Ein heißer Sommer in Texas

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Im Gästezimmer. Auf dem Heuboden. Unter tausend Sternen. City-Girl Renee kann die Finger nicht von Jeremiah lassen! Doch mehr als eine Affäre darf es nicht sein. Denn ihr wirkliches Leben und ihre Karriere warten in New York. Und nicht in Texas bei diesem ultraheißen Cowboy …


  • Erscheinungstag 28.11.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733728601
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Jessica, alles ist gut. Hör auf, dir solche Sorgen zu machen“, sagte Renee beruhigend, dem Anflug von Panik in der Stimme ihrer Schwester entgegenwirkend. Sie rollte mit den Augen – was ihre Schwester am anderen Ende der Telefonleitung aber zum Glück nicht sehen konnte.

„Ich weiß genau, dass du gerade die Augen verdrehst“, gab ihre Schwester zurück. „Aber ich meine es ernst. Was ist, wenn die ganze Sache schiefgeht? Seit Monaten plane ich um jedes auch nur ansatzweise denkbare Problem herum, aber damit habe ich einfach nicht gerechnet.“

Renee seufzte. „Stew ist ein netter Kerl. Du flippst nur aus, weil du ihn noch nicht kennengelernt hast und weil es vielleicht etwas seltsam ist, sich Mom mit ihrem Freund vorzustellen. Was soll denn passieren? Denkst du, dass er während der Zeremonie Obszönitäten durch den Raum schreit? Oder sich die Klamotten vom Leib reißt und sich in den Kartoffelsalat stürzt?“

Bei dem Gedanken an den latent spießigen Freund ihrer Mutter schnaubte sie. „Abgesehen davon“, fuhr sie fort, „dachte ich, dass die Hochzeit super entspannt werden soll. Ihr feiert bei euch zu Hause. Wie viel gibt es da schon zu planen, oder vielmehr, wie viel kann denn schiefgehen?“

Ihr Blick fiel auf ihr Brautjungfernkleid, das im Türrahmen hing. Das klassische, beinahe konservative Design entsprach nicht wirklich ihrem Stil. Es war zwar hübsch, doch selbst würde sie es nicht für einen festlichen Anlass auswählen. Einzig durch seine Farbe unterschied es sich von einem normalen, schlichten Kleid, das sie sonst vielleicht für ein entspanntes Essen mit Freunden angezogen hätte – abgesehen davon, dass sie für ein Dinner mit Freunden nie die Zeit fand.

Das prächtige Violett erinnerte sie an einen Sommerabend gleich nach Sonnenuntergang. Eine tolle Farbe, die nur leider ganz und gar nicht zu Renee passte. Sie strich sich ihre rotblonden, schulterlangen Haare hinters Ohr und wünschte sich, ebenso glänzende, rotbraune Locken wie Jessica zu haben. Ihrer Schwester stand diese Farbe hervorragend, doch Renee war sich sicher, dass sie selbst in diesem Ton noch blasser aussehen würde als sowieso schon. Was sie dem Nervenbündel, das Jessica gerade war, natürlich nicht sagen konnte.

„Es wird entspannt, ja“, antwortete Jessica. „Halt geplant entspannt. Ich möchte mir an dem Tag einfach keine Sorgen um gar nichts machen, und das funktioniert nur, wenn im Vorhinein alles geplant wurde.“

„Deshalb komme ich doch auch morgen schon, Jess. Morgen früh erledige ich hier noch ein paar Dinge, und dann habe ich die ganze Woche frei, um dir zu helfen. Wir kümmern uns um alles, und du kannst das Wochenende dann einfach genießen, weil alles gut sein wird.“

Renee wartete darauf, dass ihre Schwester ihr zustimmte, auch wenn sie ernsthaft bezweifelte, dass Jessica einen ganzen Tag – zumal ihren Hochzeitstag – ohne irgendwelche Ängste überstehen könnte. Dennoch war es ihr Job, ihre Schwester vom Ausflippen abzuhalten, und diese Aufgabe wollte sie mit aller Entschiedenheit erfüllen. Egal, wie kompliziert es für sie war, sich eine ganze Woche dafür freizuschaufeln.

