen Job.“ Um mich noch stärker zu motivieren, betrachtete ich das Foto meines Sohnes, das auf dem Schreibtisch stand. Gradys Zahnlückenlächeln reichte mir als Motivation, um den Mund zu halten, mich auf die Arbeit zu konzentrieren und meinen Job zu erledigen.

Houston Beaumont war ein wertloses Stück Scheiße, doch unser Sohn war die Sonne meines Lebens. Keine Sekunde hatte ich es je bereut, die Papiere zur Adoption nicht ausgefüllt zu haben.

Grady war nicht geplant gewesen. Verdammt, ich hatte ja nicht mal meine Beziehung mit Houston geplant, falls man es überhaupt eine Beziehung nennen konnte. Aber für den süßen kleinen strohblonden Kerl, der mich Mama nannte, würde ich alles tun.

Jeden Tag war ich meinem Schicksal dafür dankbar, dass Houston nicht versucht hatte, das Sorgerecht zu beantragen. Er war mehr als glücklich gewesen, mich und seinen Sohn zu vergessen.

Es machte mir nichts aus, eine Single Mom zu sein, wenn das bedeutete, dass Grady nicht ständig zwischen zwei Welten pendeln musste. Meiner und der seines Vaters.

Ich atmete tief durch, nickte bekräftigend und wappnete mich für das, was kommen würde, damit ich meinen Stolz hinunterschlucken konnte, ohne daran zu ersticken.

Ich schaffe das. Ein Kinderspiel.

Eins stand jedenfalls fest: Auf keinen Fall würde dieser Donato es schaffen, mich mit seinem Charme einzuwickeln. Das würde er erkennen, sobald er dumm genug war, es bei mir zu versuchen.

2. KAPITEL

Nico

„Freut mich, Sie kennenzulernen, Mr. Donato. Lauren Hughes vom Luxe-Magazin.“

Die große Brünette streckte mir energisch die Hand hin. Sie wirkte stark, sachlich und pflichtbewusst. Die intelligenten braunen Augen waren das einzig Bemerkenswerte an ihr, nach dem ersten Blick zu urteilen.

Der Handschlag dauerte ganze zwei Sekunden, nicht länger, und dann setzte sie sich aufrecht ans äußerste Ende des Sofas in meinem Wohnzimmer. In einer Hand hielt sie den Recorder, und ihre Miene war so ausdruckslos, als sei sie bereit, geistig abzuschalten, sobald ich zu reden anfing.

„Freut mich auch, Miss Hughes.“ Ich ließ meinen Blick über ihr unförmiges Kleid schweifen, das sämtliche Kurven verhüllte. Schlichte, flache Schuhe vervollständigten ihr erbärmliches Outfit. Wahrscheinlich zog sich meine Putzfrau besser an als diese Frau. „Hoffentlich gab es nicht zu viel Verkehr. Sind Sie gut durchgekommen?“

„Die ständigen Staus gehören zu den Dingen, an die man sich gewöhnt, wenn man in New York lebt.“ Sie lächelte kurz.

Ihr Blick verriet mir, dass sie keine Lust auf Small Talk hatte. Das passte mir gut, denn ich konnte das genauso wenig ausstehen. Allerdings war ich mir noch nicht sicher, was ich von dieser kühlen, nüchternen Reporterin halten sollte.

Die Frau war jedenfalls nicht das, womit ich gerechnet hätte. Ich war seltsam enttäuscht. Keine heiße Kleine im hautengen Kleid mit der Brille auf der Nase und einer kunstvoll zerzausten Hochsteckfrisur? So eine sitzt jedenfalls nicht dort auf meinem Sofa, das steht fest.

