Sehnsüchtiges Verlangen nach dir

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Als größtem Sponsor ihres Charity-Unternehmens muss Célia D‘Argent dem griechischen Reeder Loukis Liordis jeden Wunsch erfüllen. Aber seine Verlobte spielen, um den Ruf des berüchtigten Playboys zu retten? Das geht Célia zu weit! Bis sie erfährt, dass es um die Zukunft seiner kleinen Schwester geht. Jetzt stimmt sie zu. Doch als Loukis sie aus Publicity-Zwecken sinnlich in seine Arme zieht, fühlt sie zum ersten Mal, was der Herzensbrecher hinter seiner kühlen Fassade verbirgt. Und plötzlich fühlt sich für Célia seine Nähe verlockend richtig an …


  • Erscheinungstag 17.11.2020
  • Bandnummer 2467
  • ISBN / Artikelnummer 9783733714536
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Bonsoir, Chariton Endevours. Wie kann ich Ihnen helfen?“

„Célia d’Argent, bitte.“

„Darf ich fragen, wer am Apparat ist?“

„Sie können sie vorwarnen, dass Loukis Liordis mit ihr sprechen möchte.“

Ich bin gewarnt. Was kann ich also für Sie tun, Mr. Liordis?“

Lediglich eine kleine Pause verriet, dass ihr Kunde den Seitenhieb verstanden hatte. Doch niemals würde Liordis sich dazu herablassen, etwas wie Reue zu zeigen. Im Gegenteil, die Pause deutete eher an, dass sie, Célia, zerknirscht sein sollte. Was sie normalerweise auch gewesen wäre, denn so sprach man nicht mit seinen Kunden. Doch Loukis Liordis, griechischer Milliardär, bekannter Playboy und im Moment ihr größtes Ärgernis, hatte sie in den letzten Wochen an den Rand des Wahnsinns getrieben.

„Sie nehmen Ihre Anrufe persönlich entgegen?“, fragte er spöttisch.

„Um halb zehn Uhr abends schon, Mr. Liordis.“

„Was hat denn die Uhrzeit damit zu tun?“

Oh, dieser unverschämte Kerl!

Célia atmete tief durch und musterte ihr Spiegelbild im Fenster ihres Büros. Loukis mochte zwar ihr erster Kunde und der Grund für den Erfolg gewesen sein, den sie und ihre Geschäftspartnerin Ella Riding in den letzten Monaten hatten verzeichnen können, aber das bedeutete nicht, dass sie ihn mögen musste. Oder jedem seiner Befehle klaglos folgen.

„Können Sie mir erklären, wie es Ihnen gelungen ist, so spektakulär zu scheitern, was Ihr Versprechen angeht, Mademoiselle d’Argent?“

Célia runzelte die Stirn und ging in Gedanken die Veranstaltungen durch, die sie in letzter Zeit für ihn geplant hatten. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen folgen kann, Mr. Lio…“

„Dann werde ich mit Ella sprechen.“

Célia biss die Zähne hart zusammen, und es war ihr egal, ob er das durchs Telefon hören konnte oder nicht. Sie hasste es, dass seine Worte eine Angst in ihr auslösten, die sich in Windeseile in ihrer Brust ausbreitete. Und sie hasste es auch, dass ihr Pulsschlag sich beschleunigte und eine Welle der Unsicherheit drohte, sie zu überwältigen.

„Ich fürchte, das ist nicht möglich.“

„Warum nicht?“

„Wie ich Ihnen schon …“ Viele, viele Male. „… erklärt habe, befindet Ella sich derzeit im Mutterschutz.“

„Aber sie ist doch sicherlich in der Lage, ans Telefon zu gehen.“

„Nein, Mr. Liordis. Das ist sie nicht. Aber ich nehme die Gelegenheit gern wahr, mir Ihre Beschwerde anzuhören.“ Natürlich tat sie das nicht gern. Es war spät, sie hatte noch nichts zu Abend gegessen, und das hastig heruntergeschlungene Mittagessen war nur noch eine ferne Erinnerung.

„Ich meine die Tatsache, dass Sie Ihre Verpflichtung nicht erfüllt haben.“

„Von welcher Verpflichtung sprechen wir genau?“

„Von der, meinen Ruf wiederherzustellen, Ms. d’Argent.“

Célia ließ sich in ihren Schreibtischstuhl fallen und wirbelte sprachlos zu ihrem Computer herum.

