Collection Baccara Band 375

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

AUCH EIN BOSS KANN ZÄRTLICH SEIN von BYRD, ADRIANNE
Sofia sollte ihren sexy neuen Boss Ram Jordan hassen. Schließlich hat sein Vater ihre Familie zerstört! Doch als sie bei einer Gala in Las Vegas die Hotelsuite mit Ram teilen muss, kann sie der wachsenden erotischen Spannung zwischen ihnen trotz allem nicht widerstehen …

ZU HOCH GEPOKERT, BABY? von DENOSKY, KATHIE
Meins - oder deins? Schockiert erfährt Lane Donaldson, dass die betörend schöne Taylor die Hälfte seiner Ranch geerbt hat und jetzt alles für sich beansprucht. Es sei denn, er gewinnt im Poker gegen sie. Ein sinnlich gewagtes Spiel beginnt …

HEIß VERFÜHRT … ZUM HEIRATEN von GREENE, JENNIFER
"Okay, heiraten wir!" Widerstrebend nimmt Winona den Antrag ihres guten Freundes Dr. Justin Webb an, der seit Jahren um sie wirbt. Natürlich nur, um ihr Findelbaby adoptieren zu können. Nie hätte sie damit gerechnet, dass Justins Überraschungskuss ihr Verlangen weckt …


  • Erscheinungstag 03.01.2017
  • Bandnummer 0375
  • ISBN / Artikelnummer 9783733723361
  • Seitenanzahl 384
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Adrianne Byrd, Kathie DeNosky, Jennifer Greene

COLLECTION BACCARA BAND 375

ADRIANNE BYRD

Auch ein Boss kann zärtlich sein

Seit Jahren ist Ram heimlich in Sofia verliebt. Obwohl sie ihn in letzter Zeit gemieden hat, ohne dass er den Grund dafür weiß. Aber jetzt ist er ihr neuer Boss – und sie kann ihm nicht länger aus dem Weg gehen. Bei der nächsten Geschäftsreise will er ihr Vertrauen zurückgewinnen – auf seine ganz eigene verführerische Art und Weise!

KATHIE DENOSKY

Zu hoch gepokert, Baby?

Eine Ranch in Texas! Zumindest die Hälfte davon … Taylor sollte sich über ihr Erbe freuen. Aber die andere Hälfte gehört Pokerprofi Lane Donaldson. Und der ist nicht bloß unwiderstehlich sexy, er will die Ranch auch für sich allein. Sollte Taylor besser gleich verkaufen? Bevor der Playboy sie aus Berechnung verführt und mit gebrochenem Herzen zurücklässt …

JENNIFER GREENE

Heiß verführt … zum Heiraten

Seine gute Freundin Winona ist Dr. Justin Webbs Traumfrau. Doch leider zeigt sie ihm stets die kalte Schulter, sobald er mehr will. Da hilft ihm das Schicksal: Um ein Baby adoptieren zu können, muss Winona heiraten. Zwar besteht sie auf einer Zweckehe, doch das leidenschaftliche Feuer, das nach einem Kuss in ihren Augen lodert, straft ihre Worte Lügen …

PROLOG

Los Angeles, April 1991

„Sofia Wellesley, willst du meine Frau werden?“

Die braunen Augen der Zehnjährigen blitzten, als Ramell Jordan ihr den Strauß aus Gänseblümchen hinhielt. Gänseblümchen waren Sofias Lieblingsblumen und riefen immer ein Lächeln bei ihr hervor – was er sehr wohl wusste. Was jedoch seine Frage betraf: Sie würde so tun, als habe sie diese nicht gehört.

„Für mich? Danke.“ Sie nahm die Blumen und hielt sie sich unter die Nase, um ihren frischen Frühlingsduft einzuatmen.

Ram wartete. Sein breites Lächeln wich einem Stirnrunzeln. „Bekomme ich denn keine Antwort auf meine Frage?“

„Welche Frage meinst du?“, fragte sie geistesabwesend, während sie in ihrem rosafarbenen Sommerkleidchen durch den Garten zu schweben schien.

„Komm schon. Du weißt, was ich meine.“ Er blieb stehen und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe dich während der letzten zwei Wochen jeden Tag gefragt.“

Sofia ging weiter und roch an ihren Blumen. Sekunden später folgte Ram ihr, genau, wie sie es erwartet hatte.

„Und?“ Er sah sie fragend an.

„Ich habe dir gesagt, dass ich darüber nachdenken muss. Eine Ehe ist eine sehr ernste Sache im Leben eines Mädchens. Das sollte man nicht auf die leichte Schulter nehmen.“ Sie wiederholte die Mahnung ihrer Mutter fast wörtlich. „Und nur weil ich dich schon mein ganzes Leben lang kenne, heißt das nicht, dass wir immer zusammenbleiben müssen. Es kann doch sein, dass wir mit anderen Menschen leben möchten, wenn wir erwachsen sind.“

„Mit welchen anderen Menschen?“

Sofia zuckte mit den Schultern. „Ich weiß nicht. Es gibt doch Trillionen Menschen auf der Welt.“

„Du willst Dates mit einer Trillion Jungen haben?“ Er sah sie fassungslos an. „Weißt du, wie lange das dauern würde?“

„Keine Ahnung. Vielleicht fünf Jahre?“

„Fünf Jahre ist eine ganz schön lange Zeit.“

„Momma sagt, wenn ein Junge mich wirklich mag, dann wartet er, ganz gleich, wie lange es dauert.“

„Und was soll ich machen, während du eine Trillion Dates hast? Am Computer spielen?“

„Sei doch nicht doof! Du tust, was alle Jungen tun: Du arbeitest und verdienst viel Geld.“

„Ich soll arbeiten, während du ein Date nach dem anderen hast? Das ist nicht fair!“

„Ich arbeite doch auch.“ Sie strahlte ihn an. „Ich werde mit meinem Dad und Onkel Jacob arbeiten. Ich werde mit Filmstars zu tun haben, mit Regisseuren, mit Drehbuchautoren – was auch immer du dir nur vorstellen kannst.“

„Du willst arbeiten und gleichzeitig eine Trillion Dates haben?“ Er schüttelte den Kopf. „Das dauert doch alles ewig! Wir werden steinalt sein – vielleicht dreißig oder sogar fünfunddreißig.“

Sofia zog die Brauen in die Höhe. „Willst du mich nicht mehr, wenn ich alt bin?“

„Was? Nein, das habe ich nicht gesagt.“ Ram ruderte zurück. „Ich möchte immer mit dir verheiratet sein, ganz gleich, ob du jung oder alt bist.“

„Wo ist dann das Problem?“

„Wir hatten kein Problem – bis du gesagt hast, dass du Dates mit einer Trillion Jungen haben willst. Wenn du eine kleinere Zahl nehmen könntest …“

„Okay. Eine Million?“

„Weniger.“

„Zehntausend?“

„Weniger.“

„Hmm … Tausend?“

Ram schüttelte den Kopf. „Nein.“

„Weniger als Tausend?“

„Viel weniger.“

„Hundert?“

„Noch weniger.“

„Fünfzig?“

Er schien zu rechnen. „Weniger“, forderte er dann.

„Ich gebe auf. Du bist ja blöd.“ Sofia stürmte davon.

„Okay. Wenn du mit anderen Jungs ausgehst, dann gehe ich mit anderen Mädchen aus. Und ich fange mit Twyla Henderson an.“

Sofia blieb abrupt stehen. „Was hast du gerade gesagt?“

Erfreut registrierte er, dass er endlich ihre ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. „Ich bitte Twyla Henderson um ein Date. Sie ist hübsch und ich weiß, dass sie mich mag.“

„Und du weißt auch, dass ich sie nicht ausstehen kann.“

„Egal. Zu mir ist sie immer nett.“ Ram wandte sich ab und ging in entgegengesetzter Richtung davon – so, wie Sofia es sonst immer tat. Er grinste, als er hörte, dass sie ihm folgte.

„Ramell Jordan, ich verbiete dir, dich mit dieser Knubbel-Knie-Kuh zu treffen!“

Er lachte. „Knubbel-Knie-Kuh?“

„Genau.“ Sie funkelte ihn empört an.

„Ich weiß nicht.“ Er schüttelte den Kopf. „Das ist doch unfair! Du darfst unendlich viele Dates haben und ich nicht einmal ein einziges?“

„Du kannst jedes Mädchen nehmen, aber nicht sie!“

„Okay. Wie wäre es mit Jill Marshall?“

Sofias Gesicht verzog sich voll Abscheu. „Das Mädchen, das jeden Mittag Blasen in seine Milch pustet? Wieso solltest du mit ihm zusammen sein wollen?“

„Connie Woods?“

Sofia öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Sie mochte Connie. Jeder mochte Connie. Als sie zögerte, nahm Ram ihr Schweigen als Zustimmung.

„Super! Dann gehe ich jetzt gleich zu ihr. Vielleicht hat sie Lust, mit mir in die Mall zu gehen oder zum Skaten.“

„Ramell Jordan, das wirst du nicht tun!“

Jetzt hatte er sie, aber es gelang ihm, seinen Triumph geschickt zu verbergen. „Wieso nicht?“

„Weil ich es dir verbiete“, sagte sie so, als sei das ein stichhaltiges Argument.

Er grinste breit. „Gib es zu! Du magst es nicht, wenn ich ein Date mit einem anderen Mädchen habe – genauso wie ich es nicht mag, wenn du Dates mit einer Trillion Jungs hast.“

Sofia presste die Lippen aufeinander. Sie hatte nicht die Absicht, irgendetwas zuzugeben.

Ram zuckte mit den Schultern. „Okay. Dann sehe ich doch mal, was Connie so treibt.“

Er hatte gerade ein paar Schritte gemacht, als Sofia sein Handgelenk packte, wobei sie die Hälfte ihrer Gänseblümchen fallen ließ. „Geh nicht!“

Ramell sah sie an. Wartete auf die richtigen Worte.

„Also gut. Ich gebe es zu. Ich möchte nicht, dass du mit anderen Mädchen gehst. So. Bist du jetzt glücklich?“

„Sehr.“ Er drehte sich zu ihr herum. „Und wie ist es mit der Heirat?“

„Sofia! Essen!“ Das war Gloria, die Haushälterin der Wellesleys.

Sofia lächelte erleichtert. „Wir sehen uns morgen!“ Sie rannte ins Haus.

