Hautnah und näher

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Zwei heiße Romane von Cherry Adair, die an die Grenzen des Erlaubten gehen …

Sein letztes Tabu:
Gleich wird Luke die junge Frau in seinem Bett haben, wird sie spüren und spüren lassen. Eine flüchtige Bekannte, aber willig … Doch ihn erwartet eine Überraschung: Sein Bett ist bereits belegt! Von der hinreißend schönen Cat, die Luke immer wollte und niemals haben kann. Weil sie das einzige Tabu ist, an das er wirklich glaubt.

Gesetz der Lust:
Atemberaubend, dieses Prickeln - so was kennt Tory sonst nicht. Aber seit sie mit dem Agenten Marc Savin in geheimer Mission unterwegs ist, herrschen sowieso andere Gesetze. Gefahr, Erregung, Begierde: Aufregende Gefühle, die ihren Höhepunkt finden, als Tory und Marc sich in einer Grotte verstecken müssen. Wie geschaffen für Stunden voller Lust …


  • Erscheinungstag 01.06.2014
  • ISBN / Artikelnummer 9783955763442
  • Seitenanzahl 320
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Hautnah und näher

Cherry Adair

Hautnah und näher: Sein letztes Tabu

Aus dem Amerikanischen von Roswitha Enright

___________________

Cherry Adair

Gesetz der Lust

Aus dem Amerikanischen von Elke Iheukumere

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MIRA® TASCHENBUCH

MIRA® TASCHENBÜCHER

erscheinen in der Harlequin Enterprises GmbH,

Valentinskamp 24, 20354 Hamburg

Geschäftsführer: Thomas Beckmann

Copyright dieser Ausgabe © 2014 by MIRA Taschenbuch

in der Harlequin Enterprises GmbH

Titel der nordamerikanischen Originalausgaben:

Seducing Mr. Right

Copyright © 2001 by Cherry Wilkinson

The Mercenary

Copyright © 1994 by Cherry Wilkinson

erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto

Published by arrangement with

HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

Konzeption/Reihengestaltung: fredebold&partner gmbh, Köln

Umschlaggestaltung: pecher und soiron, Köln

Redaktion: Maja Gause

Titelabbildung: Getty Images, München

ISBN eBook 978-3-95576-344-2

www.mira-taschenbuch.de

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eBook-Herstellung und Auslieferung:

readbox publishing, Dortmund

www.readbox.net

Cherry Adair

Hautnah und näher: Sein letztes Tabu

Aus dem Amerikanischen von Roswitha Enright

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1. KAPITEL

Als Catherine Harris abrupt aus ihrem tiefen Schlaf erwachte, wurde ihr mit einem Schlag Folgendes bewusst: Erstens, sie lag vollkommen nackt in Luke Van Burens Bett.

Zweitens, Luke war gerade im Begriff, sein Schlafzimmer zu betreten.

Drittens, er war nicht allein. Das Lachen einer Frau mischte sich in Lukes tiefen Bariton.

Eigentlich sollte er doch erst in ein paar Tagen aus San Francisco zurückkommen. Cat versuchte, nicht in Panik zu geraten. Jahrelang hatte sie das Ganze geplant, und nun war alles umsonst?

Sie stützte sich auf einem Ellbogen auf und versuchte, in der Dunkelheit etwas zu erkennen. Hatte sie nicht vor dem Einschlafen ihren BH über den Wecker geworfen, weil die grellroten Zahlen sie störten? Cat ließ sich seufzend wieder ins Kissen fallen. Sie war noch ganz benommen, und alle Lösungen, die ihr einfielen, waren absolut unsinnig. Sollte sie sich etwa unter dem Bett verstecken und dann vielleicht miterleben müssen, wie Luke sich zehn Zentimeter über ihr vergnügte? Niemals. Oder sollte sie aus dem Fenster steigen und sich von der Feuerwehr von dem schmalen Sims im 22. Stockwerk retten lassen? Auch das war keine gute Idee.

Sie hörte einen leisen Aufprall. Ein Schuh? Der eigene Herzschlag dröhnte ihr in den Ohren, trotzdem hörte sie das Rascheln von Stoff. Dann stöhnte jemand ungeduldig und schien die Lippen auf nackte Haut zu pressen. In der Türöffnung war Luke in einem weißen Hemd zu sehen, das gerade von zwei schlanken Frauenhänden abgestreift wurde. Cat sah, wie es zu Boden flatterte. Dann machte es klick.

Du liebe Zeit, war das seine Gürtelschnalle? Ein Reißverschluss wurde aufgezogen, und ein leidenschaftlicher Kuss folgte.

“O Luke!” Die Frau lachte leise. Dann raschelte es wieder, es wurde heftig geflüstert und schwer geatmet. Cats Wangen glühten, und das Blut rauschte ihr in den Ohren. Bei dem Gedanken daran, was als Nächstes folgen würde, konnte sie nur mit Mühe ein hysterisches Lachen unterdrücken.

“Oh, ja, Luke, komm zu mir. So ist es richtig, ja, so musst du mich berühren. Es ist himmlisch, oh, ja, bitte.”

Nein, um Himmels willen! Cat versuchte auszuweichen, als die Frau auf das Bett fiel. Zu spät.

Das Gewicht von zwei ausgewachsenen Menschen presste Cat die Luft aus den Lungen. Sie keuchte und versuchte, die beiden wegzuschieben.

Die Frau rollte zur Seite, kam wieder auf die Füße und stieß einen markerschütternden Schrei aus. Fluchend landete Luke auf dem Fußboden. “Was verdammt noch mal ist hier los?”

“Jemand ist in deinem Bett!”, kreischte die Frau.

Cat hörte, wie Luke aufstand und nach dem Schalter der Nachttischlampe suchte.

Jetzt wurde es ernst.

Sie setzte sich auf, klemmte sich die Bettdecke unter die Achseln und versuchte, eine möglichst gelassene Miene aufzusetzen. Allerdings sah sie wahrscheinlich aus wie ein wild gewordener Handfeger. Sie hatte sich das Haar nicht geflochten, bevor sie sich hinlegte, und so fiel ihr die üppige Mähne auf die nackten Schultern. Das Licht ging an, gerade als Cat sich eine besonders widerspenstige Strähne aus der Stirn blies. Sie blinzelte in dem hellen Licht. Luke sah sie mit seinen graugrünen Augen durchdringend an.

“Cat!” Er zog schnell den Reißverschluss wieder hoch und fuhr sich durch das dunkle, ungekämmte Haar. Er stöhnte auf, und Cat starrte auf seinen breiten Oberkörper.

Nur zögernd wandte sie den Blick ab. Sie senkte die Augen und wartete auf das Donnerwetter. Luke war fast einen Meter neunzig, aber jetzt schien er doppelt so groß zu sein. Und drei Mal so wütend wie damals, als sie mit seinem neuen Sportwagen rückwärts gegen den Briefkasten gefahren war.

“Ich hätte mir so was denken sollen”, sagte er und hob den BH hoch. “Deiner?” Ihr schwarzer Sport-BH lag wie ein Stück Lakritze in seiner Hand.

Cat lehnte sich vor, griff nach dem BH und hielt gleichzeitig ängstlich die Bettdecke vor der Brust zusammen. “Danke.” Als sie seine Hand berührte, durchfuhr es sie wie ein elektrischer Schock. Sie räusperte sich und sah ihn unter halb geschlossenen Augenlidern an. “Heißt das, dass ich mich jetzt anziehen muss, Liebling?”

