Julia Exklusiv Band 386

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  • Erscheinungstag 01.03.2025
  • Bandnummer 386
  • ISBN / Artikelnummer 9783751533881
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Susan Meier

1. KAPITEL

Prinz Alexandros Sancho ritt in scharfem Tempo den schmalen Waldweg hinunter zum Schloss seiner Familie. Wie es sich für einen vollblütigen Araberhengst gehörte, nahm Thor den steilen Pfad sicher und elegant.

Normalerweise wäre Alexandros jetzt am Strand gewesen, umgeben von sonnengebräunten Bikinischönheiten.

Unter dem wachsamen Blick seiner als Touristen verkleideten Bodyguards hätte er zusammen mit seinen Freunden einen herrlichen Tag am Meer genossen. Geplauder, Kartenspiel, Abkühlung im Wasser, ein Abstecher ins Restaurant, ein Nickerchen in der Sonne …

Wahrscheinlich hätte er abends eine der Strandschönheiten zum Dinner ausgeführt oder ins Kasino. Auf jeden Fall wäre dem angenehmen Tag eine höchst angenehme Nacht gefolgt.

Verärgert spornte der Prinz den Hengst zu einem noch höheren Tempo an. Aus dem perfekten Strandtag würde heute nichts werden! Und die Nacht mit einer willigen Schönheit zu verbringen, war völlig undenkbar. Denn heute war der Tag, an dem Alex offiziell seiner künftigen Ehefrau vorgestellt wurde – Prinzessin Eva Latvaia.

Ein Schatten glitt über das Gesicht des Prinzen. Natürlich hatte er Bilder von ihr gesehen, er war ihr während der Internatszeit sogar einige Male persönlich begegnet. Da Eva aber einige Jahre jünger war als Alex, hatten sie damals nicht viel miteinander zu tun gehabt. Außerdem hatten alle gewusst, dass die Prinzessin schon seit ihrem vierten Lebensjahr seinem älteren Bruder Dominic versprochen war!

Nach dem Internat war Eva dann zum Studium in die Staaten gegangen. Wenn man der Regenbogenpresse glauben durfte, hatte sie sich dort zuletzt ehrenamtlich um Straßenkinder gekümmert und diverse Heime für herrenlose Katzen gegründet.

Alex biss sich auf die Lippe. Doch sein älterer Bruder hatte den Familienbeschluss unterlaufen. Eine einzige Nacht der Leidenschaft hatte die Ehevereinbarung zwischen den Königshäusern von Xaviera und Grennady zunichte gemacht. Denn Dominic hatte die Verantwortung für die Folgen dieser Nacht übernommen und seine schwangere Geliebte geheiratet – Ginny.

Mittlerweile hatten sich die Gemüter zum Glück wieder beruhigt, und Prinz Dominic und Prinzessin Ginny von Xaviera waren stolze Eltern eines Sohns und künftigen Thronfolgers.

Doch damit war Alex nun derjenige, der den Vertrag mit dem Königreich Grennady zu erfüllen hatte. Prinzessin Eva war gerade fünfundzwanzig geworden, was als das richtige Heiratsalter galt. Für Alex bedeutete dies das Ende seines sorgenlosen Junggesellenlebens. Von nun an würde er nicht mehr einfach machen können, was er wollte.

Eine idealistische Weltverbessererin zu heiraten, war für einen Mann mit seiner Lebenseinstellung schon unerfreulich genug. Es kam jedoch noch schlimmer: Prinzessin Eva war Thronfolgerin und würde einmal Königin von Grennady sein. Er selbst würde in die Rolle des Königs schlüpfen müssen und genau das tun, was er bisher stets vermieden hatte: sich dem Protokoll beugen und Verantwortung übernehmen.

Alex ließ die Zügel schießen, und Thor galoppierte im gestreckten Galopp zum Stall, wo er brav vor seiner Boxentür stehen blieb, um Alex absteigen zu lassen. Lässig warf Alex die Gerte einer Pflegerin zu, die gerade aus der Sattelkammer kam. Ihre engen Jeans und das verwaschene T-Shirt ließen deutlich erkennen, welch fantastische Figur sie besaß, doch was Alex’ Hormone verrückt spielen ließ, waren ihr herrliches schwarzes Haar und ihre hellen blaugrauen Augen.

Jeden anderen Tag hätte er auf der Stelle mit ihr geflirtet. Es juckte ihn in den Fingern, die glänzenden Locken zu streicheln. Im Moment waren sie am Hinterkopf zusammengefasst, doch offen mussten sie ihr bis zur Taille reichen. Heute jedoch war das tabu.

Ohne sich seine Frustration anmerken zu lassen, nahm er den Helm ab und zog die Handschuhe aus.

„Thor bekommt das volle Programm“, warnte er die Pflegerin. „Also ordentlich bürsten. Ich werde heute Abend nach dem Fest noch einmal im Stall vorbeischauen, ob sein Fell auch wirklich glänzt.“

Die junge Frau blickte irritiert erst auf das Pferd, dann auf ihn.

Alex seufzte. „Ja, ja, ich weiß. Ein Hengst mit vier weißen Fesseln. Das soll Unglück bringen. Für mich ist das ein reines Vorurteil.“

„Aber ich bin …“

„Ja, ich weiß auch das, Sie sind neu hier, doch keine Angst, Sie werden Ihren Job schon machen.“

Er drückte ihr die Zügel in die Hand und ging. Je schneller er aus der Nähe dieser verführerischen Frau kam, desto besser. Sie erinnerte ihn an alles, worauf er in Zukunft verzichten musste.

Und das alles nur wegen der sogenannten Familienehre.

Prinzessin Eva Latvaia blickte ungläubig auf die Reitgerte in der einen und die Zügel in der anderen Hand. Dann hob sie den Kopf und blickte Prinz Alex hinterher.

Sie sah, wie er sich mit der Hand durch sein dichtes schwarz gelocktes Haar fuhr. Das durchgeschwitzte weiße Polohemd klebte ihm am Rücken und ließ einen erstaunlich durchtrainierten Oberkörper sichtbar werden.

Ihre Kinder würden gute Gene erben – wenigstens ein Trost.

Thor scharrte ungeduldig mit den Hufen. Eva klemmte die Gerte unter den Arm, streichelte seine seidenzarten Nüstern und lachte.

„Ich frage mich, wie du es mit deinen vier weißen Fesseln geschafft hast, dir einen Platz in einem königlichen Stall zu erobern. Du bist ein echter Außenseiter, wir können uns die Hand reichen.“

Erst jetzt erschien der Stallmeister vor der Box. Sofort nahm er Eva Zügel und Gerte ab und verbeugte sich zerknirscht.

„Entschuldigung, Prinzessin. Das hätte nicht passieren dürfen.“

Eva blieb gelassen und lächelte.

„Ich habe es nicht besser verdient. Statt mich um meine Abendtoilette zu kümmern, habe ich mich in den Ställen herumgetrieben.“

Der alte Mann zwinkerte ihr verständnisvoll zu und führte Thor in die Box.

Eva hatte bereits gehört, dass die Sanchos ziemlich ungezwungen mit ihrem Personal umgingen. Vielleicht war das der Einfluss von Prinzessin Ginny, die mit ihrem süßen Babysohn alle Herzen im Sturm erobert hatte.

Ginny, die all ihre Träume zunichtegemacht und ihr Dominic praktisch gestohlen hatte. Diese Frau hatte den Prinzen geheiratet, von dem Eva schon als vierjährige Prinzessin geträumt hatte. Dass Dominic eine andere ihr vorziehen würde, war ihr nie in den Sinn gekommen. Und heute würde sie den beiden erstmals gegenüberstehen! Es fiel ihr immer noch schwer, sich mit ihrem Schicksal abzufinden, obwohl die neue Situation auch ihr Gutes hatte.

Hätte sie Dominic geheiratet, wäre ein normales Eheleben unmöglich gewesen. Beide hätten sie irgendwann ihr eigenes Reich regieren und dort leben müssen. Alex dagegen würde ihr nach Grennady folgen können. Trotzdem, Dominic war ihr Traumprinz und würde es auch bleiben.

Sie musste also einen Mann heiraten, den sie nicht liebte. Das war furchtbar. Und wenn Eva dann noch an die Schande dachte, die ihr Vater über die Familie gebracht hatte … Aber die Prinzessin würde sich nicht unterkriegen lassen!

Mit erhobenem Kopf machte sie sich auf den Weg zu ihrer Mutter. Ein Fahrstuhl brachte sie in ihre Gästesuite in der vierten Etage.

