Eine Mama für Shirley

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Jane ist überglücklich – ihr Boss Mark hat ihr einen Antrag gemacht! Schon lange ist die süße Sekretärin heimlich in den attraktiven Unternehmer verliebt. Doch Mark will nur heiraten, damit seine kleine Tochter eine Mutter hat! Kann er in Jane je mehr sehen als eine fürsorgliche Ersatzmama?


  • Erscheinungstag 02.05.2024
  • ISBN / Artikelnummer 9783751529549
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Mark, was ist los? Sie hatten doch heute Morgen den Termin mit der Baubehörde. Gerade haben die Inspektoren mich von der Baustelle angerufen und …“

„Langsam, Jane.“ Mark Hilliard klang, als kehrte er gerade aus einer anderen Welt zurück und müsste sich erst einmal sammeln. „Es tut mir leid. Ich hätte Ihnen Bescheid sagen sollen. Rufen Sie die Herren bitte an, und entschuldigen Sie mich bei ihnen. Ich stecke mitten in einer häuslichen Krise.“

„Was für eine Krise? Ist Shirley krank?“, fragte Jane Carmichael erschrocken.

„Nein, es geht ihr gut. Sie hat nur wieder einmal das Kindermädchen gefeuert.“

Shirley hat das Kindermädchen gefeuert? Ich weiß, dass sie sehr reif ist für ihr Alter, aber das scheint mir für eine Dreijährige doch ein bisschen viel zu sein. Wie hat sie es denn angefangen? Hat sie sie ins Kinderzimmer gerufen und gebeten, auf Mr. Fluffy Platz zu nehmen, und dann gesagt: ‚Ich bedaure, Mrs. Collins, doch Sie haben trotz Ihrer erstklassigen Referenzen meine Erwartungen nicht erfüllt. Deshalb muss ich Sie leider entlassen‘?“

„Oh Mark!“ Jane war auf einmal überhaupt nicht mehr belustigt. Sie hatte das Vorstellungsgespräch mit Sarah Collins selbst geführt und war überzeugt gewesen, dass die Frau für die Stelle bestens geeignet war.

„Sie hat letzten Monat gekündigt. Als Begründung hat sie familiäre Probleme angeführt, aber es klang nach einer Ausrede. Sie hatten sich solche Mühe mit der Auswahl gegeben, dass ich mich nicht getraut habe, es Ihnen zu beichten. In der Zwischenzeit hat die Agentur mir Aushilfen geschickt. Shirley hatte reichlich Gelegenheit zu üben, wie man Kindermädchen loswird. Heute Morgen hat meine liebe Tochter so lange wie am Spieß geschrien, bis das Kindermädchen entnervt das Haus verlassen hat. Ich habe keine Ahnung, warum es mit den beiden nicht geklappt hat. Die Frau hatte ausgezeichnete Referenzen und schien mir für die Stelle geeignet zu sein.“

„Aus der Sicht einer Dreijährigen sehen die Dinge ein bisschen anders aus. Schließlich mussten nicht Sie sich von der Dame baden und ins Bett bringen lassen.“ Jane errötete bei der Vorstellung leicht. Nur gut, dass er es nicht sehen konnte. „Vielleicht sollten Sie Shirley einmal fragen, was sie will, bevor Sie das nächste Kindermädchen einstellen. Es kann sein, dass sie besser mit jemandem zurechtkommt, der mit bei Ihnen im Haus wohnt.“

„Shirley möglicherweise schon, aber ich nicht.“

Darüber hatten sie schon oft gesprochen. Mark wurde es schon beim Gedanken, sein Haus mit einem fremden Menschen zu teilen, unbehaglich zumute. Sie, Jane, war von der Idee auch nicht begeistert, aber Shirleys Wohl war ihr wichtiger als ihre eigene alberne Eifersucht.

Es war nicht leicht, Mark zu der Einsicht zu bewegen, dass seine kleine Tochter eine Persönlichkeit mit eigenen Wünschen und Bedürfnissen war. Jemand musste sich Shirley zuliebe die Mühe machen und es immer wieder versuchen. Und dieser jemand war sie, Jane.

„Hat sie sich inzwischen wieder beruhigt?“

„Wie alle Frauen ist sie glücklich und zufrieden, wenn sie ihren Willen durchgesetzt hat.“ Etwas spät fügte er hinzu: „Ich meine natürlich nicht Sie, Jane. Tut mir leid.“

„Natürlich nicht.“ Er sieht mich eben nicht als Frau, dachte sie.

