Ein ganz besonderes Gefühl

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Als Diana erfährt, dass sie ein Kind erwartet, beschließt sie, ein neues Leben anzufangen. Sie verlässt London, um in Heppleton Magna einen Buchladen zu eröffnen. Bei ihrem ersten Kunden stockt Diana der Atem: Marcus Simons! Mit ihm hatte sie die Liebesnacht in einem Londoner Hotel verbracht …


  • Erscheinungstag 21.04.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733756505
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Wie betäubt stand Diana am Rande des Grabes und blickte hinab in die Tiefe. Es hallte ihr wie Donner in den Ohren, als die ersten Erdbrocken auf den schwarzen Sarg polterten. Dort unten lag ihre beste Freundin. Achtzehn schwere Monate hatten sie gemeinsam gegen die heimtückische Krankheit gekämpft, die Leslies Körper unerbittlich zerstörte. Vor drei Tagen hatten sie den Kampf verloren.

Noch jetzt konnte Diana nicht fassen, dass die Freundin unwiederbringlich verloren war. Sie hatten sich auf der Universität kennengelernt und viele Semester gemeinsam studiert. Sie legten ihre Examina gleichzeitig ab und fanden auch ihre ersten Anstellungen zur gleichen Zeit. Danach verloren sie sich einige Jahre aus den Augen und sahen sich erst wieder, als Leslie ihr erstes Buch veröffentlicht hatte. Diana arbeitete inzwischen beim Fernsehen. Sie recherchierte gerade für die Talk-Show, in der Leslie nach dem Erfolg ihres Buches zu Gast sein sollte.

Schnell stellten sie fest, da sie sich noch immer prächtig verstanden, und als sich Leslie entschied, in die Stadt zu ziehen, beschlossen sie, gemeinsam eine kleine Wohnung zu kaufen.

Sie wahrten zwar beide ihre Eigenständigkeit, waren einander aber doch die besten Vertrauten, zumal es in ihrer beider Leben keine Männer gab. Leslie litt noch immer unter der Trennung von ihrer großen Liebe. Der Mann, den sie hatte heiraten wollen, hatte es nicht ausgehalten, dass sie als Schriftstellerin erfolgreicher war als er. Diana hingegen nahm sich nach einer herben Enttäuschung vor allen Männern in Acht. Als sie beim Fernsehen anfing, hatte sie sich Hals über Kopf in einen Produzenten verliebt. Leider erfuhr sie nicht mehr rechtzeitig, was für ein niederträchtiges Spiel dieser Mann trieb. Er machte sich einen Sport daraus, alle jungen Anfängerinnen zu verführen, um sich hinterher im Kreis seiner Freunde mit seinen amourösen Erfolgen zu brüsten. Seitdem misstraute Diana allen Männern in der Glitzerwelt des Showbusiness. Sie wehrte alle Annäherungsversuche freundlich, aber entschieden ab. Zunächst einmal wollte sie beruflich Karriere machen. Die Liebe konnte warten.

Für Leslie jedoch ging diese Rechnung nicht auf. Wenige Monate nachdem sie ihre gemeinsame Wohnung bezogen hatten, zeigten sich die ersten Krankheitssymptome.

Zuerst hatte Diana nichts davon geahnt und sich nur darüber gewundert, dass die Freundin immer schmaler wurde und immer mehr Gewicht verlor. Eines Nachts war sie dann von Leslies herzzerreißendem Schluchzen geweckt worden. Endlich gestand Leslie, was ihr fehlte. Sie hatte Leukämie!

Leslie war sich über ihr Schicksal völlig im Klaren. Da sie keine nahen Angehörigen mehr besaß, hatte sie bereits beschlossen, bei Zeiten in ein privates Pflegeheim zu gehen, um dort auf den Tod zu warten. Diana war entsetzt. Niemals würde sie Leslie fremden Menschen überlassen. Sie waren Freundinnen und würden es auch bleiben! Sie würde Leslie pflegen.

Es war schwieriger geworden, als sie es sich vorgestellt hatte. Leslie verfiel zusehends, und immer wieder beharrten die Ärzte darauf, sie in der Klinik zu behalten. Diana hatte zäh mit ihnen ringen müssen, denn sie wusste, wie sehr sich Leslie vor einem Ende in einer derartig anonymen Umgebung fürchtete. Als Leslie schließlich rund um die Uhr gepflegt werden musste, hatte sich Diana beurlauben lassen.