„Haben Sie schon immer in New York gelebt?“, fragte sie und sah mich direkt an. Ich konnte keinerlei Make-up in ihrem Gesicht entdecken. Nicht mal Mascara, um die Augen zu betonen. Wie schade. Mit ein bisschen Schminke könnten diese dunklen Augen richtig hübsch sein. „Meine Kollegin hat mir gesagt, dass Ihre Familie ursprünglich aus Italien stammt.“

„Ja, so geht die Mär“, antwortete ich und versuchte es mit ein bisschen trockenem Humor. Als die Frau nicht mal mit einem höflichen Lachen reagierte, räusperte ich mich und fuhr fort: „Aus der Toskana, aber wir leben jetzt schon in zweiter Generation in New York. Mittlerweile sind unsere italienischen Wurzeln ziemlich verwässert. Alles, was ich von meinen italienischen Vorfahren geerbt habe, ist die Schwäche für schöne Frauen, guten Wein und Pasta.“

„Aha.“

„Sie haben eine schöne Hautfarbe. Sind Sie eine Latina?“ War sie Latina? Oder hatte sie amerikanische Ureinwohner unter den Vorfahren? War sie womöglich sogar Kreolin?

„Ein bunter Mix aus verschiedenen Nationalitäten.“ Sie richtete sich noch etwas steifer auf. „Als die Hautfarben verteilt wurden, hatte ich einfach Glück, schätze ich. Also, verraten Sie mir doch mal, wie es sich anfühlt, zu New Yorks begehrenswertesten Junggesellen zu gehören.“

„Tja, Sie kennen ja das Sprichwort: Es gibt nur eins, was schlimmer ist als das Gerede der Leute, nämlich, wenn sie gar nicht mehr über dich reden.“ Ich zwinkerte ihr zu. „Aber ich bin gespannt, was da aus dem Unterholz krabbelt, wenn die Ausgabe Ihres Magazins erscheint. Das könnte interessant werden, bei so was sag ich nie Nein.“

„Wenn Sie gar nicht darauf aus sind, die große Liebe zu finden, hätten Sie das Interview ablehnen können.“ Wieder setzte sie kurz dieses Lächeln auf, von dem ich allmählich vermutete, dass es herablassend gemeint war. „Ich bin sicher, wir hätten jemanden finden können, der sich stärker auf die Zielrichtung dieser Ausgabe einlässt.“

„Wer hat denn behauptet, ich würde nicht nach der Liebe suchen?“

„Also, meiner Ansicht nach klang das bei Ihrer Bemerkung eben deutlich durch. Die Frauen, die Interesse äußern, als Dinge zu bezeichnen, die aus dem Unterholz krabbeln, das empfinde ich als beleidigend. Sie nicht?“

Aus meinem Tonfall klang Gereiztheit durch, als ich zugab: „Das war vielleicht eine unglückliche Wortwahl. Vielleicht ist mir diese Aufmerksamkeit peinlicher, als ich zugeben mag. Ehrlich gesagt habe ich mich nie als interessant genug empfunden, dass man mich zur Titelstory einer Zeitschrift macht. Außerdem weiß ich gar nicht, nach welchen Kriterien ich ausgewählt worden bin.“

Mit falscher Bescheidenheit konnte man immer leicht ein paar Pluspunkte sammeln, aber leider durchschaute Lauren meinen Plan, und das brachte mich aus dem Konzept.

Verdammt, einfach alles an dieser Frau brachte mich aus dem Konzept!

Ich hatte gedacht, Luxe würde mir eine ihrer Vorzeigereporterinnen für das Interview schicken. Vielleicht eine schlanke Praktikantin mit hübschen Titten und einem Po wie von einer Turnerin. Oder eine etwas stilvollere Kollegin mit endlos langen Beinen und langem blondem Haar, das man perfekt packen kann, um den heißen, sinnlichen Mund zum prallen Schwanz zu führen.

Ich unterdrückte meine Enttäuschung. Keine fügsame Praktikantin und keine erfahrene Blondine. Nein, Luxe hatte mir sie geschickt.

Eine nüchterne Spaßbremse.

War das da ein Kaffeefleck auf ihrem Kleid?

Und der strenge Dutt auf ihrem Kopf war so straff geschnürt, dass ihr Gesicht aussah wie nach einem Facelifting für Arme.

