Champagner mit dem Milliardär

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Rose, junge Besitzerin einer Dating-Agentur, hat eine tolle Idee für ihre nächste Marketingkampagne! Aber dazu braucht sie die Unterstützung des Milliardärs Rafael Kuragin. Und der hat leider den Ruf, unnahbar zu sein. Doch bei einer Pressekonferenz erlebt Rose eine Überraschung: Plötzlich steht Rafael neben ihr und schaut sie unergründlich an. Ihr Herz klopft wie verrückt, als sie ihm von ihrem gewagten Plan erzählt. Mit Erfolg! Denn Rafael bittet sie in seinen Privatjet. Um bei einem Glas Champagner alles Weitere zu besprechen - oder um sie über den Wolken zu verführen?


  • Erscheinungstag 23.12.2014
  • Bandnummer 2159
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701246
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Rose musste sich eingestehen, dass sie eigentlich nur nach Toronto gegangen war, um den Mann fürs Leben zu finden. Aber von diesem hier sollte sie die Finger lassen.

Verdammt! Dieser Mann war absolut nichts für sie.

Trotzdem konnte Rose den Blick nicht von ihm abwenden – ebenso wenig wie all die anderen Frauen im Raum.

Ausgeprägte Wangenknochen, eine markante Nase, den sinnlichen Mund abweisend verzogen und tiefliegende, nachtgraue Augen.

Seine gelangweilte Haltung unterstrich seine männliche Schönheit noch zusätzlich. Es war nicht zu übersehen, dass er mit erstklassigen Genen gesegnet war.

Er trug einen eleganten dunklen Maßanzug, und sein schlanker, aber muskulöser Körper ließ Rose unwillkürlich daran denken, wie sehr sich die männliche Physiognomie doch von der weiblichen unterschied. Dieser Mann strahlte eine unglaubliche Stärke aus.

Nicht, dass er keine Konkurrenz gehabt hätte. Um ihn herum scharten sich einige weitere gut gebaute junge Männer. Sie sprachen leise miteinander und versuchten, sich von dem Rummel nicht beeindrucken zu lassen.

Langsam stieg Rose die Röte ins Gesicht. Sie durfte jetzt nur nicht die Nerven verlieren. Aber sie hatte schließlich von Anfang an gewusst, worauf sie sich da einließ. Als sie den groß aufgemachten Zeitungsartikel über den Besuch des russischen Eishockeyteams Wölfe in Toronto gelesen hatte, war ihr eine grandiose Idee gekommen.

Dabei interessierte Sport sie etwa so brennend wie die Aktienkurse. Aber darum ging es gar nicht. Wichtig war bloß, dass andere Frauen sich dafür interessierten. Genauer gesagt, dass sie sich für die Männer interessierten, die den Sport ausübten. Und was das anging, standen die Wölfe mit ihren gut aussehenden und berühmten Eishockeyspielern bei den Frauen ganz hoch im Kurs. Rose konnte nicht einmal sagen, ob es die russische Melancholie in ihren Augen war oder die Art, wie sie mit ihren dunklen Stimmen das R rollten. Wahrscheinlich war es die düstere Mischung aus beidem, die alle weiblichen Fans so faszinierte.

Und nun war sie also hier, um sich und der Welt ein weiteres Mal zu beweisen, dass sie wusste, was Frauen wollten. Auf diesem Gebiet war sie eine echte Expertin. Zumindest wollte sie das gern glauben. Schließlich hing vieles davon ab, nicht zuletzt der Erfolg ihres kleinen Unternehmens.

Allerdings hatte sie nicht mit diesem Mann gerechnet. Leise sprach er mit einem der Spieler, ließ dabei den Blick jedoch durch den Raum schweifen. Er wirkte wirklich äußerst gelangweilt und irgendwie mürrisch.

Rose fächelte sich mit dem Programmheft ein wenig Luft zu und beobachtete ihn aus den Augenwinkeln.

