Hochzeitsnacht mit Hindernissen

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Einen total fremden Mann heiraten? Jenni ist geschockt. Doch weil sie ihre Farm nicht an ihren verhassten Cousin Ronald verlieren will, wird sie die Frau des charmanten William. Und die Nacht nach der Blitzhochzeit ist in jeder Hinsicht unvergesslich …


  • Erscheinungstag 28.03.2018
  • ISBN / Artikelnummer 9783733756109
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

PROLOG

„Harriet, könnten Sie ein Jahr ohne mich auskommen?“

„Wie bitte, Sir?“

„Im Ernst, Harriet. Denken Sie nach.“

Harriet dachte nach. Sie war fünfzig, an Probleme gewöhnt und ließ sich selten aus der Ruhe bringen – einer der Gründe, weshalb sie Williams rechte Hand war.

„Na ja, wahrscheinlich“, sagte sie langsam. „Walter und ich werden mit der Verwaltung schon fertig, und auf die Leiter Ihrer Hotels können Sie sich verlassen. Solange Sie erreichbar wären …“

„Ich dachte an Australien.“

Australien – was, um alles in der Welt, zog einen Geschäftsmann von Williams Kaliber dorthin?

„Aber hatten Sie nicht vor, sich in England zu etablieren?“, fragte sie langsam. „England wäre doch …“

„Nein. Mir schwebt eher Betangera vor.“ Als er Harriets verständnislose Miene sah, fügte er hinzu: „Das liegt an der Südwestküste Australiens und ist ein Paradies für Surfer.“

Über die Brillengläser hinweg betrachtete Harriet ihren Chef prüfend. William Brand war vierunddreißig Jahre alt und sah nicht aus, als würde er so dringend Entspannung brauchen, dass er ein Jahr mit Surfen verbringen müsste.

„Unwahrscheinlich, dass man dort unbedingt eines Ihrer Hotels braucht“, sagte sie zögernd. „Darf ich fragen, warum?“

„Warum?“ William rang sich ein Lächeln ab und deutete mit einer Kopfbewegung auf den Brief, der vor ihm auf dem Schreibtisch lag. „So dumm es klingt, aber ich muss alte Schulden zurückzahlen, die schon sehr lange überfällig sind.“

„Mr. Brand, dazu brauchen Sie nicht in der Welt herumzugondeln. Mit Ihrem Vermögen könnten Sie alle Schulden bezahlen, und wenn sie noch so hoch wären.“

„Diese hier nicht.“ Sein Lächeln verschwand, während er nach dem Brief griff. „Zumindest nicht mit Geld. Harriet, was würden Sie sagen, wenn ich noch einmal heiraten würde?“

„Heiraten!“ Harriet klang schockiert. Obwohl William mit vielen schönen Frauen ausgegangen war, hatte sie nie gehört, dass eine ihn wirklich interessiert hätte. Nicht nach Diana …

Gebranntes Kind scheut das Feuer, dachte Harriet. William Brand war der geborene Geschäftsmann, und nach Diana würde ihm nie mehr eine Frau über den Weg laufen.

„Sie wollen wieder heiraten?“

„Ich muss. Wenn sie mich haben will.“

Harriet schnaufte ungläubig. „Lieber Himmel, Mr. Brand, das wird wohl kein Problem sein! Die meisten Frauen …“

„Dieses Mädchen ist nicht irgendeine Frau.“ William betrachtete immer noch den Brief. „Verdammt, ich kann mich kaum an sie erinnern. Ich glaube, ich bin ihr damals begegnet: ein Kind mit Rattenschwänzen und einem frechen Grinsen … Und deshalb muss ich um die halbe Welt fliegen und herausfinden, was für eine Frau aus ihr geworden ist.“ William stand auf. „Zur Hochzeit kann ich leider keinen Stellvertreter schicken. Also, Harriet, es gibt viel zu tun. Ich möchte Ihnen und Walter alles sauber hinterlassen, damit ich in Ruhe heiraten kann.“

„Aber Mr. Brand …“ Harriet war zum ersten Mal wirklich sprachlos.