„Und Sie arbeiten also für Luxe?“ Bei der Frage ließ ich mich ins Sofa sinken und betrachtete sie neugierig. Vielleicht war sie ja Freiberuflerin …

„Seit mittlerweile drei Jahren“, antwortete Lauren mit kühlem Lächeln. „Ich kann mir denken, wie beschäftigt Sie sind, deshalb danke ich Ihnen, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Meine Chefredakteurin Patrice war begeistert, einen der heißesten Junggesellen der Stadt für diese Ausgabe gewinnen zu können.“

Komisch, wie sie etwas sagen und mit ihrem Tonfall gleichzeitig etwas völlig anderes ausdrücken konnte. War ihr denn gar nicht klar, was für ein Fang ich war? Unzählige Frauen wären außer sich vor Freude, wenn sie hier mit mir auf dem Sofa sitzen könnten. Oder unter mir liegen. Ehrlich gesagt rangierte diese Frau hier auf der Skala für heiße Frauen, die von Null bis Zehn ging, gerade mal bei einer Vier. Im Grunde sollte sie begeistert sein, mich zu interviewen.

Aber sie wirkte in keiner Weise begeistert. Sie schien sich nicht mal zu freuen, hier zu sein. War das ein Anflug von Langeweile im Blick ihrer schokobraunen Augen?

Mein männlicher Stolz verlangte eine andere Reaktion. Ich konnte nicht zulassen, dass eine Vier über mich die Nase rümpfte. Vielleicht musste ich nur dafür sorgen, dass sie ein bisschen lockerer wurde.

„Erzählen Sie mir was über sich“, schlug ich charmant lächelnd vor. Bei diesem Lächeln wurden sogar die zurückhaltendsten Frauen weich. „Gefällt Ihnen Ihre Arbeit bei Luxe?“

„Ich bin nicht hier, um interviewt zu werden.“ Wie eine strenge Lehrerin winkte sie mit dem erhobenen Finger. „Wir sind hier, um über Sie zu reden.“

„Es ist mir wichtig, die Menschen zu kennen, die mich interviewen“, erwiderte ich und schlug den Ball damit zurück in ihr Feld.

Sie ließ ihn achtlos aufprallen, indem sie schwieg und weiterhin ihr professionelles, aufgesetztes Lächeln zeigte.

„Gar nichts?“, fragte ich. „Hmm … Sind wir uns schon mal begegnet?“ Mir kam der Gedanke, ob ich irgendwann mal mit ihr geschlafen hatte, ohne mich anschließend bei ihr zu melden. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, absichtlich mit einer Vier geschlafen zu haben, aber wenn genug Wodka im Spiel gewesen war … Dann war alles möglich.

„Eher unwahrscheinlich.“ Lauren wirkte von meiner Frage verblüfft, und das erleichterte mich ein bisschen, bis sie hinzufügte: „Ich bezweifle, dass wir uns in denselben Kreisen bewegen.“ Der leise, abfällige Unterton ließ mich die Stirn runzeln.

„Mir kam nur der Gedanke, dass wir uns vielleicht schon mal getroffen haben und dass ich bei Ihnen einen schlechten Eindruck hinterlassen habe.“

„Ganz und gar nicht“, versicherte sie mir, weiterhin unbeeindruckt. Sie wirkte absolut desinteressiert an allem, was aus meinem Mund kam. Als würde sie hier eine Strafe absitzen für irgendein Verbrechen, das sie begangen hatte. Roch ich vielleicht schlecht? Unbehaglich richtete ich mich etwas auf. Eine solche Verachtung, wie diese Frau sie ausstrahlte, war mir noch nicht begegnet.

„Erzählen Sie mir doch einfach, was die Menschen Ihrer Meinung nach über Nico Donato erfahren sollten“, schlug sie vor, als wolle sie mir Hilfestellung geben. „Welche Charitys Sie unterstützen, Ihre Hobbys oder alles, wodurch Sie die Welt zu einem besseren Ort machen.“

Schlagartig passten alle Puzzlesteine zusammen. Jetzt wusste ich, wie diese Frau tickte. Alles ergab einen Sinn. Die unmodische Kleidung, die verbitterte Ausstrahlung, die kaum verhohlene Verachtung … und jetzt die Einstiegsfrage, auf die sie die Antwort anscheinend bereits zu kennen glaubte. Sie wollte mich in die Schublade stecken, die sie bereits für mich ausgewählt hatte.

Lauren Hughes wollte mir keine faire Chance geben. Sie war hier, um mich zu verurteilen. Es war an der Zeit, das Gespräch etwas interessanter zu gestalten. Wenn sie glaubte, sie habe mich durchschaut, dann würde ich ihr etwas zu knabbern geben.

