Die heimliche Geliebte des Königs

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Flirte niemals mit einem Playboy! Leila weiß, dass Alix Saint Croix den Ruf eines Casanovas besitzt und ihr das Herz brechen wird. Aber Alix ist nicht nur ein Playboy, sondern auch ein König. Darf sie es wagen, sich seinen Wünschen zu widersetzen?


  • Erscheinungstag 15.03.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733739713
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Leila Verughese überlegte gerade, was wohl passieren würde, wenn ihre Parfümvorräte ganz ausgingen, als sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Froh um die Ablenkung, die sie aus ihren dunklen Gedanken riss, drehte sie sich um.

Ein eleganter schwarzer Wagen hielt vor ihrem kleinen Haus an der Place Vendôme in Paris. Das Haus hatte sie von ihrer Mutter geerbt, zusammen mit der Parfümerie im Erdgeschoss. Als sie näher hinsah, bemerkte sie eine ganze Flotte schwarzer Autos. Der vorderste Wagen war mit Flaggen bestückt, doch Leila konnte nicht sagen, zu welchem Land sie gehörten. Obwohl sie oft genug in ihrem Leben zu dem weltbekannten Hotel Ritz hinübergesehen und beobachtet hatte, wer dort ein und aus ging.

Jetzt stieg ein Mann aus dem Wagen, offenbar ein Bodyguard mit einem Ohrhörer. Er sah sich um, ehe er die hintere Tür öffnete. Leilas Augen weiteten sich, als sie beobachtete, wer ausstieg.

Es war ein Mann – ein ausgesprochen maskuliner, energiegeladener Mann in einem langen schwarzen Mantel. Zuerst sah es so aus, als wollte er auf ihren Laden zusteuern, dann blieb er plötzlich stehen. Leila bemerkte, dass er für einen Moment verwirrt wirkte, ehe er sich umdrehte und mit jemandem hinten im Wagen sprach. Einer Frau? Einer Freundin?

Als der Mann sich wieder aufrichtete, erhaschte Leila einen Blick auf ein langes gebräuntes Bein und blonde Haare. Dann drehte er sich um und kam auf den Laden zu, flankiert von seinen Leibwächtern.

Erst jetzt sah Leila sein Gesicht. Noch nie in ihrem Leben hatte sie etwas so Schönes gesehen. Die Haut von einem dunklen Oliv – was vielleicht auf arabische Herkunft hindeutete –, dazu hohe Wangenknochen und ein sinnlicher Mund. Tiefliegende Augen, dichte Brauen und ein entschlossenes Kinn. Wieder der verwirrte Blick, während seine Kiefer fest zusammengepresst waren. Seine dunklen Haare waren sehr kurz geschnitten.

Wie angewurzelt blieb Leila stehen, als er immer näher kam. Kurz bevor die Ladentür sich öffnete, fing er ihren Blick auf, und sie hatte die seltsame Vorstellung, sich einem Raubvogel gegenüberzusehen, der gleich auf sie herniederstürzen, sie mit seinen Klauen greifen und mit ihr davonfliegen würde.

Alix Saint Croix bemerkte die dunkelhaarige Verkäuferin, die er durch das Ladenfenster sah, nur am Rande, als er zu der Parfümerie ging. Lass dir etwas einfallen. Sein Mund wurde schmal. Wäre die letzte Nacht angenehmer verlaufen, wäre er eher geneigt, sich für seine Geliebte etwas einfallen zu lassen. Er war es nicht gewohnt, irgendwelchen Befehlen zu gehorchen, und hatte Carmens plötzlicher Laune nach einem Parfüm nur nachgegeben, um von ihr wegzukommen.

Sie war am Abend zuvor in seiner Suite gewesen, und ihr Liebesspiel hatte seinen Zweck erfüllt. Alix hatte sich jedoch gefragt, wann er das letzte Mal so überwältigt gewesen war von einer Frau, dass er vor Verlangen völlig den Kopf verloren hatte. Noch nie, hatte eine kleine Stimme in seinem Kopf geflüstert, als seine Geliebte mit aufreizenden Bewegungen vom Bett ins Bad schlenderte.

