Faszination eines Sommers

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Bezaubernde Iris! So süß und unschuldig! Der reiche und attraktive Mavrakis will die 18-jährige Klosterschülerin mit allen Mitteln daran hindern, Nonne zu werden. Den Anfang macht er mit einem sanften, aber sinnlichen Kuss. Kann er Iris dazu verführen, für immer bei ihm zu bleiben?


  • Erscheinungstag 16.06.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733757618
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Zum ersten Mal in ihrem Leben saß Iris in einer Limousine. Der Komfort und Luxus schüchterten sie ein. Das Armaturenbrett war mit Walnussholz getäfelt, die Sitze waren aus wunderschönem weichen Leder, und nur ein Schiebefenster trennte die Fahrgäste vom Chauffeur in Uniform.

Es war einfach unglaublich, dass sie hier war, im silbergrauen Wagen auf dem weiten Weg zur Westküste. Und in ihrer Obhut war der junge Sohn eines Mannes namens Dorkas Mavrakis.

Mit der griechischen Ehrfurcht vor katholischer Erziehung hatte er sich mit der Oberin des St. Clare-Klosters in Verbindung gesetzt. Er hatte gefragt, ob er eine junge Frau anstellen könne, die den Sommer über auf seinen Sohn aufpassen sollte. Drei Monate wollte er in England verbringen und seinen Sohn bei sich haben. Die junge Frau sollte Engländerin sein, damit Aleko täglich von ihrer Sprache profitierte.

Die Oberin hatte Iris für ihn ausgewählt und ihm vorgestellt. In ihrer Klosteruniform hatte sie einen ordentlichen und bescheidenen Eindruck gemacht. Nachdem er sie kurz gemustert hatte, hatte er gesagt, sie genüge ihm. Iris hatte ihr Leben lang im Kloster gewohnt. Der Grieche erschien ihr erschreckend ausländisch. Am liebsten hätte sie geantwortet, dass sie nicht wüsste, ob er ihr als Arbeitgeber willkommen war. Aber Ehrfurcht und Gehorsam waren ihr eingedrillt worden. Deshalb akzeptierte sie die Entscheidung, für ihn zu arbeiten.

Noch Tage nach dem kurzen Gespräch im Büro der Oberin blieb das Aussehen des Mannes in ihrem Gedächtnis haften, sein fester Blick, die Autorität, die ihn umgab.

Die Oberin hatte ihr mitgeteilt, dass er für ein großes Hotel an der Küste Devons verantwortlich war und die Führung eine Weile selbst überwachen wollte. Er hatte in der Nähe eine Villa gemietet, wo sie mit dem neunjährigen Aleko wohnen sollte, der keine Mutter mehr hatte.

Also war er ein Witwer, dieser Mann, der so plötzlich in ihr Leben getreten war.

„Die Mavrakis’ sind eine respektierte Familie in Griechenland“, sagte die Oberin. „Hätte ich irgendwelche Zweifel über diesen Mann, mein Kind, ich hätte seine Bitte abgelehnt. Aber du bist jetzt alt genug, das Leben draußen kennenzulernen, und du kannst dich nützlich machen, indem du auf dieses Kind aufpasst. Der Gedanke daran beunruhigt dich doch nicht?“

Iris’ Gedanken wanderten zum Vater des Jungen, und tiefe Unruhe überkam sie. Beinahe hätte sie es gesagt, doch die Oberin blickte sie mit so ruhigen Augen an, dass sie sich lächerlich vorkam.

„Natürlich wird dir anfangs alles fremd sein.“ Die Oberin stand auf, um Iris durch die Gänge des Klosters zu begleiten, dem einzigen Zuhause, das sie je gekannt hatte. Auf dem Weg über den Hof zum Tor klammerten sich Iris’ Finger um den Bügel ihrer Reisetasche. Sie war erregt und ängstlich zugleich. Hinter diesem Tor lag eine für sie unbekannte Welt. Ein Wagen wartete auf sie, um sie von den schützenden Mauern und der Führung der Nonnen wegzuholen.