„Nur für ein Jahr“, beruhigte William sie. „Kommen Sie, Harriet, ich bin zurück, bevor Sie überhaupt merken, dass ich weg war. Sie wissen doch, ich bin nicht für die Ehe geboren.“

„Sie heiraten – für ein Jahr?“

„Das ist das Mindeste, was ich tun kann. Aber keine Minute länger! Diese eine Ehe war schon eine zu viel.“

1. KAPITEL

Auf der anderen Seite der Erde war Williams zukünftige Braut in Schwierigkeiten.

„Die Farm gehört mir!“, erklärte Ronald hämisch.

„Das Glück des Dummen!“

Jenni wusste selbst nicht, woher sie in diesem Moment ihre übliche Kaltschnäuzigkeit nahm. Denn laut Marthas eigenhändig aufgesetztem Testament hatte sie, Jenni, alles verloren.

Und nun?

Jenni Hartley war sechsundzwanzig Jahre alt, ihre Schwester Rachel fünf Jahre jünger, und Beth war erst fünfzehn. Jenni verdiente mit der Farm ihrer aller Lebensunterhalt.

Was sollte sie jetzt tun?

Sie hätte es vorhersehen müssen – Ronald war schon immer hinter der Farm her gewesen. Unglücklich blickte sie ihren Anwalt an, und der alte Mr. Clarins stand auf und drückte sie sanft auf den Stuhl zurück.

„Ruhig, Jenni. Noch ist kein Grund zur Panik.“ Doch insgeheim war er sich nicht so sicher. Er konnte wenig tun, da Martha ihn beim Aufsetzen ihres Testaments nicht hinzugezogen hatte.

Henry Clarins mochte Jenni. Schon als Kind hatte sie sich rührend um ihre Schwestern gekümmert und mit sechzehn, nach dem Tod ihrer Eltern, klaglos die Verantwortung für die Familie übernommen.

Und jetzt dies. Schatten lagen unter ihren grünen Augen, und ihr Gesicht war noch blasser als sonst. In den Jeans, dem weiten T-Shirt und den derben Schuhen wirkte sie sehr jung, und dieser Eindruck wurde durch das zu einem dicken Zopf geflochtene schwarze Haar noch verstärkt.

Sie ist noch ein Kind, dachte Henry mitleidig. Ein Kind, das nie die Chance gehabt hatte, Kind zu sein.

„Die Farm bist du los“, feixte Ronald, und Henry warf ihm einen angewiderten Blick zu.

„Ich glaube, Ihre Cousine versteht die Bedingungen des Testaments auch ohne Ihre Kommentare“, sagte er leise.

„William wird sie garantiert nicht heiraten.“ Ronald grinste hämisch. „Bis zum Ende des Monats haben sie und ihre Schwestern zu verschwinden. Unbegreiflich, dass meine Mutter ihnen die Farm überhaupt verpachtet hat. Ich werde sie verkaufen – es gibt schon Interessenten, die auf dem Gelände eine Ferienanlage errichten wollen.“

Die Farm war Jennis Lebenstraum, und Ronald würde sie in kürzester Zeit zerstören.

„Eine hervorragende Idee, Ronald“, sagte sie bitter. „Und wofür? Das Geld hättest du doch in einem Jahr für Drogen und Glücksspiele durchgebracht, und die Farm wäre für immer verloren.“

Ronald verzog das Gesicht zu einer hässlichen Grimasse, und Henry Clarins unterbrach Jenni hastig, um eine Szene zu vermeiden. „Jenni, ich habe mich mit William in Verbindung gesetzt. Die Bedingung …“

Ach ja. Die Bedingung, die Tante Martha eingefügt hatte, um ihr Gewissen zu beruhigen.

Jenni hatte immer gewusst, dass sie die Farm nicht erben würde, doch sie hatte gehofft, dass sie an William gehen würde, Marthas Stiefsohn, und dass der Pachtvertrag dann verlängert werden würde.