Alix hatte sich gelangweilt. Und da Frauen einen sechsten Sinn dafür zu haben schienen, wurde seine Geliebte plötzlich ungewohnt gefügig und hatte ihm damit den Nerv geraubt. Noch mehr hatte ihn nur genervt, einen Tag lang Bohnenstangen über den Laufsteg stolzieren sehen zu müssen.

Doch als er sich bei seinem engsten Berater beschwerte, hatte der gemeint: „Das ist gut, Alix. So können wir sie in Sicherheit wiegen, weil sie glauben, dass du nichts anderes als Frauen im Kopf hast.“

Alix gefiel es nicht, als Frauenheld betrachtet zu werden. Deshalb stieß er die Ladentür nun fester auf als notwendig. Sein Blick ging zu der Verkäuferin, die ihn schockiert, aber auch ehrfürchtig ansah.

Sie war die schönste Frau, die er je gesehen hatte.

Hellolivfarbene Haut, eine gerade Nase und volle, weiche Lippen. Ein zartes Kinn, hohe Wangenknochen. Ihre Haare fielen wie ein schwarzes glänzendes Seidentuch über ihre Schultern, und Alix verspürte den seltsamen Drang, sie zu berühren.

Doch noch stärker faszinierten ihn ihre Augen, die wie große, helle Smaragde funkelten, umrahmt von langen schwarzen Wimpern unter dunklen Brauen. Sie sah aus wie eine fernöstliche Prinzessin.

„Wer sind Sie?“

War das seine Stimme? Sie klang wie ein verblüfftes Krächzen. Begierde heizte sein Blut an, ein Feuer, das er in der vergangenen Nacht nicht verspürt hatte.

„Ich bin die Besitzerin des Ladens. Leila Verughese.“

Der exotische Name passte zu ihr. Er streckte die Hand aus. „Alix Saint Croix.“

Das Leuchten in ihren Augen zeigte, dass sie seinen Namen kannte. Natürlich. Wer hatte noch nicht von ihm gehört?

Sie legte ihre kleine, zarte Hand in seine und brachte damit Alix’ Blut zum Kochen, während er instinktiv seine Finger um ihre schloss.

Er versuchte sich zu erklären, warum er so heftig auf sie reagierte. Diese Frau … Leila … war zweifellos schön. Sie trug einen weißen Apothekerkittel über einer schlichten blauen Bluse und einer schwarzen Hose. Selbst in ihren flachen Schuhen war sie recht groß und reichte ihm bis zur Schulter. Er ertappte sich bei der Vorstellung, dass sie High Heels trug, und wie nahe ihr Mund dem seinen dann wäre …

Sie entzog ihm ihre Hand. „Sie suchen ein Parfüm?“

Parfüm? überlegte Alix verwirrt. Ach ja, Carmen. Sie wartete draußen im Wagen auf ihn. Sofort verfinsterte sich sein Blick wieder, und die Frau trat einen Schritt zurück.

Er hielt eine Hand hoch. „Entschuldigung, nein …“ Im Stillen fluchte er. Was war los mit ihm? „Das heißt, ja. Ich suche ein Parfüm. Für jemand anderen.“

Die Frau sah ihn an. „Haben Sie einen bestimmten Duft im Sinn?“

Alix zwang sich, den Blick von ihr zu lösen, und sah sich in dem kleinen Laden um. Regale und Theke waren aus Glas, die gläsernen Parfümfläschchen teils in Gold gehalten. All das verströmte etwas Kühles, Ruhiges, Ernstes, so wie sie selbst.

„Ich suche ein Parfüm für meine Geliebte.“

Als sie nicht sofort reagierte, wie die Menschen es sonst taten, wenn er einen Wunsch äußerte, sah er die Frau verwundert an. Sie wirkte missbilligend, auch etwas Neues für Alix, da die Menschen ihm sonst nie ihre wahren Gefühle zeigten.

