Perfekt für eine Nacht

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Ein Mann muss her - Cleo wünscht sich nichts sehnlicher als eine kleine Tochter! Ihre Wahl fällt auf den smarten Wissenschaftler Bryce Hampton. Er findet Cleo zwar sexy, aber trotzdem will er nichts von ihrem Plan wissen: Denn Cleo denkt leider ausschließlich an künstliche Befruchtung ...


  • Erscheinungstag 30.12.2017
  • ISBN / Artikelnummer 9783733754716
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Das Metropolitan Museum am Sonntagnachmittag – ein perfekter Ort, um sich einen Mann zu angeln. Nicht, dass Cleo unbedingt darauf aus war, doch sie musste sich einfach in der Menge umsehen. Vielleicht würde sie ja doch denjenigen finden, der außergewöhnlich, ja geradezu ideal war. Denn die Zeit drängte.

Sie hatte bereits einen Mann ins Auge gefasst. Er hielt die Arme vor seiner breiten Brust verschränkt und betrachtete aufmerksam ein Gemälde von Rembrandt. Cleo war ihm von der Abteilung für ägyptische Kunst bis ins zweite Stockwerk gefolgt, wo die Werke der europäischen Meister des neunzehnten Jahrhunderts hingen. Natürlich würde sie ihm auch auf dem Weg zu den frühen Impressionisten auf den Fersen bleiben. Sollte der Mann nämlich einen Schwachpunkt haben, musste sie ihn rechtzeitig entdecken.

Er hatte dunkelblondes, dichtes Haar. Tiefer Glanz, bemerkte sie fachmännisch. Ein Zeichen für eine gute Gesundheit. Außerdem fand sie blonde Typen besonders reizvoll. Ihr Haar war dunkel, fast schwarz, und deshalb durfte sie sich von dem Ergebnis sicher überraschen lassen. Heimlich betrachtete sie das Gesicht des Mannes, während er konzentriert das Gemälde studierte. Die gewisse Strenge in seinen Zügen verlieh ihm einen Ausdruck von Persönlichkeit und Charakter.

Obwohl sie auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes stand, bemerkte sie, dass seine hellen Wimpern auffallend lang und gebogen waren. Ihre Wimpern waren zwar auch nicht gerade kurz und außergewöhnlich dicht, aber wie ihr Haar gerade geformt und stießen ständig gegen ihre Brille. Wie schön, dass seine Augen weicher wirken als meine, dachte Cleo begeistert. Hübsche Ohren, leicht gebräunte Haut – sehr angenehm.

Cleo war groß, doch der Mann maß mindestens einen Meter neunzig. Und er war schlank, was sie als Pluspunkt verbuchte, denn sie selbst musste eher auf ihr Gewicht achten. Alles in allem war dieser Typ sehr viel attraktiver und besser gebaut als die Männer, die sie im Laufe ihres Lebens geliebt, aber auch wieder verlassen hatte.

Es ging Cleo allerdings nicht vorwiegend ums Aussehen. Während sie ihm weiter folgte, nahm sie beruhigt zur Kenntnis, dass der Mann sich geschickt bewegen konnte. Sein Gang war leicht und sicher. Er würde bestimmt nicht auf dem gebohnerten Fußboden ausrutschen und dabei mit dem Ellbogen in einem Bild von Monet hängen bleiben. Doch es war vor allem eine Eigenschaft, die ganz oben auf ihrer Liste stand – und um herauszufinden, ob er sie besaß, musste sie mit ihm ins Gespräch kommen. Es war an der Zeit, die Initiative zu ergreifen.

Beschwingt ging sie auf ihn zu, übersah dabei allerdings die Bank in der Mitte des Raumes. Sie fiel der Länge nach darüber und landete mit einem unfreiwilligen Salto fast vor den Füßen des Mannes.

Mit einem Schritt war er neben ihr. „Alles in Ordnung?“, fragte er und half ihr aufzustehen. Er sah sie erschrocken an, und Cleo schaute direkt in seine indigoblauen Augen. Ob blau wie seine oder braun wie ihre, die Augenfarbe wäre in jedem Fall richtig. Zu ihrer Erleichterung konnte sie keine Kontaktlinsen in seinen Augen entdecken. Sein Händedruck war warm und fest.

