Julia Extra Band 368

– oder –

Im Abonnement bestellen
 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

DIE SCHÖNE UND DER SCHEICH von YATES, MAISEY
Sie wollen mich heiraten, Prinzessin? Haben Sie keine Augen im Kopf? Doch, die hat Katherine. Natürlich sieht sie Scheich Zahirs schreckliche Narben. Aber sie ahnt, dass sein stolzes Wüstenherz die schwersten Verwundungen zurückbehalten hat. Und ein Herz kann heilen …

SOMMERHIMMEL FÜR ZWEI von BOND, STEPHANIE
Verboten - aber verführerisch gut! Eigentlich sollte Kimber schon längst bei Gil sein, der sie auf den Malediven erwartet. Stattdessen fliegt sie mit diesem unverschämt frechen Piloten Finn Meyers über den Indischen Ozean. Und wünscht, sie würden niemals landen …

MIT PRINZ CHARMING AUF DEM TRAUMSCHIFF von MCARTHUR, FIONA
Es war einmal ein Prinz … der die junge Ärztin Kiki Fender heiß küsste und dann spurlos aus ihrem Leben verschwand. Doch an Bord eines Traumschiffs treffen sie sich wieder. Bleibt Prinz Stefano diesmal bei ihr, wenn die Uhren an Bord Mitternacht schlagen?

JA, ICH WILL - EIN DATE MIT DIR! von MALLERY, SUSAN
Du brauchst für die Hochzeit einen Begleiter! Da kann Katie nur müde lächeln. Sie hatte ja einen Freund - aber der heiratet jetzt ihre Schwester. Doch ein arrangiertes Date mit Jackson Kent wird zur prickelnden Überraschung. Und plötzlich strahlt Katie glücklicher als jede Braut …


  • Erscheinungstag 30.07.2013
  • Bandnummer 0368
  • ISBN / Artikelnummer 9783954467891
  • Seitenanzahl 448
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Maisey Yates, Stephanie Bond, Fiona McArthur, Susan Mallery

JULIA EXTRA 368

MAISEY YATES

Die Schöne und der Scheich

Scheich Zahir war überzeugt, dass Katherine sich erschreckt von ihm abwendet. Doch sie blickt ihn an. Als sähe sie nicht die Verletzungen an seinem Körper, sondern nur die Leidenschaft in seinem Herzen …

STEPHANIE BOND

Sommerhimmel für zwei

Pilot Finn findet seine Passagierin, die er zu den Malediven fliegen soll, einfach hinreißend sexy. Aber ausgerechnet ihr Verlobter erwartet sie im Inselparadies! Da hilft nur eine Zwischenlandung …

FIONA MCARTHUR

Mit Prinz Charming auf dem Traumschiff

Ein Notfall! Dr. Kiki Fender eilt in die Luxuskabine des Traumschiffs – und traut ihren Augen nicht: Prinz Stefano beugt sich über eine Verletzte. Als sich ihre Blicke treffen, knistert es so verboten wie damals …

SUSAN MALLERY

Ja, ich will – ein Date mit dir!

Mit Kate zusammen auf eine Sommerhochzeit? Jackson ist nicht begeistert. Ihr letztes Treffen war grässlich. Aber da waren sie auch noch Teenager, und inzwischen ist Kate erwachsen und atemberaubend schön …

1. KAPITEL

Nicht ohne Grund wurde er „das Biest von Hajar“ genannt, das konnte Katherine jetzt sehen. Zahir S’ad al Din war genauso einschüchternd, wie man es ihm nachsagte. Und er war ein völlig anderer Mann als der, den sie vor Jahren getroffen hatte. Jetzt wirkte er kalt und unnahbar.

Allerdings konnte Katherine sich den Luxus nicht leisten, Angst vor ihm zu haben. Außerdem war sie an kalte und unnahbare Männer gewöhnt.

„Scheich Zahir.“ Sie trat einen Schritt auf den riesigen Schreibtisch zu. „Ich hatte auf Ihre Nachricht gewartet. Die ist jedoch nicht gekommen.“

Er sah sie nicht an, sondern hielt den Kopf über die Unterlagen gebeugt, die vor ihm lagen. „Richtig. Da drängt sich die Frage auf, weshalb Sie hier sind.“

Katherine schluckte. „Um Sie zu heiraten.“

„Ist dem tatsächlich so, Prinzessin Katherine? Ich hatte Gerüchte dieser Art gehört, wollte sie aber nicht glauben.“ Jetzt hob er den Kopf, und zum ersten Mal konnte Katherine sein Gesicht sehen.

Oh ja, er war wirklich Furcht einflößend. Seine ganze linke Gesichtshälfte war entstellt, das linke Auge schien seltsam leblos, ganz anders als das rechte. Und doch hatte Katherine das Gefühl, als könnte er direkt in sie hineinschauen.

Die Legende beschrieb ihn mal als Dämon, mal als eine Art Gott. Während sie ihn jetzt ansah, verstand sie, warum. „Ich hatte angerufen.“ Allerdings hatte sie nur mit Zahirs Berater gesprochen. Und wirklich eingeladen worden war sie auch nicht.

„Ich hätte nicht erwartet, dass Sie Ihr komfortables Schloss verlassen und den weiten Weg auf sich nehmen, nur um eine persönliche Ablehnung Ihres Antrags zu erhalten. Ich war der Ansicht, ich hätte meine Meinung deutlich genug gemacht.“

Sie reckte die Schultern. „Ich denke, Sie schulden mir ein Gespräch. Und ich kam auch nicht her, um abgewiesen zu werden, im Gegenteil. Ich erwarte, dass der Vertrag, der vor sechs Jahren geschlossen wurde, eingehalten wird.“

„Sie sollten Malik heiraten, nicht mich.“

Trauer überkam sie, wie immer, wenn sie an Malik dachte. Aber es war Trauer um ein junges Leben, das so früh ein Ende gefunden hatte, mehr nicht. Es war ihre Pflicht gewesen, Malik zu heiraten, und ja, sie hatte ihn gemocht, aber geliebt hatte sie ihn nicht.

Zuerst hatte sie geglaubt, ihr ständen alle möglichen Wege für die Zukunft offen, doch inzwischen wusste sie, dass sich nichts geändert hatte. Es war noch immer ihr Schicksal, für das Wohl ihres Landes verkauft zu werden. Das hatte sie längst akzeptiert. Welchen Bräutigam sie bekommen würde, war ihr letztendlich gleich. Statt Malik sollte es nun Zahir sein.

Wenn sie ihn allerdings jetzt anschaute, traten diese Gedanken in den Hintergrund. Die Realität sah anders aus als alle Theorie. Zahir war … Er wesentlich mehr, als sie sich vorgestellt hatte.

„Bisher hatte ich auch geglaubt, dass es nur um Ihren Bruder und mich ging. Doch als ich die Dokumente etwas genauer studierte …“ Ihr Vater hatte sich um alles gekümmert. Sie hatte es nicht sonderlich interessiert, war es doch nie um ihre Gefühle gegangen, sondern immer nur um einen Zusammenschluss für die Staatsräson. Sie hatte akzeptiert, dass eine Heirat die eine Pflicht war, die sie für ihr Land erfüllen konnte. Sie hatte sich die Dokumente nie selbst angesehen.

Bis vor Kurzem.

„Die Vereinbarung wurde mit Malik getroffen, das ist richtig. Doch wenn Sie sich den Wortlaut genauer ansehen, steht dort: ‚Für den Fall, dass Malik nicht den Thron von Hajar besteigt, soll die Heirat mit seinem Nachfolger stattfinden.‘ Und das sind Sie.“

Es war geradezu unsinnig: Da bettelte sie praktisch darum, dass er sie heiratete, wenn doch alles in ihr danach schrie, sich umzudrehen und zu gehen. Sie wollte ihn genauso wenig heiraten wie er sie.

Aber ihr Vater hatte nicht mehr lange zu leben, deshalb wurde die Zeit knapp. Nach Maliks Tod war die Hochzeit in eine ferne Zukunft verschoben worden, niemand hatte sie damit behelligt. Eine Zeit lang hatte sie sich auf andere Art nützlich machen können, hatte die Kranken in den Kliniken besucht, hatte Wohltätigkeitsprojekte geleitet. Diese Zeit war nun vorüber.

Ihrem Vater blieben nur noch wenige Monate, und bis Alexander, ihr Bruder, alt genug war, um die Herrschaft übernehmen zu können, würde es noch fünf Jahre dauern. Das hieß, irgendjemand musste diese Spanne als Herrscher überbrücken. Ihr war es aufgrund ihres Geschlechts nicht erlaubt.

Sie war lange darüber hinweg, deswegen verbittert zu sein. Und sie war zum Handeln bereit. Falls sie vor dem Tode ihres Vaters nicht mit einem Ehemann aufwarten konnte, würde der nächste männliche Verwandte die Regentschaft an sich reißen. Und was dieser männliche Verwandte mit der Macht anstellen würde, daran wagte sie gar nicht zu denken.

Sie hatte ihrem Vater versprochen, dass dies nie passieren würde. Genau, wie sie versprochen hatte, Alexander zu schützen. Ein Versagen konnte sie sich nicht erlauben, war sie in den Augen der öffentlichen Würdenträger doch so oder so minderwertig. Selbst in den Augen ihres Vaters … Ihr Vater hatte immer mehr von ihr verlangt als von Alexander, hatte sie seltener gelobt als den Sohn, der offensichtlich nichts falsch machen konnte. Sie hatte sich ständig beweisen müssen, aber es tat ihr nicht leid. Sie hatte ihrem Land, ihrer Familie, ihrem Volk gedient. Es hatte sie zu dem Menschen gemacht, der sie heute war. Und das war gut so, denn sie war die einzige Hoffnung für ihr Land. Für ihren Vater und für ihren Bruder.

Sie durfte sich jetzt, auf dem letzten Abschnitt vor dem Ziel, keine Steine in den Weg legen lassen.

„Ich will keine Ehefrau.“ Zahir beugte den Kopf wieder über die Akten.

Katherine verschränkte die Arme vor der Brust. „Sagte ich, dass ich mir einen Ehemann wünsche? Hier geht es nicht um Wünsche, sondern um Notwendigkeiten und darum, das Richtige zu tun. Eine Heirat wird unseren beiden Ländern zugutekommen. Ob nun Malik oder Sie, es macht keinen Unterschied.“

Die eigenen Worte drangen ihr eiskalt bis ins Mark. Doch sie musste so handeln … weil es um die Zukunft ihrer Nation und die ihres Volkes ging. Sie sah sich nicht als Opfer an, auch wenn man sie in gewisser Hinsicht sicher als die sprichwörtliche Jungfrau auf dem Opferaltar bezeichnen könnte. Nein, sie tat es aus freien Stücken. Niemand hatte sie gezwungen, zu Zahir zu gehen, niemand würde sie abhalten, in ganz Europa von einer Party zur nächsten zu ziehen. Aber das Pflichtgefühl hatte sie hergebracht … und das Bedürfnis zu beweisen, dass sie etwas wert war.

Zahir hob den Kopf, sein Blick war kalt und desinteressiert. Sein von dem Unglück verunstaltetes Gesicht ließ ihn unmenschlich wirken. „Sie sind entlassen.“ Er nickte knapp.

Ihr stand der Mund offen. „Wie bitte?“ Noch nie in ihrem Leben war sie entlassen worden.

„Seit zehn Minuten versuche ich Ihnen klarzumachen, dass Sie mein Arbeitszimmer verlassen sollen. Gehen Sie endlich.“

„Nein, ich werde nicht gehen.“ Weil es ihr unmöglich war, selbst wenn sie sich wünschte, dass sie es könnte. Sich wünschte, sie könnte dieses düstere Zimmer einfach verlassen und hinaustreten in die Sonne, könnte sich auf den bunten hajarischen Märkten unter die Menge mischen und die exotischen Aromen einatmen. Aber dann würde Alexander ins Abseits gestoßen werden und John würde den Thron besteigen. Vermutlich würde er sofort die Gesetze ändern, damit er auf Lebenszeit den Thron innehalten konnte. Selbst wenn er nur fünf Jahre regieren würde, wäre die Wirtschaft des Landes ruiniert. Zu gehen war also keine Option.