Es schien, als seien sämtliche Journalisten aus Toronto und dem Umland anwesend, um zu hören, was diese russischen Sportler zu sagen hatten. Die jungen Männer schienen sich in ihren Anzügen ziemlich unwohl zu fühlen. Das russische Nationalteam hatte in der Vergangenheit diverse Meistertitel gewonnen. Als wäre das nicht genug, sorgte Teamchef Rafael Kuragin mit seinem Reichtum und dem zweifelhaften Ruf als notorischer Playboy noch zusätzlich für ein großes Interesse der Medien.

Neben ihm stand ein ehemaliger Trainer des Nationalteams. Rose bemerkte, dass die beiden berühmtesten Spieler fehlten. Die Hockey-Liga in Kanada hatte bereits ein Auge auf sie geworfen. Das russische Wölfe-Team hatte schon unzählige Eishockeystars an andere Nationalteams verloren.

Aber das interessierte Rose alles gar nicht – und den anderen Frauen hier im Raum ging es sicher ähnlich. Was zählte, war, dass diese Jungs hier unglaublich heiß waren. In dieser Pressekonferenz ging es überhaupt nicht um Sport. Es ging um Sex. Heutzutage ließ sich mit Sex einfach alles verkaufen.

Die Frauen waren verrückt nach ihnen. Männer wollten so sein wie sie. Rose hatte sich überlegt, ein paar Eishockeyspieler in einem Werbespot für ihre Partnervermittlung auftreten zu lassen. Eine bessere Reklame konnte sie sich kaum wünschen. Und da sie nicht viel Geld hatte, würde sie ihren Charme spielen lassen müssen. In der Hoffnung, dass die Sportler sich darauf einlassen würden. Sie hatte sich bewusst nicht an den Vorstand des Teams gewendet. Es erschien ihr vielversprechender, die Spieler höchstpersönlich um den Finger zu wickeln. Und damit ihre Verführungskünste einem ultimativen Test zu unterziehen.

Es gab nur ein Problem: Sie würde die Zustimmung des obersten Bosses der Bande einholen müssen. Und ihr weiblicher Instinkt sagte ihr, dass sie Rafael Kuragin möglicherweise nicht gewachsen war – in keiner Beziehung.

Eine Partnervermittlung hatte dieser Mann gewiss nicht nötig. Mit seinem athletischen Körper und der selbstbewussten Haltung strahlte er eine Autorität aus, die Frauen sofort schwach werden ließ. Oh ja, dieser Typ würde es ihr nicht leicht machen.

Ein Rückzieher kam jedoch nicht infrage. Sie würde sich ihm stellen – hier, mitten zwischen all den sensationslüsternen Journalisten im Dorrington Hotel in Toronto. Auch wenn sich ihr vor lauter Aufregung der Magen umdrehte.

Die Fragen prasselten nur so auf ihn nieder. Rose verstand kein Wort. Die Journalisten riefen auf Englisch und Russisch durcheinander, versuchten, sich gegenseitig zu übertönen. Rafael Kuragin jedoch ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Seine Antworten klangen wohlüberlegt. Rose stellte fest, dass seine tiefe Stimme sie völlig in ihren Bann zog.

„Pardon. Entschuldigen Sie“, murmelte sie, während sie sich durch die Menge drängte, um einen noch besseren Blick auf ihn erhaschen zu können.

Schließlich bemerkte sie, dass er aufgehört hatte, zu sprechen. Und ihr blieb fast das Herz stehen, als er sie direkt ansah. Sein Blick war unglaublich intensiv. Es fühlte sich an, als könnte er bis in Roses Seele schauen.

Plötzlich hielt ihr der Moderator das Mikrofon vors Gesicht. Offensichtlich nahm man an, sie wollte den Teamchef etwas fragen, nachdem sie sich so eilig nach vorn gedrängt hatte.

Als sie wieder zu Rafael Kuragin sah, war sein Blick noch immer auf sie gerichtet.