Dann lächelte sie die andere Frau strahlend an, die verbissen die Lippen zusammenpresste, aber trotzdem sehr sexy aussah in einem sehr kurzen kleinen Schwarzen, das nicht viel mehr bedeckte als ein breiter Gürtel. Sie hatte lange Beine und einen üppigen Busen, der durch das enge Kleid noch besonders betont wurde. Das goldblonde Haar war sorgfältig frisiert, wahrscheinlich von einem sehr teuren Friseur, und fiel ihr in weichen Wellen über eine Schulter. Cat seufzte leise. Wieder so ein Venus-Verschnitt. Absolut humorlos.

Die Atmosphäre war zum Zerreißen gespannt. Cat strahlte wieder. “Haben Sie heute Geburtstag?”

“Was redet sie denn da?” Die Blonde sah Luke stirnrunzelnd an, dann wandte sie ihm den Rücken zu, damit er den Reißverschluss ihres Kleides wieder zuziehen konnte. Wenn du nicht aufpasst und weiterhin so grimmig dreinblickst, dachte Cat, dann siehst du in ein paar Jahren faltig aus wie Dörrobst. Die Frau hatte einen leichten Überbiss und erinnerte Cat irgendwie an den Hamster, den sie früher besessen hatte. Scamper hatte auch immer so bösartig ausgesehen, bevor er einen in den Finger biss.

Luke kniff die Augen leicht zusammen und fixierte Cat. “Was bezweckst du damit?”

Cat riss die Augen weit auf. “Wieso? Hast du sie nicht zum Spielen mitgebracht, mein Süßer?”

“Cat ...”, sagte er warnend.

Sie lächelte ihn leicht verlegen an und versuchte, möglichst glaubwürdig auszusehen. “Ich dachte, du seist nicht in der Stadt”, sagte sie jetzt mit normaler Stimme. “Du musst es mir glauben, ich wäre doch sonst nicht hier ...”

“Wer ist das denn, zum Donnerwetter?”, fragte die Blonde wütend und schlüpfte in Pumps mit Stilettoabsätzen. Sie wirkte plötzlich nicht mehr sehr attraktiv.

Luke zog sich vorsichtig zu der Kommode an der gegenüberliegenden Wand zurück. “Cat Harris. Elizabeth Wyrech.” Dann zog er hastig eine Schublade auf, nahm einen grünen Baumwollpullover heraus und streifte ihn über. Die Farbe passte fantastisch zu seinen Augen.

”Hallo.” Cat streckte die Hand nicht aus, aus Angst, die Bettdecke zu verlieren. “Bitte, bleiben Sie doch. Sie kann doch ruhig hierbleiben, Luke, oder?”

Luke hatte Mühe, sich zu beherrschen. “Los, Cat, sag Elizabeth, wer du bist, und dann halt den Mund.”

Cat starrte ihn an. “Ist das dein Ernst? Soll ich ihr wirklich alles sagen? Weiß sie denn nicht, dass es dir leicht langweilig wird mit nur einer Frau?”

“Ein Dreier? Das ist ja pervers!” Elizabeth griff nach ihrer Tasche und hielt sie wie einen Schild vor sich. “Ich nehme mir eine Taxe.”

“Aber sie ist meine Schwester, verdammt noch mal!”

“Ach, wirklich?” Elizabeth lachte kurz auf und sah Cat aus zusammengekniffenen Augen an. Cat gab ihren Blick zurück. “Ihr habt doch unterschiedliche Nachnamen.”

“Wir haben unterschiedliche Mütter”, sagte Luke.

“Väter”, korrigierte Cat schnell.

“Sie ist meine Stiefschwester.” Luke trat schnell an das Bett heran und packte Cat beim Nacken. “Wir sind Geschwister, nicht, Cat?”

“Ja.” Cat nickte und tat so, als hätten seine Worte sie nicht verletzt. “Ich bin seine Schwester.”

“Das ist ja noch perverser”, sagte Elizabeth kalt und stürzte aus dem Schlafzimmer.

Cat zog die Decke höher und schluckte. Sie konnte den Blick nicht von Luke wenden, und ihre Wangen glühten. Seine Schwester.

Seit sie sechs war, hatte sie davon geträumt, dass er sie endlich als Teil der Familie betrachten würde. Dieser Wunsch war ihr erfüllt worden. Aber dann kam der Zeitpunkt, wo sie nicht mehr die Schwester für ihn sein wollte.

Normalerweise handelte Cat überlegt und pragmatisch, und sie hatte sich sehr überwinden müssen, Luke aufzusuchen. Bisher war das Ganze nicht sehr vielversprechend gelaufen.

“Ich bringe Liz nach Hause und bin in zwanzig Minuten wieder zurück.”

“Ich bin hier.” Sofern sie sich inzwischen nicht aus Verzweiflung vom Balkon gestürzt hatte.

Er ging zur Tür, drehte sich aber noch einmal um. “Schlaf nicht ein. Wir müssen uns wohl mal über einiges unterhalten. Und zwar noch heute Abend.”

Musste das sein? Sie sah ihm zögernd in die Augen. Er schien entschlossen zu sein.

“Ich möchte, dass du angezogen bist, wenn ich zurückkomme.”

“Aye, aye, Käpt’n.” Cat salutierte, und die seidene Decke entglitt ihr und entblößte eine Brust.

Sie erstarrte und sah Luke aus weit aufgerissenen Augen an. Er presste die Lippen zusammen und griff nach dem Türknauf. Eine Sekunde später knallte er die Tür von außen zu.

Das ist eine fatale Situation, dachte Luke, als er nach einer Stunde ziellosen Herumfahrens wieder vor seinem Apartment hielt. Wie sollte er jemals den Anblick von Cats nackter Brust vergessen können? Seine Finger packten das Steuerrad fester. O Himmel!

Vor neunzehn Jahren hatte sein Vater Cats Mutter geheiratet. Cat und er waren also zum Glück nicht blutsverwandt. Aber Luke konnte einfach nicht vergessen, wie ekelhaft er Cat jahrelang behandelt hatte. Erst nach vielen Jahren hatte er begriffen, wie sehr sie unter ihm gelitten hatte, und um sie dafür zu entschädigen, hatte er sich geschworen, sie immer zu lieben und zu beschützen.

Das, was er jetzt für sie fühlte, stand diesem Versprechen auch nicht entgegen.

Aber kurz bevor sein Vater starb, hatte er ihm versprochen, sich um Cat zu kümmern. Und er hatte Cat hoch und heilig versichert, dass er immer der große Bruder für sie sein würde. Er würde immer für sie da sein und dafür sorgen, dass ihr nichts passierte. Cat würde sich in jeder Beziehung auf ihn verlassen können. Und alle diese Versprechen betrachtete Luke auch heute noch als unabänderlich und unwiderruflich.

Leider waren seine Gefühle nicht ganz so moralisch wie diese Absichten. Tief in Gedanken versunken fuhr er den Jaguar in die Tiefgarage des Apartmenthauses. Auch wenn sich seine Gefühle Cat gegenüber geändert hatten, brauchte er ihr Vertrauen ja nicht zu enttäuschen. Er musste sich nur immer wieder sagen, dass er für Cat der große Bruder war, auf den sie sich in jeder Lebenslage verlassen konnte. Das war alles.

Sowie Luke das Zimmer verlassen hatte, sprang Cat aus dem Bett und zog sich in Windeseile an. Immer noch glühten ihre Wangen. In Beaverton, wo sie zu Hause war, hatte sie sich alles so einfach vorgestellt. Sie hatte Luke dahin bringen wollen, sie endlich als begehrenswerte Frau wahrzunehmen. Aber natürlich hatte sie nicht geplant, dass er sie nackt in seinem Bett vorfinden würde. Zumindest jetzt noch nicht.