Sie hörte Jessica tief durchatmen und lächelte. Nach sechsundzwanzig Jahren als Schwestern konnte sie Jessicas Gefühle ziemlich gut deuten. Sie wusste, dass sie das Richtige gesagt hatte.

„Du hast ja recht, Renee. Es wird bestimmt alles gut. Danke noch mal, dass du früher herkommst. Dafür schulde ich dir etwas.“

„Keine Ursache“, antwortete sie, auch wenn ihre Finger bei dem Gedanken an all die Arbeit, die sie liegen lassen musste, unwillkürlich zuckten. „Wir gönnen uns eine Woche Schwesternzeit, das haben wir schon viel zu lange nicht mehr gemacht.“ Eine weitere Jeans landete in dem halb gefüllten Koffer.

„Das stimmt. Oh, beinahe hätte ich’s vergessen: Ist es okay, wenn Aarons Kumpel Jeremiah dich vom Flughafen abholt? Er wird sowieso in der Stadt sein. Du erinnerst dich noch an ihn aus Las Vegas?“

Renees Ohren brannten, und sie war froh, dass ihre Schwester nicht sehen konnte, wie sie errötete. Natürlich erinnerte sie sich an Jeremiah. Ihr Herz schlug nur bei dem Gedanken an Aarons heißen Kumpel schneller. Anfang Dezember war sie nach Las Vegas geflogen, um ihre Schwester mit einem perfekt organisierten Junggesellinnenabschied zu überraschen – was so viel bedeutete, als dass sie mit der Familie und mit Jessicas bester Freundin, Cindy, essen gegangen waren.

Renee hatte nicht damit gerechnet, dabei den heißesten Typen zu treffen, dem sie je begegnet war, doch als Jeremiah mit Jessicas Verlobtem den Raum betrat, wäre sie beinahe vom Stuhl gekippt. Selbst über einen Monat später hatte sie seine funkelnden braunen Augen, das lässige Lächeln und diese vollen dunklen Haare noch genau in Erinnerung. Sie hatte in der Zwischenzeit öfter, als sie sich selbst eingestehen wollte, mit dem Gedanken gespielt, ihre Finger durch diese Haare gleiten zu lassen. Und auch jetzt rauschte das Blut, das sie eben noch hatte erröten lassen, schlagartig zu einer sehr viel intimeren Stelle ihres Körpers.

„Renee?“

Die Stimme ihrer Schwester riss sie aus ihren Fantasien. „Klar, kein Problem“, antwortete sie und hoffe, dass ihre Schwester ihre plötzliche Atemlosigkeit nicht bemerkte.

„Super. Er meinte, dass er dich am Gepäckband erwartet. Bis morgen, kleine Schwester. Und danke noch mal.“

„Ich hab’ dich lieb, bis morgen.“

Sie legte auf und setzte sich an ihren Tisch, während ihre Gedanken wieder zu Jeremiah zurückwanderten. In dieser einen Nacht in Vegas hatte sie sich nicht wirklich mit ihm unterhalten, und das aus voller Absicht. Sich an den besten Freund ihres zukünftigen Schwagers ranzuschmeißen war definitiv nicht okay. Und eine ganz normale Unterhaltung schien ihr mit jemandem, der so sexy war, einfach unmöglich. Zurückhaltung war also ihre Strategie gewesen.

Trotzdem war ihr direkt aufgefallen, wie leicht es ihm fiel, mit allen gut zurechtzukommen. Und auch die Muskeln, die sich unter seinem Hemd abzeichneten, waren ihr direkt aufgefallen. Ganz abgesehen von seinen Lippen, die beinahe danach schrien, geküsst zu werden. Er war an diesem Tag zum Hauptdarsteller ihrer Fantasien geworden – wobei seine Lippen eine ganz besonders wichtige Rolle übernommen hatten …

Morgen sollte sie also eine ganze Menge Zeit mit ihm auf engstem Raum verbringen. Sie gab sich eine Chance von fünfzig Prozent, mit der sie die Autofahrt vom Flughafen zu ihrer Schwester überstehen könnte, ohne etwas völlig Unüberlegtes zu sagen oder sogar zu tun.

