Im Bann des stolzen Italieners

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Diese Arroganz, gepaart mit Sex-Appeal! Als die junge Liza den attraktiven Unternehmer Fausto Danti in einer exklusiven Londoner Bar trifft, ist sie ungewollt fasziniert. Obwohl der stolze Italiener sich zunächst desinteressiert gibt, prickelt es immer sinnlicher zwischen ihnen. Bei einem zufälligen Wiedersehen ist die gegenseitige Anziehung schließlich übermächtig, und Liza lässt sich zu einer zärtlichen Liebesnacht verführen. Doch während sie sich danach eingesteht, dass sie ihr Herz verloren hat, überrascht Fausto sie mit einem verletzenden Angebot …


  • Erscheinungstag 11.01.2022
  • Bandnummer 2527
  • ISBN / Artikelnummer 9783751509428
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Du errätst nie, wer gerade durch die Tür gekommen ist!“

Liza Benton schaute ihrer Schwester in das errötete Gesicht und lachte. „Bestimmt nicht. Ich kenne hier keinen.“ Sie sah sich in der vollen Bar in Soho um. Poliertes Holz, Barhocker aus Chrom, laute Musik, teure Cocktails. Überall glamouröse Leute, die sehr viel mehr Geld und Modebewusstsein hatten als sie und denen es wichtig war, beides zur Schau zu stellen.

Liza war erst vor sechs Wochen aus dem ländlichen Herefordshire nach London gezogen und kam sich immer noch ein bisschen wie eine kleine graue Landmaus vor, verloren unter den eleganten, selbstbewussten Stadtmäusen. Unterdessen war ihre kleine Schwester Lindsay, die sie mit ihrer Mutter Yvonne dieses Wochenende besuchte, fest entschlossen, die Mäusekönigin zu sein – oder zumindest die Barkönigin.

Lindsay hatte ihr und ihrer älteren Schwester Jenna erzählt, Rico’s – die Bar, in der sie gerade saßen – wäre der Treffpunkt schlechthin. „Da gehen alle hin, die den Ton angeben“, hatte sie gesagt, mit einer Abgeklärtheit, die ihre siebzehn Jahre Lügen strafte. Angesichts der Tatsache, dass sie kaum je ihr kleines Dorf in Herefordshire verließ, hatte Liza keine Ahnung, woher ihre Schwester das wusste und wieso sie sich so sicher war. Aber Lindsay hatte schon immer ein gesundes Selbstvertrauen besessen und war sich auch ihrer eigenen Reize durchaus bewusst.

Als sie sich jetzt weiter umsah, fand Liza nicht, dass die Bar so etwas Besonderes war. Nicht, dass sie viel davon verstand. Sie war bisher nicht oft in Bars gewesen und hatte es auch nicht gewollt. Mit dreiundzwanzig hatte sie die meiste Zeit ihres Lebens damit verbracht, ihrer Familie zu helfen und ihren Abschluss zu machen. Mit Freunden wegzugehen oder sich zu verabreden, hatte bisher keine große Rolle für sie gespielt. Von einer unglücklichen Ausnahme abgesehen, an die sie lieber nicht mehr dachte.

„Sag schon, wer ist denn jetzt hereingekommen?“, fragte ihre ältere Schwester Jenna.

Atemlos ließ Lindsay sich neben ihr auf den Stuhl sinken. Sie schien entschlossen, das Drama voll auszukosten.

Ihre Mutter Yvonne nahm einen Schluck von ihrem Cocktail und schaute ihre jüngste Tochter erwartungsvoll aus weit aufgerissenen Augen an. Sie liebte Klatsch und Tratsch, genau wie Lindsay.

„Chaz Bingham!“

Liza und Jenna starrten Lindsay verständnislos an, aber Yvonne nickte und schnalzte mit der Zunge.

„Ich habe es letzte Woche in You Too! gelesen, er ist ein schwerreicher Firmenerbe. Investment?“ Ihre Mutter gab sich weltgewandt, dabei kam sie noch seltener aus Herefordshire heraus. Ihr Wissen stammte aus Illustrierten und aus dem Fernsehen.