Doch William hatte nach dem Tod seines Vaters vor sechzehn Jahren die Farm verlassen, die einmal ihm gehören sollte, und war nie zurückgekehrt. Vor einigen Jahren waren dann in den Zeitungen Berichte über seinen Aufstieg in der internationalen Hotelbranche erschienen. Er hatte ein Vermögen gemacht, und deshalb hasste Martha ihren Stiefsohn umso mehr.

Daher also dieses Testament. Obwohl die Farm Williams Vater gehört hatte, erbte er sie nicht – es sei denn, er erfüllte diese eine boshafte Bedingung.

Ich hinterlasse die Betangera Beach Farm meinem Sohn Ronald, es sei denn, mein Stiefsohn William kehrt innerhalb eines Monats nach meinem Tod zurück und heiratet die Tochter meiner Schwester. Sollte die Hochzeit innerhalb von sechs Wochen nach meinem Tod stattfinden, und willigt William ein, hier zu leben und seine Hotels im Stich zu lassen, dann hinterlasse ich Jenni die Farm als Hochzeitsgeschenk.

Jenni meinte, Marthas raue, gehässige Stimme noch aus dem Grab zu hören. Wie oft hatte sie vorgeben müssen, für Marthas „Wohltätigkeit“ dankbar zu sein? „Sie sind die Kinder meiner toten Schwester“, erklärte Martha überall. „Ich tue, was ich kann …“

Ha! Diese scheinheilige alte Frau!

Martha hatte Jenni die Farm zu unmöglichen Bedingungen hinterlassen, aber ihr Gewissen war beruhigt.

„Ich hoffe, Petrus durchschaut dich“, sagte Jenni laut.

Der Anwalt blinzelte. „Wie bitte?“

Jenni schüttelte den Kopf, als wollte sie sich von einem Albtraum befreien. „Entschuldigung. Ich habe nur …“

„An William gedacht?“ Ronald betrachtete sie höhnisch. „Zeitverschwendung. Als ob er jemals nach Hause kommen und dich dann auch noch heiraten …“

Wie auf ein Stichwort wurde die Tür geöffnet, und William trat ein. William Brand …

Er war es tatsächlich. Jenni hatte Fotos von ihm in den Zeitungen gesehen, und sie erinnerte sich vage an einen schlaksigen Jugendlichen, doch die Wirklichkeit übertraf alles. Ein Blick genügte, und sie wusste, weshalb ihr Cousin ihn hasste.

Beide waren sonnengebräunt und hatten schwarze Haare, doch Ronald neigte zum Dickwerden, und William, schlank und gut gebaut, überragte ihn um mehr als einen halben Kopf. Seine breiten Schultern, die schmalen Hüften und muskulösen Beine waren sehenswert.

Jenni konnte den Blick nicht von ihm wenden.

Die Gegensätze zwischen den beiden Männern hätten nicht größer sein können. Ronald trug enge schwarze Jeans, die seinen Bauchansatz betonten, ein schwarzes T-Shirt und eine teure, aber abgeschabte Lederjacke. Er hatte sein dünnes, fettiges Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Williams dichtes Haar war kurz geschnitten und leicht zerzaust, als hätte er gerade einen Spaziergang am Strand gemacht. In seiner maßgeschneiderten Hose und dem kurzärmeligen, am Hals offenen Hemd wirkte er sehr attraktiv. Und nett.

Und sein Gesicht … Jenni betrachtete es fasziniert. Die weit auseinander liegenden Augen, von Lachfältchen umgeben, waren von einem wunderbaren Dunkelgrau. Sein Blick war ehrlich und offen, und wenn er lächelte, so wie jetzt …

Doch William lächelte sie nur flüchtig an, bevor er sich Ronald zuwandte, und das Lächeln verschwand.

„Also, kleiner Bruder“, sagte er leise. „Also…“

„William.“ Ronald war sichtlich entsetzt. „Was tust du hier?“

„Ich komme zur Beerdigung meiner Stiefmutter.“ Williams liebenswürdige, samtweiche Stimme ließ Jenni erschauern. „Und musste erfahren, dass sie schon heute Morgen stattgefunden hat.“ Wieder lächelte er, doch diesmal nicht freundlich. „Als meine Leute mich informierten, dass meine Stiefmutter gestorben sei, habe ich mich sofort auf den Weg gemacht.“

Meine Leute …

Welche Macht in diesen beiden Worten lag: eine Armee von Angestellten, die einzig dazu da war, William Brand zu dienen. Jenni spürte den Hass, der von Ronald ausging. Zwischen diesen Stiefbrüdern gab es keine Liebe.