Cat tappte barfuß in das Wohnzimmer und warf sich in den weichen schwarzen Ledersessel, den sie Luke geschenkt hatte. Damals, als er mit ihrem gemeinsamen Freund Nick zum Architekturstudium in New York war, hatte sie jeden Cent gespart, um ihn damit zu überraschen.

Der Sessel roch nach Luke, und Cat schmiegte sich an das weiche Leder und schloss die Augen. Seit Jahren dachte sie an kaum etwas anderes als an Luke. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass er sie halb nackt gesehen, also schon mal einen kleinen Vorgeschmack bekommen hatte.

Als Luke nach Hause kam, fand er Cat zusammengerollt in dem großen schwarzen Ledersessel vor. Sie hatte sich ihre Jeans und eins seiner alten Sweatshirts übergezogen und schien zu schlafen.

Glücklicherweise ist sie angezogen, dachte er, und immerhin hat sie ihr Haar im Nacken zusammengebunden. Cat Anne Harris hatte kräftiges rotes Haar, und Luke war immer versucht, hineinzugreifen.

Er hatte fast einen Herzanfall bekommen, als er sie da nackt in seinem Bett liegen sah, das rote Haar offen über das Kopfkissen gebreitet. Sie trug es sonst immer zu einem festen Zopf geflochten. Die dünne Satindecke hatte ihre Formen eher noch betont, als dass sie sie verborgen hätte. Und als dann eine ihrer runden festen Brüste sichtbar wurde ... Luke steckte die Hände tief in die Hosentaschen und betrat das Wohnzimmer.

“Hallo!” Cat richtete sich auf und rieb sich die müden Augen. Ihre Wangen waren gerötet, was trotz der Sommersprossen gut zu sehen war. Sie zog die Beine etwas dichter an den Körper und legte die Arme um die Knie. Selbst ihre schmalen Zehen hatten Sommersprossen.

Nach einem kurzen ungemütlichen Schweigen sah Cat Luke an. “Sie scheint nett zu sein.” Sie lächelte etwas verlegen, und Luke konnte den Blick nur schwer von ihren vollen weichen Lippen lösen.

Er schüttelte den Kopf. “Nicht besonders.” Er setzte sich auf die Ecke des Couchtischs. Zum Glück hatte Cat keine Ahnung, wie viel Überwindung es ihn kostete, sich nicht auf sie zu stürzen.

Cat runzelte die Stirn. “Das verstehe ich nicht. Wenn du sie nicht magst, warum schläfst du dann mit ihr?”

”Erstens habe ich nicht mit ihr geschlafen, zweitens mag ich sie schon irgendwie, und drittens solltest du nicht das Thema wechseln. Natürlich freue ich mich immer über deinen Besuch, aber warum bist du eigentlich gekommen?”

“Ich dachte, du wärst diese Woche in New York.” Sie stützte sich mit dem Kinn auf den Knien ab. “Was hast du ihr denn gesagt?”

“Ich habe ihr erzählt, du hättest einen ausgeprägten Sinn für peinliche Situationen, aber im Großen und Ganzen seist du harmlos.” So harmlos wie ein Nacktfoto aus dem Playboy in einem Männergefängnis, setzte er im Stillen hinzu.

“Es war eine schreckliche Situation, so unangenehm für uns alle. Und ich fürchte, das Ganze ins Lächerliche zu ziehen, war keine sehr gute Idee. Es tut mir so leid, dass ich dich in diese Situation gebracht habe, Luke. Meinst du, dass ich sie anrufen sollte?”

“Das ist nicht nötig, Cat, vergiss es.” Elizabeth war so sensibel wie eine Schildkröte. Jeder andere hätte gesehen, wie verlegen Cat gewesen war. “Ich bin früher aus New York zurückgekommen.”

Cat trug keinen BH, das konnte er genau sehen, als sie jetzt ihre Haltung veränderte. Er zog die Augenbrauen zusammen. “Versuch nicht, mich abzulenken. Beantworte meine Frage. Warum bist du gekommen?”

Cat gähnte, dann rieb sie sich die Nasenspitze. “Oregon ging mir schrecklich auf die Nerven. Ich musste da unbedingt mal raus.”

“Aber du wirst doch weiterhin deine Börsengeschäfte erledigen?”, fragte Luke beunruhigt. Cat hatte ein ausgesprochen gutes Gespür in Bezug auf Aktien. Obwohl sie keinerlei Ausbildung in diesem Punkt besaß, arbeitete sie sehr erfolgreich im Tagesgeschäft. Sie kaufte und verkaufte Aktien noch am selben Tag und hatte so ihren Einsatz häufig vervielfacht. Da sie das von zu Hause aus erledigen konnte, hatte sie auch für den Vater sorgen können. Wenn sie außerdem nicht auch mit Lukes Geld so erfolgreich spekuliert hätte, dann besäßen er und Nick noch längst nicht ihr eigenes Architekturbüro.

Cat hatte einen scharfen Verstand und eine glückliche Hand. Auch den alten Freunden seines Vaters hatte sie schon zu kleinen Vermögen verholfen.

“Keine Sorge. Ich habe meinen Computer mitgebracht. Dein Geld ist bei mir immer noch gut aufgehoben.”

“Sehr gut. Vielleicht möchtest du dich ja neben dem Architekturbüro Van Buren & Stratton einmieten. Soviel ich weiß, steht im zweiten Stock noch ein Büro leer.” Die Vorstellung, Cat vierundzwanzig Stunden am Tag in seiner Nähe zu wissen, behagte ihm jedoch gar nicht.

Cat lachte. “Nein, nein, keine Angst, das hätte keinen Sinn. Wir kennen uns alle zu gut, würden uns ständig ablenken und nichts auf die Reihe kriegen. Wenn es dir nichts ausmacht, würde ich lieber vorübergehend hier arbeiten.”

“In Ordnung.” Cat würde jeden Abend hier sein, wenn er nach Hause kam. Ein Segen und ein Fluch zugleich.

“Habe ich jetzt eine wundervolle Beziehung zerstört?”, fragte sie plötzlich.

Sie war hartnäckig, aber das kannte er. “Nein, wahrscheinlich nicht.”

“Wirst du sie wiedersehen?”

“Das ist gut möglich.”

“Ein bisschen mehr Sinn für Humor hätte ihr nicht geschadet.” Cat seufzte. “Na ja, wie auch immer, es war dumm von mir, und es tut mir wirklich sehr leid.”

“Es ist doch nichts passiert. Mach dir keine Gedanken.”

“Würde es dir etwas ausmachen, wenn ich hier bei dir bleiben würde, bis ich eine Wohnung gefunden habe?”

Allerdings, dachte er. Er räusperte sich. “Nein, natürlich nicht. Sonst hätte ich dir doch keinen Schlüssel gegeben. Du kannst kommen und gehen, wann du willst.” Er überraschte sich dabei, wie er ihr immer wieder auf den Pullover starrte und hob schnell den Kopf. “Nach der Beerdigung habe ich dir doch gesagt, dass du immer willkommen bist. Warum hast du mir nicht gesagt, dass du dich in Beaverton nicht mehr wohlfühlst?”

Cat seufzte leise. “Luke, wie alt bin ich?”

“Hm ... dreiundzwanzig?”

“Wie wär’s mit sechsundzwanzig? Ich war immer sieben Jahre jünger als du. Das scheinst du einfach nicht behalten zu können.” Sie lehnte sich zurück und senkte den Blick. “Das Leben ist einfach so an mir vorbeigegangen. Es wird Zeit, dass ich mir mal den Wind um die Nase wehen lasse.”