Stell ihm eine Frage, Rose. Er erwartet, dass du ihm eine Frage stellst.

Ihre Gedanken rasten. Ihre Kehle war so trocken, dass sie das Gefühl hatte, kein Wort herausbringen zu können. Nervös fuhr sie sich mit der Zunge über die Lippen. Als sie schließlich sprach, klang ihre Stimme seltsam fremd.

„Mr Kuragin, sind Sie Single?“

2. KAPITEL

Rafael hasste die Presse. Aber er wusste, wie er mit ihr umzugehen hatte. Man zeigte sich, nutzte die Publicity und gab keine Informationen preis.

Die Reporter bekamen ohnehin fast alles heraus. Seine wechselnden Bettgenossinnen konnten nun einmal nicht den Mund halten. Kaum hatte er sie abgeschossen, erzählten sie den Journalisten die wildesten Geschichten, zum Beispiel von Blondinen, Orgien und Superjachten. Die neueste Story über die Stripperin, die auf der Party zu seinem achtundzwanzigsten Geburtstag im Champagnerbad getanzt hatte, stimmte allerdings. Trotzdem ärgerte es ihn, wenn die Leute deswegen schlecht über ihn dachten. Als ob es nicht Wichtigeres über ihn zu berichten gäbe. Als bestünde sein einziger Wert darin, die Massen zu unterhalten.

Andererseits war der Medienrummel gut für sein Team. Die Aufmerksamkeit, die er damit den Wölfen verschaffte, spornte sie zusätzlich an. Deswegen war er heute hier.

In Gedanken jedoch war er ganz woanders. Er hatte den ganzen Vormittag in der Justizvollzugsanstalt in Toronto verbracht. Seine Anwälte hatten alles gegeben, um zwei seiner besten Spieler auf Kaution freizubekommen. Jetzt saßen die beiden Jungs zusammen mit einigen seiner Sicherheitsleute in einem der Zimmer des Dorrington Hotels. Er wagte es noch nicht, sie unbeaufsichtigt zu lassen. Es war ohnehin nur noch eine Frage der Zeit, bis die Presse von der Sache Wind bekam.

Als er aufsah, stand sie direkt vor ihm und blickte ihn an.

Wenn Augen tatsächlich das Fenster zur Seele waren, dann traf das bei ihr vollkommen zu. In seiner Fantasie sah er eine nackte Frau im zerwühlten Bett. Voller Erwartung.

Sie wartete auf ihn. Der Gedanke ließ ihn alles um sich herum vergessen. Das Team, die Pressekonferenz. Er nahm nur noch diese umwerfend schöne Frau da unten in der Menge wahr. Große blaue Augen, rosige Wangen und ein sinnlich glänzender Kussmund. Sie schien ihn anzulächeln. Und er lächelte zurück. Instinktiv. Vielleicht würde der Tag doch nicht so schlecht enden, wie er angefangen hatte.

Rafael spürte, wie sich sein ganzer Körper anspannte. Sie sieht aus wie ein Engel, dachte er ein wenig amüsiert. Oder wie eine kleine Madonna.

Im Saal wurde es unruhig. Erst jetzt wurde ihm bewusst, dass man ungeduldig auf die nächste Frage wartete.

Ihr Gesichtsausdruck wirkte leer, und er hätte sich fast umgewandt, um einem anderen Journalisten den Vortritt zu lassen, als sie sich mit der Zunge über ihre süßen roten Lippen fuhr. Und die einzige Frage stellte, deren Antwort jeder kannte.

Die ganze Welt wusste, dass er Single war.

Erst recht, seit seine aufgebrachte Exfreundin vor einigen Wochen hemmungslos aus dem Nähkästchen geplaudert hatte.

Während lautes Gelächter den Saal erfüllte, sah das Mädchen ihn unbeeindruckt an.