Diana fröstelte im kalten Wind. Es war März, und die Natur erwachte gerade nach einem langen, harten Winter. Welch bittere Ironie des Schicksals, dass Leslie gerade jetzt sterben musste. Wie sehr hatte sie den Frühling geliebt, wenn alles zu neuem Leben erwachte …

Diana schrak aus ihren Gedanken auf, als jemand plötzlich ihren Arm berührte. Es war der junge Vikar. Er hatte Leslie in den letzten Wochen häufig besucht. Sie und Leslie waren beide keine besonders gläubigen Menschen, aber Diana hatte staunend mit erleben können, wie sehr der Zuspruch des Geistlichen ihrer Freundin half.

„Sie sollten nicht hier stehen bleiben“, sagte er jetzt mitfühlend. „Es ist viel zu kalt! Möchten Sie mit ins Pastorat kommen und einen Tee mit mir trinken?“

Diana wollte das Angebot zuerst ablehnen, aber dann stimmte sie doch zu. Sie hatte Angst davor, allein in die leere Wohnung zurückzukehren.

Es war jetzt ihre Wohnung. Sie hatte heftig mit der Freundin darüber gestritten, aber Leslie war nicht davon abzubringen gewesen, Diana zu ihrer Alleinerbin zu machen. „Ich will, dass du die Wohnung behalten kannst“, hatte sie gesagt, und zwar so nachdrücklich, dass Diana schließlich eingewilligt hatte.

Leslies Anwalt besaß eine Kanzlei in der City. „Ein bisschen altmodisch“, hatte Leslie ihn einmal beschrieben, „mit guten Beziehungen zum alten Landadel. Schrecklich ehrenhaft und konservativ, sehr britisch … das ist Mr. Soames.“

„Bitte nehmen Sie Platz, Miss Johnson.“

Diana fand Leslies Beschreibung sehr zutreffend, als sie jetzt den untersetzten Gentleman musterte, der ihr am Schreibtisch gegenübersaß. Immerhin hatte er ihnen beiden die Peinlichkeit einer nichtssagenden Beileidsfloskel erspart. Diana war ihm dafür sehr dankbar.

Ihrem Wunsch entsprechend kam er gleich zur Sache. „Sie kennen ja bereits den Inhalt des Testaments“, begann er und deutete auf die Akte, die vor ihm lag. „Miss Smith hat Sie als alleinige Erbin eingesetzt.“ Er nannte einen unerwartet hohen Geldbetrag. „Und dann ist da noch die Wohnung“, fuhr er fort. „Sie waren gemeinsam Besitzer zu gleichen Teilen. Nun gehört sie Ihnen allein.“ Er räusperte sich. „Sie sollten versuchen, mit diesen Mitteln einen neuen Anfang zu finden, wenn ich mir diesen Rat erlauben darf.“ Er wirkte ein wenig verlegen. „Gewöhnlich mische ich mich nicht in die Privatangelegenheiten meiner Klienten ein, aber ich habe mit Anteilnahme verfolgt, wie sehr Sie sich in den letzten Monaten um Miss Smith bemüht haben.“

Diana brachte ihn mit einer abweisenden Geste zum Verstummen. Sie wusste genau, was er meinte, und insgeheim gab sie ihm recht. Ihr graute schon jetzt vor der leeren Wohnung, in der sie jeder Gegenstand an Leslie erinnerte. Hastig erledigte Diana die erforderlichen Formalitäten und verabschiedete sich dann von Mr. Soames.

Vor seiner Bürotür zögerte sie einen Moment. Sie konnte unmöglich die Nacht allein in der verwaisten Wohnung verbringen. Kurz entschlossen winkte sie ein Taxi heran und nannte den Namen eines bekannten Londoner Hotels.

„Im Hotel findet ein Kongress statt“, erklärte ihr der Portier, „wir haben gerade noch ein Einzelzimmer frei.“

Diana hörte ihm kaum zu. Sie war müde und erschöpft und hatte nur den einen Wunsch, Schlaf und Vergessen zu finden. Sie war nur froh, dass sie nicht zu erklären brauchte, warum sie kein Gepäck bei sich hatte.