“Ja, du hast recht.” Luke legte ihr die Hand auf den Arm. Cat hatte fünf Jahre lang für seinen Vater gesorgt, der vor acht Monaten gestorben war. Luke hatte beide oft um ihre enge Beziehung beneidet, und nun war er der Einzige, der ihr von der Familie geblieben war. Denn auf ihre exaltierte Mutter konnte Cat sich nicht verlassen.

Sie errötete und nahm den Arm weg. “Du weißt, ich habe es gern getan. Wir waren wie Vater und Tochter, und ich liebte ihn. Du brauchst also gar nicht den großen Bruder zu spielen. Aber seine Angelegenheiten zu ordnen hat dann doch länger gedauert, als ich dachte. Ich habe jetzt das Haus einem Makler übergeben.” Sie hob die Hand, weil sie wusste, was Luke sagen würde. “Nein, Luke, ich werde das Haus nicht behalten. Außerdem ist meine Mutter, ich meine, Faith, mal wieder geschieden und hat sehr deutlich gemacht, dass sie gern ‘nach Hause’ kommen würde, um sich ‘auszuruhen’.”

“Sie hat wahrscheinlich kein Geld mehr.” Das war Luke vollkommen klar. Immer, wenn sie nicht gerade fest liiert war, hatte Faith Geldprobleme.

Cat lächelte traurig. “Ja, das könnte sein.”

“Du solltest dir von dem Geld, das mein Vater dir hinterlassen hat, eine schöne Eigentumswohnung kaufen.” Das hätte er nicht sagen sollen.

“Das Geld habe ich angelegt. Aber wenn du mich hier nicht haben willst, brauchst du es nur zu sagen. Dann werde ich zu Nick ziehen.”

Nick. Ihr gemeinsamer Freund, sein Partner und ein Mann, der ausgesprochen attraktiv auf Frauen wirkte. Das kam gar nicht infrage. “Hast du schon mit Nick gesprochen?”

“Noch nicht.”

Immerhin war Cat zuerst zu ihm gekommen.

Er und Nick kannten sich schon aus der Sandkiste. Als sein Vater sich scheiden ließ und Cats Mutter heiratete, hatten auch Nick und Cat sich angefreundet. Luke war zwar nicht eifersüchtig auf ihr enges Verhältnis, aber er war doch froh, dass Cat nicht gleich zu Nick gegangen war.

“Aber, Cat, so meine ich das doch nicht. Natürlich kannst du gern so lange bleiben, wie du willst. Außerdem wirst du Schwierigkeiten haben, in San Francisco eine Wohnung zu finden. Aber das macht nichts, ich wollte das Apartment sowieso nicht aufgeben, auch wenn mein Haus fertig ist. Denn oft wird es abends doch sehr spät. Und wenn ich in ein paar Monaten in das Haus außerhalb der Stadt ziehe, dann kannst du hier bleiben. Wir müssen uns nur absprechen, wer im Bett und wer auf dem Sofa schläft.”

“Macht es dir wirklich nichts aus?”

“Ganz bestimmt nicht. Allerdings habe ich eine Bedingung. Dieses Mal musst du deine Sachen auspacken. Das letzte Mal hast du vierzehn Tage nur aus dem Koffer gelebt. Wenn du hier lebst, sollst du es dir auch gemütlich machen und dich richtig zu Hause fühlen.”

Cat entspannte sich sichtlich. “Vielen Dank, Luke. Und dein Haus, das wird tatsächlich bald fertig sein?”

“Ja, es wird sehr schön. Du kannst gern morgen mit mir kommen und mir helfen.” Er musste lachen, als sie versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. “Da du sowieso schon das Bett besetzt hattest, solltest du auch den Rest der Nacht darin verbringen. Ich nehme das Sofa. Wir können morgen alles Weitere besprechen.”

“Ich bin nicht müde. Wie wäre es mit einer heißen Schokolade?”

“So etwas habe ich nicht.”

“O doch. Ich habe noch eingekauft, bevor ich herkam.” Sie streckte ihre langen Beine und stand auf. Auch Luke erhob sich, und sie standen sich dicht gegenüber.

Er hatte ganz vergessen, wie groß sie war. Ihr Mund war beinahe auf einer Höhe mit seinem.

Wenn er ein bisschen in die Knie ging, und wenn Cat sich auf die Zehenspitzen stellte ...

Wenn nicht Cat, sondern irgendeine andere begehrenswerte Frau jetzt vor ihm stehen würde, hätte er ihr ohne Zögern die Arme um die schlanke Taille gelegt, sie an sich gezogen und geküsst, bis sie beide keine Luft mehr bekommen hätten. Er schüttelte leicht den Kopf, um diesen Gedanken zu vertreiben.

Luke folgte ihr in die Küche und starrte währenddessen auf Cats kleinen straffen Po. Ihr Gang war lässig und aufregend zugleich, und im Vergleich zu ihr bewegten sich alle Models wie Aufziehpuppen.

Luke setzte sich an einen kleinen Tisch, der unter dem Fenster stand, während Cat die Milch für die Schokolade erhitzte. Sie kannte sich in seiner Küche gut aus, denn sie hatte sie selbst eingerichtet, als er vor zwei Jahren hier eingezogen war.

“Danke.” Luke nahm den Becher mit dem dampfenden Kakao entgegen und wartete, bis Cat sich auf den Stuhl ihm gegenüber gesetzt hatte. Dann sah er sie ernst an. “Die ganzen Jahre warst du durch Dad an das Haus gefesselt, Cat. Ich verstehe gut, dass du endlich mal etwas erleben willst. Und San Francisco ist dazu auch sicher gut geeignet. Aber meinst du nicht, dass das für dich eine große Umstellung sein wird?”

Cat setzte den Becher ab und fuhr mit der Zungenspitze über ihre Lippen. Luke beobachtete sie unablässig. Wenn sie so weitermacht, dachte er, werde ich mit dreiunddreißig meinen ersten Herzanfall bekommen.

Sie sah kurz zur Seite, blickte ihm dann aber wieder direkt in die Augen.

“Okay, Cat, nun sag schon. Was hast du vor?”

“Ich?” Sie sah ihn aus weit geöffneten Augen an. “Gar nichts.”

“Das erste Mal hast du mich so angesehen, als du behauptetest, du wolltest gar nicht mit dem Zirkus auf und davon. Obgleich wir dich dort ganz in der Nähe aufgegriffen hatten.”

Cat lachte. “Ich schwöre, ich will nicht zum Zirkus.”

Wieder nahm sie einen Schluck Kakao, und er betrachtete ihre schlanken Hände mit den kurzen unlackierten Nägeln. Wie sie sich wohl auf seiner Haut anfühlen würden?

Er blickte ihr ins Gesicht. Im Gegensatz zu ihrer Mutter war Cat immer vernünftig gewesen und irgendwie erfrischend unschuldig. Sie war das, was man ein gutes Mädchen nannte, eine wahrscheinlich aussterbende Spezies. Trotz ihres wohlproportionierten verführerischen Körpers wirkte sie natürlich.

Cat wurde ernst. “Ich bin zu dir gekommen, weil ich keinen anderen Mann kenne, dem ich vertrauen kann. Ich habe nämlich ein Problem.”

Er sah sie bestürzt an. “Möchtest du, dass er dich heiratet, oder soll ich ihn zusammenschlagen?”

Sie hob überrascht den Kopf. “Heiraten? Zusammenschlagen? Wen denn?”

“Den Mann, von dem du schwanger bist!”

Cat fragte sich, ob Luke den Verstand verloren hatte. “Aber ich habe noch nie mit einem Mann geschlafen, Luke.”

“Was?” Er starrte sie an wie eine Erscheinung. Dann strich er sich das Haar zurück. “Entschuldige, Cat, da habe ich wohl etwas missverstanden.”