Lindsay zuckte die Schultern. „Kann sein. Jedenfalls ist er steinreich. Und er sieht wahnsinnig gut aus!“

Ihre Stimme hallte deutlich hörbar durch den Raum. Die Leute am Tisch neben ihnen wechselten pikierte Blicke, und Liza rollte die Augen. Sie konnte mit Menschen, die ihre Familie für zu laut und zu bunt hielten, nichts anfangen. Ihre Familie war eben ein bisschen eigen – ihr liebenswerter, exzentrischer Vater, ihre ein bisschen alberne Mutter und alle vier Töchter. Die hübsche Jenna, die kluge Marie, die lebhafte Lindsay … und sie selbst? Welches Adjektiv würde zu ihr passen? Still? Normal? Langweilig? Liza machte sich nichts vor. Sie war nicht so schön wie Jenna, hatte nicht Maries Verstand. Ganz sicher fehlte ihr Lindsays Temperament. Das wusste sie schon seit Langem. Besonders, seit …

Aber daran wollte sie nicht denken, schon gar nicht jetzt, während sich alle so gut amüsierten.

„Wo ist er?“ Ihre Mutter sah sich nach dem mysteriösen Chaz Bingham um.

„Da drüben.“ Lindsay deutete auf den Eingang der Bar, und Liza unterdrückte ein leises Lachen.

„Sollen wir es über die Lautsprecher verkünden?“, fragte sie trocken.

Jenna lachte. Im nächsten Moment stieß sie ein Keuchen aus, das Liza dazu veranlasste, den Kopf zu drehen, um herauszufinden, was so viel Wirbel verursachte. Sie schaute zum Eingang hinüber und hielt unwillkürlich den Atem an, als sie den Mann sah, der gerade die Bar betreten hatte.

Es war, als ob der Rest der Welt um ihn herum verblasste.

Er war einen halben Kopf größer als alle Umstehenden, mit schwarzem Haar, das er sich aus der aristokratischen Stirn gestrichen hatte. Stahlgraue Augen unter schweren Brauen betrachteten gelangweilt den Raum. Sein Mund war ein bisschen spöttisch verzogen. Markante Wangenknochen, ein scharf geschnittener Kiefer. Er sah aus, als wäre er einem der Liebesromane entsprungen, die Lindsay so gern las.

Er trug ein schneeweißes Hemd, das am Hals offen stand und gebräunte Haut enthüllte – und wie konnte ein Hals allein so männlich und so sexy sein? Zusammen mit seiner engen schwarzen Hose war es ein Outfit, wie auch ein Kellner es hätte tragen können, aber der Gedanke allein war lächerlich.

Er strahlte Macht aus, Wohlstand und Einfluss. Pure Arroganz. Als gehörte ihm die Bar – oder die ganze Welt. Normalerweise hasste Liza es, wenn Leute ihre Überheblichkeit zur Schau trugen, aber dieser Mann machte die Kombination aus Sexappeal und Arroganz so faszinierend, dass sie sich zwingen musste, wegzuschauen.

„Hast du ihn gesehen?“, fragte Lindsay, und Liza nickte. Sein Bild hatte sich ihr auf den ersten Blick eingeprägt.

Wieso reagierte sie so heftig auf einen Fremden?

„Jenna, ich glaube, er hat dich gesehen“, flüsterte Yvonne aufgeregt und in ungefähr der gleichen Lautstärke wie Lindsay vorher. Jenna lächelte verlegen und wurde rot.

Liza hob den Kopf. Aber der dunkelhaarige Adonis war es nicht, der ihre Schwester beobachtete, sondern ein gut aussehender, freundlich wirkender Mann mit zerzaustem blonden Haar und roten Wangen, der neben ihm stand. Also war das Chaz Bingham? Wer war dann der andere Mann?

Als sie spontan zu ihm schaute, trafen sich auf einmal ihre Blicke. Aus seinen stählernen Augen sah er sie einen Moment lang durchdringend an, bevor er gleichgültig den Kopf abwandte.