„Haben Sie dazu nichts zu sagen?“

„Verzeihen Sie, bitte, ich habe nur gerade noch mal auf den Briefkopf unserer Firma geschaut. Dort steht nirgendwo, dass wir im Bereich Rufwiederherstellung arbeiten. Wir sind spezialisiert auf …“

„Ich weiß, worauf Sie spezialisiert sind, Ms. d’Argent. Trotzdem – das Presseecho nach meinem ersten Event mit Ihnen war nicht positiv.“

„Ich verstehe, was Sie meinen. Der Wohltätigkeitsball, den Sie und Ihre Firma unterstützt haben, hat der Erythra Foundation geholfen, in Zukunft viel Gutes zu tun. Für Sie persönlich hingegen ist es vielleicht nicht so gut gelaufen, wie wir uns das vorgestellt hatten. Was möglicherweise daran liegt, dass Sie die Veranstaltung nicht für wichtig genug hielten, um persönlich zu erscheinen.“

In der Leitung herrschte eisige Stille. Und Célia wusste, dass sie dieses Mal zu weit gegangen war. Es stand ihr nicht zu, Kunden zu kritisieren. Das hatten die Schlagzeilen nach der Veranstaltung zur Genüge erledigt. Dass sowohl sie als auch die Journalisten glaubten, der stadtbekannte Playboy hätte den Abend mal wieder mit einer Frau verbracht – vermutlich eine Blondine mit unglaublichem Körper – tat hier nichts zur Sache.

„Darüber werden wir noch sprechen.“

Bevor sie anbieten konnte, ein entsprechendes Treffen zu organisieren, hatte er aufgelegt.

Was hatte sie nur gerade getan?

Nie sprach sie so unhöflich mit anderen Menschen, und schon gar nicht mit ihrem besten Kunden. Aber Loukis’ konstante Hetze in den letzten Monaten, sein Perfektionsdrang, hatten sie und ihr Team beinahe in den Wahnsinn getrieben.

Seitdem Ella ihn überzeugt hatte, bei ihnen zu unterschreiben, hatte Chariton Endevours noch weitere Kunden angenommen, und alle Mitarbeiter hatten bis zur Erschöpfung gearbeitet, um sowohl der geschäftlichen als auch der wohltätigen Seite ihres Unternehmens gerecht zu werden. Allein im letzten Monat hatten sie zwölf Events organisiert, und das alles ohne Ella …

Um ehrlich zu sein, war Célia erschöpft. Das war der einzige Grund, warum sie ihre Contenance verloren und einfach ausgesprochen hatte, was ihr durch den Kopf gegangen war. Mit leicht zittriger Hand legte sie das Telefon zur Seite.

Morgen würde sie Schadensbegrenzung betreiben müssen, aber jetzt wollte sie nur noch nach Hause fahren und schlafen. Was essen. Und vielleicht noch ein Glas kühlen australischen Pinot Gris trinken.

Bei diesem Gedanken musste sie sofort an ihren Vater denken. Der stolze Franzose hätte über ihren Weingeschmack nur entsetzt den Kopf geschüttelt. Selbst auf die Entfernung war sein Missfallen ein ständiger Begleiter in ihrem Leben. Doch als Célia nun auf die nächtlichen Straßen von Paris schaute, schüttelte sie die Gedanken an ihn energisch ab.

Sie schnappte sich Handtasche und Schlüssel, verließ das Gebäude, schloss die Tür hinter sich ab und blieb auf dem Bürgersteig abrupt stehen.

Oh, dieser unverschämte Kerl!

Das Glück war auf seiner Seite, denn Loukis Liordis hatte vor einer halben Stunde einen Parkplatz direkt vor Chariton Endevours gefunden. Erst vor zehn Minuten hatte er das Telefonat mit Célia d’Argent beendet, und nun lehnte er an dem schnittigen McLaren, den er für seinen Aufenthalt in Frankreich gemietet hatte, und las auf dem Handy die aktuellsten Spekulationen über seine Abwesenheit auf dem Wohltätigkeitsball in der vergangenen Woche.

Wäre nicht ein kaum hörbares Keuchen an sein Ohr gedrungen, hätte er vielleicht gar nicht mitbekommen, dass sie das Gebäude verlassen hatte. Sie hätte er definitiv nicht wahrgenommen. Was zum Teil an ihrem Top in dem unattraktiven Beige lag, das sie fast mit der Mauer hinter ihr verschwimmen ließ. Allein die schwarzen Jeans verrieten, dass da jemand stand.

