Einladung von Sam

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Schon lange ist Nikki heimlich in Sam verliebt. Aber immer wenn sie den attraktiven Bauunternehmer trifft, hat er eine andere Blondine im Arm. Erst als sie zusammen auf die kleinen Zwillinge ihrer Freundin Laura aufpassen, kommt sie ihm näher. Begeistert nimmt Nikki seine Einladung an, ihn auf eine Party zu begleiten. Eng an ihn geschmiegt, tanzt Nikki die ganze Nacht mit dem Mann ihrer Träume. Ist sie endlich am Ziel ihrer Wünsche?


  • Erscheinungstag 03.06.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733776466
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

„So, das wär’s.“ Nikki nahm das letzte Babyfläschchen aus dem Spülwasser, stellte es zum Abtropfen auf den Kopf und ließ schließlich das Wasser ablaufen.

„Vielen Dank, Nikki, das war wirklich lieb von dir“, rief Laura ihr vom angrenzenden Esszimmer aus zu. „Nicht jeder würde freiwillig Geschirr von drei Tagen abwaschen.“

„Von drei Tagen? Ich dachte, das war Geschirr von einer ganzen Woche!“

„Bei einer vierköpfigen Durchschnittsfamilie könnte das vielleicht zutreffen. Aber wenn man Zwillinge im Babyalter hat, häuft sich das Geschirr im Handumdrehen.“

Laura war gerade dabei, ihre beiden knapp zwölf Monate alten Babys zu füttern. Sie saßen, jedes mit einem Plastiklöffel in der Hand, in ihren Hochstühlen und verteilten die breiige Masse aus ihren Schüsseln nicht nur auf dem Tischchen vor sich, sondern schmierten sie sich auch noch ins Gesicht und in die Haare.

Nikki schüttelte den Kopf. Dagegen war Geschirrspülen doch noch das kleinere Übel. Jack und Anna waren wirklich zwei reizende Babys, aber trotzdem würde sie nicht mit Laura tauschen wollen. „Was essen sie da eigentlich?“

„Reisflakes mit pürierten Birnen.“

„Uuh!“ Nikki verzog das Gesicht. „Ich finde, es sieht eher aus wie abgestandener Tapetenkleister.“

„Shh! Die Kinder merken sofort, wenn jemand etwas Negatives übers Essen sagt. Vor kurzem habe ich versucht, sie mit Kürbispüree zu füttern. Als Stephen das gesehen hat, hat er so darüber gelacht, dass es aus war mit der Herrlichkeit. Sie haben alles wieder ausgespuckt.“

„Bist du sicher, dass das an Stephen lag?“, gab Nikki zu bedenken. „Also ehrlich, Laura – Kürbispüree. Die beiden sind erst elf Monate alt, da ist es ganz normal, dass sie keinen Kürbis mögen.“

„Kürbis ist eine ausgezeichnete Vitamin-A-Quelle“, beharrte Laura.

„Wenn du meinst …“ Nikki sah die Kleinen skeptisch an. Jack hatte Zerealien an der linken Augenbraue hängen, und Annas Kinn und rechte Wange waren über und über mit Brei beschmiert. „Bist du sicher, dass das Zeug auch dort ankommt, wo es hinsoll?“

„Also, bei Anna landet das meiste schon im Magen“, erklärte Laura. „Aber Jack will ständig mit dem Essen spielen, und da muss man ihn eben austricksen. Ich lenke ihn mit irgendetwas ab und schiebe ihm dann schnell den Löffel in den Mund.“ Gesagt, getan, schob sie Jack einen Löffel voll Brei in den Mund, als er gerade intensiv damit beschäftigt war, ein Reisstückchen zu inspizieren, das an seinem kleinen Finger klebte. Er schluckte den Brei brav hinunter und öffnete den Mund schon für den nächsten Schub.

„Soll ich dir helfen?“, bot Nikki an.