Renee schüttelte den Kopf und versuchte, sich zu sammeln. Diese Woche gehörte ganz Jessica und Aaron und nicht ihrer Sehnsucht danach, mit Jeremiah im Bett zu landen. Wenn sie sich das nur lange genug einredete, würde sie es vielleicht sogar in Erinnerung behalten, sobald er vor ihr stand.

Jeremiahs Augen, die die Farbe von Kaffee hatten, waren direkt auf sie gerichtet, und sein Blick ließ ihr einen vorfreudigen Schauer über den Rücken laufen. Er trat so dicht an sie heran, dass sie die Hitze spüren konnte, die sein Körper ausstrahlte, und legte eine Hand um ihren Nacken, während er mit dem Daumen über ihre Wange strich, was ihr ein leises Stöhnen entlockte.

Mit dem anderen Arm umschlang er ihre Taille, um sie noch näher zu sich zu ziehen. Ihre Körper so dicht an dicht, konnte sie seine Kraft und Stärke deutlich spüren. Renee ließ ihre Hände über seine muskulösen Arme zu seinem Hals hinaufwandern.

Als er zu sprechen begann, war seine schöne Stimme von tiefer Lust ganz dunkel. „Du weißt nicht, wie lange ich hiervon geträumt habe.“

Ihr Atem ging nur noch stoßweise, während er sich beinahe quälend langsam zu ihr hinabbeugte und seine Lippen den ihren immer näher kamen, die sie einladend öffnete.

Seufzend schlug Renee die Augen auf. Das dunkle Licht in ihrem Schlafzimmer kam ihr viel kälter und leerer vor als sonst. Sie checkte die Uhrzeit auf ihrem Handy und stöhnte leise. In fünf Minuten würde ihr Wecker klingeln. Das ließ ihr nicht annähernd genug Zeit, um sich wieder in ihren süßen Traum hinabgleiten zu lassen und ihn so zu genießen, wie sie es sich wünschte.

Mit einem weiteren Seufzer warf sie die Decke von sich und schaltete das Licht ein, bevor sie sich mit den Fingern übers Gesicht und durch die Haare fuhr. Seit Wochen hatte sie Jeremiah nicht gesehen, und trotzdem hatte sie ganz genau vor Augen, wie sexy er war. Wenn sie schon im Traum die Finger nicht von ihm lassen konnte, wie sollte ihr das in der nächsten Woche in seiner Gegenwart gelingen?

Vielleicht war er in Wirklichkeit ja gar nicht so umwerfend, wie sie es sich einredete. Vielleicht war ihre Fantasie mit ihr durchgegangen, seit sie ihn in Vegas getroffen hatte, und er würde sie real total enttäuschen.

Ja, genau.

Sie schüttelte den Kopf, um sich zu beruhigen, und konzentrierte sich auf die Dinge, die sie an diesem Morgen noch zu erledigen hatte. Doch selbst ihr Job konnte das Bild von Jeremiah, der seinen Arm um sie gelegt hatte, nicht ganz aus ihrem Kopf vertreiben. Erneut den Kopf schüttelnd stand sie auf, um sich erst einmal einen starken Kaffee zu kochen. Es würde ein langer Tag werden.

Vierzig Minuten später stapfte Renee durch die verschneiten Straßen zur Arbeit. Eigentlich war der Weg kurz; sie wohnte gleich um die Ecke. Doch ihre Zehen fühlten sich wie erfroren an, als sie das Gebäude endlich betrat. In New York war es im Februar bitterkalt, und ihre Stoffhose und die Pumps waren nicht unbedingt das perfekte Outfit für diese Temperaturen. Wenigstens würde es in Texas wärmer sein, dachte sie sich, um sich ein wenig von dem beunruhigenden Gedanken an Jeremiah und von ihrem schlechten Gewissen abzulenken, das sie hatte, weil sie so lange nicht arbeiten würde.

