Auch ein Boss kann zärtlich sein

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Sofia sollte ihren sexy neuen Boss Ram Jordan hassen. Schließlich hat sein Vater ihre Familie zerstört! Doch als sie bei einer Gala in Las Vegas die Hotelsuite mit Ram teilen muss, kann sie der wachsenden erotischen Spannung zwischen ihnen trotz allem nicht widerstehen …


  • Erscheinungstag 20.07.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733734466
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

Los Angeles, April 1991

„Sofia Wellesley, willst du meine Frau werden?“

Die braunen Augen der Zehnjährigen blitzten, als Ramell Jordan ihr den Strauß aus Gänseblümchen hinhielt. Gänseblümchen waren Sofias Lieblingsblumen und riefen immer ein Lächeln bei ihr hervor – was er sehr wohl wusste. Was jedoch seine Frage betraf: Sie würde so tun, als habe sie diese nicht gehört.

„Für mich? Danke.“ Sie nahm die Blumen und hielt sie sich unter die Nase, um ihren frischen Frühlingsduft einzuatmen.

Ram wartete. Sein breites Lächeln wich einem Stirnrunzeln. „Bekomme ich denn keine Antwort auf meine Frage?“

„Welche Frage meinst du?“, fragte sie geistesabwesend, während sie in ihrem rosafarbenen Sommerkleidchen durch den Garten zu schweben schien.

„Komm schon. Du weißt, was ich meine.“ Er blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe dich während der letzten zwei Wochen jeden Tag gefragt.“

Sofia ging weiter und roch an ihren Blumen. Sekunden später folgte Ram ihr, genau, wie sie es erwartet hatte.

„Und?“ Er sah sie fragend an.

„Ich habe dir gesagt, dass ich darüber nachdenken muss. Eine Ehe ist eine sehr ernste Sache im Leben eines Mädchens. Das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.“ Sie wiederholte die Mahnung ihrer Mutter fast wörtlich. „Und nur weil ich dich schon mein ganzes Leben lang kenne, heißt das nicht, dass wir immer zusammenbleiben müssen. Es kann doch sein, dass wir mit anderen Menschen leben möchten, wenn wir erwachsen sind.“

„Mit welchen anderen Menschen?“

Sofia zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Es gibt doch Trillionen Menschen auf der Welt.“

„Du willst Dates mit einer Trillion Jungen haben?“ Er sah sie fassungslos an. „Weißt du, wie lange das dauern würde?“

„Keine Ahnung. Vielleicht fünf Jahre?“

„Fünf Jahre ist eine ganz schön lange Zeit.“

„Momma sagt, wenn ein Junge mich wirklich mag, dann wartet er, ganz gleich, wie lange es dauert.“

„Und was soll ich machen, während du eine Trillion Dates hast? Am Computer spielen?“

„Sei doch nicht doof! Du tust, was alle Jungen tun: Du arbeitest und verdienst viel Geld.“

„Ich soll arbeiten, während du ein Date nach dem anderen hast? Das ist nicht fair!“

„Ich arbeite doch auch.“ Sie strahlte ihn an. „Ich werde mit meinem Dad und Onkel Jacob arbeiten. Ich werde mit Filmstars zu tun haben, mit Regisseuren, mit Drehbuchautoren – was auch immer du dir nur vorstellen kannst.“

„Du willst arbeiten und gleichzeitig eine Trillion Dates haben?“ Er schüttelte den Kopf. „Das dauert doch alles ewig! Wir werden steinalt sein – vielleicht dreißig oder sogar fünfunddreißig.“

Sofia zog die Brauen in die Höhe. „Willst du mich nicht mehr, wenn ich alt bin?“

„Was? Nein, das habe ich nicht gesagt.“ Ram ruderte zurück. „Ich möchte immer mit dir verheiratet sein, ganz gleich, ob du jung oder alt bist.“

„Wo ist dann das Problem?“

„Wir hatten kein Problem – bis du gesagt hast, dass du Dates mit einer Trillion Jungen haben willst. Wenn du eine kleinere Zahl nehmen könntest …“

„Okay. Eine Million?“

„Weniger.“

„Zehntausend?“

„Weniger.“

„Hmm … Tausend?“

Ram schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Weniger als Tausend?“

„Viel weniger.“

„Hundert?“

„Noch weniger.“

„Fünfzig?“

Er schien zu rechnen. „Weniger“, forderte er dann.