Außerdem würde es bedeuten, dass sie versagt hätte, bei der einzigen Gelegenheit, bei der ihr Vater jemals ihren Nutzen zugeben würde.

Zahir stand hinter seinem Schreibtisch auf. Katherine wich einen Schritt zurück. Es war die instinktive Reaktion des Beutetiers auf ein Raubtier. Er war viel größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, dunkelbraun gebrannt und mit breiten Schultern, das helle Leinenhemd schmiegte sich eng um die Muskeln seiner Brust.

„Haben Sie jetzt lange genug gegafft? Warum gehen Sie nicht endlich, damit Sie die Story von dem Treffen mit mir an den Meistbietenden verkaufen können?“

„Deshalb bin ich nicht hier.“

„Nein, Sie wollen mich nur heiraten. Und mit mir hier im Palast leben.“ Er umrundete den Schreibtisch, kam auf sie zu, und sie bemerkte das leichte Humpeln bei seinen Schritten. Die Arme vor der Brust verschränkt, blieb er vor ihr stehen. „Denn wie könnte Prinzessin Katherine Rauch aus dem kleinen idyllischen Alpenreich einer solch großartigen Möglichkeit widerstehen, nicht wahr? Erträumen Sie sich schillernde Bälle wie aus Tausendundeiner Nacht? Ist es das? Ich bin nicht Malik.“

„Das ist mir klar.“ Ihr wurde die Kehle eng. Sie stand kurz davor, Haltung und Boden zu verlieren. Das durfte nicht passieren. Sie hatte ihrem Vater ihr Wort gegeben. Und mit ihrer Geburt einen Bluteid an ihr Volk geleistet. Sie war eine Rauch, sie musste ihr Land beschützen. Dies war ihre einzige Möglichkeit.

Ihr Puls schlug schneller, als Zahir noch näher kam, die schwarzen Brauen zusammengezogen, ein dunkles Glühen leuchtete in seinen Augen.

„Sie glauben also, es wäre kein Unterschied, ob Sie nun Malik oder mich heiraten? Machen Sie die Augen auf, sehen Sie sich die Realität an.“

Er stand einfach da, und sie wusste, was er meinte: seine Narben. Die Narben, die er bei dem Attentat auf die königliche Familie davongetragen hatte. Seine Eltern und sein Bruder waren ums Leben gekommen genauso wie viele Unschuldige, die dort gewesen waren, um der Parade beizuwohnen. Und das nur, weil ein Nachbarstaat nach der Macht greifen wollte. Die Gier nach Macht und Geld brachte die Menschen dazu, abscheuliche Dinge zu tun. Katherine würde alles geben, um ihrer Nation ein solches Schicksal zu ersparen.

Zahir verzog die Lippen zu einem abfälligen Grinsen. Die papierne Haut auf seiner Wange spannte sich, ein Mundwinkel zog sich nach oben, der andere senkte sich ganz leicht aufgrund der Narben auf seiner Wange, die sich zum Mund hinzogen. „Wollen Sie diesen Mann für den Rest Ihres Lebens jede Nacht neben sich im Bett liegen haben?“

Ihr Blick lag jedoch nicht auf seinem Gesicht, sondern auf seinen Händen. Es waren große Hände, fähige Hände. Auch sie hatten Narben davongetragen. Doch die Bilder in ihrem Kopf zeigten ihr diese starken dunklen Hände plötzlich auf zarter heller Haut … Schlagartig breitete sich Hitze in ihr aus. Seine Worte waren als Drohung gedacht, doch seine tiefe samtene Stimme hatte sie eher wie ein Versprechen klingen lassen. Anstatt Abscheu zu empfinden, war Katherine vielmehr fasziniert, auf eine Weise, die sie nicht verstand. Nein, nicht er ängstigte sie, sondern dieses unbekannte Gefühl, das ihr so völlig fremd war und das sie doch so stark erfasste. Es machte sie stark und schwach zugleich.

Sie wusste nicht, wie das passiert war. Aber sie war nicht gekommen, um sich einschüchtern zu lassen. „Es gibt einen Vertrag.“

„Raus“, knurrte er.

„Ich kann nicht gehen. Ich muss sicherstellen, dass die Heirat stattfindet, zum Wohle unserer beiden Völker. Wenn Sie das nicht verstehen …“

Er machte noch einen Schritt auf sie zu und stand ihr jetzt so nahe, dass sie die Wärme fühlen konnte, die sein Körper ausstrahlte. Nicht nur Wärme ging von ihm aus, sondern auch Wut. Und maßlose Traurigkeit, deren Echo in ihrem Innern widerzuhallen schien. Sie fragte sich, wie er das aushalten und trotzdem so groß und stolz vor ihr stehen konnte.

„Ich wünsche, allein zu sein.“

Seine Worte hallten tonlos durch den stillen Raum. Katherine musterte ihn stumm, sah die eine Gesichtshälfte mit der olivfarbenen Haut, dem hohen Wangenknochen, sah das markante Kinn, die gerade Nase. Sie verrieten die klassische Schönheit des einstigen Gesichts, auch wenn an der anderen Hälfte wenig Schönes zu entdecken war. Die entstellenden Narben zeigten der Welt den Schmerz, den er erleiden musste.

Aber Katherine erinnerte sich an den Mann, den sie vor Jahren getroffen hatte, wenn auch nur kurz. Damals war er kein Biest gewesen, im Gegenteil. Er war ernster als sein Bruder gewesen, mehr in sich zurückgezogen, fast distanziert. Damals war alles an ihm schön gewesen, einnehmend auf eine Art, wie es nur wenigen Menschen gewährt war.

Noch immer war er einnehmend, doch ganz anders als damals.

„Ich betone es noch einmal, Zahir.“ Wenn sie seinen Namen benutzte, zeigte sie damit auf, dass er auch nur ein Mensch aus Fleisch und Blut war. „Hier geht es nicht um Wünsche. Es ist eine Frage der Ehre.“

Lange musterte er sie, ohne dass sie etwas aus seinem Blick herauslesen konnte. „Sie unterstellen, dass ich Ehrgefühl besitze, Prinzessin.“

„Ich weiß, dass Sie es besitzen.“ Eigentlich hoffte sie es nur, aber es hörte sich auf jeden Fall gut an.

„Gehen Sie.“ Er sagte es leise, dennoch klang es wie ein harscher Befehl.

Zu versagen war neu für Katherine. Ihr ganzes Leben hatte sie alles darangesetzt, ihre Ziele zu erreichen, damit ihr der Respekt entgegengebracht wurde, der ihrem Bruder mit seiner Geburt von selbst zugefallen war. Erst die besten Schulnoten, dann die höchsten Spendeneinnahmen. Gab man ihr eine Aufgabe, erfüllte sie sie mit den besten Resultaten.

Sie hatte nie daran gedacht, dass sie hier scheitern könnte. Einen Plan, was sie in diesem Falle tun würde, hatte sie nicht gefasst. Als sie heute Morgen in die königliche Privatmaschine gestiegen war, tat sie es mit so viel Zuversicht, dass sie den Piloten mit der Maschine gleich wieder nach Altina zurückgeschickt hatte.

„Nun gut“, sagte sie steif, drehte sich um und verließ das Zimmer. Als er die Tür hinter ihr zuschlug, zuckte sie zusammen.

Dieser unmögliche Mann!

Natürlich hatte die Chance bestanden, dass er ablehnen würde, nur hätte sie niemals damit gerechnet. Sie war eindeutig im Recht, und sie war davon ausgegangen, dass er es einsehen würde. Stattdessen hatte er sie angeknurrt und praktisch hinausgeworfen.

Katherine stand in der riesigen Palasthalle und schlang die Arme um sich. Ihr war kalt, trotz der Wüstenhitze. Was sollte sie nun tun? Wohin sollte sie gehen? Nach Hause auf jeden Fall nicht. Mit diesen schlechten Nachrichten würde man sie nicht willkommen heißen.

Im Korridor hinter ihr erklangen Schritte, Katherine drehte sich um. Eine ältere Frau kam auf sie zu. Katherine erkannte sie. Die Frau war die Leibzofe der Scheicha gewesen und hatte die S’ad al Din-Familie damals nach Altina begleitet.

Die Ältere verbeugte sich mit einem warmen Lächeln vor Katherine. „Prinzessin Katherine, es ist viel zu lange her, seit wir Sie gesehen haben. Haben Sie geschäftlich in Hajar zu tun?“

„Ich …“ Im Grunde genommen ja, auch wenn es keineswegs gut gelaufen war. „Richtig.“ Hastig überschlug sie ihre Möglichkeiten. Zahir wollte sie nicht hier haben, nach Hause zurückkehren konnte sie nicht. „Für die Dauer meines Aufenthalts in Hajar werde ich im Palast wohnen.“

„Wie schön. Wir hatten keine Gäste mehr seit … seit Langem.“

Katherine war sicher, der Älteren hatten die Worte „seit dem Attentat“ auf der Zunge gelegen. Seit ihrem letzten Besuch hier schien sich die Atmosphäre im Palast verändert zu haben. Es war stiller, bedrückender, irgendwie leerer.

„Dann fühle ich mich geehrt, der erste Gast seit Langem zu sein.“ Ihr Gewissen meldete sich, aber sie unterdrückte den Gedanken. Zahir verhielt sich unvernünftig, und sie brauchte Zeit, um sich einen anderen Ansatz zu überlegen. „Könnten Sie veranlassen, dass mein Gepäck aus dem Wagen geholt wird?“ Sie hatte genügend Garderobe für einen längeren Aufenthalt mitgebracht. „Mein Fahrer wartet vor dem Palast. Bereiten Sie bitte die Suite vor, die ich beim letzten Mal bewohnt habe.“

Sie nutzte ihren besten Prinzessinnenton. Sie war schon immer eine schlechte Lügnerin gewesen, ihre Augen verrieten sie jedes Mal. Glücklicherweise schaute Kahlah ihr nicht in die Augen, und sie würde es auch nie wagen, einer Prinzessin Fragen zu stellen. Katherine kam sich wie eine Betrügerin vor, aber hier ging es schließlich um etwas viel Wichtigeres. Es war ihre Chance, den Lauf der Dinge zu ändern.

„Natürlich. Hier entlang, Hoheit.“

Katherine ließ sich von Kahlah durch die Korridore führen und prägte sich den Weg ein. Sie sah überall hin, nur nicht auf die andere Frau.

Der prunkvolle Palast in Kadim, der Hauptstadt von Hajar, zeugte von überwältigendem Reichtum und meisterhafter Handwerkskunst. Überall prangten schimmernder Marmor und Blattgold, die Böden bestanden aus einem scheinbar nie endenden Mosaik aus Jade, Obsidian und Jaspis.

Umso besser, dachte Katherine. Wenn sie schon den Zorn des Biests von Hajar auf sich zog, dann war es angenehmer, es in einer luxuriösen Umgebung zu tun.

„Was geht hier vor?“, knurrte Zahir, als er in die Halle des Palastes trat und die Prozession von Kofferträgern sah – beladen mit mannshohen Koffern, Hutschachteln und Ledertaschen.

Der Hofmeister wandte sich Zahir zu, sah ihn aber nicht an. Das taten sie nie. „Wir bringen Prinzessin Katherines Gepäck, wie angewiesen, Scheich Zahir.“

„Von wem stammt die Anweisung?“ Eine seltsame Kälte erfasste ihn. Jemand brach in seinen persönlichen Bereich ein. Ein inakzeptabler Kontrollverlust.

Der Diener wich unmerklich zurück, seine Nervosität war greifbar. „Von Prinzessin Katherine.“

Zahir hörte nicht weiter zu. Er machte auf dem Absatz kehrt und stürmte zu den Frauenquartieren. Obwohl, es war durchaus denkbar, dass sie direkt in seine Suite eingezogen war!

In sein Bett.

Bei dem Gedanken spannte sich sein Körper an. Es war ein fast vergessenes Gefühl. Nein, das würde sie nicht wagen, nicht einmal sie besaß so viel Kühnheit.