Im Aufzug zog sie ihren dicken Mantel aus und strich sich die Haare hinter die Ohren, während sie die Nummern bis zum zwanzigsten Stock verfolgte. Als die Tür aufging, leuchteten ihr die großen Buchstaben entgegen, die sie hier jeden Tag begrüßten und ihr auch heute ein Lächeln auf die Lippen zauberten. Der Firmensitz des Empire Magazine war nun schon seit bald vier Jahren ihr Zuhause, seit sie hier als Praktikantin direkt nach dem College angefangen hatte, und sie spürte ihr Herz genauso vor Freude schneller schlagen, wie es das an ihrem ersten Tag beim Anblick der Leuchtschrift getan hatte.

Renees Freunde sagten ihr immer wieder, dass sie ein Workaholic war und dass sie mal eine Pause machen sollte, doch sie liebte ihren Job. Und auch wenn sie sich den heutigen Tag und die ganze nächste Woche freigenommen hatte, wollte sie schnell noch ein paar Dinge erledigen, die sie ihren Kollegen nicht überlassen wollte. Geschweige denn, sie eine ganze Woche liegen zu lassen.

Schnell lief sie durch die Flure zu ihrem Büro, wobei sie hier und da einem Kollegen ein Lächeln zuwarf.

Während der Computer hochfuhr, setzte sie sich an ihren Schreibtisch. Sie würde nur zwei Stunden brauchen, um die Strecke für die nächste Ausgabe fertig zu machen, dann konnte sie aufbrechen. So war der Plan.

Ein schwarz gelockter Kopf erschien in der Tür, gefolgt von ihrem Kollegen Jeff, der sich zu ihr hineinbeugte. „Du solltest heute gar nicht hier sein, das weißt du, oder? So funktioniert Urlaub nicht.“

Renee lächelte. „Ich weiß. Das Layout für einen meiner Artikel ist noch nicht ganz perfekt. Danach verschwinde ich sofort, versprochen, ich muss ja meinen Flug erwischen.“

„Tja, Patty hat dich kommen gehört. Sie möchte dich sprechen, wenn du einen Moment hast.“

Sie dankte ihm und fragte sich, was ihre Chefin wohl von ihr wollte. Wahrscheinlich wollte auch sie sie wieder einmal darauf hinweisen, dass sie viel zu viele Überstunden machte. Patty hielt ihr diesen Vortrag alle paar Wochen und war deshalb sehr froh gewesen, als Renee ihren Urlaub eingereicht hatte.

Renee warf einen Blick auf ihren Bildschirm, dann verließ sie das Büro und ging zu ihrer Chefin. Die Strecke musste noch einen Moment warten.

Vier Stunden später hastete Renee aus ihrem Büro und hoffte, dass sie ihren Flug noch erwischen würde. Nachdem sie mit Patty gesprochen hatte, war sie so verwirrt gewesen, dass sie die Zeit völlig aus dem Blick verloren hatte.

Nach vierzig Jahren wollte Patty in Rente gehen. Und wünschte sich, dass Renee ihre Stelle übernahm – was sie noch immer nicht recht glauben konnte. Sie hatte damit gerechnet, dass es noch einige Jahre dauern würde, bis sie eine Chance wie diese bekam. Doch hier war sie, zum Greifen nah.

Während sie aus dem Taxi sprang und in den Terminal lief, stellte sie sich ihren neuen Job vor und spürte, wie sich ihr Magen vor Aufregung beinahe überschlug.

Doch vielleicht war es auch der Gedanke an Jeremiah, der sie in Texas erwarten würde, der sie Schmetterlinge im Bauch spüren ließ. Denn trotz allem, was sie mit Patty besprochen hatte, war er ihr den ganzen Vormittag über nicht aus dem Kopf gegangen.

2. KAPITEL

Jeremiah parkte seinen Truck auf dem Parkplatz vor dem Terminal. Er war froh, dass Renees Flug erst in einer guten Viertelstunde landen würde, denn so konnte er wenigstens noch einen Moment lang versuchen, sich zu beruhigen. Nicht, dass ihm das bisher besonders gut gelungen war. Wenn er ganz ehrlich war, befand er sich in diesem aufgewühlten Zustand, seit er sie in Vegas kennengelernt hatte.