Ronald wurde unruhig. „Was soll das? Für dich gibt es hier nichts zu holen. Du hast meine Mutter doch noch nie gemocht.“

„Unsere Mutter“, verbesserte William ihn. „Darauf hat sie immer bestanden. Sie war die Frau meines Vaters, und sie hat ihn beerbt. Aber du hast recht: Ich mochte sie nie, ebenso wenig wie dich. Ich habe dich damals nicht gemocht, und jetzt mag ich dich noch weniger.“ Als Ronald ihn verblüfft anblickte, fügte er hinzu: „Oh ja, ich habe mich auf dem Laufenden gehalten. Ich weiß mehr über dich, als du denkst.“

„Was denn?“, fragte Ronald beinahe schrill. „Es geht dich nichts an, was ich tue.“

„Nein“, gab William zu. „Aber ich frage mich, an wen du dich nach dem Tod deiner Mutter wenden wirst, wenn dir das Wasser bis zum Halse steht.“

„Ich brauche keine Hilfe!“

„Natürlich.“ William nickte. Es klang beiläufig, sehr höflich, und doch lag in seinen Worten etwas, das Ronald erschaudern ließ. „Du willst reich werden.“

„Ich bin reich.“ Ronald gewann wieder Oberwasser. „Du kannst nicht verhindern, dass ich das Geld meiner Mutter erbe.“

„Nein“, gab William zu. „Ich kann nicht verhindern, dass du Marthas und meines Vaters gemeinsames Haus erbst, das allerdings bis an die Grenze belastet ist – nachdem du schon das Vermögen meines Vaters durchgebracht hast. Mich interessiert nur die Farm.“

„Die Farm gehört mir.“ Ronald wurde blass, doch plötzlich begannen seine Augen, gierig zu funkeln. „Du kannst sie mir natürlich abkaufen – zu einem angemessenen Preis. Geld genug hast du ja wohl.“

„Niemals.“ Seit seinem Eintreten hatte William sich nicht von der Tür wegbewegt. Es war, als wollte er nur seinen Standpunkt klar machen und dann wieder gehen. Er beachtete Jenni und Henry gar nicht, sondern konzentrierte sich ganz auf Ronald. „Ich weiß, was die Farm wert ist. Und ich werde alles, wirklich alles tun, damit du sie nicht bekommst.“

Dann blickte er Jenni an, und zum ersten Mal schien er ein wenig unsicher.

„Wenn Jenni zustimmt, werde ich sogar heiraten“, sagte er leise und verglich sie insgeheim mit der verblassten Erinnerung an ein Mädchen mit Sommersprossen und Rattenschwänzen. Das Bild passte. „Du bist erwachsen geworden, aber … Du bist doch Jenni?“

„J…ja.“ Jenni war so erstaunt, dass ihr nichts anderes zu antworten einfiel.

Für William war es genug. Er lächelte sie an, und diesmal war es ein heiteres, strahlendes Lächeln.

Was für ein Mann!

„Wie schön, dich wieder zu sehen, Jenni“, sagte er freundlich. „Du hast dich sehr verändert, aber andererseits bist du immer noch das Mädchen von damals. Also, Jenni, würdest du mich heiraten?“

Schweigen.

Jenni blickte ihn benommen an und schüttelte dann ungläubig den Kopf. „Was …“ Sie schwieg. Zu viel stürmte auf sie ein, und ihr sonst so wacher Verstand verweigerte den Dienst.

Doch Ronald hatte schneller begriffen als sie. „So ein Unsinn“, stieß er hervor. Er war sehr blass geworden, und Jenni sah, dass er Angst hatte. Unsinn oder nicht, Ronald dachte, dass William es ernst meinte.