„Er kommt hierher!“, quietschte Lindsay. Liza wünschte, sie wäre nicht ganz so laut.

Und tatsächlich näherte Chaz Bingham sich ihrem Tisch. Liza fragte sich, ob er sie bitten würde, ihre Stimmen zu senken, oder ob er den Stuhl haben wollte, auf dem all ihre Mäntel lagen. Stattdessen schenkte er Jenna ein Lächeln und wandte sich dann mit ungekünstelter Freundlichkeit an sie alle. „Darf ich den reizenden Damen einen Drink spendieren?“

„Oh …“ Jenna wurde rot, und Liza musste lächeln. Mit ihrem langen blonden Haar, ihren leuchtend blauen Augen – von ihrer kurvigen Figur ganz zu schweigen – mangelte es Jenna selten an Bewunderern. Eitel war sie trotzdem nicht, und die Aufmerksamkeit, die man ihr schenkte, schien sie jedes Mal aufrichtig zu überraschen. Liza hatte ihre Schwester nie um ihre Beliebtheit beneidet, selbst wenn es ihr manchmal ein bisschen zusetzte.

„Ja, bitte“, sagte Lindsay und stieß Jenna mit dem Ellbogen an. Chaz Bingham lächelte und fragte, was sie wollten.

Als er zur Theke ging, um zu bestellen, flüsterte ihre Mutter triumphierend: „Von allen Frauen hier hat er gerade dich angesprochen!“

„Mum, es ist doch nur ein Drink“, protestierte Jenna, aber Liza sah, wie sie Chaz nachblickte. Sie selbst sah instinktiv zu dem anderen Mann, dessen Anwesenheit ihr Gänsehaut bescherte. Er war eindeutig mit Chaz zusammen da, denn jetzt standen die beiden an der Bar und unterhielten sich. Gelangweilt und herablassend ließ der Dunkelhaarige dabei den Blick durch den Raum schweifen.

Sein Gesichtsausdruck wirkte wirklich fast lächerlich in seiner Arroganz. Wie die Parodie eines Adligen, der auf seine Bauern herabsah. Das ärgerte sie. Warum hatte ein so gut aussehender Mann es nötig, so stolz zu sein? Aussehen war nicht alles, allerdings, das musste Liza zugeben, zählte es in dieser Welt eine ganze Menge. Diese Erfahrung hatte sie selbst wiederholt machen müssen. Wie oft hatte man sie mit Jenna verglichen?

„Wenn er zurückkommt, lade ihn zu uns an den Tisch ein“, wies ihre Mutter Jenna an.

„Mum …“

„Wenn du es nicht tust, tue ich es.“ Lindsay lachte. „Er ist wirklich steinreich!“

„Ich glaube, auf deine Einladung hat er es nicht abgesehen“, warf Liza ein, und ihre kleine Schwester warf ihr einen bösen Blick zu. Liza griff nach ihrem Glas, in dem sich nur noch ein Schluck Weißwein befand. Sie hatte Chaz Binghams Angebot, ihr ein zweites Glas zu bestellen, abgelehnt. Würde sich Chaz zu ihnen setzen, wenn Jenna ihn fragte? Und wenn ja, würde sich sein Freund ihm anschließen? Ihr Herz schlug schneller, und sie entschied, dass sie doch noch ein Glas Wein brauchte.

„Liza, wohin gehst du? Chaz kommt bestimmt jeden Moment zurück …“

Der Mann hatte sich nicht einmal vorgestellt, aber ihre Mutter war schon beim Vornamen. „Ich will doch noch ein Glas Wein“, sagte Liza und ging zur Bar hinüber – den Mann im Blick, der direkt davorstand.

„Warum wolltest du unbedingt hier hingehen?“ Fausto Danti schaute sich in der vollen Bar um und verzog das Gesicht. Nachdem er erst diesen Nachmittag von Mailand nach London geflogen war, hatte er auf ein Abendessen in einem diskreten Herrenklub gehofft, nicht auf ein Besäufnis in einer Szenebar, die aussah, als würden sich hier überwiegend Touristen und Studenten herumtreiben.

