Endlich ein Paar!

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Schon lange wartet Domenica auf einen Heiratsantrag des charismatischen Selfmade-Millionärs Andrew Keir. Leider vergeblich! Enttäuscht bricht sie zu einem Trip nach Europa auf, um sich abzulenken. Wie wird Andrew reagieren, wenn er von ihrer Abreise hört?


  • Erscheinungstag 11.09.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733774547
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Das Anwesen wurde Lidcombe Peace genannt, war knapp einen Quadratkilometer groß und lag im Razorback Range, nur etwa eine Stunde Fahrt südlich von Sydney in Richtung Southern Highlands. Das Gebäude lag auf einem Hügel. Es war von einer breiten umlaufenden Veranda umgeben und hatte cremefarbene Wände und ein Schindeldach, die an diesem herrlichen Sommertag in der Sonne schimmerten.

Die junge Frau, die auf der Veranda stand und auf ihn wartete, war genauso elegant wie das Haus und wirkte auf Andrew Keir, als würde sie auf dieses Anwesen gehören. Und das tat sie natürlich auch – oder hatte es früher einmal. Sie musste Domenica Harris sein, deren Eltern das Haus gebaut hatten. Das Anwesen befand sich allerdings schon wesentlich länger im Besitz ihrer Familie.

Als Tochter des bekannten Historikers Walter Harris und seiner Frau Barbara, die gute Beziehungen zu höheren Kreisen unterhielt, hatte Domenica eine privilegierte Kindheit gehabt und war auf die richtigen Schulen gegangen. Sie wartete nur deswegen mit den Schlüsseln auf ihn, weil sich nach dem Tod ihres Vaters herausgestellt hatte, dass es doch nicht so gut um das Vermögen der Familie stand, und ihre Mutter und sie Lidcombe Peace verkaufen mussten.

Als Andrew aus dem Wagen stieg und zur Veranda ging, musste er sich eingestehen, dass er noch nie einer Frau begegnet war, die so bezaubernd war wie sie.

Domenica war groß und hatte dunkles, langes Haar, blaue Augen und eine zarte Haut. Sie trug einen Strohhut und ein dreiviertellanges, durchgeknöpftes Kleid in einem aparten Roséton, das ihre perfekte Figur und ihre langen Beine betonte, dazu flache Schuhe, die farblich perfekt zu dem Kleid passten. In einer Hand hielt sie einen braunen Umschlag.

Andrew ertappte sich dabei, wie er ihre wohlgerundeten Brüste betrachtete.

Schließlich kam sie auf ihn zu und streckte ihm die Hand entgegen. „Mr Keir? Ich bin Domenica Harris. Guten Tag. Erst wollte ich meinen Anwalt schicken, aber dann bin ich doch selbst gekommen. Willkommen auf Lidcombe Peace. Auf dass Sie viele glückliche Jahre hier verbringen mögen!“

Andrew kniff die Augen leicht zusammen und fragte sich, warum es ihm zu schaffen machte, dass sie überhaupt nicht traurig klang.

„Guten Tag, Miss Harris“, erwiderte er und schüttelte ihr die Hand. „Es ist sehr nett von Ihnen, dass Sie sich die Mühe gemacht haben. Hoffentlich ist es nicht zu schmerzlich für Sie.“

Domenica betrachtete Andrew Keir nachdenklich. Über einen Makler hatten dieser Mann und sie einen erbitterten Streit ausgefochten. Und sie hatte sein Angebot nur angenommen, weil sie ganz schnell einen Teil des familieneigenen Anwesens verkaufen musste, um ihre Mutter vor dem Bankrott zu bewahren.

Daher hatte sie sich ihn wesentlich älter vorgestellt. Er war aber höchstens Mitte dreißig. Und er war groß, hatte dichtes dunkles Haar und trug einen perfekt sitzenden hellgrauen Anzug mit einem marineblauen Hemd und einer etwas helleren Krawatte. Mit seinen breiten Schultern und den schmalen Hüften war er ein Mann, der sich von der Masse abhob. Das Auffallendste an ihm waren jedoch seine dunkelgrauen Augen.

