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Seit ihrer gemeinsamen Collegezeit sind Trevor und Lee Freunde, und Lees zuweilen verrückte Ideen können Trevor kaum mehr schrecken - bis sie ihn mit einem höchst pikanten Vorschlag aus der Fassung bringt: Lee will Sex mit ihm - einfach so, zum Spaß! Und während Trevor noch Bedenken hat, durch ein unüberlegtes Abenteuer ihre wertvolle Freundschaft zu zerstören, steuert Lee ihr Ziel ohne Umschweife an: Ob im Fahrstuhl, im Büro oder im Restaurant - überall lockt sie mit ihren Reizen und spielt erotische Spielchen mit ihm. Selbst am Telefon zieht sie ihn in den Bann. Ihre verführerische Stimme im Ohr, schließt Trevor die Augen: Er denkt an ihr Lachen und erinnert den Geschmack ihrer Tränen auf der Wange. Er hat beim Tanzen ihren Körper gespürt und den Duft ihrer Haut geatmet - und plötzlich hat Lee erreicht, was sie will. Denn der Gedanke an ihre endlos langen Beine und ihren sinnlichen Mund erfüllt ihn mit prickelnder Lust ...


  • Erscheinungstag 16.01.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733745554
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Trevor Templeton sah seiner Freundin dabei zu, wie sie einen kräftigen Schluck von ihrem Weißwein nahm.

„Sag mal, Trevor“, fragte Lee Phillips munter, „warum haben wir eigentlich keinen Sex?“

Er blinzelte verblüfft und schaute sich in dem etwas stickigen Manhattaner Restaurant um. „Wahrscheinlich weil wir in der No-Sex-Zone sitzen. Aber ich bin sicher, wir können um einen anderen Tisch bitten.“

Lee seufzte. „Ich meine doch nicht jetzt, in diesem Augenblick, sondern allgemein.“

Trevor blinzelte erneut. Irgendwie schaffte Lee es immer wieder, ihn zu überraschen, aber dies jetzt war selbst für ihre Verhältnisse völlig unerwartet. „Ich glaube, weil uns dazu der nötige Partner fehlt. Oder habe ich da etwas nicht mitgekriegt?“

„Das meine ich doch nicht.“

„Aha.“

Sie schüttelte den Kopf, als ob sie es mit einem besonders begriffsstutzigen Kind zu tun hätte. „Ich meinte, warum schlafen wir beide, du und ich, nicht miteinander?“

Die Worte hingen bedeutungsschwer in der Luft, und Trevor vergaß einen Moment lang, weiterzuatmen. Lee grinste nicht, sie hatte ihre ernste Miene aufgesetzt, also war das nicht als Witz gedacht. „Zuerst einmal“, brachte er ruhig hervor, obwohl alles ihn dazu drängte, die Flucht zu ergreifen, „muss ich wissen, ob deine Frage rein rhetorisch gemeint ist. Denn wenn ja, sieht meine Antwort ganz anders aus.“

„Nein, meine Frage ist nicht rhetorisch.“

Er wartete.

Sie kaute nervös an ihrer Unterlippe. Nach acht Jahren Freundschaft hatte er gelernt, die Zeichen zu deuten. „Doch, irgendwie schon. Ach, ich weiß nicht genau. Vielleicht.“

„Na gut. Da das also klargestellt ist, muss ich zugeben, dass ich keine Ahnung habe, warum wir nicht miteinander schlafen. Würdest du mir jetzt bitte mal sagen, was deine Frage sollte?“

Lee nahm noch einen Schluck von ihrem Wein. Trevor überlegte, ob er sich einen Cognac bestellen sollte, sagte sich dann aber, dass er jetzt einen klaren Kopf brauche. Seine Freundschaft mit Lee gehörte zum Besten, was ihm in seinem Leben passiert war, aber manchmal …

Er hob seine Kaffeetasse an den Mund. Lee würde schließlich mit einer Antwort herausrücken. Wie immer. Man musste nur Geduld haben.

„Ich habe nachgedacht“, erklärte sie.