Eva fand ihre Mutter in dem überaus eleganten Salon mit der hohen Decke und dem prächtigen Kronleuchter. Königin Karen hielt eine Schachtel Pralinen auf dem Schoß – seit sie nicht mehr weinte, aß sie ständig Süßigkeiten.

„Wenn du so weitermachst, wirst du nicht mehr in die Kleider für die Verlobungsfeierlichkeiten passen“, kritisierte Eva.

Königin Karen, eine kleine, zierliche Frau mit den gleichen schwarzen Locken wie Eva, überging die Bemerkung. „Du solltest diese Trüffel probieren, Darling, sie zergehen auf der Zunge.“

„Dann muss auch ich die Schneiderin bestellen, um an meinem Kleid die Nähte auszulassen.“

Karen legte die Praline, die sie gerade in den Mund stecken wollte, wieder zurück.

„Du hast recht, Eva. Ich will so gut wie möglich aussehen, um es deinem Vater zu zeigen. Vielleicht bereut er sein Verhalten dann ja doch. In seinem Alter mit einer blutjungen Sekretärin durchzubrennen – wie abgedroschen!“

Eva zuckte die Schultern. „Wegen einer Affäre urplötzlich auf den Thron zu verzichten, entspricht allerdings nicht dem gängigen Klischee.“

König Mason hatte zwar offiziell noch nicht abgedankt, doch sobald es zu einer rechtskräftigen Scheidung kommen sollte, würde er das tun müssen. Grennadys Verfassung verlangte es so. Eva würde dann bereits mit fünfundzwanzig Königin werden und allein die Verantwortung für ihr Land tragen müssen.

Sie verstand immer noch nicht, weshalb ihr Vater ihr das angetan hatte.

Immerhin: Trotz des Skandals fühlte sich das Haus Sancho an den Vertrag gebunden, der Eva die Ehe mit einem Sohn Ronaldos von Xaviera versprach. Das war Evas einziger Lichtblick, denn so waren ihr die Sympathien ihrer Untertanen sicher. Selbst wenn sie nur den jüngeren Sohn heiratete, würde sie nach dem verantwortungslosen Verhalten ihres Vaters ein positives Zeichen setzen.

Mit der Einhaltung des Vertrags würde sie nämlich dafür sorgen, dass Grennady auch weiterhin von den guten Handelsbeziehungen zu Xaviera profitieren konnte …

„Ob Dad wohl zur Hochzeit kommt?“, überlegte Eva laut.

„Meinst du?“ Entschieden schob Königin Karen die Pralinenschachtel weit von sich. „Daran habe ich noch gar nicht gedacht, doch du magst durchaus recht haben. Jetzt muss ich wirklich auf meine Figur achten. Wer weiß, wie viel Zeit mir noch bleibt. Nach dem heutigen Abend werden wir klüger sein, denn König Ronaldo wird uns bestimmt einen Terminvorschlag machen.“

Eva nickte, und beide Frauen standen auf, um sich umzuziehen. Eva ging in ihr Bad und ließ sich Wasser ein. Früher wäre das die Aufgabe ihrer Zofe gewesen, doch nach sieben Jahren Amerika hatte Eva ihre Selbstständigkeit lieben gelernt. Sie genoss die Zeit, die sie jetzt allein im Bad und beim Anziehen verbrachte, in vollen Zügen.

Doch als sie daran dachte, dass Prinz Alex sie vorhin für ein Stallmädchen gehalten hatte, frisierte sie sich ausnahmsweise nicht selbst, sondern ließ den Palastfriseur kommen. Außerdem bestellte sie ein Zimmermädchen, um ihr Abendkleid noch einmal frisch aufdämpfen zu lassen. Alles sollte perfekt sein!

Karen war schneller gewesen und wartete im Salon.

„Oh Eva!“, empfing sie ihre Tochter. „Meinst du wirklich, Rot ist für diesen Anlass die richtige Farbe? Und dann noch schulterfrei! Ist das nicht zu gewagt?“

Eva betrachtete das azurblaue Kleid ihrer Mutter, das sowohl ihrer Position als auch ihrem Alter angemessen war. Obwohl hochgeschlossen, betonte der weichfließende Stoff Karens graziöse Figur, und die Farbwahl machte ihr schwarzes Haar noch aufsehenerregender.

„Ich habe mich absichtlich für einen absoluten Hingucker entschieden. In Jeans und T-Shirt hat mich Prinz Alex nämlich vorhin für eine Stallhilfe gehalten. Er hat mir Gerte und die Zügel seines Pferdes in die Hand gedrückt und mich ermahnt, keine schlampige Arbeit zu leisten.“

„Das kann doch nicht wahr sein!“ Karen war entsetzt.

„Doch. Ich bin auf sein Gesicht gespannt, wenn er seinen Fehler entdeckt!“ Eva lächelte ironisch.

„Wirklich?“ Karen schien nicht überzeugt. „Sei ehrlich, du willst Prinz Dominic eifersüchtig machen.“

Eva drehte ihrer Mutter den Rücken zu und ging zum Sofa, um nicht zu zeigen, wie aufgewühlt sie war. Sie liebte Dominic seit jenem Tag, als sie als kleines Mädchen sein Bild in der Zeitung entdeckt hatte – und ihre Mutter ihr erklärt hatte, dieser Junge sei ihr zukünftiger Ehemann.

Als Teenager hatte es ihr nie etwas ausgemacht, wenn sie auf Partys nicht im Mittelpunkt stand oder einmal nicht zum Tanzen aufgefordert wurde. Sie hatte ihren Märchenprinzen, den ihr keiner nehmen konnte.

Diesen naiven Glauben hatte die Wirklichkeit grausam zerstört. Prinz Dominic hatte eine andere geheiratet.

Eva schluckte. Sie fühlte sich aufs Tiefste gedemütigt, doch das wollte sie ihre Mutter, die genug eigene Probleme hatte, nicht spüren lassen. Daher setzte sie sich in den nächsten Sessel und gab sich souverän.

„Weshalb sollte ich einem Mann nachtrauern, den ich nie richtig kennengelernt habe?“, fragte sie ruhig.

„Meinst du das ehrlich?“ Karen legte den Kopf zur Seite und sah ihre Tochter durchdringend an.

Eva ließ sich nicht aus der Fassung bringen. „Wirklich, Mom. Ich würde dich nie belügen.“

Karen schien zufrieden, und Eva atmete erleichtert auf. Doch die eigentliche Feuerprobe stand ihr noch bevor. Sie würde Dominic und der Frau, die ihn ihr gestohlen hatte, unter die Augen treten müssen.

Ein Palastwächter erschien und geleitete die beiden Frauen zu den königlichen Privatgemächern, wo sie von König Ronaldo und seiner zweiten Frau empfangen wurden. König Ronaldo küsste Eva die Hand.

„Es ist mir eine Freude, Sie als Erwachsene begrüßen zu dürfen, Prinzessin Eva. Darf ich Ihnen meine neue Königin vorstellen? Dies ist Königin Rose, die Mutter von Prinzessin Ginny. Prinzessin Ginny und Prinz Dominic scheinen sich zu verspäten, aber Sie wissen ja, wie das mit Säuglingen ist. Sie halten sich nicht an Termine, und das Protokoll ist ihnen auch egal.“ Er lachte.

„Rose, dies ist Prinzessin Eva Latvaia von Grennady.“

Eva versank in einem Hofknicks. „Es ist mir eine Ehre, Königin Rose.“

„Oh, bitte nicht.“ Königin Rose, eine schlanke Blondine, deren Aussprache sofort die Amerikanerin verriet, streckte ihr beide Hände entgegen, um Eva anschließend auf beide Wangen zu küssen. „So begrüßen wir Familienmitglieder bei uns in Texas. Das dürfte Ihnen doch nicht fremd sein. Sie haben doch in den Staaten studiert, oder?“

„Sicherlich, Madam.“ Eva imitierte mit schelmischem Lächeln den vertrauten amerikanischen Akzent so übertrieben wie möglich.

Rose lachte. „Sie gefallen mir!“

König Ronaldo hakte seine Frau ein und stellte ihr Königin Karen vor. Eva war ihm für den Respekt dankbar, mit dem er ihre Mutter behandelte. Dabei würde Karen schon bald keine Königin mehr sein! Jedenfalls nicht, wenn Evas Vater weiter an seinen Scheidungsplänen festhielt …

Anschließend gingen sie in einen geräumigen Salon, in dem sich die Bar befand.