Laura schüttelte den Kopf. „Lieber nicht. Ich hätte ein schlechtes Gewissen, wenn deine schöne Bluse schmutzig würde, schließlich hast du nachher einen wichtigen Termin mit einem Kunden. Du hast heute schon genug für mich getan.“ Sie seufzte auf. „Eine defekte Geschirrspülmaschine bei zwei Babys macht das Leben eben nicht gerade leichter.“

Nikki zog sich einen Stuhl heran und setzte sich zu den dreien an den Tisch. „Ich weiß, dass bei euch in letzter Zeit die Finanzen etwas knapp sind, Laura. Aber die Spülmaschine muss unbedingt repariert werden, sonst wirst du ja verrückt mit dem vielen Geschirr. Das sollte auf jeden Fall erledigt sein, bevor ihr das Haus zum Verkauf anbietet.“

„Ich weiß. Sam wird danach sehen, wenn er Zeit hat. Vielleicht kann er die Ersatzteile besorgen, und Stephen baut sie dann ein.“

„Sam – bis der Zeit hat, wird es Weihnachten.“ Nikki war froh, dass ihre Stimme so neutral klang. Jedes Mal, wenn sie an Sam Baxter – Stephens Bruder – dachte, verspürte sie ein seltsames Kribbeln in der Magengegend. „Wie geht’s denn dem einsamen Handwerker so in letzter Zeit?“

„Er arbeitet gerade an einem Gebäude in Rockhurst – einem dieser großen Herrenhäuser in der Nähe des Kunstmuseums – ein Großauftrag, soweit ich weiß.“

„Ach so, und deshalb hat er bisher keine Zeit gehabt, sich um deine Spülmaschine zu kümmern“, schlussfolgerte Nikki. „Weißt du, was ich glaube, Laura? Sam ist noch nicht dazu gekommen, weil er sich ständig um diese blonden Modepüppchen kümmern muss, die ihm scharenweise hinterherlaufen.“

Laura wischte Jack den Mund ab und schob ihm dann den nächsten Löffel Brei hinein. „Mir wäre es auch lieber, wenn er sich zur Abwechslung mal mit einer treffen würde, deren IQ ihre Kleidergröße übertrifft. Andererseits nehme ich es ihm nicht übel, wenn er keine Zeit hat. Schließlich hat er sich neben der Arbeit auch noch um seine eigene Wohnung zu kümmern.“

„Da hast du auch wieder Recht“, gab Nikki zu. „Wenn er schon bei seinem Job den ganzen Tag am Reparieren ist, hat er sicher keine Lust, sich auch noch in seiner Freizeit damit herumzuplagen. Schade nur, dass Stephen zwei linke Hände hat.“

Laura nickte. „Das kannst du laut sagen. Stephen gibt sich wirklich Mühe, aber trotzdem geht es meistens schief. Letzte Woche zum Beispiel hat er im Bad einen Handtuchhänger angebracht. Und weißt du, was passiert ist? Drei Tage später ist er wieder abgefallen – mitsamt der Kachel.“

Da musste Nikki lachen. „O nein, das darf nicht wahr sein!“

„Was glaubst du, was hier noch alles zu tun ist?“, fuhr Laura fort. „Bei dem Tempo, das wir zurzeit vorlegen, wird das Haus nie so weit sein, dass wir es verkaufen können.“ Sie verdrehte die Augen. „Wir können aber auch so lange warten, bis die Kinder ausgezogen sind, dann brauchen wir kein größeres Haus mehr. Wenn ich allerdings an die nächsten achtzehn Jahre denke – zu viert in zwei Schlafzimmern, einer Küche, die kaum größer als eine Streichholzschachtel ist, und ohne Platz zum Toben für die Kinder, dann wird mir jetzt schon schlecht.“

„Ach, das Haus werdet ihr schon los“, beruhigte Nikki sie. „Dieses kleine Cottage ist doch ein richtiges Schmuckstück. Wie geschaffen für ein junges Paar – ohne Kinder wohlgemerkt.“

„Ich sehe schon, aus dir spricht die Immobilienmaklerin. Hör mal, Nikki …“ Laura zögerte einen Moment, bevor sie weitersprach. „Stephen und ich, wir haben da so etwas vor …. Aber ich habe ihm gleich gesagt, dass es nicht möglich ist“, fügte sie hastig hinzu.