Er sah eines der Dienstmädchen aus einer Tür kommen und hielt darauf zu, während das Mädchen in die andere Richtung davoneilte. Sie tat, als hätte sie ihn nicht bemerkt, obwohl sie ihn mit Sicherheit gesehen hatte. Selbst das Personal ging ihm aus dem Weg, wann immer es möglich war.

Er schob die Tür auf, und da war sie. Das rotgoldene Haar hatte sie heruntergelassen, es fiel ihr duftig über die Schultern. Ihr blaues Kleid wirkte auf den ersten Blick schlicht-klassisch und fast züchtig, dennoch betonte es ihre Kurven auf eine Art, die die Fantasie eines Mannes in Flammen setzen konnte.

Sogar dann, wenn die Fantasie dieses Mannes seit Jahren erloschen war.

„Was genau tun Sie hier, latifa?“ Das Wort „Schönheit“ schlüpfte ihm über die Lippen, bevor er Zeit hatte, genauer darüber nachzudenken. Denn es war die Wahrheit, sie verkörperte Schönheit. In der Wüste jedoch ging zarte Schönheit zugrunde.

Sie drehte sich zu ihm um, ihre grünen Augen glitzerten kalt. Vielleicht war sie gar nicht so zart, auch wenn sie sich sicher so anfühlen würde … Die helle Haut, die üppigen Kurven …

Sein Magen zog sich zusammen. Schon lange hatte keine Frau mehr diese Wirkung auf ihn gehabt, nicht mehr, seit die Qualen in einer Endlosschleife immer und immer wieder vor seinem inneren Auge abliefen.

„Ich bleibe“, erwiderte sie hochmütig.

„Ich hatte Ihnen gesagt, dass Sie gehen sollen.“

„Aus Ihrem Arbeitszimmer.“

„Aus meinem Land.“

Sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich fürchte, das kann ich nicht akzeptieren.“

Er ging auf sie zu und bemerkte ihr unmerkliches Zusammenzucken. Nein, sie war nicht immun gegen sein entstelltes Gesicht, so sehr sie sich auch den Anschein von Unempfindlichkeit geben wollte. Ihr Duft erreichte ihn, leicht und blumig. Weiblich. Wie lange war es her, seit er einer Frau so nahe gewesen war?

„Wenn etwas nicht akzeptabel ist, dann, dass Sie Ihren hübschen königlichen Hintern dort parken, wo Sie nicht willkommen sind.“ Er benutzte harsche Worte als Mittel, um einzuschüchtern, wenn sein Aussehen nicht ausreichte.

Doch auch das schien nicht zu funktionieren. Sie hob nur eine Augenbraue. „Komplimente werden mich auch nicht von meiner Meinung abbringen.“

Angst oder Unsicherheit, die sie vielleicht kurz gezeigt haben mochte, waren verschwunden. Sie sah ihn direkt an, mit geradem Rücken und gestrafften Schultern. Er konnte sich nicht daran erinnern, wann ihn das letzte Mal jemand so angesehen hatte. Seine Diener vermieden es, und sein Volk … Seine Untertanen schien es nicht zu interessieren, ob er öffentlich auftrat, solange er die Staatsgeschäfte führte. Sein Aussehen untermauerte seinen Ruf … oder vielleicht war es auch umgekehrt.

Die Gerüchte über den entstellten, vielleicht sogar verrückten Scheich hielten die Mehrheit davon ab, ihn sehen zu wollen. Die närrische Minderheit, die ihn für einen Unsterblichen hielt und in ihm eine Art Erlöser sah, wagte es nicht, sich ihm zu nähern. Nun, beides passte ihm bestens. Die Gerüchte hielten andere fern und erlaubten es ihm zu regieren, ohne den Palast verlassen zu müssen. Nicht sein Volk wollte er einschüchtern, aber jeden, der daran dachte, sein Land noch einmal zu attackieren. Bisher hatte es funktioniert.

Doch Katharine die Große schien es nicht zu berühren. Sie war halsstarrig, kühl und offenbar sehr von sich überzeugt. Sie stand in seinem Heim, als gehörte es bereits ihr.

Zeit, seinen Ruf als Biest zu nutzen.

„Sie wollen also die Ehe, Katherine? Sie wollen meine Frau werden?“ Er streckte die Hand aus und fuhr ihr über eine Wange. Ihre Haut fühlte sich wie Seide an. Er wollte mehr von ihr berühren. Alles. Unnachgiebig unterdrückte er den Impuls. Fünf Jahre lang hatte er sich jedes Verlangen versagt, es würde ihm nicht wehtun, es weiter zu ignorieren. „Sie wollen mir das Bett wärmen und meine Kinder zur Welt bringen?“

Sie lief purpurrot an. „Nein.“

„Das dachte ich mir.“

„Es ist nicht nötig.“

„Brauchen Sie keinen Erben?“

Ihr Blick wurde hart. „Nicht von Ihnen. Wenn alles nach Plan geht, brauche ich überhaupt keinen Erben.“

Er biss die Zähne zusammen und versuchte, nicht an das zu denken, was nötig war, um Erben hervorzubringen. Seine Selbstbeherrschung war gefordert, er musste sich zusammennehmen, sonst ließ sich nicht abschätzen, was passieren würde. „Wieso?“

„Sollte mein Vater sterben, bevor mein Bruder Alexander volljährig ist, werden Sie als mein Ehemann zum Regenten ernannt und nicht mein Cousin. Ich als Frau kann den Thron nicht besteigen, ich kann auch meinen Bruder nicht beschützen. Wenn Sie mich nicht heiraten, wird mein Cousin John die Macht an sich reißen. Dann steht uns ein Bürgerkrieg bevor. Ein solcher Krieg wird unsere gesamte Ökonomie zum Erliegen bringen und auch die Handelsbeziehungen zu Ihrem Land in Mitleidenschaft ziehen. Ich werde nicht tatenlos dabeistehen und zusehen, wie das passiert.“

„Was genau schlagen Sie also vor?“

„Für mich und mein Volk ist diese Heirat notwendig. Ich werde Ihre Frau sein, entweder nur auf dem Papier oder, wenn Sie wollen, auch in Ihrem Bett. Das entscheiden Sie. Wenn Sie aber der Heirat nicht zustimmen, muss Ihnen klar sein, dass das Blut meines Volkes auch an Ihren Händen klebt.“

Aus Katherines Worten sprühten Feuer und Leidenschaft. Sie setzte sich nicht nur mit Hingabe für ihr Land und ihr Volk ein, sie wäre auch eine mehr als fähige Regentin und könnte die Herrschaft allein übernehmen. So wie Malik es getan hätte. Sie wäre die perfekte Frau für seinen Bruder gewesen.

Wie immer bei dem Gedanken an Malik legte sich ein eiserner Ring um Zahirs Brust und erinnerte ihn daran, dass eigentlich nicht er hier stehen sollte.

Er hielt nichts von festlichen Anlässen, war nicht dafür gemacht, endlos über neue Gesetze zu debattieren, besaß nicht genügend diplomatisches Geschick, um gute Beziehungen zu Nachbarstaaten aufzubauen. Er war ein Mann der Tat. Aber selbst das stimmte nicht mehr. Auch fünf Jahre nach dem Attentat fühlte sich sein Körper noch immer nicht an, als wäre es seiner. Es war, als wäre er in einer Kerkerzelle eingesperrt, zu der es keinen Schlüssel gab, nicht einmal eine Tür.

„Suchen Sie sich einen anderen. Es muss doch genügend Männer mit Titel geben, die bis zum letzten Atemzug für die Ehre kämpfen. Ich gehöre nicht dazu.“

„Der Vertrag besteht bereits, und er ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet, bis hin zu dem Passus, welches unserer Kinder was erbt. Letzteres muss uns natürlich nicht interessieren.“

Für einen flüchtigen Moment, so kurz, dass Zahir meinte, es sich nur eingebildet zu haben, erkannte er unglaubliche Verletzlichkeit in ihren grünen Augen. Die Erkenntnis versetzte ihm einen Schlag, sie brachte den Schutzwall, den er um sich herum aufgebaut hatte, ins Wanken. Aber dann riss er sich zusammen. „Die Situation ist bedauerlich … für Sie.“ Er wandte sich zum Gehen, doch sie folgte ihm.

„Für uns beide. John ist ein inkompetenter, egoistischer Narr, der sich nicht an die bestehenden Handelsverträge zwischen unseren Ländern halten wird. Er wird Altina zu Fall bringen und sein Bestes versuchen, das auch mit Hajar zu tun.“

Zahir blieb stehen, sein Puls schlug hart. Als Regent seines Landes hatte er alles darangesetzt, sichere Lebensbedingungen für sein Volk zu schaffen. Das Bild, das Katherine zeichnete, war eines von Verwüstung und Chaos. Er wollte nicht, dass es so kam, er wollte das Gleichgewicht halten. Er wusste, was ein Bürgerkrieg bedeutete, er hatte selbst einen Geschmack davon erhalten.

Unwillkürlich ballte er die Fäuste. „Eine Ehe auf dem Papier. Und wie geht es dann weiter?“

„Sie können sich von mir scheiden lassen, sobald Alexander einundzwanzig ist.“ Sie trat einen Schritt auf ihn zu, streckte die Hand aus und legte sie auf seinen Arm. „Ich werde alles tun, was Sie verlangen.“

Erregung schlug innerhalb eines Sekundenbruchteils über ihm zusammen. Fast hätte er aufgelacht. Sollte sie ihn verführen wollen, um ihn zu überzeugen, so würde er als Sieger hervorgehen. Sie würde es nie durchhalten. Und er könnte beobachten, wie sie sich angewidert zurückzog, wenn sie erst das ganze Ausmaß seiner Verletzungen sah.

Schlimmer als seine Verletzungen jedoch würde es für sie sein, wenn sie den Mann unter der eisernen Kontrolle erkannte. Leer, ausgebrannt, gefühllos, mit inneren Wunden, die niemals heilen würden, nicht einmal zu Narbengewebe – so wie die äußeren. Nichts an ihm war heil geblieben. Das Einzige, was ihn zusammenhielt, war der Wille, sein Land zu regieren, so wie sein Vater es gewollt hätte. Wie sein Bruder es gewollt hätte. Alles andere war zu viel verlangt und somit unmöglich.

„Also nur eine zeitlich beschränkte Ehe auf dem Papier“, sagte er schließlich mit harter Stimme.

„Umso besser.“ Sie versuchte, sich die Erleichterung nicht anmerken zu lassen. Sie glaubte nicht, dass sie es für den Rest ihres Lebens mit diesem Mann aushalten könnte – mit seiner Kälte. „Danach gehen wir wieder getrennter Wege, mit der Gewissheit, den Frieden für unsere Länder gesichert zu haben.“ Sie musste die nervöse Anspannung abbauen und begann, im Zimmer auf und ab zu gehen. „Da unsere Trennung freundschaftlich verlaufen wird, bleiben die Verbindungen zwischen Altina und Hajar bestehen.“

Zahir bewegte den Kopf, um ihr mit dem Blick zu folgen, und Katherine erkannte, dass sein Sichtfeld eingeschränkt war.

„Es muss echt aussehen“, sagte er.

Sie nickte knapp. „Selbstverständlich. Nicht unbedingt nach einer Liebesheirat, aber zumindest nach einer dauerhaften Verbindung. Für meinen Vater, für John, für Alexander. Niemand darf etwas anderes vermuten.“

„Mein Volk ebenfalls nicht.“

Für ihn war es eine Frage des Stolzes, das erkannte sie jäh und spürte einen kleinen Stich. Es würde ihm nicht leicht fallen, einzuwilligen, diesem Mann, der in den Schatten lebte. Aber sie wagte nicht, sich die Konsequenzen auszumalen, falls die Heirat nicht zustande kam. „Nein, niemand“, leistete sie ihm das Versprechen.