„Die paar Monate fort von uns werden dir helfen, dir über die Zukunft klar zu werden.“ Das große Tor quietschte beim Öffnen. „Du musst das Recht haben, selbst zu wählen. Wie du weißt, Iris, möchte ich keinen Druck auf meine Mädchen ausüben. Der Wille, unseren Eid zu leisten, muss tief aus dem Herzen kommen. Geh hinaus in die Welt und finde die Antwort, die dich entweder zu uns zurückbringt oder dich auf einen Weg von uns fort führt.“

Iris und die Oberin gaben sich die Hand. Der Chauffeur des großen Wagens nahm ihre Reisetasche und verstaute sie im Kofferraum. Iris zitterte in der frühen Morgenluft. Ein kleiner Junge presste seine Nase ans Fenster, als ihr die Wagentür geöffnet wurde und sie ins warme Innere stieg. Die Tür schloss sich, dann das Tor des Klosters, und das Kind musterte sie mit den gleichen dunklen Augen, wie sein Vater sie hatte.

„Du bist ja gar keine Nonne“, sagte er auf Englisch. „Ich dachte, du trägst ein langes schwarzes Kleid und eine Haube auf dem Kopf.“

Iris lächelte verlegen. Sie trug einen schlichten dunkelblauen Mantel und eine Baskenmütze über ihrem kurz geschnittenen Haar. „Die Nonnentracht trage ich erst, wenn ich meinen Eid geleistet habe“, erklärte sie. „Bist du sehr enttäuscht, dass ich keine Haube aufhabe?“

Er dachte über die Frage nach und musterte sie ausgiebig. „Ich glaube, in diesen langen Kleidern könntest du nicht richtig am Strand spielen“, meinte Aleko. „Ich spiele sehr gern Volleyball. Dad und ich spielen immer zusammen. Er lässt mich so viel herumlaufen, bis ich ganz außer Atem bin.“

Iris versuchte, sich den großen Griechen beim Spielen im Sand vorzustellen. Sie konnte es sich nicht so recht ausmalen, aber er wirkte dadurch weniger einschüchternd. Da er den Jungen allein aufgezogen hatte, empfand er zweifellos tiefe Zuneigung für ihn.

Iris musterte den kleinen Jungen neben sich. Er war das genaue Ebenbild des großen Griechen, der im Büro der Oberin eine so starke männliche Autorität ausgestrahlt hatte. Sie erinnerte sich an sein dichtes schwarzes Haar und die ebenso dunklen Augenbrauen. Sie hatte den Leberfleck an einer Seite seines Kinns bemerkt und gesehen, wie tief die griechische Sonne sich in seine Haut gebrannt hatte. „Die junge Dame scheint für meinen Zweck geeignet“, hatte er gesagt. Seine dunkle, ausländische Stimme war Iris durch alle Glieder gefahren. Am liebsten hätte sie die Oberin auf der Stelle gebeten, sie nicht in seine Hände zu legen, von denen die Linke zwei goldene Ringe trug. Prahlerei, hatte sie sofort gedacht, bis sie von der Oberin erfahren hatte, dass er Witwer war und in Erinnerung an seine Frau wohl ihren Ring neben seinem trug.

Eine Frau konnte nur ein Kind haben, wenn sie sich dem Mann hingab. Iris wusste, dass gewisse Rituale stattfanden. In ihrer Unschuld war sie ziemlich entsetzt, wenn sie sich vorstellte, in den Armen eines Mannes wie Alekos Vater zu liegen, der Gnade seiner harten Lippen und seiner männlichen Leidenschaft ausgeliefert zu sein. Ihre Haut wurde warm, als sie versuchte, diesen Gedanken abzuschütteln. Noch nie war sie jemandem begegnet, der solche Vorstellungen in ihr erweckt hatte. Am liebsten hätte sie sich bekreuzigt.

Als der große Wagen Iris und den Jungen immer weiter vom Kloster fortbrachte, gestand sie sich ein, dass sie noch viel übers Leben lernen musste. Ein paar Monate draußen in der Welt würden zeigen, ob sie für ein Leben als Nonne geeignet war oder nicht.