„Ist alles okay? Oder haben Sie sich verletzt?“ Der Mann schien ernsthaft besorgt.

„Nein. Es ist nichts passiert.“ Cleo strich ihren langen, geblümten Rock glatt.

„Da bin ich aber erleichtert. Ich dachte schon, Sie hätten …“

Schon bei seinen ersten Worten hatte Cleo den Akzent der Südstaaten bemerkt. Doch bevor der Mann in einen unverbindlichen Small Talk verfallen konnte, unterbrach sie ihn mitten im Satz. „Ich würde gern mit Ihnen reden“, sagte sie energisch. „Es ist wichtig.“

Er trat einen Schritt zurück. Ihr forscher Blick verunsicherte ihn zwar, doch er blieb höflich. „Brauchen Sie vielleicht Hilfe?“

Eine wunderbare Stimme! Nicht zu hoch und nicht zu tief, sehr melodisch, dachte Cleo angetan. Ich wette, er kann gut singen. Sie war allerdings nicht auf der Suche nach einem Musiker – ganz im Gegenteil. „Ich bin verzweifelt“, meinte sie.

„Und wo liegt das Problem?“

„Es handelt sich eher um ein Vorhaben als um ein Problem“, antwortete Cleo. „Darf ich Sie zu einer Tasse Kaffee einladen?“ Dabei konnten sie ihre Visitenkarten austauschen, und dann würde sie genau Bescheid wissen.

Er sah sie abweisend an. „Tut mir leid.“ Offensichtlich fand er ihre Einladung unangemessen. „Aber ich wünsche Ihnen einen schönen Nachmittag. Und seien Sie vorsichtig, sonst stolpern Sie wieder.“

„Aber wir können doch hier im Museum einen Kaffee trinken“, wandte Cleo rasch ein. „Ich würde nicht im Traum daran denken, mit einem fremden Mann irgendwo hinzugehen.“

„Das ist auch gut so. Auf Wiedersehen.“

„Warten Sie.“ Cleo berührte impulsiv seinen Arm. Sofort sah sich der Mann suchend nach dem Sicherheitsdienst um. „Ich bin sicher etwas aufdringlich“, sagte sie entschuldigend. „Aber nicht gefährlich.“

Er starrte sie eine Weile an. „Sie sehen auch nicht gefährlich aus“, gab er zu. „Nur … etwas verstört.“ Eilig verschwand er in den angrenzenden Ausstellungsraum.

Cleo holte ihn vor einem Van-Gogh-Gemälde wieder ein. „Ich bin auch nicht verstört. Jedenfalls nicht im üblichen Sinne. Sehen Sie mir in die Augen, und sagen Sie mir, ob Sie mich für verrückt halten.“ Sie sah zu ihm auf, und ihre Blicke verfingen sich für einen kurzen Augenblick.

„Sie sind verrückt“, bemerkte der Mann trocken. „Bitte, Miss. Welches Spiel Sie auch spielen, lassen Sie mich in Ruhe, oder ich werde den Sicherheitsdienst rufen.“

„Brauchen Sie Hilfe, weil eine Frau mit Ihnen Kaffee trinken will?“

„Es scheint so.“

„Aber verursachen Sie damit nicht nur unnötiges Aufsehen?“ Sofort bemerkte sie, dass ihn dieses Wort in Panik versetzte.

„Und wie können wir so etwas vermeiden?“, erwiderte er erschrocken.

Cleo lächelte ihn versöhnlich an. „Ich möchte nur einfach ein paar Minuten mit Ihnen reden. Es gibt hier irgendwo ein Restaurant …“

„Ich weiß, wo es ist.“

„Wunderbar. Ich verlaufe mich nämlich jedes Mal. Lassen Sie uns dort hingehen, und Sie beantworten mir ein paar einfache Fragen.“

„Also, um es kurz zu machen“, entgegnete der Mann. „Ich bin dafür, dass Kinderschlafanzüge aus nicht brennbarem Material sein sollen, dass Fahrradfahrer sich an die Verkehrsregeln halten müssen und Grünflächen im Stadtzentrum zu erhalten sind, ungeachtet der Kosten dafür. Ich habe bereits meinen jährlichen Beitrag an wohltätige Organisationen geleistet. Und ich werde mit Ihnen nicht über Politik, Religion oder Sex diskutieren. Ich hoffe, damit habe ich Ihre Fragen bereits beantwortet.“