Zum tausendsten Mal rief er sich in Erinnerung, dass sie Jessicas Schwester war und dass er ein Idiot wäre, wenn er etwas mit ihr anfangen würde – ganz egal, wie sehr sein Puls zu rasen begann, sobald er auch nur an sie dachte. Seit er von New York nach Texas gezogen war, hatte er Jessica gut genug kennenlernen können, um zu wissen, wie verheerend es sich auf sie alle auswirken würde, sollte er sich an Renee ranmachen.

Nicht, dass er sich nicht gut mit Jessica verstand. Aber mit ihrer kleinen Schwester auszugehen war etwas ganz anderes. Er wusste, wie sehr sich Jessica für Renee verantwortlich fühlte, und er war sich auch ziemlich sicher, dass Jessica ihn für einen unverbesserlichen Aufreißer hielt. Niemand jedenfalls, den sie sich für ihre kleine Schwester wünschte.

Er konnte sich nur zu gut vorstellen, was Jessica Renee über ihn erzählt hatte. Selbst wenn sie nicht tabu für ihn gewesen wäre, waren die Chancen sehr gering, dass sie sich überhaupt für ihn interessierte. Wahrscheinlich hielt sie ihn für einen Playboy, der seine gesamte Zeit damit verbrachte, mit irgendwelchen Frauen zu flirten. Um ganz ehrlich zu sein, würde sie mit dieser Einschätzung gar nicht so weit von der Realität entfernt liegen. Doch mit inzwischen beinahe dreißig Jahren war ihm im Laufe der letzten Monate die Lust auf dieses Spiel mehr und mehr vergangen.

Und als er Renee begegnet war, hatte er auch das letzte bisschen Interesse an seinem alten Lebensstil verloren – was sie natürlich nicht ansatzweise wusste. Sie war in seinem Leben aufgetaucht und wieder verschwunden, ganz plötzlich, wie eine kühle Brise an einem heißen Sommertag, und seitdem kamen ihm alle anderen Frauen im Vergleich langweilig und fade vor.

Er konnte nicht einmal sagen, was genau es war, das ihn so unwiderstehlich zu ihr hinzog – er wusste nur, dass es ihn beinahe wortwörtlich umgehauen hatte, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Gleich in der ersten Nacht in Vegas, als er und Aaron mit Jessica und ihrer besten Freundin, ihrer Mutter und ihrer Schwester essen gegangen waren. In dem Moment, als sie ins Restaurant kamen und er Renee sah, die über etwas lachte, das ihre Mutter gesagt hatte, war es um ihn geschehen.

Sie war schön, keine Frage, doch nie zuvor hatte ihm eine schöne Frau so die Sprache verschlagen wie sie. Hinzu kam, dass er auch zum ersten Mal so etwas wie Nervosität verspürte, als er ihr vorgestellt wurde. Dieses Gefühl kannte er nicht – er hatte es noch nicht einmal damals empfunden, als er dieses Supermodel angesprochen und eine herbe Abfuhr erhalten hatte. Aaron hatte sich noch wochenlang darüber lustig gemacht. Irgendwie brach Renee einfach durch seine „Arschkalt-Haltung“ hindurch, von der Jessica immer sprach, und ließ ihn völlig verunsichert und verwirrt zurück.

Es lag etwas in ihrem Lachen und in diesem Funkeln ihrer Augen, etwas in der Art, wie ihre rotblonden Haare über ihre Schultern fielen, in ihren Sommersprossen, die sie so wunderbar frisch und glücklich aussehen ließen, und auch in ihren Gesichtszügen, die auf eine unbeschreiblich anziehende Art ein Selbstbewusstsein ausstrahlten, dem er nicht widerstehen konnte. Was immer es auch war, es ließ ihn in ihrer Gegenwart keinen klaren Gedanken mehr fassen.

Auch wenn sie kaum ein Wort miteinander gewechselt hatten, hatte er das Gefühl, dass auch sie sich für ihn interessierte. Als sie einander vorgestellt worden waren, war sie kaum merklich errötet und hatte seine Hand nach einem kurzen Händedruck sofort wieder losgelassen. Als hätte auch sie die Spannung gespürt, die schlagartig zwischen ihnen entstanden war.

Allein die Erinnerung an sie ließ seinen gesamten Körper auflodern, und er spürte, wie sein Penis unter der Jeans anzuschwellen begann.