„Es dauert viele Stunden, bis wir zu Dads Hotel kommen“, unterbrach der kleine Junge plötzlich ihre Gedanken. „Wir müssen ganz durch London fahren und kommen am Parlamentshaus vorbei. Ist das nicht toll? Wie soll ich dich eigentlich nennen?“

„Ich heiße Iris.“ Ein Lächeln trat in ihre Augen, als Aleko auf dem Rücksitz entlang rutschte, bis sein kleiner Körper ihren berührte.

„Das ist doch ein Blumenname.“

„Ich weiß. Aber hier in England tragen Mädchen manchmal Namen von Blumen.“

„Ist das wegen deiner Augen?“

„Meiner Augen?“

„Ja, die haben die gleiche Farbe, nicht wahr?“

„Darüber habe ich noch nie nachgedacht, Aleko. Die Mädchen im Kloster sind nicht eitel.“

„Betet ihr viel?“

„Mehrmals täglich.“

„Ich bete immer, wenn ich ins Bett gehe. Dad hört dabei zu. Dann küsse ich das Foto von Mom, das immer auf meinem Nachttisch steht. Ich war noch nie zuvor in England, aber letztes Jahr war ich mit Dad in Paris.“

„Das hat dir bestimmt gefallen.“ Iris lächelte. „Bist du auch auf dem Eiffelturm gewesen?“

„Nein.“ Seine dunklen Augen funkelten. „Es hat Spaß gemacht, im Lift hinaufzufahren. Und als wir oben waren, haben wir ganz Paris unter uns gesehen. Bist du schon mal da gewesen?“

Iris schüttelte ihren Kopf. „Eines der Mädchen aus dem Kloster hat mir erzählt, wie hübsch der Blick ist. Sie ist Französin und lebt dort mit ihrer Mutter. Sie hat mich eingeladen, sie zu besuchen, aber ich fürchte, daraus wird nie etwas.“

„Weil du eine Nonne wirst?“, fragte Aleko. „Musst du immer hinter den hohen Mauern des Klosters bleiben?“

„Nur zum Leben. Ich werde wahrscheinlich in die Krankenhäuser gehen und Kranken und alten Leuten helfen.“

„Dann macht es Spaß, auf mich aufzupassen, nicht?“ Er grinste, steckte eine Hand in seine Hosentasche und zog eine Tüte klebriger Bonbons heraus. Er bot ihr einen an, und Iris steckte ihn in den Mund.

„Wie sagt man Danke auf Griechisch?“, fragte sie.

„Man sagt efharisto polif. Die schmecken gut, nicht?“

„Sehr gut. Aber darfst du viele davon essen?“

Er schüttelte seinen Kopf. „Dad sagt, Süßigkeiten verderben meine Zähne. Aber Achille, unser Chauffeur, hat mir erlaubt, sie zu kaufen. Dad hat sehr gute Zähne, weil er und sein Bruder als kleine Jungen so arm waren, dass sie sich keine Süßigkeiten kaufen konnten. Manchmal hatten sie Glück, und ein Fischer hat ihnen ein paar Tintenfische gegeben. Sie hatten keinen Dad, und Theos Lion war ihr Pate. Er ist ein großer Mann in Griechenland und jetzt sehr reich. Seine Frau kommt aus England und hat das schönste Lächeln, das du dir vorstellen kannst. Ich mag sie so gern lächeln sehen. Aber es ist so schade, dass sie keine Kinder hat. Ich spiele immer in ihrem großen Garten, wenn ich sie mit Dad in Petaloudes besuche. Es ist eine Insel, und es gibt dort ganz viele Schmetterlinge. Ich bin gerne da und segele mit dem großen schwarzen Boot, das meinem Onkel gehört. Er ist ganz groß, und wenn er mich auf seine Schultern hebt, ist es wie Fliegen.“

Der Junge holte tief Luft. „Ich wünschte, Dad hätte eine Frau wie Fenella.“

„Ist Fenella die Frau deines Onkels, Aleko?“

Der Junge nickte und lutschte an seinem Bonbon. „Sie ist sehr nett, und durch die Art, wie Dad sie ansieht, weiß ich, dass er sie sehr mag. Ist deine Mutter auch gestorben, als du klein warst?“

