Süße Küsse am Valentinstag?

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Liebesbriefchen? Pralinés? Nichts für Cash und Lucy, die all das für sentimentalen Kitsch halten. Trotzdem geben die überzeugten Singles sich in der Valentinswoche als Liebespaar aus - für eine romantische Spendenaktion! Dadurch erhofft Cash, sein Playboy-Image loszuwerden, und Lucy gelangt an dringend benötigtes Geld für ihre Großmutter. Nur gut, dass das vorgegebene Flirt-Programm ihren Herzen nichts anhaben kann. Doch die beiden haben die Rechnung ohne Amor gemacht, der listig seinen Bogen spannt und - zielt. Wird sein Pfeil sie treffen - vielleicht sogar mitten ins Herz?


  • Erscheinungstag 03.02.2015
  • Bandnummer 0003
  • ISBN / Artikelnummer 9783733701406
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Das ist eine absolute Katastrophe.“ Cashel Burgess warf die Zeitung auf seinen Schreibtisch und ließ den Blick noch einmal über die Schlagzeile gleiten.

Wenn er sie nur lange genug anstarrte, würde das ganze verdammte Dilemma vielleicht einfach verschwinden.

Träum weiter.

„Das wird dir hoffentlich eine Lehre sein, nicht immer nur mit den falschen Frauen anzubändeln.“ Barton Clegg, ein alter Freund vom College, der als Einziger die Macht hatte, ihm aus diesem Schlamassel herauszuhelfen, tippte auf das abgedruckte Foto. „Sie sieht umwerfend aus, das muss man dir lassen, aber weißt du was, Cash?“ Barton machte eine halsabschneiderische Geste. „Sie hat dich komplett in der Hand, Kumpel.“

„Erzähl mir etwas, das ich noch nicht weiß.“ Cash stieß sich von seinem Schreibtisch ab und begann, unruhig auf und ab zu laufen – etwas, das er viel zu oft tat, seitdem er erfahren hatte, dass das Starlet, dem er bei einem ausgiebigen Mittagessen finanziellen Rat gegeben hatte, eine sehr verdrehte Version dessen erzählte, was zwischen Kalbsschnitzel und Tiramisu geschehen war.

„Also, was kann ich für dich tun?“

„Schadensregulierung!“ Cash blieb stehen und deutete auf die Zeitung. „Wenn ich wegen einer völlig an den Haaren herbeigezogenen Geschichte von dieser Frau Klienten verliere …“ Er schüttelte noch immer ungläubig den Kopf. „Die PR-Agentur, für die du arbeitest, ist eine der besten. Du musst mein Image wieder aufpolieren, ehe es durch diesen Mist hier ernsthaften Schaden nimmt.“

Bart sah seinen Freund entschuldigend an. „Wir nehmen im Moment keine neuen Klienten an, das weißt du.“ Bart drehte sich auf dem ergonomischen Stuhl einmal um die eigene Achse. „Ich kann ein gutes Wort für dich einlegen, aber das wird nicht helfen …“

Plötzlich kniff Bart die Augen zusammen, dann schnippte er mit den Fingern und sprang auf. „Es gibt einen Weg, wie die Agentur dich garantiert als Kunden annehmen wird.“

Cash nickte erleichtert. „Was immer es auch ist, ich tu’s.“

Ein wissendes Grinsen breitete sich auf dem Gesicht seines Freundes aus. „Bist du dir da ganz sicher?“

Cash lehnte sich gegen die Schreibtischkante und massierte sich den Nasenrücken. „Wie du vorhin so dezent angemerkt hast, hat diese Frau mich komplett in der Hand. Also werde ich alles tun.“

„Fein. Dann musst du dir nur für eine Woche eine Freundin zulegen.“

„Was zum …“

„Die Firma veranstaltet vor dem Valentinstag eine große Spendenaktion. Ein einwöchiges Love-in, in dem Pärchen ganz viel schnulziges Zeug zusammen machen und dabei gefilmt werden. Diese Filmchen werden auf die Website der Agentur gestellt, und die Leute können das romantischste Pärchen wählen.“ Barts selbstgefälliges Grinsen wurde breiter. „Du wolltest positive PR. Was wäre da besser, als Unmengen an Geld für einen guten Zweck zu sammeln und dabei von Millionen gesehen zu werden? Oh, und sorg dafür, dass deine Freundin sauber und gesund ist – also das Gegenteil von deinem sonstigen Geschmack.“