„Wahrscheinlich bin ich realistisch, Mr Keir“, erwiderte sie schließlich kühl. „Wir haben dieses Anwesen als Urlaubsdomizil genutzt, und mein Vater, der es von seiner Mutter geerbt hatte, war der Einzige, der daran hing.“

„Und woher hat es seinen Namen?“, erkundigte sich Andrew Keir.

Domenica lächelte. „Meine Großmutter war eine gebürtige Lidcombe, und ihre Lieblingsrosensorte war die ‚Peace‘.“ Sie deutete auf die Rosenbüsche vor der Veranda. „Wir haben die Tradition weitergeführt, obwohl das Haus erst nach ihrem Tod erbaut wurde.“

„Sie sind schön“, bemerkte er. „Dann werden Sie es also nicht so vermissen?“

Domenica schloss die schwere Flügeltür auf und öffnete sie. „Ein bisschen schon. Allerdings bin ich momentan sehr beschäftigt. An Urlaub ist nicht zu denken.“

„Und was machen Sie beruflich?“

Sie warf ihm einen Blick zu und betrat vor ihm die Eingangshalle. „Ich entwerfe Kinderkleidung und habe ein eigenes Label, das inzwischen sehr erfolgreich ist. Deswegen spiele ich mit dem Gedanken, auch Sportkleidung für Frauen zu entwerfen.“

Andrew musste sich eingestehen, dass er überrascht war, denn er hatte sich Domenica Harris als Dame der Gesellschaft vorgestellt. „Entschuldigung, aber warum habe ich eigentlich mit Ihnen verhandelt?“, fragte er, als er das Haus betrat. „Das Anwesen gehörte doch Ihrer Mutter, oder?“

Domenica legte ihren Hut auf einen antiken Mahagonitisch. „Meine Mutter und meine Schwester Christabel sind wundervolle Menschen, aber nicht besonders geschäftstüchtig. Und das war Dad auch nicht.“ Einen Moment lang wirkte sie traurig, dann lächelte sie ironisch. „Ich weiß nicht, von wem ich meinen Geschäftssinn geerbt habe. Jedenfalls habe ich Handlungsvollmacht. So, hier habe ich eine Aufstellung aller Gegenstände“, fuhr sie sachlich fort. „Soweit ich weiß, haben Sie eine Kopie davon.“

„Stimmt.“ Er nahm einige zusammengefaltete Blätter aus der Innentasche seiner Jacke.

„Und Sie haben sich ja damit einverstanden erklärt, dass wir einige davon, die uns besonders ans Herz gewachsen sind, behalten können.“

„Ja.“

„Dann sollten wir die Liste jetzt durchgehen und sie anschließend beide unterschreiben, damit es später keine Unstimmigkeiten gibt.“

Während Andrew sie betrachtete, wurde ihm klar, warum es ihm zu schaffen machte, dass Domenica Harris nicht bekümmert wirkte. Er hätte gern Macht über sie ausgeübt, und sei es nur insofern, als sie es bitter bereute, sich von diesem Haus trennen zu müssen. Und warum? Damit sie hierher zurückkehrte und er sie besser kennenlernen konnte? Ja, überlegte er und war überrascht.

Dann stellte er fest, dass sie ihn erwartungsvoll betrachtete. Offenbar wartete sie auf eine Antwort. „Das ist eine sehr gute Idee, Miss Harris“, sagte er. „Und wenn Sie doch noch etwas davon behalten möchten, teilen Sie es mir bitte mit. Ich bin gern bereit, es Ihnen zu überlassen.“

Überrascht zog sie die Augenbrauen hoch. „Das ist sehr nett von Ihnen, aber ich glaube nicht, dass es irgendetwas gibt“, erwiderte sie langsam, als wäre sie nicht sicher, ob sie ihm glauben sollte.

