Miss Amandas süße Weihnachtsküsse

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Festlicher Duft empfängt Ben Muir, als er den Teeladen der entzückenden Amanda Mathison betritt. Im Dorf heißt es, sie habe eine dunkle Vergangenheit. Doch nach einem zärtlichen Kuss von ihr ist Ben viel wichtiger, was die Zukunft bringt …


  • Erscheinungstag 16.12.2020
  • ISBN / Artikelnummer 9783751504911
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
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Leseprobe

1. KAPITEL

Sie haben doch sicher nicht erwartet, auf Walthan Manor zu wohnen, Master Muir?“

Was ist Seekadett Tommy Walthan doch für ein überheblicher, eingebildeter Kerl, dachte Navigations- und Segelmaster Benneit Muir, dabei ist er ein solch affiges Würstchen, dieser Sohn eines Earls. Gott bewahre!

„Ach? Ich nahm an, da ich Ihnen die Kunst der Navigation einpauken soll, sei es sinnvoll, nahebei zu sein.“ So musste man mit dem Bürschchen umgehen. Vergrößern würde sich die Chance des elenden Jungen, sein Leutnantsexamen im nächsten Jahr – das war 1811 – erfolgreich abzulegen, wohl durch noch so viel Unterricht nicht, doch Weihnachten stand bevor, und der Master hatte keine Pläne für die Festtage.

Um heim nach Schottland zu reisen, war die Zeit zu kurz, und es gab auch keinen Grund dafür. Die Mädchen, denen Ben vor Jahren nachgelaufen war, waren mittlerweile verheiratet und vermutlich mehrfache Mütter. Seine eigene Mutter war tot, sein Vater zu alt, um noch zu reisen, und seine Brüder lebten in Kanada.

Walthan stieß das aufreizende, hohe Kichern aus, das, wie Ben wusste, dessen Kameraden fast rasend machte, aber zumindest so unangenehm war, dass es sie antrieb, ihr Examen und damit Seiner Majestät Fregatte, die „Albemarle“, so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Selbst der Kapitän, ein erstaunlich geduldiger Mann, hatte schon angemerkt, dass wohl nichts als der Verlust seines Schiffes sie je von Tom Walthan befreien würde, denn kein anderer Kapitän wollte ihn unter seine Fittiche nehmen, so hochgeboren seine Familie auch war.

„Also auf Walthan wohnen – nein, Master Muir! Undenkbar, was meine Mama sagen würde, wenn Sie mit Ihrem Seesack aus der Postkutsche kletterten. Sie suchen sich besser eine Unterkunft im Dorf, Sir.“ Der Offiziersanwärter hüstelte vornehm hinter seinem Ärmel. „Sie wissen schon, eher unter Ihresgleichen.“

Im Dorf würde Ben wenigstens nicht Walthans grässliches Kichern ertragen müssen, trotzdem entschied er, die Segel nicht völlig zu streichen.

„Dann übernehmen Sie Unterkunft und Verpflegung?“ Ben durchbohrte den jungen Mann mit dem tödlichen Blick, den er sich sonst für das Achterdeck vorbehielt. Nicht, dass er es sich nicht hätte leisten können, selbst für sich zu sorgen, doch es reichte ihm gewaltig, dass er die Gesellschaft dieses unausgegorenen Seekadetten in der Postkutsche so lange hatte aushalten müssen.

Walthan stieß einen langgezogenen, affektierten Seufzer aus. „Wenn es sein muss …“

„Ich fürchte, ja. Wissen Sie, wo man in Venable unterkommen kann?“

„Wie sollte ich!“ Vage wedelte der junge Bursche in Richtung der klippenbewehrten Küste Devons. „Venable hat eine Poststation. Versuchen Sie es da.“

Ben seufzte, wenn auch bei Weitem nicht so theatralisch wie zuvor Tom Walthan, denn er neigte nicht zu Drama. Er hatte gehofft, ein ruhiges Plätzchen zu finden, wo er sich endlich bequem mit dem Buch „Die Wissenschaft der nautischen Mathematik“ zum Lesen niederlassen könnte. Nur waren Poststationen nicht als Orte der Stille berühmt.