Nikki lächelte amüsiert. „Vielleicht solltest du mir erst einmal sagen, worum es überhaupt geht, bevor du voreilige Schlüsse ziehst.“ Sie kannte ihre Freundin nur zu gut. Wenn Laura etwas von ihr wollte, redete sie zuerst immer um den heißen Brei herum, bevor sie mit der Sprache herausrückte.

Laura holte tief Luft. „Also gut. Stephens Chef hat für das nächste Wochenende eine Geschäftsreise geplant, aber dann kam in letzter Minute etwas dazwischen, und nun muss Stephen einspringen. Und ich soll ihn begleiten.“

„Und jetzt braucht ihr einen Babysitter, stimmt’s? Das ist kein Problem, Laura. Ich mach’ das gerne.“

Laura hielt mit dem Füttern inne. „Es wäre aber nicht nur für einen Tag, sondern für das ganze Wochenende. Stephen muss an einer Konferenz teilnehmen, einer Art Weiterbildungsseminar, das bis Sonntagabend dauert.“

„Hm.“ Nikki dachte kurz nach. „Du hast Recht, das ist natürlich etwas anderes. Was wirst du denn während dieser Zeit dort machen? Musst du dich die ganze Zeit langweilen, oder kannst du wenigstens einkaufen gehen oder irgendwelche Ausflüge machen?“

„Und ob ich das kann!“ Lauras Augen leuchteten plötzlich auf. „Weißt du, das Ganze findet auf einem Kreuzfahrtschiff in der Karibik statt. Dort gibt es hundert Möglichkeiten, sich zu vergnügen.“ Dann wurde Laura wieder ernst und fuhr mit dem Füttern fort. „Aber ich habe Stephen schon gesagt, dass ich nicht mitfahren kann.“

„Natürlich kannst du“, widersprach Nikki. „Diese Chance dürft ihr euch nicht entgehen lassen. Wann bekommt man schon so eine tolle Urlaubsreise geschenkt?“

„Na ja, ein bisschen was würde es schon kosten“, räumte Laura ein. „Das Flugticket für mich müssten wir selbst bezahlen. Und bei einer Babysitter-Agentur habe ich auch schon angerufen. Hast du eine Ahnung, was eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung für zwei Babys kostet?“

„Ich kann’s mir vorstellen. Also hat Stephen gesagt, du sollst mich fragen, ob ich nicht als Babysitter einspringen kann.“

Laura nickte. „Aber ich weiß ja, wie viel du immer zu tun hast …“

„Wann, hast du gesagt, soll die Reise losgehen?“

„Schon am nächsten Wochenende. Es wären allerdings drei Tage – von Freitag früh bis Sonntagnacht.“

Nikki ging im Geiste ihren Terminkalender durch. „Also, von meiner Seite wäre das kein Problem“, sagte sie schließlich. „Für das nächste Wochenende habe ich keine Hausbesichtigungen geplant.“

„Und was ist mit deinem Freund? Du triffst dich doch noch mit Richard, oder?“

„Das mit Richard ist nichts Ernstes. Wir gehen zwar ab und zu zusammen essen, aber mehr ist bisher nicht gewesen. Samstag und Sonntag sind auf jeden Fall okay, ich müsste mir also nur den Freitag frei halten.“

„Bitte fühl dich zu nichts verpflichtet, Nikki. Stephen meinte auch, dass es fast zu viel verlangt wäre, dir die Babys gleich für drei Tage aufzubürden. Er hätte volles Verständnis dafür, wenn du ablehnen würdest.“ Laura ließ die Schultern sinken. „Aber enttäuscht wäre er natürlich, wenn er ohne mich fahren müsste.“

„Und du?“, fragte Nikki sanft. „Wärst du denn auch enttäuscht?“

Laura nickte. „Ein bisschen schon. Normalerweise könnten wir uns eine solche Kreuzfahrt niemals leisten.“

„Na, dann ist doch alles klar“, sagte Nikki bestimmt. „Du fährst mit, und ich passe auf die Kleinen auf.“ Sie stand auf und zog ihre Jacke an. Als sie dabei die Zwillinge betrachtete, kamen ihr allerdings doch leichte Bedenken. Jack stellte gerade seine Schüssel mitsamt Inhalt auf den Kopf, und Anna fuchtelte wild mit ihrem Löffelchen herum, so dass ein Spritzer Brei genau auf Nikkis Kragen landete.