„Ich gebe auf. Du bist ja blöd.“ Sofia stürmte davon.

„Okay. Wenn du mit anderen Jungs ausgehst, dann gehe ich mit anderen Mädchen aus. Und ich fange mit Twyla Henderson an.“

Sofia blieb abrupt stehen. „Was hast du gerade gesagt?“

Erfreut registrierte er, dass er endlich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. „Ich bitte Twyla Henderson um ein Date. Sie ist hübsch und ich weiß, dass sie mich mag.“

„Und du weißt auch, dass ich sie nicht ausstehen kann.“

„Egal. Zu mir ist sie immer nett.“ Ram wandte sich ab und ging in entgegengesetzter Richtung davon – so, wie Sofia es sonst immer tat. Er grinste, als er hörte, dass sie ihm folgte.

„Ramell Jordan, ich verbiete dir, dich mit dieser Knubbel-Knie-Kuh zu treffen!“

Er lachte. „Knubbel-Knie-Kuh?“

„Genau.“ Sie funkelte ihn empört an.

„Ich weiß nicht.“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist doch unfair! Du darfst unendlich viele Dates haben und ich nicht einmal ein einziges?“

„Du kannst jedes Mädchen nehmen, aber nicht sie!“

„Okay. Wie wäre es mit Jill Marshall?“

Sofias Gesicht verzog sich voll Abscheu. „Das Mädchen, das jeden Mittag Blasen in seine Milch pustet? Wieso solltest du mit ihm zusammen sein wollen?“

„Connie Woods?“

Sofia öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sie mochte Connie. Jeder mochte Connie. Als sie zögerte, nahm Ram ihr Schweigen als Zustimmung.

„Super! Dann gehe ich jetzt gleich zu ihr. Vielleicht hat sie Lust, mit mir in die Mall zu gehen oder zum Skaten.“

„Ramell Jordan, das wirst du nicht tun!“

Jetzt hatte er sie, aber es gelang ihm, seinen Triumph geschickt zu verbergen. „Wieso nicht?“

„Weil ich es dir verbiete“, sagte sie so, als sei das ein stichhaltiges Argument.

Er grinste breit. „Gib es zu! Du magst es nicht, wenn ich ein Date mit einem anderen Mädchen habe – genauso wie ich es nicht mag, wenn du Dates mit einer Trillion Jungs hast.“

Sofia presste die Lippen aufeinander. Sie hatte nicht die Absicht, irgendetwas zuzugeben.

Ram zuckte mit den Schultern. „Okay. Dann sehe ich doch mal, was Connie so treibt.“

Er hatte gerade ein paar Schritte gemacht, als Sofia sein Handgelenk packte, wobei sie die Hälfte ihrer Gänseblümchen fallen ließ. „Geh nicht!“

Ramell sah sie an. Wartete auf die richtigen Worte.

„Also gut. Ich gebe es zu. Ich möchte nicht, dass du mit anderen Mädchen gehst. So. Bist du jetzt glücklich?“

„Sehr.“ Er drehte sich zu ihr herum. „Und wie ist es mit der Heirat?“

„Sofia! Essen!“ Das war Gloria, die Haushälterin der Wellesleys.

Sofia lächelte erleichtert. „Wir sehen uns morgen!“ Sie rannte ins Haus.