„Außerdem muss ich daheim noch erklären, warum ich Sie hergebeten habe“, äußerte Walthan angelegentlich. „Als ich das letzte Mal an Mama schrieb, war ich so sicher, dass ich bestehen würde.“ Wieder hüstelte er vornehm. „Was ich ihr auch mitteilte.“

„Dieser Versuch auf Malta?“, fragte Ben. Er erinnerte sich, wie die Barkasse vier hoffnungsvolle Kadetten in den Hafen gebracht hatte, wo der Prüfungsausschuss in Gestalt von vier Kapitänen wartete. Zurückgekehrt waren, aufgeregt und voller Zukunftspläne, drei junge Männer, unter ihnen jedoch nicht Walthan. Die Enttäuschung des denkträgen Burschen teilten alle in der Offiziersmesse, die ihn gern von hinten gesehen hätten.

„Das waren hinterhältige Fragen“, erklärte Walthan mit der ganzen Wucht seiner gekränkten Würde.

Ben unterdrückte ein Lächeln. „Ah ja? Und Sie halten es nicht für notwendig, den Kurs von Australiens Küste nach Batavia berechnen zu können?“

„Ich, Sir, würde einen Nautiker haben, der das für mich erledigt“, sagte Walthan. „Sie zum Beispiel. Es ist Ihre Aufgabe, die Windverhältnisse und die Tiden zu kennen und den Kurs in die Karten einzuzeichnen.“

Hmm. Kaum lässt der Einfaltspinsel seinen Stand als Untergebener auf der „Albemarle“ hinter sich, wird er beinahe grob, dachte Ben. „Und wenn ich tot umfiele, wo blieben Sie dann? Aber genug davon. Ich will mein Bestes tun, Ihnen ein bisschen Mathematik einzutrichtern. Ich bleibe hier. Wir sehen uns morgen früh, vier Glasen, auf Walthan Manor. Zehn Uhr, Dummkopf“, fügte er erklärend hinzu, während er aus der Postkutsche stieg und seinen Seesack schulterte.

Und jetzt wohin? Ben stand vor dem Schankraum der Poststation und spähte durch die geöffnete Tür ins Innere, wo sich die Fahrgäste dicht drängten, voller Hoffnung auf einen Imbiss, ehe die Klänge des Posthorns sie zwangen, die Zehrung stehen zu lassen oder selbst zurückzubleiben. Sicherlich hatte der Ort Venable selbst mehr zu bieten.

Ben schaute umher, bemerkte in der Ferne ein Schild und schlug die Richtung ein, bis er die Worte entziffern konnte. „Mandy’s Rose“. Irgendein Dorfkünstler hatte eine Rosenknospe darauf gemalt. Darunter stand „Tee und gute Verpflegung“.

„Verpflegung“, sagte er laut. „Verpflegung.“ Wenn Fässer voller Nahrungsmittel in den Schiffsbauch gehievt wurden, sah er das Wort oft genug auf den Ladescheinen, die er gegenzeichnete – auch eine seiner Pflichten. Ach, zum Henker, ihm oblag die gesamte Organisation der Fregatte! Verpflegung. An Land klang das Wort merkwürdig.

„Aber gute Verpflegung heißt es hier“, sprach er vor sich hin und rückte seinen Seesack zurecht. Er bemühte sich um einen festen Gang, ohne die rollenden Hüftbewegungen, die ihm an Deck halfen, das Gleichgewicht zu halten. Schon seit achtzehn Jahren. An Land fühlte er sich unbeholfen, was nie ganz nachließ, dank Napoleon und dessen Träumen von der Weltherrschaft.

Eine Glocke ertönte, als er die Tür zum „Mandy’s Rose“ öffnete. Er zögerte. Die Gäste hier gehörten zur einer besseren Klasse als die in der umtriebigen Poststation. Dass das Ale im „Mandy’s Rose“ so gut war wie dort, bezweifelte er, doch der Duft der Speisen ließ ihn trotz der erstaunten Blicke gut gekleideter Ladys und Gentlemen seine aufkeimende Schüchternheit vergessen. Offensichtlich kamen die Fahrgäste der Postkutsche selten bis hierher.

Seine Verlegenheit steigerte sich, da sein Seesack sich im Umfang unverhältnismäßig zu vergrößern schien und ihm vorkam, als würde er nicht durch die Tür passen. Das war Unsinn, er besaß die nötigen Mittel, um einen Platz in jedem öffentlichen Lokal in Anspruch nehmen zu können. Er lehnte das Gepäckstück in eine Ecke und wünschte unversehens, das schäbige Ding würde unauffällig davonkrabbeln.