„O Nikki, das tut mir schrecklich Leid!“ Laura reichte ihr schnell einen feuchten Lappen. „Du siehst ja, hier geht es immer drunter und drüber. Wenn du dein Angebot zurückziehen willst, bin ich dir überhaupt nicht böse.“

Nikki rubbelte den Fleck weg, so gut es eben ging. „Das ist doch nicht schlimm, Laura. Ich hefte einfach mein Namensschild an den Kragen, dann sieht keiner mehr den Fleck. Und du mach dir keine Sorgen. Es sind ja nur drei Tage, die werde ich schon rumkriegen.“

Schon am Samstagnachmittag fragte Nikki sich, ob sie sich nicht doch zu viel zugemutet hatte. Sie war zwar schon oft als Babysitter eingesprungen, aber drei Tage hintereinander hatte sie die Kinder noch nie gehabt. Jack war mitten in der Nacht aufgewacht, weil er schlecht geträumt hatte, und Nikki hatte mehr als eine Stunde gebraucht, um ihn zu beruhigen. Danach hatte sie kaum mehr schlafen können und war am Morgen wie gerädert aufgewacht. Die Unterlagen, die sie aus dem Büro mitgenommen hatte, lagen unberührt in ihrer Tasche. Nicht eine einzige Minute war sie bisher dazu gekommen, sich ihrer Arbeit zu widmen.

Nikki war inzwischen klar geworden, dass Anna und Jack mit ihren elf Monaten von Tag zu Tag aktiver wurden. Nun reichte es nicht mehr, ihnen ein lustiges Mobile über den Kopf zu hängen oder etwas vorzusingen. Sie wollten aus dem Kinderwagen raus, um auf allen vieren die Welt zu erkunden.

Nach dem Nachmittagsspaziergang hatte sie die Babys im Wohnzimmer auf den Teppich gesetzt, damit sie umherkrabbeln konnten. Jack spielte vergnügt mit einem kleinen roten Gummiball, bis er zu seinem Verdruss hinters Sofa rollte. Jack krabbelte hinterher und versuchte nun, in den engen Zwischenraum zwischen Sofa und Wand zu kriechen, um den Ball hervorzuholen. Dabei klemmte er sich so ungeschickt ein, dass er sich weder vor- noch zurückbewegen konnte. Jack fing erbärmlich an zu weinen, was sein Schwesterchen sofort dazu veranlasste, in sein Geschrei mit einzustimmen.

Nikki seufzte auf und eilte zu Jack. In selben Moment hörte sie, wie die Küchentür aufging, und gleich darauf ertönte eine tiefe Männerstimme.

Sam Baxter – ausgerechnet jetzt musste er kommen! Hätte er sich nicht schon letzte Woche sehen lassen können, als Laura und Stephen noch zu Hause gewesen waren? Oder wenigstens gestern Abend, als Jack und Anna nach einem ausgiebigen Bad friedlich auf ihrer Krabbeldecke gelegen und mit zwei leeren Joghurtbechern gespielt hatten?

Nikki war schon nach dem ersten Tag mit den Kindern völlig erledigt gewesen. Und wie sie ausgesehen hatte – das Haar zerzaust und das Sweatshirt über und über mit Pfirsichbrei bekleckert! Nikki ärgerte sich über sich selbst. Wieso machte sie sich überhaupt Gedanken, wie sie vor Sam Baxter dastand? Er hatte sich doch noch nie für sie interessiert.

Nach ihrer geplatzten Hochzeit mit Thorpe Meir vor zwei Jahren hatte sie Sam nur wenige Male gesehen, und das auch nur auf Partys oder Festen, die Laura organisiert hatte. Dabei hatte Sam sich immer nur kurz mit Nikki unterhalten, um sich danach anderen, offensichtlich wichtigeren Leuten zuzuwenden.