Iris nickte, denn ein Kind von neun Jahren würde die Wahrheit nicht verstehen, dass eines Nachmittags vor achtzehn Jahren eine Frau sie ins St. Clare gebracht hatte. Ihre Mutter war ohne ein Wort der Erklärung aus der Pension dieser Frau verschwunden, hatte ihre paar Habseligkeiten mitgenommen, das Baby jedoch zurückgelassen. Nachdem auch die Polizei ihre Mutter nicht hatte aufspüren können, war Iris vom Kloster adoptiert worden. Man hatte ihr den Nachnamen Ardath gegeben, unter dem ihre Mutter in der Pension gelebt hatte.

Wer ihre Mutter war und woher sie kam, blieb ein Geheimnis. Aber mit dem Heranwachsen hatte Iris immer mehr gespürt, dass sie das Kind sorgloser, unverantwortlicher Leidenschaft war. Es verbitterte sie zwar nicht, hinterließ aber ein Misstrauen gegen alle Männer. Sie wünschte sich einen Panzer als Schutz, und die Kleider einer Nonne konnten ihn ihr verschaffen. Kein Mann würde mit ihr je über Liebe sprechen und sie dazu bringen, was ihre Mutter getan hatte.

„Ich hatte Glück.“ Aleko streckte seine klebrige Hand in ihre. „Ich hatte einen Dad, der sich um mich gekümmert hat. Was ist mit deinem Dad?“

„Er … er ist fortgegangen und nie wieder gekommen, Aleko.“

„Und so hast du bei den Nonnen gelebt?“

„Ja, sie waren sehr gut zu mir.“ Gut, dachte sie, aber immer ein wenig kühl. Oft hatte sie sich gefragt, wie es wohl war, von jemanden in den Arm genommen und geküsst zu werden. Diese Art von Zuneigung hatte sie nie kennengelernt, obgleich sie immer genug zu essen und zum Anziehen und eine gute Schulbildung bekommen hatte.

Von ihrer Freundin Colette wusste sie, dass ein richtiges Familienleben auch nicht immer perfekt war. Colettes Eltern hatten sich acht Jahre lang herumgestritten, bis die Ehe in der Scheidung endete, und Iris fragte sich, ob Liebe zwischen Mann und Frau wirklich so romantisch war, wie es in Büchern beschrieben wurde. Zwei Menschen begegneten sich, verliebten sich so heftig, dass sie nur im Zusammensein Erfüllung fanden.

Nichts als Legende, sagte sie sich. Erträumt von Schriftstellern, um anderen Menschen Träume zu verkaufen. Träume verschwanden, wenn man die Augen öffnete, und am Besten war es, nicht an sie zu glauben.

Als der Wagen am Ufer der Themse entlang fuhr, warf die Morgensonne helle Strahlen aufs Wasser. Aleko beugte sich aufgeregt vor, um nichts zu versäumen. Er erzählte pausenlos und schien nichts von der anfänglichen Schüchternheit englischer Kinder an sich zu haben.

Iris war erfüllt von der Herrlichkeit Londons zu dieser Tageszeit. Später würde alles vom starken Verkehr und Auspuffgasen verdorben sein. Jetzt jedoch war es zauberhaft und ein angenehmer Beginn ihrer Reise an die Westküste, wo der Vater dieses Jungen die Führung des Monarch-Hotels eine Weile überwachen wollte.

Iris wusste schon von Aleko, dass die Mavrakis’ mehrere Hotels in großen Städten besaßen, ebenso wie die Fluglinien Sunline Air und Seaways. Alles in allem eine erfolgreiche und sich ausbreitende Gesellschaft. Diese Tatsache steigerte ihre Befangenheit vor Dorkas Mavrakis noch mehr, der seinen Sohn zweifellos oft bei sich haben wollte, um ihm von Anfang an das richtige Gefühl fürs Geschäftsleben zu vermitteln. Die Mavrakis-Brüder hatten viel erreicht seit damals.