Aufmerksam sah sich Eva um. Xaviera war wegen seiner Ölquellen ein ausgesprochen reiches Land, trotzdem verschlug ihr der Luxus im Palast immer wieder den Atem. Allein dieser Raum beherbergte Kunstgegenstände, deren Wert wahrscheinlich dem gesamten Bruttosozialprodukt von Grennady entsprach.

„Und was darf ich Ihnen zu trinken anbieten, Prinzessin?“, erkundigte sich Ronaldo, nachdem sich Karen für eine Weinschorle entschieden hatte.

„Ich hätte gern…“ Weiter kam sie nicht, denn hinter dem Bartisch richtete sich plötzlich Prinz Alex auf. Die Weinflasche, nach der er sich gebückt hatte, drohte seiner Hand zu entgleiten.

Eva hätte ihn kaum wiedererkannt. Er war perfekt frisiert und trug die beeindruckende Uniform des Hauses Sancho: schwarze Hose und rotes Jackett. Sogar einige goldene Abzeichen funkelten im Licht. Nichts erinnerte mehr an den verschwitzten Reiter mit dem zerzausten Haar, der ihr vor einigen Stunden Zügel und Gerte in die Hand gedrückt hatte.

Evas und Alex’ Blicke trafen sich.

„Soweit ich informiert bin, sind Sie Alex vor einigen Jahren bereits auf dem Internat begegnet“, meinte König Ronaldo.

„Nicht nur das.“ Eva hob selbstbewusst den Kopf. „Wir haben uns bereits hier im Schloss getroffen – genauer gesagt im Stall.“

„Sie reiten?“ Königin Rose war begeistert. „Dann müssen wir in den nächsten Tagen unbedingt einen ausgedehnten Ausritt unternehmen.“

Eva bedankte sich höflich, während König Ronaldo irritiert den Kopf schüttelte. „Alex hat Sie bereits begrüßt, Prinzessin? Davon hat er mir nichts erzählt.“

„Das konnte er auch nicht, er hat mich nämlich mit einer Stallhilfe verwechselt.“

Alex spürte, wie ihm die Röte ins Gesicht schoss. Er kam sich vor wie ein unbeholfener Teenager, der sich gründlich blamiert hatte.

„Er warf mir seine Gerte zu und ermahnte mich, Thor gründlich durchzubürsten“, redete Eva unbarmherzig weiter.

„Alexandros!“ König Ronaldo war schockiert.

„Sie war angezogen wie eine Pferdepflegerin“, verteidigte sich Alex. „Nicht so.“ Er deutete auf die schulterfreie Robe und die elegante Frisur. Evas Haar war lediglich mit Kämmen an den Seiten hochgesteckt, ansonsten fielen ihr die schwarzen Locken offen bis zur Taille.

In seiner Fantasie sah der Prinz plötzlich Evas Haar auf einem weißen Kissen fächerförmig ausgebreitet – beinahe wäre ihm die Weinflasche zum zweiten Mal entglitten.

Eva zuckte die Schultern und lächelte. „Vielleicht war Prinz Alex mit seinen Gedanken nicht bei der Sache.“

„Vielleicht.“ König Ronaldo schien nach wie vor irritiert.

Alex dagegen war immer noch wie benommen. Selbst jetzt, da er es wusste, erkannte er in der atemberaubend schönen Prinzessin nicht das halbwüchsige Mädchen wieder, dem er vor Jahren auf dem Internat begegnet war. Eva war auch jetzt noch ausgesprochen zierlich, doch ihr Charisma war einfach unglaublich! Sie war sich bewusst, eine schöne Frau zu sein, und strahlte genau die ruhige Würde aus, die man von einer zukünftigen Königin erwartete.

Das Lächeln, das sie ihm schenkte, sagte Alex alles. Eva hatte ihn in Verlegenheit gebracht, und sie genoss es. Diese kleine Rache war ihr nicht zu verdenken, denn ihre Lage war wirklich nicht beneidenswert. Statt des zukünftigen Königs, der ihr versprochen worden war, musste sie sich mit ihm, dem unbedeutenden Zweitgeborenen, abfinden. Angesichts des von ihrem Vater verursachten Skandals war sie vermutlich aus politischen Gründen gezwungen, den mit Xaviera geschlossenen Vertrag zu erfüllen.

Das Öffnen einer Tür riss Alex aus seinen Gedanken. Prinzessin Ginny und Kronprinz Dominic erschienen Arm in Arm, und erneut verschlug es Alex den Atem: Ginny trug das gleiche Kleid wie Eva, nur in einer anderen Farbe. Es war nicht leuchtend rot, sondern dezent lavendelfarben.

König Ronaldo und Königin Rose erkundigten sich sofort nach ihrem Enkel.

„Ist Jimmy krank? Kommt ihr deshalb so spät?“

Ginny lachte. „Nein, es geht ihm blendend.“

Alex bemerkte, wie Eva beim Anblick des jungen, glücklichen Paars augenblicklich erstarrte. Für ihn die Gelegenheit, Gleiches mit Gleichem zu vergelten, und sie ebenfalls zu verletzen. Er beugte sich nah an ihr Ohr.

„Was für ein Zufall! Ihr habt das gleiche Kleid gewählt, die Wirkung könnte jedoch unterschiedlicher nicht sein. Das zarte Lavendel lässt Ginny mädchenhaft und romantisch wirken, während das grelle Rot deines Kleids, liebe Eva, dich zu einer Femme fatale macht. Ihr seht aus wie Engel und Teufel …“

Eva schluckte, und Alex gratulierte sich. Seine Rache war geglückt. Wie hatte sie ihm nur vorhin im Stall ihre wahre Identität verschweigen können? Weshalb hatte sie seine Gerte und Thors Zügel angenommen, als wäre das der Job, für den sie bezahlt wurde? Eva hatte ihn hinters Licht geführt, nur um ihn anschließend vor seinem Vater zu verspotten.

„Wie witzig!“ Eva bewahrte Haltung, doch ihr steifes Kreuz zeigte Alex, wie tief er sie getroffen hatte.

„Oh, versteh mich bitte nicht falsch. Ich habe absolut nichts dagegen, der Bruder zu sein, der die teuflische Prinzessin heiraten muss. Ich bin mir nur nicht sicher, ob das der Eindruck ist, den du auf Dominic machen wolltest. Immerhin ist er derjenige, der dich hat fallen lasen!“

„Er hat mich nicht fallen lassen!“, zischte Eva erbost.

„Jedenfalls wird er dich nicht heiraten“, stichelte Alex.

„Weil er bereits verheiratet ist!“

„Und zwar mit einer Frau, die ein völlig anderer Typ ist als du. Gibt dir das nicht zu denken, Eva?“

Dominic und Ginny hatten inzwischen ihr Gespräch mit den besorgten Großeltern beendet. Gleich würden sie auf Eva zukommen, um sie zu begrüßen. Alex sah ihr an, wie sie um Fassung rang. Er konnte sich gut in sie hineinversetzen, denn er wusste, wie man sich fühlte, wenn man lediglich zweite Wahl war. Er selbst hatte schließlich sein Leben lang im Schatten seines erstgeborenen Bruders, dem Thronerben, gestanden.

Sein Herz zog sich zusammen. Es musste schrecklich für die Prinzessin sein, zum ersten Mal der Frau gegenüberzustehen, die ihr den Bräutigam ausgespannt hatte! Plötzlich wollte er Eva eine peinliche Szene ersparen.

Noch bevor Ginny und Dominic die Bar erreicht hatten, stellte er sich neben Eva, legte ihr den Arm um die Taille, beugte den Kopf und sprach ihr ins Ohr. „Wir erzählen einfach, wir hätten uns bei unserer Begegnung im Stall auf den ersten Blick ineinander verliebt, okay?“

„Ich weiß nicht.“

„Was ist dir lieber, als Frau zu gelten, die von Dominic verschmäht wurde, oder die Frau zu spielen, die mein Herz im Sturm erobert hat? Zeig ihm die kalte Schulter und geh deinen eigenen Weg.“

„Meinst du?“ Zweifelnd sah sie ihn an.

„Du hast anscheinend keine blasse Ahnung, wie man mit Männern umgeht.“

„Wie sollte ich auch? Ich bin seit meinem vierten Lebensjahr verlobt.“

Alex sah sie an. „Mit anderen Worten, du bist noch … Jungfrau.“

Eva schwieg, hielt seinem Blick jedoch stand.