Nikki verdrängte den Gedanken und rief laut: „Wir sind hier – im Wohnzimmer!“

Sam blieb im Türrahmen stehen und betrachtete amüsiert die kleine Szene. „Nikki! Was machst du denn hier?“

Sie packte Jack an den Trägern seiner Latzhose und zog ihn vorsichtig zu sich her. „Hat dir Laura nichts von ihrer Kreuzfahrt erzählt?“

„Ach ja, die Kreuzfahrt. Stephen hat so was in der Art erwähnt. Ich hatte nur nicht mehr daran gedacht, dass das schon dieses Wochenende ist.“ Sam verschränkte die Arme vor der Brust und sah Nikki vergnügt zu. „Ich hatte mich schon gefragt, wer wohl die beiden kleinen Teufelchen solange übernimmt. Jack, mein Junge, du musst lernen, wie man den Rückwärtsgang einlegt.“

Nikki nahm den Kleinen zärtlich auf den Arm und wischte ihm die Tränen weg. Erst jetzt kam sie dazu, Sam richtig anzusehen, und ihr Herz begann sofort schneller zu schlagen. Die engen Jeans und das kurzärmelige T-Shirt brachten seine sportliche Figur perfekt zur Geltung, und seine Augen waren so strahlend blau, dass Nikki in ihren Tiefen hätte versinken können. Es war schon mehrere Monate her – bei der Taufe der Zwillinge –, seit sie Sam zum letzten Mal gesehen hatte. Doch die Wirkung, die er auf sie ausübte, war jedes Mal dieselbe.

Anna krabbelte Sam munter entgegen, und er nahm sie schwungvoll auf den Arm. „Na, du kleiner Wirbelwind? Wie macht sich Nikki denn als Ersatzmama?“ Er lächelte nun so jungenhaft charmant, dass Nikki ein leichtes Prickeln überlief. „Wie geht es dir, Nikki? Kommst du zurecht mit den beiden?“

Nikki hätte sich eher die Zunge abgebissen, als Sam zu verraten, dass sie vorhin selbst den Tränen nahe gewesen war. „Großartig“, sagte sie stattdessen. „Sieht man das nicht?“

„Doch, doch. Und wie oft hat Laura schon angerufen?“

„Erst ein Mal, kurz nachdem sie an Bord gegangen sind.“

„Das wundert mich. Wie ich Laura kenne, ruft sie bestimmt noch zigmal an, um sich zu vergewissern, ob auch alles in Ordnung ist.“

„Das braucht sie gar nicht. Sie hat mir eine Liste mit Instruktionen hinterlassen. Wenn du sie sehen willst, sie klebt am Kühlschrank.“

Da musste Sam lachen. „Typisch Laura. Mich wundert nur, dass sie nicht gleich ein ganzes Buch über Babypflege geschrieben hat.“

Nikki stimmte in sein Lachen ein, und die Spannung, die sie anfangs in Sams Nähe verspürt hatte, war verschwunden. „So schwer ist das gar nicht. Man merkt sehr schnell, was die Kleinen brauchen – und im Moment ist das einfach nur Schlaf. Während ich sie ins Bett bringe, kannst du dir ja die Spülmaschine ansehen.“

Als Nikki ihm Anna abnahm, berührte sie leicht seinen Arm, was sofort ein elektrisierendes Prickeln bei ihr auslöste. Nikki war froh, ins Kinderzimmer verschwinden zu können, denn Sam durfte auf keinen Fall merken, welche Wirkung er auf sie hatte.

Nikki konnte sich gar nicht erklären, woher diese starke Anziehungskraft kam. Schon damals vor zwei Jahren, als sie Sam auf Lauras Geburtstagsparty kennen lernte, hatte Nikki gemerkt, dass sie auf ihn reagierte, hatte das Gefühl jedoch verdrängt, da sie zu diesem Zeitpunkt mit Thorpe verlobt gewesen war.