Die Speisenden hatten sich wieder ihren Tellern zugewandt, und da stand er nun, ein durchaus gut aussehendes männliches Exemplar, wenn er den lockenden Worten mandeläugiger, braunhäutiger Frauen in den exotischen Häfen glauben durfte. Schon fasste er den Türknauf, bereit zum Rückzug, und so weit wäre es auch gekommen, doch in dem Moment flog eine Schwingtür auf, die vermutlich in die Küche führte, und ein zierliches weibliches Wesen erschien, das mit dem Gewicht eines großen Tabletts kämpfte.

Im Leben hätte er sich nicht eingemischt, wäre ihr nicht eine Katze nachgelaufen, die ihr unter die Füße zu geraten drohte.

Zahllose Kampfhandlungen auf hoher See hatten Ben Muir darauf getrimmt, rasch zu reagieren. Ohne auch nur nachzudenken, sprang er hinzu und nahm der Frau das Tablett ab, ehe noch die Katze sie zum Stolpern bringen konnte. Zwei Schüsseln wackelten ein wenig, doch nichts schwappte über.

„Du liebe Güte, das war knapp!“, rief die junge Frau keuchend, packte das Katzentier, klemmte es sich unter den Arm und brachte es zurück in die Küche, während er dastand und sie anstarrte und sich fragte, ob das Mandy sei. Rosig genug war sie.

Kaum ein Wimpernschlag, und sie war zurück, noch rosiger als zuvor und ein wenig scheu dreinblickend, da sie versuchte, ihm das Tablett abzunehmen. Er wehrte ab.

„Nay, es ist zu schwer!“ Ah, damit erntete er ein Lächeln! Gott sei Dank, sie war nicht verärgert, weil er Unruhe in einen offensichtlich gepflegten Speiseraum gebracht hatte.

„Ich lade das Tablett auch wirklich oft zu voll“, sagte sie in dem lieblich-weichen Akzent Devons. Nur um ihr zu lauschen, hätte er diese Last noch Stunden tragen mögen. „Bleiben Sie einfach hier stehen, Sir, ich nehme Ihnen das gleich ab.“

Er gehorchte, zufrieden, sie anmutig von Tisch zu Tisch eilen zu sehen, während sie servierte, was ihm langsam das Wasser im Munde zusammenlaufen ließ. Eine Berührung an der Schulter hier, ein leises Lachen dort, und er wusste, sie war mit den Gästen gut bekannt. So war es eben in kleinen Ortschaften. Er dachte an sein eigenes Dorf oben in Schottland und empfand plötzlich schmerzhaft, dass er schon zu lange fort gewesen war.

Und alles nur, weil er ein Tablett trug, das mit jedem Halt an einem der Tische leichter wurde. Einen Moment nur noch, und er hätte nichts mehr zu tun. Doch er wollte nicht wieder gehen.

„So!“, sagte sie und befreite ihn von seiner Last. „Vielen Dank.“

Er nickte ihr zu und steuerte die Tür an. Er gehörte nicht hierher.

Ohne würdelose Eile erreichte sie dennoch vor ihm die Tür und legte ihre Hand auf den Griff. „Nun sind Sie an der Reihe. Was wäre Ihnen recht?“

„Ich gehöre hier nicht her“, sagte er leise.

„Haben Sie Hunger?“

„Aye. Wer wohl nicht, wenn er riecht, wie gut es hier duftet.“

„Dann gehören Sie hierher.“

Es waren nicht nur ihre Worte. Ihre Augen schauten so freimütig und so freundlich. Er spürte, wie seine Anspannung nachließ. Die kleine Miss wollte, dass er sich in einem Speiselokal niederließ, das den Schankwirtschaften und Hafenkneipen weit überlegen war, die er sonst frequentierte. Eigentlich mochte er auch nicht wieder weggehen.

Sie führte ihn zu einem Tisch beim Fenster und fragte: „Möchten Sie die Speisekarte sehen?“

„Nicht nötig, bringen Sie mir einfach, wovon reichlich da ist“, bat er.

Er errötete wie eine zarte Maid, als sie die Stirn runzelte und sich näher zu ihm beugte. „Ich glaube, ich habe Sie nicht verstanden, Sir“, meinte sie, nicht weniger heftig errötend.

Er wiederholte die Worte, ein wenig missmutig, weil sein Dialekt nach all den Jahren, die er von Galloway schon fort war, immer noch zu hören war. Hoffnungsvoll sah er sie an, bereit, sich aus dem Staub zu machen, wenn sie ihn nun immer noch nicht verstand.