„Offensichtlich.“

„Unterbrich mich nicht. Ich habe also nachgedacht. Ich bin jetzt siebenundzwanzig Jahre alt. Ich habe in meinem Job erreicht, was ich wollte, und ich habe die Wohnung, die ich wollte. Ich liebe meine Katzen. Ich liebe meine Ruhe. In Beziehungen war ich schon immer lausig, aber ich weiß noch sehr genau, dass ich im Bett verdammt gut war.“

„Stimmt, warst du nicht einmal wochenlang Thema einer unserer beliebtesten Reality Shows?“

„Sehr komisch. Du warst übrigens selbst kein Unschuldslamm“, konterte sie.

„Ich bin nur sechs Monate älter als du, also noch nicht alt genug, um den Löffel abzugeben.“

„Und du bist zufrieden mit deinem Leben, oder?“

„Soll ich jetzt darauf antworten?“

Sie nickte.

„Ja, ich bin zufrieden mit meinem Leben.“

„Siehst du? Also gefällt dir alles, so wie es jetzt ist, und mir auch. Aber keiner von uns hat jemanden fürs Bett. Zumindest ich nicht. Du etwa?“

Wenn er gerade Kaffee im Mund gehabt hätte, hätte er ihn über den ganzen Tisch geprustet. Aber so hüstelte er nur verlegen. „Tut mir leid, aber du musst einer dieser gruseligen Außerirdischen sein, von denen man so viel liest und die sich des Körpers unschuldiger Börsenmaklerinnen bemächtigen, während sie schlafen. Wann kommt die echte Lee zurück?“

„Antworte mir, Trevor.“

Er schüttelte hilflos den Kopf. Es hatte keinen Zweck, sich ihr zu widersetzen. „Nein, meine Teuerste. Ich habe niemanden fürs Bett, wie du es so taktvoll ausgedrückt hast.“

„Was hast du gegen den Ausdruck?“

„Man sollte ihn besonnen anwenden.“

„Hör auf, Witze zu reißen, Trevor. Ich spreche im Ernst.“

„Das will ich doch hoffen.“

„Also, warum schlafen wir nicht zusammen?“

Er hatte das Bedürfnis, sich den Schweiß von der Stirn zu wischen, widerstand dem aber. „Ich wusste nicht, dass ich die Wahl habe.“

„Du fühlst dich nicht zu mir hingezogen. Ist es das?“

„Das habe ich nicht gesagt.“

„Ja, aber gefalle ich dir auch?“

„Himmel, Lee. Gnade!“

„Nach all diesen Jahren können wir wirklich ehrlich zueinander sein, Trevor.“

„Ehrlichkeit ist ja schön und gut, aber das hier ist wie aus einem Science-Fiction-Roman.“

„Nun sag schon.“

Er betrachtete Lees dunkelbraune Augen und ihre vollen roten Lippen. „Ja, du gefällst mir. Zufrieden?“ Insgeheim zerbrach er sich den Kopf darüber, was die ganze Sache verursacht hatte. Vielleicht das Date, das sie am Freitag hatte? Ihren Worten zufolge war nicht viel passiert. Sie hatte den Mann zwar nett gefunden, aber ihr waren nicht gerade die Knie weich geworden.

Vielleicht war die Clique daran schuld. Katy, die ganz wild darauf war, jedem Ratschläge zu erteilen, da sie offenbar nichts anderes las als Selbsthilfebücher. Oder Ben, Katys Mann, der einem seinen Rat zwar nicht aufzwang, aber das Bedürfnis hatte, Lee ständig Verabredungen mit Männern zu vermitteln, die sie nicht kannte. Es könnte auch Susan sein, obwohl das eher unwahrscheinlich war. Sie hatte den Männern seit ihrer Scheidung völlig abgeschworen. Zu guter Letzt war da noch Peter, der einzige Mann in ihrer Clique, der romantischer war als Lee.

Auf der anderen Seite sah dieses Wahnsinnsidee mit dem Sex Lee durchaus ähnlich.

„Du sagst das nicht nur, um höflich zu sein?“, hakte sie nun nach.