Tief durchatmend versuchte Jeremiah, sich zu entspannen, bevor er ausstieg. Wenn er die kommende Stunde hinter sich brachte, ohne etwas Unüberlegtes zu tun, konnte er auch die restliche Woche schaffen, ohne der beinahe überwältigenden Sehnsucht, sie zu küssen, nachzugeben.

Renee betrat das WC in der Wartehalle und ging direkt zum Spiegel, um den Schaden zu begutachten, den der Flug in ihrem Gesicht und ihrer Frisur hinterlassen hatte. Sie strich ihren Rock gerade, zog die Bluse zurecht und versuchte dabei, die Stimme in ihrem Hinterkopf zu ignorieren, die ihr sagte, dass Jeremiah sowieso tabu für sie war.

Natürlich war er tabu. Sie wusste das ebenso wie dass er ganz bestimmt nicht der Grund dafür war, dass sie sich gegen ihr bequemes Flugzeug-Outfit entschieden und sich stattdessen geschminkt hatte, High Heels und einen engen schwarzen Rock trug – ganz zu schweigen von den schwarzen Seiden-Teilchen, die sie darunter anhatte. Sie wollte einfach gut aussehen, wenn sie im Haus ihrer Schwester auftauchte, das war alles.

Die Stimme in ihrem Hinterkopf lachte nur.

Einen letzten Blick in den Spiegel werfend, wünschte sie sich, weniger Sommersprossen zu haben, die sie wie eine Pfadfinderin aussehen ließen. Denk dran, sprach sie sich selbst gut zu, zwischen dir und Jeremiah wird nichts laufen, außerdem bist du für ihn sowieso nur Jessicas kleine Schwester; es ist also überhaupt kein großes Ding, dass ihr euch jetzt wiederseht. Es gibt definitiv keinen Grund dafür, dass dir so flau ist. Hör also auf, dich wie eine Bekloppte selbst im Spiegel anzustarren, und raus mit dir.

Doch sie rührte sich nicht. Leise fluchend versuchte sie, sich gedanklich auf eine Woche einzustellen, in der sie beide Hände voll damit zu tun haben würde, Jessica zu helfen, während sie die ganze Zeit einen Typen anstarrte, der wahrscheinlich nicht einmal wirklich wusste, dass sie existierte. Endlich schaffte sie es, sich vom Spiegel loszureißen, das WC zu verlassen und durch die Türen des Terminals zum Gepäckband zu gehen. Sie fand sich in einem riesigen Raum wieder, in dem auf durchnummerierten Gepäckbändern langsam die Koffer und Taschen unzähliger Fluggäste rotierten.

Zuerst dachte sie, dass sie und Jeremiah sich in dieser Halle nie finden würden, doch innerhalb weniger Sekunden hatte sie ihn in der Menge ausgemacht, er stand ungefähr zwanzig Meter von ihr entfernt und sah ebenfalls in ihre Richtung. Ihre Blicke trafen sich, und einen Moment lang erstarrte sie wie ein Reh im Scheinwerferlicht eines herannahenden Autos.

Er sah nicht annähernd so aus, wie sie ihn in Erinnerung behalten hatte. Ihre Fantasien waren seinem dunklen, vollen Haar, das ihm in die Stirn fiel, und den Muskeln, die sich unter seinem T-Shirt abzeichneten, nicht annähernd gerecht geworden. Ganz zu schweigen von der locker sitzenden Jeans und dem, was sich darunter verbarg. Das Flimmern in ihrem Bauch wurde zu einem Beben, beinahe wurden ihr die Knie schwach bei seinem Anblick.

Jemand stieß gegen ihren Ellenbogen, als er versuchte, an ihr vorbeizugehen, und sie bemerkte, dass sie mitten im Durchgang stand und den Weg blockierte. Sie spürte, wie sie errötete, und stellte sich vor, wie lächerlich sie auf ihn wirken musste. Wie zur Hölle sollte sie die Autofahrt mit ihm nur überstehen, ohne sich komplett zur Idiotin zu machen?