„Ich schwöre Ihnen, ich habe keinen seitenlangen Fragebogen in der Tasche, und ich will auch kein Geld von Ihnen. Eigentlich wollte ich Sie …“ Cleo hielt inne und schaute auf ihre Armbanduhr. „Ich möchte Sie zum Essen einladen. Es ist bereits ein Uhr, und ich sterbe vor Hunger.“ Sie sah den Mann prüfend an. „Sind Sie denn gar nicht neugierig?“

Der Mann erwiderte ihren Blick. Oh, diese Augen, dachte Cleo verzückt. Und diese langen Wimpern.

„Doch. Ich bin schon gespannt, was Sie mir zu sagen haben“, gestand er. „Also gut. Wir gehen essen, und Sie stellen mir Ihre Fragen. Aber damit Sie gleich Bescheid wissen. Ich werde kein Päckchen oder etwas Ähnliches auf meinem Rückflug für Sie mitnehmen.“

Cleo strahlte ihn an und ging beschwingt voran. „Ah, da vorne ist es.“ Da sie sich nach ihm umsah, rannte sie direkt in eine Großfamilie hinein, die ihr entgegenkam. Während sie sich pausenlos und überschwänglich entschuldigte, half ihr Begleiter der Großmutter auf die Beine, hob die Brille des Großvaters auf und setzte das Baby der jungen Eltern wieder aufrecht in den Buggy. Nachdem die Familie sich gefasst hatte, wandte er sich an Cleo. „Ich gehe voraus“, sagte er bestimmt.

Im Restaurant führte sie ein Kellner an einen Tisch und legte ihnen die Speisekarte vor. Der Mann bestellte nur einen Sandwich und einen Cappuccino. Cleo nahm das Gleiche, auch wenn sie vor Begeisterung, diesen Mann gefunden zu haben, mühelos ein komplettes Menü hätte verspeisen können.

Sie zog eine Visitenkarte aus ihrer Tasche und überreichte sie ihm. „Ich bin Cleo Rose.“

Ohne einen Blick darauf zu werfen, legte der Mann die Karte neben seinen Teller. „Nun, was wollen Sie mich fragen?“

Zuerst die harmlosen Fragen, dachte sie. Er hatte von einem Rückflug gesprochen. „Was führt Sie nach New York?“

„Ich bin geschäftlich hier.“

„Und wo leben Sie?“

„In Atlanta. Ein wunderbarer Ort, an dem man zum Beispiel am helllichten Tag gefahrlos allein ins Museum gehen kann.“

Cleo ging nicht auf seine Bemerkung ein. Sie warf einen Blick auf seine Hände. Kein Ehering, stellte sie beruhigt fest. „Leben Ihre Eltern auch in Atlanta?“

„Ja.“

„Haben Sie Geschwister?“ Eine nicht unwichtige Frage.

„Eine Schwester.“

„Also ein Mädchen und ein Junge.“ Cleo lächelte zufrieden. „Hat Ihre Schwester Kinder?“

„Ja.“ Der Mann schien verwundert.

„Mädchen oder Junge?“

„Von jedem eins. Aber können wir bitte meine Schwester aus dem Spiel lassen?“

In seiner Familie werden also nicht vornehmlich Jungen geboren. Cleo war erleichtert. „Wie lange sind Sie noch in der Stadt?“

Der Mann verschränkte die Arme über der Brust. „Ich beantworte so lange keine weiteren Fragen mehr, bis Sie mir sagen, wozu ich eigentlich interviewt werde.“

„Das verstehe ich“, versicherte Cleo ihm. „Nur noch eine Frage.“

Er sah sie mit versteinerter Miene an. „Aber wirklich nur eine.“

„In welcher Branche sind Sie tätig?“

Der Mann überlegte kurz. „Es schadet wohl nicht, wenn ich es Ihnen verrate. Ich bin Chemiker und arbeite in der Forschung.“