„Warte!“, rief Ram ihr nach, aber sie war schon fort. Er seufzte schwer. „Frauen!“

Sofia lachte, weil es ihr wieder einmal gelungen war, Ram zu entkommen, ohne ihm eine Antwort gegeben zu haben. Natürlich ging das Spiel am nächsten Tag weiter, und sie musste sich neue Verzögerungstaktiken einfallen lassen. Sie hätte ja nichts dagegen gehabt, Ramell zu heiraten. Zweimal war es ihm gelungen, ihr unter der Eiche im Garten einen Kuss zu geben, und sie hatte es eigentlich sehr schön gefunden. Sofia mochte Ram. Und vor allem mochte sie es, wie seine dunklen Augen leuchteten, wenn er sie küsste. Aber sie waren beide erst zehn Jahre alt. Was sollte ein Mädchen da machen?

„Geh dir schon die Hände waschen“, bat Gloria. „Deine Eltern haben noch etwas zu besprechen. Wenn sie fertig sind, kommen sie auch zum Essen.“

Sofia rannte in ihr Schlafzimmer hinauf. Dort steckte sie die vier verbliebenen Gänseblümchen zu den anderen, die Ram ihr in dieser Woche gegeben hatte. Der Strauß war inzwischen fast so groß wie die Sträuße, die ihr Vater ihrer Mutter immer schenkte.

„Mrs. Sofia Jordan.“ Sie sagte den Namen ein paarmal vor sich hin, während sie sich dabei im Spiegel betrachtete. „Ramell und Sofia Jordan.“ Sie fand, es klang gut. Nachdem sie ihre Blumen noch ein wenig bewundert hatte, ging sie ins Bad. Auf dem Weg zurück nach unten warf sie einen Blick in das Zimmer ihrer Schwester.

Vor einem Jahr, als ihre Eltern Rachel nach Hause gebracht hatten, war sie alles andere als begeistert davon gewesen, nun eine kleine Schwester zu haben. Aber in dem Moment, als die Mutter ihr Rachel in den Arm gelegt hatte, hatte sich alles geändert. Das Baby war unglaublich winzig und süß. Es war Liebe auf den ersten Blick. Sofia wusste sofort, dass sie wie eine zweite Mom für die Kleine sein würde. Und so war es auch gekommen.

Als sie sah, dass Rachel noch fest schlief, huschte Sofia auf Zehenspitzen die Treppe hinunter. Sie war auf halber Höhe, als sie laute Stimmen aus dem Arbeitszimmer ihres Vaters hörte. Das Zimmer war tabu für sie, wenn die Tür geschlossen war, aber nun siegte die Neugier, und sie zog die Tür einen Spaltbreit auf.

Als erstes registrierte sie, dass das Gesicht ihres Vaters vor Zorn gerötet war.

„Du glaubst, ich wüsste nicht, was in meinem eigenen Haus vor sich geht?“

„John, John! Beruhige dich doch.“ Onkel Jacob, der Zwillingsbruder ihres Vaters, versuchte, ihn von Emmett Jordan fortzuziehen.

„Nein, Jacob. Warte, bis du hörst, was dieser … dieser Bastard …“

„John!“, schrie Sofias Mutter.

„Dieser Verräter“, brüllte er, „hat sich hinter meinem Rücken an meine Frau herangemacht!“ Sein Blick glitt zu seiner Frau. „Stimmt es nicht, Vivian?“

„Nein, John!“

„Lüg mich nicht an!“ Er wollte sich auf sie stürzen, aber Onkel Jacob ging dazwischen.

Vivian stieß einen Schrei aus und wich zurück.

„Ich weiß, was hier vorgeht. Ich habe euch mit eigenen Augen gesehen!“

Ihre Mutter verbarg das Gesicht hinter den Händen und schluchzte.

Ihr Vater tobte weiter. „Okay! Du willst sie – du kannst sie haben. Aber meine Kinder und meine Firma bekommst du nur über meine Leiche.“

„John, bitte!“, flehte Sofias Mutter.

Onkel Jacob hielt seinen Bruder fest. „Jetzt müssen sich alle erst einmal beruhigen.“

„Beruhigen?“ John entwand sich dem Griff seines Bruders. „Verschwindet doch alle aus meinem Haus!“

Eine Hand landete auf Sofias Schulter. Vor Schreck wäre sie fast einen Meter in die Luft gesprungen.

„Was machst du hier?“, zischte Gloria.

„Ich habe nur … ich …“

„Sofia?“ Vivian Wellesley sah entsetzt zu ihnen herüber. „Bringen Sie sie fort!“

„Ja, Ma’am.“ Gloria packte Sofia am Arm und schloss die Tür.

„Was ist da los, Gloria?“ Sofia hatte Angst. Noch nie hatte sie ihren Vater so wütend gesehen.

„Mach dir keine Sorgen“, sagte die Haushälterin, während sie mit ihr ins Esszimmer ging. „Das geht nur die Erwachsenen etwas an. Es betrifft dich nicht.“

Es betraf sie nicht? Gerade hatte ihr Vater ihre Mutter und Ramells Vater beschuldigt, hinter seinem Rücken gemeinsame Sache zu machen. Er hatte ihm vorgeworfen zu versuchen, ihm seine Firma zu nehmen – eine Firma, in die er und Onkel Jacob viel Arbeit investiert hatten. Alle wussten, wie sehr ihr Vater seine Firma liebte. Und ihre Mutter – wie konnte sie nur?

Sofia ließ sich auf ihren Stuhl sinken und verschränkte die Arme vor der Brust. Sie kannte den Grund. Emmett Jordan war genauso ein Charmeur wie sein Sohn, Ramell. Keinem von beiden war zu trauen.

Niemals.

Und bei dieser Überzeugung blieb es für lange Zeit, denn zwei Tage nach dieser Szene kamen Sofias Eltern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.

1. KAPITEL

Los Angeles, heute

Sofia lehnte sich gegen den Schreibtisch des Arztes, den Kopfhörer ins Ohr geklemmt, während ihre Finger über das Display ihres Tablet-Computers flogen.

„Tut mir leid, Larry, aber das ist ausgeschlossen. Du hast Ethan Chambers nur für zwei Staffeln von Paging the Doctor gebucht. Und du bist billig davongekommen, wenn du mich fragst. Wenn du ihn für weitere vier Jahre haben willst, dann musst du mir ein Angebot machen, das meine Intelligenz nicht beleidigt.“

Sie achtete nur mit einem halben Ohr auf die Reaktion von Larry Franklin, weil sie wusste, dass an diesem Punkt der Verhandlungen alle Studios auf ihre begrenzten Mittel verwiesen und die Bedeutung des Stars für die Serie herunterzuspielen versuchten. In diesem Fall spielte das alles keine Rolle, weil Ethan Chambers auf sämtlichen Titelseiten der Regenbogenpresse hochgejubelt wurde – trotz des kleinen Skandals, den es vor einigen Monaten dank einiger Paparazzi mit ihm und ihrer Schwester gegeben hatte.

„Wenn du das so siehst, Larry, dann sollten wir den Vertrag einfach auslaufen lassen − und ich kümmere mich stattdessen um die vielen Filmangebote, die ich für ihn bekomme. Du weißt, dass Denzel Washington in einer Ärzteserie angefangen hat und dann beim Film ganz groß herausgekommen ist. Das könnte hier genauso funktionieren. Schließlich hat Ethan nicht nur das nötige Aussehen, sondern auch das Talent dafür.“

„Verdammt, Sofia. Du bist wirklich beinhart!“

Sie lächelte amüsiert. „Ich weiß nicht, was du meinst.“

„Das kann ich mir denken.“ Er lachte. „Genauso wie ich mir denken kann, dass deine Unnachgiebigkeit nichts damit zu tun hat, dass Ethan demnächst dein Schwager wird.“

„Da hast du recht. Ich kämpfe für alle meine Klienten.“

„Also gut. Ich schicke dir ein neues Angebot.“

„Ich lasse mich überraschen.“ Sofia beendete das Gespräch. Ihr Handy klingelte gleich wieder. Sie wollte das Gespräch gerade annehmen, als die gelangweilte Stimme von Dr. Turner sie zusammenfahren ließ.

„Glaubst du, du hättest jetzt ein paar Minuten für deinen Check-up?“

Sofia lächelte betreten. „Tut mir leid, Brian.“ Sie stellte den Klingelton des Handys rasch auf Vibrationsalarm um und legte Handy und Tablet beiseite.

„Wie viel Zeit habe ich, bis es wieder losgeht?“, erkundigte er sich trocken, während er ihre Patientenkarte aufschlug.

„Zwei Minuten“, sagte sie ehrlich. Sie war süchtig nach ihren elektronischen Spielzeugen, und alle wussten es.

Ihr langjähriger Freund und Arzt schüttelte den Kopf. „Ich habe es schon einmal gesagt, und ich wiederhole es: Du arbeitest zu viel, Sofia.“

„Sei nicht albern. Wenn man das, was man tut, gern macht, dann gilt es nicht als Arbeit.“

Dr. Turner schüttelte immer noch den Kopf, während er ihr die Manschette zum Blutdruckmessen um den Arm legte. „Wann hast du das letzte Mal Urlaub gemacht?“

Sofia versuchte sich zu erinnern. „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht. Es dürfte ein paar Jahre her sein.“ Sie versuchte, einen Blick auf das Display ihres vibrierenden Handys zu bekommen.

„Lass den Anrufbeantworter rangehen“, befahl der Arzt, während er Luft in die Manschette pumpte.

Sie versuchte so zu tun, als beachte sie ihr Handy nicht.

„Nicht gut“, bemerkte er, während er in sein Stethoskop lauschte und den Ausschlag der Nadel betrachtete.

„Was?“ Sofia sah ihn fragend an.

„Dein Blutdruck ist zu hoch. Wieder!“ Er löste die Manschette von ihrem Arm. „Hör mal, Sofia, ich spreche als dein Arzt und dein Freund. Du musst deinen Stress reduzieren. Wenn du so weitermachst, brichst du bald zusammen.“

„Hmm.“ Sofia verkniff sich einen Kommentar. Hätte sie einen Cent für jede Warnung dieser Art bekommen – besonders von ihrem Onkel Jacob –, dann könnte sie mit dem Vermögen von Bill Gates gleichziehen.

„Es ist mir wirklich ernst, Sofia. Du musst Stress abbauen.“ Brian zog seinen Rezeptblock heran.

„Was machst du?“, fragte sie entgeistert.