„Die Agentur versucht, möglichst schnell Ersatz zu finden. Bis dahin rufe ich jeden an, der mir einfällt, um sie für einige Stunden unterzubringen.“

„Kein Glück bisher?“

„Meine Mutter ist auf einem Kongress, und meine Schwester ist letzten Monat nach Straßburg gezogen. Die beiden sind nicht gerade das, was man sich normalerweise unter einer Großmutter oder Tante vorstellt.“ Er klang müde. „Es sieht so aus, als müsste ich einige Tage zu Hause arbeiten. Bis zum Ende der Woche muss ich eine andere Lösung finden. Würden Sie mir bitte die Unterlagen von meinem Schreibtisch bringen? Und die Post?“

„Sind Sie sicher? Bis ich bei Ihnen bin, ist es schon fast Mittag. Wollen Sie sich nicht lieber den Tag freinehmen und ihn mit Shirley verbringen?“ Sie wusste, dass die Kleine sich nichts sehnlicher wünschte als einen Vater, der für sie da war und sie in die Arme nahm, wenn sie kuscheln wollte. Einen Vater, der Zeit für sie hatte, wenn sie morgens aufwachte und Lust zu spielen hatte, und der sich beeilte, rechtzeitig zu Hause zu sein, um ihr eine Gutenachtgeschichte vorzulesen.

Jane verstand gut, warum Shirley ein Kindermädchen nach dem anderen vergraulte. Wie erfahren und gut ausgebildet diese Frauen auch sein mochten, sie waren alle nur Angestellte. Sie konnten dem Kind niemals die Mutter ersetzen, die es nie gekannt hatte, oder den Vater, der sich in seiner Gegenwart unbehaglich fühlte, weil es ihn schmerzlich an den Verlust seiner Frau erinnerte.

„Es ist ein wunderschöner Tag, Mark“, versuchte sie es noch einmal. „Sie könnten mit Shirley in den Park fahren.“

„Heute nicht, Jane“, sagte er schnell. „Wenn ich die Entwürfe für das Kunstmuseum nicht diese Woche fertig bekomme, können wir den Zeitplan nicht einhalten.“

Und das wäre ja eine Katastrophe, dachte Jane ironisch. „Natürlich. Ich komme, so schnell ich kann.“

Sie rief die Bauinspektoren an und verlegte den Termin. Dann saß sie eine Weile ruhig da, um sich innerlich für die Fahrt zu Mark zu wappnen. Shirley war nicht die Einzige, die sich danach sehnte, dass Mark Hilliard ihr seine Aufmerksamkeit und seine Liebe schenkte.

Aber im Gegensatz zu der kleinen Shirley war sie, Jane, eine erwachsene Frau von vierundzwanzig Jahren, von der man zu Recht etwas Vernunft erwarten durfte. Sich auf den Boden zu werfen, zu stampfen und zu schreien kam für sie nicht infrage. Leider war ihr manchmal genau danach zumute.

Sie war die gute, alte Jane, auf die man sich in jeder Lebenslage verlassen konnte. Die perfekte Sekretärin, die ihre unglückliche Liebe zu ihrem gut aussehenden Chef hinter dicken Brillengläsern verbarg. Was für ein Klischee! Sie trug zwar keine Brille, aber es würde auch nichts ändern, wenn sie eine trüge. Er sieht mich ja sowieso nie an, dachte sie.

Leider war Mark Hilliard unwiderstehlich. Schon als sie während des Vorstellungsgesprächs zum ersten Mal auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch gesessen hatte, hatte sie sich zu ihm hingezogen gefühlt. Es war kurz nach dem Tod seiner Frau gewesen. Mark hatte tiefe Schatten unter den Augen gehabt und ziemlich mitgenommen gewirkt.

Neben ihm hatte eine Tragetasche mit seiner kleinen Tochter darin gestanden. Shirley war damals noch ein Baby gewesen. Beim ersten Blick auf Vater und Kind hatte Jane gewusst, dass es ein Fehler wäre, den Job anzunehmen.

Gleich zu Beginn des Vorstellungsgesprächs klingelte das Telefon. Sie nahm wortlos die Tragetasche mit dem schreienden Baby und ging damit hinaus in den Empfangsbereich. Dort spielte sie so lange mit der Kleinen, bis deren Vater sein wichtiges Telefonat beendet hatte.