„Sollen wir dann hier anfangen?“, schlug er vor.

Sie brauchten über eine Stunde, und obwohl er es schon einmal eingehend besichtigt hatte und Häuser ihm nicht so viel bedeuteten, verspürte Andrew ein gewisses Gefühl des Triumphs, dass dieses lichtdurchflutete Haus mit dem herrlichen Ausblick nun ihm gehörte.

Und es war nicht nur schön, sondern auch sehr behaglich, auch wenn eins fehlte, wie er sich eingestehen musste.

Fast als hätte sie seine Gedanken gelesen, sagte Domenica: „Sie sind nicht verheiratet, stimmt’s, Mr Keir?“

„Stimmt, Miss Harris. Aber wie kommen Sie darauf?“

Sie befanden sich im Wohnzimmer und blickten in den Garten hinaus. Domenica sah ihn an. Andrew Keir und sie standen fast Schulter an Schulter, und obwohl sie fast einen Meter achtzig maß, hätte er sie vermutlich noch überragt, wenn sie Schuhe mit hohen Absätzen getragen hätte. Er wirkte sehr selbstbewusst und außerdem topfit, nicht nur wegen seines athletischen Körperbaus, sondern auch wegen seiner Sonnenbräune. Sein Duft berauschte sie ein wenig, und der Anblick der feinen Narbe am Ende seiner linken Augenbraue berührte sie auf eine seltsame Weise.

Ein Mann in den besten Jahren, dachte sie ein wenig unbehaglich. Erst jetzt fiel ihr wieder ein, was er sie gefragt hatte.

„Oh …“ Sie zwang sich, an etwas anderes als an seinen Körper zu denken. „Wenn ich verheiratet wäre und mein Mann ein Haus gekauft hätte, dann hätte ich es mir nicht nehmen lassen mitzukommen.“ Sie lächelte und zuckte dann die Schultern. „Andererseits wäre es vielleicht einfacher gewesen, das Haus allein zu kaufen, denn eine Frau hätte womöglich vieles ändern wollen, und so wäre es teurer geworden.“

„Angenommen, ich hätte eine Frau, hätte ich sie hier bestimmt nichts ändern lassen, Miss Harris.“

Wieder zog Domenica die Augenbrauen hoch. „Wirklich?“

Dieses eine Wort klang sehr überheblich. „Wirklich“, bestätigte Andrew lässig und fügte hinzu: „Es gefällt mir, so wie es ist.“

„Oh.“ Sie blickte sich um. „Na ja …“ Erneut sah sie ihn an – ein wenig geistesabwesend. „Es geht mich sowieso nichts an.“ Sie streckte ihm die Hand entgegen. „Bestimmt möchten Sie sich noch ein wenig allein umsehen. Daher lasse ich Sie jetzt allein. Die anderen Schlüssel hängen in der Speisekammer am Haken.“

Statt ihr die Hand zu schütteln, erkundigte er sich: „Würden Sie mit mir zu Mittag essen, Miss Harris? Ich bin auf dem Weg hierher an einem Restaurant vorbeigekommen, das ganz nett aussah. Ich wollte ohnehin nicht länger hier bleiben.“

Domenica zögerte und runzelte die Stirn. „Das ist sehr nett von Ihnen, aber … nein, ich muss zurück ins Büro.“ Nachdem sie einen Blick auf ihre Armbanduhr geworfen hatte, fügte sie mit einem flüchtigen Lächeln hinzu: „Danke, aber ich muss wirklich los.“

„Essen Sie denn nie zu Mittag?“

„Doch, allerdings nur eine Kleinigkeit auf die Schnelle.“

„Wie wäre es dann mit Abendessen?“, schlug er vor.

Sie schwieg und suchte verzweifelt nach einer Ausrede. Allerdings fiel ihr keine ein.

„Es sei denn, Sie essen auch abends immer nur eine Kleinigkeit auf die Schnelle“, bemerkte Andrew Keir.