Gegen zwölf hielt Achille, der Fahrer, vor einem Restaurant am Straßenrand. Sie gingen hinein, setzten sich und aßen zu Mittag. Zu Iris’ Erleichterung übernahm Achille das Bestellen. Er ließ Steak, Pommes frites und Tomaten für alle drei kommen. Ja, Aleko könne ein Glas Limonade zu seinem Essen trinken. Aber würde sie ihm bei einem Glas Bier Gesellschaft leisten?

„Gern“, erwiderte sie lächelnd. „Ich habe noch nie welches getrunken. Schmeckt es?“

„So gut wie viele Dinge, die ein Mädchen erst kennenlernt, wenn ein Mann sie ihr anbietet.“ Er blickte ihr tief in die Augen. Iris, die ihr Leben lang unter Nonnen gelebt hatte, war völlig verwirrt. Sie wollte sich gern mit Dorkas Mavrakis’ anderen Angestellten anfreunden, aber der Gedanke, dass einer von ihnen mit ihr flirtete, erschreckte sie.

„Im Kloster“, sagte sie, „trinken wir Wasser zum Essen. Ich sollte wohl am Besten nicht erst auf den Geschmack kommen.“

„Sie sind jetzt meilenweit fort vom Kloster“, sagte Achille bedeutungsvoll.

„Aber Ende des Sommers kehre ich zurück und leiste meinen Eid“, erwiderte sie.

„Das ist ein schwerer Schritt. Und was passiert, wenn Sie hier draußen anderen Dingen als Bier auf den Geschmack kommen?“

„Was für Dingen?“ Sie stellte die naive Frage, ehe sie sie zurückhalten konnte.

„Dinge, die Mädchen für gewöhnlich mögen. Kleider, Make-up, mit einem Mann zum Tanzen oder ins Kino zu gehen.“ Er musterte sie, von ihren flachen Schuhen bis hinauf zu ihrer Baskenmütze. „Das ist kein Verbrechen, müssen Sie wissen. Das Leben ist zum Leben da.“

„Ich weiß, was ich mit meinem Leben machen möchte“, erwiderte sie.

„In Ihrem Alter?“ Er strich sich mit einem Finger über seinen Schnurrbart und starrte sie an. Aleko beobachtete die beiden interessiert.

„Das Leben, meine Liebe, geht manchmal die seltsamsten Wege. Wir Griechen sagen, keine Frau sollte leben wie ein fruchtloser Feigenbaum.“

„Ich bin Engländerin, und ich werde leben, wie es mir gefällt.“

„Waren Sie schon immer im Kloster?“, erkundigte er sich.

„Ja …“

„Dann ist es also eine ganz schöne Abwechslung für Sie, von all der Frömmigkeit wegzukommen.“

„Sie sind reichlich unverschämt, und wenn es Ihnen recht ist, wechseln wir jetzt lieber das Thema.“

„Werden Sie dem Boss sagen, dass ich zu geschwätzig bin?“ Ein Lächeln spielte um seine Mundwinkel, und er blinzelte Aleko an. „So eine steife Gouvernante willst du doch nicht, nicht wahr? Dein Vater liebt sein Glas Wein und seine Frauen, nicht wahr?“

„So spricht man doch nicht mit einem Kind!“, entrüstete sich Iris.

„Habe ich Sie schockiert?“, höhnte Achille. „Aleko weiß genau, dass sein Vater kein Heiliger, sondern ein Mann ist. Ein Mann, Iris.“ Der Chauffeur lehnte sich über den Tisch zu ihr. „Sie wissen nicht viel über Männer, nicht wahr? Möchten Sie, dass ich Ihr Lehrer werde?“

„Nein danke.“ Iris sah ihn wütend an. „Ich versichere Ihnen, dass nichts in meiner Ausbildung völlig vernachlässigt wurde. Ich komme gut ohne die Unterrichtsstunden aus, an die Sie denken.“

„Es könnte langweilig werden, immerzu mit einem Kind zusammen zu sein. Ich könnte Ihnen ein bisschen vom Leben zeigen, solange Sie die Möglichkeit haben.“

„Ich bin eingestellt, um mich um Aleko zu kümmern, und ich glaube, wir finden genug Abwechslung in Tormont.“