„Ich verschreibe dir ein Medikament.“

„Na super. Wo ist dann das Problem? Ich werfe eine Pille ein und alles ist gut.“

„Nein, so einfach ist das nicht. Du musst deinen Stress reduzieren und darauf achten, dass du dich gesund ernährst. Sonst geht es dir wie vielen anderen Workaholics − und du bist auf dem besten Weg in ein frühes Grab.“ Er reichte ihr das Rezept.

Sofia mochte seine Taktik nicht, ihr Angst einzujagen. „Ist das dann alles?“

„Was macht dein Liebesleben? Triffst du dich mit jemandem?“

„Was zum Teufel hat das damit zu tun?“

„Ich nehme mal an, das heißt Nein.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust. „Du musst dich entspannen. Ein Privatleben haben. Jemanden kennenlernen.“

Limelight ist mein Leben. Mehr brauche ich nicht.“

Eine halbe Stunde später betrat Sofia die Büros von Limelight Entertainment Management. Sie schaltete zwischen zwei Gesprächen auf ihrem Handy hin und her. Während sie ihre Verhandlungen führte, nickte sie den Angestellten einen Morgengruß zu.

„Mrs. Wellesley, Ihr Onkel möchte Sie im Konferenzraum sehen“, flüsterte Sarah Cole, ihre Assistentin, ihr zu. „Er sagte, ich solle Sie sofort hinbringen, sobald Sie hier eintreffen.“

Sofia ignorierte die Bitte, indem sie einfach zu ihrem Büro weiterging. Ihr Onkel Jacob war der letzte Mensch, mit dem sie sprechen wollte. Trotz ihres Protests hatte er die Fusion ihres Familienunternehmens mit Artist Factory, Inc. – der Agentur von Emmett und Ramell Jordan – durchgezogen. Es war wie ein Schlag ins Gesicht gewesen. Sie wusste nicht, ob sie ihm je verzeihen können würde.

Sie betrat ihr Büro – und sah ihren Onkel auf der Couch sitzen. „Larry, mir ist gerade etwas dazwischengekommen. Ich rufe dich zurück.“ Mit einer Fingerbewegung schaltete sie auf das zweite Gespräch um. „Ich rufe dich zurück, Frasier.“ Sie ging zu ihrem Schreibtisch. „Was machst du hier?“

„Ich habe geahnt, dass du nicht in den Konferenzraum kommen würdest.“

„Ich habe zu tun, Onkel Jacob. Was gibt es?“ Sie ließ sich in ihren Sessel fallen und hatte den Blick bereits auf ihren Bildschirm gerichtet.

Jacob kam zu ihr. „Das Wichtigste zuerst. Wie war dein Besuch beim Arzt?“

„Alles in Ordnung.“

Er hob die Brauen. „Das Zittern, die gelegentlichen Schwindelanfälle und der Schmerz in der Brust – das ist alles normal für eine gesunde Frau von fünfunddreißig Jahren?“

„Alles gut. Dr. Turner sagt, mein Blutdruck ist ein wenig erhöht. Er hat mir ein Medikament verschrieben. Keine große Sache.“ Sie warf einen Blick auf die Uhr. „Wenn wir jetzt lange genug über meine Gesundheit gesprochen haben – ich habe noch eine Menge Telefonate zu erledigen.“

„Das kann warten. Wir müssen Einzelheiten der Fusion mit A. F. I. besprechen. Ich versuche schon seit einer Woche, alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen. Du bist die Einzige, die ich nicht erreichen kann.“

„Du wolltest ja auch meine Meinung nicht hören, als ich sagte, dass ich diese Fusion für einen großen Fehler halte. Offenbar zählt meine Meinung nicht, auch wenn ich angeblich deine Stellvertreterin bin.“

Jacob stöhnte frustriert. „Ich habe nicht die Absicht, diese Entscheidung immer wieder mit dir zu diskutieren. Die Fusion ist beschlossene Sache. Ich weiß, dass auch dein Vater sie gutgeheißen hätte.“

„Das hätte er ganz bestimmt nicht getan!“

„Sofia!“

„Was? Ich bin einfach nur ehrlich. Du hast meine Offenheit immer geschätzt. Hat sich das auch geändert? Falls ja, lass es mich wissen, damit ich fortan den Mund halte.“

Jacob schlug die Faust auf den Tisch. „So langsam reicht es mir!“

Für einen Moment war Sofia sprachlos. Diesen Ton war sie nicht gewohnt.

„Ich respektiere deine Meinung in dieser Angelegenheit, aber noch bin ich hier der Chef. Unsere Fusion mit A. F. I. ist aus finanzieller Hinsicht sehr sinnvoll. Außerdem kann Ramell dir Arbeit abnehmen. Das solltest du nutzen.“

„Ich brauche Ramell Jordans Hilfe nicht.“

„Nutze sie dennoch. Um es klar und deutlich zu sagen: Ich befehle dir, einen Teil deiner Arbeit an ihn abzutreten. Keine weiteren Arbeitswochen von neunzig Stunden und mehr, Sofia. Du musst besser auf dich achtgeben.“

Sofia wollte protestieren, aber ihr Onkel unterbrach sie.

„Wenn du dich mir in diesem Punkt widersetzt, bleibt mir keine andere Wahl, als dich zu entlassen.“

„Was?“

„Wenn du dich nicht freiwillig um dich selbst kümmerst, muss ich dich zwingen, es zu tun.“ Ohne ihre Reaktion abzuwarten, ging er zur Tür. „Übrigens: Ramell Jordan wartet im Konferenzraum auf dich. Ich gebe dir fünf Minuten, bis du dort bist.“

2. KAPITEL

Ramell warf einen Blick auf die Uhr, während er gereizt auf und ab ging. Es ärgerte ihn, dass er nun schon eine gute Stunde auf Sofia wartete. Er wollte endlich die konkreten Schritte der Fusion mit ihr besprechen, obwohl er wusste, dass sie sich immer noch mit Händen und Füßen dagegen wehrte.

Wie ihr Onkel Jacob sah er den finanziellen Vorteil der Fusion. Vereint konnten sie den großen Agenturen der Stadt auf Augenhöhe begegnen. Als sein Vater und die Wellesleys ihre Agenturen vor Jahren gegründet hatten, hatten sie jeweils nur eine kleine Nische bedient. Doch inzwischen hatte Sofia das Portfolio enorm erweitert. Wenn sie ihre Büros in Los Angeles und New York zusammenlegten, setzten sie damit Kapital für neue Niederlassungen in Paris und London frei. Ramell sah darin nur Vorteile, Sofia lehnte alles ab. Limelight war für sie ein Familienunternehmen, und so sollte es bleiben. Ende der Diskussion.

Es hätte ihn nicht überraschen sollen. Seit fünfundzwanzig Jahren stieß er bei Sofia immer nur auf Abwehr. Er hätte inzwischen immun gegen den Schmerz sein sollen, aber dem war nicht so. Der Hauptgrund dafür war, dass er Sofia immer noch liebte, auch wenn sie mehr als deutlich gemacht hatte, dass sie es nicht ertrug, mit ihm im selben Raum zu sein.

Den Grund dafür kannte er nicht. Er wusste nur so viel: An einem Tag waren sie beste Freunde gewesen und hatten über Heirat gesprochen, vom nächsten Tag an hatte sie ihn gemieden wie die Pest. Da er zunächst angenommen hatte, dass es wieder nur eines ihrer Spielchen war, hatte er sein Versprechen wahr gemacht und ein Date mit Connie Woods gehabt. Sein einziges Ziel war dabei gewesen, Sofia aus der Fassung zu bringen. Falls er sein Ziel erreicht hatte, hatte sie es sich zumindest nicht anmerken lassen.

Bevor er der Sache auf den Grund gehen konnte, waren John und Vivian Wellesley bei einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommen. Sie waren mit ihrer Privatmaschine auf dem Weg nach Aspen in Colorado gewesen. Die Nachricht von ihrem Tod war wie eine Schockwelle durch Hollywood gelaufen und hatte die Aufmerksamkeit aller Paparazzi auf die Familie gelenkt.

Die Nachricht war auch für die Jordans ein Schock gewesen. Ram erinnerte sich daran, dass sein Vater besonders betroffen gewesen war, weil es wenige Tage vor dem tödlichen Unfall einen Streit zwischen ihm und den Wellesleys gegeben hatte. Ramell hatte versucht, Näheres über den Streit zu erfahren, aber immer, wenn er das Thema anschnitt, wich sein Vater ihm aus. So war es bis heute, was umso erstaunlicher war, da er ein ausgesprochen gutes Verhältnis zu seinem Vater hatte. Hätte Ram es nicht besser gewusst, hätte er schwören können, sein Vater mache sich Vorwürfe wegen des Unfalls. Aber das war sicher Unsinn.

Er war davon ausgegangen, dass sich die ganze Situation beruhigen würde, nachdem Sofia und ihre Schwester Rachel zu ihrem Onkel und ihrer Tante gezogen waren. Aber dazu war es nie gekommen. Ram vermutete, dass Sofia wusste, was zwischen den Erwachsenen passiert war, aber sie schien so entschlossen wie alle anderen, ihn im Dunkeln zu lassen.

An seiner Liebe zu ihr änderte sich dadurch nichts. Wenn überhaupt, dann wuchs sie nur noch. Aus der Entfernung sah Ram zu, wie aus dem hübschen jungen Mädchen eine atemberaubende Frau wurde. Eine große, gertenschlanke Frau, die eher selbst wie ein Model aus einem Hochglanzmagazin wirkte als wie deren Agentin. In Sofia paarte sich Intelligenz mit Schönheit. Sie faszinierte jeden.

Der einzige Trost für ihn war, dass sie keinen anderen heiratete und Kinder mit ihm bekam. Er wusste nicht, ob er damit hätte leben können. Er musste jedoch mit ansehen, wie sie zu einem Workaholic wurde, um zu verwirklichen, was sie als den Traum ihres Vaters betrachtete. Natürlich waren auch seine Arbeitstage lang, seit er die Leitung von A. F. I. übernommen hatte, aber hin und wieder gelang es ihm doch einmal, sich für ein paar Stunden frei zu machen oder sogar einen Urlaub einzuschieben.

Das machte Sofia nie. Limelight war ihr Leben.

„Es tut mir leid, dass du warten musstest.“ Sofia stürmte in den Konferenzraum und würdigte Ramell keines Blickes.