Erleichtert schloss sie endlich die Tür des Hotelzimmers hinter sich. Jetzt konnte sie einen Drink gebrauchen! Sie öffnete den kleinen Kühlschrank. Das Personal schien wirklich sehr mit dem Kongress beschäftigt zu sein! Der Kühlschrank war nur halb gefüllt, und auf dem Tisch entdeckte sie sogar noch ein benutztes Glas.

Aber es störte sie nicht weiter! Sie würde jetzt ein heißes Bad nehmen und sich danach endlich im Bett verkriechen. Sie beschloss, sicherheitshalber noch eine Schlaftablette zu nehmen, und spülte sie mit dem Gin Tonic hinunter, den sie sich gemixt hatte. Es war vielleicht nicht gut, gleichzeitig ein Medikament und Alkohol zu sich zu nehmen, aber das war ihr jetzt auch egal. Wenn sie nur endlich schlafen konnte!

Beim Blick auf die Uhr verzog Marcus Simons das Gesicht. Die Sitzungen auf dem Kongress hatten länger gedauert als erwartet, und anschließend hatte er noch mit einigen wichtigen Leuten zum Essen gehen müssen. Nun war es schon nach Mitternacht, und ihm fielen beinahe die Augen zu.

Es war eigentlich merkwürdig. Früher hatte er die Stadt anregend gefunden und sich ein Leben auf dem Lande nicht vorstellen können. Nun war er kaum ein paar Tage hier und sehnte sich bereits wieder nach der Farm.

Als er das Land vor zehn Jahren von seinem Onkel geerbt hatte, war ihm zuerst nicht in den Sinn gekommen, den Hof selbst zu bewirtschaften. Auch Sandra war wie selbstverständlich davon ausgegangen, dass Marcus die Farm so schnell wie möglich verkaufen würde. Als er sich nach langem Überlegen dann doch dazu entschloss, sich dort niederzulassen, hatte sie die Verlobung gelöst.

Damals hatte es sehr wehgetan, aber inzwischen sah er ein, dass Sandra nicht die richtige Frau für ihn gewesen wäre.

Marcus betrat das Foyer. Er war ein großer Mann, hatte dichtes schwarzes Haar und offen blickende graue Augen, sah überhaupt nicht wie ein Farmer aus. Seinem anthrazitfarbenen Nadelstreifenanzug sah man an, dass er in der Savile Row geschneidert war. Marcus strahlte Männlichkeit aus und das Image eines erfolgreichen Geschäftsmanns.

An der Tür zur Cocktailbar zögerte er. Sollte er sich noch einen Schlummertrunk genehmigen? Als er jedoch die Frau auf dem Barhocker erblickte, gab er diesen Gedanken auf. Zu offensichtlich war ihre Absicht. Sie lächelte ihn an, und mit einer Mischung aus Abscheu und Mitleid wandte er den Blick ab.

Sah er denn so aus, als müsste er für ein bisschen Sex bezahlen? Aber wahrscheinlich sahen für diese Dame alle Männer gleich aus.

Verärgert wandte er sich ab. Er hätte gar nicht erst zu dieser Tagung der Farmervereinigung kommen sollen! Er mochte das Leben in der Stadt nicht mehr, und außerdem rief diese Umgebung zu viele Erinnerungen an die Zeit mit Sandra hervor. Damals war er noch jung und verliebt gewesen. Nun war er dreißig und hielt sich für abgeklärt genug, um zu wissen, dass Liebe und Sex nicht unbedingt etwas miteinander zu tun hatten. Er hatte immer wieder Gelegenheit gefunden, sich zu amüsieren. Obwohl …

Der Winter war lang und hart gewesen, und Marcus war monatelang nicht von der Farm weggekommen. Gerade heute hätte er eigentlich gegen ein wenig Zerstreuung nichts einzuwenden gehabt.

Aber nicht für Geld mit einer Prostituierten! In seinem Bekanntenkreis gab es viele attraktive junge Frauen, die jetzt sicher gern das Bett mit ihm geteilt hätten. Leider war keine davon hier in diesem Hotel.