Cash starrte seinen Freund entgeistert an. „Bist du total verrückt geworden? Wo zum Teufel soll ich für eine Woche so eine Freundin herbekommen?“

Bart winkte ab. „Das ist doch eine Kleinigkeit.“ Er schlenderte zu der breiten Glastür, die auf den parkähnlichen Garten von Cashs Villa in Williamstown hinausging. „Ich bin mir sicher, du findest eine Lösung.“

Cash ballte seine Hände zu Fäusten. Das hier durfte einfach nicht wahr sein. Ein wild gewordenes Starlet, das Gerüchte und Anspielungen über ihn verbreitete, nur weil er es zurückgewiesen hatte. Die Frau beschädigte seinen Ruf in einer Branche, in der ein guter Ruf alles war.

Er beriet die Stars in finanziellen Fragen. Die Elite von Australiens Schauspielern und Musikern kam zu ihm, wenn sie ihr Geld investieren wollte. Damit hatte er sich ein beträchtliches Vermögen aufgebaut.

Das nun in Gefahr zu sehen, hatte ihn dazu getrieben, sich an Bart zu wenden. Die Lösung seines Kumpels klang eigentlich ganz einfach, doch er konnte schlecht eine Freundin aus dem Ärmel schütteln.

Bart stieß einen leisen Pfiff aus. „Hey, was ist mir ihr?“

„Mit wem?“

„Mit der Süßen in den obszön engen Shorts.“

Cash ging zum Fenster, wo Bart seine Nase gegen die Scheibe drückte wie ein hormongesteuerter Teenager.

„Lucy? Du machst Witze, oder?“

Lucy Grant, seine Gärtnerin, wäre die letzte Frau, die er bitten würde, für eine Woche seine Freundin zu spielen.

Ihre coole Aura faszinierte ihn, aber weiter hatte er sich bislang über sie keine Gedanken gemacht. Abgesehen von den Malen, bei denen er einen geschäftlichen Anruf entgegengenommen und sich mit dem Hörer in der Hand an genau diesem Fenster wiedergefunden hatte, wo er den Ausblick auf ihren sexy Po, die langen Beine und pralle, nicht zu große Brüste in einem engen Tanktop genoss.

Zuzusehen, wie Lucy den Rasen mähte oder sich vornüberbeugte, wenn sie die Hecken schnitt, machte das Arbeiten von zu Hause aus so viel angenehmer.

Ehrlich gesagt achtete er darauf, seine Tage im Büro hier zu Hause so zu legen, dass sie mit ihren vierzehntägigen Arbeitseinsätzen zusammenfielen. Vielleicht würde sie in naher Zukunft weich werden und ihm ein Lächeln schenken? Angesichts des tödlichen Blickes, den sie ihm heute Morgen zugeworfen hatte, als ihre Wege sich auf der Veranda kreuzten, war das eher unwahrscheinlich.

„Warum nicht?“ Bart löste sich nur widerstrebend vom Fenster. „Die Agentur hat noch Platz für ein weiteres Pärchen, und heute ist Bewerbungsschluss.“ Er tippte sich gegen die Nase. „Wenn ich ein gutes Wort für dich einlege, bist du dabei. Garantiert.“

„Du bist verrückt.“ Cashs Blick glitt unbewusst zu Lucy, die in der Nähe des Tors stand und sorgfältig die Hecken stutzte. Er schüttelte den Kopf. „Ich kenne die Frau doch gar nicht.“

„Es gibt keinen besseren Moment als jetzt, um das zu ändern.“ Bart schaute auf seine Uhr. „Ich muss zurück ins Büro und brauche deine Antwort. Bist du dabei?“

Cash spürte, wie sich sein Nacken verspannte. Das Letzte, wonach ihm der Sinn stand, war sieben Tage lang wie ein verliebter Idiot durch die Gegend zu stolzieren.

Aber seine Firma war sein Ein und Alles. Er hatte zu lange und zu hart dafür gearbeitet, um es jetzt wegen Umständen leiden zu lassen, die er nicht beeinflussen konnte.