William beachtete ihn nicht mehr. Er konzentrierte sich ganz auf Jenni.

„Mr. Clarins, würden Sie uns einen Moment entschuldigen?“, fragte er den Anwalt, ohne Jenni aus den Augen zu lassen. „Wir haben etwas zu besprechen. Jenni, kommst du mit mir?“

Kommst du mit mir?

Jenni hatte diesen Mann zuletzt gesehen, als sie zehn und William achtzehn gewesen war. Sie hatte mit ihren Eltern an der Beerdigung von Williams Vater teilgenommen und keine zwei Worte mit ihm gewechselt.

Sie erinnerte sich, wie ihr Vater auf dem Heimweg im Auto von ihm gesprochen hatte. „Ich weiß nicht, was aus William werden soll“, sagte er. „Sein Vater hätte ihn wirklich in seinem Testament bedenken sollen. William ist ein anständiger Bursche, aber Martha hat etwas gegen ihn.“

Danach hatte Jenni jahrelang nichts von ihm gehört. William war einfach verschwunden, und jetzt …

Sie wusste überhaupt nichts von diesem Mann – und er redete von Heirat?

Lieber Himmel!

Was sollte sie tun?

Jenni drehte sich um und warf ihrem verhassten Cousin einen Blick zu, der von Ronald ausdruckslos erwidert wurde. Sie sah die Angst in seinem Gesicht, aber auch die Verachtung. Ronald scherte sich keinen Deut um sie und ihre Schwestern. Er würde sie von der Farm jagen, und ihr würde nichts bleiben.

Aber William – ihn heiraten?

„Jenni, es ist mir ernst“, sagte William leise. „Komm, lass uns reden.“

Ernst. Ha!

Doch merkwürdigerweise schien Ronald zu glauben, dass die boshafte Klausel im Testament sein Erbe zunichtemachen könnte.

Das gab den Ausschlag. Jenni erinnerte sich an all die Jahre, in denen er grob und verletzend zu ihr gewesen war. Seine Angst würde wahrscheinlich nicht lange andauern, doch sie wollte jeden Moment davon auskosten.

Jenni nahm sich zusammen, setzte ein Lächeln auf und spürte, wie schlagartig ihr Sinn für Humor zurückkehrte. Wenn Williams verrückter Vorschlag, sie zu heiraten, Ronald auch nur für einen Moment in Angst versetzen würde, dann war es das Ganze wert.

„Sollen wir gleich beim Standesamt vorbeischauen?“ Beinahe hätte sie gelacht. „Also, William …“ Sie stand auf und hakte sich bei ihm ein wie eine Ehefrau. Schade allerdings, dass sie in ihren verwaschenen Jeans neben dem weltmännischen William wie ein Landei aussah. Schade auch, dass sie ungefähr zwanzig Zentimeter kleiner war als er.

Aber egal – William führte Ronald an der Nase herum, und sie musste dabei sein. Ronald sollte ruhig ins Schwitzen geraten!

„Also los.“ Jenni lächelte verschwörerisch zu William auf. „Gehen wir heiraten!“

2. KAPITEL

Sie waren schon ein Stück von der Anwaltskanzlei entfernt, als Jenni endlich die Sprache wieder fand. Das Lachen war ihr vergangen, und es war Zeit, dem Spaß ein Ende zu machen. „William, hier ist mein Wagen. Ich fahre.“

William blieb stehen. „Jenni, wir müssen reden.“ Jetzt war er wieder ganz der Geschäftsmann, glatt und höflich.

Doch Jenni war nicht mehr zu Scherzen aufgelegt. Plötzliche Erschöpfung drohte sie zu überwältigen, und sie wollte nur noch nach Hause, sich aufs Bett werfen und heulen wie ein Schlosshund.

„Nein.“ Sie seufzte. „William, du hast Ronald Angst eingejagt, und das hat er verdient. Aber mehr kannst du nicht tun. Er bekommt die Farm.“

„Denk an die Klausel.“ William betrachtete sie seltsam.