„Wieso, gefällt es dir nicht?“, fragte Chaz unschuldig und lachte. „Du warst immer schon ein Snob, Danti.“

„Ich ziehe wählerisch vor.“

„Du musst dringend ein bisschen lockerer werden, das sage ich dir schon seit der Uni. Na los, komm.“ Er nickte bedeutungsvoll zu dem Tisch mit den lachenden Frauen hinüber. „Ist das nicht das hübscheste Geschöpf, das du je gesehen hast?“

„Sie ist ganz okay“, gab Fausto widerwillig zu. Die Frau, die Chaz im Auge hatte, war wirklich sehr hübsch. „Aber die anderen sind nun wirklich nichts Besonderes.“

„Ich finde ihre Schwestern auch nicht übel.“

„Schwestern?“ Fausto hob eine Augenbraue. „Woher weißt du das?“

Chaz zuckte die Schultern. „Sie sehen sich ähnlich. Und die Ältere ist eindeutig ihre Mutter. Jedenfalls habe ich vor, sie näher kennenzulernen. Und du kommst mit.“

Fausto schnaubte. „Vergiss es.“

„Was ist mit dem Lockenkopf?“

„Unscheinbar und langweilig.“ Fausto hatte nicht die Absicht, in dieser Bar eine Frau aufzulesen – und auch sonst nirgendwo. Allein bei dem Gedanken empfand er Widerwillen. Er war nur in England, um sich mit den Schwierigkeiten in ihrem Londoner Büro zu befassen. Sobald das erledigt war, würde er nach Italien zurückkehren. Seine Mutter hoffte, ihn bald verheiratet zu sehen. Wenn er nur daran dachte, zog sich sein Magen zusammen, obwohl das nun mal eine Pflicht war, die er erfüllen musste.

„Ach, komm schon, Danti“, beharrte Chaz. „Entspann dich, wenn du noch weißt, wie das geht. Du hast die letzten Jahre hart gearbeitet. Lass uns ein bisschen Spaß haben.“

Fausto ließ sich vom Barkeeper ein Glas Whisky reichen. „Mit einem Haufen alberner, geldgieriger Frauen, die so aussehen, als würden sie sich dir zu Füßen werfen?“ Er hatte die eine von ihnen sagen hören, Chaz sei steinreich. Sie hatte nicht darauf geachtet, wer zuhörte.

„Sich mir zu Füßen werfen? Das ist eher dein Stil.“ Chaz tätschelte ihm den Arm, und Fausto schenkte ihm ein schwaches Lächeln.

„Komm schon“, sagte Chaz und griff sich die Gläser mit den Drinks, die er für die Frauen bestellt hatte, darunter ein grellbunter Cocktail mit Schirmchen und mindestens drei Cocktailkirschen.

Zögernd und widerwillig folgte Fausto ihm zu dem Tisch hinüber, an dem die Frauen sie schon eifrig erwarteten. Chaz’ Auserwählte war wirklich hübsch. Dabei wirkte sie sehr unschuldig. Fast schon naiv in ihrer Arglosigkeit.

Die zweite Schwester – noch im Teenageralter – setzte ganz auf Glamour. Sie trug zu viel Make-up, eine komplizierte Hochsteckfrisur und ein enges bauchfreies Top, das ihre Kurven betonte. Ihr Gesichtsausdruck kam ihm habgierig vor, und das stieß ihm sauer auf.

Der vor ihm liegende Abend versprach, unangenehm zu werden.

Die Mutter war ähnlich zurechtgemacht wie ihre jüngere Tochter. Aber halt, hatte da nicht eben noch eine vierte Frau gesessen? Wo steckte sie denn jetzt? Er wandte den Kopf, sah sie aber nicht.

Chaz stellte mit eleganter Geste die Drinks auf dem Tisch ab. Wie vorherzusehen gewesen war, stammelte die hübsche Blondine eine Einladung, sich doch zu ihnen zu setzen, was Chaz prompt auch tat. Fausto blieb nur die Wahl, sich neben die jüngere Schwester zu setzen, die ihn mit weit aufgerissenen Augen musterte. Er verkündete, er würde lieber stehen.