Wieder rempelte sie jemand an. Ihre Handtasche an der Schulter festhaltend, ging sie auf den sexy Cowboy zu, der dort vorne auf sie wartete. Während sie auf ihn zuging, lächelte sie und winkte ihm kurz zu. Ihr fiel wieder ein, wie sie sich bei ihrem Kennenlernen gefühlt hatte, als sie einander die Hand gegeben hatten. Wenn sie das hier überstehen wollte, durfte es keine Berührungen zwischen ihnen geben, so viel war klar. Wenn sie es schaffte, ganz entspannt zu bleiben, würde alles gut laufen, und Jessica müsste sie nicht dafür umbringen, dass sie mit einem ihr völlig fremden Mann rummachte, statt ihr bei den Hochzeitsvorbereitungen zu helfen.

„Hi, Jeremiah. Danke fürs Abholen“, sagte sie, in der Hoffnung, dabei einigermaßen normal zu klingen.

Er lächelte, irgendwie ein wenig steif, und sie fragte sich, ob es ihn vielleicht nervte, sie abholen zu müssen. Doch dann zuckte er mit den Schultern, und seine Züge wurden weicher. „Kein Problem. Ich musste sowieso in die Stadt. Hast du dein Gepäck schon ausgemacht?“

Sie sah auf und bemerkte, dass er direkt an dem Gepäckband stand, das ihre Flugnummer anzeigte. Beide wandten den Blick dem rotierenden Gepäck zu, und zum Glück machte sie ihren Koffer ziemlich schnell aus, sodass sie nicht lange schweigend nebeneinanderstehen mussten. Bevor sie mehr tun konnte, als ihre Hand auf ihren Koffer zu legen, hatte Jeremiah sich ihren Koffer bereits geschnappt und ihn vom Band gehoben, als wiege er nichts. Kurz stellte sie sich vor, wie er sie mit der gleichen Leichtigkeit hochheben würde, doch dann schob sie diesen Gedanken so schnell es ging beiseite.

Keine sexy Fantasien, rief sie sich in Erinnerung. Jessica würde ausrasten. Und außerdem interessierte sich Jeremiah sowieso nicht für sie.

Allerdings war da irgendetwas in seinem Blick, das sie an ihrem letzten Gedanken zweifeln ließ.

Sie versuchte, nicht weiter daran zu denken, als sie ihm aus dem Flughafen hinaus zum Parkplatz folgte, wo er an einem großen silbernen Truck stehen blieb, der laut und deutlich „Cowboy“ zu rufen schien. Ein Riesenauto. Alles ist größer in Texas, dachte sie und warf einen Blick auf Jeremiah, während ihre Gedanken schon wieder in gefährliche Gefilde abzugleiten drohten. Sie musste lächeln.

„Was gibt’s zu lachen?“, fragte er ebenfalls lächelnd, womit er das Schweigen brach, das seit dem Gepäckband zwischen ihnen herrschte.

Sie errötete erneut – das zweite Mal innerhalb weniger Minuten, ein schlechtes Zeichen für ihre gemeinsame Autofahrt. Auf keinen Fall konnte sie ihm sagen, woran sie eben gedacht hatte, sie musste sich also schnell etwas ausdenken. „Nichts. Ich fand nur, dass hier unheimlich viele Trucks rumstehen und dass das so unglaublich … texanisch ist.“

Als er grinste, setzte ihr Herz einen Schlag lang aus. „Die meisten hier fahren die Dinger genau deshalb. Es ist nicht so, als hätten sie die ganze Zeit große Gegenstände zu transportieren.“

Mit Leichtigkeit hob er ihren Koffer auf die Ladefläche, wo er ihn zwischen ein paar Kisten, Pflanzen, Metallstangen und einigen anderen Dingen, deren Funktion Renee nicht sofort erkannte, legte. Bevor sie die Beifahrertür öffnen konnte, war er bereits zur Stelle und hielt ihr die Tür auf. Als er ihr hinaufhalf, begannen ihre Finger an der Stelle zu prickeln, wo er sie berührte, ganz leicht. Sie versuchte, an etwas anderes zu denken. „Du scheinst dein Auto aber schon als Transporter zu benutzen, oder? Wofür brauchst du das ganze Zeug?“

Autor

Ali Olson
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