„Ein Wissenschaftler.“ Cleo holte tief Luft. „Dann sind Sie vom Typ her jemand, der von seiner linken Gehirnhälfte gesteuert wird.“

„Kann sein. Allerdings besitze ich auch eine rechte.“

„Oh, natürlich“, warf Cleo rasch ein. „Aber ich scheine keine linke zu haben. Deswegen bin ich auch immer so ungeschickt.“ Sie zögerte einen Moment. „Meine Stärke liegt in der rechten Hälfte.“

Der Mann sah sie eher verwirrt als verärgert an. Zögernd nahm er ihre Visitenkarte in die Hand. „Cleos Kleider“, las er. „Sie entwerfen Kleidung?“

„Ja.“

„Ich arbeite nicht als Modell“, sagte er abweisend.

„Und ich entwerfe keine Herrenmode. Ich habe in West Village einen winzig kleinen Laden für maßgeschneiderte Damenkleidung. Aber ich verdiene genug, um …“ Sie brach ab. Noch wollte sie nicht zu viel preisgeben. „Jedenfalls besitze ich eine Menge Kreativität, die ja genetisch in der rechten Gehirnhälfte angelegt ist. Deshalb freut es mich natürlich, dass Sie der Typ der linken Hälfte sind. Sie können bestimmt gut mit einem Computer umgehen.“

„Was wollen Sie eigentlich?“ Ungehalten schlug er mit der Hand auf den Tisch. „Etwa die Hälfte von meinem Gehirn?“

„Um es deutlich zu sagen, ich möchte, dass Sie der Vater meines Kindes werden.“

„Sie wollen … was?“ Völlig fassungslos starrte er sie an. Dann stand er abrupt auf und warf einen Zwanzigdollarschein auf den Tisch. „Auf Wiedersehen.“

„Sie können jetzt nicht gehen“, sagte Cleo. „Da kommt der Kellner mit unserer Bestellung. Er wird sich wundern, warum Sie mir Geld hinwerfen. Das macht keinen guten Eindruck.“ Sie wusste genau, worauf sie anspielen musste.

Widerstrebend steckte der Mann das Geld in seine Brieftasche zurück und setzte sich wieder. Stumm schaute er Cleo an, bis der Kellner das Essen serviert hatte.

„Ich wusste, dass Sie verrückt sind“, murmelte er. „Ich hatte vorhin längst bemerkt, dass Sie mich verfolgten.“ Er biss in sein Sandwich und schien sich zu beruhigen, während er kaute. Er beugte sich vor und sah sie mitleidig an. „Hören Sie“, sagte er beruhigend. „Das Leben in dieser Stadt kann ziemlich hart sein. Viele Menschen sind vielleicht einsam, und dann werden sie …“

„Ich bin nicht einsam“, unterbrach Cleo ihn. „Ich habe eine Menge Freunde. Aber ich möchte unbedingt ein Baby, und jetzt ist genau die richtige Zeit, um eines zu bekommen.“

Genau genommen war es der denkbar ungünstigste Zeitpunkt für ein Baby. Sie wurde fünfunddreißig, war unverheiratet und hatte eine ganze Reihe von Enttäuschungen hinter sich.

Der Mann lächelte sie freundlich an. „Die beste Zeit für ein Kind, Cleo“, erwiderte er mit Seitenblick auf ihre Visitenkarte, „ist dann gekommen, wenn Sie glücklich verheiratet und erfolgreich im Beruf sind. Sie sollten gut abgesichert sein, ein eigenes Haus haben und bereits ein College mit Spenden unterstützen.“

„Streichen Sie ‚verheiratet‘ von Ihrer Liste“, widersprach Cleo. „Aber mit dem Rest bin ich einverstanden. Ich kann ihr sogar noch mehr bieten. Sie kann den ganzen Tag bei mir sein. Im Laden ist Platz für eine Wiege und später für einen Laufstall. Außerdem liegt meine Wohnung direkt über dem Geschäft. Sie wird immer gut umsorgt sein.“

„Sie sagen ständig ‚sie‘“, bemerkte er leicht irritiert.