Inzwischen hielt der Lift im gewünschten Stockwerk. In dem schwach erleuchteten Flur konnte Marcus zunächst nicht sein Zimmer finden. Als er dann die Tür öffnete, zögerte er, bevor er eintrat. Er erinnerte sich nicht daran, die Vorhänge zu gezogen zu haben. Seltsam! Aber vielleicht hatte das Zimmermädchen es getan. Er schaltete das Deckenlicht ein – und erstarrte. Jemand lag auf seinem Bett!

Marcus betrachtete die in ein Badelaken gehüllte Gestalt. Er konnte nicht viel mehr von ihr sehen als rosa lackierte Fußnägel und die üppige Fülle brauner Locken.

Die Gestalt regte sich im Schlaf. Marcus schloss leise die Tür hinter sich und wartete mit verschränkten Armen ab, was nun geschehen würde.

Dianas Kehle war schrecklich trocken, und das grelle Licht tat ihren Augen weh. Wo war sie überhaupt? Sie nahm ihre Umgebung nur wie durch einen Nebel wahr. Dann entdeckte sie den Mann und verspürte große Angst. Das Telefon! Es stand auf der anderen Seite des Bettes, dem Fremden viel näher als ihr. Sie konnte es unmöglich vor ihm erreichen!

Was hatte er in ihrem Zimmer überhaupt zu suchen?

Sie musste sich zwei Mal räuspern, ehe ihr die Stimme gehorchte. „Wer … wer sind Sie, und was machen Sie hier?“, fragte sie dann stockend.

Marcus sah sie an. „Komisch – eigentlich dachte ich, das Sie fragen zu müssen“, erwiderte er nach kurzem Zögern.

Es dauerte etliche Sekunden, ehe Diana begriff. Eine Welle der Erleichterung durchlief sie. Er hatte sich offenbar nur in der Zimmertür geirrt. Erleichtert lächelte sie ihn an.

Wer immer sie sein mag, dachte Marcus, sie hat Stil. Vermutlich hatte sie gute Beziehungen zum Personal.

„Dies kann überhaupt nicht Ihr Zimmer sein“, versuchte Diana ihm zu erklären. „Ich habe es nämlich heute Nachmittag gemietet. Hier, sehen Sie!“ Sie griff nach ihrer Handtasche auf dem Nachttisch und zeigte ihm den Beleg, den sie an der Rezeption erhalten hatte.

Im ersten Moment war Marcus fast überzeugt, aber dann fiel ihm noch etwas ein. Er trat an den Kleiderschrank und öffnete die Tür. „Wenn dies Ihr Zimmer ist, dann tragen Sie für eine Lady ungewöhnliche Kleidung“, stellte er fest und deutete auf seine Anzüge.

Zu spät erinnerte sich Diana an das benutzte Glas auf dem Tisch. Wenn sie bei ihrer Ankunft doch nur nicht so müde und verwirrt gewesen wäre! Auch jetzt noch fiel es ihr schwer, einen klaren Gedanken zu fassen.

„Übrigens … wo sind denn Ihre Sachen?“, hörte sie den Fremden fragen.

„Ich habe kein Gepäck.“ Sie spürte, wie ihr das Blut ins Gesicht schoss. Nur zu deutlich konnte sie von seinen klaren grauen Augen ablesen, was er dachte. Er hielt sie für eine …

„Hören Sie, es ist nicht so, wie Sie denken!“, sagte sie schnell. „Es war nur …“ Wie konnte sie ihm ihre unglaubliche Geschichte nur begreiflich machen? „Ich habe heute den liebsten Menschen verloren, den ich hatte. Nach der Beerdigung hatte ich Angst, in unsere gemeinsame Wohnung zurückzukehren. Deshalb habe ich mir ganz spontan ein Hotelzimmer genommen.“

Marcus sah ihr an, dass sie die Wahrheit sprach. Einen Moment war er fast enttäuscht. Wäre denn ein Abenteuer mit ihr überhaupt vorstellbar gewesen? Sie war wirklich nicht sein Typ. Er bevorzugte kurvenreiche kleine Blondinen, und diese Frau hier war groß, schlank und brünett.