„Warte!“, rief Ram ihr nach, aber sie war schon fort. Er seufzte schwer. „Frauen!“

Sofia lachte, weil es ihr wieder einmal gelungen war, Ram zu entkommen, ohne ihm eine Antwort gegeben zu haben. Natürlich ging das Spiel am nächsten Tag weiter, und sie musste sich neue Verzögerungstaktiken einfallen lassen. Sie hätte ja nichts dagegen gehabt, Ramell zu heiraten. Zweimal war es ihm gelungen, ihr unter der Eiche im Garten einen Kuss zu geben, und sie hatte es eigentlich sehr schön gefunden. Sofia mochte Ram. Und vor allem mochte sie es, wie seine dunklen Augen leuchteten, wenn er sie küsste. Aber sie waren beide erst zehn Jahre alt. Was sollte ein Mädchen da machen?

„Geh dir schon die Hände waschen“, bat Gloria. „Deine Eltern haben noch etwas zu besprechen. Wenn sie fertig sind, kommen sie auch zum Essen.“

Sofia rannte in ihr Schlafzimmer hinauf. Dort steckte sie die vier verbliebenen Gänseblümchen zu den anderen, die Ram ihr in dieser Woche gegeben hatte. Der Strauß war inzwischen fast so groß wie die Sträuße, die ihr Vater ihrer Mutter immer schenkte.

„Mrs. Sofia Jordan.“ Sie sagte den Namen ein paarmal vor sich hin, während sie sich dabei im Spiegel betrachtete. „Ramell und Sofia Jordan.“ Sie fand, es klang gut. Nachdem sie ihre Blumen noch ein wenig bewundert hatte, ging sie ins Bad. Auf dem Weg zurück nach unten warf sie einen Blick in das Zimmer ihrer Schwester.

Vor einem Jahr, als ihre Eltern Rachel nach Hause gebracht hatten, war sie alles andere als begeistert davon gewesen, nun eine kleine Schwester zu haben. Aber in dem Moment, als die Mutter ihr Rachel in den Arm gelegt hatte, hatte sich alles geändert. Das Baby war unglaublich winzig und süß. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sofia wusste sofort, dass sie wie eine zweite Mom für die Kleine sein würde. Und so war es auch gekommen.

Als sie sah, dass Rachel noch fest schlief, huschte Sofia auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Sie war auf halber Höhe, als sie laute Stimmen aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters hörte. Das Zimmer war tabu für sie, wenn die Tür geschlossen war, aber nun siegte die Neugier, und sie zog die Tür einen Spaltbreit auf.

Als erstes registrierte sie, dass das Gesicht ihres Vaters vor Zorn gerötet war.

„Du glaubst, ich wüsste nicht, was in meinem eigenen Haus vor sich geht?“

„John, John! Beruhige dich doch.“ Onkel Jacob, der Zwillingsbruder ihres Vaters, versuchte, ihn von Emmett Jordan fortzuziehen.

„Nein, Jacob. Warte, bis du hörst, was dieser … dieser Bastard …“

„John!“, schrie Sofias Mutter.

„Dieser Verräter“, brüllte er, „hat sich hinter meinem Rücken an meine Frau herangemacht!“ Sein Blick glitt zu seiner Frau. „Stimmt es nicht, Vivian?“

„Nein, John!“

„Lüg mich nicht an!“ Er wollte sich auf sie stürzen, aber Onkel Jacob ging dazwischen.

Vivian stieß einen Schrei aus und wich zurück.

„Ich weiß, was hier vorgeht. Ich habe euch mit eigenen Augen gesehen!“

Ihre Mutter verbarg das Gesicht hinter den Händen und schluchzte.

Ihr Vater tobte weiter. „Okay! Du willst sie – du kannst sie haben. Aber meine Kinder und meine Firma bekommst du nur über meine Leiche.“

„John, bitte!“, flehte Sofias Mutter.

Onkel Jacob hielt seinen Bruder fest. „Jetzt müssen sich alle erst einmal beruhigen.“

„Beruhigen?“ John entwand sich dem Griff seines Bruders. „Verschwindet doch alle aus meinem Haus!“

Eine Hand landete auf Sofias Schulter. Vor Schreck wäre sie fast einen Meter in die Luft gesprungen.

„Was machst du hier?“, zischte Gloria.