Wenn es um Frauen ging, hatte er dank seines guten Aussehens und seines Reichtums die Privilegien eines Rockstars. Privilegien, die er mittlerweile nicht mehr so schnell ausnutzen würde wie früher. Aber das wusste sie ja nicht. Und für einen kurzen Moment genoss er die Vorstellung, sie in seine Suite bringen zu lassen. Sie würde vor ihm auf die Knie gehen, und er würde mit den Händen durch ihr seidiges dunkles Haar streichen. Er würde …

verdammt noch mal! Hatte er jetzt den Verstand verloren?

Von irgendwoher drang eine weitere Frage an sein Ohr. Irgendetwas über das Nationalteam. Die Frage konnte er im Schlaf beantworten. Und das war auch gut so, denn seine süße kleine Göttin hatte sich mittlerweile zur anderen Seite des Saals bewegt, und er ließ sie nicht aus den Augen.

Eines musste er ihr lassen – sie war ziemlich mutig. Er registrierte, dass sie mit einem seiner Sicherheitsleute sprach und wild gestikulierte. Offensichtlich wollte er sie nicht durchlassen.

Dann hob ein Reporter der Moscow Times die Hand, und im nächsten Moment prasselten Fragen über Sasha Rykov auf ihn ein. Es ging um das Gerücht, dass er zu einem kanadischen Team wechseln wollte. Insgeheim war Rafael erleichtert. Solange die Presse sich für Rykov interessierte, wurden zumindest keine unangenehmen Fragen zur Abwesenheit seiner beiden besten Spieler gestellt.

Die nächsten Fragen wurden an Trainer Anatole Medvedev gerichtet. Und dann war es auch schon Zeit für den Sektempfang. Wie immer bei solchen Anlässen achtete Rafael darauf, bei niemandem allzu lange stehenzubleiben, jedes Gespräch so kurz und knapp wie möglich zu halten. Unter den Gästen waren vor allem Sponsoren und jede Menge Journalisten. Er würde seine Jungs nicht aus den Augen lassen. Nicht, dass sie sich verplapperten. Zum Glück sprachen die wenigsten von ihnen Englisch.

Zu seinem Bedauern konnte Rafael seine blauäugige Schönheit nirgendwo mehr entdecken. Und mit ihr war seine sexuelle Fantasie verschwunden.

Rose fühlte sich ganz zittrig nach ihrer kurzen Begegnung mit dem berühmt-berüchtigten Chef der Wölfe. Langsam ließ sie den Blick durch den Raum gleiten. Sie wusste, sie sollte es besser schnell hinter sich bringen. Bevor sie der Mut verließ. Alles, was sie brauchte, waren zwei feste Zusagen.

Noch konnte sie gehen. Die ganze Sache einfach vergessen. Es war noch nicht zu spät. Sie würde auch ohne die zusätzliche Publicity klarkommen. Schließlich war ihr Vorhaben nicht ganz astrein. Aber hier ging es um mehr als nur ihr Geschäft. Es ging vor allem um das Frauenhaus, in dem sie ehrenamtlich tätig war. Wenn sie mit Date ins Glück ihre ersten großen Erfolge hätte, könnte das Frauenhaus endlich in ein größeres Gebäude umziehen.

Und auf rechtmäßigem Wege würde sie keinen dieser Spieler für sich gewinnen können. Sie hatte es bereits versucht, doch das Management hatte sie sofort abgeblockt.

Obendrein hätte sie heute endlich die Chance, sich selbst etwas zu beweisen. Wenn sie es mit einem kompletten russischen Eishockeyteam aufnehmen konnte, nur mithilfe ihres Charmes und ein paar frechen Sprüchen, dann konnte sie alles schaffen. Vor allem konnte sie dann endlich mit ihrer Vergangenheit abschließen. Schließlich war sie schon lange nicht mehr das eingeschüchterte kleine Mädchen, das vor zwei Jahren aus Houston geflohen war.