„Ja. Aber deshalb wirst du mich doch nicht heiraten wollen.“ Sie atmete tief ein. „Oder ich dich. Ich brauche keinen Ehemann – und Schluss.“

„Aber du möchtest die Farm doch erben, oder?“

„Keine Spielchen, William.“ Jenni konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Morgen musste sie anfangen, Pläne zu machen. Wie sollte sie es nur Rachel und Beth beibringen? Rachel würde die Universität verlassen müssen. Dabei war sie schon im dritten Jahr ihres Medizinstudiums.

Und Beth – lieber Himmel, Beth …

„Jenni, ich meine es ernst. Wenn du nicht anderweitig gebunden bist – es macht mir nichts aus, dich zu heiraten.“

Das saß. Jenni betrachtete ihn ungläubig. „Lass die Scherze.“

„Ich habe doch gesagt, dass ich es ernst meine.“

„Aber … warum?“

Am Dienstag, dem Markttag, herrschte Hochbetrieb in Betangera, doch es war Freitag, und die Stadt lag verschlafen in der Sonne.

William und Jenni waren allein. Allein mit diesem absurden Vorschlag.

„Ich will nicht heiraten“, sagte Jenni ehrlich.

„Warum nicht? Bist du in einen anderen Mann verliebt?“

„Nein, aber …“

„Oder willst du Nonne werden? Oder … Du bist doch nicht etwa lesbisch?“

Der Mann lachte sie aus! Ein grotesker Vorschlag wie dieser, und dieser Mann lachte!

„Nein.“ Jenni schüttelte wild den Kopf. „Aber heiraten – niemals!“

„Und dafür bin ich um die halbe Welt gereist.“

„Warum?“, wiederholte Jenni.

„Weil ich Ronald nicht mag.“

„Die meisten verabscheuen Ronald, aber heiraten wollen sie mich trotzdem nicht.“

„Wenn du mich heiratest, kann ich verhindern, dass er die Farm meines Vaters bekommt. Und das bedeutet mir mehr als alles auf der Welt.“

Stille. Einige Möwen schwebten abwartend über ihren Köpfen und wandten sich dann dem Hafen zu.

Schließlich brach Jenni das Schweigen. „Ich mag Ronald ebenso wenig wie du. Aber ich hasse ihn nicht.“ Sie sah William in die Augen, aus denen jetzt jedes Lachen verschwunden war. Dieser Mann meinte es wirklich ernst. „Ich würde mich seinetwegen nicht zu einer Verzweiflungstat hinreißen lassen.“

„Wäre es eine Verzweiflungstat, mich zu heiraten?“

Was für eine verrückte Frage!

Jenni hatte nie an Heirat gedacht, dazu kannte sie genug abschreckende Beispiele: ihre Tante und ihren Onkel, auch ihre Eltern. Nein, vielen Dank!

Außerdem hatte sie zu wenig Zeit für einen Freund oder einen Ehemann. Und sie kannte William nicht einmal.

„Natürlich wäre es das“, antwortete sie geduldig. „Ich kenne dich nicht. Du könntest zehn Ehefrauen haben und drei weitere im Keller versteckt halten, und ich wüsste es nicht. Du und ich verheiratet – eine seltsame Idee!“

William versuchte es mit einem Lächeln. „Das finde ich nicht, Jenni. Ich schwöre, ich halte keine Ehefrauen im Keller versteckt – ich habe nicht einmal einen, denn ich wohne in einem Penthouse. Weshalb sollte es also seltsam sein, dass ich dich heiraten will?“

„Du willst es gar nicht wirklich.“

„Doch.“

„Weil du Ronald hasst.“

„Ja.“ Wieder lächelte William, und dieses Lächeln zog Jenni in seinen Bann. Er betrachtete sie von Kopf bis Fuß, und trotz ihrer einfachen Aufmachung schien sie ihm zu gefallen. „Ja, ich hasse Ronald“, gab er zu. „Aber es würde mir nicht unbedingt widerstreben, dich zu heiraten.“ Sein Lächeln wurde breiter.

„Na, vielen Dank!“ Ganz gegen ihren Willen errötete Jenni. Sie war es nicht gewohnt, dass Männer sie so anblickten.