Domenica zuckte insgeheim zusammen und fragte sich, warum sie diesen Mann nicht unbedingt wiedersehen wollte. Schließlich wurde ihr klar, dass es eine instinktive Reaktion auf die unterschwellige Spannung war, die vom ersten Moment an zwischen ihnen geherrscht hatte. Andrew Keir und sie hatten sich nicht nur gemustert, sondern sich offenbar beide gefragt, was in dem anderen vorgehen mochte.

Allerdings wunderte es sie immer noch, dass sie sich darauf eingelassen hatte. Weil sie wegen der harten Verhandlungen mit ihm fest entschlossen gewesen war, ihn nicht zu mögen? Und dann hatte sie sich dabei ertappt, wie sie ihn nicht nur eingehend betrachtete, sondern auch auf die Dinge reagierte, die er auf ihrem Rundgang durchs Haus sagte – Dinge, die vielseitige Interessen und Sinn für Humor verrieten …

Oder lag es schlichtweg an seinem Sex-Appeal? Es war unmöglich, sich seiner magnetischen Anziehungskraft zu entziehen, die ihr ihre Weiblichkeit besonders bewusst machte. Verblüfft über diese Gedanken, die so untypisch für sie waren, entschied Domenica, dass es umso wichtiger war, so schnell wie möglich vor Andrew Keir zu fliehen.

„Nein, ich nehme nicht alle Mahlzeiten auf die Schnelle ein, Mr Keir. Aber obwohl ich Ihnen sagte, dass ich realistisch bin, ist es auch nicht so einfach für mich, Lidcombe Peace an einen neuen Eigentümer zu übergeben. Deswegen ist es wohl besser, wenn unsere Wege sich jetzt trennen.“ Und das stimmt teilweise auch, fügte sie im Stillen hinzu.

Der Ausdruck, der daraufhin in seine Augen trat, war allerdings unverschämt und skeptisch zugleich, sodass sie plötzlich unsicher war. Denn Andrew Keir hatte erraten, welche Wirkung er auf sie ausübte. Dieser verdammte Kerl, schimpfte sie insgeheim. Für wen hält er sich eigentlich?

Energisch hob sie das Kinn, betrachtete ihn ruhig und fuhr kühl fort: „Also auf Wiedersehen, Mr Keir. Ich glaube nicht, dass unsere Wege sich noch einmal kreuzen müssen. Sollten Sie irgendwelche Probleme haben, kann mein Anwalt sich darum kümmern.“ Sie nahm ihren Hut vom Tisch und verließ hoch erhobenen Hauptes das Haus.

Auch auf dem Weg zu ihrem Wagen ließ sie sich nicht anmerken, dass sie nicht nur verärgert, sondern sich seiner Blicke überdeutlich bewusst war und daher ein erregendes Prickeln verspürte. Erst als sie den Schlüssel im Zündschloss drehte, ließ sie ihren Gefühlen freien Lauf – es passierte nämlich nichts.

„Spring an, du blödes Ding!“, fluchte sie und versuchte es wieder. Aber der Motor gab keinen Laut von sich, und sie musste an sich halten, um nicht mit den Fäusten aufs Lenkrad zu trommeln.

Andrew, der auf der Veranda stand und die Hände in die Hosentaschen geschoben hatte, lächelte schadenfroh, als Domenica Harris aus ihrem Wagen sprang und temperamentvoll die Tür zuknallte.

„Es ist der Anlasser“, erklärte Andrew wenige Minuten später. „Komisch, dass Sie vorher keine Probleme damit hatten.“

Domenica, die immer noch vor Wut schäumte, überlegte einen Moment, während sie sich mit ihrem Strohhut Luft zufächelte. „Jetzt, da Sie es sagen, fällt mir ein, dass er in letzter Zeit komische Geräusche von sich gegeben hat. Können Sie das beheben?“

Andrew ließ sich Zeit mit der Antwort, weil er sich köstlich über ihre herablassende Art amüsierte und außerdem nicht vorhatte, den Schaden zu beheben, selbst wenn er es durchaus gekonnt hätte. „Leider nein. Aber ich nehme Sie gern mit in die Stadt, Miss Harris.“ Er wischte sich die Hände in seinem Taschentuch ab und schloss die Motorhaube. „Allerdings bin ich halb verhungert.“

Sie betrachtete ihn frustriert.