Ganz in ihrer Nähe erspähte sie einige der Sportler. Unsicher hielten sie sich an ihren Sektgläsern fest. Es war offensichtlich, dass sie sich aufgrund ihrer mangelnden Englischkenntnisse unwohl fühlten. Sie hätte leichtes Spiel mit ihnen. Sie erinnerten sie an sich selbst vor einigen Jahren. Damals, als sie noch so furchtbar schüchtern gewesen war und um jeden Preis gefallen wollte. Sie waren nicht die Richtigen. Sie würde sich an die etwas selbstbewussteren, wilderen Spieler halten. Diese gefährlich unberechenbaren Typen, die sich nie festlegen wollten. Das waren die Männer, die ihr Geschäft ankurbeln würden.

Es war absurd. Aber so war die menschliche Natur nun einmal. Man wollte immer das, was man nicht haben konnte: Einen Mann, dem die Welt zu Füßen lag, der jede Frau bekam, der einem jederzeit wieder entgleiten konnte. Einen Mann, der für eine feste Beziehung nicht zu gebrauchen war.

So jemanden wollte sie ganz sicher nicht in ihrer Kartei haben. Aber für Werbezwecke wäre so ein Typ perfekt. Er würde Aufsehen erregen. Und er würde die Frauenherzen höher schlagen lassen.

Ihr kam der Gedanke, dass Rafael Kuragin genau so ein Typ war. Natürlich würde sie ihn niemals fragen. Da machte sie sich nun wirklich keine Illusionen.

Außerdem würden sich einige dieser Hockeyspieler fast ebenso gut für Werbezwecke eignen. Ihr Plan war es, die Jungs gemeinsam mit einem Filmteam zu Dates zu schicken und aus dem Material einen knackigen Werbespot für ihr Unternehmen zu schneiden. Ein befreundeter TV-Produzent hatte ihr bereits seine Unterstützung bei dem Projekt angeboten.

Alles, was sie jetzt noch tun musste, war, sich entsprechend fotogene Exemplare herauszupicken und ihren Charme gezielt einzusetzen.

Sie hatte eine Menge Konkurrenz. Darunter waren einige wirklich atemberaubende Frauen. Aber Rose wusste ja, dass man die Aufmerksamkeit eines Mannes eher durch selbstbewusstes Auftreten erregte als durch gutes Aussehen. Obendrein war es immer hilfreich, einen Plan zu haben.

Geschickt drängelte sie sich in die Nähe eines dunkelhaarigen Hünen.

„Oh mein Gott, bitte nicht bewegen“, rief sie im nächsten Moment, gestikulierte hilflos und sah dem Spieler direkt in die Augen. Dann fiel sie vor ihm auf die Knie. „Meine Kontaktlinse.“

Ganz, wie sie es erwartet hatte, hockte sich der Spieler sofort neben sie und ließ seinen Blick über den Boden gleiten. Sie schaffte es kaum, ihr siegessicheres Lächeln zu unterdrücken, als sie sah, wie er ihr unauffällig auf den Po schaute. Nachdem sie eine Weile erfolglos gesucht hatten, sprang Rose auf die Füße. Er erhob sich ebenfalls.

„Rose“, sagte sie strahlend und streckte die Hand aus.

„Sasha“, entgegnete er und lächelte ebenfalls.

Ihr entging nicht, dass sie von den anderen Frauen argwöhnisch beobachtet wurden. Rose wusste, sie hatte eine gute Wahl getroffen. Sie dankte ihm und achtete darauf, ihm dabei fest in die Augen zu blicken, denn Männer mochten selbstbewusstes Verhalten. Dann beklagte sie, dass alles so verschwommen aussähe ohne ihre Kontaktlinse, und fragte ihn beiläufig, ob es ihm in Toronto gefallen würde.

Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie sich ein Bild von ihm gemacht hatte: überschwänglich, ein wenig einfältig und viel weniger selbstbewusst im Umgang mit Frauen, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Das machte aber nichts. Wichtig war, dass er gut aussah und Ausstrahlung besaß. Und dass er sich bereitwillig von ihr mit dem Kugelschreiber ihre Handynummer auf die Hand schreiben ließ.