Er fuhr herum. Sein Blick glitt über die langen Beine unter dem dunkelblauen Minirock. Sie setzte sich, und er registrierte unwillkürlich ihre schmale Taille, den flachen Bauch und ihre vollen Brüste, die förmlich nach einer Berührung zu schreien schienen. Allein ihr Anblick ließ seinen ganzen angestauten Ärger mit einem Schlag verfliegen. Das bedeutete jedoch nicht, dass er ihr die Lüge durchgehen lassen würde.

„Ich bezweifle, dass es dir leidtut.“ Er kehrte zu seinem Stuhl zurück.

„Wir sollten gleich zum Thema kommen.“ Sie schlug einen Ordner auf und begann, darin zu lesen, als sehe sie die Dokumente zum ersten Mal. Das bezweifelte er, weil allgemein bekannt war, dass sie eine wahre Aktenfresserin war. Während sie so tat, als konzentriere sie sich auf die Papiere, nutzte Ram die Zeit, um seinen Blick über ihre Züge gleiten zu lassen. Ihre langen Wimpern wirkten wie zwei perfekte schwarze Fächer. Die kräftigen Wangenknochen und das lange schwarze Haar verrieten das Erbe amerikanischer Ureinwohner, das irgendwo in ihrem Stammbaum verborgen sein mochte. Er hätte für den Rest des Tages so sitzen bleiben und ihren Anblick in sich aufsaugen können.

„Am besten ist wohl, wir entscheiden zuerst einmal, wer welche Abteilung übernimmt, damit es kein Kompetenzgerangel gibt.“

„Den Teil haben Jacob und ich bereits miteinander besprochen. Ich hatte eigentlich erwartet, dass du mir die Unterlagen einiger deiner Klienten bringst.“

Sofia sah ihn entgeistert an. „Wie bitte?“

Ram musste tief durchatmen. Schlimm genug, dass er hier sitzen musste und so tun, als ob ihr Parfum keine Wirkung auf ihn hatte. So zu tun, als ob der Anblick dieser vollen Lippen ihn kalt ließe, verlangte schauspielerische Fähigkeiten, die er nicht hatte. Er hüstelte und wandte den Blick ab. „Ich bin gekommen, um dir etwas von deiner Arbeit abzunehmen. Jacob hat gesagt …“

„Ich habe nicht vor, dir meine Klienten zu überlassen. Bist du verrückt?“

Ram sah sie einen Moment lang schweigend an.

„Ist dir klar, wie lange ich gebraucht habe, um diesen Bestand aufzubauen? Hast du eine Ahnung, wie viel Arbeit dazu gehört hat, diese Kontakte zu knüpfen?“

„Vergiss nicht, dass wir in derselben Branche arbeiten.“ Er versuchte, die Stimmung mit einem Lachen aufzulockern, aber es funktionierte nicht.

Sofia verschränkte die Arme unter ihren hübschen Brüsten und sagte nur ein Wort: „Nein.“

Ram zwang sich, den Blick zu heben. „Nein?“

„Gut. Ich sehe, wir verstehen uns.“ Sie sprang auf. „Da wir nun alles geklärt haben, kann ich ja wieder an die Arbeit gehen.“ Sie bedachte ihn mit einem eisigen Lächeln und schickte sich an zu gehen.

„Einen Moment mal.“ Ram hatte sich ebenfalls erhoben und packte sie an einem Handgelenk.

Sofia sah voller Entrüstung auf seine Hand.

Er gab sie frei. „Entschuldige.“

Sie wandte sich ab. „Nur damit das klar ist: Ich bin gegen diese Fusion.“

„Den Eindruck hatte ich bereits.“

„Und ich finde, die Art, wie ihr beiden diese Sache durchgezogen habt, ist hinterhältig und unfair. Wenn du dir schon einen Klientenstamm unter den Nagel reißen willst, dann nimm doch Jacobs.“

„Unter den Nagel reißen?“

„Ich brauche deine Hilfe nicht“, fuhr sie fort. „Diese ganze Fusion war ein großer Fehler, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis mein Onkel das auch so sieht. Bis dahin wäre ich dir dankbar, wenn du mir einfach aus dem Weg gingst. Sind wir uns darüber einig?“

„Sofia …“

„Ja oder nein?“

„Okay.“ Er trat einen Schritt zurück und schlug denselben harten Ton an wie sie. „Da ich der Chef von A. F. I. bin, macht mich die Fusion zum stellvertretenden Chef der neuen Firma. Jacob bleibt selbstverständlich die Nummer eins.“

Sie kniff die Augen zusammen.

„Um es klar auszusprechen: Du arbeitest für mich. Und ich bitte dich nicht länger darum, mir eine Liste deiner Klienten zu geben − ich befehle es dir. Falls ich die Liste nicht bis heute Nachmittag um fünf Uhr auf meinem Schreibtisch habe, wird deine Assistentin mir diese Liste zusammenstellen. Dann entscheide ich darüber, welche Klienten du in Zukunft betreust und welche zu anderen Agenten gehen.“

Sofia war vor Schock wie gelähmt. „Das kannst du nicht machen!“

„Und ob ich das kann.“ Er ging zur Tür. „Fünf Uhr, Sofia. Keine Minute später.“

„Was glaubt er eigentlich, wer er ist?“ Sofia stürmte zurück in ihr Büro. Sie meinte förmlich zu spüren, wie der Zorn Rauch zu ihren Ohren herausquellen ließ. Ramell hatte den Nerv zu behaupten, sie müsse für ihn arbeiten? Waren denn alle verrückt geworden? Ihm die Liste ihrer Klienten geben? Niemals!

Ein Praktikant konnte den Wagen mit der Post gerade noch beiseiteschieben, bevor Sofia auf ihn geprallt und zu Boden gegangen wäre. Sofia nahm es gar nicht wahr, zu sehr war sie in ihrer Wut gefangen. Noch nie hatte ihr jemand Anweisungen erteilt, und sie würde nicht zulassen, dass Ramell Jordan der Erste war.

Ihr Boss! Ha! So weit sollte es noch kommen. Je länger sie über die Szene im Konferenzraum nachdachte, desto mehr wünschte sie sich, etwas gesagt zu haben, das ihn für immer an seinen Platz verwiesen hätte. Irgendetwas, das dieses selbstgefällige Lächeln aus seinem Gesicht gewischt hätte! Okay, er mochte gut aussehen mit seinem gut einen Meter achtzig, dem durchtrainierten Körper, dem kurzen Haar und dem sexy Kinnbart – aber das hieß noch lange nicht, dass sie sich von seinem Charme einlullen lassen würde.

Ausgeschlossen!

Was war schon dabei, dass die meisten in der Branche ihn mochten und sie mehrfach erfolglos versucht hatte, ein paar seiner Klienten abzuwerben? Das bewies doch nur, dass er gut darin war, den Leuten Sand in die Augen zu streuen. Und sie wollte gar nicht an den Harem denken, den er über die Jahre sicher aufgebaut hatte …

Es spielte keine Rolle, dass sie selbst auch keine richtige Beziehung zustande gebracht hatte. Ihre Erfahrung in Hollywood war, dass Männer auf Frauen standen, die jung und unbedarft waren – oder zumindest den Eindruck erweckten. Dieses Spiel war mit ihr nicht zu machen.

Sofia erreichte das Büro ihres Onkels und rauschte wortlos an seiner Assistentin Elisa vorbei, die etwas zu spät aufsprang, um sie zurückzuhalten.

„Wir müssen reden“, erklärte Sofia ohne Umschweife.

Ihr Onkel war soeben dabei gewesen, seinen Golfschlag zu üben. „Ist das Meeting schon vorbei?“ Jacob warf einen Blick auf die Uhr. „Ich hätte gedacht, dass es mindestens noch fünf weitere Minuten braucht, bis du an die Decke gehst.“

„Sehr witzig!“ Sofia funkelte ihn empört an. „Genauso witzig wie die Tatsache, dass Ramell Jordan in dem Wahn zu leben scheint, er sei mein Boss.“

„Mein Gott!“ Jacob holte die Schachtel mit seinen Magentabletten aus der untersten Schublade seines Schreibtisches.

„Würdest du mir bitte erklären, was das Ganze soll?“

„Na ja, ich meine, rein technisch betrachtet, ist er schon … ich meine, so etwas wie dein Boss. Rein theoretisch.“

„Könntest du das noch einmal wiederholen?“

„Sofia, ich weiß, dass du aufgebracht bist …“

„Aufgebracht? Stinksauer träfe es wohl besser. Ich glaube, ich habe gerade ein ganz neues Level erreicht. Ich habe mir all die Jahre über ein Bein ausgerissen, um deine Partnerin zu werden und um irgendwann einmal die Agentur allein zu führen, und nun tust du mir das an? Der Mann da draußen hat plötzlich in der Firma meines Vaters mehr zu sagen als ich? Wie konntest du nur?“ Sie stampfte mit dem Fuß auf. Das war völlig untypisch für sie. Sofia war stolz darauf, in jeder Situation einen kühlen Kopf zu bewahren, aber die Ereignisse des heutigen Tages waren einfach zu viel für sie.

„Beruhige dich, Sofia. Wenn ich mich zur Ruhe setze, wirst du meine Position übernehmen. Ramell weiß das, und er weiß, dass er dann dein Stellvertreter sein wird.“

„Aber bis dahin …“

„Bis dahin … na ja, ich meine, rein theoretisch …“

„Komm mir nicht wieder damit!“ Sie warf die Hände hoch. „Es geht nicht. Es geht einfach nicht.“ Ihre Stimme hob sich hysterisch. Sie hatte so hart daran gearbeitet, Ramell Jordan aus ihrem Leben fernzuhalten, und nun machte ihr Onkel all ihre Bemühungen mit einem Schlag zunichte.

„Wo ist denn das Problem, Sofia? Ramell ist ein guter Geschäftsmann mit vielen kreativen Ideen, der diese Firma auf ganz neue Beine stellen kann. Wir kennen seine Familie seit Jahren. Es sind gute Leute.“

„Ha!“ Sie schüttelte den Kopf.