Nachdem Nikki die Babys schlafen gelegt hatte, ging sie zurück in die Küche und fand Sam auf dem Boden vor der Spülmaschine. Die Frontplatte war abgeschraubt, und Sam hantierte im Inneren der Maschine herum.

„Und – wie sieht es aus? Hast du den Fehler schon gefunden?“

„Noch nicht. Der Abfluss ist jedenfalls nicht verstopft. Ich glaube, mit dem Wasserkreislauf ist etwas nicht in Ordnung.“

„Meinst du, du kriegst das wieder hin?“

„Weiß ich noch nicht. Kommt darauf an, wie groß der Schaden ist.“

„Na, dann viel Glück.“ Obwohl Nikki sich vorgenommen hatte, endlich mit ihrer Arbeit fürs Immobilienbüro zu beginnen, schien eine übersinnliche Kraft sie förmlich auf der Stelle festzunageln. „Wie wär’s mit einer Tasse Kaffee? Ich wollte mir gerade welchen machen.“

„Danke, später.“ Sam schob die Hände weiter in die dunkle Öffnung hinein, und es ertönte ein lautes Knirschen. „Wie geht es dir, Nikki? Ist schon eine ganze Weile her, dass wir uns zum letzten Mal gesehen haben.“

Nikki zuckte die Schultern. „So lange nun auch wieder nicht.“

„Es sind genau drei Monate“, erklärte Sam. „Wir haben uns zum letzten Mal bei der Taufe von Anna und Jack gesehen. Du hast Anna im Arm gehalten und ich Jack, weißt du noch?“ Sam lachte leise. „Ich erinnere mich noch genau daran, wie du dich darüber aufgeregt hast, dass Laura ausgerechnet einen Heiden wie mich als Paten für ihre Kinder ausgesucht hat.“

Natürlich erinnerte sich Nikki noch an diesen Tag, doch sie hatte keine Lust, mit Sam zu diskutieren. Stattdessen nahm sie die Kaffeekanne aus dem Schrank und füllte sie mit Wasser. „Wie geht es Inga? Oder war es Elsa? Ich meine die blonde Frau, die du damals mitgenommen hattest. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel, dass ich mir die Namen deiner vielen Freundinnen nicht merken kann.“

Sam antwortete nicht, sondern lächelte nur, und Nikki deutete das als Zeichen, dass er wohl auch nicht mehr genau wusste, mit wem er damals gerade zusammen gewesen war. Das überraschte Nikki nicht. Sam hatte eine Vorliebe für hoch gewachsene Blondinen, die einander so ähnlich sahen, dass man sie kaum auseinander halten konnte.

„Und was ist mit dir?“, fragte er. „Bist du immer noch mit diesem Börsenmakler zusammen?“

„Lebensmittelhändler“, korrigierte Nikki. „Der Börsenmakler war davor. Aber den Lebensmittelhändler gibt’s inzwischen auch nicht mehr. Im Moment bin ich mit einem Banker befreundet.“

Sam rüttelte kräftig an irgendetwas, und es krachte laut. „Ich hasse es, wenn ich Antiquitäten reparieren soll! Dieses Ding ist mindestens zehn Jahre alt. Würde mich nicht wundern, wenn der Motor eingerostet ist.“ Er blickte kurz zu Nikki auf. „Wie mir scheint, hast du deine geplatzte Hochzeit doch noch nicht verkraftet, stimmt’s?“

Nikki ärgerte sich darüber, dass Sam versuchte, in ihrem Seelenleben zu forschen. „Oh, beschäftigst du dich neuerdings mit Psychologie?“, erwiderte sie schnippisch. „Wenn du es genau wissen willst – ich denke nicht einmal mehr an Thorpe. Reicht das als Antwort?“

Doch Sam schüttelte den Kopf. „Das glaube ich dir nicht, Nikki. Ich erinnere mich noch genau daran, wie du ihm vor allen Leuten vor der Kirche eine Szene gemacht und ihn schließlich zum Teufel gejagt hast – das war einfach himmlisch!“