Als er dann aus dem Büro kam und sie sah, sagte er sofort: „Sie haben den Job.“

Vor Freude schlug ihr Herz schneller. Sie wusste, dies war ein Warnsignal, und sie war entschlossen, darauf zu hören. So dringend sie den Job auch brauchte, ihr war klar, dass es nur Unglück brachte, sich gleich auf den ersten Blick in den neuen Chef zu verlieben. Es würde unweigerlich mit Tränen enden. Und zwar mit ihren Tränen.

„Aber Sie wissen doch noch gar nichts über mich“, wandte sie ein.

„Sie sehen, was getan werden muss, und Sie tun einfach, was notwendig ist. Das genügt mir. Können Sie sofort anfangen?“

Das Baby saß auf ihrem Schoß und spielte mit den Knöpfen des schicken neuen Kostüms, das sie, Jane, sich extra für das Vorstellungsgespräch gekauft hatte. Jedenfalls hatte es im Schaufenster der Boutique schick ausgesehen, an ihr wirkte es längst nicht so elegant. Die meisten modischen Sachen standen ihr nicht, weil sie zu klein war. Und jetzt hatte sie auch noch Babyspucke auf dem Revers.

„Unscheinbar, hat nicht das richtige Auftreten“, hatte die Frau von der Sekretärinnenagentur auf ihr Bewerbungsformular geschrieben. Jane hatte es lesen können, obwohl die Schrift auf dem Kopf gestanden hatte. Zwar war sie eine ausgezeichnete Sekretärin, dennoch hatte die Agentur sie nicht einmal als Aushilfe vermitteln wollen.

Während sie ihren Mantel angezogen hatte, war am Empfang der Agentur gerade ein Anruf eingegangen. Mark Hilliard vom Architekturbüro Hilliard, Young und Lynch suchte dringend und ab sofort eine erstklassige Sekretärin.

Draußen auf der Straße hatte sie sofort ihr Handy gezückt und Mr. Hilliard angerufen. Am Telefon machte sie immer einen überzeugenden Eindruck, und so hatte er sie gebeten, sofort zu ihm zu kommen, um sich vorzustellen.

Ihr unscheinbares Aussehen hatte ihn offenbar nicht abgeschreckt. Allein deswegen hätte sie sich in ihn verlieben können. Während ihr Verstand sie gedrängt hatte, den Job anzunehmen, hatte eine innere Stimme sie gewarnt. Lehn das Angebot ab, lauf weg, so schnell du kannst, hatte sie ihr geraten.

Es gab andere Stellen. Stellen, wo nicht jeden Tag ihr Seelenfrieden auf dem Spiel stand und ihr Herz in Gefahr war. Aber Mark hatte so verzweifelt ausgesehen, und Shirley hatte sie so lieb angelächelt.

Darum war sie jetzt seit zweieinhalb Jahren Marks Sekretärin. Wie schon in den ersten Minuten ihrer Bekanntschaft sah sie immer, was getan werden musste, und erledigte es unaufgefordert.

Nur was Shirley angeht, hatte ich bisher keinen Erfolg, dachte sie.

Sie hatte alles versucht, damit Mark seiner bezaubernden Tochter mehr Zeit und Aufmerksamkeit schenkte, aber es war vergeblich gewesen. Seit zweieinhalb Jahren sah Jane hilflos mit an, wie er gewissenhaft dafür sorgte, dass es der Kleinen äußerlich an nichts fehlte. Aber was seine Tochter am nötigsten brauchte, gab er ihr nicht. Ohne Liebe und Zuwendung konnte ein Kind auf Dauer nicht leben. Sollte er es nicht schaffen, ein richtiger Vater zu sein, wird er seiner Tochter eine neue Mutter geben müssen, folgerte Jane. Wie immer, wenn sie ein Problem erkannt hatte, würde sie, Jane, auch das Notwendige tun, um es zu lösen.

Sie nahm die Unterlagen, um die Mark sie gebeten hatte, griff nach ihrem Laptop und blieb kurz am Empfang stehen. Rasch sorgte sie dafür, dass ihre Anrufe auf ihr Handy umgeleitet wurden.

Ihr Blick fiel auf ihr Spiegelbild im Glasrahmen des vergrößerten Fotos eines von Mark Hilliard entworfenen Gebäudes. Ihr Haar stand schon wieder nach allen Seiten ab. Dabei hatte der Friseur ihr versprochen, dass sie mit dieser Hochstecktechnik ihre wilde Mähne bändigen konnte.