„Das glaube ich Ihnen“, sagte eine kühle Stimme neben seinem Ohr, als auf einmal die zierliche Frau, nach der er sich eben umgesehen hatte, an ihm vorbei auf den Sitz neben ihrer Schwester glitt. „Sie sehen so aus, als würden Sie am liebsten die Flucht ergreifen.“

Fausto sah in ein Paar funkelnde Augen und fragte sich, warum diese kleine Miss Niemand ihn so böse ansah.

„Es war nicht meine Idee herzukommen, das muss ich zugeben“, erwiderte er und musterte sie mit einem langen, abschätzigen Blick.

Ihr Haar war kastanienbraun, eine üppige Kaskade wilder Locken, ihr Mund perfekt geschwungen. Dichte, dunkle Wimpern überschatteten ihre haselnussbraunen Augen. Sie trug einen schlichten grünen Pullover und Jeans. Alles in allem, entschied Fausto nach einem Moment, war sie nichts Besonderes.

Die Frau hob die Augenbrauen, als er sie ansah, und wirkte auf einmal eher spöttisch als wütend.

Mit einem zur Schau gestellten Desinteresse, das nicht so natürlich war, wie er es gern gehabt hätte, wandte Fausto den Blick ab.

Chaz fragte nach ihren Namen. Fausto hörte zu, obwohl er bezweifelte, dass er jemals eine von ihnen direkt ansprechen würde.

„Jenna, Lindsay, Yvonne, Liza.“ Als Chaz die Namen wiederholte, wirkte er stolz wie ein Erstklässler, der gerade eine schwere Rechenaufgabe gelöst hatte, und Fausto steckte die Hände in die Hosentaschen. Jetzt wusste er also, dass die Frau mit den Locken Liza hieß. Nicht, dass es eine Rolle spielte.

„Und Ihr Name?“, fragte die Mutter, Yvonne, als ob sie ihn nicht bereits kannte. Chaz schaffte es oft genug auf die Titelseiten, und zumindest die jüngste Schwester hatte ihn gleich erkannt.

„Chaz Bingham, und das hier ist mein Freund Fausto Danti. Wir kennen uns von der Uni. Er ist aus Mailand gekommen, um sich um das Londoner Büro seiner Familie zu kümmern.“

Fausto warf ihm einen bösen Blick zu. Was ging das diese wildfremden Frauen an? Chaz grinste unbekümmert zurück.

„Wie gefällt Ihnen unser Land, Mr. Danti?“, fragte die Mutter mit einer mädchenhaften, aufgeregten Stimme, bei der Fausto innerlich zusammenzuckte.

Nach außen hin blieb er kühl. „So wie schon während meines Studiums vor fünfzehn Jahren.“

Sie lachte unsicher, errötete und griff nach ihrem lächerlichen Cocktail.

Reiner Instinkt veranlasste Fausto dazu, Liza anzusehen. Sie wirkte wütend. Und dieses Mal wandte sie ganz bewusst den Kopf weg. Das fand er irritierend. Aber warum? Es war nicht so, als wäre ihre Meinung ihm wichtig.

Chaz unterhielt sich lebhaft mit Jenna, während der Rest der Runde in ein lastendes Schweigen verfiel. Anfangs versuchte Lindsay noch, mit Fausto zu flirten, aber es fiel ihm nicht schwer, ihr eine höfliche, aber deutliche Abfuhr zu erteilen. Er war müde, schlecht gelaunt und hatte nicht das geringste Interesse, diese Menschen kennenzulernen, ganz zu schweigen davon, dass er morgen früh rausmusste. Nach einer langen Viertelstunde schaute er bedeutungsvoll auf seine Uhr. Chaz sah es und ignorierte ihn. Fausto knirschte mit den Zähnen.

Er wollte nicht hier sein, aber genauso wenig wollte er seinen Freund einfach im Stich lassen. Andererseits war Chaz das vielleicht ganz recht …

„Verzeihung, dass wir Sie aufhalten“, bemerkte Liza beißend, und Fausto schaute sie an.