„Sie bleiben hier. Die Tradition verlangt es, damit die Verlobung besiegelt wird.“

„Aber ich dachte … Mein Vater ist krank. Ich hatte vor, nach Hause zurückzukehren.“

„Und Sie glauben nicht, es wird seltsam anmuten, wenn meine Braut mich sofort wieder verlässt?“ Er legte eine Hand um ihren Ellbogen, sein dunkler Blick brannte sich in ihre Augen. „Niemand darf etwas ahnen.“

Für einen Moment musterte sie sein Gesicht, die zerstörte Haut, die Narbe, die über die Wange verlief und seine Oberlippe teilte. Nein, attraktiv war er nicht, nicht mehr. Aber fesselnd, imposant. Und einen Augenblick lang war sie versucht, mit den Fingern über seine verunstaltete Wange zu fahren, um den schrecklichen Schaden zu erfühlen. „Sie haben mein Wort, Scheich Zahir. Ich hatte ja sowieso vor, zu bleiben. Für eine Weile zumindest.“

„Ich weiß. Ich habe die Parade mit Ihren Koffern gesehen.“

„Weil es mir so wichtig war. Ich hätte nicht aufgegeben.“

„Warum sind Sie diejenige, die das Problem lösen muss? Ist es eine Frage der Ehre?“ Er studierte sie mit intensivem Blick, und sie spürte, wie gespannt er auf eine Antwort wartete.

„Wie weit wären Sie gegangen, um Maliks Weg zu ebnen und sicherzustellen, dass er sein Schicksal erfolgreich erfüllen kann? Um zu garantieren, dass er in Sicherheit ist?“

Er schluckte, seine Hände ballten sich zu Fäusten. „Ich hätte mein Leben dafür gegeben.“

„So wie ich meines gebe.“

Er hob den Kopf und zeigte ihr die unverletzte Seite seines Gesichts. Deren Schönheit überwältigte Katherine fast, doch in den Zügen war nichts zu lesen. „Wie nobel von Ihnen.“

„Ich weiß nicht, ob man es so nennen kann.“

„Demut passt nicht zu einer Frau, die den Palast von Hajar erstürmt und sich ohne Aufforderung hier eingerichtet hat.“

Für einen Moment glaubte sie, so etwas wie Humor in seinem Blick zu erkennen. Doch das konnte nicht sein, sie musste sich getäuscht haben. „Dafür muss ich mich entschuldigen.“

„Eines müssen Sie wissen, latifa. Im Palast herrscht eine gewisse Routine. Ich halte mich an einen strikten Zeitplan. Den werden Sie nicht stören.“

Natürlich nicht, sie war nicht wichtig genug, als dass ihretwegen Zeitpläne geändert werden müssten. „Der Palast ist groß. Ich denke, wir werden es vermeiden können, dass unsere Wege sich kreuzen, wenn das Ihr Wunsch ist.“

„Es reizt mich, diese These zu überprüfen.“

„Allerdings … wenn unsere Verbindung echt wirken soll, werden Sie mich behandeln müssen, als würden Sie meine Anwesenheit gutheißen.“

Er lehnte sich vor, sie wich ein wenig zurück. Sein Duft reizte ihre Sinne, ließ ihren Puls schneller schlagen. Er hatte einen ganz eigenen Duft – Sandelholz und würzige Aromen, gemischt mit seiner typischen männlichen Essenz. Ihr schwindelte leicht.

„Und Sie werden sich zusammennehmen und vorgeben müssen, nicht von mir abgestoßen zu sein.“

„Das bin ich nicht.“ Sie sagte die Wahrheit. Er hatte viele Narben, aber all dieser Unsinn von dem Biest, das er angeblich war, kam ihr einfach nur lächerlich vor. „Ich will nicht behaupten, dass ich mich in Ihrer Nähe völlig unbefangen fühle, aber bis die Verlobungsparty stattfindet …“

„Es wird keine Verlobungsparty geben.“ Seine Augen glühten auf.

„Es muss eine geben“, beharrte sie. „In Altina ist es Tradition, dass die Braut …“

„Sie sind jetzt in Hajar.“ Sein Ton war hart und unnachgiebig. „Sie sind in mein Land gekommen, und somit bin ich Ihr Scheich. Sie haben Ihre Wahl getroffen, vergessen Sie das nie.“ Damit drehte er sich um und verließ ihr Zimmer. Die Tür fiel lautstark hinter ihm ins Schloss.

Zum ersten Mal, seit sie den Fuß auf hajarischen Boden gesetzt hatte, kam Katherine der Verdacht, dass sie sich auf etwas eingelassen haben könnte, das möglicherweise zu groß für sie war.

2. KAPITEL

Katherine steckte die letzte Haarsträhne fest und betrachtete ihr Spiegelbild. Sie war blass und hatte rot geränderte Augen vom Schlafmangel … Ehrlich gesagt, sie sah aus wie ein Geist. Nun, ihrem zukünftigen Ehemann war es gleich, wie sie aussah. Und selbst wenn nicht … Ihr war es egal, was er dachte.

Hier ging es lediglich um Politik.

Geräuschvoll stieß sie den Atem aus und wandte sich vom Spiegel ab. Sie würde den Tag nicht untätig verstreichen lassen. Sie verließ ihr Zimmer und trat in den leeren Gang.

Sie könnte ihren Vater anrufen. Seit sie aufgestanden war, hatte sie das Telefon mindestens zehnmal zur Hand genommen und wieder weggelegt. Sie brachte es nicht über sich, es war noch zu früh. Ein solcher Anruf würde alles Realität werden lassen. Welche Ironie des Schicksals … Jetzt, da sie ihr Ziel erreicht hatte, fand sie es schwierig, es zu akzeptieren.

Es geht um nicht mehr als eine Zeremonie und ein Stück Papier. Du musst ja nicht ewig bei ihm bleiben – und du musst auch keine Kinder mit ihm haben.

Das wäre wirklich eine ganz andere Sache. Sie hatte gedacht, sie würde sogar damit umgehen können. Jetzt allerdings wurde ihr klar, wie sehr sie sich getäuscht hatte. Wenn allein schon der Gedanke an die Hochzeitszeremonie sie dermaßen beunruhigte …

Sie ging den Korridor entlang, das Klicken ihrer Absätze hallte an der hohen Decke wider. Diese Gänge schienen sich endlos zu winden. Aber sie erinnerte sich daran, wo Maliks Gemächer gelegen hatten – am entgegengesetzten Ende des Palastes, am weitesten entfernt von den Frauenquartieren. Es war anzunehmen, dass Zahir diese Räume nun bewohnte.

Gestern Abend hatten sie davon gesprochen, einander aus dem Weg zu gehen. Und Zahir hatte versucht, sie einzuschüchtern, indem er sie daran erinnerte, dass sie nun in seinem Land war. Sie ließ sich nicht leicht einschüchtern, schließlich hatte sie sich ihr ganzes Leben lang vor starken Männern behaupten müssen. Auch vor ihrem Vater. Er hatte nie etwas von ihr erwartet und lobte sie auch nie für ihre Erfolge. Sie hatte immer Stärke zeigen müssen.

Den Thron von Altina würde sie nie besteigen können, doch am politischen Leben des Landes nahm sie aktiv teil. Sie stand keineswegs in dem Ruf, ein Mauerblümchen zu sein, sie scheute sich nicht vor Konflikten, sondern stellte sich ihnen. So wie sie jetzt auf der Suche nach dem großen, muskulösen „Konflikt“ war, mit dem sie es gestern aufgenommen hatte.

Sie musste in einige leere Räume schauen, bevor sie Zahir fand – in einem riesigen Fitnessstudio mit den modernsten Geräten sowie einem Schwimmbecken. Zahir lag mit dem Rücken auf einer Bank und stemmte Gewichte. Jedes Mal, wenn er die schwere Stange hochruckte, stieß er laut zischend den Atem durch die Zähne.

Zögernd betrat sie den Raum. Beim Anblick seines bloßen Oberkörpers weiteten sich ihre Augen. Jeder einzelne Muskel wirkte wie aus Stein gemeißelt. Nur das stete Muskelspiel bewies, dass es sich hier um einen lebenden Menschen und nicht um eine Statue handelte.

Goldene Haut, teilweise glatt und seidig, teilweise zerstört und dünn wie Papier, im Ganzen jedoch absolut faszinierend. Katherine blinzelte und sog scharf die Luft ein.

„Sollte bei diesen Übungen nicht jemand dabei sein, damit kein Unfall passieren kann?“

Abrupt legte Zahir die Stange in der Halterung ab und setzte sich ruckartig auf. „Was tun Sie hier?“

„Ich habe nach Ihnen gesucht.“

„Wie kommen Sie auf die Idee, Sie seien erwünscht?“

„Das hatte ich gar nicht erwartet.“ Sie musste sich zusammenreißen, um den Blick auf sein Gesicht gerichtet zu halten. Sie konzentrierte sich auf die Narbe an seiner Wange und hoffte, so nicht ständig an seine nackte Brust denken zu müssen. „Aber es stört mich auch nicht.“

Die Sehnen an seinem Hals traten hervor, ein Muskel in seiner Wange zuckte. „Nein, wieso sollte es auch?“

Ihr Blick wanderte automatisch weiter nach unten. „Nun … also … Darum geht es auch nicht …“

„Haben Sie jetzt genug gesehen?“ Die Frage klang mehr wie ein Knurren.

Ihr Kopf ruckte hoch, und sie sah ihm wieder gerade in die Augen. Seine Miene war verschlossen und hart. Sein Mund hatte sich zu einem höhnischen Grinsen verzogen.

„Ja.“ Hitze kroch in ihre Wangen. Nicht, dass sie noch nie einen Mann angestarrt hätte, aber die waren dann nicht halb nackt gewesen – und sie war auch noch nie dabei ertappt worden. Oder vielleicht waren die Männer einfach nur zu höflich gewesen, schließlich war sie eine Prinzessin. Zahir jedoch schien das egal zu sein.

Er beugte sich vor, hob mit leicht zitternden Fingern, wie sie bemerkte, ein weißes T-Shirt auf und zog es über. Damit verdeckte er das Narbengeflecht, das seine Haut auf einer Körperseite überzog. Es rührte von einem Schrapnellgeschoss und dem Feuer her. Katherine hatte darüber gelesen … Ihr Magen zog sich zusammen, jeder klare Gedanke schien sich plötzlich aus ihrem Kopf verflüchtigt zu haben.

„Ich hatte gehofft, Sie könnten mich etwas herumführen.“ Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht, aber sie hatte das Gefühl, etwas sagen zu müssen. Die Situation war zu unangenehm.

„Vergeblich gehofft, latifa. Ich habe zu tun.“

„Was denn?“

„Die Dinge, die Landesherrscher eben so tun. Sie müssten das doch kennen.“

„Nicht so genau. Die königliche Familie zeigt sich in der Öffentlichkeit und hält Ansprachen.“ Das war gelogen. Sie tat sogar viel. Engagierte sich in mehreren Wohltätigkeitsorganisationen und Stiftungen, trieb Spenden für alle möglichen Zwecke ein …

„Schützen Sie keine Harmlosigkeit vor, das passt nicht zu Ihnen.“

„Na schön. Ich halte es für nötig, den Originalvertrag, den unsere Väter aufgesetzt haben, noch einmal genau durchzugehen und Änderungen einzusetzen, wo wir sie für richtig erachten.“

„Das halten Sie also für nötig, ja?“

„Besser jetzt als nach der Zeremonie, meinen Sie nicht auch?“

„Sind Sie eigentlich immer so?“

„Ja. Man hat mir schon des Öfteren gesagt, ich sei unmöglich. Aber das stört mich nicht unbedingt. Solange ich erreiche, was ich will.“ Zumindest in bestimmten Situationen.

Er ließ einen harschen Laut hören, vielleicht ein trockenes Lachen. „Ich kann mir vorstellen, dass Sie Mittel und Wege kennen, um Ihren Kopf durchzusetzen.“

Sie runzelte die Stirn. „Falls Sie damit andeuten wollen, dass ich meinen Körper einsetze … das tue ich nicht. Ich nutze meinen Verstand. Oder wussten Sie nicht, dass Frauen auch denken können?“

„Ich habe nicht über Frauen gesprochen, sondern über Sie.“

„Mir gefiel Ihre Bemerkung nicht.“

„Nun, auch mir sagt man nach, unmöglich zu sein. Und ich erreiche immer, was ich will.“ Er wandte ihr den Rücken zu.