Er unterdrückte den Drang, die Augen zu verdrehen. „Ms. d’Ar…“

„Was tun Sie hier?“, fragte sie herausfordernd.

Er kam kaum dazu, Luft für seine Antwort zu holen, da fuhr sie auch schon fort: „Sie dürfen nicht hier sein.“

Er warf ihr einen vernichtenden Blick zu und versuchte es noch einmal. „Ms. d’Argent, wie ich schon sagte, wir müssen uns unterhalten.“

„Aber nicht jetzt.“

„Oh doch, sehr wohl jetzt. Morgen früh fliege ich zurück nach Griechenland.“ Er warf einen Blick auf die Uhr, obwohl er genau wusste, wie spät es war. Dann stieß er sich von seinem Auto ab und öffnete die Beifahrertür. „Wollen wir?“

„Nein, wollen wir nicht“, zischte sie, bevor sie einen großen Bogen um ihn machte, als würde von ihm eine Gefahr ausgehen. Na gut. Er schloss die Tür wieder.

„Célia!“, rief er, bevor sie sich zu weit von ihm entfernt hatte. „Wir müssen wirklich reden.“

Vermutlich war es die Veränderung in seinem Tonfall, die dafür sorgte, dass sie stehen blieb. Es war nicht der charmante Ton des Charmeurs, der ihm vor ein paar Jahren sowohl großen Erfolg als auch großen Schaden eingebracht hatte. Bevor alles, was er kannte, um ihn herum zusammengebrochen war. Es war nicht der Ton, den er benutzte, um zu verführen, zu amüsieren, zu umwerben, zu beschwichtigen oder zu überreden. Es war aber auch nicht die arrogante, befehlsgewohnte, keinen Widerspruch zulassende Stimme, die er in seinem Telefonat mit ihr benutzt hatte. Nein, seltsamerweise war es keine der Fassaden, die er im Laufe der Jahre aufgebaut hatte, sondern der Ton seines wahren Ichs, der ihre Flucht unterbrach.

Er sah, dass sie tief einatmete, und erinnerte sich, wie hübsch er sie schon immer gefunden hatte. Ihr Gesicht war beinahe überirdisch im Kontrast zu ihrer langweiligen Kleidung. Fein gezeichnete Wangenknochen und volle Lippen, bernsteinfarbene Augen, die nun vor Schreck weit aufgerissen waren. Ihre zu einem nachlässigen Knoten zusammengefassten Haare schimmerten im Licht der Straßenlaternen in einem tiefen Braunton, und auf ihrer zarten, cremefarbenen Haut zeichneten sich Sommersprossen ab. Doch egal, wie anziehend und erfrischend er sie fand, deshalb war er nicht hier.

„Mr. Liordis, es tut mir leid, aber ich muss wirklich etwas essen.“

„Wir haben einen Tisch im Comte Croix.“

„Ich … ich bin kaum passend angezogen für …“

„Für etwas anderes als eine Runde Paintball? Das wäre mir gar nicht aufgefallen. Aber da Sie in meiner Begleitung sind, wird man sicher eine Ausnahme machen.“

Eine leichte Röte überzog ihre Wangen und machte die Sommersprossen fast unsichtbar. Erneut öffnete er die Beifahrertür, und als Célia an ihm vorbeiging, atmete er tief den süßen Duft von Orangen und Kräutern ein und musste den Wunsch nach mehr unterdrücken. Mehr stand heute Abend sicherlich nicht auf der Karte. Und vermutlich auch an keinem anderen Abend in den nächsten zehn Jahren. In diesem Moment verfluchte er seine Mutter erneut und schickte sie von ganzem Herzen zur Hölle.

Célia drückte sich tief in die Ledersitze des Sportwagens und wünschte sich, sie wäre überall anders, nur nicht hier, neben Loukis Liordis. Es war eines, am Telefon unhöflich zu ihm zu sein, aber etwas ganz anderes, sich in greifbarer Nähe eines solchen … eines solchen … Nun, sie war nicht blind. Der berüchtigte griechische Playboymilliardär war einfach überwältigend.

Es war ihr unmöglich, sein Aussehen zu ignorieren: das dichte, wellige schwarze Haar zu übersehen, das aus der hohen Stirn zurückgekämmt war, als wollte es die Schönheit dieses Gesichts betonen. Seine dunklen Augen, deren Farbe sie bei ihrem bisher ersten und einzigen Treffen an Espresso erinnert hatte.