„Ich habe nur … ich …“

„Sofia?“ Vivian Wellesley sah entsetzt zu ihnen herüber. „Bringen Sie sie fort!“

„Ja, Ma’am.“ Gloria packte Sofia am Arm und schloss die Tür.

„Was ist da los, Gloria?“ Sofia hatte Angst. Noch nie hatte sie ihren Vater so wütend gesehen.

„Mach dir keine Sorgen“, sagte die Haushälterin, während sie mit ihr ins Esszimmer ging. „Das geht nur die Erwachsenen etwas an. Es betrifft dich nicht.“

Es betraf sie nicht? Gerade hatte ihr Vater ihre Mutter und Ramells Vater beschuldigt, hinter seinem Rücken gemeinsame Sache zu machen. Er hatte ihm vorgeworfen zu versuchen, ihm seine Firma zu nehmen – eine Firma, in die er und Onkel Jacob viel Arbeit investiert hatten. Alle wussten, wie sehr ihr Vater seine Firma liebte. Und ihre Mutter – wie konnte sie nur?

Sofia ließ sich auf ihren Stuhl sinken und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie kannte den Grund. Emmett Jordan war genauso ein Charmeur wie sein Sohn, Ramell. Keinem von beiden war zu trauen.

Niemals.

Und bei dieser Überzeugung blieb es für lange Zeit, denn zwei Tage nach dieser Szene kamen Sofias Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

1. KAPITEL

Los Angeles, heute

Sofia lehnte sich gegen den Schreibtisch des Arztes, den Kopfhörer ins Ohr geklemmt, während ihre Finger über das Display ihres Tablet-Computers flogen.

„Tut mir leid, Larry, aber das ist ausgeschlossen. Du hast Ethan Chambers nur für zwei Staffeln von Paging the Doctor gebucht. Und du bist billig davongekommen, wenn du mich fragst. Wenn du ihn für weitere vier Jahre haben willst, dann musst du mir ein Angebot machen, das meine Intelligenz nicht beleidigt.“

Sie achtete nur mit einem halben Ohr auf die Reaktion von Larry Franklin, weil sie wusste, dass an diesem Punkt der Verhandlungen alle Studios auf ihre begrenzten Mittel verwiesen und die Bedeutung des Stars für die Serie herunterzuspielen versuchten. In diesem Fall spielte das alles keine Rolle, weil Ethan Chambers auf sämtlichen Titelseiten der Regenbogenpresse hochgejubelt wurde – trotz des kleinen Skandals, den es vor einigen Monaten dank einiger Paparazzi mit ihm und ihrer Schwester gegeben hatte.

„Wenn du das so siehst, Larry, dann sollten wir den Vertrag einfach auslaufen lassen − und ich kümmere mich stattdessen um die vielen Filmangebote, die ich für ihn bekomme. Du weißt, dass Denzel Washington in einer Ärzteserie angefangen hat und dann beim Film ganz groß herausgekommen ist. Das könnte hier genauso funktionieren. Schließlich hat Ethan nicht nur das nötige Aussehen, sondern auch das Talent dafür.“

„Verdammt, Sofia. Du bist wirklich beinhart!“

Sie lächelte amüsiert. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Das kann ich mir denken.“ Er lachte. „Genauso wie ich mir denken kann, dass deine Unnachgiebigkeit nichts damit zu tun hat, dass Ethan demnächst dein Schwager wird.“

„Da hast du recht. Ich kämpfe für alle meine Klienten.“

„Also gut. Ich schicke dir ein neues Angebot.“

„Ich lasse mich überraschen.“ Sofia beendete das Gespräch. Ihr Handy klingelte gleich wieder. Sie wollte das Gespräch gerade annehmen, als die gelangweilte Stimme von Dr. Turner sie zusammenfahren ließ.

„Glaubst du, du hättest jetzt ein paar Minuten für deinen Check-up?“

Sofia lächelte betreten. „Tut mir leid, Brian.“ Sie stellte den Klingelton des Handys rasch auf Vibrationsalarm um und legte Handy und Tablet beiseite.