„Ich werd verrückt!“

„Das bist du schon immer gewesen, Bruderherz.“ Dominic ließ Ginnys Arm los, verbeugte sich vor Eva und küsste ihr die Hand.

„Guten Abend, Prinzessin.“ Er lächelte. „Ich freue mich über das Wiedersehen, wenn es auch nicht gerade unter einem glücklichen Stern steht.“

„Für mich schon.“ Eva legte den Kopf zurück und schmiegte sich enger an Alex. „Ich habe Alex getroffen.“

„Liebe auf den ersten Blick“, bestätigte Alex und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

Eva wandte sich an Ginny. „Sie sind also die Frau, die Dominics Herz erobert hat.“ Sie zwinkerte Prinzessin Ginny zu. „Sie haben einen hervorragenden Geschmack in Sachen Mode.“

Alex klatschte Eva innerlich Beifall. Nachdem sie ihre Scheu überwunden hatte, zeigte sie, was wirklich in ihr steckte. Sie behauptete ihre Position mit Witz und Charme.

Ginny lachte. „Das Kompliment kann ich guten Gewissens erwidern. Ihr Stilgefühl, Prinzessin Eva, ist wahrscheinlich sogar noch besser als meins. Das Rot passt einfach besser zum Stil des Kleides.“

„Da bin ich mir nicht so sicher.“ Eva schüttelte den Kopf. „Alex’ Ansicht nach sehe ich darin aus wie ein Teufel.“

Alex zog sie enger an sich. „Genau. Ginny dagegen wirkt in dem romantischen Lavendel wie ein Unschuldsengel. Jeder, der mich kennt, weiß, was ich bevorzuge.“

Trotz der gelungenen Vorstellung schien Dominic nicht so recht überzeugt. Zweifelnd blickte er zwischen Eva und Alex hin und her. „Also Ende gut, alles gut?“

Glücklicherweise betrat in diesem Moment der Butler den Raum, um das Essen anzukündigen, und enthob Eva einer Antwort. Ginny und Alex schlossen sich sofort König Ronaldo und Königin Rose an, ganz wie es das Protokoll erforderte. Eva hielt Alex am Arm zurück, und wartete, bis sie allein waren.

„Ich stehe tief in deiner Schuld“, meinte sie.

Mit sich und seiner Strategie äußerst zufrieden, lächelte Alex wohlwollend.

„Das tust du, Darling, ich habe dir ein schlimmes Schicksal erspart. Durch meinen genialen Einfall haben wir den Medien die Suppe versalzen. Statt als verschmähte Braut bemitleidet zu werden, werden dich die Reporter als Traumfrau feiern, die einen überzeugten Junggesellen mit einem Blick in die Knie gezwungen hat. Und ich verrate dir gleich, wie du dich bei mir dafür bedanken kannst.“

2. KAPITEL

Der Mond stand hoch am Himmel, und vom Meer wehte eine leichte Brise, als Eva zu den königlichen Ställen ging.

Das Dinner war komplikationslos verlaufen, da sie Alex’ Vorschlag befolgt und die frisch verliebte Braut gespielt hatte – was ihr erstaunlich leicht gefallen war. Sofort nach dem Essen hatte sie ihr Abendkleid gegen Jeans und Pulli vertauscht, um sich wie verabredet auf den Weg zu Thors Box zu machen.

Sie genoss die milde Nacht. Wäre sie zu Hause in Grennady, würde sie jetzt Parka und Fellstiefel tragen, um sich gegen den eisigen Wind zu schützen!

Eva klopfte das Herz bis zum Hals. Alex hatte sie elegant aus einer höchst peinlichen Lage gerettet und wollte dafür eine Anerkennung erhalten, das hatte er angekündigt. Sie glaubte zu wissen, welchen Tribut er fordern würde. Hatte er sich nicht ausführlich nach ihrer Erfahrung – besser gesagt mangelnden Erfahrung – in Liebesdingen erkundigt?

Alex erwartete sie bereits vor der Box und streichelte seinem Hengst liebevoll die Nüstern. Als er sie kommen hörte, drehte er sich um und lächelte erfreut. „Du hast dich also tatsächlich an unsere Verabredung gehalten!“

„Das ist doch Ehrensache. Ich möchte wissen, wie ich mich bei dir bedanken kann.“

„Ganz einfach: indem du mich nicht heiratest.“

Eva war wie vor den Kopf gestoßen. „Ich muss dich heiraten, wir haben einen Vertrag!“

„Nicht wirklich.“ Alex schüttelte den Kopf. „Der Vertrag wurde über deinen Kopf hinweg ausgehandelt, als du gerade einmal vier Jahre alt warst. Du selbst bist nie gefragt worden. Obendrein hat sich unsere Familie nicht an die Abmachungen gehalten. Der dir versprochene Thronerbe hat entgegen den Vereinbarungen eine andere geheiratet. Man will dich mit einem minderwertigen Ersatz abspeisen. Ich als jüngerer Sohn bin lediglich zweite Wahl.“

Eva musterte verstohlen Alex’ sportliche Figur, die dichten schwarzen Locken und die unergründlichen braunen Augen. Alex war ein ganz anderer Typ als der mustergültige Dominic. Wirkte Dominic korrekt, wirkte Alex lässig, unkonventionell und – unglaublich sexy.

Jedes Mal, wenn Alex sie ansah, verspürte sie ein erotisches Prickeln. War er wirklich zweite Wahl? Wohl kaum!

Aber solche Überlegungen führten zu nichts, denn sie heiratete aus Pflichtgefühl, nicht aus romantischen Gründen. Für das kleine Grennady war Xaviera ein wichtiger Bündnispartner, den man nicht verärgern durfte.

„Leider kann ich dir deinen Wunsch nicht erfüllen, der Vertrag lässt es nicht zu“, antwortete sie emotionslos.

„Ich habe ihn mir vorhin noch einmal genau durchgelesen. Für sich genommen mag keiner von uns beiden Entscheidungsfreiheit haben. Doch wenn wir uns einig sind, könnten wir den Vertrag bestimmt annullieren lassen.“

Eva war entsetzt. „Du willst Grennady politisch und wirtschaftlich schädigen? Nur, weil du mich nicht heiraten willst?“

„Nein, ich will lediglich die Heiratsklausel aus dem Vertrag streichen, ansonsten soll er seine Gültigkeit behalten. Ich habe dir heute Abend aus der Patsche geholfen, weil du mir leidtust. Ich sträube mich dagegen, dass eine derart schöne und geistreiche Frau wie du unverschuldet in der Skandalpresse verrissen werden soll.“

Evas Puls raste. Alex hielt sie für geistreich und schön? Alex, der es wissen musste, da ihm die begehrenswertesten Frauen der Welt zu Füßen lagen?

„Aus diesem Grund habe ich dir geholfen“, erklärte Alex, „und nicht, weil ich der edle Ritter aus dem Märchenbuch bin, der die schöne Prinzessin erobern will.“

Dem Skandal, den ihr Vater heraufbeschworen hatte, und der Tatsache, dass sie bald Königin sein würde, schien Alex keine Beachtung zu schenken. Aber genau das waren die Gründe, aus denen Eva sich zu der Heirat gezwungen sah. Einen weiteren Skandal würde Grennady politisch nicht verkraften.

„Ob es dir gefällt oder nicht, die Hochzeit muss stattfinden.“ Sie blieb unerbittlich. „Der Vertrag zwischen unseren Reichen darf nicht gebrochen werden.“

„Das ist auch nicht meine Absicht. Wie ich bereits sagte…“

„Nein! Mein Vater hat sich seinem Land gegenüber unverantwortlich verhalten, da muss wenigstens ich meine Loyalität unter Beweis stellen.“

Alex kniff die Augen zusammen. „Du willst die Eheklausel also nicht aus dem Vertrag streichen lassen?“

„Nein.“

Er kam näher und betrachtete sie eingehend. Wieder verspürte Eva ein sinnliches Prickeln, ließ es sich jedoch nicht anmerken. Selbstbewusst sah sie ihm in die Augen, obwohl sie das Gefühl hatte, ihre Knie müssten jeden Moment nachgeben.