Er hatte sich an Bart gewandt, weil er positive PR brauchte. Aber der Valentinstag? Wirklich?

„Drei … zwei … eins …“ Bart gab ein summendes Geräusch von sich und Cash nickte.

„Okay. Ich mach’s.“

Mit einem selbstzufriedenen Grinsen zog Bart sein Jackett über. „Also, wer wird die Glückliche sein?“

„Überlass das nur mir.“ Im Geist ging Cash bereits die Liste seiner weiblichen Bekannten durch. Vergeblich.

Mit der Hälfte von ihnen war er schon ausgegangen und hatte nicht vor, das noch einmal zu tun. Die andere Hälfte wollte mehr und würde diese Woche voller Liebesgesäusel als ernsthafte Erklärung seiner Gefühle ansehen.

Oh, oh. Er brauchte jemanden, der sich keine romantischen Illusionen machte.

Jemanden, der keine gemeinsame Zukunft mit ihm plante.

Jemanden ohne Hintergedanken oder den Wunsch, ihn in Ketten zu legen.

Als er Bart zur Tür begleitete und Lucy ihn mit einem kurzen Nicken begrüßte, wusste er es. Er brauchte jemanden wie sie.

„Verdammt.“ In dem Moment, als Cash an der Haustür erschien, rutschte Lucy die Heckenschere aus, und sie schnitt aus Versehen ein großes Loch in das Australische Veilchen.

Diese Wirkung hatte der Mann immer auf sie. Sobald sie ihn sah, sträubten sich ihre Nackenhaare und sie verspürte den Wunsch, irgendetwas abzuschneiden – und zwar nichts, was im Garten grünte und blühte.

Was nicht allein seine Schuld war – sie hegte einfach eine gesunde Missbilligung gegen Millionäre in maßgeschneiderten Anzügen. Das war eine persönliche Abneigung, die sie in den letzten neun Jahren zur Kunst erhoben hatte.

Cash wirkte noch charmanter als die meisten. Das lag an seinem freundlichen Lächeln und seiner geistreichen Art. Was genau die Eigenschaften waren, die sie wachsam werden ließen. Genau wie seine Fähigkeit, mit ihr zu flirten, ohne sich allzu sehr darum bemühen zu müssen. Und die Lockerheit, mit der er sich ihr näherte und von der sie wusste, dass sie nur eine wohl einstudierte Fassade war, die er der Welt präsentierte.

Erfolgreiche Menschen wie er würden nichts im Leben erreichen, wenn sie immer so entspannt wären. Dank Google wusste sie genug über ihren Hauptkunden Cashel Burgess, um sicher zu sein, dass er in der Vorstandsetage ein wahrer Tiger war.

Mit gerade mal achtundzwanzig Jahren schon Selfmade-Millionär gewesen. Hoher IQ. Hatte an der Highschool ein Jahr übersprungen. Abschluss in Betriebswirtschaftslehre. MBA. Beeindruckende Jobs bei den führenden Versicherungsunternehmen, bevor er seine eigene Beratungsfirma eröffnet hatte.

Er bewegte sich selbstverständlich zwischen den A-Promis, war oft auf den Gesellschaftsseiten und in den Klatschspalten der Melbourner Zeitungen zu finden. Wie nicht anders zu erwarten hatte er dabei immer eine vollbusige blonde Schauspielerin am Arm.

Nein, sie hatte keinerlei Vertrauen in Männer, die sich in der Öffentlichkeit ganz anders verhielten als privat. Deshalb zog sie es auch vor, ihn zu ignorieren, wenn sich ihre Wege alle zwei Wochen kreuzten.

Sie wusste, dass ihre Distanziertheit der Grund dafür war, weshalb er sich solche Mühe gab, ihr zufällig über den Weg zu laufen. Für ihn war ihre kühle Art eine Herausforderung. Sie ließ sich davon nicht stören. Wenn überhaupt führte es nur dazu, dass sie sich noch abweisender gab. Auf keinen Fall würde sie in seiner Nähe jemals ihre Wachsamkeit verlieren, denn dann müsste sie sich der Realität stellen. Die da lautete, dass ein kleiner Teil von ihr sich von ihm ziemlich stark angezogen fühlte. Von den zerzausten braunen Haaren, den durchdringenden blauen Augen, dem kantigen Kinn und dem Lächeln, bei dem immer zwei Grübchen in seinen Wangen erschienen.