“Allerdings.” Sie lächelte kurz. Luke fragte sich, warum er das Gefühl nicht loswurde, dass sie ihm etwas sagen wollte, das er im Grunde nicht hören wollte.

Er hatte mit dem Schlimmsten gerechnet und sich lächerlich gemacht. “Wobei kann ich dir dann helfen? Wo liegt das Problem? Suchst du einen Job? Wir finden bestimmt etwas.”

Sie sah ihn ernst an. “Ich brauche keine Hilfe bei der Jobsuche. Ich möchte, dass du mir hilfst, einen Mann zu finden.”

2. KAPITEL

“Nun sag doch schon irgendwas!” Cat drehte nervös den Becher in den Händen, während Luke sie fassungslos ansah.

Schon zu Hause hatte sie sich diesen Plan zurechtgelegt und gehofft, nichts weiter erklären zu müssen. Wenn sie Luke um seine Hilfe bitten würde, musste er dann nicht sofort vor ihr auf die Knie fallen und ihr seine Liebe gestehen? Aber was war, wenn er es nicht tat?

Darüber hatte sie noch nicht genau nachgedacht. Sie hatte nur alle Brücken hinter sich abgebrochen und sich darauf verlassen, dass Luke sie nicht zurückweisen würde. Nicht wieder.

Zehn Jahre waren seit damals vergangen, und sie beide waren zehn Jahre älter geworden. Cat war nicht mehr der impulsive Teenager von damals, und sie kannte Luke jetzt besser. Sie wusste, dass ihr Plan nur funktionieren konnte, wenn die Verführung von ihm ausgehen würde. Bisher starrte er sie allerdings immer noch mit offenem Mund an.

“Also?”, fragte sie leise. “Was sagst du dazu?”

“Ich bin sprachlos.”

“Los, Luke, hast du keine Vorschläge?” Sie griff in ihre Tasche und zog einen großen Notizblock heraus. Über die erste Seite schrieb sie in großen Buchstaben “Mögliche Ehemänner”. Damit wollte sie Luke Zeit geben, sich zu fassen. Sie sah hoch. Er fixierte sie aus zusammengekniffenen Augen.

“Was ist?”, fragte sie harmlos.

“Was meinst du damit? Ich soll dir helfen, einen Mann zu finden? Aber du hast doch eine tiefe Abneigung gegen die Ehe.”

“Nein, ich nicht, aber du.” Sie musste die Ruhe bewahren, sagte sich Cat. “Ich hasse die Art von Ehe, wie sie meine Mutter führt. Wenn ich ihre Veranlagung nun geerbt habe? Vielleicht bin ich meiner Mutter ähnlicher, als ich bisher annahm. Auf alle Fälle traue ich meiner Urteilskraft nicht.”

“Aber meiner? Du weißt doch, dass ich von der Ehe überhaupt nichts halte.”

Allerdings wusste sie das. “Eines Tages wirst auch du der richtigen Frau begegnen.”

“Nein”, sagte er knapp. “Ganz sicher nicht. Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, wie du nach den Erfahrungen mit deiner Mutter überhaupt an eine Ehe denken kannst.”

“Mit deiner Hilfe werde ich ihre Fehler vermeiden.”

“Aber warum willst du unbedingt heiraten?”

“Weil ich zu jemandem gehören und für ihn sorgen möchte. Das ist mir nach dem Tod deines Vaters ganz klar geworden. Ich bin gern zu Hause. Ich weiß, heutzutage ist es gar nicht üblich, nicht Karriere machen zu wollen, aber ich habe keine Lust dazu. Mir machen meine Aktiengeschäfte Spaß, und solange ich meinen Computer habe und eine Telefonleitung, kann ich überall arbeiten. Doch es würde mir auch nicht schwerfallen, das jederzeit aufzugeben. Es klingt altmodisch, ich weiß, aber ich wünsche mir einen Ehemann, den ich liebe und der mich liebt. Vielleicht auch Kinder. Und Hunde und ein Haus mit einem großen Garten. Ist das zu viel verlangt?” Sie runzelte die Stirn. “Wo gehst du hin?”

“Ich will uns noch etwas Schokolade machen.”

“Da ist noch welche.” Sie reichte ihm ihren Becher und beobachtete, wie er die heiße Flüssigkeit in seinen Becher goss. Die Bewegung seiner Muskeln war unter dem dünnen Sweatshirt gut zu erkennen. Cat atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Luke hatte nie auch nur den geringsten Zweifel daran aufkommen lassen, dass er nicht heiraten wollte. Das hatte er Cat klipp und klar gesagt, als seine eigene Mutter das dritte Mal heiratete. Er misstraute diesen Eheversprechen gründlich, wie Cat im Grunde auch. Mit dem Unterschied, dass sie bereit war, es auszuprobieren.

Er riss eine Schranktür auf, nahm hastig eine Flasche heraus und goss sich einen kräftigen Schuss ein. Dann stellte er die Flasche hart auf die schwarze Granitplatte.

“Gibt es irgendetwas zu feiern?”, fragte sie, als er beide Becher wieder auf den Tisch stellte.

“Wieso? Was meinst du?” Er griff nach der Flasche und stellte sie mitten auf den Tisch. Dann ließ er sich auf seinen Stuhl fallen und fuhr sich nervös durchs Haar, bis es nach allen Seiten hin abstand.

“Na ja, eigentlich haben wir ja noch nichts zu feiern, aber warum nicht?” Sie griff nach der Flasche, aber Luke nahm sie ihr schnell aus der Hand. Auch okay, sie mochte sowieso keinen Alkohol.

“Bist du denn verrückt geworden, Cat?” Er schloss kurz die Augen und rieb sich die Schläfen. “Wenn du so dringend für jemanden sorgen willst, dann schaff dir doch einen Hund an.”

“Das ist nicht ganz dasselbe, Luke.”

So erschöpft er auch wirkte, er war immer noch der aufregendste Mann, den sie je gesehen hatte. Viel zu sexy für die langweilige Cat Harris. Aber sie wollte ihn trotzdem. Ebenso wie sicher Millionen anderer Frauen. Luke Van Buren war der Inbegriff des Playboys. Er musste sich nie um Frauen bemühen, die Frauen rannten ihm die Tür ein. Und er liebte Frauen, behandelte sie gut und kümmerte sich um sie – solange eine Beziehung eben dauerte.

Luke Van Buren lebte nach der Devise “aus den Augen, aus dem Sinn”. Cat hatte jahrelang das Kommen und Gehen seiner Freundinnen beobachten können. Die Beziehungen hatten nie besonders lange gehalten, was ihr im Hinblick auf ihre eigenen Pläne nicht gerade Mut machte. Aber wenn sie es nicht versuchte, würde sie nie wissen, ob sie als Paar eine Chance hätten.

Luke liebte seine Unabhängigkeit. Für Cat waren Sicherheit und Beständigkeit wichtig. Er liebte die Abwechslung, sie wollte heiraten.

Sie begehrte ihn. Er begehrte sie nicht.

Als sie beschlossen hatte, nach San Francisco zu kommen, hatte sie Luke eigentlich bitten wollen, ihr bei der Suche nach einem Liebhaber und nicht nach einem Ehemann zu helfen. Da er selbst keinerlei Absichten hatte, zu heiraten, wäre das der Wahrheit näher gekommen. Aber sie hatte diesen Plan wieder verworfen, denn Luke hätte das schlichtweg abgelehnt.

“Hast du denn während der Jahre, die du wegen der Betreuung meines Vaters im Haus verbracht hast, vollkommen den Verstand verloren?”