„Hat es eine schöne Frau wie du wirklich nötig, einen unbekannten Mann zu heiraten, obwohl sie eigentlich ihr ganzes Leben dessen Bruder wollte?“

„Ich habe dir meine Gründe genannt.“

„Pflichtbewusstsein, ich weiß. Aber auch damit kann man es übertreiben.“ Er griff eine Locke, die ihr offen über die Schulter hing, und wickelte sie spielerisch um den Finger. „Möchtest du nicht viel lieber einen Mann heiraten, der dir altersmäßig näher steht und vielleicht auch deine Ideale teilt?“

„Fünf Jahre sind für mich kein großer Altersunterschied.“

Er strich ihr die Locke hinters Ohr und spürte, wie sie bei seiner Berührung erbebte. „Du findest mich also gar nicht so schlecht?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

„Aber du reagierst auf mich. Offensichtlich verwirrt dich das, weil du völlig unerfahren bist.“

Eva schluckte. Alex schien Gedanken lesen zu können. Sie wusste wirklich nicht, was sie von ihren Empfindungen halten sollte. Einerseits fürchtete sie sich vor weiteren Zärtlichkeiten, andererseits sehnte sie sich danach. Ihr Puls raste, und sie musste schlucken.

„Ich bin nicht völlig unerfahren! Ich habe durchaus Freunde gehabt“, behauptete sie.

„Dann wirst du ja wohl auch gegen einen Kuss nichts einzuwenden haben.“

„Um mich davon zu überzeugen, dich nicht zu heiraten? Küsst du so schlecht?“

Sie hatte noch nicht ganz ausgesprochen, da spürte sie bereits seine Hände auf den Schultern. Alex zog sie dicht an sich heran und küsste sie leidenschaftlich. Jetzt gaben ihre Knie doch nach. Alex nutzte die Gelegenheit, Eva noch enger an sich zu ziehen.

Als er sie dann ebenso unvermittelt, wie er sie umarmt hatte, auch wieder von sich schob, geriet Eva ins Schwanken. Alex’ unverschämtes Lächeln trieb ihr die Röte ins Gesicht.

Dennoch bewahrte sie Würde.

„Und ich heirate dich trotzdem“, kündigte sie an, drehte sich um und ging.

„Wie ist es gelaufen?“

Erwartungsvoll sah Königin Karen, die im Salon gewartet hatte, ihrer Tochter entgegen.

Eva wollte ihre Mutter nicht beunruhigen und gab sich gefasst.

„Alex will mich nicht heiraten“, stellte sie nüchtern fest. „Seiner Meinung nach ist es ein Leichtes, die entsprechende Klausel aus dem Vertrag zu streichen. Vorausgesetzt natürlich, wir sind uns einig.“

Karen war entsetzt. „Unmöglich! Das wäre in der gegenwärtigen Situation eine Katastrophe!“

Eva ließ sich neben ihrer Mutter aufs Sofa sinken. „Genau das habe ich ihm auch erklärt.“

Aber die politische Seite war nur ein Teil ihres Problems. Ihre Gefühle für Alex bereiteten Eva viel größeres Kopfzerbrechen. Der Kuss, so kurz er auch gewesen war, hatte sie bis ins Innerste aufgewühlt und die wildesten Wünsche in ihr geweckt. Wenn sie allein auf einen Kuss von Alex schon so sinnlich reagierte, wie mochte es erst sein, wenn…

Sie verbot sich weitere Fantasien, sie war schließlich eine erwachsene Frau und kein liebestoller Teenager. Dennoch war Alex mit all seiner Erfahrung ihr gegenüber unbestreitbar im Vorteil. Während sie über keinerlei Kenntnisse im Umgang mit dem anderen Geschlecht verfügte, musste er ein wahrer Experte sein.

Karen ergriff Evas Hände. „Du musst Alex heiraten! Umgarne ihn, mach ihn in dich verliebt!“

„Super! Und wie soll ich das anstellen?“

„Verdreh ihm den Kopf, gib ihm das Gefühl, der tollste Kerl der Welt zu sein! Das funktioniert immer!“

Aber wie? Eva schüttelte den Kopf und seufzte. Sie hatte wirklich keine Ahnung, wie man flirtete!

Aber vielleicht half es ja schon, wenn sie damit aufhörte, schnippisch zu sein, und Alex mit Respekt behandelte! Und was das Flirten betraf, zum Glück gab es ja das Internet …

Als am folgenden Morgen sein Handy klingelte, war Alex noch völlig schlaftrunken.

Königin Rose meldete sich und bestellte ihn zu einem gemeinsamen Frühstück. König Ronaldo hatte das Treffen angesetzt, um in aller Ruhe nach einem passenden Hochzeitstermin zu suchen.

Alex stöhnte. Da er nicht heiraten wollte, brauchte er auch keinen Termin. Eva als zukünftige Königin von Grennady war einfach keine Frau für ihn. So verführerisch sie auch sein mochte.

Nur unter größten Schwierigkeiten verdrängte er, wie seidig sich ihr Haar angefühlt hatte und wie erregend der Kuss gewesen war. Der heißeste Kuss, den Alex je erlebt hatte …

Er ging ins Bad und stellte sich unter die kalte Dusche, um auf andere Gedanken zu kommen. Es gelang, doch die Erinnerungen, die ihn stattdessen überfielen, waren nicht weniger beunruhigend. Wieder durchlebte er den Tag, an dem Nina, die Frau seines Lebens, mit ihrem Motorboot tödlich verunglückt war.

Doch das lag fünf Jahre zurück, und das Leben ging weiter. Nach dem frühen Tod seiner Mutter war das der zweite große Verlust in seinem Leben gewesen. Damals hatte er sich geschworen, sich für die Zukunft unverletzlich zu machen und sein Herz nie wieder zu verschenken.

In Eva sah er keine besonders große Gefahr. Es war einfach abwegig, tiefe Gefühle für eine Frau zu entwickeln, nur weil ein Staatsvertrag es verlangte.

Dennoch war die Situation äußerst heikel. Zwar besaß er, was seinen Lebensstil betraf, alle Freiheiten der Welt, dennoch war er ein Prinz. Der Wille seines königlichen Vaters war Befehl für ihn, ob ihm die Anordnung passte oder nicht. Von daher waren ihm die Hände gebunden, und es war Evas Aufgabe, aktiv zu werden. Sie musste die im Vertrag vorgesehene Heiratsklausel anfechten.

Das würde es ihm ermöglichen, sich vorteilhaft in Szene zu setzen. Er würde ihr Nein akzeptieren und ritterlich Verzicht leisten, um der unschuldigen Prinzessin und zukünftigen Königin einen Playboy als Ehegatten zu ersparen. Er würde die öffentliche Meinung auf seiner Seite haben.

Das war die Strategie, die er verfolgen musste.

Während er sich anzog – Flanellhose und Blazer, hellblaues Hemd ohne Krawatte – pfiff er leise vor sich hin und machte sich zuversichtlich auf den Weg zum Frühstückszimmer.

„Du siehst wirklich toll aus“, empfing ihn Königin Rose, drückte ihn und küsste seine Wange. Auf Alex, der ohne Mutter in einem reinen Männerhaushalt aufgewachsen war, wirkten Gefühlsbezeugungen dieser Art immer noch etwas verstörend.

„Danke“, antwortete er dennoch lächelnd. Rose meinte es schließlich gut und war für seine schlechte Laune wegen der Ehefrage nun wirklich nicht verantwortlich.

„Bitte nimm dort Platz.“ König Ronaldo deutete auf einen Stuhl. „Eva wird neben dir sitzen, Königin Karen zu meiner Linken und Rose mir gegenüber.“

„Und Dom und Ginny?“

„Sie sind nicht eingeladen. Es geht um deine Hochzeit.“

Alex spürte, wie sich die Schlinge um seinen Hals langsam zuzog.

Der Butler öffnete die Tür und ließ Eva und ihre Mutter ein. Alex traf es wie ein Schlag. Hatte er Eva in der roten Abendrobe schon sensationell gefunden, verschlug sie ihm in ihrem weißen Leinenkleidchen mit dem pinkfarbenen Bolero regelrecht die Sprache.

Die eher mädchenhafte Aufmachung ließ sie noch aufreizender wirken als das elegante Outfit des gestrigen Abends. Die Farbe ihres Jäckchens ließ ihr Haar dunkler und ihre hellen blaugrauen Augen intensiver und strahlender wirken.

Alex verstand sich selbst nicht mehr. Eigentlich war er wirklich nicht der Mann, der sich beim Anblick einer schönen Frau Gedanken über Farbeffekte machte. Anscheinend ging ihm sein Sinn für Prioritäten verloren. Er riss sich zusammen, begrüßte Karen und Eva und rückte ihnen die Stühle zurecht.