Kurz bevor Ella in den Mutterschutz gegangen war, war er ins Büro gekommen, um ihr alles Gute zu wünschen, und sein kurzer Auftritt hatte Célia erschüttert wie ein Erdbeben. Und das, ohne dass er ihr besondere Aufmerksamkeit gewidmet hatte. Ein Nicken, ein kurzer Blick, mehr nicht. Aber dieser Blick hatte etwas in ihr entzündet. Etwas, von dem sie gedacht hatte, es wäre längst verglüht. Und das war ihr Warnung genug gewesen, in seiner Nähe auf der Hut zu sein.

Ihr Blick wurde von seinem angespannten Kiefer angezogen und glitt dann zu seinen markanten Wangenknochen, die den scharfen Schnitt seiner Nase betonten. Doch was sie wirklich fast um den Verstand brachte, waren seine Lippen, die immer leicht geschürzt wirkten.

Und die sich jetzt bewegten und zu einem schiefen Lächeln verzogen, als er sie dabei ertappte, wie sie ihn musterte.

Sie zog sich noch tiefer in den Sitz zurück und versuchte, sich unsichtbar zu machen.

„Wenn Sie den Sitz weiter nach hinten schieben wollen …“

„Non, merci.“

Er nickte nur, ohne seinen Blick von der Straße zu lösen oder das amüsierte Lächeln zu verlieren.

Ihre Wangen wurden so heiß, dass es beinahe brannte. Sie hasste es, sich um die arroganten Kunden kümmern zu müssen, die Ella angeworben hatte, und wünschte sich zum hundertsten Mal an diesem Tag, dass ihre beste Freundin und Geschäftspartnerin nicht im Mutterschutz wäre. Aber gleichzeitig gönnte sie ihr das Glück, das Ella mit Roman gefunden hatte. Nach einem etwas verunglückten Start lebten sie jetzt ihr Happy End – was etwas war, dass Célia sich für sich nicht vorstellen konnte. Nicht nach …

Sie wurde abrupt aus ihren Gedanken gerissen, als der Wagen von der Straße abbog und auf den hell erleuchteten Eingang des berühmten Pariser Luxusrestaurants zusteuerte. Mit einem tiefen Atemzug gelang es ihr, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. „Also, was hatten Sie …“

„Wir sind da“, unterbrach er sie entweder absichtlich oder zufällig.

Célia atmete tief. Ja, er war vermutlich der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte, aber er war auch unglaublich nervtötend. Als er aus dem Wagen stieg, nahm sie ihre Handtasche aus dem Fußraum und wollte gerade nach dem Türöffner greifen, als die Tür aufschwang und Loukis ihr seine Hand darbot.

Gesellschaftliche Etikette machte Unhöflichkeit zwar nicht wett, aber es wäre kindisch, sich der Geste zu verweigern, also legte sie ihre Hand in seine und versuchte, den Schock zu verbergen, der sie bei dieser Berührung durchfuhr.

Ihre Hand und ihr Unterarm kribbelten, und die feinen Härchen stellten sich auf, als wäre die Luft um sie herum elektrisch aufgeladen. Er schaute sie durchdringend an, die Stirn leicht gekraust, als wäre er verwirrt – und diese Verwirrung spürte sie ebenfalls, als ihr Herzschlag sich beschleunigte, um im gleichen Rhythmus zu schlagen wie sein Puls, den sie an ihrem Handgelenk spürte.

Nachdem er den Autoschlüssel achtlos dem Parkwächter zugeworfen hatte, bedeutete er ihr vorzugehen. Selbst ihr beinahe schon obszön reicher Vater hätte sich nie so benommen.

Sie spürte Loukis hinter sich, als sie auf den Maître d’ zuging und dabei einen möglichst selbstbewussten Gesichtsausdruck aufsetzte, den sie schon fast vergessen hatte. Einen, der besagte, dass sie es gewohnt war, in Restaurants wie diesem zum Frühstück, Mittag- und Abendessen einzukehren, egal, wie sie gekleidet war. Doch innerlich starb sie beinahe vor Demütigung.