„Hören Sie“, begann er schroff, „dies ist mein Hotelzimmer, und ich bin müde und möchte schlafen gehen.“ Er deutete hinaus in die Finsternis. „Sie haben hier offenbar irgendwo ein Zuhause. Ich nicht. Also werde ich Ihnen jetzt ein Taxi rufen!“

Diana erschrak. Die Nacht allein in der Wohnung verbringen, die sie mit Leslie geteilt hatte? Das konnte sie nicht! „Bitte – nein …“

Sie sah, wie sich sein Gesichtsausdruck veränderte. Ihre Bitte schien ihn berührt zu haben … und dann war da noch etwas. Es gab keinen Zweifel: Dieser wildfremde Mann begehrte sie.

Und sie? Was war nur auf einmal mit ihr los? Sie konnte doch nicht … Sie spürte seine Blicke auf ihrem Körper wie Berührungen. Würde eine Liebesnacht sie von dem Schmerz der vergangenen Wochen befreien? Vielleicht konnte sie in den Armen dieses Mannes endlich einmal Vergessen finden! Und er sah wirklich gut aus.

Natürlich bemerkte Marcus, wie sie ihn neugierig musterte. Was war das nur für eine Frau? Ehrlich gesagt, war sie durchaus attraktiv. Ihr Körper, dessen Konturen sich unter dem Badelaken deutlich abzeichneten, versprach Weichheit und Wärme.

„Wenn Sie hier bleiben“, warnte er sie, „kann ich für nichts garantieren. Sie wissen hoffentlich, worauf Sie sich einlassen?“

Diana zögerte nur kurz. Ihr Verstand warnte sie, doch von einer unerklärlichen Macht getrieben, sagte sie leise: „Ja.“

Nun gab es kein Zurück mehr. Sie stand auf und ließ das Laken von den Schultern gleiten. Was tat sie nur? Noch nie hatte sie sich so verhalten! Aber es war zu spät. Er umarmte sie und liebkoste sie. Wie ein Dürstender suchte er ihren Mund.

„Ich weiß weder, wer du bist, noch, wo du herkommst, und was wir hier tun, widerspricht total meinen Prinzipien. Aber … du hast ein Verlangen in mir geweckt, das ich nicht unterdrücken kann.“

Diana hätte das Gleiche sagen können. Es war ihr unerklärlich. Aber musste sie es denn verstehen? Sie waren zwei erwachsene Menschen … sie hatten das gleiche Bedürfnis … und nach dieser Nacht würden sie einander nie wieder begegnen.

Der Körper des Fremden war schlank und muskulös. Auf der breiten Brust und dem flachen Bauch kräuselte sich dunkles Haar. Diana blickte ihn in erregter Erwartung an. Sie war so unerfahren! Bis zu jener enttäuschenden Affäre mit Randolph Hewitt hatten sich ihre sexuellen Erfahrungen auf gelegentliches, unbeholfenes Petting auf Parkbänken und Autositzen beschränkt. Nach Randolph hatte es keinen anderen mehr gegeben. Die ernüchternde Erkenntnis, dass sie nur ein Spielzeug für ihn gewesen war, hatte sie von weiteren Versuchen abgehalten.

Aber sie wusste, dass sie in dieser Nacht einen Schlussstrich unter die schrecklichen Monate an Leslies Seite ziehen würde.

„Wir müssen beide verrückt sein“, hörte sie den Fremden flüstern. Sie wusste, dass er recht hatte, aber es gab kein Zurück.

Sein Kuss war heiß und leidenschaftlich. Diana war überrascht. Irgendwie hatte sie erwartet, dass er sie kühl und routiniert lieben würde, dass Sex in seinem Leben etwas Alltägliches war. Das atemlose Verlangen, mit dem er sie küsste, belehrte sie eines Besseren.

Er berührte sie fast zögernd. Wie ein Suchender strich er mit den Fingerspitzen sanft über ihre Haut. Behutsam zeichnete er die Linien ihres Körpers nach. Zart streichelte er ihre Brüste.

Leise stöhnend drängte sich Diana ihm entgegen. Jetzt hatte sie alles um sich her vergessen. Sie spürte nur noch die Lust, die er in ihr entfachte. Sie wollte ihn ganz … jetzt!

Aber er schien noch nicht bereit dazu. Er modellierte die runden Formen ihres Körpers nach. „Du bist wunderschön“, flüsterte er. Quälend langsam liebkoste er ihren Körper und entfachte umso mehr ihr Verlangen.