„Ich möchte ein Mädchen.“

Der Mann verzog keine Miene, doch seine Augen blitzten fast unmerklich auf. „Und warum wollen sie unbedingt ein Mädchen?“

„Ich glaube, dass es für eine allein stehende Mutter einfacher ist, ein Mädchen großzuziehen. Was meinen Sie?“

„Ich weiß nicht. Mit den Problemen einer allein erziehenden Mutter habe ich mich noch nie beschäftigt.“

„Für mich wäre es bestimmt einfacher. Ich bin ein Einzelkind und habe keine Ahnung, was Jungen wirklich brauchen. Aber ich will alles richtig machen. Ich will eine perfekte Mutter sein“, fügte sie hinzu. „Und es ist möglich, durch exakte Berechnung das Geschlecht des Kindes festzulegen. Jedenfalls hat man mir das gesagt.“

„Ja, das habe ich auch gehört …“ Er brach ab. „Sie wollen also ein Baby, ohne den üblichen Weg zu gehen. Denken Sie an eine künstliche Befruchtung oder …“

„Ja, natürlich. Was denn sonst?“, fragte Cleo aufgebracht. „Dachten Sie vielleicht, ich wollte Sie fragen, mit mir …? Haben Sie mir das wirklich zugetraut?“

„Beruhigen Sie sich“, beschwichtigte er sie. „Natürlich nicht … nun … vielleicht. Warum sonst haben wir dieses bizarre Gespräch? Sie müssen sich doch nur an eine Samenbank wenden. Dort sind Ihnen Profis dabei behilflich, einen Spender auszusuchen.“

„Glauben Sie, ich will irgendein Risiko eingehen?“, entgegnete Cleo fast ungehalten. „Ich will genau wissen, wer der Vater meiner Tochter wird.“

„Und der soll ich sein? Ich soll Ihnen Ihren Traum erfüllen? Tut mir leid. Kommt nicht in Frage.“

„Aber was haben Sie denn zu verlieren, außer ein bisschen … Sie wissen schon?“, fragte Cleo. „Sobald Sie gespendet haben, geht Sie die ganze Sache nichts mehr an. Ich will allein für meine Tochter sorgen und sie großziehen. Sie werden nie wieder von uns hören.“

Er sah sie ärgerlich an. „Wenn ich ein Kind in die Welt setze, will ich auch die volle Verantwortung dafür übernehmen. Ich will meine Tochter oder meinen Sohn nicht einfach einer skurrilen Person überlassen, die in Museen herumirrt und vielleicht noch nicht einmal mit Geld umgehen kann.“

„Geld ist kein Problem. Ich …“

„Ich sagte Nein“, unterbrach sie der Mann. „Ich will nichts mit Ihrem so genannten Projekt zu tun haben. Auf Wiedersehen, Cleo Rose. Ich wünsche Ihnen Glück, aber bitte nicht mit mir.“

„Wollen Sie wirklich nicht noch einmal darüber nachdenken?“ Leichte Panik stieg in ihr auf. Sie wusste noch nicht einmal seinen Namen.

„Nein. Ich übernehme die Rechnung, denn ich möchte Ihnen nichts schuldig sein.“ Er gab dem Kellner ein Zeichen und legte seine Kreditkarte auf den Tisch.

Cleo aß den Rest ihres Sandwichs und schielte unbemerkt auf die Kreditkarte. Sie hatte noch nie Schwierigkeiten gehabt, eine Schrift auf dem Kopf zu lesen. Sein Name war Bryce Hampton. Zu gern hätte sie sich noch die Nummer seiner Karte eingeprägt, aber dafür war es zu spät. Der Mann legte die Kreditkarte in die Mappe mit der Rechnung. Er hatte gut geformte Hände, kräftige Handgelenke und schmale Finger. Einen Augenblick erinnerte sich Cleo daran, wie angenehm sich seine Hände angefühlt hatten, als er ihr vorhin aufgeholfen hatte. Sie konnte ihn nicht einfach gehen lassen. Schon gar nicht, wenn er der geeignete Vater war. Einen Versuch noch, entschloss sie sich. Sie musste herausfinden, ob es eine Schwachstelle in seinen scheinbar perfekten Anlagen gab.