Während sich das Königspaar mit Evas Mutter unterhielt, bemerkte Alex leise: „Mein Entschluss steht fest. Ich werde diese Heirat verhindern, Eva!“

Doch die Prinzessin gab sich vollkommen unbeeindruckt. „Großartig, Alex!“, flüsterte sie zurück. „Du kannst es ja versuchen! Ich werde jedoch alles daran setzen, dass diese Hochzeit zustande kommt!“

Der Butler schenkte den Champagner ein und zog sich zurück.

König Ronaldo erhob sein Glas. „Gestern Abend drehten sich die Gespräche mehr um Babys und ihre ersten Zähne als um den eigentlichen Grund unseres Treffens.“ Karen und Rose lächelten. „Deshalb möchte ich jetzt in aller Form auf die Hochzeit anstoßen, die unsere beiden Länder endgültig vereint.“

Alex bekräftigte den Toast, war mit dem Herzen jedoch nicht dabei, was deutlich zu spüren war. Er wirkte geradezu unglücklich. Eva biss sich auf die Lippe. Was bildete Alex sich ein? Sie war noch Jungfrau und sollte mit einem Mann das Bett teilen, den sie gar nicht kannte. Während er bereits mit einem ganzen Harem von Frauen Erfahrungen gesammelt hatte!

Aber wenn der Prinz sich unbedingt zieren wollte, nur zu! Sie schwor sich, den Rat ihrer Mutter zu beherzigen und Alex den Kopf zu verdrehen.

„Möchtest du etwas Melone?“ Alex reichte ihr die silberne Platte, auf der das Obst angerichtet war. Ihre Blicke trafen sich. Eva musste an den Kuss in der vergangenen Nacht denken und hielt unwillkürlich den Atem an.

„Danke“, sagte sie schließlich gepresst und bediente sich. Als sie dabei versehentlich seine Hand streifte, verspürte sie wieder dieses beunruhigende Prickeln. Schnell senkte sie die Lider.

„Also bist du doch nervös.“ Alex lächelte ironisch. „Deine abgeklärte Haltung ist nur vorgetäuscht.“

„Nein!“, flüsterte Eva.

„Nicht? Und weshalb zittern dir die Finger?“

Eva hielt es für klüger, diese Frage nicht zu beantworten. Sie wollte nicht lügen, doch die Wahrheit würde sie auch nicht beichten.

Alex blickte kurz zu seinen Eltern, um sich zu versichern, dass sie immer noch in ihr Gespräch mit Königin Karen vertieft waren.

„Und wie überleben deine herrenlosen Katzen ohne dich?“, erkundigte er sich dann.

Sie atmete auf. Endlich ein Thema, über das sie ungezwungen reden konnte! „Ganz wunderbar! Meine ständige persönliche Anwesenheit ist nicht erforderlich. Die von mir gegründeten Heime sind personell bestens besetzt, und ich kann mich auf meine Helfer voll verlassen. Sie sind ebenso engagiert wie ich.“

„Das hört sich gut an.“

Sein Lächeln brachte Eva aus dem Konzept. Kein Wunder, dass Alex die Frauen zu Füßen lagen, auch sie wurde schwach, wenn er ihr in die Augen sah. Sein Blick war unglaublich! Alex war mit Abstand der attraktivste Mann, dem sie je begegnet war. Wenn ihr Vorhaben glückte, würde sie bald mit einem der reichsten und begehrtesten Männer der Welt verheiratet sein. Alex würde in ihrem Bett liegen!

Beim Gedanken an die Hochzeitsnacht wurde ihr heiß, und nur mit äußerster Selbstdisziplin gelang es ihr, sich wieder auf das Gesprächsthema zu konzentrieren.

„Ich habe fest vor, noch weitere Katzenasyle zu gründen.“

„Ausschließlich in den Staaten?“

Eva war überrascht: Alex hörte ihr zu und nahm Anteil an ihren Projekten! Das war die Gelegenheit, einen Flirt zu beginnen. Sollte sie jetzt ihre Wimpern ins Spiel bringen? Oder verführerisch die Lippen öffnen?

Das lag ihr nicht und schien ihr auch zu aufgesetzt. Sie blieb natürlich und lächelte ihn lediglich freundlich an. „Ja, nur in den Staaten. Grennady ist ein Agrarland, Hunde und Katzen werden hier vor allem als Nutztiere gehalten und in der Regel verantwortungsvoll behandelt.“

„Interessant.“ Alex erwiderte ihr Lächeln und sah ihr dabei tief in die Augen. Nervös griff sie zu ihrem Glas und trank einen Schluck. Den Versuch, sich in das Gespräch ihrer Mutter mit Alex’ Eltern einzumischen, gab sie auf. Die drei sprachen über einen Roman, den sie nicht gelesen hatte.

„Und wer finanziert deine Katzenheime?“, fragte Alex weiter.

„Ich. Ich…“ Eva verstummte, weil ihr wieder einfiel, wie ungewiss ihr Leben geworden war.

Ihre letzte monatliche Apanage hatte sie vor zwei Wochen erhalten. Bevor ihr Vater nicht zurückkehrte oder sie entsprechende Vollmachten erhielt, würde sie keine größeren Geldgeschäfte tätigen können.

Ich bin der Sponsor, besser gesagt, ich war es.“ Sie lächelte traurig. „Solange mein Vater verschwunden ist, stehen mir keine Mittel zur Verfügung. Wenn sich mein Vater nicht bald zurückmeldet, werden mindestens vier Heime schließen müssen.“

„Die Sache mit deinem Vater tut mir leid.“

Eva hob stolz den Kopf. Sie wollte kein Mitleid.

„Bisher ist noch nichts offiziell. Wenn er sich wirklich scheiden lassen will, wird es wahrscheinlich noch Monate dauern, bis die Kompetenzen geregelt sind. Bis dahin muss ich zusehen, wie ich finanziell über die Runden komme.“

Sie hatte noch nicht ganz ausgeredet, als der Butler einer Frau in einem perfekt geschnittenen grünen Kostüm und farblich dazu passenden Pumps die Tür öffnete. Außer ihrer Handtasche hatte sie ein großes schwarzes Buch und einen Tablet-PC dabei.

Sofort unterbrach König Ronaldo seine Unterhaltung und stand auf.

„Königin Karen, Prinzessin Eva, hiermit möchte ich Ihnen unsere Palastsekretärin Sally Peterson vorstellen. Sie möchte mit uns die Organisation der Hochzeitsfeierlichkeiten besprechen.“

Sally Peterson setzte sich, legte Terminplaner und Tablet vor sich auf den Tisch und wandte sich an Eva.

„Es stehen drei Termine zur Auswahl, Prinzessin“, begann sie. „Das zweite Wochenende im April und das erste im März. Der früheste Termin wäre das zweite Wochenende im Februar, an dem der Samstag gleichzeitig Valentinstag ist.“

Eva war wie vor den Kopf gestoßen, und Alex griff nervös zum Glas. Bestenfalls knapp drei Monate Galgenfrist, schlimmstenfalls vier Wochen!

„Damit erübrigt sich wohl jede weitere Diskussion“, kam König Ronaldo allen zuvor. „Der Valentinstag ist einfach ideal.“ Er stand auf und ging zur Tür. „Komm, Alex, wir beide stören nur. Die Damen werden jetzt über Aussteuer, Brautkleid und Gästeliste sprechen wollen.“

„Entschuldigung, Königliche Hoheit, so einfach ist das nicht“, widersprach Sally. „Ich muss wissen, welches Budget mir zur Verfügung steht und wer für welche Kosten aufkommt.“

Eva blickte entsetzt ihre Mutter an, die bei Sallys Worten blass geworden war, und suchte fieberhaft nach einer Notlüge.

„Ich bin nicht informiert … Meine Mutter und ich …“

Alex’ Gedanken überschlugen sich. Wie er gerade erfahren hatte, verfügten Eva und ihre Mutter zurzeit nicht über Bargeld. Mit anderen Worten, Xaviera würde die Kosten für die Hochzeit, die ja traditionsgemäß von den Eltern der Braut übernommen wurden, offiziell von Grennady einfordern müssen. Das würde einen Riesenskandal geben und Eva wäre blamiert. Er sah seinen Vater bedeutungsvoll an.

„Ich meine, in Anbetracht der Umstände sollte unser Land die Hochzeit bezahlen. Schließlich bestehen wir auf einer Heirat ausgerechnet zu diesem für Grennady ungünstigen Zeitpunkt und haben uns selbst nicht buchstabengetreu an den Vertrag gehalten. Eva bekommt nicht den Thronfolger, der ihr versprochen worden war.“

Während ihre Mutter sichtlich erleichtert aufatmete, blickte Eva erstaunt auf. Hatte Alex nicht eben noch angekündigt, die Hochzeit mit allen Mitteln verhindern zu wollen?