„In den Felstümpeln planschen und Sandburgen bauen?“

„Ja, was immer Aleko Spaß macht. Dafür werde ich bezahlt.“

„Aha, Sie gehören zu den selbstlosen Typen, äh?“ Er lehnte sich zurück und lachte in sich hinein. „Was wohl der Boss von Ihnen hält? Ich glaube kaum, dass er viel mit einer so Prüden, wie Sie es sind, anfangen kann.“

„Ich bin nicht für ihn da“, sagte sie. „Könnten wir jetzt vielleicht unser Essen beenden, damit wir weiterfahren können? Wir wollen doch nicht den ganzen Tag unterwegs sein, nicht wahr?“

„Eine richtige kleine Madame, nicht wahr?“ Achille stieß Aleko mit dem Ellbogen an. „Was hältst du von dieser essigsauren Gouvernante, die dein Vater für dich ausgesucht hat?“

„Zu mir ist sie nett.“ Aleko trank seine Limonade aus. „Du denkst, alle Mädchen mögen dich in deiner Uniform und den Lederstiefeln, Achille. Aber Iris wird eine Nonne, und Nonnen dürfen nichts mit Männern zu tun haben.“

„Ach, ist das so?“ Achille grinste Iris an. „Er ist ein kluger Junge, nicht wahr?“

Achille schob ein Stück Fleisch in seinen Mund. Er kaute und musterte Iris. „Der Boss wird nicht einmal merken, dass Sie ein lebendes Wesen sind. Vielleicht hoffen Sie, seine Aufmerksamkeit zu erhaschen, aber er hat den Geschmack reicher Männer. Ihm liegen Champagner-Mädchen, und Sie haben noch nicht einmal ein Bier probiert. Kommen Sie, trinken Sie einen Schluck.“

Iris nahm das Glas und nippte daran. Es schmeckte ein wenig bitter. Was Achille ihr über Dorkas Mavrakis erzählte, überraschte sie nicht. Sie selbst hatte ihn als einen Mann eingeschätzt, der eine Frau nach der anderen eroberte.

„Was halten Sie vom Bier?“, fragte Achille sie.

„Ist ganz in Ordnung“, sagte sie. „Aber ich glaube kaum, dass ich verrückt danach werde.“

„Erwarten Sie, dass der Boss Ihnen Champagner gibt?“, höhnte er sarkastisch.

„Nein“, erwiderte sie. „Ich glaube kaum, dass das ein großer Unterschied zu Bier ist.“

„Trinken Sie nur ein Glas und lernen Sie den Unterschied kennen. Es verdreht Ihren Kopf und bringt vielleicht das Eis in Ihren Adern zum Schmelzen. Sie sollten Athen sehen und Ouzo trinken, während die Männer nach Bouzuki-Musik tanzen. Das würde Sie in Schwung bringen, Miss Iris.“

Iris beschloss, Achille einfach zu ignorieren. Wahrscheinlich hielt er sich in seiner Uniform für einen Verführer und wollte beweisen, dass er auch einem Mädchen aus dem Kloster den Kopf verdrehen konnte. Sie wandte all ihre Aufmerksamkeit Aleko zu und war erleichtert, als sie zum letzten Teil der Reise wieder im Auto saßen. Müde vom Essen schlief Aleko an ihren Arm gelehnt ein. Sie betrachtete sein junges Gesicht mit den langen Wimpern.

Es war noch immer seltsam für sie, dass sie jetzt für dieses Kind da sein sollte, und sie fragte sich, was in den nächsten Wochen alles auf sie zukommen würde.

2. KAPITEL

Der Wagen fuhr langsam den Hügel hinauf. Der Blick auf die blaue Bucht von Tormont, über der das Monarch-Hotel lag, war atemberaubend. Auf dem Weg zur Villa mussten sie an dem Hotel vorbei, und voller Erstaunen sah Iris, wie groß es war. Es war aus weißen Steinen erbaut wie ein florentinischer Palast und hatte vor jedem Fenster einen Balkon. Am Eingang stand ein uniformierter Portier mit weißen Handschuhen. Mehrere teure Autos parkten in der Auffahrt, und das Hotel war von einem prächtigen Garten umgeben, der sich bis hinunter zum rötlichen Kliff erstreckte. Palmen und Tamarisken verliehen der Anlage südländische Atmosphäre.