„Ich könnte den Wagen auch bis zur nächsten Werkstatt abschleppen. Dann können Sie ihn reparieren und wieder hierher bringen lassen“, fügte er hinzu.

Domenica betrachtete seinen Range Rover. Zweifellos würde es ihm keine Probleme bereiten, ihre schäbige Limousine damit abzuschleppen. „Verlassen Sie sich nicht darauf, dass das Schicksal immer auf Ihrer Seite ist, Mr Keir“, brachte sie hervor.

„Bestimmt nicht“, erwiderte er. „Aber sicher fühlen Sie sich besser, wenn Sie etwas Anständiges essen, Miss Harris.“

Das Restaurant hatte auch einen Garten. Unter einer mit Wein berankten Pergola, die an diesem heißen Sommertag Schatten spendete, standen mehrere gedeckte Tische, und Domenica und Andrew nahmen an einem davon Platz. In der Hecke, die den Garten zur Straße hin abschirmte, sangen Vögel, und im Gras zirpten die Zikaden.

Andrew hatte eine Karaffe Wein bestellt, die sie mitei nander teilten, und sowohl dieser als auch das Essen, Steak und Nierenpastete, hoben Domenicas Stimmung. Domenica hatte sogar das Gefühl, dass sie ziemlich unhöflich gewesen war, und versuchte, dies wieder gutzumachen. Nachdem sie mit ihm über allgemeine Themen wie Sport, Literatur und Politik geplaudert hatte, ertappte sie sich plötzlich dabei, wie sie ihm von ihrer Firma erzählte.

„Es sind Mädchensachen, und die Marke heißt ‚Primrose‘“, sagte sie. „Unsere Zielgruppe ist zwischen vier und zwölf, denn das ist genau das Alter, in dem Mädchen noch verspielte Sachen anziehen.“

Andrew zog fragend eine Augenbraue hoch.

Sie lächelte. „Teenager laufen entweder im Grunge-Look herum oder versuchen, so erwachsen wie möglich zu wirken.“

„Woher wissen Sie das? Durch Marktforschung?“

„Nein. Aus meiner eigenen Kindheit und indem ich die Augen offen halte.“

„Und wie haben Sie angefangen? Mit einer alten Nähmaschine in der Garage?“

„Wohl kaum.“ Domenica verzog das Gesicht. Als ihre Blicke sich begegneten, glaubte sie einen ätzenden Ausdruck in seinen Augen zu erkennen. Sie runzelte die Stirn, doch da Andrew nichts erwiderte, fuhr sie fort: „Nach meinem Designstudium habe ich mich mit einer Freundin zusammengetan, die viel besser näht als ich. Nachdem wir uns erkundigt hatten, wo es eine Marktlücke geben könnte, haben wir ein Atelier gemietet, einige Näherinnen eingestellt und sind in Produktion gegangen. Ich mache die Entwürfe und kümmere mich ums Marketing und alles andere Geschäftliche, und sie überwacht die Herstellung.“

„Das klingt sehr professionell“, bemerkte Andrew leise. „Und woher hatten Sie das Startkapital?“

„Meine Großmutter väterlicherseits hat mir ein kleines Vermögen hinterlassen, aber ich habe auch einen Kredit beantragt. Den habe ich allerdings zurückgezahlt, und wir arbeiten nun mit ständig wachsendem Gewinn. Noch ist er nicht besonders groß, aber das wird sich wohl bald ändern, denn ich konnte zwei große Kaufhäuser als Kunden gewinnen.“

„Sie scheinen sehr geschäftstüchtig zu sein, Miss Harris“, sagte er.