Das war ihre Strategie. Sie wusste, dass sie mit Geschäftskarten nicht weit kommen würde bei den Jungs. Die würden mit ziemlicher Sicherheit direkt im Papierkorb landen. Eine freche junge Dame jedoch, die ihnen ihre Telefonnummer auf die Hand kritzelte, würden sie nicht so leicht vergessen.

Als sie vor einiger Zeit ihre Partnervermittlung gegründet hatte, war sie von allen Seiten skeptisch beäugt worden. Eine so junge Frau, die sich ausgerechnet diese hart umkämpfte Branche ausgesucht hatte. Aber Rose wusste, ihre Jugend war ihr Potenzial. Vor allem heute Abend. Sie wirkte völlig harmlos. Die Spieler nahmen sicher an, mit ihr könnte man ein wenig unbeschwerten Spaß haben. Ihre Geheimwaffe war die Tatsache, dass sie bereits im zarten Alter von acht Jahren mit dem Verkuppeln angefangen hatte. Sie sah sich selbst im Grunde als alten Hasen.

Immerhin hatte sie Frauen für ihren Vater und zwei ihrer Brüder gefunden. Und mehrere ihrer Freundinnen waren glücklich mit Männern zusammen, die Rose auf sie angesetzt hatte.

Anders war es jedoch, wenn sie versuchte, bei den Männern zu landen.

Sie zwang sich, zu lächeln, obwohl ihre Füße in den hohen Schuhen schmerzten. In ihrem engen Kostüm konnte sie sich kaum bewegen. Jedes Mal, wenn sie auf einen neuen Spieler zuging, raste ihr Herz wie verrückt.

Das lag unter anderem auch daran, dass es hier nicht nur um Date ins Glück ging. Seit der Trennung von ihrem Verlobten vor einigen Jahren war sie Single. Mittlerweile war sie sechsundzwanzig. All ihre Freundinnen waren seit Jahren in festen Händen. Was also ihre Verkupplungsfähigkeiten anging, so waren sie offensichtlich nur bei anderen Leuten wirksam. Sie selbst hatte es all die Jahre, seit sie allein war, nicht geschafft, einen passenden Partner für sich zu finden.

Das war ein weiterer Grund für ihre kleine Mutprobe an diesem Abend. Bisher lief alles gut. Und wenn sie morgen tatsächlich ein paar Anrufe von den Spielern bekam, dann wusste sie wenigstens, dass es nicht an ihrer mangelnden Attraktivität lag.

Rafael beobachtete die hübsche junge Frau, wie sie mit seinen Spielern flirtete. Jedes Mal, wenn er zu ihr herübersah, sprach sie mit einem anderen. Was hatte sie vor?

Als er sich gerade vom Geschäftsführer eines der großen Unternehmen abwandte, für das die Spieler am Samstag auf ihren Trikots Werbung machen würden, hörte er hinter sich ein leises „Hey …“ Er wusste sofort, dass sie es war. Instinktiv signalisierte er dem Sicherheitsmann, der ihr den Weg versperrte, sie durchzulassen.

Mit einem strahlenden Lächeln schaute sie ihn an. Die Grübchen in ihren Wangen ließen sie noch hübscher aussehen. Es überraschte ihn nicht, dass sie ihn ansprach. Er hatte es erwartet.

Unauffällig ließ er den Blick über ihren Körper gleiten. Sie trug einen zweireihigen blau-schwarz gemusterten Wollblazer und einen schwarzen engen Rock. Ihre schlanken langen Beine steckten in einer Seidenstrumpfhose. Dazu trug sie hochhackige blaue Pumps. Ihr langes, dunkles Haar war streng zurückgekämmt, was ihre großen blauen Augen umso mehr betonte. Sie hatte volle, sinnliche Lippen, und ihre Wangen waren leicht gerötet.