„Das ist Dads Hotel“, sagte Aleko begeistert. „Ist es nicht toll?“

„Wirklich toll“, stimmte Iris zu. „Mir gefällt besonders, dass der Garten bis hinunter ans Wasser reicht.“

Kein Wunder, dass Dorkas Mavrakis die Führung des Hotels eine Weile überwachen wollte. Es war offensichtlich für reiche Leute bestimmt, eines dieser Fünfsternehotels mit Swimmingpool, Ballsälen, geräumigen Hallen. Iris hatte einmal ein Buch gelesen, in dem ein solches Hotel beschrieben wurde.

Der Wagen fuhr die gewundene Bergstraße weiter hinauf. Der Ausblick über das Meer wurde immer atemberaubender. Noch nie hatte Iris so tiefblaues Wasser gesehen. Einige der Felsen ragten weit ins Meer hinein. Hunderte von Möwen hockten auf den roten Steinen.

Achille lenkte den Wagen um eine scharfe Kurve, und vor ihnen inmitten des Kliffs lag die Villa Circe.

Iris, die ihr Leben lang im St. Clare gelebt hatte, konnte kaum glauben, dass dies malerische Haus in den nächsten Monaten ihr Zuhause sein sollte. Als sie aus dem Wagen stieg, blieb sie reglos stehen und starrte fasziniert um sich. Der linke Flügel des Hauses war zweistöckig, hatte Balkone und einen bogenförmigen Eingang. Die rechte Seite war nur einstöckig, aber weit ausgestreckt, und Fenster und Türen hatten verschiedene Größen und Formen. Das ganze Gebäude bestand aus rauen weißen Mauern und rostroten Ziegelsteinen. Der terrassenförmige Garten war mit Steingewächsen übersät. Hinter der Villa und um sie herum waren diese hängenden Kliffs aus rotem Stein.

Es war wie ein Gemälde, das zu Leben kam. Vor Erstaunen hielt Iris die Luft an. Nie hätte sie geahnt, dass es Häuser wie dieses gab und Menschen, die das Glück hatten, darin zu wohnen. Reichtum war für sie nichts als Erfindung gewesen, aber sie durfte nicht vergessen, dass die griechischen Brüder, die sich dies leisten konnten, hart und mit viel Verstand gearbeitet hatten, um das Geld dafür zu verdienen.

Iris wandte sich zu ihm um. Er stand neben dem Wagen, während Achille das Gepäck aus dem Kofferraum nahm. Er grinste sie an. „Deine Augen sind ganz groß geworden“, meinte er.

„Deine Gouvernante findet gerade heraus, dass jenseits der hohen grauen Mauern des Klosters das Meer blau ist und die Luft die Haut wie Seide berührt“, sagte Achille lachend.

Er presste seinen großen braunen Daumen auf die Klingel. Neben der Haustür standen große Schalen mit blühenden Blumen, und tatsächlich schien die Luft Iris plötzlich zu berühren wie Seide. Auf einmal kam sie sich steif und fade vor in ihrem dunkelblauen Mantel. Als die Tür von einem Hausmädchen geöffnet wurde, stolperte Iris über die mit Kupfer beschlagene Schwelle.

„Das ist das Bier“, grinste Achille. „Es ist Ihnen zu Kopf gestiegen.“

Das Hausmädchen schien die Bemerkung ernst zu nehmen und warf Iris einen missbilligenden Blick zu. „Wenn Sie mir bitte folgen wollen, Miss. Ich zeige Ihnen Ihr Zimmer.“

„Ich komme gleich mit“, sagte Achille, „und bringe das Gepäck herein.“

Das Hausmädchen erwiderte etwas, doch Iris hörte es kaum. Sie war zu sehr damit beschäftigt, sich in dem großen Flur umzublicken, an dessen Ende eine schmiedeeiserne Tür auf eine sonnige Terrasse hinausführte. Der Boden war mit winzig kleinen Fliesen gekachelt, die ein Mosaik aus Sonne, Mond und Sternen ergaben.