„Wie viel Zeit habe ich, bis es wieder losgeht?“, erkundigte er sich trocken, während er ihre Patientenkarte aufschlug.

„Zwei Minuten“, sagte sie ehrlich. Sie war süchtig nach ihren elektronischen Spielzeugen, und alle wussten es.

Ihr langjähriger Freund und Arzt schüttelte den Kopf. „Ich habe es schon einmal gesagt, und ich wiederhole es: Du arbeitest zu viel, Sofia.“

„Sei nicht albern. Wenn man das, was man tut, gern macht, dann gilt es nicht als Arbeit.“

Dr. Turner schüttelte immer noch den Kopf, während er ihr die Manschette zum Blutdruckmessen um den Arm legte. „Wann hast du das letzte Mal Urlaub gemacht?“

Sofia versuchte sich zu erinnern. „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Es dürfte ein paar Jahre her sein.“ Sie versuchte, einen Blick auf das Display ihres vibrierenden Handys zu bekommen.

„Lass den Anrufbeantworter rangehen“, befahl der Arzt, während er Luft in die Manschette pumpte.

Sie versuchte so zu tun, als beachte sie ihr Handy nicht.

„Nicht gut“, bemerkte er, während er in sein Stethoskop lauschte und den Ausschlag der Nadel betrachtete.

„Was?“ Sofia sah ihn fragend an.

„Dein Blutdruck ist zu hoch. Wieder!“ Er löste die Manschette von ihrem Arm. „Hör mal, Sofia, ich spreche als dein Arzt und dein Freund. Du musst deinen Stress reduzieren. Wenn du so weitermachst, brichst du bald zusammen.“

„Hmm.“ Sofia verkniff sich einen Kommentar. Hätte sie einen Cent für jede Warnung dieser Art bekommen – besonders von ihrem Onkel Jacob –, dann könnte sie mit dem Vermögen von Bill Gates gleichziehen.

„Es ist mir wirklich ernst, Sofia. Du musst Stress abbauen.“ Brian zog seinen Rezeptblock heran.

„Was machst du?“, fragte sie entgeistert.

„Ich verschreibe dir ein Medikament.“

„Na super. Wo ist dann das Problem? Ich werfe eine Pille ein und alles ist gut.“

„Nein, so einfach ist das nicht. Du musst deinen Stress reduzieren und darauf achten, dass du dich gesund ernährst. Sonst geht es dir wie vielen anderen Workaholics − und du bist auf dem besten Weg in ein frühes Grab.“ Er reichte ihr das Rezept.

Sofia mochte seine Taktik nicht, ihr Angst einzujagen. „Ist das dann alles?“

„Was macht dein Liebesleben? Triffst du dich mit jemandem?“

„Was zum Teufel hat das damit zu tun?“

„Ich nehme mal an, das heißt Nein.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Du musst dich entspannen. Ein Privatleben haben. Jemanden kennenlernen.“

Limelight ist mein Leben. Mehr brauche ich nicht.“

Eine halbe Stunde später betrat Sofia die Büros von Limelight Entertainment Management. Sie schaltete zwischen zwei Gesprächen auf ihrem Handy hin und her. Während sie ihre Verhandlungen führte, nickte sie den Angestellten einen Morgengruß zu.

„Mrs. Wellesley, Ihr Onkel möchte Sie im Konferenzraum sehen“, flüsterte Sarah Cole, ihre Assistentin, ihr zu. „Er sagte, ich solle Sie sofort hinbringen, sobald Sie hier eintreffen.“

Sofia ignorierte die Bitte, indem sie einfach zu ihrem Büro weiterging. Ihr Onkel Jacob war der letzte Mensch, mit dem sie sprechen wollte. Trotz ihres Protests hatte er die Fusion ihres Familienunternehmens mit Artist Factory, Inc. – der Agentur von Emmett und Ramell Jordan – durchgezogen. Es war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. Sie wusste nicht, ob sie ihm je verzeihen können würde.