Er hatte so breite Schultern, breit genug, dass das Gewicht der Welt auf ihnen zu lasten schien. Sie spürte, dass er es so empfand, denn ihr erging es manchmal ebenso.

„Sie können mich gerne wieder ignorieren … nachdem wir den Vertrag durchgegangen sind. Und nachdem Sie mir eine Führung gegeben haben. Ich bin es leid, ständig das Gefühl zu haben, ich hätte mich verlaufen.“

Er wollte sie loswerden, das war deutlich spürbar. Aber sie war entschlossen, ihr Bestes zu geben und ihm nicht nachzugeben.

„Ich gehe duschen und treffe Sie später in meinem Arbeitszimmer.“

Er durchquerte den großen Raum hin zu einer Tür, hinter der wohl die Duschen liegen mussten. Dort würde er sein T-Shirt ausziehen und seine Hose … Er würde diesen großartigen Körper entblößen. Für einen Moment erlaubte Katherine sich die Vorstellung, wie das wohl aussehen mochte. Nur für einen kurzen Moment.

„Ja, in Ihrem Arbeitszimmer“, erwiderte sie und hoffte, dass er nicht bemerkt hatte, mit welcher Verzögerung ihre Antwort gekommen war.

Die Frau verstand keinen Wink mit dem Zaunpfahl. Als Zahir sein Arbeitszimmer betrat, saß sie bereits in dem Stuhl vor seinem Schreibtisch, in perfekter Haltung, die schmalen Fesseln auf Knöchelhöhe über Kreuz. Auf Seidenstrümpfe hatte sie verzichtet.

Es fiel ihm sofort auf. Wahrscheinlich, weil bloße Beine für eine Frau in ihrer Position ungewöhnlich waren. Allerdings war es hier sehr viel heißer als in Altina. Was sicherlich auch als Erklärung für das leichte Sommerkleid herhalten konnte, sehr schlicht und züchtig, dennoch zeigte es genug, um seine Fantasie anzuheizen.

Vielleicht wäre es besser, wenn sie etwas komplett Durchsichtiges getragen hätte. Dann gäbe es keine Rätsel. War ihre Haut überall so hell und seidig wie auf ihren Armen? Waren ihre Brüste auch ohne entsprechende Unterwäsche und Hilfsmittel so hoch und voll? Das waren die Fragen, die seinen Verstand von nun an beschäftigen würden.

Hätte er geahnt, dass allein die Anwesenheit einer Frau ausreichte, um seine in den Winterschlaf gefallene Libido aufzuwecken, hätte er sich schon viel früher eine in den Palast geholt.

Und wozu? Damit sie dann schreiend vor dir davonläuft?

So wie Amarah es getan hatte. Er konnte es ihr nicht einmal verübeln. Inzwischen glich er vielleicht nur einem Biest, damals, direkt nach dem Anschlag, war er ein Monster gewesen.

Er verdrängte alle Gedanken an Katherines Körper, konzentrierte sich stattdessen auf ihre extreme Aufdringlichkeit und auf die unangenehme Anspannung, die ihre Nähe jedes Mal in ihm auslöste.

„Sehen Sie mich nicht so an“, sagte sie.

„Wie sehe ich Sie denn an?“ Er ging um den Schreibtisch herum und ließ sich auf dem ledernen Stuhl nieder. Der Stuhl war unbequem – kein Wunder, er war für einen anderen Mann gemacht worden. Für seinen Bruder. Zahir hatte den Stuhl nie austauschen lassen.

„Als ob Sie schockiert wären, mich zu sehen. Wir hatten vereinbart, uns hier zu treffen, um die Änderungen zu besprechen. Also bin ich hier. Durch die Krankheit meines Vaters bestand immer die Chance, dass mein zukünftiger Ehemann als Regent einspringen muss, bis Alexander volljährig wird. Das wurde damals bereits in Betracht gezogen, als Malik noch …“

„Lassen Sie mich sehen.“ Zahir streckte die Hand aus, und sie reichte ihm die Aktenmappe.

Er überflog die Dokumente. Sie regelten die Heirat, die Erbfolge, Handelsabkommen, Bündniserklärungen. Auf den letzten Seiten wurde das Szenario abgehandelt, falls der König sterben sollte, bevor sein Sohn alt genug war, um die Thronfolge anzutreten.

„Die Entscheidungsgewalt liegt bei Ihnen. Ich will sie nicht. Setzen Sie das ein. Hier.“ Er deutete auf den Paragraphen.

Katherine blinzelte verdutzt. Dann schüttelte sie heftig den Kopf und beugte sich vor. „Das geht nicht. Das müsste erst in Altina vors Parlament gebracht werden. Dazu wiederum bräuchte ich die Zustimmung meines Vaters. Ich glaube nicht, dass ich diese erhalten werde. Sie … verstehen nicht.“

„Ist Ihr Vater zu krank, um einen Stift zu halten und eine Unterschrift zu leisten?“

Röte kroch an ihrem Nacken empor und in ihre Wangen. „Er möchte, dass die Entscheidungsgewalt bei Ihnen liegt.“

„Vertraut er Ihnen nicht?“

Sie verschränkte die Finger auf ihrem Schoß und holte tief Luft. „Ich bin eine Frau.“

„Ich verstehe nicht, welchen Unterschied das machen sollte. Sie haben mehr Courage als die meisten Männer, die ich kenne.“

Sie lächelte leicht, und ein seltsam warmes Gefühl breitete sich in seiner Brust aus, fast so etwas wie Zufriedenheit. Nach so vielen Jahren, in denen er nichts als bittere Kälte gefühlt hatte, war es eine verwirrende Empfindung. Diese Frau brachte ihn fast dazu, sich zu wünschen, er könnte wieder fühlen und seine eiserne Selbstbeherrschung endlich aufgeben.

„Er gehört einer anderen Generation an“, versuchte sie zu erklären. „Ich nehme es ihm nicht übel.“

Und doch konnte er hören, dass sie genau das tat. Das Wissen lebte in ihr wie ein eigenständiges Wesen, es war das, was sie antrieb. Er wusste aus eigener Erfahrung, wie sich so etwas anfühlte.

„Soweit es ihn betrifft, habe ich einen Mann zu heiraten, der ein fähiger Regent sein kann. Das ist meine einzige Pflicht gegenüber meinem Volk.“

Er musterte ihr Gesicht. Sie war so ernst, so entschlossen. So schön. Sein Puls beschleunigte sich, Hitze breitete sich in ihm aus. „Ich muss mein eigenes Land regieren. Im besten Falle wäre ich ein abwesender Regent, im schlimmsten ein nachlässiger.“

„Selbst im Schlaf könnten Sie nicht nachlässiger sein als mein Cousin.“

„Altina obliegt Ihrer Verantwortung, ob wir es nun schriftlich festhalten oder nicht.“

„Ich … Danke.“ Sie studierte angelegentlich ihre Fingernägel. „Wir haben natürlich ein Parlament. Es ist nicht so, als könnte ich Gesetze ändern oder den Staatshaushalt verabschieden. Im Grunde kann ich nur auf dem Balkon stehen und der Menge zuwinken.“

Die Menge.

Zahir schloss die Augen und wappnete sich für die Bilder, die jetzt unweigerlich auf ihn einstürzen würden. Die Realität löste sich auf, bröckelte Stück für Stück ab, zuerst sein Schreibtisch, dann das gesamte Zimmer, um Platz zu machen für die unerträglichen Erinnerungen. Die Menge. Die Jubelrufe. Menschen, die sich um die königlichen Karossen drängten.

Sie hatten nicht gleich erkannt, dass die Gruppe die Barrikaden nicht durchbrochen hatte, um der königlichen Familie näher zu sein. Dann das ohrenbetäubende Getöse, die Schüsse, der Geruch von verbranntem Fleisch, der ätzende Rauch in seinen Lungen … Er konnte nicht mehr atmen, konnte nichts mehr sehen …

„Zahir?“

Ihre Stimme drang durch den Nebel. Er öffnete die Augen. Er saß in seinem Arbeitszimmer, Katherine vor sich, die ihn mit Sorge in den grünen Augen ansah. Sie hatte es also bemerkt. Wieso? Dann fiel ihm auf, dass seine Hand schmerzte … Auf dem Schreibtisch hatte er die Finger so hart zur Faust geballt, dass seine Sehnen voller Schmerz protestierten.

Für einen Moment hatte er sich völlig vergessen und den Bezug zur Realität verloren. Es passierte heute nicht mehr so oft, weil er gelernt hatte, sich zu beherrschen und seine Gefühle zu kontrollieren. Aber sie hatte ihn abgelenkt … Und jetzt hatte sie ihn gesehen. Hatte seine Schwäche gesehen.

„Ich mache so etwas nicht.“ Seine Kehle war rau und eng. Verdammt. „Ich meine das mit der Menge.“ Er atmete tief durch, versuchte sich zu sammeln. „Ich habe eher ein Radiogesicht.“

Wieder lächelte sie, dieses Mal jedoch eher gezwungen. Sie war sich offensichtlich nicht sicher, welche Reaktion angebracht war.

„Sie können ruhig lachen“, stieß er aus. Und als sie es tat, spürte er wieder dieses warme Gefühl, dieses Mal noch stärker. Er unterdrückte es rigoros, brannte es aus, wie man mit einem glühenden Messer eine Wunde ausbrannte.

„Nun, ich zeige mich häufig in der Öffentlichkeit“, erwiderte sie.

„Ich weiß. Es erscheinen regelmäßig Berichte über Sie. Vor allem Ihre Garderobe steht immer wieder im Mittelpunkt.“

Sie nickte. „Manchmal frage ich mich allerdings, ob die Farbe meiner Schuhe von solchem Interesse wäre, wenn ich ein Mann wäre. Aber ich will mich nicht beschweren. Es ist schön, wenn mein Land in den internationalen Nachrichten Erwähnung findet, selbst wenn es dabei nur um meine Schuhe geht. Das ist gut für den Tourismus.“

„Gibt es viel Tourismus in Altina?“ Er bemühte sich weiter um Kontrolle, suchte jene tröstliche Abgeklärtheit, an die er gewöhnt war.

„Die Branche befindet sich im Aufbau und hat ihr Potential noch lange nicht ausgeschöpft. Das ist eines der Projekte, für die ich mich in den letzten fünf Jahren engagiert habe.“

Seit dem Tode seines Bruders. Vermutlich musste sie sich beschäftigen. Wäre alles nach Plan gegangen, hätte sie an ihrem einundzwanzigsten Geburtstag Malik geheiratet.

Sie schien seine Gedankenverlorenheit nicht zu bemerken, sondern fuhr schwungvoll fort: „Die Leute können mit der Bahn bis in die Alpen hinauffahren. Der Blick von dort oben lässt sich mit nichts vergleichen. Außerdem habe ich einige Urlaubsresorts angeregt und eingeweiht. Inzwischen ist Altina ein sehr beliebter Urlaubsort für den internationalen Adel.“

„Vermutlich ist das auch auf Ihr Bestreben zurückzuführen.“

„Glauben Sie, ich würde nur wegen der Kanapees auf all diese Partys gehen?“ Sie zog spöttisch die Augenbrauen in die Höhe.

„Bisher dachte ich das, nun habe ich meine Meinung geändert.“

Katherine schluckte unmerklich. Sie hatte soeben mit Zahir, dem ihre Anwesenheit so angenehm war wie eine Wurzelbehandlung beim Zahnarzt, länger über das, was sie tat, gesprochen als jemals mit irgendeinem Mitglied ihrer Familie. Nicht nur das, er schien sie auch zu verstehen. Er schien mehr in ihr zu sehen als nur eine Schachfigur. Oh sicher, ihr Vater zählte auf sie, aber eben nur darauf, dass sie heiratete – wegen der Staatsräson. Dafür brauchte man keine besonderen Fähig­keiten.

Du bist schön. Natürlich wird er zustimmen.