„Was habe ich denn gesagt?“

Lee drohte ihm mit ihrem Löffel, wobei sie winzige Spritzer von ihrer Zitronencreme quer über den Tisch fliegen ließ. „Du hast gesagt, ich gefalle dir als Frau. Und ich habe dich gefragt, ob du das nur aus Höflichkeit gesagt hast.“

Er musste lachten. „Höflichkeit? Dir gegenüber? Als ob du wüsstest, was das ist, wenn sie dir begegnete.“

„Schön. Das ist gut. Du gefällst mir nämlich auch.“

Wow! Das hatte er nicht erwartet. Und er war so erfreut, dass es ihm sekundenlang den Atem nahm. Er gefiel ihr? Aber wieso sollte das überhaupt wichtig sein? Was, zum Teufel, ging hier vor? Wer war diese fremde Frau? „Könnten wir das Ganze nicht ein wenig bremsen? Ich brauche etwas Zeit, um mich in dieser Unterhaltung zurechtzufinden.“

Sie nickte und nahm einen Löffel von ihrem Dessert, als ob dieses Gespräch nicht das Unglaublichste wäre, das sie je zusammen erlebt hatten. „Klar. Ich wollte damit auch nur ausdrücken, dass es irgendwie keinen Sinn ergibt. Hab ich recht? Warum sollten wir weiter wie Mönche leben? Es steht nirgendwo geschrieben, dass Freunde nicht zusammen schlafen dürfen, oder? Du weißt schon. Keinerlei Bindung. Wir wären trotzdem nur Freunde wie immer.“

„Wir teilen nur unsere Schlafzimmergeheimnisse?“

„Genau.“

„Und unsere körperlichen Bedürfnisse.“

„Richtig. Und wir teilen sie nicht nur miteinander, sondern stimmen sie aufeinander ab.“

„Oha.“ Sie verwirrt ihn zunehmend. Er kannte Lee seit dem ersten Semester auf der New York University. Er hatte drei sehr schmerzliche Beziehungen lang an ihrer Seite gestanden. Er war der Mann, zu dem sie Zuflucht suchte, wenn alles schief ging. Und sie war auch für ihn immer da gewesen.

Es gab niemanden auf der Welt, der ihm mehr bedeutete als Lee und die anderen ihrer Clique, die seit den ersten Collegetagen zusammen waren – Katy, Ben, Susan und Peter. Alle sechs gingen sie zusammen durch dick und dünn. Sie verrieten sich die intimsten Einzelheiten. Seine Freunde waren die größte Freude in seinem Leben, sein Sprachrohr, seine Vertrauten, die für ihn durchs Feuer gehen würden. Aber Lee war etwas Besonderes. Sie war sein Felsen in der Brandung. Und jetzt wollte sie das ändern? Es ergab einfach keinen Sinn.

Sie runzelte die Stirn. „Du klingst nicht sehr begeistert, Trevor.“

„Vielleicht deshalb, weil ich die Fähigkeit, zusammenhängend zu denken, momentan verloren habe.“

„Warum?“

„Oh, kein besonderer Grund“, murmelte er verlegen, während noch mehr Blut sein Hirn verließ und gen Süden wanderte. „Ist es wegen eines Babys? Steht deine biologische Uhr auf fünf vor zwölf oder so?“

Lee überlegte einen Moment. „Nein. Zumindest glaube ich das nicht. Ich träume nicht davon, ein Baby zu haben. Nein, ich denke, es ist einfach Sex.“

„Ach so.“

„Was sagst du denn nun dazu?“

Er trank bedächtig seinen Kaffee. Sie meinte es also wirklich ernst, so viel konnte er sehen. Außerdem war sie übergeschnappt, aber das war jetzt egal. Sie wartete auf seine Antwort, und es fiel ihm schlichtweg keine ein. Der Gedanke, mit Lee zu schlafen, war ihm natürlich schon früher gekommen. Er war ja nicht blind. Lee war eine schöne Frau. Aber sollte er es tatsächlich tun?

„Na?“

„Ich weiß nicht“, sagte er schließlich.

„Ist dir nie der Gedanke gekommen? Ganz ehrlich, Trevor. Nicht ein einziges Mal?“

„Natürlich habe ich daran gedacht. Aber wir sind doch Freunde.“

„Stimmt.“

„Freunde in der Bedeutung von Kumpel, Kamerad, Vertrauter.“

„Das habe ich durchaus bedacht.“

Er setzte sich etwas gerader „Ach?“

Sie nickte. Eine Locke machte sich selbstständig und berührte ihre Schläfe. Fast hätte er die Hand ausgestreckt und sie zurückgeschoben. Aber plötzlich schien eine Geste, der er noch vor wenigen Minuten keinen weiteren Gedanken geschenkt hätte, voller sexueller Untertöne zu sein. Was sollte er bloß tun?