Ich muss mehr für mein Aussehen tun, dachte sie. Aber zum Glück achtete Mark nicht auf ihr Äußeres. Sie hätte in einem Supermini herumlaufen und millimeterdick Make-up auftragen können, es wäre ihm nicht einmal aufgefallen. Er nahm sie einfach nicht als Frau wahr. Aber genau das würde sie jetzt zu ihrem Vorteil nutzen.

„Lies mir eine Geschichte vor, Daddy.“

Entnervt blickte Mark von der Arbeit auf. Seine Tochter schien bestens gelaunt, nachdem sie das Kindermädchen vergrault und seinen Arbeitstag ruiniert hatte.

„Ich habe zu tun, Shirley.“

Sie legte ihm das Buch, das sie in der Hand hielt, auf den Schreibtisch. Es sah ziemlich abgegriffen aus. „Diese Geschichte“, bat sie.

Mark erkannte, dass Widerstand zwecklos war, und nahm den Band in die Hand. „Wo hast du denn das Buch her?“

„Jane hat es mir geschenkt“, antwortete sie. „Ich mag Jane. Ich mag sie sooo gern.“ Shirley breitete die Arme aus, um ihre Worte zu bekräftigen.

„Ja, sicher.“ Er schlug die erste Seite auf. Dort stand in großer, runder Kinderschrift geschrieben: „Dieses Buch gehört Jane Carmichael.“ Es war eins von Janes eigenen Kinderbüchern. Sie hatte es mit ins Büro gebracht, um Shirley daraus vorzulesen. Es war wohl einer der Tage gewesen, an denen er keine andere Möglichkeit gehabt hatte, als das Kind mit zur Arbeit zu nehmen. Ihm kam der Gedanke, dass Shirley sich vielleicht die ganze Zeit nach Jane gesehnt hatte. Er sah auf die Uhr und fragte sich, wo sie so lange blieb.

Shirley krabbelte auf seinen Schoß. „Lies vor, Daddy.“

„Bitte“, verbesserte er sie unwillkürlich.

„Bitte“, wiederholte sie brav und lächelte. Sie war ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten. Er konnte beinah deren Stimme hören, wie sie ihn anflehte: „Bitte, Mark … lass mich gehen.“

Das Geräusch des Autos, das vor dem Haus hielt, riss ihn aus seinen Erinnerungen. Das Vorlesen war vergessen. Shirley rutschte von seinem Schoß und rannte zur Tür. Er folgte etwas langsamer und öffnete. Begeistert schlang Shirley die Arme um Janes Beine und drückte sich an sie.

„Sie hätten nicht zufällig Lust, den Job zu wechseln? Sie wären das bestbezahlte Kindermädchen weit und breit.“

„Nein, danke. Außerdem braucht sie kein Kindermädchen.“ Jane legte die mitgebrachten Papiere und ihren Laptop ab, hob Shirley hoch und umarmte sie. Dafür wurde sie mit einem klebrigen Schmatzkuss belohnt. „Sie braucht eine Mutter.“ Sie reichte das Kind an ihn weiter und zog ihre Jacke aus. „Tut mir leid, dass es so lange gedauert hat. Der Verkehr war ein Albtraum. Ich brauche dringend einen Kaffee.“

„Bedienen Sie sich. Sie wissen ja, wo alles ist.“ Sie hängte die Jacke auf und ging in die Küche. Mark setzte Shirley ab und folgte Jane. „Was möchten Sie trinken?“, fragte sie und sah sich zu ihm um, während sie Wasser aufsetzte. „Kaffee oder lieber Tee?“

„Kaffee, danke.“

Shirley strich ihr um die Beine wie eine kleine Katze. Jane beugte sich zu ihr hinunter. „Was ist mit dir, Schätzchen? Möchtest du auch etwas?“

„Kaffee, danke“, ahmte die Kleine ihren Vater nach.

„Lieber Orangensaftkaffee oder Apfelsaftkaffee?“ Shirley kicherte und sah begeistert zu, wie Jane aus ihrer Handtasche einen stanniolverpackten Keksriegel mit Schokoguss hervorzauberte. „Magst du das?“

„Darf sie so etwas denn essen?“, fragte Mark.

Erstaunt blickte Jane auf. „Kaufen Sie ihr denn nie Schokolade?“

Die leichte Zurechtweisung, die in ihrer Frage mitschwang, überraschte ihn. „Natürlich nicht. Das ist schlecht für die Zähne.“ Er und Caroline hatten alle Bücher über gesunde Ernährung gelesen. Sie wollten alles richtig machen und ihr Kind perfekt erziehen. Für ihre Tochter sollte es kein Fast Food, kein Naschen zwischen den Mahlzeiten und keine Süßigkeiten geben. „Oder etwa nicht?“, fragte er leicht verunsichert.