“Nicht, dass ich wüsste. Aber es ist doch ganz einfach, Luke. Du kennst doch sicher eine Menge alleinstehende Männer. In vielen Kulturen gibt es so etwas wie Ehevermittler. Was durchaus Sinn macht, wenn man es genau betrachtet. Die Scheidungsrate der Zufallsbekanntschaften ist immens hoch, und unsere eigenen Mütter sind daran wahrscheinlich nicht ganz unschuldig.”

Wieder goss er sich einen kräftigen Schuss der bernsteingelben Flüssigkeit ein. Seine Fingerknöchel traten weiß hervor, als er den Becher umfasste. Immer noch schwieg er.

“Du bist intelligent. Du kennst mich. Du magst mich. Du bist der perfekte Ehevermittler. Du brauchst mir doch nur ein paar deiner Freunde vorzustellen, die die Ehe nicht rundweg ablehnen, und ich übernehme dann den Rest.”

Cat griff nach dem Kugelschreiber und malte eine dicke Eins auf die linke Seite des Blocks. “Wer steht zum Beispiel in deinem Adressbuch unter A?”

Das ist sicher die Strafe dafür, dass ich in einem früheren Leben etwas Fürchterliches getan habe, dachte Luke, als er leise die Schlafzimmertür öffnete. Er hatte sich einige Stunden lang schlaflos auf dem Sofa herumgewälzt und beschlossen, kalt zu duschen. Allerdings musste er dazu das Schlafzimmer durchqueren, in dem Cat schlief.

Er verstand Cat nicht. Das ganze Leben lag vor ihr. Sie sollte ihre Unabhängigkeit endlich genießen und nicht an Ehe denken. Zumal ihre Mutter, wenn er richtig rechnete, doch mindestens acht Mal verheiratet gewesen war.

Abwechslung war die Würze des Lebens. Warum sollte man sich nur auf eine Person konzentrieren? Wie konnte ein Mensch für einen anderen vollkommen genug sein? Das war nicht logisch und auch nicht besonders schlau. Und Cat war doch normalerweise so vernünftig und so einsichtig.

Letzte Nacht war sie zu müde gewesen und hatte seinen Argumenten nicht folgen können, aber heute würde er sie schon zur Vernunft bringen. Die Sonne schien bereits hell in den Raum, und Cat lag quer über der Matratze. Sie hatte immer noch sein Sweatshirt an, allerdings die Jeans ausgezogen, und das Licht schimmerte auf ihrer nackten Haut. Wie gern hätte er ihr über die Beine gestrichen, hätte jede Sommersprosse einzeln geküsst.

Er stürzte ins Bad und schloss rasch die Tür hinter sich. Geschafft. Nach einer langen eiskalten Dusche fühlte er sich wieder besser. Als er die Badezimmertür öffnete, erblickte er Cats lächelndes Gesicht. Sein Herz machte einen Sprung, als er sie da in seinem Bett sitzen sah.

“Guten Morgen.” Sie gähnte und streckte sich wie eine Katze.

“Sieh zu, dass du deinen Hintern hochkriegst”, sagte er mürrisch und wühlte in seinen Schubladen nach frischer Wäsche. Mit einer Hand hielt er das Handtuch fest, das er sich um die Hüften geschlungen hatte. “Wir haben viel zu tun.” Vor allem musste er dringend mal wieder waschen. Er warf Cat über die Schulter einen Blick zu. “Bist du wach?”

Cat nickte und kletterte aus dem großen Bett. “Allerdings, großer Bruder. In zehn Minuten stehe ich zu deiner Verfügung.” Sie tappte ins Badezimmer und zog die Tür zu. Er ließ das Handtuch fallen und zog sich die Unterwäsche über die feuchte Haut.

Cat schloss die Tür nicht ab. Jetzt stellte sie die Dusche an. Luke hatte deutliche Vorstellungen von ihr und Schwierigkeiten, den Reißverschluss der Jeans zuzuziehen.

Das Schlafzimmer roch nach Cat, ein leichter Blumenduft. Er suchte in der großen Schublade nach einem Sweatshirt, fand eins, das nicht zerknüllt aussah, und zog es über.

“Luke?” Das Wasser rauschte immer noch.

Er schloss die Augen. “Ja?”

“Sind dir schon ein paar Namen eingefallen?” Das Wasser wurde abgedreht. “Wo sind denn die Handtücher? Ach ja, hier.”

“Wir werden das alles in Ruhe besprechen.”

“Was? Ich kann dich nicht verstehen.” Die Tür öffnete sich. “So, jetzt ist es besser.” Sie trat aus der Tür, ein Handtuch um den Körper geschlungen. “Hast du schon Vorschläge?”

Er bückte sich schnell und tat so, als müsse er sich die Schuhbänder neu binden. “Ich habe gesagt, wir werden das besprechen.”

Ihr Gesicht war rosig angehaucht, um den Kopf hatte sie ein Handtuch wie einen Turban geschlungen. Und diese endlosen Beine!

Wenn es eine andere Frau wäre ... Aber es war Cat. Und er würde sich lieber den eigenen Zeh abbeißen, als ihr wehzutun. Sie gehörte nicht zu den Frauen, mit denen man nur Spaß hatte. Sie war treu und beständig.

Sie waren zwar nicht blutsverwandt, aber ihre Beziehung zueinander war dennoch so, dass eine Affäre nicht infrage kam. Er war für sie der große Bruder, auf den sie sich verließ, und das durfte er nie vergessen.

“Hoffentlich bald”, sagte sie und zog sich das Handtuch vom Kopf. “Ich werde schließlich nicht jünger.”

“Wer wird das schon?” Er ging zur Tür, wandte sich dann aber noch einmal um. Das rote Haar fiel ihr nass und ungekämmt auf die nackten Schultern und kringelte sich zwischen ihren Brüsten. “Los, beeil dich und zieh dich an. Es ist schon nach zehn, und ich habe einen Bärenhunger.”

Er schloss die Tür hinter sich und hatte das Gefühl, gerade noch knapp einer großen Gefahr entronnen zu sein.

“Oh, bitte, Luke, nicht so schnell!”, schrie Cat, als die Harley um die Ecke schoss. Sie presste sich fester an ihn und umklammerte mit beiden Händen Lukes breite Gürtelschnalle.

“Beug dich zur Seite, Cat!”

Sie legte sich in die Kurve und hatte das Gefühl, ihr Helm würde jeden Moment den Asphalt berühren.

Luke hatte ihr noch nicht einmal Zeit gelassen, ihr Haar zu trocknen. Sowie sie in Jeans und einem seiner weiten Sweatshirts erschienen war, war er mit ihr in die Parkgarage gefahren, war auf seine riesige schwarze Harley Davidson geklettert, hatte ihr einen Helm gegeben, den Motor angelassen und ihr befohlen, sich dicht hinter ihn zu setzen und sich festzuhalten.

Die Geschwindigkeit machte Cat Angst, aber sie sollte sich lieber an den beißenden Fahrtwind gewöhnen, der ihre Augen tränen ließ, denn Luke liebte sein Motorrad.

Sein Haus lag eine Stunde südlich von San Francisco, an einer der engen und kurvigen Küstenstraßen. Cat schloss die Augen und drückte ihre eiskalte Nase gegen seine Lederjacke. Sie musste an das erste Mal denken, als er sie mitgenommen hatte. Sie war damals zehn gewesen und er siebzehn.

Luke hatte sie damals nur mitgenommen, weil sein Vater darauf bestanden hatte. Sie sollte die Erste sein, die mit ihm auf dem neuen Motorrad fuhr, und ihr war ganz elend gewesen vor Angst. Luke war darüber so wütend geworden, dass er die ganze Zeit geflucht hatte. Ihre Augen hatten wie verrückt getränt, und Luke und sein Vater hatten sich hinterher fürchterlich gestritten.