„Trevor, ich mag dich mehr als jeden anderen Menschen auf der Welt. Ich kenne dich. Ich kenne deine Gewohnheiten und deine Eigenheiten. Ich fühle mich in deiner Gegenwart wohl.“

„Vielleicht fühlen wir uns deshalb so wohl, weil wir nicht zusammen schlafen. Vielleicht würde Sex nur alles verderben.“

„Ja, es besteht natürlich die Möglichkeit, aber ich glaube es eigentlich nicht.“

„Warum nicht?“

„Weil wir mit offenen Augen in diese Sache hineingehen würden. Es ist ja nicht so, dass wir unsere Gefühle ändern müssten. Ich liebe dich, und ich weiß, du liebst mich. Keiner von uns möchte das verderben. Ich will nicht heiraten, du auch nicht, da machen wir uns nichts vor. Schau dir Katy und Ben an. Die waren zuerst auch Freunde.“

„Sie haben nach drei Wochen geheiratet.“

„Okay, kein gutes Beispiel.“

„Ich weiß nicht, Lee.“ Er schüttelte den Kopf. „Das Ganze scheint mir doch zum Scheitern verurteilt zu sein.“

„Ich sehe das nicht so. Entweder es gefällt uns, dann machen wir weiter und werden einiges von unserer aufgestauten Energie los. Oder aber es gefällt uns nicht, und wir reichen uns die Hände und leben weiter wie bisher. Was ist daran so riskant?“

„Es gibt da eine Kleinigkeit, die du vergisst. Intimität. Sie hat schon viele Beziehungen verändert.“

„Mit uns ist das anders“, erwiderte Lee selbstsicher. „Wir sind schon miteinander intim.“

„Nein, sind wir nicht.“

„Dusch ich jeden Sonntagmorgen in deinem Haus, ja oder nein?“

„Ja, aber ich wasche dir nicht den Rücken. Außerdem meinte ich diese Art von Intimität ja gar nicht.“

„Ach so, du meinst emotionale Intimität.“

„Genau. Die Art von Intimität, die wehtut. Du erinnerst dich.“

Ein Schatten flog über ihr Gesicht, aber sie hob entschlossen das Kinn. „Ich denke nicht, dass das wichtig ist.“

„Nein?“

„Nein. Ich liebe dich, aber ich bin nicht in dich verliebt. Sex wird daran nichts ändern.“

„Wie kannst du dir da so sicher sein?“

„Trevor, lass mich dich etwas fragen. Warst du mit jeder Frau, mit der du geschlafen hast, auch gefühlsmäßig verbunden?“

„Na klar.“

„Lügner.“

„Ich?“, rief er beleidigt.

„Ich weiß doch, dass das nicht stimmt. Erinnerst du dich an Sandy soundso? Aus Teaneck? Du hast sie nicht einmal richtig gemocht. Und dann war da die Blondine mit den dicken Augenbrauen. Du hast selbst gesagt, dass es zwischen euch nur Sex war.“

„Zugegeben. Aber das waren Ausnahmen“, wandte er ein.

„Dann werde ich eben auch eine sein.“

„Die anderen waren aber nicht meine beste Freundin.“

„Dann werde ich eben die große Ausnahme sein. Wir könnten alles haben und die besten Freunde und Bettgenossen sein. Es ist das Einfachste der Welt. Es wird nur dann schief gehen, wenn wir uns nicht die Wahrheit sagen. Aber wir haben uns ja nie belogen.“

Er griff nach der Kaffeetasse. „Ich weiß nicht. Ich bin glücklich, so wie es jetzt ist.“

„Ich bin ja auch nicht unglücklich. Ich nehme an, ich bin in letzter Zeit nur ein bisschen …“

„Scharf?“

Sie lachte. „Das auch, aber nicht nur das. Ich fühle mich nicht einsam, wirklich nicht. Mein Leben bringt mir Spaß. Es ist eher wie mit dem Affenbaby und der Lumpenpuppe.“

„Ach so. Ich hab mich schon gefragt, wann du das erwähnen würdest“, bemerkte er sarkastisch.