Gedankenverloren betrachtete sie das Blumenmuster auf ihrem Kleid. Ihre vollen Brüste wurden durch solche Muster noch stärker betont. Leider, wie Cleo wieder einmal bedauernd bemerkte. Und wenn sie erst an ihre Mutter dachte. Sie vollbusig zu nennen war schon fast eine Untertreibung. Unter keinen Umständen wollte Cleo, dass ihrer Tochter Figurprobleme vererbt wurden. Wenn Bryce Hamptons Mutter auch so eine bemerkenswerte Oberweite besaß, wäre es nur noch halb so tragisch, wenn er nicht der Vater ihrer Tochter würde.

„Eine Frage noch“, sagte Cleo schüchtern.

Der Kellner kam auf ihren Tisch zu. „Hoffentlich endgültig die letzte“, knurrte Bryce genervt.

„Hat Ihre Mutter einen großen Busen?“

Bryce schoss vom Stuhl hoch. „Hat Ihre Mutter …?“, wiederholte er fassungslos.

Der Kellner gab ihm die Mappe. „Vielen Dank, Sir.“

Ungehalten nahm Bryce seine Karte, unterschrieb den Beleg und warf die Mappe auf den Tisch. „Wahrscheinlich fragen Sie mich als Nächstes über meinen Vater aus und wollen wissen, wie groß sein …“ Da bemerkte er, dass er laut geworden war. Peinlich berührt, sah er sich im Raum um und fühlte sämtliche Augenpaare auf sich gerichtet. „Du meine Güte“, stöhnte er auf und verließ mit großen Schritten das Restaurant.

Cleo blickte auf das Stück Papier, das aus der Mappe heraushing. Bryce hatte vergessen, die Quittung mitzunehmen. Vielleicht ein Zeichen, überlegte sie. Ganz sicher aber eine äußerst glückliche Fügung. Jetzt kannte sie nicht nur seinen Namen, sondern besaß auch die Nummer seiner Kreditkarte – und beides sogar schriftlich.

So etwas gibt es nur in New York! dachte Bryce kopfschüttelnd. Er hatte dem Taxifahrer den Namen seines Hotels genannt und lehnte sich entspannt auf dem Rücksitz zurück. Mit dieser Geschichte würde er in den nächsten fünf Jahren die Lacher auf seiner Seite haben. Er stellte sich vor, wie er im Labor davon erzählte: „Diese Frau flog kopfüber über eine Bank, landete direkt vor meiner Nase und fragte mich, ob ich der Vater ihres Kindes werden wollte.“ Die Kollegen würden sich totlachen.

Francine würde das allerdings nicht amüsieren, genauso wenig seine Schwester, seine Eltern und Tante Moira. Sie alle waren bereits in Sorge, dass er nach New York umziehen könnte.

Auch der Abteilungsleiter bei Whitehall Pharmaceuticals würde die Begebenheit nicht komisch finden. Das Unternehmen hatte seinen Hauptsitz in New Jersey und war bekannt für seine konservative Haltung. Whitehall war sehr interessiert an Bryce’ neuestem Forschungsprojekt, genannt Nopro.

Er würde seinen Kollegen das Versprechen abnehmen müssen, die Geschichte für sich zu behalten. Aber vielleicht würde er ihnen gar nichts erzählen. Irgendwie wurde ihm unwohl bei dem Gedanken, dass sie über diese merkwürdige Frau lachten. Wo war doch gleich ihre Karte? Bryce durchsuchte seine Taschen nach der Visitenkarte. Warum habe ich sie überhaupt eingesteckt? fragte er sich, als er sie schließlich in der Hand hielt. Er wollte diese verrückte Cleo Rose ganz sicher nicht wieder sehen. Aber er wollte auch nicht, dass sich seine Kollegen über sie lustig machten. Also entschloss er sich, kein Wort über den Vorfall zu verlieren.

Aber welch ein Erlebnis. Amüsiert dachte Bryce über die Situation nach. Da will eine ausgeflippte Modedesignerin ein maßgeschneidertes Baby. Und wen sucht sie sich als Samenspender aus? Ausgerechnet Bryce Hampton – der gesamten pharmazeutischen Fachwelt bekannt als „Mr. Geburtenkontrolle“.