Er hob eine Braue. „Haben Sie damit ein Problem?“

Fasziniert bemerkte er, dass ihre Wangen sich röteten und sie den Blick abwandte, ehe sie steif sagte: „Es steht mir nicht zu, Ihnen zu sagen, was eine passende Bezeichnung für Ihre … Partnerin wäre.“

Leila fluchte im Stillen, weil sie ihm gezeigt hatte, wie verärgert sie war. Schnell wandte sie sich ab und ging zu den Regalen, als ob sie ein Parfüm suchen wollte.

Ihr Vater hatte ihrer Mutter angeboten, seine Geliebte zu werden – nachdem ihre gemeinsame Tochter unehelich auf die Welt gekommen war. Er hatte Deepika Verughese verführt, als er geschäftlich in Indien mit Leilas Großvater zu tun hatte. Doch als sie nach einer langen Reise von Jaipur nach Paris schwanger bei ihm ankam, hatte er sie erst im Stich gelassen.

Danach hatte ihre Mutter aus Stolz und Verbitterung über seine anfängliche Ablehnung das Angebot abgelehnt, seine Mätresse zu sein.

Leila verdrängte die schmerzliche Erinnerung. Sie hasste es, so unprofessionell wie eben zu reagieren. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass der Mann zu ihr kam.

„Sie wissen, wer ich bin?“

Leila nickte. Sie hatte schon von ihm gehört. Er war der König eines kleinen Inselstaates vor der Küste Nordafrikas, in der Nähe von Südspanien, der jedoch seit geraumer Zeit im Exil lebte. Als Finanzgenie bekannt, hatte er seine Finger in jedem Geschäft, das man sich vorstellen konnte – einschließlich der Erdölvorkommen im Nahen Osten.

Gerüchten zufolge wollte er Anspruch auf seinen Thorn erheben. Dabei hatte er offenbar nichts Besseres zu tun, als seiner Geliebten Parfüm zu kaufen. Warum sie das so sehr verwirrte, wusste sie nicht.

„Dann wissen Sie bestimmt auch, dass ein Mann wie ich keine Freundinnen oder Partnerinnen hat“, fuhr Alix Saint Croix fort. „Ich nehme mir Geliebte – Frauen, die wissen, was sie erwartet, und die nicht mehr wollen.“

Leider kannte Leila Männer wie ihn. Und es machte sie krank, weil jemand wie er sie daran erinnerte, dass es das, was sie suchte, nie geben würde.

Doch sie war fest entschlossen, sich davon nicht die Laune verderben zu lassen. „Nicht alle Frauen sind so zynisch, wie Sie es darstellen“, gab sie fest zurück.

Seine Miene verhärtete sich. „Die Frauen, die in meinen Kreisen verkehren, schon.“

„Vielleicht ist Ihre Welt dann ein bisschen zu klein?“

Sie konnte nicht glauben, dass sie die Worte wirklich gesagt hatte, aber er hatte einen wunden Punkt bei ihr getroffen. Beinahe erwartete sie, dass er aus dem Laden stürmen würde. Stattdessen hob er einen Mundwinkel, was ihn noch verführerischer aussehen ließ.

Und gefährlicher.

„Ja, vielleicht.“

Plötzlich war Leila heiß, als sie seinen eindringlichen Blick spürte, der langsam zu ihren Brüsten wanderte. Hastig griff sie nach einer Flasche Parfüm, ohne auf die Marke zu achten.

Mit einer heftigen Bewegung stieß sie ihm die Flasche entgegen. „Das ist einer unserer beliebtesten Düfte. Blumig, mit einem Hauch Zitrus. Leicht würzig. Perfekt für Freizeitkleidung.“

Alix schüttelte den Kopf. „Ich möchte etwas Schwereres, Sinnlicheres.“

Leila stellte die Flasche weg und griff nach einer anderen. „Dann passt dies vielleicht besser. Auf Moschusbasis, mit einer nur schwach fruchtigen Note.“

Er legte den Kopf schräg. „Schwer zu sagen, solange man es nicht riechen kann.“

Leila ging zur Theke und holte einen Duftstreifen, um ihn zu besprühen, damit er den Duft riechen konnte. Sie wollte, dass er so schnell wie möglich verschwand, weil er sie viel zu sehr durcheinanderbrachte.