„Chaz hält mich auf, nicht Sie.“

Sie schnaubte. „Er scheint sich zu amüsieren.“ Ein Nicken in Chaz’ und Jennas Richtung. „Es würde ihm bestimmt nichts ausmachen, wenn Sie gehen.“ Sie hob die Augenbrauen, und wieder lag dabei ein herausforderndes Funkeln in ihren Augen, das einen Hauch von widerwilliger Bewunderung in ihm auslöste. Diese Frau hier besaß deutlich mehr Feuer als ihre Schwestern, und an ihr schien mehr zu sein, als man mit bloßem Auge sah.

Nicht, dass ihn das interessierte.

„Da haben Sie recht.“ Er nickte kurz. „Somit nehme ich das als Anlass, mich zu verabschieden.“ Er nickte noch einmal, diesmal zum Abschied, und ließ den Blick über die Frauen schweifen, hin zu Chaz, der ihn entschuldigend anlächelte, aber keine Anstalten machte, sein Gespräch mit Jenna zu unterbrechen.

Faustos Blick wanderte ein letztes Mal zu Liza, bevor er ging. Als sie sich in die Augen sahen, durchlief ihn eine seltsame Gefühlsregung, die er nicht benennen konnte. Dann schaute sie weg, so gleichgültig, wie er es anfangs gewesen war.

2. KAPITEL

Liza starrte zu ihrer Decke hoch. Die Nachmittagssonne fiel durch die Vorhänge und tauchte ihr Zimmer in Gold. Aber sie bemerkte es kaum. In Gedanken sah sie Fausto Danti vor sich, mit seinen stahlgrauen Augen und seinem scharf geschnittenen Mund, seinem glänzenden schwarzen Haar und seinem verächtlichen Blick.

Ein unhöflicher, arroganter Mistkerl.

Unwillkürlich ballte sie die Hände zu Fäusten. Unscheinbar und langweilig, hatte er gesagt. Sie hatte seine Worte gehört, als sie auf dem Weg zur Bar gewesen war, und seine Gleichgültigkeit hatte sie tief getroffen. Sie daran erinnert, dass sie nichts Besonderes war – etwas, das sie schon immer gefühlt hatte und das ihr von einem Mann, für den sie etwas empfunden hatte, noch einmal bestätigt worden war. Jetzt das Gleiche von einem Fremden zu hören …

Es fühlte sich an, als hätte Fausto Danti eine kaum verheilte Wunde aufgerissen, die sie vor allen versteckt hatte – sogar vor sich selbst. Sie hatte immer schon gewusst, dass sie nicht so schön war wie Jenna, so klug wie Marie oder so lebenslustig wie Lindsay. Aber es immer wieder zu hören …

Nach Faustos gefühlloser Bemerkung war Liza wütend und verletzt an den Tisch zurückgekehrt, bevor er sie sehen konnte. Es war ihr egal, sagte sie sich.

Er hatte auf sie alle herabgesehen, als wären sie so unwichtig, dass er sich nicht einmal dazu überwinden konnte, ein paar Minuten lang Smalltalk zu machen.

Als sich ihre Blicke getroffen hatten … Lizas Magen verkrampfte sich. In seinen stahlgrauen Augen hatte etwas gebrodelt, das Hitze in ihr weckte. Sosehr sie ihn verabscheuen wollte – und sie tat es –, dieser Blick hatte eine Sehnsucht in ihr wachgerufen, die sie nicht leugnen konnte. Das verhieß nichts Gutes.

Aber sicher hatte sie seinen Blick nur falsch gedeutet. Was allein schon eine Demütigung war. Natürlich würde er sie nicht auf diese Weise ansehen. Würde sie einen Blick, der Interesse signalisierte, überhaupt erkennen? Sie hatte sich schon einmal getäuscht.

Aber sie hatte sich nichts vorzuwerfen. Fausto Danti war attraktiv. Jede Frau würde sich von ihm angezogen fühlen. Auch wenn ihre Schwestern und ihre Mutter, nachdem Chaz sich verabschiedet und mit Jenna Telefonnummern getauscht hatte, über nichts anderes geredet hatten als über ihn. Fausto Danti hatten sie nicht erwähnt.