„Was soll das denn nun wieder heißen?“

„Emmett und Ramell Jordan sind nicht vertrauenswürdig. Das weiß ich. Sie hatten schon immer ein Auge auf unsere Agentur geworfen, und nun hast du sie ihnen auf einem Silbertablett präsentiert.“

„Ja. Emmett Jordan war immer daran interessiert, unsere Firmen zusammenzulegen. Und wir waren auch daran interessiert.“

„Mein Vater nicht.“

„Ich glaube, ich kann etwas besser beurteilen, was dein Vater wollte und was nicht. Schließlich habe ich die Firma gemeinsam mit ihm gegründet. Und ich war derjenige, der sie weitergeführt hat, bis du dazugekommen bist.“

„Wieso habe ich den Eindruck, dass du versuchst, mich aus der Firma zu drängen?“

„Weil du zu sehr unter Stress stehst und deshalb paranoid wirst.“ Er trat zu ihr, drehte sie an den Schultern herum und schob sie mit sanftem Druck zur Tür hinaus. „Die Diskussion ist damit beendet. Vertrau mir nur dieses eine Mal. Und nun geh wieder an deine Arbeit.“

„Aber …“

„Kein Aber. Tu mir einen Gefallen und versuche, mit Ramell auszukommen.“

„Ich weiß nicht, ob ich …“

„Das ist alles. Danke.“ Er schloss die Tür hinter ihr.

„Das ist ja wohl das Letzte!“ Sofia stürmte in ihr Büro.

Sarah sah von ihrer Arbeit auf und erkannte mit einem Blick in Sofias Miene, dass keine Zeit zu verlieren war. Sie sprang auf und erwartete sichtlich eine Liste von Dingen, die sie sofort erledigen sollte.

„In mein Büro!“, fauchte Sofia.

Sarah folgte ihr auf den Fersen.

Sofia begnügte sich zunächst damit, einfach nur im Kreis zu gehen. Es war kein Oh-ich-muss-einfach-mal-nachdenken-Tempo. Nein, Sofia Wellesley wirkte eher wie ein gereiztes Tier, das plante, in welcher Reihenfolge es seine nächsten Opfer erlegen wollte.

Plötzlich hielt Sofia abrupt inne. Ein Lächeln glitt über ihre Züge. „Sarah!“

„Ja?“ Ihre Assistentin wich einen Schritt zurück. Falls Sofia explodierte, wollte sie nicht in die unmittelbare Schusslinie geraten.

Sofia hakte sich bei ihr ein. „Was halten Sie von einem Urlaub?“

„Wie bitte?“

„Ich möchte, dass Sie sich den Rest des Monats freinehmen.“

„Den Rest … des Monats?“ Sarah zog fassungslos die Brauen in die Höhe.

„Ja, oder nehmen Sie gleich vier Wochen Urlaub.“ Sofia ging immer weiter in ihrer Großzügigkeit. „Sie haben es verdient. Wie lange arbeiten Sie schon für mich?“

„Äh … fünf Jahre.“

„Fünf Jahre“, wiederholte Sofia. „Und wann haben Sie zum letzten Mal Urlaub gemacht?“

„Ich … äh … vor vier Jahren. Genau wie Sie.“

„Hmm.“ Sofia sah sie nachdenklich an. „Dann wäre doch jetzt eine gute Gelegenheit dafür, finden Sie nicht?“ Sofia steuerte Sarah zurück zu ihrem Schreibtisch. „Nun packen Sie schon Ihre Sachen. Wir sehen uns in vier Wochen wieder.“

„Was? Ich soll jetzt gleich gehen?“

„Ja, natürlich.“

Sarah musterte sie misstrauisch. „Bin ich gefeuert? Habe ich irgendetwas falsch gemacht?“

„Nein, nein, bestimmt nicht“, versicherte Sofia ihr mit diesem unnatürlichen Lächeln. „Mir ist nur gerade klar geworden, dass ich zu viel von Ihnen verlange.“ Sie half der jungen Frau, den Laptop in die Tasche zu stecken. „Oh, und ich muss Ihr Passwort für den Computer ändern.“ Sie eilte an den Computer ihrer Assistentin und tippte ein paar Nummern ein.

Sarahs Augen wurden feucht. „Was auch immer ich falsch gemacht habe, ich kann es wieder in Ordnung bringen.“

„Nun gehen Sie schon. Und genießen Sie die Zeit. Ich möchte Sie in vier Wochen gesund und munter wiedersehen.“

„Hm. Okay.“

Sofia begleitete Sarah nicht nur bis zur Tür, sondern bis zu ihrem Honda und winkte ihr sogar noch nach, als das Auto vom Parkplatz rollte − ganz so, als wolle sie sichergehen, dass sie wirklich fort war.

Zurück in ihrem Büro tanzte Sofia ausgelassen, als hätte sie gerade den Hauptgewinn in der Lotterie gezogen. Sie schwenkte die Hüften und ließ die Arme fliegen. Sie konnte es gar nicht erwarten, Ram zu sagen, dass Sarah leider nicht mehr zur Verfügung stand, um ihm die Liste ihrer Klienten zusammenzustellen. Und leider kannte niemand das Passwort für ihren Computer, sodass auch sonst niemand an diese Liste kommen konnte.

„Schade, dass ich keine Münzen dabei habe, die ich über dich herabregnen lassen könnte.“

Erschreckt fuhr Sofia herum. Ihr neuer Boss lehnte entspannt am Türrahmen. „Was machst du denn hier?“

„Ich genieße die Show. Du hättest Tänzerin werden sollen.“

„Und du ein Vollidiot! Ups! Ich habe ja ganz vergessen: Das bist du ja schon!“ Sie marschierte zurück an ihren Schreibtisch. „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest − ich habe zu tun.“

„Mit der Liste, wie ich hoffe.“

Sofia lächelte versonnen. „Wieso hältst du nicht einfach die Luft an und wartest ab?“

„Okay. Dann also bis fünf.“ Er tickte mit dem Finger auf die Uhr.

„Ich weiß nicht, ob ich zeitlich hinkomme.“ Sie schenkte ihm ein strahlendes Lächeln. „Du wirst vielleicht darauf warten müssen, dass Sarah dir die Liste zusammenstellt.“

Er warf einen Blick auf den leeren Schreibtisch ihrer Assistentin.

„Du brauchst sie nicht zu suchen. Die Gute hat Urlaub … Für vier Wochen.“

„Ein Glück, dass ich sie schon vorhin um die Liste gebeten habe.“

„Wann?“

„Während du bei Jacob warst.“

Sofias Kinnlade wäre fast auf die Tischkante geschlagen.

„Ich verstehe, was du an ihr hast. Sie ist schnell und tüchtig.“ Ram zwinkerte ihr zu. „Ich sehe mir die Liste an und melde mich dann bei dir.“

Laut pfeifend ging er den Korridor hinunter.

3. KAPITEL

Der Latin Grammy Award, ein Preis für lateinamerikanische Musik, wurde jährlich an namhafte Künstler und Mitwirkende an der Produktion verliehen. Viele Stars von Limelight Entertainment Management waren in den unterschiedlichsten Sparten nominiert. Die Feier sollte im November in Las Vegas stattfinden, sechs Monate nach der hektischen Preisverleihungssaison in Los Angeles. Das hieß nicht, dass es hier weniger hektisch zuging – und in diesem Jahr galt das für Sofia doppelt, weil sie ihre Assistentin ausgerechnet jetzt in Urlaub geschickt hatte und mit einer Aushilfskraft zurechtkommen musste.

Stewart war bemüht, aber da er an Dyslexie litt, hatte er Schwierigkeiten damit, Zahlen richtig zu notieren, und ständig vergaß er irgendetwas. Zuerst brachte er Armani auf, weil er das falsche Datum für die Anlieferung von Sofias Kleid nannte. Dann vergaß er, die Einladungen an die Gäste der Pre-Award-Gala zu schicken. Es war seit Jahren Tradition, dass Limelight eine interne Party vor der Preisverleihung für alle Nominierten gab. Sofias Geduldsfaden drohte zu reißen, als kein Wagen kam, der sie zum Flughafen bringen sollte.

„Was ist das für eine Null? Dachte er, ich trampe zum Flughafen?“ Genervt warf sie ihre Taschen auf den Rücksitz des Wagens ihrer Schwester.

„Beruhige dich“, bat Rachel lachend. „Ich habe nichts dagegen, dich zum Flughafen zu bringen.“

Seit ihrer Verlobung mit Ethan Chambers schien nichts Rachel aus der Ruhe bringen zu können. Weder irritierte es sie, dass die Dreharbeiten zu Paging the Doctor Wochen länger dauerten als geplant, noch konnte sie sich über die Hochzeitsvorbereitungen aufregen oder darüber, dass ihr Liebesleben in der Regenbogenpresse breitgetreten wurde. Während ihrer Kindheit hatte Rachel eine starke Abneigung gegen die Neugier der Presse entwickelt. Unter diesen Umständen konnte ihr nichts Schlimmeres passieren, als sich ausgerechnet in den heißesten Star der beliebten Serie zu verlieben und damit das Interesse aller Paparazzi auf sich zu ziehen. Aber letztlich siegte dann doch die Liebe.

Erstaunt registrierte Sofia bei sich einen Hauch von Neid, als sie das Strahlen ihrer Schwester sah. Dabei wollte sie immer nur das Beste für Rachel. Und wenn jemand ihr alles Glück der Welt geben konnte, dann Ethan. Ihr zukünftiger Schwager war eine Rarität: ein Mann, der nicht nur attraktiv und erfolgreich war, sondern zudem auch Familiensinn hatte.

„Ich muss Sarah so schnell wie möglich wieder herholen, sonst kann ich nicht für Stewarts Leben garantieren. Der Mann treibt mich in den Wahnsinn.“

Rachel wusste, wieso Sarah im Zwangsurlaub war. Sie lachte. „Scheint so, als hättest du in Ramell Jordan endlich deinen Meister gefunden.“

Sofia stöhnte dramatisch auf. „Ich bitte dich! So weit kommt es noch!“

Rachel warf ihr einen Blick zu, während Sofia sich ihren Kopfhörer ins Ohr hängte und den Tablet-PC anmachte. „Was ist das eigentlich zwischen dir und Ramell? Du tust ja gerade so, als sei der Mann der Teufel höchstpersönlich.“

„Zwischen uns ist gar nichts, glaub mir. Ich muss ihn nur ertragen, bis Onkel Jacob wieder zu Verstand kommt. Und ich hoffe, das ist bald, denn wir beide zusammen in einer Firma − das kann nicht gutgehen.“ Sie hatte ihr erstes Gespräch in der Leitung und ging sofort in ihren sachlichen Ton über. „Hallo, Akil. Hier ist Sofia. Kommst du mit Charlene zur Preisverleihung?“

„Keine Frage! Ich gehöre doch schon fast zum Inventar! Wir sind auf jeden Fall da, Baby.“ Akil und sein Label Playascape zählten gerade zu den angesagtesten Musikproduzenten auf dem Markt. Sofia war begeistert darüber, dass ihre neueste Klientin und Rachels beste Freundin, Charlene Quinn, im kommenden Frühjahr ihre erste CD bei diesem Label herausbringen sollte. Und die größte Überraschung war: Bei den Studio-Aufnahmen in Miami hatte Charlene das Herz des Starproduzenten gewonnen und dazu einen Verlobungsring.