Doch ehe sie den Streifen besprühen konnte, schlang sich eine große Hand um ihren Arm und hielt sie zurück.

Hitze durchzuckte ihren Körper, und sie sah ihn an.

„Nicht auf den Streifen. Sie werden mir sicher zustimmen, dass das Parfüm auf der Haut besser seinen Duft entfaltet.“

Leila kam sich plötzlich dumm vor. „Aber es ist ein Duft für Frauen.“

Er hob eine Braue. „Dann sprühen Sie es auf Ihr Handgelenk, damit ich es riechen kann.“

Leila war so schockiert, als hätte er ihr eben befohlen sich auszuziehen.

Mühsam kämpfte sie um Fassung. Schon oft hatte sie sich Parfüm auf ihr Handgelenk gesprüht, damit die Kunden den Duft riechen konnten. Doch aus dem Mund dieses Mannes klang die Bitte fast unanständig.

Sie hoffte, dass ihre Hand nicht zitterte, als sie den Verschluss abschraubte, ihren Ärmel hochzog und den Duft auf ihre Haut sprühte. Was sie als absurd sinnliche Empfindung verspürte.

Alix Saint Croix nahm ihre Hand, drehte sie um und beugte den Kopf, der ihrer Brust verdächtig nahe kam, um an ihrem Handgelenk zu schnuppern.

Unverwandt sah er sie an, und Leila hielt die Luft an, als sie spürte, wie sein Atem über ihre Haut strich.

Plötzlich sah sie über seinen Kopf hinweg eine Bewegung. Eine große, schlanke Blondine stieg hinten aus dem Wagen, ein Handy am Ohr. Sie trug ein enges, kurzes Kleid und darüber eine Jacke, die sie vor dem kühlen Herbstwetter schützen sollte.

Er musste gespürt haben, dass Leila abgelenkt worden war, richtete sich auf und sah ebenfalls aus dem Fenster. Sie merkte, dass er sich verspannte, als die Blondine ihn erblickte und verwirrt ansah, während sie weiter in ihr Handy sprach.

„Ihre … Geliebte wartet auf Sie.“ Leilas Stimme hörte sich wie ein Krächzen an.

Erst jetzt ließ er ihre Hand los, und Leila versteckte sie schnell hinter ihrem Rücken.

Sein Blick wirkte nun kühler, was Leila seltsamerweise nicht tröstete.

„Ich nehme es.“

Verwirrt sah sie ihn an.

„Das Parfüm“, erklärte er.

„Natürlich.“ Sie löste sich aus ihrer Starre. „Ich packe es sofort ein, es dauert nur einen Moment.“ Hastig wickelte sie das Fläschchen in Papier und steckte es in eine Tragetasche, die sie ihm reichte, ohne ihn anzusehen.

Er legte Geld auf die Theke, drehte sich wortlos um und verließ den Laden. Draußen nahm er seine Was-auch-immer-sie-war beim Arm und drängte sie zurück in den Wagen.

Sein Duft hing noch in der Luft, frisch und mit einem männlichen Hauch nach Erde und Moschus. Könnte man diesen Duft einfangen, würde man sicher ein Vermögen damit machen.

Schockiert presste Leila die Beine zusammen, als sie merkte, wie es zwischen ihren Schenkeln pulsierte.

Was war los mit ihr? Dieser Mann war nicht nur ein König, sondern hatte auch eine Geliebte. Also sollte sie froh sein, dass sie ihn los war. Stattdessen war sie völlig durcheinander.

Sie musste an einen anderen Fremden denken, der einmal in ihren Laden gekommen war und sie umgarnt hatte. Um dann ziemlich hässlich zu ihr zu werden, als er merkte, dass sie ihm nicht das geben würde, was er wollte.