Es summte so laut in ihren Ohren, dass sie kaum hörte, was Loukis zu dem Mann sagte, doch der abwertende Blick, den ihr der Maître d’ zuwarf, entging ihr nicht. Sofort flammte der Ärger über Loukis wieder in ihr auf. Natürlich war sie für ein Restaurant dieser Klasse nicht passend angezogen. Vor zehn Minuten hatte sie ja noch nicht mal gewusst, dass sie hierherkommen würde. Sie wartete darauf, dass Loukis sich für ihren Aufzug entschuldigen würde, doch stattdessen sah sie überrascht ein stählernes Funkeln in seinen Augen, als wollte er den anderen Mann herausfordern, etwas Abfälliges zu sagen.

Sie folgte den beiden Männern an den kleinen Tischen vorbei, an denen sich Menschen mit gedämpften Stimmen unterhielten, und lächelte den Maître d’ an, als dieser ihr den Stuhl hervorzog.

„Darf ich Ihnen die Weinkarte bringen?“

„Das ist nicht nötig. Wir nehmen eine Flasche Pouilly-Fuissé und das Fischgericht des Tages.“

„Bien sûr.“

„Merci“, sagte Célia noch, bevor der Mann sich hastig zurückzog, denn sie wusste, wie es sich anfühlte, von Loukis so behandelt zu werden. Sie beschloss, zu ignorieren, dass er sie weder nach ihrem Weingeschmack noch nach ihrem Essenswunsch gefragt hatte, und versuchte, ein wenig Kontrolle über diesen außer Kontrolle geratenen Abend zurückzuerlangen.

„Also, Mr. Liordis, worüber wünschen Sie mit mir zu sprechen?“

„Sie müssen noch eine Wohltätigkeitsaktion in meinem Namen veranstalten.“

„Okay. Schwebt Ihnen da schon etwas Genaueres vor?“

Er schüttelte den Kopf. „Nein. Sie muss nur innerhalb der nächsten paar Wochen stattfinden.“

Loukis sah förmlich, wie sich die Rädchen in Célias Kopf drehten. Er hatte mit einem wütenden Ausbruch gerechnet, einer Ablehnung, oder zumindest mit heftigem Widerspruch, aber nein.

„Es wäre nicht realistisch, zu erwarten, dass wir erneut etwas mit der Erythra Foundation machen können.“

„Warum nicht?“, fragte er aus aufrichtiger Neugierde.

„Um sicherzugehen, dass es keine Übersättigung der Spender und der Presse gibt. Haben Sie vielleicht eine andere Stiftung im Kopf?“

„Nein. Aber idealerweise sollte es eine griechische Organisation sein.“

Célia nickte und presste eine Hand an ihre rosigen Lippen, während sie den Blick leicht abwandte. In dieser Haltung kam ihr langer, eleganter Hals gut zur Geltung, und Loukis war beinahe dankbar dafür, dass sie diese grauenhafte, beige Rundhals-T-Shirt trug.

Als er sie das erste Mal in ihren Büroräumen in Paris getroffen hatte, war es ihm schwergefallen, den Blick von ihr loszureißen. Das Verlangen, das ihn bei ihrem Anblick durchströmt hatte, war so stark gewesen, dass es ihn bis ins Mark erschüttert hatte. Doch selbst damals hatte er gewusst, dass er diesem Verlangen nicht nachgeben durfte. Nicht nur, weil sie zusammenarbeiten würden, sondern weil er das Risiko nicht eingehen konnte. Damals nicht, und heute erst recht nicht.

Erneut zwang er sich, den Blick von der verlockenden Biegung ihres Halses zu lösen, als sie ihn wieder anschaute.

„Dafür brauche ich mehr Zeit. Was ist Ihre absolute Deadline?“

Loukis wusste nicht, warum ihn ihr professionelles Gebaren in dieser Unterhaltung so störte. Immerhin hatte er genau das gewollt und verlangte es von allen, mit denen er Geschäfte betrieb. Doch bei Célia wirkte es … unbefriedigend.

„Es muss bis Ende …“ Er unterbrach sich, bevor er zu viel verraten konnte, und verfluchte stumm seine Reaktion auf sie. „Bis Ende Juni muss es stattgefunden haben.“ Beinahe hätte er gesagt, vor dem Ende des Schuljahres, und das wäre vollkommen inakzeptabel gewesen. Es durfte niemand erfahren, warum er diese Veranstaltung so bald und dringend benötigte. Selbst das kleinste Detail würde, wenn es an die Öffentlichkeit gelänge, alles aufs Spiel setzen, und das durfte er nicht zulassen.