„Sie hat doch eine Zahnbürste, nehme ich an?“

„Ja, natürlich.“ Er räusperte sich. „Ich bin drüben im Arbeitszimmer.“

„Wir kommen gleich nach.“

Jane stellte das Tablett auf dem Schreibtisch ab, wo es außer Shirleys Reichweite war. Dann gab sie der Kleinen Buntstifte und Papier und setzte sie an einen niedrigen Tisch. „Dein Daddy und ich müssen ein bisschen arbeiten. Weißt du, was ich mir wünsche? Dass du mir ein schönes Bild malst, das ich in meinem Büro aufhängen kann. Tust du das für mich?“

„Ja.“

„Braves Mädchen.“ Sie drehte sich um und bemerkte, wie Mark sie staunend beobachtete. Nachdem sie den Kaffee eingeschenkt hatte, gingen sie schnell die Post durch. „Ich habe das meiste schon erledigt.“

„Wie immer.“

Sie brauchte einen Moment, um sich zu sammeln. Gleich würde sie es ihm sagen. Einige Male atmete sie tief durch. Sie hatte es sich genau überlegt. Beinah hätte sie auf der Autobahn die richtige Ausfahrt verpasst, weil sie ihren Text noch einmal geprobt hatte.

„Da wäre noch etwas“, sagte sie endlich. Er wartete. Mit klopfendem Herzen reichte sie ihm einen Teil der Wochenendausgabe der Tageszeitung.

„Kleinanzeigen?“, fragte er verblüfft. „Was soll ich damit?“

Er kann doch nicht so schwer von Begriff sein, dachte sie. Aber anscheinend brauchte er wirklich nähere Erläuterungen. „Es sind die privaten Kontaktanzeigen. Hier unten ist das Formular, mit dem man eine aufgeben kann. Ich habe schon einen geeigneten Text für Sie vorbereitet.“

Er nahm den Zettel, den sie ihm reichte. „Architekt, 34, verw., Vater einer Tochter, su. warmherzige, liebevolle Partnerin, NR, m. SFH, für DB.“

„NR? SFH? DB?“, fragte er.

„Nichtraucherin. Sinn für Humor. Dauerhafte Beziehung.“

„Oh.“ Er sah immer noch ein wenig ratlos aus.

„Mark, an dem Tag, an dem Sie mich eingestellt haben, sagten Sie, dass ich sehe, was zu tun ist, und tue, was notwendig ist. Jetzt sehe ich, dass etwas für Shirley getan werden muss. Darum habe ich die Anzeige für Sie aufgesetzt. Ich werde sogar die Zuschriften für Sie sortieren, wenn Sie das möchten. Nur Ihr Einverständnis brauche ich.“

Er nahm die Zeitung und überflog die Anzeigen. „Hier sucht jemand eine ‚Klassefrau mit Charme und Esprit für gelegentliche romantische Treffs.‘“ Er zog amüsiert eine Augenbraue hoch. „Das heißt also …“

„Ja, so ist es“, unterbrach sie ihn rasch und unterdrückte ein Lächeln. Wenn sie offen ihre Belustigung zeigte, würde er einfach über das Ganze hinweggehen wie über einen misslungenen Scherz und sich den für ihn wichtigen Dingen des Lebens zuwenden. Das würde in seinen Augen natürlich die Arbeit sein.

„Sie können sich gern Ihre eigenen Formulierungen ausdenken. Vergessen Sie bitte nur nicht die ‚dauerhafte Beziehung‘.“

„Jane, das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein.“

„Warum nicht? Ihre Tochter hat innerhalb der letzten vier Monate vier qualifizierte, freundliche und fürsorgliche Kindermädchen aus dem Haus getrieben. Sie will Ihnen damit etwas zu verstehen geben, und es ist die einzige Art, sich mitzuteilen, die ihr zur Verfügung steht. Sie braucht mehr.“

„Mehr?“

Autor

Liz Fielding
<p>In einer absolut malerischen Gegend voller Burgen und Schlösser, die von Geschichten durchdrungen sind, lebt Liz Fielding in Wales. Sie ist seit fast 30 Jahren glücklich mit ihrem Mann John verheiratet. Kennengelernt hatten die beiden sich in Afrika, wo sie beide eine Zeitlang arbeiteten. Sie bekamen zwei Kinder, die inzwischen...
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