Einen Moment starrte sie auf die Geldscheine, die Alix Saint Croix auf die Theke gelegt hatte, und merkte, dass er viel zu viel bezahlt hatte. Sie dachte an den geheimnisvollen Blick, den er ihr noch zugeworfen hatte, ehe er wieder im Auto verschwunden war. Ein Blick, der besagte, dass er wiederkommen würde. Bald.

Als Leila wenig später oben in ihrer kleinen Wohnung war, die sie sich früher mit ihrer Mutter geteilt hatte, fühlte sie sich magisch angezogen von dem Fenster, das einen Ausblick auf die Place Vendôme bot. Das Opernglas, das ihre Mutter immer benutzt hatte, um zu beobachten, wer in dem berühmten Hotel Ritz ein und aus ging, lag auf dem Fensterbrett. Für einen Moment war Leila überwältigt von Trauer um ihre Mutter. Dann nahm sie das Glas und schaute hindurch. Unten vor dem Hotel herrschte die übliche Hektik, wenn Gäste neu ankamen. Leila hob das Glas und richtete es auf die Zimmer. Plötzlich erstarrte sie, als sie in einem hell erleuchteten Raum eine männliche Gestalt entdeckte, die ihr bekannt vorkam.

Sie stellte das Glas schärfer und hasste sich dafür, doch sie konnte den Blick nicht abwenden. Er war es tatsächlich. Alix Saint Croix, der mit dem Rücken zu ihr stand. Mantel und Jacke hatte er ausgezogen.

Leila starrte auf seinen muskulösen Rücken und spürte Hitze zwischen den Schenkeln.

Jetzt erschien die Blondine in ihrem Blickfeld. Auch sie hatte ihre Jacke ausgezogen und trug nur noch das dünne Kleidchen. Leila erinnerte sich, dass sie die Frau schon einmal gesehen hatte. Sie war ein weltbekanntes Wäschemodel. Sie hielt etwas in der Hand. Leila kniff die Augen ein wenig zusammen und erkannte, dass es ein Parfümfläschchen war. Das Model sprühte etwas davon auf ihr Handgelenk und roch daran, woraufhin ein verführerisches Lächeln ihren Mund umspielte.

Als sie sich noch weiter damit besprühte, zuckte Leila zusammen. Weniger ist mehr – dieser Grundsatz galt insbesondere bei Parfüm. Das aber schien diese Frau nicht zu wissen. Nun warf sie das Fläschchen zur Seite, vermutlich auf einen Stuhl oder eine Couch in ihrer Nähe, und zog die dünnen Träger ihres Kleids herunter, bis sie mit entblößtem Oberkörper dastand. Sie hatte kleine, aber perfekt geformte Brüste.

Das Selbstvertrauen dieser Person raubte Leila den Atem. Sie hätte nie den Mut gehabt, sich so aufreizend vor einem Mann auszuziehen.

Jetzt kam Bewegung in Alix Saint Croix. Er wandte sich von der Frau ab und ging zum Fenster. Einen Moment füllte sein Gesicht Leilas Fernglas ganz aus. Sein Blick wirkte eindringlich. Schließlich zog er den Vorhang zu, als wüsste er, dass Leila ihn von der anderen Seite des Platzes beobachtete.

Angewidert von sich selbst legte sie das Glas ab und ging in ihrem kleinen Apartment hin und her. Was hatte sie sich nur dabei gedacht, ihn auszuspionieren? Er gehörte genau zu der Sorte Mann, vor der ihre Mutter sie gewarnt hatte. Reich und arrogant. Ein Mann, der Frauen nur als Geliebte benutzte und sich die nächste nahm, sobald der Reiz des Neuen verblasst war.

Leila hatte die Warnung ihrer Mutter bereits einmal in den Wind geschlagen, und ihr Selbstbewusstsein und ihr Stolz hatten dadurch einen gehörigen Dämpfer bekommen.

Entschlossen zog sie sich eine Jacke an, um in den nahen Tuilerien einen Spaziergang zu machen. Wieder und wieder redete sie sich ein, dass heute in ihrem Laden nichts passiert war, dass sie Alix Saint Croix nie wiedersehen würde und dass er ihr einfach nur egal war.