„Wir haben einen prächtigen Rinderbraten mit Soße und saftigen Eierkuchen, und das ist nicht alles.“

Zur Hölle, das klang einfach zu verlockend! Soße. Ob er sie bitten sollte, ihm gleich eine ganze Schale samt Löffel zu bringen? Aber nein, er widerstand.

„Und was möchten Sie trinken?“

„Wasser, und bitte sehr viel. Wir waren lange auf See, am Blockadegürtel.“

Sie nickte und ging zur Küche, blieb aber auf dem Weg dorthin kurz stehen, tätschelte einem Gast die Schulter und lachte warmherzig. Ben beobachtete sie fasziniert, denn wenn sie lachte, verengten ihre Augen sich, sodass sie wie kleine blaue Glasscherben blitzten. Es wirkte so heiter, dass er unwillkürlich lächeln musste.

An der Schwingtür verharrte sie und schaute zu ihm zurück. Ihr Haar war glatt, dunkel und, ähnlich wie sein eigenes, mit einem Band im Nacken zusammengehalten. Er hatte sie aus der Nähe gesehen, sodass er wusste, Sommersprossen zierten ihre Nase. Dass sie sich nach ihm umgeschaut hatte, berührte ihn und weckte in ihm die Frage, ob ihr wohl gefiel, was sie sah. Doch ehrlich, das konnte nicht sein. Er war erschöpft und wirkte ärmlich, wollte die Blockade einfach ausblenden, und wenn nur für ein paar Wochen. Sein Schiff würde für mindestens sechs Wochen im Trockendock sein, doch er war der Segelmaster, und für noch das Geringste an Seil, Segeltuch, Ballast und Ladung war er verantwortlich, nicht zu erwähnen die Kursberechnung auf See.

Er hatte eingewilligt – was nur hatte er sich dabei gedachte –, drei Wochen darauf zu verwenden, in Thomas Walthans leeres Hirn genug Mathematik zu stopfen, dass der sein Leutnantsexamen bestehen würde. Ob erfolgreich oder nicht, Ben musste sich in drei Wochen in Plymouth zur Stelle melden, wo die Pflicht rief. Er sah zum Fenster hinaus, wo hinter den Scheiben Schneeregen auf das Pflaster klatschte. Zumindest würde er sich gut genährt auf den Rückweg machen und mit der Erinnerung an ein Küchenmädchen, das seinen Blick erwidert hatte. Das war so ziemlich alles, was ein Mann in gefährlichen Zeiten verlangen konnte.

„Tante, drüben am Fenster sitzt ein ganz bemerkenswerter Mann“, erzählte Mandy. „Er trägt Uniform, aber ich weiß nicht, was für eine. Jedenfalls ist er kein gewöhnlicher Matrose. Er ist aus Schottland. Und er möchte essen, egal was, Hauptsache, es ist viel, und er möchte ganz viel Wasser. Und, Tantchen, im Nacken hat er eine sehr merkwürdige Tätowierung. Es sieht wie lauter kleine Pünktchen aus.“

„Allzu viele Tätowierungen sehen wir im ‚Mandy’s Rose‘ nicht“, meinte Tante Sal. „Auch Ohrringe?“

„Himmel, nein!“

Tante Sal lächelte auf die Soße nieder, die sie gerade umrührte, dann stellte sie den Topf auf einem Gitter ab, wandte sich dem Braten zu und setzte das Messer an, um ihn zu zerteilen. „Reicht das?“

„Gib noch ein Stück zu. Ja, so. Und viel Soße. Du hättest sehen sollen, wie er mit den Blicken der Soße folgte, die ich Pfarrer Winslow auffüllte. Und nimm den größten Eierkuchen. Den da. Haben wir nicht noch Karotten?“

„Langsam, Kind!“, mahnte Tante Sal, während sie ein großzügiges Stück Braten abschnitt und üppig mit Soße begoss. Zusätzlich füllte sie etwas in eine kleine Schale. Mandy wählte den größten Eierkuchen, setzte ihn auf einen zweiten Teller und trug beides samt Besteck in den Speiseraum.