Ihr Vater war absolut überzeugt, dass das ausreichte. Komisch nur, dass Zahir offensichtlich überhaupt keinen Wert darauf legte. Hätte sie nicht mehr vorzuweisen als ein hübsches Gesicht, wäre sie mit ihrer Mission gescheitert. Etwas, das ihr Vater nie erfahren würde. Sie liebte ihn von ganzem Herzen, aber es erstaunte sie immer wieder, wie wenig er seine Tochter kannte. Und manchmal zerriss es ihr das Herz. Nur konnte sie keine Energie für Selbstmitleid verschwenden. Sie brauchte all ihre Energie für den Umgang mit Zahir.

„Es mag Sie überraschen, vor allem, da Sie sich seit zwei Tagen bemühen, mich hinauszukomplimentieren … aber es gibt tatsächlich Leute, die mich einladen.“

„Sie haben meine Zustimmung, Katherine, und damit meinen Schutz. Wie auch Ihr Land. Weder gebe ich mein Wort unbedacht, noch ziehe ich ein einmal gegebenes Wort zurück.“ Er ballte wieder die Faust, und Katherine fragte sich, ob er auch wieder auf den Schreibtisch schlagen würde, so wie vorhin.

Es war eine seltsame Situation gewesen. Er hatte sie gar nicht mehr wahrgenommen, so als wäre er plötzlich ganz woanders gewesen. Und dann war er jäh von dort zurückgekehrt. Sie war beunruhigt gewesen – seinetwegen.

„Mein Vater hielt diesen Vertrag für richtig, mein Bruder ebenso“, fuhr er fort.„Wer bin ich, dass ich ihn nicht einhalten könnte?“

„Nun, dann ist es wohl an der Zeit, um meine Familie anzurufen und ihr die guten Nachrichten mitzuteilen.“

Zahir musterte sie durchdringend. „Warum tun Sie das, Katherine? Allein für das Wohl Ihres Volkes? Für die Ehre?“

„Ja.“ Sie überlegte, ob sie aussprechen sollte, was sie bisher nicht zu sagen gewagt hatte. Warum nicht? In diesem Zimmer war sie offen und ehrlich zu ihm gewesen, und er hatte ihr zugehört. „Dafür … und weil es sich für mich wie das Licht am Ende des Tunnels anfühlt.“ Sie konnte kaum glauben, dass sie es laut sagte. Sie hatte sich die Wahrheit ja kaum selbst eingestehen wollen. Aus Angst, dass, wenn sie zugab, wie unglücklich sie war, ihre Mission von vornherein zum Scheitern verurteilt sein würde.

„In welcher Hinsicht?“

„Wenn unsere Ehe zu Ende ist, wird Alexander auf dem Thron sitzen, und ich kann … Ich werde immer Verantwortung für mein Volk tragen, werde immer daran arbeiten, die Bedingungen in meinem Land zu verbessern, aber … Es muss dann nicht mehr mein einziger Lebensinhalt sein.“ Vielleicht würde dann endlich dieses nagende Gefühl verschwinden, dass sie, ganz gleich, was sie auch tat, nie genug tat.

Zahir sah sie nur schweigend an.

„Und Sie? Gibt es ein Licht für Sie, ein Ziel, auf das Sie zustreben?“

Etwas flackerte in seinen Augen auf. „Ich bin froh, dass Sie ein Licht sehen, Katherine. Für mich jedoch ist alles Dunkelheit.“ Er wandte sich dem Computerbildschirm zu, der leise vor sich hin summte. „Nachdem nun alles geregelt ist … Sie werden mich entschuldigen müssen. Ich habe zu arbeiten.“

3. KAPITEL

Katherine hasste Untätigkeit. In Altina kannte sie so etwas nicht, dort waren ihre Tage von morgens bis abends angefüllt mit Aktivitäten. Sie kontrollierte die Budgets der Sozialleistungen, saß in den Sitzungen der verschiedensten Komitees und leistete ehrenamtliche Arbeit in den Kliniken des Landes. Sie hatte kaum einen Moment für sich, und es passte ihr bestens. Es gab ihr das Gefühl, nützlich zu sein.

Doch in Hajar gab es nichts für sie zu tun. Oder anders – im Palast gab es nichts für sie zu tun. Sie hatte gelesen, bis ihr die Augen brannten. Am frühen Vormittag war sie in den Garten gegangen, hatte Blumen geschnitten und die leeren Vasen gefüllt, die ihr bei der Ankunft aufgefallen waren. Inzwischen jedoch war es so heiß, dass man sich nur noch innerhalb der kühlen Palastmauern aufhalten konnte.

Sie war an ein viel gemäßigteres Klima gewöhnt, an frische Bergluft, nicht an Luft, die mit jedem Atemzug in den Lungen brannte. Noch ein Teil des Arrangements, den sie nie bedacht hatte, weder damals, als sie die echte Heirat mit Malik eingehen wollte, noch jetzt, als sie hergekommen war, um auf eine Heirat mit Zahir zu bestehen.

Alles hier war anders. Sogar sie selbst begann schon, sich anders zu fühlen.

Das Klirren von Porzellan und ein lauter Fluch brachen den Bann der Langeweile.

Sie beschleunigte ihre Schritte, eilte durch das Labyrinth der Korridore, bis sie Zahir sah. Er stand bei dem großen Tisch an der Wand. Die antike Vase, in der sie am Morgen einen Blumenstrauß arrangiert hatte, lag in tausend Scherben auf dem Boden. Auch die Blumen sahen nicht so aus, als hätten sie überlebt.

Er hob den Kopf und schaute zu ihr hin, die Augen funkelnd vor Wut. „Haben Sie das gemacht?“

„Was? Die unschuldigen Blumen malträtiert?“

„Haben Sie die Blumen hier hingestellt?“

„Ja. Ich habe drei leere Vasen mit Sträußen gefüllt. Diese hier, eine in meiner Suite und eine in der Halle. Wird man in diesem Land dafür in den Kerker geworfen?“

Er lief über die Scherben, die unter seinen Schuhsohlen knirschten, sein leichtes Humpeln auffälliger als sonst. „Ohne meine Erlaubnis werden Sie hier nichts verändern.“ Er sprach ruhig, mit gefährlich leiser Stimme. „Sie hatten kein Recht dazu.“

Erste Furcht wurde von Ärger verdrängt. Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Ihnen macht es vielleicht nichts aus, in einem düsteren, kahlen Palast zu leben, mir schon. Und da das hier jetzt mein Heim ist, bis unser Arrangement ausläuft, übrigens per königlichem Dekret Ihrerseits, brauche ich Ihre Erlaubnis nicht, wenn ich etwas in meinem Heim verändern möchte.“

„Das hier ist nicht Ihr Heim, latifa, täuschen Sie sich da nicht.“

„Hat das irgendwie mit Testosteron zu tun? Bin ich etwa in das Territorium des einsamen Wolfs eingedrungen?“ Der Ärger ließ sie tollkühn werden.

„Verspotten Sie mich nicht.“

„Dann verhalten Sie sich nicht so, dass es Anlass für Spott gibt.“

„Sie verstehen nicht. Ich weiß genau, wo die Dinge in meinem Heim stehen. Wenn Sie etwas verstellen …“

„Ich habe nichts verstellt, ich habe lediglich …“

„Sie haben das hier verstellt. Und ich bin in das verdammte Ding hineingelaufen!“, donnerte er und schlug mit der Hand auf den Tisch.

Sein Brüllen hallte in den leeren Korridoren wider, und langsam dämmerte es Katherine. Jede mögliche Erwiderung blieb ihr in der Kehle stecken. Erst jetzt fiel ihr auf, dass seine Handflächen bluteten.

„Zahir …“ Ihr schwindelte vor Schuldgefühlen. Ja, sie hatte den Tisch ein Stückchen von der Wand abgezogen, damit die Blüten mehr Platz hatten und nicht zerdrückt wurden. Wie unüberlegt, wie achtlos von ihr! Alles ergab jetzt einen Sinn, sie konnte das Bild vor sich sehen: wie er aus dem Zimmer kam und sich nach links drehte. Es war das linke Auge, auf dem er nicht sehen konnte. Warum hätte er auch annehmen sollen, dass irgendetwas anders war als sonst?

„Es tut mir so schrecklich leid“, murmelte sie. „Ihre Hände …“ Er musste in die Scherben gefallen sein, nachdem er die Vase umgestoßen hatte. Und das alles nur, weil sie ein paar Blumen verteilen musste.

„Verstellen Sie hier nichts“, wiederholte er rau, seine Brust hob und senkte sich heftig.

Sie wollte noch etwas sagen, noch eine nutzlose Entschuldigung stammeln, doch er hatte sich bereits umgedreht und ließ sie stehen.

Nicht unbedingt der beste Start für den neuen Tag.

Bebend holte sie Luft, ging in die Hocke und sammelte die Blumen ein. „Es tut mir leid“, sagte sie in die leere Halle hinein.

Er wollte ihre Entschuldigung nicht hören. Weil sie seinen Stolz getroffen hatte. Für ihn war das schlimmer als alles andere, das wusste sie mit absoluter Sicherheit.

Sie hatte einen Fehler begangen, einen schweren Fehler, aber sie würde es wieder richten.

Zahir reagierte seine Wut und das Gefühl der Erniedrigung im Schwimmbecken ab. Zumindest hier im Wasser waren seine Bewegungen geschmeidig. Hier gab es kein Humpeln, hier brauchte er auch nichts zu sehen. Er wusste genau, wie viele Schwimmzüge ihn vom einen Beckenrand zum gegenüberliegenden brachten.

Er schlug am Rand an und tauchte auf, strich sich die Tropfen aus dem Gesicht. Die Schnitte an seinen Handflächen brannten, doch der körperliche Schmerz hatte keine Bedeutung für ihn. Er hatte andere, viel stärkere Schmerzen überlebt, wie sie wohl nur wenige ertragen würden.

Sich so zum Narren zu machen …! Er zeigte niemals Schwäche! Bei ihr hatte er es schon zweimal getan.

Er sah auf und entdeckte schlanke Fesseln vor sich, wohlgeformte Waden … Stünde sie noch näher am Beckenrand, hätte sich ihm sicherlich ein weitaus interessanterer Ausblick geboten. Diese Frau besaß keinerlei Diskretion!

„Was wollen Sie jetzt schon wieder, latifa?“

Er biss die Zähne aufeinander. Die Handtücher lagen auf einem Regal an der Wand, aber sie stand hier und starrte. Wollte sie mit dem Anblick seines entstellten Körpers ihre Neugier befriedigen? Hatte sie beim ersten Mal nicht genug gesehen? Nun, beim ersten Mal war sie nicht schreiend davongestürzt, was jedoch nicht hieß, dass er sich vor ihr präsentieren wollte. Das hatte nichts mit Eitelkeit zu tun. Nein, die Narben erinnerten ihn jeden Tag daran, dass er eigentlich nicht mehr hier sein sollte.

Schuldsyndrom der Überlebenden, so hatten die Ärzte es genannt. Dass es einen Namen dafür gab, änderte nichts. Wie sollte er sich denn sonst fühlen? Sollte er die vielen Menschenleben einfach vergessen? Wenn er vergaß, wer würde sich dann noch erinnern? Solange er sich erinnerte, hielt er sie in dieser Welt fest.

Vielleicht unsinnig, aber so fühlte er.

„Was heißt das eigentlich: latifa?“

Er stützte sich auf den Beckenrand – trotz der schmerzenden Handflächen – und stemmte sich mit einer geschmeidigen Bewegung aus dem Wasser. Wappnete sich gleichzeitig für das wesentlich weniger sichere Gefühl, sobald er mit den Füßen auf dem Boden stand, auf Beinen, die ihm nicht wirklich zu gehören schienen.

Er spürte ihren Blick auf seinem Torso und musste den Drang unterdrücken, sich zu bedecken. Eine seltsame Reaktion und eindeutig eine Schwäche. Es sollte ihm gleich sein, was sie über seinen Körper dachte, über die Narben, die seine Haut überzogen, über die tiefe Furche in seinem Schenkel, in dem ein Teil des Muskels fehlte.

Also blieb er stehen und versuchte, sie niederzustarren, damit sie als Erste den Blick abwenden würde. Sie tat es nicht. Aber wann hätte sie bisher schon das getan, was er von ihr erwartete? Vermutlich wäre er sogar enttäuscht, wenn sie sich plötzlich durchschaubar zeigen würde.