Am folgenden Abend dämmerte es schon, als Leila zur Ladentür ging, um abzuschließen. Nur ein paar Kunden waren an diesem Tag dagewesen, und sie hatte lediglich zwei Fläschchen Parfüm verkauft. Aufgrund der Rezession liefen die Geschäfte überall schlecht. Außerdem bekam sie keinen Nachschub mehr, da das Werk, das sie beliefert hatte, geschlossen worden war.

Also musste sie ihre Vorräte verkaufen und konnte nur hoffen, genug Geld einzunehmen, um wieder selbst Parfüm herstellen zu können.

Sie wollte gerade den Schlüssel umdrehen, als sie durch das Fenster eine große dunkle Gestalt sah, flankiert von zwei Männern, die auf ihre Tür zugingen.

Alix Saint Croix.

In einem Moment der Schwäche hatte Leila am Abend zuvor im Internet nach ihm geforscht und herausgefunden, dass seine Eltern und sein jüngerer Bruder bei einem Staatsstreich durch das Militär getötet worden waren. Er selbst war zu einer Art Legende geworden, da er hatte fliehen können und nun im Exil lebte.

Aus einem ersten Impuls heraus wollte sie schnell die Tür verschließen und das Rollo herunterziehen, doch er hatte sie bereits von draußen gesehen. Er lächelte verhalten, und sie sah den dunklen Bartschatten auf seinen Wangen.

Widerwillig öffnete sie die Tür und trat zurück, wieder einmal gebannt von seiner männlichen Schönheit.

Fest entschlossen, sich nicht erneut von ihm durcheinanderbringen zu lassen, setzte Leila eine höflich-professionelle Miene auf. „Hat Ihrer Geliebten das Parfüm gefallen?“

Alix Saint Croix machte eine beinahe abfällige Geste mit der Hand. „Ja, es gefällt ihr. Aber deswegen bin ich nicht hier.“

Leila hatte Mühe zu atmen. Warum war er dann gekommen? „Sie … Sie haben übrigens viel zu viel für das Parfüm bezahlt“, stotterte sie.

Dann drehte sie sich hastig um, ging zur Theke und nahm den Umschlag mit dem zu viel bezahlten Geld. Eigentlich hatte sie den Umschlag zum Hotel bringen wollen, hatte jedoch nicht den Mut aufgebracht. Sie hielt ihm das Kuvert hin.

Alix achtete nicht darauf, sondern meinte: „Ich wollte Sie zum Dinner einladen.“

Panik schnürte Leila die Kehle zu. „Was haben Sie gesagt?“

Er öffnete seinen leichten Mantel, unter dem er einen dreiteiligen Anzug trug. „Ich sagte, dass es mir gefallen würde, wenn Sie mir beim Dinner Gesellschaft leisten.“

Leila runzelte die Stirn. „Aber Sie haben eine Geliebte!“

Sein Blick aus grauen Augen wurde hart. „Sie ist nicht mehr meine Geliebte.“

Leila dachte daran, was sie am Abend zuvor beobachtet hatte, und platzte heraus: „Ich habe Sie doch gesehen … Sie beide zusammen …“ Sie stockte, denn er sollte auf keinen Fall wissen, dass sie ihn ausspioniert hatte. „Sie schien jedenfalls der Ansicht zu sein, zu Ihnen zu gehören.“

Sie konnte nur hoffen, dass er annahm, ihre Bemerkung würde sich auf die Begegnung draußen vor dem Wagen beziehen.

Seine Miene blieb regungslos. „Wie ich schon sagte, wir sind nicht mehr zusammen.“

Leila war empört und – schlimmer noch – enttäuscht. Natürlich, ein Mann wie er wechselte Frauen wie andere ihre Unterwäsche. „Aber ich kenne Sie nicht mal“, sagte sie.

Sein Mund verzog sich. „Ein Gespräch beim Dinner könnte da Abhilfe schaffen, non?“

Leila wäre am liebsten davongelaufen, zwang sich aber zu bleiben. Dies war ihr Laden, und alles in ihr schrie danach, diesem Mann zu widerstehen.