Lee seufzte ungeduldig. „Der Dokumentarfilm vom National Geografik über das Affenbaby, das keine Mutter hat und sich deswegen gefühlsmäßig an die Stoffpuppe gebunden hat. Weißt du das denn nicht mehr?“

„Ich erinnere mich an den Dokumentarfilm, ich sehe nur nicht den Zusammenhang.“

„Ich möchte mich gefühlsmäßig binden, aber lieber an einen Freund als an ein Stück Stoff.“

„Du kannst dir vorstellen, wie sehr es mich freut, dass du mich einem Handtuch vorziehen würdest.“

„Ach, hör auf. Du weißt, was ich meine.“

„Ich soll eine Art Ersatzliebhaber sein.“

„Genau.“ Sie schenkte ihm ihr schönstes Lächeln, das mit dem Grübchen in der Wange. „Wirst du darüber nachdenken, Trevor?“

„Ich bezweifle, dass ich für den Rest meines Lebens an irgendetwas anderes denken werde.“

„Du bist ja so süß, wenn du verwirrt bist.“

„Es freut mich, dass ich dich zufriedenstelle.“

Sie bückte sich, um ihre Tasche unter dem Stuhl hervorzuholen. „Diesmal bist du dran mit Bezahlen.“

„Das war’s? Die Unterhaltung ist beendet?“

Lee nickte. „Du brauchst Zeit, um zu überlegen, und ich auch.“

„Gibt es eine Deadline?“

„Nein. Lass dir Zeit. Wenn du so weit bist, können wir wieder darüber reden.“

„Danke.“

„Dafür sind Freunde schließlich da.“

„Da bin ich mir nicht mehr so sicher.“

Sie legte ihre Hand auf seine. „Wenn wir zwischen Sex und Freundschaft wählen müssten, würde immer die Freundschaft gewinnen, verstehst du?“

Er nickte und sah auf ihre Hand. Herrlich, was für schlanke Finger sie hatte. Schlank und lang mit vollkommenen ovalen Nägeln. Er konnte diese Finger fast auf seinem Rücken fühlen. Und er hatte das ungute Gefühl, dass trotz Lees Überzeugung bei einem Kampf zwischen Sex und Freundschaft die Freundschaft auf der Strecke bliebe.

„Wusstest du, dass ein Ehepaar in Phoenix vor Gericht gegangen ist, um das gemeinsame Sorgerecht für einen Leguan zu erhalten?“

„Wirklich faszinierend, Susan“, meinte Lee trocken. „Ehrlich. Wenn du lieber über Reptilien sprechen willst, können wir das gern tun.“

„Verdammt, wie konnte ich das vergessen! Hast du’s getan?“

Lee zog die Beine unter sich und lehnte sich mit einem Becher Kakao in der Hand in ihrem Sessel zurück, den Hörer zwischen Ohr und Schulter geklemmt. „Jawohl.“

„Und?“

„Er war überrascht.“

„Was du nicht sagst. Aber was hat er geantwortet?“

„Er wollte darüber nachdenken.“

„Ich halt das nicht aus. Wie hast du es ins Gespräch gebracht?“

Lee hörte eine dumpfe, elektronische Baritonstimme im Hintergrund, die Susan darauf hinwies, dass sie eine E-Mail habe. Sie konnte sich Susan genau vorstellen, wie die in ihrem antiken Himmelbett lag, umgeben von Unmengen von Kissen, den Laptop auf den Knien. Der Fernseher lief wahrscheinlich auf vollen Touren, die New York Times lag bestimmt ausgebreitet wie ein Fächer um sie herum.

„Beim Essen, in einem Restaurant“, antwortete sie.

„Einfach so? In der Öffentlichkeit?“ Susans Stimme stieg um mindestens eine Oktave.

„Ja.“

„Lee, du bist wirklich einmalig. Was hat er gesagt?“

„Er macht sich Sorgen, dass es unsere Freundschaft zerstören könnte.“

„Hast du ihm gesagt, dass du nur seinen Körper willst?“

„Susan, das stimmt doch gar nicht. Ich denke nur, wir könnten diesen Schritt riskieren.“

„Liebling, ich finde, es ist die beste Idee seit dem Telefon. Jetzt kannst du aufhören mit diesen lächerlichen Angeltouren.“

„Angeltouren? Man nennt das Date.“

„Ich hatte auch mal ein Date, und sieh mich jetzt an.“

„Susan, nur weil Larry sich als ein Mistkerl entpuppt hat, heißt das nicht, dass jede Beziehung mit einer Katastrophe endet. Nimm Katy und Ben.“