„Danke.“ Plötzlich seufzte Domenica. „Ich wünschte nur …“ Sie verstummte und trank einen Schluck Wein.

„Es interessiert mich“, meinte er. „Als jemand, der mit einem alten Lieferwagen im Outback angefangen und darauf ein großes Transportunternehmen aufgebaut hat, bewundere ich Ihren gesunden Menschenverstand und Ihren Geschäftssinn.“

Domenica vergaß, was sie eigentlich hatte sagen wollen, weil ihr etwas anderes einfiel. „Keir … Sie sind doch nicht etwa der Keir – Keir Conway Transport?“

Andrew nickte amüsiert.

„Du meine Güte, warum bin ich nicht gleich darauf gekommen?“ Sie warf ihm einen scharfen Blick zu. „Wenn ich das gewusst hätte, dann hätte ich eine wesentlich größere Summe für Lidcombe Peace verlangt.“

„Das hätte Ihnen auch nichts genützt, Miss Harris. Ich habe den Preis gezahlt, den ich für angemessen hielt.“

Domenica betrachtete ihn nachdenklich. „Ich hatte gleich das Gefühl, dass es keine gute Idee ist.“

Um seine Mundwinkel zuckte es. „Was? Mit mir zu Mittag zu essen?“

„Genau“, bestätigte sie.

„Darf ich Ihnen einen Rat geben?“ Er wirkte noch immer amüsiert. „Bedauern Sie nichts, was bereits geschehen ist und was Sie nicht ändern können. Und den Rat gebe ich Ihnen übrigens nicht nur als Privatperson, sondern auch als Geschäftsmann. Es hätte womöglich Jahre gedauert, bis Sie den Preis für Lidcombe Peace bekommen hätten.“

Sie schob ihren Teller weg und zuckte die Schultern. „Schon möglich. Ich hatte ja auch keine andere Wahl. So, Mr Keir“, fügte sie in dem Tonfall hinzu, den ihre Mutter in solchen Situationen anschlug, „vielen Dank für das Essen, aber ich muss jetzt wirklich …“

„Sparen Sie sich das vornehme Getue, Domenica“, unterbrach Andrew sie trocken.

Starr blickte sie ihn an. „Ich weiß nicht, was Sie meinen.“

„O doch, das wissen Sie. Außerdem habe ich Kaffee bestellt.“

Domenica wirkte verblüfft. „Falls Sie damit andeuten wollen, dass ich …“

„Dass Sie versuchen, mich in meine Schranken zu weisen? Dass sie sich in einen vornehmen Akzent und bestimmte Phrasen flüchten, die das niedere Volk an seinen Platz verweisen?“, ergänzte er lässig. „Ja, genau das tue ich. Ihnen ist es vielleicht nicht bewusst, aber es ist nicht nur das. Sie sehen durch mich hindurch, als würde ich gar nicht existieren.“

Sie stieß einen entgeisterten Laut aus.

„Außerdem“, fuhr er ebenso lässig fort, „weiß ich genau, wie es um die Finanzen Ihrer Mutter bestellt ist. Mit dem Verkauf von Lidcombe Peace können Sie zwar das Schlimmste abwenden, aber nicht all ihre Probleme lösen.“

Noch immer betrachtete sie ihn entgeistert.

„Ich weiß zum Beispiel, dass Ihre Mutter eine Hypothek auf ihr Haus aufgenommen hat, um einige Fehlinvestitionen Ihres Vaters aufzufangen. Mit dem Erlös aus dem Verkauf von Lidcombe Peace wird sie lediglich diese Hypothek und die ausstehenden Zinsen tilgen können.“

„Wie … wie …?“ Wie können Sie es wagen?, hatte Domenica sagen wollen, überlegte es sich jedoch anders. „Ich habe keine Ahnung, woher Sie das alles wissen, aber falls Sie glauben, Sie würden mir dadurch sympathischer werden, irren Sie sich gewaltig! Ich …“ Sie verstummte verzweifelt, weil in diesem Moment die Kellnerin an ihren Tisch kam, um den Kaffee zu servieren und die Teller abzuräumen.