Sie betrat ihr Büro – und sah ihren Onkel auf der Couch sitzen. „Larry, mir ist gerade etwas dazwischengekommen. Ich rufe dich zurück.“ Mit einer Fingerbewegung schaltete sie auf das zweite Gespräch um. „Ich rufe dich zurück, Frasier.“ Sie ging zu ihrem Schreibtisch. „Was machst du hier?“

„Ich habe geahnt, dass du nicht in den Konferenzraum kommen würdest.“

„Ich habe zu tun, Onkel Jacob. Was gibt es?“ Sie ließ sich in ihren Sessel fallen und hatte den Blick bereits auf ihren Bildschirm gerichtet.

Jacob kam zu ihr. „Das Wichtigste zuerst. Wie war dein Besuch beim Arzt?“

„Alles in Ordnung.“

Er hob die Brauen. „Das Zittern, die gelegentlichen Schwindelanfälle und der Schmerz in der Brust – das ist alles normal für eine gesunde Frau von fünfunddreißig Jahren?“

„Alles gut. Dr. Turner sagt, mein Blutdruck ist ein wenig erhöht. Er hat mir ein Medikament verschrieben. Keine große Sache.“ Sie warf einen Blick auf die Uhr. „Wenn wir jetzt lange genug über meine Gesundheit gesprochen haben – ich habe noch eine Menge Telefonate zu erledigen.“

„Das kann warten. Wir müssen Einzelheiten der Fusion mit A. F. I. besprechen. Ich versuche schon seit einer Woche, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Du bist die Einzige, die ich nicht erreichen kann.“

„Du wolltest ja auch meine Meinung nicht hören, als ich sagte, dass ich diese Fusion für einen großen Fehler halte. Offenbar zählt meine Meinung nicht, auch wenn ich angeblich deine Stellvertreterin bin.“

Jacob stöhnte frustriert. „Ich habe nicht die Absicht, diese Entscheidung immer wieder mit dir zu diskutieren. Die Fusion ist beschlossene Sache. Ich weiß, dass auch dein Vater sie gutgeheißen hätte.“

„Das hätte er ganz bestimmt nicht getan!“

„Sofia!“

„Was? Ich bin einfach nur ehrlich. Du hast meine Offenheit immer geschätzt. Hat sich das auch geändert? Falls ja, lass es mich wissen, damit ich fortan den Mund halte.“

Jacob schlug die Faust auf den Tisch. „So langsam reicht es mir!“

Für einen Moment war Sofia sprachlos. Diesen Ton war sie nicht gewohnt.

„Ich respektiere deine Meinung in dieser Angelegenheit, aber noch bin ich hier der Chef. Unsere Fusion mit A. F. I. ist aus finanzieller Hinsicht sehr sinnvoll. Außerdem kann Ramell dir Arbeit abnehmen. Das solltest du nutzen.“

„Ich brauche Ramell Jordans Hilfe nicht.“

„Nutze sie dennoch. Um es klar und deutlich zu sagen: Ich befehle dir, einen Teil deiner Arbeit an ihn abzutreten. Keine weiteren Arbeitswochen von neunzig Stunden und mehr, Sofia. Du musst besser auf dich achtgeben.“

Sofia wollte protestieren, aber ihr Onkel unterbrach sie.

„Wenn du dich mir in diesem Punkt widersetzt, bleibt mir keine andere Wahl, als dich zu entlassen.“

„Was?“

„Wenn du dich nicht freiwillig um dich selbst kümmerst, muss ich dich zwingen, es zu tun.“ Ohne ihre Reaktion abzuwarten, ging er zur Tür. „Übrigens: Ramell Jordan wartet im Konferenzraum auf dich. Ich gebe dir fünf Minuten, bis du dort bist.“

2. KAPITEL

Ramell warf einen Blick auf die Uhr, während er gereizt auf und ab ging. Es ärgerte ihn, dass er nun schon eine gute Stunde auf Sofia wartete. Er wollte endlich die konkreten Schritte der Fusion mit ihr besprechen, obwohl er wusste, dass sie sich immer noch mit Händen und Füßen dagegen wehrte.