Lächelnd beugte ich mich etwas vor. „Ich will zwar nicht prahlen, aber letzte Woche habe ich im Buxom die Getränkerechnungen aller Gäste übernommen. Hat mich wahrscheinlich fast zehn Riesen gekostet, aber ich hab’s gern getan. So bin ich nun mal. Immer großzügig.“

„Im Buxom? Dem Stripclub?“ Reglos saß sie da und zog die Brauen zusammen.

„Es ist eher ein Club für Gentlemen, aber ja, wahrscheinlich könnte man es als Stripclub bezeichnen. Sie müssen wissen, dass die Mädchen dort wirklich hart arbeiten. Das ist auf jeden Fall ein Beruf, der oft missverstanden wird. Ich bin sicher, es gibt mindestens eine Lady dort, die sich mit ihren Auftritten das Jurastudium finanziert. Und wer könnte etwas dagegen haben, wenn man jemanden unterstützt, der sich weiterbilden will?“

„Sehr großzügig von Ihnen“, erwiderte Lauren kühl und presste die Lippen aufeinander, bevor sie fortfuhr: „Ist bestimmt nett, wenn man in der Lage ist, die Laster anderer Leute zu finanzieren.“

„Laster machen Spaß. Sie sollten das auch mal probieren.“

„Danke, aber ich denke, das habe ich nicht nötig.“

„Ach, kommen Sie. Irgendein Tabu muss es doch geben, das bei Ihnen den Schalter umlegt.“

„Tut mir leid, ich bin ziemlich langweilig.“

Das glaube ich gern. Aber ich wollte das Thema noch nicht fallenlassen. „Nehmen Sie mir die Neugier nicht übel.“ Mein Interesse an diesem Interview hatte sich komplett verlagert. Jetzt wollte ich nur noch herausfinden, wie sehr ich diese Tugendpriesterin aus der Fassung bringen konnte. „Vielleicht … haben Sie ja ab und zu einen kleinen Klaps ganz gern? Oder ein bisschen Spaß mit Handschellen oder Fesseln? Insgeheim, wenn die Gardinen zugezogen sind?“

Sie lief rot an, und ich konnte sehen, wie sie sich innerlich vor mir verschloss. Mit professioneller Gelassenheit deutete sie auf den Rekorder in ihrer Hand, doch ich spürte, dass es in ihr kochte. „Können wir bitte wieder zum Interview zurückkommen?“

„Ach, ist das denn nicht alles Teil des Interviews?“

„Ich kann schlecht schreiben, dass Sie Stammgast im Buxom sind. Das wäre keine vorteilhafte Information in einem Artikel, der Sie als guten Fang erscheinen lassen soll.“

„Ich bin ein guter Fang.“

Sie zuckte mit den Schultern, als wolle sie sagen, das müsse jeder für sich selbst beantworten. Dennoch schlug sie vor: „Konzentrieren wir uns auf die Grundlagen. Ich habe hier ein paar bewährte Fragen, die üblicherweise zu guten und soliden Antworten führen. Können wir?“

Wie entsetzlich langweilig! „Schießen Sie los.“

„Hund oder Katze?“

„Weder noch. Überall Haare, und sie kotzen und scheißen das Apartment voll.“ Mit ausholender Geste deutete ich auf meine Penthouse-Suite. „Es ist ja offensichtlich, wie viel Wert ich auf eine saubere Umgebung lege, in der ich meine Gäste empfangen kann.“

„Hmm … Mögen Sie gar keine Haustiere?“

Über diese Frage dachte ich eingehend nach, aber mir fiel nichts ein. Lebewesen bedeuteten zu viel Arbeit, das hatte ich leider auf die harte Tour erfahren, als ich sieben war. Ruhe in Frieden, armer Goldfisch Bubbles. „Nein, eigentlich nicht.“

„Gar keins?“, hakte sie so ungläubig nach, als ob ich gerade zugegeben hätte, in meiner Freizeit gern alten Menschen im Park ein Bein zu stellen. „Nicht mal ein Hamster oder ein Kaninchen?“

Lächelnd fragte ich mich, wie weit ich Miss Hughes aus der Ruhe bringen konnte. Für miese Tricks war ich mir nicht zu schade, denn die machten am meisten Spaß. Deshalb atmete ich tief durch, als ob ich eingehend nachdenken würde. „Nein, aber ich habe eine Schwäche für Spielchen.“