Eine solche Lust hatte Diana noch nie verspürt und ihr Verlangen noch nie so unverhüllt gezeigt. Schon halb besiegt, bot sie sich ihm dar. Und dann – endlich – gab er ihrem Sehnen nach.

Sie klammerten sich wie Ertrinkende aneinander, so als wollten sie zu einem verschmelzen. In wilder, ungezügelter Leidenschaft trieben sie sich gegenseitig zum Höhepunkt. Es kam Diana vor, als würde sie von einer steilen Klippe in die Tiefe stürzen. Zugleich spürte sie, wie sich sein Körper aufbäumte. Er schrie auf. Dann kamen sie beide zitternd zur Ruhe.

Diana rang heftig nach Luft. Nie zuvor hatte sie etwas so Wundervolles erlebt. In ihre Befriedigung mischte sich die Erschöpfung. Die Wärme seiner Haut wirkte beruhigend auf ihre Sinne. Sie glitt in einen tiefen Schlaf hinüber.

Marcus sah erstaunt auf sie hinab. Auch er hatte nie zuvor eine so intensive und zutiefst befriedigende Vereinigung erlebt … und nun schlief sie einfach ein! Nur langsam gelang es ihm, seine Gedanken zu ordnen. Diese Frau hatte ihn verführt, hatte ihn benutzt, um ihren toten Geliebten zu vergessen! Hatte sie nicht gesagt, sie habe gerade heute den liebsten Menschen verloren, den sie auf dieser Welt besaß?

Sie hatte von ihm, Marcus, nur Sex gewollt … und er wusste noch nicht einmal ihren Namen! Aber vielleicht war das auch besser so! Vorsichtig löste er sich von ihr und erhob sich vom Bett. Wenig begeistert blickte er auf den Sessel. Den Rest der Nacht würde er wohl dort verbringen müssen. Noch vor dem Morgengrauen reiste er ab, und sie würden einander nie wieder begegnen. Er blickte noch einmal auf sie hinab. Sie lächelte im Schlaf und sah jetzt wie ein zufriedenes Kind aus. Ihre Brust bewegte sich im Rhythmus ihres Atems. Vorsichtig deckte er sie zu.

2. KAPITEL

„Nun, Diana. Sie müssen selbst wissen, was Sie tun. Ich gestehe, dass ich ziemlich überrascht bin, denn ich dachte, Sie fühlten sich hier bei Southern Television wohl. Ich kann Sie mir gar nicht recht als Buchhändlerin in einer Kleinstadt vorstellen.“

„Das habe ich gelernt, bevor ich zum Fernsehen ging“, erinnerte Diana ihren Chef. „Und außerdem kommen meine Eltern vom Lande.“

„Ich verstehe“, erwiderte Don Millworth, Leiter der Kulturabteilung der Fernsehgesellschaft. „Sie wollen also Ihren Eltern näher sein?“

Diana schüttelte den Kopf. Ihre Eltern waren vor einem halben Jahr nach Australien ausgewandert. Ihr älterer Bruder lebte dort mit seiner Familie und sie hatten beschlossen, ihren Lebensabend bei ihm zu verbringen. Nein, ihr Entschluss, die Arbeit beim Fernsehen zu beenden und aufs Land zu ziehen, hatte mit ihren Eltern nichts zu tun.

Zufällig fiel ihr Blick in den Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Noch war ihr nichts anzusehen. Eigentlich sollte sie ja entsetzt sein … schwanger im dritten Monat von einem Mann, dessen Namen sie nicht einmal kannte. Stattdessen aber war sie froh und glücklich und empfand das wachsende Leben in ihrem Leib wie ein Geschenk des Himmels.

Sie hatte vorher nie ernsthaft darüber nachgedacht, welche Rolle Kinder in ihrem Leben spielen sollten. Als ihr Hausarzt, Dr. Copeland, umständlich und verlegen den Grund für ihre häufige Müdigkeit und gelegentliche Übelkeit erklärte, hatte sie sich spontan entschlossen, dieses Kind zu bekommen und groß zu ziehen. Auf keinen Fall sollte es ein Stadtkind werden! Die Erbschaft versetzte sie in die Lage, ein ganz neues Leben zu beginnen und diesem Kind die bestmöglichen Bedingungen zu bieten.