Es war nicht zu übersehen, dass sie eine weibliche Figur hatte – mit wohlgeformten Kurven an genau den richtigen Stellen.

„Sie haben meine Frage noch gar nicht beantwortet“, sagte sie nun.

Er lächelte bloß, während sie noch einen Schritt näher an ihn herantrat.

„Sie möchten jetzt nicht darüber reden, stimmt’s?“, fuhr sie ohne zu zögern fort.

Als sie nun so dicht vor ihm stand, wirkte sie gar nicht mehr so selbstsicher, wie sie ihm anfänglich erschienen war. Schüchtern wich sie seinem Blick aus, als er sie prüfend musterte. Er hatte jedoch das Gefühl, dass diese Schüchternheit bloß gespielt war. Offensichtlich wusste sie genau, wie sie Männerherzen höher schlagen lassen konnte.

Im nächsten Moment zückte sie einen Kugelschreiber.

„Darf ich Ihnen meine Handynummer geben?“, erkundigte sie sich betont unschuldig.

Er lachte, als er den entschlossenen Ausdruck in ihrem Gesicht sah. Sie war nicht nur schön, sie war auch ziemlich hartnäckig.

Und nun legte sie auch noch ihre Hand auf seinen Unterarm. Wäre sie ein Mann, würden seine Sicherheitsleute spätestens jetzt einschreiten. Von Frauen jedoch wurde er ständig angesprochen und angefasst. Damit kam er allein klar. Er blieb immer höflich. Aber er ließ sich von keiner um den Finger wickeln. Dafür war er zuständig. Er zog es vor, sich seine Frauen selbst auszusuchen.

„Bitte“, fuhr sie fort und strahlte ihn dabei so selbstverständlich an, als sei er irgendein Typ von der Straße und nicht der Mann, mit dem am liebsten jede Frau hier im Raum einmal sprechen würde.

Als sie seinen Arm zu sich heranzog, ließ er sie gewähren. Er war neugierig, was sie vorhatte. Ihre Berührung war unerwartet sanft und warm.

Sie gestikulierte mit dem Kugelschreiber.

„Versprechen Sie mir, dass Sie es nicht abwaschen.“

Mit diesen Worten kritzelte sie schnell ihre Nummer auf seinen Unterarm.

„Mein Name ist Rose Harkness“, erklärte sie mit zuckersüßer Stimme. „Bitte rufen Sie mich an. Ich möchte Ihnen einen Geschäftsvorschlag unterbreiten.“

Einen Geschäftsvorschlag? Nannten sie das heutzutage so?

Er machte sich nicht die Mühe, einen Blick auf die Nummer zu werfen. Stattdessen dachte er darüber nach, wie sehr er sich verändert hatte. Noch vor einem Jahr wäre er ihrem Angebot ohne mit der Wimper zu zucken gefolgt. Auch jetzt war die Versuchung groß, sie mit in sein Hotelzimmer zu nehmen. Sie erfüllte alle Kriterien: hübsches Gesicht, gute Figur, charmant. Aber die Zeiten der ewigen One-Night-Stands waren für ihn vorbei. Und er würde es auch nicht zulassen, dass sie sich durch sein ganzes Team schlief.

Er warf ihr ein letztes Lächeln zu und wandte sich ab.

Als er gemeinsam mit seinem Sicherheitschef in den Aufzug stieg, wusste er, was er zu tun hatte.

„Sorgen Sie dafür, dass diese Frau aus dem Hotel verschwindet.“

Es ist ziemlich gut gelaufen, überlegte Rose. Sie hatte mehreren Spielern ihre Nummer aufgeschrieben, und sie hatte sich trotz ihrer Nervosität nicht allzu dumm dabei angestellt. Als Rafael Kuragin sie von oben bis unten gemustert hatte, hätte ihr fast die Stimme versagt. Wie sollte sie einen Mann beeindrucken, der sich sonst nur mit Supermodels und glamourösen Schauspielerinnen umgab? Im Nachhinein konnte sie nicht einmal sagen, ob sie überhaupt einen Funken Interesse bei ihm geweckt hatte. Zumindest aber hatte sie ihr Programm durchgezogen, und er schien sich amüsiert zu haben. Möglicherweise sah er jedoch nicht mehr als ein aufdringliches Groupie in ihr.