„Gut. Ich kann es gar nicht erwarten, euch beide zu sehen und Charlene mit ihrem Song auf unserer Gala zu erleben. Falls etwas ist, kannst du mich jederzeit auf meinem Handy erreichen.“ Sofia beendete das Gespräch und war schon dabei, per Mail ein Angebot von Larry Franklin für Ethans nächsten Vertrag zu beantworten.

Rachel schüttelte den Kopf. „Hat dein Verstand eigentlich auch einen Knopf zum Abstellen?“

„Nicht, dass ich wüsste.“ Sofia lachte, aber plötzlich spürte sie einen leichten Schwindelanfall. „Oh …“ Sie drückte sich eine Hand an die Schläfe.

„Was ist?“ Alarmiert sah Rachel zu ihrer Schwester herüber.

„Nichts weiter. Ich … Mir war nur plötzlich ein wenig schwindelig.“

„Bist du sicher, dass alles okay ist? Soll ich anhalten?“

„Um Gottes willen, ich muss die Maschine bekommen. Wahrscheinlich ist mir nur flau, weil ich nicht gefrühstückt habe. Ich werde später etwas essen.“ Ihre Finger flogen schon wieder über das Display.

Rachel schüttelte den Kopf. „Hast du dir das Medikament geholt?“

Sofia sah sie fragend an.

„Onkel Jacob hat es mir erzählt“, beantwortete Rachel die unausgesprochene Frage.

„Das sieht ihm ähnlich. Ich liebe ihn sehr, aber in letzter Zeit habe ich das Gefühl, dass er sich zu sehr in mein Leben einmischt.“

„Er macht sich nur Sorgen um dich. Wie wir alle. Du arbeitest …“

„Oh, Rachel, nicht du auch noch!“

„Doch, ich auch. Du bist die einzige Schwester, die ich habe, und ich würde dich gern noch etwas länger haben – zumindest, bis du bei meiner Hochzeit die Trauzeugin gegeben hast.“

„Das leuchtet ein.“ Die beiden Schwestern lachten. Nach weiteren zwanzig Minuten Fahrt durch den dichten Verkehr von L. A. bog Rachel auf den privaten Flughafen von Burbank ein, wo Limelight sich mit anderen Firmen einen gecharterten Privatjet teilte. Nach allem, was sie bisher mit ihrem wunderbaren neuen Assistenten erlebt hatte, überraschte es sie nicht mehr, dass er vergessen hatte, den Flug nach Las Vegas für sie zu buchen.

„Bitte sagen Sie mir, dass das nicht wahr ist!“ Sofia stand mit ihrem Gepäck am Schalter. Rachel war schon weitergefahren.

Die junge Angestellte lächelte mitfühlend. „Tut mir leid. Wir sind völlig ausgebucht. Alle wollen zur Preisverleihung.“

„Ich weiß. Ich auch.“ Sofia versuchte, ihren steigenden Frust unter Kontrolle zu halten. Stewarts Leben hing nur noch an einem seidenen Faden. „Gibt es nicht irgendwo noch ein freies Plätzchen? Ich kann mich zu den Stewardessen setzen. Meine Güte, ich kann auch als Stewardess fliegen. Vielleicht möchte jemand freinehmen? Es kann doch nicht so schwer sein, ein paar Drinks zu servieren.“

Die junge Frau schüttelte nur bedauernd den Kopf.

„Ich kann es einfach nicht fassen.“ Sofia löste sich vom Schalter – und sah sich einem lächelnden Ramell gegenüber, der lässig in schwarze Jeans und ein kurzärmeliges T-Shirt gekleidet war. Sofias Blick fiel automatisch auf seine muskulösen gebräunten Arme. Ramell im Anzug und Ramell leger – das waren zwei Paar Schuhe. Diese entspannte Version war für ihren Seelenfrieden noch gefährlicher. Wie mochte es sein, ihre Hand über diese Brust gleiten zu lassen oder sogar ihren Kopf dagegenzulehnen?

Ram räusperte sich. „Gibt es ein Problem?“

„Nein“, log Sofia.

„Ja“, sagte im selben Moment die Frau hinter dem Schalter. „Ms. Wellesley braucht einen Flug nach Las Vegas. Leider sind wir völlig ausgebucht.“

„Ach, wirklich?“ Rams Lächeln wurde noch breiter. „Wenn du willst, kannst du mit mir fliegen.“

Sie zögerte.

„Es ist kein großer Jet, nur meine kleine Privatmaschine.“

„Du hast einen Pilotenschein?“

„Den hatte ich schon vor dem Führerschein.“

„Ich glaube, ich verzichte.“ Sie stellte eine Verbindung zu ihrem Assistenten her. „Stewart, ich brauche einen Wagen.“

Ram zuckte die Schultern. „Okay. Ganz, wie du willst.“ Er ging in Richtung Hangar.

„Weißt du was, Stewart – gib mir einfach die Nummer. Ich rufe selbst an.“ Sie ließ sich von der Frau am Schalter einen Stift geben und notierte die Nummern. „Danke.“

„Entschuldigen Sie …“ Die junge Frau unterbrach sie.

„Ja?“

„Habe ich das richtig verstanden? Sie wollen auf einen Wagen warten, um sich durch den Verkehr zum Internationalen Flughafen zu quälen, wo Sie vielleicht noch einen Flug nach Vegas bekommen, vielleicht aber auch nicht? Und das, obwohl gleich dort drüben im Hangar eine Maschine steht, die Sie in weniger als einer Stunde nach Vegas bringen könnte?“

Sofia hatte schon den Mund geöffnet, um genau das zu bestätigen, als ihr bewusst wurde, wie absurd das Ganze war. Sie hatte noch eine Million Dinge zu erledigen vor der großen Preisverleihung am Sonntagabend, und nun wollte sie einen ganzen Tag in den Wind schießen, nur weil sie nicht mit Ramell fliegen wollte?

„Ich glaube, Sie haben recht.“ Sofia gab der Frau den Stift zurück und eilte nach draußen. „Ramell! Ramell!“ Sie rannte, so schnell es ihre hohen Absätze zuließen. „Hat irgendjemand gesehen, wohin Ramell Jordan gegangen ist?“

Ein paar Männer im Hangar sahen auf und lachten amüsiert, als sie vorbeistürmte. Und schließlich entdeckte sie Ramell – er schlenderte entspannt auf eine kleine rot-weiße Maschine zu. Sofia rannte noch schneller. „Ramell, warte!“

„Ich habe mein halbes Leben lang nichts anderes getan“, murmelte er vor sich hin, bevor er sich umwandte. „Ja? Womit kann ich dir jetzt nicht helfen?“

Sofia blieb keuchend stehen. Ramells Blick fiel unwillkürlich auf ihre Brüste, die sich schwer hoben und senkten. Nur gut, dass er seine Sonnenbrille noch aufhatte, sonst wäre es wirklich peinlich geworden.

„Wegen des … äh … Flugs …“

„Ja? Was ist damit?“ Er würde es ihr nicht leicht machen.

„Na ja, ich dachte …“ Sie lächelte. „Da du hier bist und ich hier bin …“

Ram verschränkte die Arme vor der Brust. „Und?“

„Na ja … ich meine, es wäre doch albern, wenn ich durch die ganze Stadt hetze zum anderen Flughafen … Bei dem Verkehr und so …“

„Den Gedanken hatte ich auch schon. Wobei mir eher das Wort kindisch dafür in den Sinn gekommen ist.“

„Okay, okay, ich weiß, was du meinst.“ Sie blickte ihn genervt an. „Kann ich nun mitfliegen oder nicht?“

Ihr Ton kam bei Ramell gar nicht gut an. „Nein.“ Er ging weiter.

„Nein?“, wiederholte sie fassungslos – und musste ihm wieder hinterherrennen. „Was meinst du mit nein? Du hast mir doch vorhin angeboten, dass ich mitfliegen kann.“

„Das war vorhin. Jetzt ist jetzt.“ Er zog die Tür zur Kabine auf.

Sofia stöhnte frustriert. „Wo ist der Unterschied zwischen vorhin und jetzt?“

Ram warf seine kleine Reisetasche nach hinten in die Maschine, bevor er Sofia ansah. „Vorhin hatte ich Mitleid mit dir. Jetzt nicht mehr.“

„Was?“

Ram musterte sie einen Moment lang schweigend. „Hat dir schon einmal jemand gesagt, dass du eine schrecklich arrogante Art hast?“

Sie klappte nur den Mund auf und schloss ihn wieder.

„Offenbar nicht gegenüber jedem“, fuhr Ram fort. „Die meisten Leute, mit denen ich rede, scheinen dich zu mögen. Deine Klienten und die Manager der Studios – sie sind alle begeistert von deiner Arbeit und deiner Professionalität. Es sieht also ganz so aus, als sei diese arrogante Fassade nur für mich bestimmt. Obwohl ich wirklich nicht weiß, wieso. Ich kann mich nicht daran erinnern, je anders als nett zu dir gewesen zu sein.“

Sofia kniff die Augen zusammen. „Wird das jetzt eine Gardinenpredigt?“

Ram wandte sich ab. „Wiedersehen, Sofia. Zweifellos werden wir uns in Vegas sehen.“

Als er begann, in die Kabine zu steigen, packte Sofia ihn verzweifelt beim Arm. „Warte!“

Ram nahm langsam die Brille ab und warf einen betonten Blick auf die schlanken Finger, die seinen Bizeps umklammerten. „Würdest du bitte …?“

Sein warmer Bariton durchbrach eine merkwürdige Trance, in die sie für einen Moment verfallen war. „Okay.“ Sie senkte die Hand und zwang sich zu einem Lächeln, aber Ram sah sie nur argwöhnisch an. „Du hast recht. Ich war ein wenig …“ Sie suchte nach dem richtigen Wort.