Mr. Soames zeigte sich erstaunlich verständnisvoll, als sie ihn für die Umsetzung ihrer Pläne um Rat befragte. „Ich empfehle Ihnen aber, sich nicht vollständig zurückzuziehen“, bemerkte er nach kurzem Zögern. „Vielleicht könnten sie ein kleines Geschäft …“

„Ich habe Literatur studiert und als Journalistin gearbeitet“, unterbrach Diana ihn, „und keine Ahnung, wie man ein Geschäft führt.“

Mr. Soames schien ihr gar nicht zuzuhören. Er überlegte offensichtlich angestrengt. „Meine liebe Miss Johnson“, sagte er schließlich und lächelte seine Klientin dabei so herzlich an, wie es seine Standesehre erlaubte. „Ich glaube, ich habe die ideale Lösung für Sie. Gerade kürzlich bin ich von einem Bekannten in Hereford auf ein interessantes Objekt aufmerksam gemacht worden. Eine alte Dame ist verstorben und hat einen – zugegebenermaßen etwas herunter gewirtschafteten – Buchladen hinterlassen. Er befindet sich in einem alten Gebäude, das unter Denkmalschutz steht. Das bedeutet aber allerdings auch“, gab er abschließend zu bedenken, „dass bei einer vorzunehmenden Renovierung gewisse Auflagen zu beachten sind.“

Dianas Gedanken überschlugen sich. Eine Buchhandlung? Allein wäre sie nie auf eine solche Idee gekommen! Von Büchern verstand sie etwas, und durch die Arbeit beim Fernsehen hatte sie viele Kontakte geknüpft, die sich jetzt als nützlich erweisen könnten. „Wollen Sie damit sagen, dass ich das Geschäft und das Haus kaufen könnte?“, fragte sie Mr. Soames. Noch überwogen ihre Zweifel.

„Heppleton Magna ist ein entzückendes kleines Städtchen am River Wye. Meine Familie kommt aus der Gegend, und ich habe immer noch ganz gute Beziehungen dorthin. Wenn Sie es wünschen, besorge ich einen Besichtigungstermin für Sie.“

Eine Besichtigung verpflichtet ja zu nichts, dachte Diana und stimmte rasch zu, ehe der Mut sie wieder verließ.

„Ich werde Sie anrufen, so bald ich eine Verabredung getroffen habe“, beendete Mr. Soames das Gespräch. „Mein Kontaktmann ist allerdings zurzeit verreist. Er besitzt dort eine große Farm. Ich selbst werde sie also begleiten, wenn es Ihnen recht ist.“

Heppleton Magna war ein Traum. Diana war von dem Städtchen sofort begeistert, als sie drei Tage später mit Mr. Soames durch die engen Gassen dieser ländlichen Kleinstadt bummelte. Rote Backsteinhäuser säumten die Straßen rund um den malerischen Marktplatz. Vor einem dieser schmalen, zweistöckigen Gebäude blieb Mr. Soames schließlich stehen. „Ihr Buchladen!“, stellte er fest.

Der Laden und die darüber liegenden Wohnräume machten einen ziemlich heruntergekommenen Eindruck. „Die Vorbesitzerin, eine stolze alte Dame, wollte sich trotz ihrer langjährigen Krankheit nicht eingestehen, dass sie dem Geschäft ohne fremde Hilfe nicht mehr gewachsen war“, erklärte Mr. Soames. „Das Resultat sehen Sie ja.“

Gewiss, die Geschäftsräume wirkten düster und unfreundlich, und die Wohnräume waren ungepflegt, aber Diana besaß genügend Fantasie, sich das alles nach ihren Vorstellungen eingerichtet auszumalen. Sie hatte sich auf Anhieb in dieses Haus verliebt. Hier würden sie glücklich werden, sie und ihr Kind.

Hinter dem Haus erstreckte sich ein langer, schmaler Garten bis zum Fluss hinunter, an dessen anderem Ufer sich weite, unbebaute Felder erstreckten. In dieser beschaulichen Ruhe sollte ihr Kind aufwachsen! Diana hatte sich bereits vergewissert, dass es genügend Kindergartenplätze und Schulen gab. Sie hörte kaum noch, was Mr. Soames sagte. Es spielte auch keine Rolle mehr. Sie hatte sich längst entschieden.