Mit den Spielern hingegen hatte sie es leicht gehabt. Es schienen durchweg nette Jungs zu sein. Manche hatten zunächst ein wenig verhalten reagiert, aber am Ende hatte Rose sie alle für sich eingenommen.

Mit Rafael Kuragin war es anders gewesen. Sie war äußerst zuversichtlich auf ihn zugegangen. Doch ein Blick in seine unergründlichen grauen Augen hatte genügt, um sie völlig durcheinanderzubringen. Rafael Kuragin würde sich definitiv nicht als Werbeträger für Date ins Glück hergeben. So viel war klar. Sie hatte es eigentlich schon vorher gewusst. Sie hatte ihn bloß angesprochen, weil sie nicht hatte widerstehen können. Und weil sie die Gelegenheit dazu gehabt hatte. Die neue Rose war schließlich mutig und souverän.

Nachdem sie sich einen gemütlichen Sessel in der Bar des Hotels gesucht hatte, holte sie ihr Handy aus der Tasche und legte es vor sich auf den Tisch. Es konnte immerhin sein, dass einer der Spieler sie anrief, während sie noch im Hotel war. Sie bestellte einen Drink und überlegte dann, wie sie den Männern ihre Werbeaktion für Date ins Glück am besten schmackhaft machen konnte.

Doch sie konnte sich nicht konzentrieren. Immer wieder kreisten ihre Gedanken um Rafael Kuragin. Sein Lächeln hatte sie völlig verzaubert. Sie hatte sich gefühlt, als sei sie die einzige Frau im Raum.

Er musste mindestens einen Meter neunzig groß sein, denn trotz ihrer hohen Absätze reichte sie ihm gerade bis ans Kinn. Und als sie nach seinem Arm griff, um ihre Nummer darauf zu schreiben, fiel ihr sofort auf, dass er Hände wie ein Arbeiter hatte. Sie schienen so gar nicht zu seinem Playboy-Image zu passen. Zu diesem Mann, der keinen Finger rühren musste und immer ein Supermodel im Schlepptau hatte, vorzugsweise vom skandinavischen Typ. Diese starken Hände und der muskulöse Körper kamen jedoch sicher nicht vom Herumliegen auf seiner Luxusjacht. Und er schien ihr auch nicht der Typ zu sein, der seine Muskeln im Fitnessstudio stählte.

Nachdenklich ließ Rose ihren Kopf gegen die Sessellehne sinken.

„Entschuldigen Sie, Miss …“

Vor ihr standen zwei Männer in Hoteluniform. Sie forderten sie auf, das Hotel zu verlassen.

„Wie bitte?“

„Sie wurden dabei beobachtet, wie sie mehrere unserer internationalen Gäste angesprochen haben. Mr Kuragin hat uns persönlich darum gebeten, sie hinaus zu eskortieren.“

Roses Gedanken überschlugen sich.

„Was? Warum denn?“

„In unserem Hotel wird Prostitution nicht geduldet, Madam“, entgegnete einer der beiden Hotelangestellten leise.

Fassungslos sah sie ihn an.

„Sie glauben, ich bin eine Nutte?“

Rose bekam keine Antwort. Kurz darauf wurde sie von den beiden Angestellten durch die Hotellobby geführt.

Autor

Lucy Ellis
Früher hätte Lucy Ellis es nie für möglich gehalten, einmal selbst Liebesromane zu schreiben, wie ihre Großmutter es ihr vorschlug. Heute tut sie genau das mit großer Freude. Das Beste für sie am Autorendasein: Ihre Protagonistinnen sind genauso wie die Frauen, über die Lucy schon als junges Mädchen gerne gelesen...
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