“Lass mal ein bisschen los, Cat, ich kriege ja keine Luft.”

Aber Cat achtete nicht darauf. Nur wenn sie sich ganz fest an ihn klammerte, konnte sie die Fahrt einigermaßen ertragen. “Sind wir nicht bald da?”

“Noch lange nicht.” Er lachte, und sie fühlte, wie sein Oberkörper dabei vibrierte.

“Bitte, halt mal eine Sekunde an”, bat Cat, als Luke von der Asphaltstraße auf einen ungepflasterten Weg einbog, der schon zu seinem Grundstück gehörte. Der Küstennebel hatte sich verzogen, sodass man im Sonnenschein die Wellen des Pazifiks glitzern sah. Cat sog tief die frische Luft ein, während sie sich von dem Beifahrersitz schwang.

Sie nahm den Helm ab, beschattete die Augen mit der Hand und blickte auf das weite Meer. Immer noch schlug ihr Herz schnell, kein Wunder, nachdem sie sich eine Stunde fest an Luke gepresst hatte. Aber sie wollte nicht darüber nachdenken, wie sie auf ihn reagierte, sondern wandte sich jetzt dem Haus zu. “O Luke, das ist fantastisch!”

Das Haus war ganz aus Holz gebaut und passte vollkommen in die Umgebung. Es war einstöckig und wirkte bereits jetzt so, als hätte es schon seit Ewigkeiten da gestanden. Große Zypressen umrahmten den Vordereingang, von dem aus man einen Blick auf das Meer hatte.

Plötzlich fühlte Cat, wie ihr die Tränen in die Augen stiegen. Solange sie denken konnte, war dieses Haus ein Wunschtraum von Luke gewesen. Als er sich entschieden hatte, Architekt zu werden, hatte er geschworen, ein Haus für sich mit seinen eigenen Händen zu bauen. Eigentlich erstaunlich für einen Mann, der in manch anderer Beziehung von Beständigkeit nicht so viel hielt. Ob ihm wohl bewusst war, wie schlecht sich ein eigenes Haus mit seiner Vorstellung von ständiger Abwechslung vertrug?

Obwohl Luke für die Erker und Simse der viktorianischen Häuser sehr viel übrig hatte, hatte er Cat mal erklärt, dass für ihn nur ein schlichtes Haus mit klaren Linien im modernen Stil infrage käme.

Sie blickte auf das große Panoramafenster, das auf das Meer hinausging. Das war ihre Idee gewesen, damals, vor vielen Jahren, als sie sich an einem regnerischen Winterabend über die ersten Skizzen gebeugt hatten. Vielleicht war es Luke nicht klar, aber ein Teil von Cats Träumen war hier in seinem Haus verwirklicht.

Schritte knirschten hinter ihr auf dem Kies, und sie fühlte plötzlich Lukes Hand auf ihrer Schulter. Schweigend standen sie da und betrachteten die Auffahrt zu dem Haus. Cat war sich nur zu sehr seiner Nähe bewusst. Sie spürte jeden einzelnen seiner Finger, seinen warmen Körper, der sie vor dem rauen Seewind schützte. Es roch nach Meer und frischem Holz.

Lukes Nähe hatte sie immer schon erregt. Und jetzt, nach dieser langen Fahrt, eng an ihn gepresst, musste sie dringend Abstand von ihm halten. Sie trat einen Schritt vor und lächelte ihn über die Schulter an. “Lass uns doch den Rest des Weges zu Fuß gehen, sodass wir ein Gefühl für die Umgebung bekommen.”

Luke zog eine Grimasse, und Cat musste lachen. Sie wusste, er fuhr lieber, als zu laufen, saß lieber, als zu stehen, und er telefonierte lieber, als dass er schrieb.

“Ein bisschen körperliche Bewegung ist gut für dich. Es ist doch höchstens eine halbe Meile.”

“Aber das sind Arbeitsstiefel”, sagte er und blickte auf seine Füße, “und keine Wanderstiefel. Außerdem muss ich mit meiner Energie sparsam umgehen, wenn ich nachher Nick und dich herumscheuchen will.”

Sie zuckte mit den Schultern. “Gut. Ich gehe und du fährst. Du wirst schon sehen, wie du dann mit vierzig aussiehst. Schlaff, schwächlich, füllig und wahrscheinlich auch kränklich. Aber das macht ja nichts”, sie lachte, “du wirst nicht der erste Mann sein, der mit einem Stützkorsett herumläuft.”

Luke seufzte, dann fasste er das Motorrad beim Lenker und schob es neben sie. “Ich gehe vier Mal in der Woche ins Fitness-Studio.”

Cat grinste. “Ich weiß auch, warum. Wegen der Frauen.” Die ganze Familie hatte sich über Lukes Trägheit amüsiert. Aber Cat musste zugeben, dass bisher von Verfettung nichts zu merken war. Im Gegenteil, Lukes muskulöser, durchtrainierter Körper hatte kein Gramm Fett zu viel.

“Wieso? Ich zahle meinen Mitgliedsbeitrag und kann dafür tun und lassen, was ich will.”

Wahrscheinlich legte er die Frauen schon auf der Massagebank flach. Vielleicht wirkte er ein wenig träge, aber in Bezug auf Frauen war er höchst aktiv. Cat hatte ihn oft genug dabei beobachtet, er war ein Meister im Flirten. Wie viele Frauen er wohl schon gehabt hatte? Und wie viele er noch haben würde? Aber sie wollte nicht länger darüber nachdenken. Sie war jetzt hier mit ihm an diesem herrlichen Frühlingstag. Und sie wollte jeden Augenblick genießen.

Auf beiden Seiten des sanften Hügels wuchsen Eichen, Pinien und Zypressen. Das nächste Haus war mindestens eine halbe Meile entfernt. Nur das Summen der Insekten war zu hören und der Wind, der vom Meer kam.

“Nick hätte schon längst da sein müssen”, sagte Luke und lehnte sein schweres Motorrad gegen einen provisorischen Schuppen an der Seite der halb fertigen vorderen Terrasse.

“Du behandelst den armen Mann ja wie einen Sklaven. Wir sind doch selbst gerade erst gekommen.”

“Er ist billig, aber er ist gut.” Luke grinste und blinzelte in die Sonne. “Und er bringt uns etwas zu essen mit. Wenn ich ihn nur dazu bringen könnte, seine Frauengeschichten etwas einzuschränken, dann könnte das Haus in einem Monat fertig sein.”

“Du hast dann einen langen Weg zur Arbeit”, sagte sie langsam, während sie darüber nachdachte, dass sie ihr Ziel nie in einem Monat würde erreichen können.

“Sicher, das Büro liegt nicht um die Ecke wie jetzt, aber eine Stunde Fahrzeit ist nichts heutzutage. Komm, ich will dir alles zeigen, bevor Nick kommt.”

Cat stieg langsam hinter Luke die breiten Stufen hinauf, die auf die große Terrasse führten. Mit jedem Schritt schien Luke die Qualität des Holzes zu testen. Seine Finger glitten beinahe liebevoll über das glatte Geländer. Ganz offensichtlich war er stolz auf seine handwerkliche Arbeit. Er liebte es, schöne Materialien zu berühren, und Cat wurde beinahe eifersüchtig auf das Holz.