„Also habe ich vier Wochen.“

Nai – ja.“

„Haben Sie bestimmte Vorstellungen, was die Art der Veranstaltung angeht?“

„Nur, dass sie so öffentlich und positiv wie möglich sein soll.“

„Was halten Sie von Kunst?“

„Ich habe ein paar Sammlerstücke.“

„Wären Sie gewillt, sich davon zu trennen?“

„Wenn es sein muss.“ Er würde sich von allem trennen, wenn ihm das bei seiner Sache helfen würde.

Célias schnelle Fragerunde wurde durch das Auftauchen des Sommeliers unterbrochen. Er zeigte Loukis die Flasche, doch der wies auf Célia. Dann sah er zu, wie sie den eingeschenkten Wein kurz im Glas schwenkte, bevor sie daran roch und einen kleinen Schluck nahm, um dann ihre Zustimmung durch Kopfnicken zu zeigen. Wieder war Loukis verwirrt von dieser Frau, die aussah, als wäre ihr gesamtes Outfit an diesem Abend billiger als die Flasche Wein, die sie gleich trinken würden. Seiner Miene nach zu urteilen teilte der Sommelier diese Einschätzung, aber natürlich sagte er nichts, sondern schenkte ihnen ein und ging.

„Was ist Ihnen wichtiger: Die Gäste und die Publicity oder die Höhe der gesammelten Spenden?“

Er wusste, dass sie Letzteres vorziehen würde, doch er durfte diese Sache nicht gefährden. Es war seine letzte Chance, seinen angekratzten Ruf wiederherzustellen.

„Ist das ein Test?“, wich er der Frage aus.

„Nein. Es ist eine Frage, die mir hilft, zu bestimmen, welche Organisation ich ansprechen soll. Wenn es Ihr Ziel ist, den größtmöglichen Gewinn für die Wohltätigkeitsorganisation zu erzielen, wäre es besser, wenn ich eine anspreche, die sich in Nöten befindet, die aber nicht unbedingt viele Menschen auf dem Radar haben. Wenn es hingegen, wie ich glaube, um den größtmöglichen persönlichen Effekt geht, dann würde ich nach einer Organisation suchen, die viele Promis und damit Aufmerksamkeit anziehen kann.“

So sehr er sich auch bemühte, Loukis konnte nicht den geringsten Hauch von Verurteilung in ihrer Stimme entdecken. „Ich schätze, die Möglichkeit, beides zu erreichen, besteht nicht?“

„Mr. Liordis – ich, wir, bringen Wohltätigkeitsorganisationen und Unternehmer zusammen. Alles Geld, das gesammelt wird, ist für sie ein Geschenk. Und vertrauen Sie mir, ich werde Ihnen einen obszönen Betrag in Rechnung stellen, um dieses Ziel zu erreichen. Unsere Firma mag hoffnungsvoll und wohltätig sein, aber täuschen Sie sich nicht, sie ist auch ein echtes Unternehmen.“

Sie war so eine seltsame Mischung aus stählernem Kern in weicher Ummantelung, dass er Schwierigkeiten hatte, sich auf das Thema zu konzentrieren und nicht nur allein auf Célia.

„Wie obszön?“

„Sehr“, sagte sie mit einem feinen Lächeln. Dann nahm sie einen Schluck Wein, und ihre Augen verengten sich für einen kurzen Moment, bevor sie das Glas wieder abstellte.

„Schmeckt Ihnen der Wein nicht?“

„Ich hatte mich heute Abend auf einen australischen Pinot Gris, einen kleinen Teller Suppe und vielleicht eine Folge meiner Lieblingsserie gefreut. Und doch …“ Sie zuckte mit den Schultern, als wollte sie sagen: „Und doch bin ich jetzt hier.“

„Ist das nicht ein Sakrileg?“

„Mein Weingeschmack?“

Anstelle einer Antwort legte er nur den Kopf schief.

„Nur für Puristen.“

Ihm lag es auf der Zunge, die Frage ihrer Reinheit weiter zu verfolgen, wobei er dann allerdings nicht über Wein reden würde. Vor drei Jahren hätte ihn nichts davon abgehalten, einen zweideutigen Spruch in diese Richtung zu machen. Doch damals war er auch ein anderer Mann gewesen.