2. KAPITEL

Das Gebäude in der Perry Street 7 war ein schmales Stadthaus in West Village, einem Stadtviertel von Manhattan. Im Erdgeschoss befanden sich Cleos kleines Atelier und ein Hutsalon. In den vier Stockwerken darüber lag je eine Etagenwohnung. Hinter der mit Wein bewachsenen Mauer gab es einen kleinen Innenhof, den schmale Blumenbeete säumten. Vom ersten Augenblick an hatte Cleo davon geträumt, mit einem liebenden Ehemann und glücklichen Kindern viele lange Sommerabende in diesem Hof zu verbringen. Deshalb hatte sie das Haus gekauft.

An diesem Sonntag im Spätsommer saßen ihre Mieter alle draußen. Die Hutmacherin Delilah Burke, einst eine Dame des „ältesten Gewerbes der Welt“, wohnte über Cleos Wohnung. Sandi und Deke Millhouse, ein Paar mit Kind und Hund, lebten im zweiten Stock, waren aber auf Wohnungssuche in den Außenbezirken. Ganz oben hatte Macon Trent, der brillante Computerexperte, sein Reich. Sie alle waren für Cleo eine Art Familie geworden.

Die Sonne schimmerte zwischen den Zweigen der Platane hindurch und tauchte den wilden Wein an der Mauer in goldfarbenes Licht. Cleo ließ sich in einen Gartenstuhl fallen und schenkte sich ein Glas Wein ein.

„Macon“, begann sie nachdenklich. „Wenn ich den Namen eines Mannes und die Nummer seiner Kreditkarte hätte, könnte ich dann alles über ihn herausfinden, was ich wissen will?“

„Hast du einen Samenspender gefunden?“, rief Delilah erfreut. Sie häkelte gerade einen lila-weiß gestreiften Hut. „Dann werden wir also bald noch ein Baby im Haus haben!“

„Kein Wort, Macon!“, sagte Sandi. Ihr blondes Haar fiel über ihre schmalen Schultern, als sie sich über den Laufstall beugte und ihrem Sohn über die Locken strich. „Wir dürfen Cleo in dieser Sache nicht noch ermutigen.“

„Sandi hat recht“, meinte Deke. „Du wirst bei deiner Suche nach einem geeigneten Mann noch in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Wo du überall hingehst. Das ist nicht ungefährlich.“

„Genau“, stimmte Sandi zu. „Du bist abends immer allein unterwegs. Du gehst zu politischen Veranstaltungen, zu Baseballspielen, in die Oper. Du bringst dich in Gefahr.“

„In der Oper?“ Cleo sah Sandi treuherzig an. „Macht euch keine Sorgen“, fuhr sie fort. „Heute habe ich den richtigen Mann gefunden. Er kommt aus Atlanta – ein perfekter Gentleman. Und er ist Wissenschaftler“, betonte sie mit Nachdruck.

„Das war Frankenstein auch“, konterte Deke.

„Ganz einfach“, sagte Macon plötzlich.

Alle starrten ihn an. Offensichtlich hatte er sich die ganze Zeit so intensiv mit Cleos Frage beschäftigt, dass er die übrige Unterhaltung nicht mitbekommen hatte. „Es ist wirklich einfach“, wiederholte er. „Aber natürlich nicht ganz legal. Aber solange du nicht mit seinem Namen unterschreibst, wird es keine Probleme geben.“

„Tu es nicht“, bat Sandi. „Dekes Bruder kommt nächste Woche aus Chicago zu Besuch. Er ist ein toller Mann.“ Sie machte eine Pause und sah bewundernd ihren gut aussehenden Ehemann an. „Und er ist klug und wirklich nett. Ihr werdet euch gegenseitig anbeten.“

Cleo hörte nicht wirklich zu. Sie sah vor ihrem inneren Auge ein hübsches Mädchen mit blondem Haar und blauen Augen. Mit seinen langen, schmalen Händen sortierte es geschickt den Inhalt eines Chemiebaukastens.

Ohne sich um Sandis Einwände zu kümmern, wandte sich Cleo an Macon. „Hast du in den nächsten Tagen ein paar Minuten Zeit für mich?“, fragte sie.

„Ich habe auch jetzt Zeit“, erwiderte Macon, während sich Sandi und Deke nur kopfschüttelnd anschauten.

Autor

Barbara Daly
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