Liza hatte sich irgendwann ins Bett zurückgezogen. Es fiel ihr schwer, Enthusiasmus aufzubringen, und sie wollte den anderen nicht die Stimmung ruinieren.

Bestimmt würden alle auch heute nur über Chaz reden. Chaz Bingham, gut aussehend, höflich, nett und ganz offensichtlich schon halb in Jenna verliebt.

Währenddessen konnte Liza an nichts anderes denken als an Fausto Danti.

Seufzend stand sie auf. Sie hatte das Gefühl, es würde ein langer Tag werden.

Am Sonntagabend verabschiedete sie sich von ihrer Mutter und Lindsay, die nach Herefordshire zurückfuhren. Es waren zwei sehr lange Tage gewesen. Beim Shopping in der Oxford Street, beim Tee im Ritz, beim Spazierengehen im Hyde Park … Die ganze Zeit war es nur um Chaz gegangen.

Wie reich war er? Wie viele Häuser hatte er? Wo war er zur Schule gegangen? Lindsay hatte im Internet recherchiert.

Am Ende war Liza es leid, auch nur an Chaz Bingham zu denken – und an Fausto Danti, der ihr unglückseligerweise jedes Mal in den Sinn kam, wenn Chaz’ Name fiel. Warum war er so unhöflich gewesen? Was glaubte er eigentlich, wer er war? Und hatte er sie wirklich so angesehen, wie sie es sich einen Moment lang eingebildet hatte?

Das waren sinnlose Fragen. Liza würde ihn wahrscheinlich nie wiedersehen. Und sie wollte es auch gar nicht, ganz sicher nicht.

Trotzdem begleiteten die Gedanken an diesen irritierenden, rätselhaften Mann sie am Montag zur Arbeit.

Obwohl ihr Job als Verlagsassistentin eines kleinen, kaum bekannten Lyrikverlags nicht sonderlich gut bezahlt wurde, fand Liza ihn wunderbar. Ihr gefiel alles daran – der elegante Altbau in Holborn, in dem sich das Büro mit seinen vielen Bücherregalen und den Fenstern befand, die auf den Russell Square hinausgingen. Sie mochte ihren Boss, einen älteren Mann namens Henry Burgh, der den Verlag als Familienbetrieb in dritter Generation führte. Er konnte sich so eben noch am Markt behaupten – dank seines großzügigen, aber schwindenden Erbes.

Liza hatte keine Ahnung, wer die dünnen Gedichtbände mit ihren glatten Seiten und den in Tinte gezeichneten Illustrationen kaufte. Aber ihr gefiel die Ästhetik der Bücher und die Kombination aus älteren, klassischen Gedichten und erfrischend moderner Poesie.

Aber auch bei der Arbeit musste sie noch an Fausto Danti denken – ob irgendeine Chance bestand, dass sie ihn doch noch einmal sehen würde …

Sie musste wirklich damit aufhören.

„Sie wirken ein bisschen geistesabwesend“, sagte Henry, als er aus dem Büro kam, um ihr mehrere Manuskripte zur Korrektur hinzulegen. Wie üblich trug er einen Dreiteiler in Tweed, mit einer goldenen Taschenuhr in der Westentasche. Mit seinen achtzig Jahren war Henry Burgh ein Gentleman der alten Schule.

„Entschuldigung.“ Liza neigte den Kopf. „Ich hatte ein langes Wochenende. Meine Familie ist zu Besuch gekommen.“

„Und hat ihnen die Stadt gefallen?“ Er hob buschige graue Augenbrauen und lächelte freundlich.

„Sehr.“ Besonders Lindsay, die schon darauf wartete, endlich selbst nach London ziehen zu können. Nächsten September würde es so weit sein, da fing sie an zu studieren.