Wie ihr Onkel Jacob sah er den finanziellen Vorteil der Fusion. Vereint konnten sie den großen Agenturen der Stadt auf Augenhöhe begegnen. Als sein Vater und die Wellesleys ihre Agenturen vor Jahren gegründet hatten, hatten sie jeweils nur eine kleine Nische bedient. Doch inzwischen hatte Sofia das Portfolio enorm erweitert. Wenn sie ihre Büros in Los Angeles und New York zusammenlegten, setzten sie damit Kapital für neue Niederlassungen in Paris und London frei. Ramell sah darin nur Vorteile, Sofia lehnte alles ab. Limelight war für sie ein Familienunternehmen, und so sollte es bleiben. Ende der Diskussion.

Es hätte ihn nicht überraschen sollen. Seit fünfundzwanzig Jahren stieß er bei Sofia immer nur auf Abwehr. Er hätte inzwischen immun gegen den Schmerz sein sollen, aber dem war nicht so. Der Hauptgrund dafür war, dass er Sofia immer noch liebte, auch wenn sie mehr als deutlich gemacht hatte, dass sie es nicht ertrug, mit ihm im selben Raum zu sein.

Den Grund dafür kannte er nicht. Er wusste nur so viel: An einem Tag waren sie beste Freunde gewesen und hatten über Heirat gesprochen, vom nächsten Tag an hatte sie ihn gemieden wie die Pest. Da er zunächst angenommen hatte, dass es wieder nur eines ihrer Spielchen war, hatte er sein Versprechen wahr gemacht und ein Date mit Connie Woods gehabt. Sein einziges Ziel war dabei gewesen, Sofia aus der Fassung zu bringen. Falls er sein Ziel erreicht hatte, hatte sie es sich zumindest nicht anmerken lassen.

Bevor er der Sache auf den Grund gehen konnte, waren John und Vivian Wellesley bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Sie waren mit ihrer Privatmaschine auf dem Weg nach Aspen in Colorado gewesen. Die Nachricht von ihrem Tod war wie eine Schockwelle durch Hollywood gelaufen und hatte die Aufmerksamkeit aller Paparazzi auf die Familie gelenkt.

Die Nachricht war auch für die Jordans ein Schock gewesen. Ram erinnerte sich daran, dass sein Vater besonders betroffen gewesen war, weil es wenige Tage vor dem tödlichen Unfall einen Streit zwischen ihm und den Wellesleys gegeben hatte. Ramell hatte versucht, Näheres über den Streit zu erfahren, aber immer, wenn er das Thema anschnitt, wich sein Vater ihm aus. So war es bis heute, was umso erstaunlicher war, da er ein ausgesprochen gutes Verhältnis zu seinem Vater hatte. Hätte Ram es nicht besser gewusst, hätte er schwören können, sein Vater mache sich Vorwürfe wegen des Unfalls. Aber das war sicher Unsinn.

Er war davon ausgegangen, dass sich die ganze Situation beruhigen würde, nachdem Sofia und ihre Schwester Rachel zu ihrem Onkel und ihrer Tante gezogen waren. Aber dazu war es nie gekommen. Ram vermutete, dass Sofia wusste, was zwischen den Erwachsenen passiert war, aber sie schien so entschlossen wie alle anderen, ihn im Dunkeln zu lassen.

An seiner Liebe zu ihr änderte sich dadurch nichts. Wenn überhaupt, dann wuchs sie nur noch. Aus der Entfernung sah Ram zu, wie aus dem hübschen jungen Mädchen eine atemberaubende Frau wurde. Eine große, gertenschlanke Frau, die eher selbst wie ein Model aus einem Hochglanzmagazin wirkte als wie deren Agentin. In Sofia paarte sich Intelligenz mit Schönheit. Sie faszinierte jeden.