„Es spielt wahrscheinlich keine große Rolle, ob wir uns mögen oder nicht“, bemerkte Andrew, während er ihnen Kaffee einschenkte.

Domenica, die gerade ein Stück von dem Konfekt hatte nehmen wollen, das die Kellnerin mit dem Kaffee serviert hatte, verharrte mitten in der Bewegung. „Was soll das denn heißen?“

Andrew antwortete nicht, sondern ließ den Blick von ihrem wundervollen Haar zu ihrem Hals und anschließend tiefer gleiten. Sie hatte sehr schmale Hände, wie er feststellte, und an einer Hand trug sie einen geflochtenen Goldring. Schließlich ließ er den Blick zu ihrem Mund schweifen und betrachtete diesen schweigend.

Domenica legte die Hand in den Schoß und unterdrückte einen Schauer. Sie wusste genau, was Andrew Keir meinte. Bisher hatte sie es zwar geschafft, es zu ignorieren, doch ein Blick von ihm hatte genügt. Gegenseitige Sympathie hatte nichts damit zu tun, wenn eine Frau sich der Nähe eines Mannes körperlich bewusst war. Und genau das war bei ihr wieder der Fall gewesen, als Andrew seine Anzugjacke ausgezogen hatte, um das Abschleppseil an ihrem Wagen zu befestigen. Obwohl er sich dabei kaum anstrengte, war sie sich überdeutlich des Spiels seiner Muskeln unter seinem Hemd bewusst.

Und in der Werkstatt stand sie schweigend und seltsam hilflos daneben, während er mit dem Mechaniker alles regelte. Selbst beim Essen machte der Anblick seiner Hände und Handgelenke ihr schwer zu schaffen. Andrew hatte wieder seine Anzugjacke ausgezogen, sodass sie unwillkürlich seine gebräunten, mit feinen Härchen bedeckten Arme betrachtete. Er trug eine schlichte Uhr mit Lederarmband und hatte kräftige, aber schöne Hände. Bei dem Gedanken hatte sie sich einige Male ertappt.

Nun wurde ihr allerdings klar, dass sie ihm irgendwie glaubhaft machen musste, wie wichtig es war, einen Mann zu mögen – zumindest für sie. Domenica presste die Lippen zusammen und beschloss, ehrlich zu sein. „Für so etwas bin ich nicht zu haben, Mr Keir.“

„Für gegenseitige Anziehungskraft und Bewunderung?“, erkundigte sich Andrew lässig.

Sie zögerte kurz und warf ihm dann einen vielsagenden Blick zu. „Nein, nicht mit Leuten, mit denen ich Geschäfte mache. Und nicht mit Leuten, die ich nicht mag. Aber vor allem nicht mit Leuten …“

„Mit Männern, meinen Sie, oder?“, warf er ein.

Domenica zuckte die Schultern. „Na gut, mit Männern, die ich überhaupt nicht kenne!“

„Das ist löblich“, bemerkte er. „Ich bewundere Sie sogar, Miss Harris. Aber ich schlage ja nicht vor, dass wir ins Bett hüpfen, sondern nur, dass wir uns besser kennenlernen.“

Sie spürte, wie sie errötete, ignorierte es allerdings und antwortete kühl: „Danke, aber kein Interesse. Und auch wenn Sie nicht vorschlagen, dass wir ins Bett hüpfen, Ihre Blicke besagen genau das Gegenteil. Und das finde ich … inakzeptabel.“

Andrew lachte, und dabei funkelten seine Augen auf eine Weise, die ihr den Atem verschlug. „Es würde mich überraschen, wenn die meisten Männer Sie nicht so ansehen würden, Domenica.“

Wütend blitzte sie ihn an. „Im Gegenteil, Mr Keir, die meisten Männer haben etwas bessere Manieren.“