Sie musste plötzlich an die Schulabschlussfeier denken, zu der sie nicht eingeladen worden war. Luke war über das Wochenende gekommen, um seinen Vater zu besuchen. Wie immer war er einfach in ihr Zimmer geplatzt und hatte sie in Tränen aufgelöst vorgefunden. Er hatte nicht gewusst, was er mit diesem weinenden weiblichen Wesen tun sollte, hatte ihr dann einfach die Bürste aus der Hand genommen und ihr das Haar gebürstet, stundenlang, solange sie miteinander redeten. Sie hatte ihn dabei im Spiegel beobachten können, und wenn sie sich hinterher auch nicht mehr erinnern konnte, worüber sie gesprochen hatten, so wusste sie eins: Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie bewusst sexuelle Erregung empfunden. Von da an hatte sich ihr Verhältnis grundlegend verändert, zumindest, was sie betraf.

Seit diesem Abend wusste sie, dass sie ihn liebte.

Noch heute erinnerte sie sich an den sanften Druck seiner Hände, seiner Finger in ihrem Haar, auf ihrem Nacken. Schluss jetzt, sagte sie sich, während sie hinter ihm wartete und er die schwere Eichentür aufschloss.

Plötzlich drehte er sich um und strahlte sie an. In der Sonne glänzte sein schwarzes Haar. Die ausgewaschene Jeans und der kurze Lederblouson unterstrichen noch seinen schlanken muskulösen Körperbau. Er machte eine einladende Geste. “Bist du bereit für die Zwanzigdollartour?”

“Zwanzig Dollar? Das ist ja eine ganze Menge.”

“Aber die Tour ist jeden Penny wert. Sei vorsichtig beim Gehen, es liegen noch eine Menge Nägel herum.”

Sie folgte ihm durch die quadratische Eingangshalle in das große Wohnzimmer. Überall lagen Werkzeuge und Holzlatten herum, standen Farbeimer, Schachteln mit Nägeln, und in der Mitte des Raums befand sich eine große Kreissäge. Helles Sonnenlicht fiel durch die Fenster, vor die Plastikfolie gespannt war. Es roch nach frischem Holz und Farbe. Cat ging an großen Rollen Isoliermaterial vorbei, bis sie vor dem gewaltigen Kamin stand.

“O Luke, der ist ja wunderschön!” Sie strich langsam über die großen Natursteine. “Hast du diese riesigen Steine einzeln herbeigeschleppt?”

Er sah sie beinahe empört an, dann zog er die Jacke aus und warf sie über eine Stehleiter. “Du machst wohl Witze? Dafür ist Nick doch da. Er brauchte unbedingt ein bisschen körperliche Ertüchtigung.”

Cat schüttelte lachend den Kopf. “Du bist wirklich schrecklich. Ihr habt doch sicher wieder gewettet. Worum denn diesmal?”

“Wer die meisten Brezeln essen konnte.” Er wölbte seinen Brustkorb vor, sodass sich sein schwarzes T-Shirt spannte und sich Cats Herzschlag beschleunigte. “Ich habe dreiundzwanzig geschafft.”

“Toll. Dir muss hinterher doch übel gewesen sein.”

“Ehrlich gesagt, ja. Aber es hat sich trotzdem gelohnt.” Er grinste und legte ihr den Arm um die Schultern. “Über zweihundert Feldsteine sind in dieser Wand verbaut”, sagte er stolz.

Cat sah zu der hohen Decke empor. “Das glaube ich gern. Aber ob ihr zwei wohl jemals mit dieser albernen Wetterei aufhört? Seit ich euch kenne, habt ihr um alles und jedes gewettet.” Sie schüttelte lächelnd den Kopf und trat wie unabsichtlich einen Schritt vor, um sich von Lukes Arm zu lösen. Die Nähe zu ihm ließ ihre Haut prickeln, und sie ging mit weichen Knien zu dem großen Fenster.

“O Luke, das ist einfach unbeschreiblich schön. Meinst du, dass es hier auch Wild gibt?”

“Aber sicher. Erst am letzten Wochenende habe ich eine Ricke mit ihrem Kitz gesehen.” Er kniff die Augen leicht zusammen und betrachtete Cat aufmerksam. “Alles in Ordnung?”

“Aber natürlich! Warum denn nicht?”

“Du bist irgendwie verändert.”

“Anders? Wieso?” Seit wann, fragte sie sich insgeheim.

“Das kann ich auch nicht sagen. Eben anders.”

Sie spürte seinen Blick, auch ohne sich umzusehen. Ihre Hände zitterten, und eine kräftige Röte stieg ihr in die Wangen. Plötzlich leuchteten ihre Augen auf. “Da ist Nick! Hat er ein neues Auto? Ich werde ihm tragen helfen.”

Sie schoss aus dem Raum, ehe Luke noch etwas sagen konnte. Verblüfft blickte er ihr hinterher.

Kopfschüttelnd folgte er ihr nach draußen und sah gerade noch, wie sie sich in Nicks ausgebreitete Arme warf. Nick hatte seinen auffallenden roten BMW neben Lukes Maschine geparkt, und Luke sah stirnrunzelnd zu, wie Cat und Nick ihm eng umschlungen entgegenkamen. Am liebsten hätte er Nick, seinen besten Freund und Partner, mit einem gut gezielten Haken zu Boden gestreckt. Diesen Ausdruck in Nicks Augen kannte er nur allzu gut.

Doch stattdessen zog Luke langsam einen Zwanzigdollarschein aus der Brusttasche und hielt ihn hoch. Nick grinste und zog ihm den Schein schnell aus den Fingern. “Vielen Dank, mein Sohn.”

Cat sah ratlos von einem zum anderen.

“Das Nummernschild. Es hat drei Dreien”, erklärte Luke und trat neben die beiden. Gemeinsam gingen sie die Stufen hoch, mussten aber vor der Tür stehen bleiben, weil sie nicht zu dritt hindurchpassten.

“Wir können doch einzeln gehen”, meinte Cat.

“Nein”, sagten Nick und Luke wie aus einem Munde. Nick zog eine Münze aus der Tasche. “Kopf oder Zahl?”

“Zahl.”

Nick warf die Münze hoch und fing sie geschickt wieder auf. “Kopf. Pech gehabt, Partner, ich bin dran.”

Luke trat einen Schritt zurück und folgte den beiden ins Haus. Heute war nicht viel Schwerarbeit zu tun. Vielleicht hätte er lieber auf Nick verzichten sollen.

3. KAPITEL

“Wirklich, Cat, du siehst einfach hinreißend aus!” Nick fasste Cat bei beiden Händen und sah sie langsam von oben bis unten an. Sie betrachtete ihn lächelnd. Sie kannte ihn seit fast zwanzig Jahren und mochte ihn sehr gern. Aber mehr war nicht drin, und sie wunderte sich selbst, warum dieser gut aussehende Mann in ihr nicht ähnliche Gefühle hervorrief wie Luke.

“In den letzten acht Monaten”, stellte sie fest, “hast du mich zwei Mal mehr angerufen als Luke. Und das war auch nicht besonders viel. Da musste ich doch einfach mal herkommen und sehen, ob ihr beiden auch keinen Unsinn macht.”

“Eins kann ich dir sagen, meine Süße. Wenn ich gewusst hätte, dass du noch hübscher geworden bist, hätte ich dich sicher drei Mal am Tag angerufen.”

Cat entzog ihm lachend die Hände. “Drei Mal am Tag? Worüber, um Himmels willen, hätten wir uns bloß immer unterhalten sollen?”

“Über dein sagenhaftes Haar, zum Beispiel.” Nick strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht, und seine Stimme wurde leise und dunkel. “Über deine Haut, deine Augen, deinen Mund ...”

“He, Stratton, nun hör schon auf. Bei Cat hast du mit deinen Schmeicheleien kein Glück.”

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