„Katy und Ben gehören in die Kategorie der unerklärlichen Phänomene. Meine Theorie ist, dass sie in einem früheren Leben Hunderten von Kindern das Leben gerettet haben und dafür in diesem Leben belohnt werden. Dagegen muss ich irgendwann mal kleine Hundebabys getreten haben.“

„Susan, dein Leben ist doch wundervoll.“

„Nur weil ich etwas Geld geerbt habe, heißt das nicht, dass bei mir alles in Butter ist.“

„Nein, aber immer noch besser als ein Schlag auf die Nase.“

„Ja, ja.“

„Wie auch immer, Susan. Du hättest sein Gesicht sehen sollen.“

„Trevors?“

„Nein, das des Bürgermeisters. Natürlich Trevors. Es war umwerfend. Ich dachte schon, das Kinn würde ihm in die Kaffeetasse fallen.“

„Ich hätte mitkommen sollen, um die Panik in seinen Augen zu sehen. Ich, verkleidet, mit weitem Mantel und dunkler Brille.“

„Ja, das wäre äußerst subtil gewesen.“ Unvorstellbar, dass irgendeine Verkleidung auch nur eine der vollkommenen Rundungen ihrer hochgewachsenen, wunderschönen Freundin verbergen könnte. „Seine Panik hielt sowieso nur ein paar Sekunden an. Danach war er eigentlich ganz ruhig.“

„So wie ich Trevor kenne, fällt die Entscheidung sicher nicht so schnell.“

„Kann sein, aber ich habe es auch nicht besonders eilig. Andererseits, jetzt da es in der Luft hängt … Aber wenn wir nun doch nicht damit fertig werden?“

„Ich an deiner Stelle würde mir keine Sorgen machen“, meinte Susan beruhigend.

„Ich weiß nicht.“ Ein Lämpchen blinkte auf Lees Apparat auf. „Susan, ich glaube, Katy ist auf der anderen Leitung. Ich melde mich später noch mal bei dir.“

„Okay. Bleibt es bei unserem Lunch morgen?“

„Ja.“

Trevor stellte den Fernseher aus, als das Telefon klingelte. Womöglich war es Lee, die anrief. Andererseits könnte es auch Ben sein. Beim fünften Läuten nahm er den Hörer ab „Hallo?“

„Hi, Trevor. Wie geht’s?“

Trevor atmete erleichtert auf und lehnte sich entspannt im Sessel zurück. „Ben, ich muss dich was fragen.“

„Okay.“

„Sind Frauen eigentlich vollkommen verrückt?“

„Ja, Trevor, das sind sie. Hol tief Luft und find dich damit ab. Du kannst sowieso nichts daran ändern.“

„Ich wollte mich nur vergewissern.“

„Ist es wegen einer Bestimmten?“

Trevor überlegte, ob er Ben die Wahrheit sagen sollte. Lee würde Katy sehr wahrscheinlich alles brühwarm erzählen, was machte er sich also für Gedanken? Bis morgen früh würden Katy, Ben, Susan und Peter alles wissen. Vielleicht war Ben schon längst eingeweiht.

„Lee“, antwortete er knapp.

„Sie hat es also tatsächlich getan? He, wart mal einen Moment. Die Pizza ist gekommen.“

Trevor stöhnte auf. Ben wusste es natürlich schon. Es änderte sich doch nie etwas. Seit der Collegezeit war das so. Susan juckte es, Peter kratzte sich. Das Leben des einen war derart mit dem der anderen verknüpft, dass es schon ein Wunder war, dass sie sich unabhängig voneinander fortbewegen konnten. Ben und er kamen aus Kalifornien. Am Anfang waren sie Zimmergenossen gewesen, bevor Ben und Katy geheiratet hatten.

Wie immer lächelte Trevor, wenn er an diese Hochzeit dachte. Alle hatten Jeans getragen, sogar die Braut. Er war Trauzeuge gewesen und hatte ewig gebraucht, um den Ring zu finden, bis er ihn endlich in seiner Brieftasche entdeckte. Katy hatte die ganze Zeit über geweint, besonders als Susan mit einem riesigen Blumenstrauß für sie erschienen war.