König Ronaldo runzelte die Stirn und dachte einen Moment lang nach. Dann lächelte er und nickte. „Tatsächlich, Alex hat recht. Alles, was mit der Hochzeit zusammenhängt, wird aus unserer Kasse bezahlt.“

Sally Peterson schnappte hörbar nach Luft. „Aber Königliche Hoheit…“

„Kein Aber, Sally, der Beschluss steht.“

Sally senkte den Kopf und machte sich Notizen.

„Schön“, sagte sie anschließend und erhob sich. „Ich werde uns jetzt Kaffee in den Salon bringen lassen, damit wir Frauen uns dort besprechen können. Als Erstes werden wir uns auf einen Designer für das Brautkleid einigen müssen.“

Sie verließ mit König Ronaldo den Raum, und Karen und Rose begannen sofort die Kleiderfrage zu diskutieren. Eva ging zu Alex und drückte ihm die Hand.

„Danke.“

Alex’ Wangenknochen röteten sich aus Ärger über sich selbst. Dies wäre die ideale Gelegenheit gewesen, die Hochzeit platzen zu lassen. Warum hatte er die Chance verstreichen lassen?

„Keine Ursache“, antwortete er gespielt ruhig. „Die Feier wird ja sowieso nicht stattfinden. Die bis zur offiziellen Absage angefallenen Kosten wird Xavieras Haushalt leicht verkraften.“

„Wie dem auch sei, auf alle Fälle hast du meiner Mutter und mir eine große Peinlichkeit erspart, vielen Dank, Alex.“

Er sah sie von der Seite an. „Geht deine Dankbarkeit so weit, mich aus der Pflicht zu entlassen?“

Sie zwinkerte ihm zu und schüttelte den Kopf. „Nein, so selbstlos bin ich dann doch nicht.“

„Oh Eva, der Mann, der deinem Charme widerstehen kann, muss erst geboren werden. Wenn ich mich nicht vorsehe, bin ich bald Wachs in deinen Händen.“

Sie senkte die Lider. „Ist dir das unangenehm?“

Alex musste sich beherrschen, Eva nicht zu küssen. Sie war unbeschreiblich süß – und genau das war sein Problem.

Wenn er Eva heiratete, geriet er in Gefahr, sich tatsächlich in sie zu verlieben. Das wäre sein Untergang. Er hatte seine Mutter geliebt und sie verloren, und er hatte Nina geliebt und sie verloren. Mehr konnte er nicht verkraften.

„Du gefällst mir, so wie du bist, Eva, trotzdem steht heiraten für mich nicht auf dem Plan. Und glaub es mir, du wirst bestimmt jemanden finden, der besser zu dir passt als ausgerechnet ich.“

3. KAPITEL

König Ronaldo unterschrieb in aller Ruhe einen Brief. Erst dann lehnte er sich zurück und sah Alex an, der in einem der Besucherstühle vor dem Schreibtisch saß und wartete.

„Du musst Eva heiraten, Alex. Es gibt keine andere Möglichkeit.“

„Das ist doch lächerlich, Dad! Wir leben nicht mehr im Mittelalter, heute werden keine Babys mehr aus politischen Gründen miteinander verkuppelt.“

„Stimmt, doch der Vertrag bietet uns einen idealen Vorwand für die Heirat zwischen Eva und dir – übrigens vielen Dank, dass du das finanzielle Problem so geschickt und elegant gelöst hast. Ich hatte es ehrlich gesagt übersehen.“

Alex freute sich zwar über das seltene Lob, war jedoch irritiert. „Vorwand? Wie soll ich das denn verstehen?“

„Die Lage in Grennady ist höchst brisant. Es ist an der Zeit, dass du über alles Bescheid weißt: Evas Vater hat ihre Mutter nicht wirklich verlassen.“

„Wie bitte?!“

„Buchstäblich in letzter Minute hat König Mason von einem geplanten Anschlag auf sich erfahren und konnte sich gerade noch in Sicherheit bringen. Sein Zwillingsbruder Prinz Gerard wollte ihn kaltblütig ermorden lassen, um dann als trauernder Nachfolger rechtmäßig den Thron zu besteigen.“

Alex blickte seinen Vater fassungslos an. „Mein Gott!“ Dann kam ihm ein furchtbarer Gedanke: „Aber König Masons Nachfolger ist doch Eva und nicht Gerard!“

„Eben. Deshalb sollte auch sie beseitigt werden.“

Das Herz des Prinzen klopfte wie wild. „Man wollte Eva ermorden?!“

König Ronaldo nickte. „Gerard wollte einen Überfall auf den Palast inszenieren, bei dem Vater und Tochter ums Leben kommen sollten. Damit wäre der Weg für ihn frei gewesen. Seine Rechnung ist nur deswegen nicht aufgegangen, weil Mason Wind von der Sache bekommen hat und abgetaucht ist.“ Ronaldo blickte seinem Sohn ernst in die Augen. „Doch besonders Eva befindet sich immer noch in Gefahr. Daher kam der alte Vertrag mit der Eheklausel wie gerufen. Er hat uns als Vorwand gedient, Eva und ihre Mutter nach Xaviera zu holen und damit in Sicherheit zu bringen.“

„Sicherheit? Bringen die vielen öffentlichen Auftritte und der ganze Medienrummel um die Hochzeit Eva nicht in noch größere Gefahr?“

„Nein. Solange über jeden ihrer Schritte berichtet wird und sie ständig von Reportern umlagert ist, kann Gerard sie nicht heimlich beseitigen lassen. Er kann sie auch nicht als Geisel nehmen, um Mason zu erpressen, freiwillig auf den Thron zu verzichten. Gerards Plan geht nur auf, wenn Masons und Evas Tod als Unfall durchgehen.“

Alex ärgerte sich darüber, dass sein Vater ihn die ganze Zeit im Unklaren über die wahren Verhältnisse gelassen hatte. Doch die Strategie seines Vaters klang durchaus sinnvoll.

Ronaldo blickte seinem Sohn fest in die Augen. „Das Gelingen meines Plans hängt hauptsächlich von dir ab, Alex, und ich verlasse mich auf dich. Für die nächsten vier Wochen musst du den bis über beide Ohren verliebten Bräutigam spielen, der vor lauter Eifersucht seine Angebetete keine einzige Sekunde aus den Augen lässt.“

Der Prinz zögerte keinen Moment. „Ich verstehe, Dad. Ich verspreche dir, mein Möglichstes zu tun.“

„Sobald wir den Hochzeitstermin bekannt gegeben haben, werden die Reporter über uns herfallen wie eine Meute hungriger Wölfe.“ Ronaldo lehnte sich vor und stützte die Arme auf den Schreibtisch. „Wir haben uns deshalb für einen so kurzfristigen Termin entschieden, damit ein Ereignis das nächste jagt. Das Interesse an der Märchenhochzeit darf nicht abflauen. Außerdem ist König Mason überzeugt, die Intrige innerhalb der nächsten vier Wochen aufdecken zu können und Gerard unschädlich zu machen.“

„Wie will er vorgehen?“

„Während alle Welt glaubt, er sei mit seiner Sekretärin durchgebrannt, ist er in den Untergrund gegangen, um inkognito nach Beweisen zu suchen, um seinen Zwillingsbruder inhaftieren zu können. Da er sich noch nicht sicher ist, wem er noch trauen kann, mussten Karen und Eva möglichst schnell außer Landes gebracht werden. König Mason wollte unter keinen Umständen das Leben seiner Tochter gefährden.“

Als Alex an die Gefahr dachte, in der Eva schwebte, fühlte er heiße Wut in sich lodern. Doch er beherrschte sich und nickte nur stumm. Ganz fremd war ihm das Thema nicht. Auch im Palast von Xaviera hatte es Intrigen gegeben.

„Morgen werden wir auf einer Pressekonferenz offiziell eure Verlobung und den Hochzeitstermin bekannt geben“, erklärte Ronaldo. „Heute Nachmittag musst du dich daher mit Eva in der Öffentlichkeit zeigen.“

„Erwartest du von mir, den leidenschaftlichen Liebhaber zu spielen?“

„Nein, nicht sofort, das wäre zu plump. Jeder weiß, dass ihr beide euch so gut wie gar nicht kennt, euer Verhältnis muss sich daher erst entwickeln. Nach der Pressekonferenz wirst du Eva euren künftigen Wohnsitz zeigen. Das ist genau das, was Reporter lieben. Und die verstärkten Sicherheitsvorkehrungen wird niemand für ungewöhnlich halten, da jetzt gleich zwei VIPs zu schützen sind.“

„Okay.“ Alex erhob sich.