Sie war an Männer überhaupt nicht gewöhnt.

„H…hör mal, das ist einfach Unsinn“, sagte sie stockend. Lieber Himmel, dieser Mann brachte sie aus dem Gleichgewicht! „Erwartest du etwa, dass ich dir dankbar um den Hals falle und mit dir zum Standesamt renne?“

„Nein.“ William nahm ihre Hände. „Wir könnten gar nicht sofort heiraten, denn in diesem Land muss man einen Monat vorher das Aufgebot bestellen. Trotzdem, Jenni, es ist kein Unsinn, und ich erwarte auch keine Dankbarkeit. Denk mal nach.“

Sie betrachtete ihre Hände, die in Williams ruhten. Ihre Handflächen waren voller Schwielen, die Nägel rissig von ständiger harter Arbeit. Williams Hände waren viel größer als ihre, sonnengebräunt, schlank und stark, und sie lösten ganz merkwürdige Gefühle in ihr aus.

„Denk nach, Jenni“, wiederholte er sanft. „Vergiss deine Skrupel. Ich brauche dich – und ich glaube, du brauchst mich.“

Jenni versuchte nachzudenken. Doch es fiel ihr schwer – er war ihr zu nahe, er war einfach zu überwältigend.

Was, um alles in der Welt, war mit ihr los?

Jenni war seit ihrer Kindheit unabhängig gewesen und seit ihrem sechzehnten Lebensjahr völlig auf sich gestellt, ständig mit dem Rücken an der Wand. Sie war es gewohnt, ihre Kämpfe allein auszufechten und ihre Schwestern zu beschützen.

Doch plötzlich … Sein fester Griff erschütterte sie bis in die Grundfesten. Er machte ihr klar, wie furchtbar allein sie war, allein und in die Enge getrieben, und dass die Hindernisse in ihrem Weg sich immer höher türmten.

Wenn er es ernst meinte …

Aber das war unmöglich.

„Bitte nicht …“ Jenni schwieg. Sie würde nicht weinen. Sie wollte es nicht!

„Jenni, es ist mir ernst“, sagte William eindringlich. „Sonst würde ich dich nicht bitten, mich zu heiraten. Ich weiß, dass die Farm dein Zuhause ist.“

„Woher?“

„Weil ich mich auf dem Laufenden gehalten habe. Die Farm war auch mein Zuhause, wo ich mit meinen Eltern gelebt habe, bis meine Mutter starb und mein Vater wieder heiratete. Ich habe immer ein Auge auf die Farm gehabt, und ich werde nicht dulden, dass Ronald die Farm bekommt.“

Jenni sagte langsam: „Ich habe in der Zeitung über dich gelesen. Du bist reich. Wenn du die Farm haben willst, kannst du sie Ronald abkaufen.“

„Nein. Dieser miese Kerl wird von mir kein Geld bekommen. Wenn du mich heiratest, erbst du nach zwölf Monaten die Farm. Wenn du willst, kaufe ich sie dir ab, aber nicht Ronald.“

„Zwölf Monate …“

„Meine Anwälte haben mir versichert, dass der Klausel Genüge getan ist, wenn ich ein Jahr hier lebe. Danach lassen wir uns scheiden und führen jeder unser eigenes Leben.“

Sein Lächeln war einfach bezwingend.

„Es ist also keine Sache von Dauer, Jenni. Du musst mich nur für zwölf Monate als Ehemann in Kauf nehmen, und danach kannst du machen, was du willst. Was meinst du?“

Jenni blinzelte. „Dass du verrückt bist“, stieß sie hervor.

„Ja, ich bin verrückt.“ William betrachtete ihre ineinander verschlungenen Finger und lächelte ironisch. „Jenni, Ronald ist ein mieser kleiner Gauner. Das war er schon damals.“

„Aber …“

Doch William ließ sich nicht unterbrechen. Ihm lag viel daran, dass Jenni ihn verstand. Seine Miene wurde immer finsterer, während er sich erinnerte.

Autor

Trisha David
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