Mit einem Mal fühlte er sich schuldig, weil er sie um einen Abend gebracht hatte, auf den sie sich offensichtlich gefreut hatte. Und zum ersten Mal fielen ihm auch die Anzeichen der Erschöpfung um ihre Augen auf. Sie waren gut versteckt, aber doch erkannte er sie aus der Zeit, als sein Leben dank seiner Mutter vollkommen auf den Kopf gestellt worden war. Aber Célias Müdigkeit musste ihm egal sein. Sie sollte liefern, was er brauchte, mehr nicht.

„Also werden Sie die Veranstaltung für Ende Juni organisieren?“

„Ja. Unter einer Bedingung.“

„Die da wäre?“

„Dass Sie, Mr. Liordis, dieses Mal kommen.“

Célia sah, wie seine Augen sich für einen kurzen Moment verengten. Es fühlte sich beinahe an, als ginge es nicht mehr um eine geschäftliche Unterhaltung, als wäre Loukis’ rücksichtsloser Wunsch nach einem guten Ruf vergessen. Kurz glaubte sie, dass er etwas fragen wollte … doch dann verschwand die Weichheit in seiner Miene sofort wieder hinter einem wütenden Blick.

„Ich sage das nicht, um Sie zu ärgern“, erklärte sie schnell. „Aber wenn Sie Ihr Ziel erreichen wollen, ist es wichtig, dass Sie persönlich anwesend sind.“

„Ich werde da sein.“

Der Kellner brachte ihr Essen, doch mit einem Mal hatte Célia keinen Hunger mehr, obwohl die Ravioli mit Jakobsmuscheln und Hummer ganz köstlich dufteten. Unter Loukis’ durchdringendem Blick zwang sie sich, ihre Gabel in die Hand zu nehmen und einen Bissen von den gefüllten Nudeln zum Mund zu führen.

Noch nie war sie in Gesellschaft eines Mannes gewesen, der seine Sinnlichkeit wie ein Schwert führte. Die Wirkung, die er auf sie hatte, konnte sie nicht verleugnen. Doch das bedeutete nicht, dass sie sich ihr ergeben musste.

Das letzte Mal, als sie so etwas getan hatte, hatte in einer Katastrophe geendet. Sie hatte erkennen müssen, dass es ihrem Ex nie um sie, sondern nur um das Geld und die Anerkennung ihres Vaters gegangen war. Damals hatte sie sich geschworen, diesen Fehler nicht noch einmal zu begehen, was ihr bisher auch gelungen war.

Mit neuer Entschlossenheit aß sie einen Bissen, dann einen zweiten und einen dritten, ohne Loukis auch nur zur Kenntnis zu nehmen. Den Blick hatte sie fest auf ihren Teller gerichtet, und bedauerte, dass dieses köstliche Mahl an sie vollkommen vergeudet war, denn ihre Gedanken hatten ihre Geschmacksnerven betäubt.

Als der Teller schließlich leer war und sie wieder aufblickte, sah sie, dass Loukis nicht nur aufgegessen, sondern bereits auch eine ziemlich große Summe Geld auf den Tisch gelegt hatte.

„Ich bringe Sie nach Hause“, sagte er.

Angesicht dessen, wo ihre Gedanken gerade gewesen waren, fürchtete Célia, dass dieses Angebot einen Hintergedanken hatte.

„Das ist nicht nötig“, erklärte sie, denn sie hatte nicht vor, Loukis Liordis auch nur in die Nähe ihres Apartments zu lassen.

Er durchbohrte sie mit einem Blick, der Stahl hätte schmelzen lassen können. „So bin ich nun mal erzogen worden.“

„Ich finde allein nach Hause, aber danke für das Angebot.“

Sie standen auf, und er folgte ihr so dicht auf den Fersen durch das Restaurant, dass Célia meinte, die Hitze seines Körpers zu spüren.

Draußen wartete er, bis der Parkwächter ihr ein Taxi gerufen hatte. Als es vorfuhr, hielt er ihr die Tür auf und ließ sie einsteigen.

Autor

Pippa Roscoe
<p>Pippa Roscoe lebt mit ihrer Familie in Norfolk. Jeden Tag nimmt sie sich vor, heute endlich ihren Computer zu verlassen, um einen langen Spaziergang durch die Natur zu unternehmen. Solange sie zurückdenken kann, hat sie von attraktiven Helden und unschuldigen Heldinnen geträumt. Was natürlich ganz allein die Schuld ihrer Mutter...
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