Der einzige Trost für ihn war, dass sie keinen anderen heiratete und Kinder mit ihm bekam. Er wusste nicht, ob er damit hätte leben können. Er musste jedoch mit ansehen, wie sie zu einem Workaholic wurde, um zu verwirklichen, was sie als den Traum ihres Vaters betrachtete. Natürlich waren auch seine Arbeitstage lang, seit er die Leitung von A. F. I. übernommen hatte, aber hin und wieder gelang es ihm doch einmal, sich für ein paar Stunden frei zu machen oder sogar einen Urlaub einzuschieben.

Das machte Sofia nie. Limelight war ihr Leben.

„Es tut mir leid, dass du warten musstest.“ Sofia stürmte in den Konferenzraum und würdigte Ramell keines Blickes.

Er fuhr herum. Sein Blick glitt über die langen Beine unter dem dunkelblauen Minirock. Sie setzte sich, und er registrierte unwillkürlich ihre schmale Taille, den flachen Bauch und ihre vollen Brüste, die förmlich nach einer Berührung zu schreien schienen. Allein ihr Anblick ließ seinen ganzen angestauten Ärger mit einem Schlag verfliegen. Das bedeutete jedoch nicht, dass er ihr die Lüge durchgehen lassen würde.

„Ich bezweifle, dass es dir leidtut.“ Er kehrte zu seinem Stuhl zurück.

„Wir sollten gleich zum Thema kommen.“ Sie schlug einen Ordner auf und begann, darin zu lesen, als sehe sie die Dokumente zum ersten Mal. Das bezweifelte er, weil allgemein bekannt war, dass sie eine wahre Aktenfresserin war. Während sie so tat, als konzentriere sie sich auf die Papiere, nutzte Ram die Zeit, um seinen Blick über ihre Züge gleiten zu lassen. Ihre langen Wimpern wirkten wie zwei perfekte schwarze Fächer. Die kräftigen Wangenknochen und das lange schwarze Haar verrieten das Erbe amerikanischer Ureinwohner, das irgendwo in ihrem Stammbaum verborgen sein mochte. Er hätte für den Rest des Tages so sitzen bleiben und ihren Anblick in sich aufsaugen können.

„Am besten ist wohl, wir entscheiden zuerst einmal, wer welche Abteilung übernimmt, damit es kein Kompetenzgerangel gibt.“

„Den Teil haben Jacob und ich bereits miteinander besprochen. Ich hatte eigentlich erwartet, dass du mir die Unterlagen einiger deiner Klienten bringst.“

Sofia sah ihn entgeistert an. „Wie bitte?“

Ram musste tief durchatmen. Schlimm genug, dass er hier sitzen musste und so tun, als ob ihr Parfum keine Wirkung auf ihn hatte. So zu tun, als ob der Anblick dieser vollen Lippen ihn kalt ließe, verlangte schauspielerische Fähigkeiten, die er nicht hatte. Er hüstelte und wandte den Blick ab. „Ich bin gekommen, um dir etwas von deiner Arbeit abzunehmen. Jacob hat gesagt …“

„Ich habe nicht vor, dir meine Klienten zu überlassen. Bist du verrückt?“

Ram sah sie einen Moment lang schweigend an.

„Ist dir klar, wie lange ich gebraucht habe, um diesen Bestand aufzubauen? Hast du eine Ahnung, wie viel Arbeit dazu gehört hat, diese Kontakte zu knüpfen?“

„Vergiss nicht, dass wir in derselben Branche arbeiten.“ Er versuchte, die Stimmung mit einem Lachen aufzulockern, aber es funktionierte nicht.

Sofia verschränkte die Arme unter ihren hübschen Brüsten und sagte nur ein Wort: „Nein.“

Ram zwang sich, den Blick zu heben. „Nein?“

„Gut. Ich sehe, wir verstehen uns.“ Sie sprang auf. „Da wir nun alles geklärt haben, kann ich ja wieder an die Arbeit gehen.“ Sie bedachte ihn mit einem eisigen Lächeln und schickte sich an zu gehen.

„Einen Moment mal.“ Ram hatte sich ebenfalls erhoben und packte sie an einem Handgelenk.

Autor

Adrianne Byrd
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