Es war ein Jammer, dass Leslie dies alles nicht mehr sehen konnte! Wie gern hätte sie ihre Freude mit ihr geteilt. Diana strich sich mit der Hand über den noch immer erstaunlich flachen Bauch. Als habe die Natur für Ersatz sorgen wollen, keimte dort neues Leben, nachdem Diana die Freundin verloren hatte.

Den Gedanken, wie es dazu gekommen war, verdrängte sie lieber. Sie nahm es als eine Fügung des Schicksals, dass sie genau an dem Tag schwanger geworden war, an dem sie Leslie zur letzten Ruhe begleitet hatte. Den Vater des Kindes hatte Diana aus der Erinnerung verbannt. Sie wusste ja nicht einmal seinen Namen!

„Werden Sie sich darum kümmern, dass der Kauf möglichst rasch erfolgt?“, fragte sie Mr. Soames auf dem Heimweg.

Der Anwalt nickte. „Wenn Sie wirklich fest entschlossen sind. Allerdings muss ich erst mit dem Mann sprechen, der mir das Geschäft vermittelt hat. Soviel ich weiß, wird er in wenigen Tagen zurück sein. Ich melde mich bei Ihnen, sobald er wieder da ist.“

Der Umzug nach Heppleton Magna verlief problemlos. Diana hatte die Wohnung mit dem gesamten Mobiliar zu einem günstigen Preis verkaufen können. Nur die Bilder und einige Erinnerungsgegenstände hatte sie behalten. In Herefordshire wollte sie gänzlich neu anfangen.

Unten auf der Straße schaute sie ein letztes Mal zu den Fenstern empor, hinter denen sie so Schweres erlebt hatte. Die Morgensonne ließ den Ring an ihrer Hand funkeln.

Heppleton Magna war natürlich nicht London! Bei den überwiegend älteren Bewohnern des Städtchens würde eine ledige Mutter sicher keinen leichten Stand haben. Diana wollte nicht, dass ihr Kind unter einem solchen Makel zu leiden hatte. Als junge Witwe würde man sie eher tolerieren.

Diana genoss die Fahrt aus der hektischen Stadt in die beschauliche Ruhe von Herefordshire. Es war wie ein symbolischer Akt: Mit dieser Fahrt nahm sie Abschied von ihrem bisherigen Leben.

Sie hatte sich vorgenommen, das Haus in Heppleton Magna gründlich renovieren zu lassen. Da es jedoch unter Denkmalschutz stand, würde es eine aufwendige und langwierige Arbeit sein. Glücklicherweise hatte Mr. Soames ein Bauunternehmen für sie ausfindig gemacht, das auf solche Arbeiten spezialisiert war.

Diana wusste schon genau, wie das Haus einmal aussehen würde. Den Laden musste sie natürlich modernisieren. Im ersten Stock sollten ein großzügig geschnittener Wohnraum sowie Küche und Bad eingerichtet werden, und im Dachgeschoss wollte sie die Schlafräume für sich und das Kind ausbauen lassen. Gleich morgen traf sie sich mit einem Beauftragten der Baufirma, um die Einzelheiten zu besprechen.

Bis zum Ende der Renovierung hatte Diana sich im Gasthof am Marktplatz einquartiert. Die Fenster ihres Zimmers gingen nach hinten hinaus, sodass sie einen herrlichen Ausblick auf den Fluss hatte. Dort würde bald auch ihr Kind spielen. Sie musste unbedingt dafür sorgen, dass ein sicherer Zaun installiert wurde.

Nachdem sie ihre wenigen Habseligkeiten verstaut hatte, entschloss sich Diana zu einem Spaziergang durch die Stadt.

Autor

Penny Jordan
<p>Am 31. Dezember 2011 starb unsere Erfolgsautorin Penny Jordan nach langer Krankheit im Alter von 65 Jahren. Penny Jordan galt als eine der größten Romance Autorinnen weltweit. Insgesamt verkaufte sie über 100 Millionen Bücher in über 25 Sprachen, die auf den Bestsellerlisten der Länder regelmäßig vertreten waren. 2011 wurde sie...
Mehr erfahren