Kurz hielt sie inne, um den Seemann zu betrachten. Das Kinn in die Hände gestützt, schaute er zum Fenster hinaus in das Schneetreiben: Er hatte seinen Zweispitz abgenommen, und das hübsche dunkle Rot seiner Haare bezeugte seinen Anspruch, ein Sohn Schottlands zu sein. Er war offensichtlich ein kraftvoller Mann, wirkte jedoch erschöpft. Er muss Schlimmes durchgemacht haben bei dieser Blockade, dachte Amanda, während sie zu seinem Tisch ging.

„Zuerst Eierkuchen mit Soße“, sagte sie, um ihn aus seinen Gedanken zu reißen. „Wasser bringe ich noch, und dann gibt es Braten mit Karotten. Ist das recht?“

„Mehr als Sie sich vorstellen können.“ Er steckte die Serviette in den Kragen seiner Uniform.

Sie stellte den Teller vor ihm ab und sah lächelte zu, wie er den würzigen Eierkuchen beinahe in Soße ertränkte. Er schnitt ein Stück ab und schob es sich in den Mund, und dann überzog ein glückseliger Ausdruck sein Gesicht. Nichts erfreut Mandy mehr, als einen Gast so strahlen zu sehen. Sie hätte sich gern zu ihm gesetzt und ihn ein paar Dinge gefragt, doch Tante Sal hatte ihr bessere Manieren beigebracht.

Oder? Ehe sie merkte, was sie tat, saß sie ihm gegenüber an dem kleinen Tisch. Verwundert über ihr dreistes Verhalten wollte sie sich wieder erheben, doch er bedeutete ihr mit einer Geste, sitzen zu bleiben, und sah sie fragend an.

„Vermutlich wundern Sie sich, wo mein Betragen geblieben ist“, sagte sie.

„Ich sah die Frage in Ihren Augen. Immer heraus damit, solange es Sie nicht stört, dass ich weiter esse. Auf See bin ich an Fragen gewöhnt.“

Er hatte einen reizenden Akzent, fand Mandy, und mittlerweile konnte sie ihn auch verstehen. Wie es innerhalb von zehn Minuten dazu gekommen war, wusste sie selbst nicht. „Sehen Sie, Sir – ich wundere mich über Ihre Uniform. Ein gewöhnlicher Matrose sind Sie nicht, das weiß ich, aber ich sehe auch kein Übermaß an Gold und Flitter auf Ihrem blauen Rock.“ Sie lächelte, was ihm aus irgendeinem Grund ebenfalls ein Lächeln entlockte. „Sind Sie ein Offizier der strengen Quäker und verpflichtet, eine schlichte Uniform zu tragen?“

Er ließ das Besteck sinken, warf den Kopf in den Nacken und lachte. Es war so ansteckend, dass Mandy dezent in sein Lachen einfiel.

„Oh, Gott“, sagte er endlich. „Das muss ich in der Offiziersmesse erzählen, Miss … Miss …?“

„Mandy Mathison.“

„Sie sind ‚Mandy’s Rose‘?“, fragte er, während er sich wieder seinem Eierkuchen zuwandte.

„Ja, das bin ich! Mein Name ist Amanda, aber Tante Sal hat mich immer nur Mandy gerufen. Als ich erst zwei war, riss ich ein paar Rosenblüten ab und musste dann wegen der Dornen weinen.“

„Eine frühzeitige Lektion – Rosen haben Dornen.“

„Wie wahr. Als sie dann das Haus hier mietete und das Speiselokal eröffnete, benannte sie es nach mir. Aber Sir, Sie haben meine Frage nicht beantwortet.“

„Ich bin zu hungrig“, erwiderte er, und Mandy wusste, dass sie es mit ihrer Neugier übertrieben hatte. Abermals setzte sie zum Aufstehen an, und wieder bedeutete er ihr zu bleiben. „Ich bin Segelmaster auf der ‚Albemarle‘, einer Fünfundvierziger-Fregatte. Fünfundvierzig Kanonen“, erläuterte er, da er ihren ratlosen Blick sah. „Für uns Segelmaster gibt es erst seit drei Jahren eine Uniform.“ Er hob einen Arm. „Dies ist noch das erste Modell. Wie ich hörte, tragen die neueren jenen Flitter auf den Ärmeln.“

„Ich hätte das nicht so nennen sollen.“ Sie lächelte reuig. „Was genau sind Ihre Aufgaben?“

Er kaute, schluckte und sah umher. Rasch sprang Mandy auf, eilte in die Küche und kam mit einem Krug Wasser und einem Glas zurück.

Autor

Carla Kelly
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