Ronaldo folgte seinem Beispiel. „Und noch etwas, Alex. Falls es Mason innerhalb der nächsten vier Wochen nicht gelingen sollte, die Verschwörung aufzudecken, wirst du Eva tatsächlich heiraten.“

„Das verspreche ich dir.“

Für Evas Sicherheit würde Alex alles tun.

Währenddessen hatten sich die Frauen in den Salon zurückgezogen, blätterten in Modejournalen und begutachteten Stoffmuster. Eva verhielt sich sehr zurückhaltend, die Königinnen Karen und Rose dagegen stürzten sich mit Feuereifer in die Diskussion selbst der kleinsten Details.

Sallys ganze Kompetenz war gefordert, um alles zu protokollieren. Als eine Nachricht auf ihrem Tablet einging, wandte sie sich an Eva.

„Prinzessin, Prinz Alex möchte sich um vierzehn Uhr am Westeingang mit Ihnen treffen. Er will Sie zum Essen in ein bekanntes Restaurant auszuführen, um das erste Mal öffentlich als Paar aufzutreten. Die Bodyguards werden die Reporter zwar auf Abstand halten, aber dennoch müssen Sie darauf vorbereitet sein, das eine oder andere Mikrofon hingehalten zu bekommen. Doch die Situation wird ja nicht neu für Sie sein.“

Eva nickte. Seit sie alt genug war, sich zusammenhängend zu äußern, hatte ihr Vater sie ermuntert, selbstbewusst auf Fragen von Reportern zu antworten.

Dad! Tränen stiegen ihr in die Augen. Das erste Mal in den sieben Tagen, die seit dem Verschwinden ihres Vaters vergangen waren, erlaubte sie sich Gefühle für ihn. Wie sie ihn vermisste! Von klein an hatte sie seine Fürsorglichkeit und seinen Humor geliebt. Wie hatte er ihre Mutter und sie nur so kaltblütig im Stich lassen können! Es war ihr unbegreiflich.

Doch sie durfte sich jetzt keine Schwäche erlauben! Entschlossen stand Eva auf. „Ich treffe mich mit Alex zum Essen“, erklärte sie Karen und Rose. „Es wird höchst Zeit, mich umzuziehen.“

„Mach dich hübsch und genieß das Date, so wie es sich für eine glückliche Braut gehört.“ Karen küsste ihrer Tochter die Wange.

Auch von Rose bekam Eva einen Kuss. „Mach dir keine Sorgen, Darling“, riet sie und lachte. „Dominic und Ginny standen vor dem gleichen Problem. Sie kannten sich nur eine Nacht und heirateten überstürzt, weil Ginny mit dem zukünftigen Thronerben schwanger war. Jetzt sind sie das glücklichste Paar der Welt. Alex und dir wird es nicht anders gehen, da bin ich mir ganz sicher.“

„Vergessen Sie bitte nicht, sich möglichst schnell für einen Designer zu entscheiden, Prinzessin“, gab Sally ihr in letzter Minute noch mit auf den Weg. „Die Zeit drängt, und das betreffende Atelier wird umgehend Ihre Maße nehmen wollen.“

Eva stand vor dem Spiegel und betrachtete sich kritisch. Sie trug eine schwarze Hose, dazu ein weißes Top, hatte ihr Haar aus der Stirn gekämmt und im Nacken zusammengesteckt.

Sie wirkte wie eine Tochter aus bestem Hause, konventionell und – brav!

Prinz Alex dagegen würde, wenn sie nicht alles täuschte, äußerst lässig gekleidet zu der Verabredung erscheinen. Zum einen, weil er es so gewohnt war, zum anderen jedoch bestimmt auch aus einem konkreten Grund.

Er wollte aller Welt demonstrieren, welch ungleiches Paar sie waren. Das Essen war von ihm garantiert nicht als romantisches Date geplant. Ganz im Gegenteil, er wollte sie vor die Kameras der Reporter locken, damit jeder sehen konnte, wie schlecht die biedere Prinzessin von Grennady zu ihm, einem lebenslustigen Playboy, passte. Die Medien würden das Thema nach allen Regeln der Kunst ausschlachten und sie wäre die Blamierte.

Das durfte nicht sein!

Ärgerlich entfernte sie die Haarnadeln und schüttelte energisch den Kopf, bis ihr die langen schwarzen Locken offen auf die Schultern fielen. Das sah schon besser aus, aber immer noch nicht gut genug.

Sie öffnete die Schranktür und griff entschlossen zu einer Caprijeans und einem Top aus türkisfarbener Seide. Es besaß Spaghettiträger, war kunstvoll bestickt und knisterte bei jeder Bewegung. Sie kam sich äußerst verführerisch darin vor, und das war gut so. In den Videos, die sie sich im Internet angesehen hatte, war stets betont worden, dass die Kunst des Flirtens hauptsächlich darin bestand, von sich selbst überzeugt zu sein.

Alex wollte sie offensichtlich manipulieren, von sich aus auf die Eheklausel des Vertrages zu verzichten. Doch er hatte sich in ihr getäuscht. Sie würde ihn so verrückt nach sich machen, dass er sie um jeden Preis besitzen wollte. Einen anderen Ausweg gab es nicht.

Schnell verstaute sie Lippenstift, Handy und andere Kleinigkeiten in einer modischen Clutch und eilte zum Westausgang.

Voller Genugtuung stellte sie fest, wie Alex bei ihrem Anblick erstaunt die Brauen hochzog. Wie sie vermutet hatte, trug er einfache Jeans, dazu Bootsschuhe und ein weißes Leinenhemd mit Stehkragen, das am Hals offenstand. Niemand hätte in dem lässig gekleideten, attraktiven jungen Mann den Prinzen von Xaviera vermutet.

Eva lächelte zufrieden. „Ich wusste es. Du wolltest allein durch deine Kleidung demonstrieren, wie schlecht wir zueinander passen. Doch ich habe den Spieß umgedreht und dich mit deinen eigenen Mitteln geschlagen. Jeder wird uns für ein ausgesprochen harmonisches Paar halten.“

Alex erwiderte ihr Lächeln, schüttelte jedoch den Kopf. „Du unterschiebst mir etwas, das nie in meiner Absicht lag. Außerdem kannst du tragen, was du willst, du siehst immer hinreißend aus.“

War das als Kompliment gemeint? Entgeistert sah sie ihn an.

„Wie bitte?“, fragte sie.

„Was du auch anziehst, du siehst hinreißend aus“, wiederholte er. „Aber mit deiner Vermutung liegst du völlig daneben. Ich wollte mich heute lediglich mit dir zeigen, weil wir morgen auf einer Pressekonferenz unseren Hochzeitstermin bekannt geben.“

Jetzt verstand Eva gar nichts mehr. „Unseren Hochzeitstermin? Du willst mich doch gar nicht heiraten.“

„Vielleicht doch, die Idee hat durchaus etwas für sich.“ Er hakte sie ein und führte sie zu einem schwarzen Cabrio, dessen Verdeck allerdings geschlossen war.

Eva stieg ein. Ihre Gedanken überschlugen sich. Woher kam dieser plötzliche Sinneswandel? Warum spielte er plötzlich den heiratswilligen Bräutigam und machte ihr Komplimente? Beabsichtigte er wirklich, seine Prinzipien zu verraten und sein Junggesellendasein aufzugeben?

Was auch in seinem Kopf vorgehen mochte, sie würde die nächsten Stunden nutzen, um Alex verliebt in sich zu machen. Doch sie wollte behutsam beginnen und nichts überstürzen. Ihr Benehmen sollte möglichst natürlich wirken.

„Für mich ist dein Land traumhaft schön.“ Sie legte den Kopf an ...

Autor

Sharon Kendrick
<p>Fast ihr ganzes Leben lang hat sich Sharon Kendrick Geschichten ausgedacht. Ihr erstes Buch, das von eineiigen Zwillingen handelte, die böse Mächte in ihrem Internat bekämpften, schrieb sie mit elf Jahren! Allerdings wurde der Roman nie veröffentlicht, und das Manuskript existiert leider nicht mehr. Sharon träumte davon, Journalistin zu werden,...
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Lynne Graham
<p>Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen. Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem Schreiben....
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