Er zog ein Handtuch vom Regal und trocknete sich die Brust ab, schlang es sich dann um die Schultern. Die ganze Zeit über beobachtete sie ihn, und er spürte, dass sein Körper auf die offene weibliche Bewunderung reagierte. Es war viel zu lange her, seit er Frauenhände auf seiner Haut gefühlt hatte, und ebenso lange, seit eine Frau ihn so angesehen hatte, als wäre er ein Mann.

Niemand, nicht einmal sein Arzt, hatte ihn unbekleidet gesehen, seit die Wunden verheilt waren. Amarah hatte diese Wunden direkt nach dem Anschlag gesehen, und es war zu viel für sie gewesen. Oder vielleicht hätte sie seinen Anblick verkraften können, wenn der Anschlag ihn nur äußerlich verunstaltet und ihm nicht auch seine Seele geraubt hätte. Es war gut, dass sie ihn verlassen hatte. So hatte er sie zumindest nicht mit sich in die Dunkelheit hinabgezogen.

Allerdings wollte Katherine, anders als seine Ex, offenbar nicht vor ihm weglaufen.

„Es heißt ‚Schönheit‘.“ Er schleuderte das Handtuch fort und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Oh.“ Sie wirkte ehrlich erstaunt. „Ich hatte eher damit gerechnet, dass es ‚lästige Schmeißfliege‘ heißt … oder so etwas in der Art.“

Ein Lachen arbeitete sich tatsächlich in seiner Kehle empor. „Nein, nichts dergleichen.“

Volle rote Lippen verzogen sich zu einem Lächeln – und ein seltsames Gefühl durchbrach den Schutzwall, den er um sich herum aufgebaut hatte. Sie gefiel ihm – körperlich, so wie eine Frau einem Mann gefiel. Einem ganzen Mann. Und für einen kurzen Moment fühlte er sich tatsächlich wie einer.

Es war der stechende Schmerz in seinem Schenkel, der ihn daran erinnerte, dass er kein ganzer Mann mehr war. Und so wie eine Rose in der Wüste zugrunde ging, würde Katherine in seiner Nähe zugrunde gehen. Er würde ihr die Lebensenergie rauben.

Sie verzog plötzlich zerknirscht den Mund. „Oh nein, das ist von dem Tisch, nicht wahr? Der blaue Fleck …“ Sie machte einen Schritt auf ihn zu, er wich einen Schritt zurück. „Und Ihre Hände … Lassen Sie mich sehen.“

Noch ein Schritt vor, und sie fasste nach seiner Hand, drehte die Handfläche nach oben, strich mit einer Fingerspitze vorsichtig um die Schnittwunde. „Tut es sehr weh?“

„Nein.“ Er zog seine Hand zurück. Dort, wo sie ihn berührt hatte, brannte seine Haut wie Feuer. „Ich habe Schlimmeres ausgehalten. Das hier ist nichts.“

„Vorhin war es aber noch nicht nichts.“

„Vorhin war ich wütend.“

„Ich weiß. Auf mich, weil ich die Vase dort hingestellt habe. Deshalb mussten die armen Blumen einen grausamen Tod sterben. Aber das werfe ich nicht Ihnen vor. Es war unüberlegt von mir, und es tut mir wirklich sehr leid.“

Er hielt seine Hand hoch. „Das hier heilt wieder.“ Anders als der Rest von ihm. Er sagte es nicht, aber die Worte hingen unausgesprochen zwischen ihnen in der Luft.

Er blieb vor ihr stehen, geradezu trotzig, und wieder wartete er darauf, dass sie zuerst den Blick abwandte. Sie konnte es nicht, er hielt sie mit seinen Augen gefangen. Schließlich war er es, der den Kopf leicht drehte. „Was wollten Sie von mir?“

„Ich … ich möchte, dass wir zusammen zu Abend essen.“

Zum ersten Mal zeigte sie so etwas wie Verlegenheit, das erste Zeichen von Unsicherheit. Impulsiv wollte Zahir sie beruhigen, doch schon zu lange unterdrückte er solche Gefühlsregungen. Wahrscheinlich hätte er gar nicht gewusst, wie er es anstellen sollte.

„Ich habe Ihren Koch gebeten, einige Ihrer Lieblingsspeisen vorzubereiten, ebenso einige von meinen. Ich dachte, wir … Wir könnten einander ein wenig besser kennenlernen.“

Das war nun wirklich das Letzte, was er wollte. Sein Leben und ihr Leben mussten deutlich voneinander getrennt bleiben. Er durfte seine Routine nicht unterbrechen, musste die eiserne Selbstbeherrschung aufrechterhalten. Er konnte es nicht gebrauchen, dass sie Gefühle in ihm weckte, wie zum Beispiel das Bedürfnis, Trost zu spenden. Wenn er Wärme fühlte, wankte seine Kontrolle. Und wenn seine Kontrolle wankte …

„Wie viel Geld wird jährlich durch die Handelsabkommen erwirtschaftet, die mit unserer Heirat einsetzen werden?“

Die Verwirrung war in ihren Augen abzulesen, dennoch empfand er nichts. Er war froh darum. Die Leere bot ihm Sicherheit.

„Vorsichtig geschätzt circa zehn Milliarden“, sagte sie zögernd.

Er wählte seine nächsten Worte sehr genau, wählte sie, um Distanz zu schaffen. Was er von Anfang an hätte tun sollen. „Gut. Mehr brauche ich nicht zu wissen.“

Einen Moment lang starrte sie ihn empört an, dann stieg Entschlossenheit in ihren Blick. „Ich bin im Speisezimmer, in einer halben Stunde.“

Zahir verfluchte sich im Stillen, während er sich noch auf dem Weg das Hemd zuknöpfte. Wo war die Routine geblieben, wo die Distanz?

Er aß selten im Speisezimmer, nur dann, wenn er gezwungen war, den Gastgeber bei Staatsbesuchen zu spielen. Und selbst dann versuchte er immer, sich von seinem Referenten vertreten zu lassen. Er war nicht unbedingt ein Aushängeschild für Hajar, vor allem die Medien würden dem wohl zustimmen. Er war kein geschliffener Diplomat, sondern ein Stratege, ein Planer. Am Schreibtisch seines Vaters, hinter der Tür seines Arbeitszimmers, hatte er die Wirtschaft seines Landes zum Blühen gebracht, aber wenn es um öffentliche Auftritte ging …

Dafür war er nicht der Richtige. Er brauchte ja nur an Katherines Gesicht zu denken, als er mit seiner blutenden Handfläche auf den Tisch geschlagen hatte, um seinen Punkt zu unterstreichen. Er hatte ihr Angst eingejagt. Er wusste zwar nicht, warum, aber es bedrückte ihn. Und er wusste auch nicht, warum ihr Anblick, wie sie da in dem knielangen roten Seidenkleid allein am Tisch saß, etwas in ihm anrührte.

Er konnte sich das nicht leisten. Ein schwacher Moment konnte den Unterschied zwischen Leben und Tod bedeuten. So war es seiner Familie widerfahren. Für ihn konnte ein schwacher Moment zum Kontrollverlust führen.

Und doch war er gekommen.

Er ging unter dem Bogen hindurch in das prunkvolle Speisezimmer mit dem niedrigen Tisch und den prächtigen Sitzkissen. Katherine saß mit untergezogenen Beinen am Kopfende – natürlich, wo sonst. Schalen und Platten waren auf dem Tisch angerichtet, doch ihr Teller war leer.

Er wählte seinen Platz am gegenüberliegenden Ende des Tisches. „Verzeihen Sie, ich komme zu spät.“

„Mit Absicht.“

„Nein. Es ist eher Zufall, dass ich überhaupt hier bin.“

Sie lachte, wenn auch leicht pikiert. „Wie soll ich das ver­stehen?“

„Ich wollte eigentlich gar nicht kommen.“

„Ah.“ Sie erhob sich und kam mit ihrem Teller zu ihm. Von seiner Position aus betrachtet, von unten auf dem Kissen sitzend, sah er ihre Beine direkt vor seinem Gesicht auftauchen – ein unerwartet berauschender Anblick. Sie stand nahe genug, dass er nur die Hand auszustrecken brauchte, um sich zu überzeugen, ob ihre Haut wirklich so weich und seidig war, wie er annahm.

Plötzlich erschien ein Bild vor seinen Augen, bei dem er unwillkürlich die Zähne zusammenbiss. Kein Bild von Gewalt und Chaos, sondern er stellte sich vor, wie er ihre Wade umfasste und einen Kuss auf ihren Schenkel drückte, mit seiner Zunge über ihre Haut fuhr, bis …

Er kämpfte mit sich, zerrte an der imaginären Kette, an die er seinen Körper gelegt hatte. Dann setzte Katherine sich neben ihn, streifte ihn dabei flüchtig mit dem Arm, und das Fantasiebild zerstob.

„Ich werde nicht meterweit von Ihnen entfernt sitzen.“

„Warum nicht? Die meisten anderen tun es.“ Er nahm eine Platte zur Hand, legte frische Feigen, Fleisch und Käse auf ihren Teller.

„Ich bin nicht wie die meisten anderen.“

„Das habe ich bereits gemerkt.“

Ihr Blick traf seinen. Sie sah ihm immer direkt in die Augen. Niemand sonst tat das, selbst das Personal nicht, das schon vor dem Anschlag im Palast gedient hatte. Obwohl es davon nicht mehr viele gab, die meisten waren gegangen. Wohl aus Angst, die Gruppe, die seine Familie getötet hatte, würde versuchen, auch ihn zu töten, und sie würden in dem Kreuzfeuer umkommen.

Amarah hatte ihn auch nicht ansehen können. Sie hatte seinen Ring getragen und hätte seine Frau werden sollen. Sie hatte es versucht, aber es nicht ertragen. Wenn die Frau, die ihn geliebt hatte, seinen Anblick nicht ertrug, wunderte es ihn nicht, dass andere es ebenfalls nicht schafften.

„Das hier ist mein Lieblingsgericht.“ Katherine griff an ihm vorbei nach einer Schüssel. „Wilder Reis mit Pekannüssen. Nicht gerade passend für einen Staatsempfang, aber ich liebe es.“

„Ich probiere es.“ Er hielt seinen Teller hoch, sodass sie ihm auflegen konnte.

Er konnte sich nicht erinnern, dass ein Dinner je so abgelaufen wäre. Es war seltsam intim, wie sie einander bedienten. In seiner Familie war es immer sehr formell zugegangen, manche würden es sicherlich als distanziert beschreiben. Und doch vermisste er sie alle.

„Ich nehme an, dass Ihre Mutter genauso wenig gekocht hat wie meine?“

An seine schöne, immer elegante Mutter zu denken, schnürte ihm die Kehle zu. „Richtig. Sie konnte sehr gut delegieren.“

Katherines Lachen klang jetzt offener. „Vielleicht ist Ihnen aufgefallen, dass ich nicht gesagt habe, ich hätte selbst gekocht.“ Nachdenklich legte sie den Kopf ein wenig schief. „Aber vielleicht werde ich eines Tages kochen.“

„Wenn Sie bei dem Licht am Ende des Tunnels angekommen sind?“

„Ja, vielleicht dann. Dann werde ich aus dem Palast ausziehen. Traditionell leben unverheiratete Prinzessinnen im Palast, aber eine geschiedene Prinzessin kann vermutlich wohnen, wo sie will.“

„Vermutlich?“

„Niemand in meiner Familie hat sich je scheiden lassen.“

„Niemand?“

Sie schüttelte den Kopf, ihr rotgoldenes Haar schimmerte im Licht. „Ich werde ungewöhnlich sein.“

„Ich bin sicher, das sind Sie schon jetzt.“

„Sehr zum Leidwesen meines Vaters.“

„Machen Sie sich keine Gedanken darum, wie er es aufnehmen wird?“

„Meine Mutter starb, als ich zehn war. Mein Vater wird nicht mehr lange leben.“ Trauer schwang in ihrer Stimme mit. „Und Alexander ist es egal, was ich tue. Sie wissen ja, wie jüngere Brüder sind.“

„Ja …“ Er war selbst ein jüngerer Bruder gewesen. Der mit Respekt zu dem Älteren aufgeschaut hatte, der dem Älteren nie die Position als Erstgeborener geneidet hatte, weil er sie nie hatte haben wollen. Und jetzt … Er hatte das Leben seines Bruders übernehmen müssen. Er heiratete sogar die Braut, die für seinen Bruder bestimmt gewesen war.