„Ach ja? Brettspiele? Cluedo, Monopoly, so was in der Art?“ Interessiert neigte sie den Kopf zur Seite. „Oder eher Kartenspiele?“

„Haben Sie schon mal von Ponyplay gehört?“

Verständnislosigkeit zeigte sich auf ihrem Gesicht. „Ponyplay? So was Ähnliches wie Polo?“

Ich lachte leise und genoss die Situation viel mehr, als ich sollte. Aber ich wollte unbedingt sehen, wie sie wieder rot wurde, wenn sie meine Erklärung hörte. Wenn sie rot wurde, war sie für den Bruchteil einer Sekunde fast hübsch.

Und ich war neugierig, wie weit ich gehen konnte.

Ich fing zu erklären an und verdeutlichte dabei alles mit eindringlichen Gesten. „Stellen Sie sich einen schönen Pferdeschweif vor, der an einem Dildo hängt. Dieser Dildo kommt in einen hübschen Arsch, sodass der Schweif zwischen den Backen hängt. Dann bekommt die Lady noch Zaumzeug und Zügel, und wenn’s gut läuft, kann man das Pony die ganze Nacht reiten.“

Fassungslos schnappte sie nach Luft. Völlig aus dem Konzept gebracht, schaltete sie den Rekorder aus und warf mir einen finsteren, wütenden Blick zu. Aber ihre Wangen waren so glühend rot, als hätte man darauf Spiegeleier braten können.

Nicht zu glauben, es war ein echtes Wunder, aber sie war gerade von einer Vier zu einer guten Sieben aufgestiegen.

„Mr. Donato … das … das … das ist widerwärtig.“

Ich lachte. „Kein vorschnelles Urteil über Dinge, die man noch nicht ausprobiert hat.“

„Und unangebracht. Also … absolut unangebracht im Rahmen eines solchen Interviews. Ich kann nicht schreiben, dass Sie Frauen gern Dinge in den Arsch schieben und sie wie ein Pferd reiten. Ich meine, kommen Sie schon!“

Ich gab mich verdutzt. „Ich dachte, Sie wollen etwas Ehrliches hören. So bin ich. Ich möchte, dass meine potenzielle Partnerin in punkto Sex genauso offen und tabulos ist wie ich. Sonst ist es von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Da bin ich doch lieber von Anfang an ganz ehrlich? Stellen Sie sich bloß mal vor, wie viel Schmerz und Liebeskummer es uns beiden einbringen würde, wenn ich nicht ehrlich bin und wir erst später erkennen, dass wir sexuell nicht zueinander passen. Das würde nur zu Tränen und Streit führen. Ich habe das zu oft erfahren. Beim Sex ist Ehrlichkeit das Allerbeste. Wenn Sie das noch nicht wissen, dann werden Sie es ganz bestimmt noch lernen.“

Mit dieser scheinbar einleuchtenden Logik hatte ich sie ausmanövriert. Sie konnte nicht viel gegen meine Argumente einwenden.

Lauren schürzte die Lippen, als könne sie nur mühsam zurückhalten, was ihr auf der Zunge lag. Nur los, Mädchen, lass es raus. Sag mir, was für ein perverser Mistkerl ich bin. Ich wollte bei ihr alle Register ziehen.

„Mr. Donato …“

„Bitte nennen Sie mich doch Nico. Mr. Donato, das klingt so förmlich und langweilig. Außerdem muss ich bei dieser Anrede immer an meinen älteren Bruder Luca denken oder an meinen Vater. Beide sind totale Spaßbremsen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und ich bin das absolute Gegenteil von den beiden.“ Eindringlich sah ich ihr in die Augen und ließ die Finger vielsagend flattern, als ich weiterbohrte: „Verraten Sie mir, bei welchem Sextabu Ihnen heiß wird. Irgendwas muss es doch geben, dass bei Ihnen den Ofen anheizt …“

Anstatt den Köder zu schlucken, verengte sie die Augen zu Schlitzen und sagte eisig: „Darf ich ganz offen sprechen?“

Autor

Alexx Andria
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