Er verzog den Mund. „So wissen Sie wenigstens, wo Sie bei mir stehen, Domenica. Soweit ich weiß, besitzt Ihre Mutter noch eine Immobilie – ein Lagerhaus in Blacktown.“

„Ja.“ Domenica blinzelte, verwirrt über den Themenwechsel. „Sie hat es an einen Partyservice verpachtet. Und?“

„Verkaufen Sie es.“

Entgeistert blickte sie ihn an. „Warum? Durch die Pacht hat sie wenigstens ein geregeltes Einkommen.“

„Es ist Ihnen vielleicht nicht klar, aber Sie sitzen auf einer kleinen Goldmine. In der Nähe ist eine neue Straße geplant, und mehrere Firmen in der Nähe stehen vor der Frage, ob sie ihren Sitz verlegen sollen. Aber verkaufen Sie es für keinen Penny weniger als diese Summe.“ Andrew nahm einen Füllfederhalter aus seiner Hemdtasche und schrieb eine Zahl auf die Rückseite der Rechnung, die die Kellnerin mit dem Kaffee gebracht hatte.

Starr betrachtete Domenica die Summe. Schließlich schluckte sie und sah zu ihm auf. „Sie machen Witze!“, sagte sie heiser. „Ich kenne den Schätzwert …“

Mit einer ungeduldigen Geste brachte er sie zum Verstummen. „Die Dinge ändern sich. Es ist ein guter Standort, der durch die neue Straße noch aufgewertet wird. Und Sie werden in der Lage sein, mehrere potenzielle Käufer gegeneinander ausspielen zu können. Glauben Sie mir.“

„Woher … woher wissen Sie das alles?“, erkundigte sie sich nach einer langen Pause.

Er lächelte schwach. „Ich habe meine Hausaufgaben gemacht.“

„Sie … Sie sind nicht zufällig an einem Kauf interessiert, oder?“

„Nein, Domenica, bestimmt nicht. Glauben Sie, ich würde Ihnen raten, diese Summe zu verlangen, wenn ich es wäre?“

Einen Moment lang blickten sie sich starr an, Domenica angespannt, Andrew eher spöttisch. Schließlich sagte sie ein wenig verlegen: „Ich kann mir nur nicht erklären, warum Sie sich, nur weil Sie Lidcombe Peace kaufen wollten, so eingehend über uns erkundigt haben sollten.“

Andrew antwortete nicht sofort. Schließlich zuckte er die Schultern. „Es war wichtig hinsichtlich des Kaufpreises.“

„Sie sagten, Sie …“ Ihre Stimme bebte. „… Sie hätten den Preis gezahlt, den Sie für angemessen hielten.“

„Ja. Unter Berücksichtigung aller Fakten.“

Ihre Verlegenheit wich unverhohlener Verachtung. Er sah es am Ausdruck in ihren Augen und an der Art, wie Domenica die Lippen zusammenpresste. Und er wusste, wie sie reagieren würde, noch bevor sie erklärte: „Das ist abscheulich, Mr Keir. Ich nehme an, Sie meinen, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass ich in einer verzweifelten Situation war!“

Erneut zuckte er die Schultern. „Das Leben kann ziemlich hart sein, Miss Harris. Aber wenn Sie meinen Rat hinsichtlich des Lagerhauses annehmen und einen Teil des Profits investieren, wozu ich Ihnen ebenfalls raten würde, dürfte Ihre Mutter für den Rest ihres Lebens abgesichert sein. Vielleicht kann sie sogar ihren gewohnten Lebensstil beibehalten.“

Autor

Lindsay Armstrong
Lindsay Armstrong wurde in Südafrika geboren, und bis heute fasziniert sie der Kontinent sehr. Schon als kleines Mädchen wusste sie, was sie später machen wollte: Sie war entschlossen, Schriftstellerin zu werden, viel zu reisen und als Wildhüterin zu arbeiten. Letzteres ist ihr zwar nicht gelungen, aber noch immer ist sie...
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