„Zickig?“, ergänzte er.

„Kurz angebunden“, korrigierte sie ihn. „Ich war dir gegenüber etwas kurz angebunden.“

Er schwieg.

„Es ist nur … Du weißt schon, diese Fusion … Es gefällt mir nicht.“

„Ja, das hast du ziemlich deutlich gemacht. Aber das entschuldigt doch nicht dein … sagen wir vorsichtig: unhöfliches Verhalten.“ Er warf einen Blick auf die Uhr. „Wenn du mich jetzt bitte entschuldigen würdest. Ich habe noch viel zu erledigen vor der Pre-Award-Gala.“ Er kehrte ihr den Rücken zu.

„Nimmst du mich wirklich nicht mit?“

„Entschuldigst du dich für dein unhöfliches Verhalten?“

Sie gab sich einen Ruck. Aber die Worte wollten ihr einfach nicht über die Lippen kommen.

„Dann bis später.“

„Okay. Ich … Ich …“ Sie musste husten.

„Hör auf, meine Zeit zu vergeuden.“ Sein Ton war jetzt gereizt. „Ich habe keine Lust, mich von dir behandeln zu lassen wie der letzte Dreck. Ob du es nun anerkennen willst oder nicht – ich bin ein Mann, der sich durch seine Arbeit eine gewisse Achtung verdient hat. Wenn du damit nicht umgehen kannst, schlage ich vor, dass du dich auf die Startbahn stellst und den Daumen hebst – vielleicht nimmt dich ja irgendjemand mit.“

„Es tut mir leid.“ Ihre Stimme hob sich kaum über ein Flüstern.

Ram hielt sich eine Hand hinter das Ohr. „Was war das?“

Sofia schloss die Augen. „Ich habe gesagt, es tut mir leid“, erklärte sie lauter. Nach einer langen Pause wagte sie es, die Lider wieder zu heben. Ram schien zu überlegen, ob er ihre Entschuldigung annehmen oder sie ihr um die Ohren schlagen sollte.

„Es tut mir leid“, sagte sie noch einmal.

Ram nickte. „Okay. Ich nehme dich mit – unter einer Bedingung.“

Sie hätte es wissen sollen. „Und die wäre?“

„Unter der Bedingung, dass du den Mund hältst. Ich will keine einzige Silbe von dir hören.“ Er musterte sie aus zusammengekniffenen Augen. „Kommst du damit klar?“

„J…“

„Ah – ah – ah!“ Er wedelte mit einem Finger vor ihrem Gesicht herum. „In deinem Fall ist Schweigen Gold.“

Sofia presste die Lippen aufeinander und nickte heftig.

„Okay. Dann steig ein.“

4. KAPITEL

Vierzig Minuten. Nur vierzig Minuten lang musste sie den Mund halten. Das sollte doch wohl kein Problem sein. Das war es aber doch. Da ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz umgekommen waren, machte das Fliegen sie nervös. Meist ertrug sie es, weil es sich in ihrem Job nicht vermeiden ließ. Aber diese kleine Maschine war etwas völlig anderes.

„Was hast du gesagt? Wie lange fliegst du schon?“ Sofia klammerte sich an ihren Gurt.

Ram warf ihr einen kurzen Blick zu.

„Ich meine …“ Sie sah sich um, als sie sich der Startbahn näherten. „Du weißt, was du tust, oder?“

„Noch kannst du aussteigen“, erklärte er gelassen.

Sofia öffnete den Mund, aber Ram gab ihr ein Zeichen, die Lippen geschlossen zu lassen. Wer war hier jetzt unhöflich? Schmollend ließ sie sich zurücksinken. Als die Maschine beschleunigte, schloss sie die Augen und betete. Erst fünf Minuten später fasste sie Mut und hob die Lider vorsichtig wieder. Sie stiegen durch die Wolken nach oben. „Oh … Es ist gar nicht so schlecht.“

Ram seufzte nur.

„Was ist? Willst du mir drohen, mich jetzt rauszuwerfen?“

„Führe mich nicht in Versuchung.“

Sofia zwang sich, gleichmäßig zu atmen, während sie sein markantes Profil betrachtete. Sie versuchte, sich an den jahrelangen Zorn zu klammern, den sie für die Jordans empfunden hatte. Im Geiste sah sie wieder ihren Vater vor sich und hörte, wie er Emmett Jordan beschuldigte, ein Verräter zu sein. Von dem Tag an hatte sie Vater und Sohn in einen Topf geworfen. Aber war das wirklich fair?

Sie zuckte zusammen, als ihr diese Frage so unvermittelt in den Sinn kam. Sie wand sich, weil sie die Antwort ihres Unterbewusstseins eigentlich nicht hören wollte.

Ram warf ihr einen Blick zu und bemerkte, wie steif Sofia sich machte. „Unglaublich“, murmelte er vor sich hin.

„Was ist?“

„Nichts“, log er.

„Das war nicht nichts“, konterte sie erbost. „Was ist es?“

„Mir ist nur aufgefallen, wie … angespannt du bist.“ Er schüttelte den Kopf. „Du hast dich sehr verändert.“

Sie hob empört das Kinn. „Habe ich nicht.“

„Ich bitte dich! Ich möchte wetten, dass du noch nie so lange nicht telefoniert hast.“

„Das stimmt nicht.“

„Die Zeit ausgenommen, in der du schläfst. Obwohl ich vermute, dass das auch nicht sehr lange ist.“

„Das stimmt nicht“, beharrte sie – und merkte gar nicht, wie sie ihr Handy aus der Tasche zog, um zu sehen, ob jemand angerufen hatte.

Ram lachte. „Sieh dich doch nur an.“

„Was?“

„Falls du es selbst nicht merkst, werde ich es dir nicht sagen.“

Verlegen schob Sofia das Handy wieder in ihre Tasche. „Ist ja auch egal.“

„Ich weiß nur, dass die Sofia, mit der ich aufgewachsen bin, auch Spaß haben konnte. Sie ließ ihr Haar fliegen. Rannte. Lachte. Spielte mit Gänseblümchen. Und ließ sich sogar unter der Eiche hinter dem Haus einen Kuss rauben.“

Sofias Herz machte einen kleinen Satz. Er weckte Erinnerungen in ihr. Weckte gleichzeitig so etwas wie Sehnsucht. Eine Sehnsucht, die sie für einen Moment zu überwältigen drohte. Sie drehte den Kopf zur Seite und starrte in den endlosen Himmel mit seinen weißen Wolken.

„Es ist, als schwebten wir in einem Traum“, flüsterte sie.

Ram lächelte. „Deswegen liebe ich das Fliegen. Wenn man hier oben ist, werden alle Probleme ganz klein.“

Sofia lauschte dem gleichmäßigen Brummen des Motors und des Propellers. Es hatte eine beruhigende Wirkung. Erhöhte ihre Empfänglichkeit für die sie umgebende Schönheit. „Ich sehe, was du meinst.“

Er registrierte erfreut, dass ihre Anspannung verschwunden war. Im selben Moment drehte Sofia den Kopf. Ihre Blicke trafen sich. Sie lächelte leicht, bevor ihr einfiel, dass sie ja auf Distanz bleiben sollte. Hastig sah sie wieder zur Seite. Warf einen Blick auf die Uhr.

Zwanzig Minuten.

„Ich hätte wissen sollen, dass es nicht lange anhalten würde“, bemerkte Ram.

„Was meinst du?“

„Dass du dich einmal gehen lässt.“ Er schwieg eine Weile. „Hasst du mich wirklich so sehr?“

Sofia wollte etwas sagen, aber ihr blieben die Worte im Halse stecken.

„Ich verstehe.“ Ram sah nach vorn und tat so, als ließe ihre Reaktion ihn unberührt.

„Ich hasse dich nicht.“ Sofia räusperte sich. „Es ist nur …“ Sie suchte nach den richtigen Worten, konnte sie aber nicht finden. Deswegen wiederholte sie nur: „Ich hasse dich nicht.“

„Es fällt mir schwer, das zu glauben. Aber im Grunde spielt es ja auch keine Rolle, obwohl es natürlich schön wäre, wenn wir irgendwie ein zivilisiertes Miteinander pflegen könnten. Schließlich werden wir zusammenarbeiten und müssen auch unsere Mitarbeiter unter einen Hut bringen.“

Schweigen.

Sein Frust kam zurück. „Natürlich können wir auch die Limelight – Leute gegen die A. F. I.-Belegschaft aufhetzen und sehen, wie weit wir damit kommen.“

Sofia seufzte. „Ich bin ein ziemlicher Dickschädel, nicht wahr?“

„Das … könnte man so sagen. Wenn man es zivil ausdrücken möchte.“

Sie musste unwillkürlich lachen. „Wie wäre es, wenn wir einen Deal machen?“

„Du und deine Deals!“

„Was soll ich sagen? Das Verhandeln liegt mir im Blut.“

Ram nickte. „Okay. Was schlägst du vor?“

„Die Liste meiner Klienten.“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich möchte sie nicht aufteilen.“

„Das hätte ich mir doch denken können!“

„Vielleicht hast du mich für jemanden gehalten, der schnell aufgibt.“

„Niemals.“ Er schüttelte den Kopf.

„Und?“

„Der Sinn der Aufteilung war, dir Arbeit abzunehmen.“

„Möchtest du die Patt-Situation nun beenden oder nicht?“

Er kniff die Augen zusammen. „Ja, schon, aber …“

„Gut. Du willst etwas. Ich will etwas. Lass uns verhandeln.“

Ram erwog seine Möglichkeiten. Dies war die längste Unterhaltung, die sie bisher geführt hatten, ohne dass sie davongerannt war. Es war verlockend. „Deine Liste gegen ein friedliches Miteinander?“

„So könnte man es auf den Punkt bringen, ja.“

„Aber es bleibt dabei, dass du zu viel arbeitest. Ich gebe zu, du bist ein großer Gewinn für die Firma, aber lass uns den Tatsachen ins Auge sehen: Du kannst so nicht weitermachen. Du brauchst Unterstützung, auch wenn du zu halsstarrig bist, es zuzugeben.“

Sofia seufzte. „Okay, ich reduziere meine Stunden.“

„Auf vierzig Stunden die Woche.“

„Was? Sei nicht albern. Vielleicht auf … siebzig.“

„Weniger.“

„Fünfundsechzig.“

„Weniger.“

„Sechzig.“

„Viel weniger.“

„Ich gebe auf. Du bist ja blöd.“ Sofia versuchte, ihm den Rücken zuzukehren.