Ohne weiter nachzudenken, sagte sie: „Ich habe Sie beide gesehen. Es war keine Absicht, aber als ich gestern Abend aus dem Fenster sah, habe ich Sie in Ihrem Zimmer gesehen. Sie hat sich ausgezogen, und …“

Sein Blick wurde schmal. „Ich habe Sie auch gesehen … als Silhouette hinter Ihrem Fenster.“

Sie wurde blass. „Wirklich?“

Er nickte. „Es hat mir nur bestätigt, dass ich Sie will. Sie und keine andere Frau.“

Sein Blick nahm sie gefangen. „Aber Sie haben die Vorhänge zugezogen, um mit ihr allein zu sein.“

Sein Mund wurde schmal. „Ja, weil ich sie gebeten habe, sich wieder anzuziehen und zu gehen, denn unsere Beziehung war in dem Moment beendet.“

Seine Kälte sandte Leila einen Schauer über den Rücken. „Wie grausam. Sie haben ihr doch gestern erst ein Geschenk gekauft.“

Etwas Zynisches leuchtete in seinen Augen auf. „Glauben Sie mir, eine Frau wie Carmen macht sich keine falschen Hoffnungen. Sie wusste, dass es vorbei war, und es hat nichts damit zu tun, dass ich Sie getroffen habe.“

Leila verschränkte die Arme vor der Brust. Sie würde nicht noch einmal auf solch einen Mann hereinfallen. „Danke für die Einladung, aber leider muss ich ablehnen.“

Er runzelte die Stirn. „Sind Sie verheiratet?“ Sein Blick fiel auf ihre linke Hand, und als er sah, dass sie keinen Ring trug, leuchteten seine Augen auf.

„Das geht Sie nichts an“, erklärte sie frostig. „Und jetzt gehen Sie. Bitte!“

Einen kurzen Moment sah er sie mit großen Augen an, dann erwiderte er kühl: „Tut mir leid, dass ich Sie gestört habe. Guten Abend, Miss Verughese.“

2. KAPITEL

Alix hatte schon halb den Platz überquert, als ihm bewusst wurde, was eben passiert war. Noch nie hatte eine Frau ihn so kühl und bestimmt abgewiesen. Als hätte er eine unsichtbare Grenze überschritten. Als wäre er … unter ihrer Würde.

Mit einem Fingerschnippen entließ er seine Bodyguards, als er das Hotel betrat. Er achtete nicht auf das Personal, das hinter ihm hereilte, oder den Liftboy, der sofort für ihn zur Stelle war. Zu sehr war er mit dem Gedanken beschäftigt, dass sie Nein gesagt hatte. Dabei hatte er die Affäre mit Carmen vor allem deshalb beendet, um sich Leila Verughese widmen zu können.

Als Carmen sich in seiner Suite vor ihm ausgezogen hatte, hatte er nichts empfunden außer Ungeduld, sie endlich loszuwerden. Dann war er zum Fenster gegangen und hatte die schlanke Silhouette in einem der Zimmer über der Parfümerie entdeckt. Leilas ausgeprägte Rundungen entsprachen nicht dem herrschenden Schönheitsideal, waren dafür aber umso reizvoller.

Er spürte ein Verlangen, das er lange Zeit unterdrückt hatte.

In seiner Suite angekommen, schleuderte er seinen Mantel zur Seite und ging wütend auf und ab.

Wie konnte sie es wagen, ihn abblitzen zu lassen? Er wollte sie. Diese exotische Prinzessin, die Parfüm verkaufte.

Autor

Abby Green
<p>Abby Green wurde in London geboren, wuchs aber in Dublin auf, da ihre Mutter unbändiges Heimweh nach ihrer irischen Heimat verspürte. Schon früh entdeckte sie ihre Liebe zu Büchern: Von Enid Blyton bis zu George Orwell – sie las alles, was ihr gefiel. Ihre Sommerferien verbrachte sie oft bei ihrer...
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