Nichts gehörte ihm. Die Vorstellung brannte wie heißer Stahl in seinem Fleisch. Es war die stete Erinnerung daran, dass der falsche Mann bei dem Attentat sein Leben gelassen hatte. Malik sollte hier mit Katherine sitzen. Malik sollte das Land regieren, so wie die traditionelle Geburtenfolge es bestimmte.

„Alexander wird akzeptieren, was ich mit meinem Leben anfange, und glücklich für mich sein.“

„Haben Sie sich nie gegen die Pflicht gegenüber Ihrem Land aufgelehnt?“

Einen Moment lang saß sie reglos da, nur der Puls an ihrem Hals schlug schneller. „Ich habe schon vor langer Zeit akzeptiert, dass ich allein zum Nutzen meines Landes heiraten werde. Als ich Malik traf … Es fühlte sich gut und richtig an. Er war ein guter Mann, und die Allianz zwischen unseren beiden Staaten würde Schutz für beide Nationen garantieren.“

„Und als er starb?“

„Ich fühlte mich in zwei Hälften gerissen.“ Katherine schaute auf ihre Hände. Als sie von dem Anschlag hörte, war es ihr vorgekommen, als wäre es ihre eigene Familie gewesen. Sie hatte um die S’ad al Dins getrauert, um die ganze Nation, und sie hatte tiefes Mitleid für dem einen Überlebenden empfunden. Sie hatte Malik nicht geliebt, aber er war ein guter Mann gewesen, der alles für sein Land und ihres getan hätte. Und da es immer ihr Schicksal gewesen war, eine für Altina vorteilhafte Ehe einzugehen, hatte sie ein neues Ziel für sich finden müssen.

Sie hatte die Aufgabe mit aller Entschlossenheit angenommen. In den letzten fünf Jahren hatte sie mehr Freiheiten genossen als jemals zuvor, sie hatte wertvolle Kontakte und Freundschaften geschlossen. Durch ihre Arbeit war ihr Selbstwertgefühl stetig gewachsen. Sie hatte etwas Neues entdeckt. Etwas, das allein ihr gehörte und den Wunsch nach mehr weckte. Sie wollte herausfinden, ob sich damit vielleicht eine Tür für sie geöffnet hatte.

„Mir war nicht klar, dass Sie so stark für Malik empfanden“, bemerkte Zahir tonlos.

„Ich empfinde stark für die Vereinbarung zwischen unseren Nationen. Ich habe dafür gekämpft … Weil sie richtig ist.“

„Und doch waren sie sofort bereit, auf eine mögliche Scheidung einzugehen … Auf den Ausweg, den ich Ihnen geboten habe …“

Schamesröte stieg ihr ins Gesicht. „Ja.“

„Warum?“

„Ich weiß jetzt, dass mir andere Möglichkeiten offen stehen. Etwas, das mehr ist.“

Ein Muskel zuckte in seiner Wange. „Und bis dahin opfern Sie sich.“

„Tun wir das nicht beide?“

„Stimmt. Ich kenne also nun Ihre Beweggründe. Wissen Sie, warum ich Scheich von Hajar bin? Warum ich das Amt nicht einem entfernten Verwandten überlassen habe?“ Er sprach zögernd, mit rauer Stimme. „Weil ich der Einzige bin, der sich für sein Volk einsetzt, selbst wenn ich es vom Schreibtisch aus tue. Ich werde bis zum letzten Atemzug für meine Nation kämpfen.“

Ihr Herz zog sich zusammen, als sie seine Einsamkeit erkannte. Es war reiner Impuls, fast instinktiv, dass sie die Hand auf seine legte. Er zuckte zusammen, aber er zog seine Hand nicht zurück. Er sagte kein Wort, sah nur auf ihre Finger, die sich so hell von seiner gebräunten Haut abhoben.

„Es tut mir leid wegen vorhin“, wisperte sie.

Unter ihrer Handfläche spannte er die Finger an. „Ja, mir auch.“

Sie zog ihre Hand zurück, aber die Wärme seiner Haut spürte sie noch immer. „Ich habe heute mit meinem Vater und mit Alexander telefoniert.“

„Und?“

„Mein Vater ist begeistert … nun, auf seine Art eben. Und Alexander … Die Umstände sind ihm nicht wirklich klar, und das ist auch gut so. Er würde nicht wollen, dass ich das seinetwillen tue. Er ist erst sechzehn, er versteht es noch nicht. Und keiner von beiden ahnt, dass es … befristet sein wird.“

„Ich verstehe. Wann ist Ihnen klar geworden, dass Ihr Vater Ihren Ehemann aussuchen würde?“

Sie lachte leise. Die Erinnerung an jenen Tag versuchte sie nach Möglichkeit auszublenden. „Ich war elf. Das Thema kam beim Abendessen auf. Meine Mutter war ein Jahr zuvor gestorben, Alexander war noch ein Kleinkind. Mein Vater ließ mich wissen, dass er sich nach einem … ich glaube, er nutzte die Worte ‚passenden Gemahl‘ für mich umschauen würde. Ich war entsetzt. Schließlich hatte ich ein Poster meines Lieblingssängers an der Wand hängen, den ich heiraten wollte. Schon damals ahnte ich, dass ein Popstar nicht in die Kategorie ‚passend‘ fallen würde.“ Ihre Schilderung brachte ihr ein Lächeln von Zahir ein. „Wie sah das bei Ihnen aus?“

„Malik war es vorbestimmt, eine nutzbringende Verbindung einzugehen.“

„Richtig, das sollte ich sein.“

Er sah in sein Glas. „Ich wollte aus Liebe heiraten.“

Damit bezog er sich auf die Zeit vor dem Attentat. „Das können Sie immer noch. Später.“

Er schüttelte den Kopf. „Eher nicht. Ich glaube nicht mehr an das Konzept. Und selbst wenn … Ich kann keine Liebe mehr empfinden.“ Er stellte das Glas ab und erhob sich auf unsicheren Beinen. „Danke für das Dinner.“

„Danken Sie dem Koch.“ Katherine musste an sich halten, um sich ihre Traurigkeit nicht anmerken zu lassen.

„Das werde ich.“ Er deutete eine Verbeugung an und ließ sie allein am Tisch zurück.

4. KAPITEL

Seit über einer Woche war Katherine nun in Hajar. Langsam schienen die Palastmauern sie zu erdrücken. Der Wunsch, mehr vom Land zu sehen – oder zumindest etwas anderes als die Räume des Palastes, so prächtig sie auch waren –, wurde immer dringlicher.

Sie hatte von den eleganten Shoppingcentern in Kadim, der Hauptstadt, gehört, aber außer dem Flughafen und Zahirs Heim kannte sie bisher nichts.

Doch für heute hatte sie einen Ausflug geplant. Um die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen hatte sich Kahlah gekümmert, innerhalb kürzester Zeit war alles organisiert gewesen. Jetzt, nur eine Stunde später, war Katherine auf dem Weg in die Stadt.

Mit Zahir hatte sie nicht gesprochen, er war weder in seinem Arbeitszimmer noch im Fitnessraum gewesen, und sie wusste nicht, wo sie ihn sonst hätte finden können. Inzwischen fragte sie sich, ob er den Palast jemals verließ.

In gewisser Hinsicht glich er einem Gefangenen, dabei hatte er dieses Urteil selbst über sich verhängt. Sie spürte die dunkle Energie in ihm, die unter der Oberfläche brodelte und die er eisern unterdrückte. So wie viele andere Dinge.

Von der Autobahn aus blickte sie auf die moderne Skyline der Hauptstadt, im Vordergrund lag die Altstadt. Alt und Neu gingen die perfekte Symbiose ein, daraus war eine ganz eigene Atmosphäre entstanden. Katherine war fasziniert.

Als der Wagen durch die Straßen der Stadt fuhr, drehte sie immer wieder den Kopf. Es herrschte reger Betrieb auf den Märkten, die Menschen gingen ihren täglichen Pflichten und Erledigungen nach, Touristen bummelten an den vielen Läden vorbei.

„Ich würde mich hier gerne eine Weile umsehen, wenn das möglich ist.“

Die beiden Sicherheitsleute schauten sich an, nickten dann, und der Fahrer parkte den Wagen. Auf dem Weg über den Bazar blieben die beiden Männer in Katherines unmittelbarer Nähe, sie klebten regelrecht an ihr. Katherine war an Leibwächter gewöhnt, auch wenn sie in Europa einkaufen ging, begleitete sie immer ein Sicherheitsteam. Nur waren diese Leute meist nicht so einschüchternd und so … so sichtbar für jedermann.

Exotische Aromen hingen in der Luft. Katherine atmete tief ein. Es war laut hier, Stimmengewirr, Musik und Lachen bildeten eine bunte Geräuschkulisse. Die vielen Menschen drängten sich durch die engen Gassen, manche bahnten sich rücksichtslos ihren Weg durch die Menge und rempelten auch Katherine an.

Das würde also für die nächsten Jahre ihre Heimat sein. Es war so völlig anders als alles, woran sie gewöhnt war. Dann sah sie, wie eine Mutter ihr weinendes Kind vom Boden aufhob und es tröstend in die Arme nahm. So anders und doch gleich …

Katherine lächelte vor sich hin und richtete ihre Aufmerksamkeit auf die Auslagen eines Schmuckhändlers. Gerade bewunderte sie die vielen Ketten auf dem violetten Samtkissen, als eine scharfe Stimme sich über den Trubel erhob.

„Was ist das hier?“

Sie drehte sich um. Zahir. Und er wirkte maßlos wütend. „Ich bin das. Beim Einkaufen. Woher wussten Sie, wo ich bin?“

„Von Ihnen sicherlich nicht, sondern von Kahlah. Warum haben Sie mir nicht gesagt, wohin Sie gehen?“

Die Menschen blieben stehen und gafften Zahir an. Er hatte Katherine ja erzählt, dass er sich nie in der Öffentlichkeit blicken ließ. Er habe ein Radiogesicht, hatte er gesagt. Seit dem Anschlag waren auch keine Fotos mehr von ihm veröffentlicht worden.

Autor

Susan Mallery
<p>Die SPIEGEL-Bestsellerautorin Susan Mallery unterhält ein Millionenpublikum mit ihren herzerwärmenden Frauenromanen, die in 28 Sprachen übersetzt sind. Sie ist dafür bekannt, dass sie ihre Figuren in emotional herausfordernde, lebensnahe Situationen geraten lässt und ihre Leserinnen und Leser mit überraschenden Wendungen zum Lachen bringt. Mit ihrem Ehemann, zwei Katzen und einem...
Mehr erfahren
Stephanie Bond
Kurz bevor Stephanie Bond ihr Studium der Informatik abschloss, schlug einer ihrer Dozenten vor, es mit dem Schreiben zu versuchen. Natürlich hatte dieser eher akademisches Schreiben im Sinn, doch Stephanie Bond nahm ihn wörtlich und veröffentlichte ihre ersten Liebesromane. Nach dem großen Erfolg ihrer Bücher widmete sie sich ganz dem...
Mehr erfahren
Maisey Yates
<p>Schon von klein auf wusste Maisey Yates ganz genau, was sie einmal werden wollte: Autorin. <br/>Sobald sie mit einem Stift umgehen und ihre erste Worte zu Papier bringen konnte, wurde sie von der Leidenschaft fürs Schreiben gepackt und bis heute nicht mehr losgelassen. <br/><br/>Von da an konnte nichts und niemand...
Mehr erfahren
Fiona Mc Arthur
Fiona MacArthur ist Hebamme und Lehrerin. Sie ist Mutter von fünf Söhnen und ist mit ihrem persönlichen Helden, einem pensionierten Rettungssanitäter, verheiratet. Die australische Schriftstellerin schreibt medizinische Liebesromane, meistens über Geburt und Geburtshilfe.
Mehr erfahren