Ram lachte schallend.

„Was ist daran so witzig?“

„Ich erinnere mich daran, dass wir fast wortgleich dieselbe Unterhaltung geführt haben, als es darum ging, dass du Dates mit einer Trillion Jungen haben wolltest.“

„Was?“ Dann kam die Erinnerung zurück. „Oh.“ Sie wurde rot. „Daran erinnerst du dich?“

„Na ja, es ging um meinen gefühlt einmillionsten Heiratsantrag.“

„Du warst hartnäckig, das muss ich dir lassen.“

„Auch wenn es mir nichts gebracht hat. Ich glaube, das war der letzte Tag, an dem wir Freunde waren.“ Er schwieg einen Moment. „Rückblickend würde ich sagen, ein schlichtes Nein hätte genügt.“

Sofia wand sich sichtlich.

Ram hatte den Eindruck, endlich zu ihr durchzudringen. „Was ist passiert?“

Sie hörte wieder die wütende Stimme ihres Vaters, drängte sie aber rasch in den Hintergrund. „Nichts“, log sie.

„Das kann ich irgendwie nicht glauben.“ Er drehte an ein paar Knöpfen. „Schnall dich an, wir landen.“

Sofia schloss die Augen. Zum ersten Mal schämte sie sich für ihr Verhalten. Es musste furchtbar für Ramell gewesen sein, dass seine beste Freundin plötzlich nicht mehr mit ihm sprach. Und die Art, wie sie ihn seither behandelt hatte! Sie musste ein Stöhnen unterdrücken. Sie war so in ihren eigenen Gefühlen gefangen gewesen, dass sie die Situation nie aus seiner Perspektive betrachtet hatte. Ihre Entscheidung fiel. „Okay. Fünfzig Stunden“, sagte sie. „Das ist mein letztes Angebot.“

Ramell lächelte überrascht. „Okay. Deal.“

Ramell bot Sofia an, mit ihm zum Mandalay Bay zu fahren, dem Hotel, in dem die elfte Verleihung der Latin Grammy Awards stattfinden sollte. Ebenso wie die Gala von Limelight. Und dort hatte Stewart ein Zimmer für sie reservieren sollen.

Und wie immer, wenn Stewart im Spiel war, ging alles schief.

„Was soll das heißen – wir teilen uns ein Zimmer?“ Sofia sah David, den jungen Mann vom Empfang, fassungslos an. „Das muss ein Irrtum sein.“

Er warf noch einmal einen Blick auf seinen Bildschirm. „Das ist kein Fehler. Wir haben Sie und Mr. Jordan für die Media Suite gebucht.“

„Klingt doch prima.“ Ramell griff nach dem Umschlag mit ihren Schlüsselkarten.

„Einen Moment mal! Wir können uns doch kein Zimmer teilen!“

„Wieso nicht?“

„Das glaube ich jetzt nicht!“ Sie wandte sich wieder an David. „Ich brauche ein anderes Zimmer.“

Er schüttelte bedauernd den Kopf. „Wir sind wegen der Preisverleihung an diesem Wochenende komplett ausgebucht.“

„Dann muss ich leider in ein anderes Hotel gehen.“

„Das können Sie gern versuchen, aber ich fürchte, dort wird man Ihnen dasselbe sagen. Die Stadt ist voll. Vielleicht finden Sie weiter außerhalb etwas.“

„Oh, Gott“, stöhnte Sofia. Ihr Handy begann zu klingeln, aber sie stellte es rasch auf Stumm.

„Das ist doch keine große Sache, Sofia. Die Media-Suite ist sicher riesig – oder?“ Ram sah David fragend an.

„Es sind zweihundert Quadratmeter. Die Suite hat zwei Schlafzimmer.“

„Siehst du? Du nimmst das eine Schlafzimmer, ich nehme das andere.“

So, wie er das sagte, klang es alles unglaublich vernünftig, aber Sofia hörte nur das Schrillen ihrer inneren Alarmsirenen.

„Komm schon. Wir haben noch jede Menge Arbeit bis zur Gala morgen.“

Sofia sah ihm nach, wie er zu den Fahrstühlen ging. Das konnte doch alles nicht wahr sein!

Ram blieb stehen. „Kommst du?“

Was blieb ihr anderes übrig?

5. KAPITEL

Es war wirklich eine große Suite. Sofia entspannte sich ein wenig. Ein langer Korridor führte in ein großes Wohnzimmer mit Fenstern, die vom Boden bis zur Decke reichten. Es gab eine Büro-Ecke, einen Essbereich und als Krönung einen Media-Raum, der mit einer hervorragenden Sound-Anlage ausgerüstet war.

„Fühlst du dich noch sicher?“ Ram sah sie lächelnd an.

„Darum ging es nicht“, verteidigte sie sich. „Es ist nur, dass …“

„Du vertraust mir nicht“, konstatierte er ruhig.

Sie öffnete den Mund, um zu lügen, aber in dem Moment klingelte ihr Handy.

„Gerade noch mal Glück gehabt.“ Ramell schnappte sich seine Tasche und verschwand in Richtung eines der Schlafzimmer.

Sofia sah ihm nach. Ihr Blick glitt über seine breiten Schultern, die schmale Taille und tiefer. Der Anblick hypnotisierte sie förmlich. Himmel, lebte der Mann in einem Fitness-Studio?

„Gehst du nicht ran?“, fragte Ram, ohne sich nach ihr umzusehen.

„Oh!“ Sie erwachte aus ihrer Trance und meldete sich. „Hallo?“

„Ah, Ms. Wellesley. Gott sei Dank erreiche ich Sie! Wir haben ein Problem mit dem Catering-Service für die Gala morgen.“ Stewart schien kurz vor einem Herzinfarkt zu stehen. „Außerdem ist der Party-Planer noch nicht eingetroffen und das Hotel beharrt darauf, dass die Feuerschluckerin hier nicht auftreten darf.“

„Was für eine Feuerschluckerin?“ Sie fragte sich, womit sie einen solchen Assistenten verdient haben mochte. „Wissen Sie was? Rühren Sie nichts an. Rufen Sie niemanden an. Ich bin gleich unten.“ Sie stellte ihre Taschen rasch im zweiten Schlafzimmer ab. Als sie zurückkam, stand Ram nur mit Shorts, Socken und Sneakers bekleidet im Media-Raum. Der Anblick seines muskulösen Körpers hätte sie fast aus den Pumps kippen lassen.

Ramell Jordan war eindeutig erwachsen geworden.

Ram schob eine DVD in den Player und sah, dass Sofia wie angewurzelt hinter ihm stand. Er wedelte ein paarmal mit der Hand vor ihrem Gesicht herum. „Hallo? Jemand zu Hause?“

Sofia versuchte, wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Aber auch als sie die Augen zum dritten Mal öffnete, stand Ram immer noch halb angezogen vor ihr.

„Ich war nackt.“

Er zog amüsiert die Brauen hoch.

„Ich meine …“ Sie räusperte sich. „Ich wollte gerade nach unten gehen. Wir haben ein paar Probleme mit der Brust.“ Hüsteln. „Ich meine, mit der Party.“

Er lächelte. „Brauchst du Hilfe? Ich wollte jetzt mein Workout-Programm machen, aber wenn du mich brauchst …?“

„Nein, nein, ich komme schon klar.“

Er runzelte die Stirn. „Ich ziehe mich schnell an.“

„Nein, nicht nötig.“

Er verschwand wieder in Richtung Schlafzimmer. Erst als die Tür hinter ihm zugefallen war, kam sie wieder zu sich. Was war nur los mit ihr? Kurz entschlossen verließ sie die Suite und fuhr nach unten, wo Limelight einen der Konferenzräume für die Gala gemietet hatte. Sie schob ihren nutzlosen Assistenten beiseite und machte sich daran, die Probleme zu lösen, die er geschaffen hatte.

Nachdem sie mit der Catering-Firma gesprochen hatte, entschuldigte sie sich bei der Feuerschluckerin für das Missverständnis. Dann erledigte sie einen Anruf nach dem anderen mit ihren Klienten und verschiedenen Studio-Leuten.

Plötzlich schien sich die Luft im Raum zu ändern, und Sofia spürte förmlich, wie sich ihre Härchen im Nacken aufstellten. Sie warf einen Blick über die Schulter und sah, dass Ramell hereingekommen war. Verstohlen beobachtete sie ihn, während er hier mit dem einen, dort mit dem anderen sprach und lachte. Obwohl sie ihr Gespräch fortsetzte, ertappte Sofia sich dabei, wie sie Ram im Geiste auszog. Sie erinnerte sich noch zu deutlich daran, wie die Muskeln unter seinem T-Shirt aussahen. Plötzlich war ihr unerklärlich heiß.

„Läuft die Klimaanlage hier drinnen nicht?“ Sie fächelte sich Luft zu.

„Wie bitte?“

„Sorry, Larry, ich meinte nicht dich.“ Sie sah sich um und winkte ihren glorreichen Assistenten herbei.

Stewart kam zu ihr gerannt wie ein aufgeregter junger Hund. Und mit seinen großen braunen, leicht verwirrten Augen hatte er wirklich etwas Welpenhaftes. „Ja? Brauchen Sie etwas?“

Sofia stellte ihre Sprecheinrichtung auf Stumm. „Bitte lassen Sie jemanden die Klimaanlage überprüfen. Ich finde es sehr heiß hier.“

Autor

Jennifer Greene

Seit 1980 hat die US-amerikanische Schriftstellerin Jennifer Greene über 85 Liebesromane veröffentlicht, die in über 20 Sprachen übersetzt wurden. Unter dem Pseudonym Jennifer Greene schreibt die Autorin Jill Alison Hart seit 1986 ihre Romane. Ihre ersten Romane wurden 1980 unter dem Namen Jessica Massey herausgegeben, das Pseudonym Jeanne Grant benutzte...

Mehr erfahren
Kathie De Nosky
<p>Kathie DeNosky stellt ihren Wecker oft auf 2 Uhr morgens, um wenigstens einige Stunden in Ruhe arbeiten zu können, bevor der Rest der Familie erwacht. Während dann in ihrem Büro leise Countrymusik erklingt, schreibt sie an ihren Romances, denen eine ganz besondere Mischung aus Sinnlichkeit und Humor zeigen ist. Sie...
Mehr erfahren
Adrianne Byrd
Mehr erfahren