Und jetzt waren die Freunde in gewisser Weise eine Familie. Seine Freunde standen ihm jedenfalls näher als seine Eltern oder seine Geschwister. Es waren Ben und Lee gewesen, die ihm Mut gemacht hatten, einen Job bei einer Zeitschrift anzunehmen. Er war mit fünfundzwanzig Jahren einer der jüngsten Weinkritiker geworden und hatte sich schon jetzt einen recht guten Namen gemacht.

„Da bin ich wieder“, sagte Ben ziemlich undeutlich, da er den Mund voll zu haben schien. „Sie hat es also getan.“

„Ja, in der Tat“, meinte Trevor etwas gereizt. „Wann hast du es herausgefunden? Du hättest mich vorwarnen können.“

„Ich hab es doch erst heute Abend erfahren. Katy befürchtete, dass ich es dir stecken würde.“

„Katy ist sehr scharfsinnig.“

„Sie hält es für keine besonders gute Idee.“

„Nein?“

„Nein. Nicht dem Tageshoroskop zufolge. Morgen kann sich das jedoch ändern.“

„Hat die Frau noch nie was von guter Literatur gehört?“

Ben lachte. „Was hast du denn nun beschlossen?“

„Nichts. Ich bin in Panik geraten.“

„Das hab ich schon erfahren.“

„Ich weiß nicht.“ Trevor seufzte. „Mir kommt es auch nicht wie eine gute Idee vor. Aber …“

„Aber was?“

„Es geht hier um Lee, Himmel noch mal.“

„Ich verstehe.“

„Ich hab ja schon mal an so was gedacht“, gab Trevor zu.

Ben grinste. „Du wärst kein Mensch, wenn du es nicht getan hättest. Persönlich kann ich sowieso nicht begreifen, wieso du sie dir nicht auf dem College geangelt hast. Du hattest ziemliche Chancen.“

„Ich hab den Weg der Tugend gewählt.“

„Du warst dermaßen feige und hattest solche Angst vor einer festen Bindung, dass du schon Panikanfälle gekriegt hast, wenn ein Mädchen bloß eine Nacht mit dir verbringen wollte.“

„Das auch.“

„Aber wenn du ehrlich bist, hat die Sache mit Lee einige sehr reizvolle Aspekte.“

„Welche denn?“

„Ein Traum geht in Erfüllung. Der Kreis schließt sich …“

„Lässt Katy ihre Bücher im Badezimmer herumliegen?“

„Ich mach keine Witze. Überleg dir das Ganze. Vielleicht ist es genau das, was der Doktor dir verschreiben würde. Wann hast du das letzte Mal etwas Riskantes gewagt? Und ich meine nicht die Kombination von Fisch mit Rotwein. Gib es zu, Trevor, alter Junge. Manchmal muss man von der Klippe springen, selbst wenn man nicht weiß, wo man landet.“

Trevor stand auf, zu nervös, um still sitzen zu bleiben. Er ging in die Küche, das Telefon in der Hand, und holte sich eine Dose Bier aus dem Kühlschrank. „Du und Katy wart zuerst Freunde.“

„Stimmt.“

„Und bei euch hat es geklappt.“

„Stimmt auch. Aber wir wussten von Anfang an, dass wir nicht lange nur Freunde bleiben würden.“

„Vielleicht sollten Lee und ich besser nur Freunde bleiben.“ Er ließ sich wieder in seinen bequemen Sessel fallen.

„Möglich, dass ich das nicht ganz verstanden habe, aber ist es nicht das, was sie will? Eine Freundschaft mit gewissen Vergünstigungen?“

„Ja.“

„Ein Minenfeld, mein Freund. Aber es lohnt sich vielleicht, es zu überqueren.“

„Du bist sehr hilfreich.“

Ben lachte erneut. „Katy ist auf der anderen Leitung. Mit Lee.“

„Hab ich mir schon gedacht.“

Autor

Jo Leigh
<p>Seit Jo Leigh 1975 bei der großen Filmgesellschaft 20-Century-Fox als Lektorin in der Abteilung für Comedys einstieg, ist sie im Filmgeschäft zu Hause. Sie war für die Mediengesellschaften CBS, NBC und verschiedene andere große Produktionsfirmen tätig, wobei sie zunehmend Drehbücher konzeptionierte und bearbeitete. Kein Wunder, dass bei so viel Sachkenntnis...
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