Nikki gab Kaffee in den Filter und schaltete die Maschine ein. „Ich habe ihm keine Szene gemacht, sondern lediglich meinen Standpunkt klargemacht.“

„Du hast getobt wie eine Furie, das weißt du ganz genau. Aber dafür hattest du auch allen Grund. Und wenn ich ehrlich bin, bewundere ich dich sogar dafür. So viel Courage besitzen nur die wenigsten Menschen, das kannst du mir glauben.“

„Das hat nichts mit Courage zu tun“, wandte Nikki ein. „Was würdest du denn tun, wenn sich dein Bräutigam am Abend vor der geplanten Hochzeit mit einem Haufen Callgirls amüsiert hätte?“

„Das waren keine Callgirls, sondern exotische Tänzerinnen.“

„Dass kommt doch aufs Gleiche raus.“

„Wie dem auch sei, ich finde es gut, dass du den Mut hattest, die Hochzeit abzublasen. Schließlich war auch Laura mit betroffen, und sie hatte sich so auf die Doppelhochzeit gefreut.“

Es krachte erneut, und Sam fluchte unterdrückt. „Mist, ich glaube, ich weiß jetzt, wo der Fehler liegt … Ist das mein Handy oder deins?“

Nikki war derart mit Sam beschäftigt gewesen, dass sie das Klingeln gar nicht gehört hatte. „Oh … das muss meins sein.“ Sie ging ins Schlafzimmer und nahm das Handy aus der Aktentasche. „Nikki Marshall?“

„Na endlich, ich dachte schon, du würdest nie rangehen!“, ertönte Jens aufgeregte Stimme. Jen war die Jüngste und am wenigsten Erfahrene im Team.

„Was ist denn los?“, fragte Nikki verwundert.

„Die MacIntyres sind hier und wollen den Vertrag unterschreiben, den sie mit dir ausgehandelt haben. Und ich bin im Moment ganz allein und kenne mich damit nicht aus. Kannst du nicht schnell kommen, Nikki?“

Nikki dachte kurz nach. Sie konnte die Babys unmöglich aus dem Schlaf reißen, um sie zu wichtigen Kundengesprächen mitzunehmen. Und sie allein zu lassen kam natürlich auch nicht infrage. Sie würde also nur ins Büro fahren können, wenn jemand auf die Kinder aufpasste. Sam – sie musste ihn fragen, ob er ein Auge auf die beiden werfen konnte, solange sie weg war. Nikki warf einen kurzen Blick in die Küche und sah, dass er immer noch auf dem Boden lag. Es hatte keinen Zweck, sie musste eine andere Lösung finden.

„Tut mir Leid, Jen, im Moment geht es wirklich nicht. Aber keine Angst, das kriegst du auch ohne mich hin. Also hör zu: Die Akte befindet sich in der untersten Schublade meines Schreibtischs, und die Kundennummer steht ganz oben auf der ersten Seite. Diese Nummer gibst du in den PC ein, dann hast schon den ganzen Vorgang vor dir. Dann tippst du den neuen Preis ein, den wir vereinbart haben, druckst den Vertrag aus und lässt die beiden unterschreiben.“ Nikki blickte auf die Armbanduhr. „Danach schickst du die Unterlagen per Kurier zu mir hierher, und ich checke alles noch einmal gründlich durch, bevor ich meinen Stempel und meine Unterschrift darunter setze. Hast du alles verstanden?“

Jen wiederholte Nikkis Anweisungen und notierte Lauras Adresse. „Wenn das nur gut geht“, stöhnte sie. „Hoffentlich mache ich keinen Fehler.“

Nikki versicherte Jen, dass sie sich keine Sorgen zu machen brauche, und beendete schließlich das Gespräch. Als sie zurück in die Küche kam, schraubte Sam gerade wieder die Frontplatte an. „Und – wie sieht es aus?“, fragte Nikki hoffnungsvoll.