„Das freut mich“, sagte Henry. „Nächstes Mal müssen Sie sie herbringen, damit ich sie kennenlernen kann.“

Liza murmelte eine Zustimmung. Aber bestimmt würden weder ihre Mutter noch ihre Schwestern Wert darauf legen, ihren Arbeitsplatz zu sehen. Nicht einmal Marie interessierte sich für Lyrik. Ihr Vater würde vielleicht kommen, dachte sie, aber er verließ nur selten das alte Pfarrhaus, das er vor dreißig Jahren günstig gekauft und nach und nach instand gesetzt hatte. Ihm gefiel es zu Hause am besten – in seinem Arbeitszimmer, seiner Werkstatt, seinem Garten. Im Gegensatz zu seinen Töchtern gelüstete es ihn nicht nach Abenteuern in der großen, weiten Welt.

Was würde Fausto Danti von ihrem Arbeitsplatz halten, fragte sich Liza, als Henry wieder in seinem Büro verschwunden war. Mochte er Bücher? Gedichte? Sie hatte natürlich keine Ahnung. Aber irgendwie hatte sie den Verdacht, dass er es vielleicht tat.

Warum? Nur, weil er eine solche stille Intensität an sich hatte, hieß das nicht, dass er ein Mensch mit geistigem Tiefgang war.

Liza lächelte schwach und griff nach dem ersten Manuskript.

„Liza!“ Jenna riss die Wohnungstür auf, als Liza gerade oben auf dem Treppenabsatz angekommen war.

Liza presste alarmiert eine Hand aufs Herz. „Was ist passiert?“

„Nichts ist passiert!“ Jenna lachte. „Alles ist wunderbar. Schau!“ Sie drückte Liza ihr Telefon in die Hand. „Von ihm!“

Das hatte Liza sich schon gedacht. „Wenn Sie dieses Wochenende noch nichts vorhaben, würde ich mich freuen, wenn Sie zu meiner Party in Surrey kommen würden“, las sie laut. Sie schaute Jenna an. „Eine private Wochenendparty? Wirklich?“

Jenna biss sich auf die Lippen. „Warum nicht?“

„Du hast ihn erst einmal gesehen, Jen. Und jetzt lädt er dich zu sich ein? Findest du nicht, das ist ein bisschen …“

„Ein bisschen was?“

Liza suchte nach einem Wort, das nicht zu harsch klang. „Voreilig?“

„Es sind noch jede Menge andere Leute da. Und es ist nur übers Wochenende.“

„Ich weiß, aber …“

„Für Leute wie ihn ist das nichts Besonderes, Liza. Nur, weil wir noch nie auf so einer Party waren, heißt das nicht, dass es etwas Ungewöhnliches ist.“

„Vermutlich.“ Liza gab ihr das Telefon zurück und betrat die Wohnung. Sie war müde und freute sich auf einen Abend mit Eiscreme und Netflix auf der Couch, aber es war klar, dass Jenna vor allem über Chaz reden wollte. Schon wieder. Nicht, dass sie es ihrer Schwester verübelte; Jenna war ihre beste Freundin und ein wirklich liebenswerter Mensch.

„Denkst du, ich soll absagen?“, fragte Jenna, als Liza den Kühlschrank öffnete. „Wenn ja, dann mache ich das.“

„Es ist deine Entscheidung …“

„Aber ich will deine Meinung hören“, protestierte Jenna. „Hältst du mich für verrückt? Ich kenne ihn ja kaum. Es ist nur …“

„Ja?“

„Er wirkt einfach so nett!“

„Das tut er“, gab Liza zu. Es stimmte.

„Und ich mag ihn.“ Jenna biss sich auf die Lippen.

„Es gibt keinen Grund abzusagen“, sagte Liza, schloss den Kühlschrank wieder und durchforstete das Regal. „Wir sind immerhin nach London gezogen, um ein bisschen was zu erleben. Das ist deine Chance.“

„Ja.“ Aber Jenna wirkte unsicher.

In Wirklichkeit war ihre ältere Schwester nie besonders abenteuerlustig gewesen. Liza hatte die Idee gehabt, nach London zu ziehen, nachdem Henry sie als Verlagsassistentin eingestellt hatte. Jenna hatte einen Job als Sekretärin in einer Buchhaltungsfirma gefunden, und Liza hatte dann alles in Bewegung gesetzt.

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