Auf dem Weg die Treppe hinauf lächelte sie ein wenig, als ihre Hände über die glatte Oberfläche des Geländers glitten. Es war ein großes Haus, und doch hatte es nichts Kaltes an sich. Der Fußboden aus Eiche, auf dem hier und dort kleine Orientteppiche lagen, strahlte viel Wärme aus.

Oben angekommen, liefen sie den gewölbten Flur entlang. Schließlich öffnete das Hausmädchen eine Tür. Iris konnte ein tiefes Luftholen nicht unterdrücken. Ihr ganzes Leben lang hatte sie ein Zimmer mit anderen Mädchen geteilt und in einem schmalen Bett geschlafen. Im Winter hatten die Mädchen oft vor Kälte gezittert, weil die Bettdecken durch die vielen Jahre des Gebrauchs dünn geworden waren.

Hier in diesem Zimmer, vor einer Wand mit Blumentapete, stand ein großes breites Bett, dessen weiche Decke bis auf den pfirsichfarbenen Teppich hinabfiel. Auf den Sesseln lagen weiche Kissen, und der Frisiertisch stand voll mit Puderdosen und kleinen Porzellanlämpchen. Auf einem kleinen Tisch in der Ecke stand eine Kristallvase mit Blumen, und auf dem Nachttisch gab es eine weitere Lampe, eine kleine Uhr und ein paar Bücher.

Aleko kletterte aufs Bett und beobachtete Iris, die fassungslos all dies bewunderte und ihre kleine, altmodische Handtasche fest an sich presste. Darin befand sich nichts als ein Taschentuch, ein Portemonnaie und ein Kamm. Iris hatte noch nie Gesichtspuder besessen und konnte ihren Blick nicht von den Dosen mit den silbernen Deckeln auf dem Frisiertisch lösen.

„Ich …“ Iris wandte sich zum Hausmädchen um. „Hier schlafe ich bestimmt nicht. Ein einfacheres Zimmer wäre mir lieber. Ich …“

Das Hausmädchen sah sie an, als hörte sie schwer. „Der Kyrios hat Anweisung gegeben, dass Sie hier schlafen, Miss. Ich habe den ganzen Morgen gebraucht, das Zimmer herzurichten. Stimmt etwas nicht damit?“

„Doch, es ist herrlich.“ Iris errötete, als sie eine Spur von Ärger in den Augen des Hausmädchens entdeckte. „Ich … ich habe nur nicht so etwas wie dies hier erwartet. Ich lebe in einem Kloster und bin an einen solchen Luxus nicht gewöhnt.“

„Haben Sie Angst, dass es Ihnen gefallen könnte?“ Achille blickte sich im Zimmer um. „Betrachten Sie sich als glücklich, Miss Iris. Mein Zimmer über der Garage ist nicht halb so stilvoll und behaglich eingerichtet. Ich an Ihrer Stelle würde das Zimmer nicht verweigern. Sie könnten den Boss verärgern.“

„Mr. Mavrakis hat seine Anweisungen gegeben“, stimmte das Hausmädchen zu. „Gleich nebenan liegt das Zimmer des jungen Herrn. Es gibt einen gemeinsamen Balkon mit Blick aufs Meer. Sie sollten sich freuen, Miss. Ich habe schon für Leute gearbeitet, die sich keine Gedanken darüber machen, wo die Gouvernante schläft.“

„Ich weiß natürlich, dass Mr. Mavrakis es gut meint …“ Iris’ Wangen glühten.

Autor

Violet Winspear
Violet Winspear wurde am 28.04.1928 in England geboren. 1961 veröffentliche sie ihren ersten Roman „Lucifer`s Angel“ bei Mills & Boon. Sie beschreibt ihre Helden so: Sie sind hager und muskulös, Außenseiter, bitter und hartherzig, wild, zynisch und Single. Natürlich sind sie auch reich. Aber vor allem haben sie eine große...
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