„Nicht gut. Es müssen jede Menge Teile ersetzt werden. Das heißt, wenn die überhaupt noch zu bekommen sind, so alt, wie die Maschine ist.“

„Wieso hast du denn die kaputten Teile wieder eingebaut, wenn sie nichts mehr taugen?“

„Wegen der Kinder. Sie könnten sich daran verletzen.“

„Ach so.“ Nikki schämte sich fast dafür, dass sie nicht selbst daran gedacht hatte. „Kommst du heute Abend noch einmal vorbei?“

„Nein, ich hab’ schon eine Verabredung.“

„Mit Elsa oder Inga?“, fragte Nikki spöttisch und merkte sofort, wie dumm diese Frage war. Wie konnte sie nur so neugierig sein!

„Weder noch. Warum fragst du?“

Nikki dachte an die vielen gertenschlanken Blondinen, die in Sams Leben ein und aus zu gehen schienen, und konnte nicht umhin, eine weitere spitze Bemerkung hinzuzufügen. „Weißt du überhaupt, was das Wort Verpflichtung bedeutet?“

„Wenn man im Glashaus sitzt, sollte man nicht mit Steinen werfen, Nikki. Wie viele Freunde hast du denn schon seit deiner Trennung von Thorpe gehabt?“

„Auf jeden Fall nicht so viele wie du Freundinnen.“

„Aber länger als vier Wochen hast du es nie mit einem ausgehalten, stimmt’s?“

„Nein“, gab Nikki zu. „Du bist in dieser Hinsicht aber auch nicht besser, also kritisier mich nicht.“ Nikki schenkte sich Kaffee ein und trank einen Schluck. „Dann sehen wir uns also morgen wieder, wenn du deinen Kaffee doch nicht willst.“

„Ich weiß nicht, ob ich bis morgen alle Teile zusammenhabe.“ Sam stand auf und wischte sich die Hände ab. „Und was den Kaffee betrifft – ich glaube, du hättest eher ein Mittagsschläfchen nötig als Koffein.“

Nikki lächelte verlegen. „Ich weiß, ich sehe schrecklich aus. Aber zum Schlafen habe ich keine Zeit. Ich habe Arbeit mitgenommen, die bis Montag erledigt sein muss. Einer meiner neuen Kunden sucht ein großes Haus hier in der Gegend, und ich muss noch eine Liste mit möglichen Objekten für ihn zusammenstellen. Und der ist ganz schön anspruchsvoll, das kann ich dir sagen. Soweit ich weiß, ist er geschieden und Geschäftsführer eines Automobilunternehmens.“

„Na, dann viel Spaß“, meinte Sam lächelnd, nahm seine Sachen und verschwand.

Am Sonntag fühlte Nikki sich erheblich besser. Sie hatte gemerkt, dass man sehr schnell an Routine gewann, wenn man sich den ganzen Tag mit kleinen Kindern und dem Haushalt beschäftigte. Alles ging ihr viel schneller von der Hand als die zwei Tage zuvor, und auch Anna und Jack waren bei weitem nicht so quengelig wie in den ersten Tagen.

Als Sam wiederkam, hatten Anna und Jack bereits ein Schläfchen hinter sich und saßen gerade beim Essen in ihren Hochstühlen. Sam begrüßte Nikki und die Kleinen, dann ging er mit einer großen Tüte Ersatzteile in die Küche und begann die Frontplatte der Spülmaschine abzuschrauben.

„Wie geht es euch?“, rief er Nikki dabei von der Küche aus zu. „Kommst du klar mit den beiden?“

„Natürlich! Nicht wahr, Kinder?“

Anna jauchzte vergnügt, und Jack versuchte, das Karottenstückchen, das an seinem Finger klebte, abzuschütteln.

„Wann kommen Laura und Stephen eigentlich zurück?“

Nikki blickte auf die Armbanduhr. „In genau sechs Stunden.“

Autor

Leigh Michaels
Leigh Michaels ist die Autorin von über 70 Romanen für Harlequin. Mehr als 27 Millionen Kopien ihrer Bücher sind weltweit gedruckt und in 20 Sprachen übersetzt worden. Fünf ihrer Bücher waren Finalisten bei den RITA® - Verleihungen. Sie hat den “Reviewers Choice award” für Family Secrets, den Robert Bliss Award...
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