Unvorstellbar. Und auf so vielen Ebenen falsch, wenn man ihren Schwur bedachte, sich niemals wieder auf einen Anzugträger einzulassen.

Es musste an der Dating-Durststrecke liegen, die sie gerade durchmachte, dass sie schon Lustgefühle für ihren Boss entwickelte. Vielleicht sollte sie nächstes Mal Ja sagen, wenn der Typ vom Eisenwarenladen sie einlud?

Cashs Besucher setzte sich in seinen Porsche und fuhr mit einem fröhlichen Winken in ihre Richtung rückwärts vom Hof. Sie brachte als Antwort ein angespanntes Nicken zustande und packte die Heckenschere fester, um mit ihrer Arbeit fortzufahren.

Doch anstatt ins Haus zurückzukehren, machte Cash sich auf den Weg zu ihr.

Mist.

Sie hatte ihren üblichen Flirtvermeidungstanz doch bereits heute Morgen absolviert. Was wollte er jetzt noch? Eine Zugabe?

Sie öffnete die Heckenschere und ließ sie mit einem lauten, metallischen Klicken zuschnappen, das weit über den Garten hallte. Sie hätte schwören können, dass Cash bei dem Geräusch gezögert oder gezuckt hatte. Vielleicht auch beides. Vermutlich war das reines Wunschdenken von ihr, aber zur Sicherheit machte sie es noch einmal.

„Ist das eine Warnung?“, fragte er und beäugte die Schere mit einer Mischung aus Misstrauen und Belustigung.

Gegen ihren Willen zuckten ihre Mundwinkel. „Nein. Aber es könnte eine werden, wenn Sie nicht aufhören, mich zu belästigen, während ich versuche, meiner Arbeit nachzugehen.“

Er lächelte, und die Wirkung dieses Lächelns traf sie irgendwo im Bereich ihres Solarplexus’. „Warum legen Sie Ihr Kastrationsgerät für Laien nicht beiseite, damit wir uns unterhalten können?“

Dieses Mal konnte sie das Lachen nicht zurückhalten. „Worüber?“

„Wow.“ Er fasste sich ans Herz und stolperte ein paar Schritte rückwärts. „Sie sind umwerfend, wenn Sie lächeln.“

„Und Sie spinnen.“ Sie winkte mit der Heckenschere in seine Richtung. „Was wollen Sie?“

Er zuckte zusammen. „Das nicht.“

Verdammt, sie liebte es, sich mit einem schlagfertigen Mann zu kabbeln. Und wenn sie ganz ehrlich mit sich war, fehlte es ihr. Sie vermisste den Spaß, den es brachte, sich Wortgefechte mit einem Mann zu liefern, der genauso gut einstecken wie austeilen konnte.

„Ich bin beschäftigt …“

„Ich muss wirklich dringend mit Ihnen sprechen.“ Seine Ernsthaftigkeit machte ihr genauso viel Angst wie sonst sein übertriebenes Flirten. „Würden Sie gerne auf ein Getränk mit hineinkommen?“

„Nein danke.“ Sie schüttelte den Kopf. Es war schon schlimm genug, ihm draußen über den Weg zu laufen. Auf keinen Fall würde sie einen Fuß in sein Haus setzen und riskieren, das zu sehen, was sie einst auch besessen hatte.

Schon vor langer Zeit hatte sie ihre Vergangenheit hinter sich gelassen, aber es wäre gelogen, wenn sie nicht zugeben würde, dass es Zeiten gab, in denen sie den Luxus, den Reichtum, den Glamour vermisste. „Was ist los? Sind Sie mit meiner Arbeit nicht …“

„Nein, nichts dergleichen.“ Er atmete tief aus, und zum ersten Mal in den sechs Monaten, seitdem sie dank einer Empfehlung angefangen hatte, für den Tycoon zu arbeiten, wirkte er unsicher. Verdammt, das machte ihn nur noch umso anziehender.

„Ich habe ein Problem, bei dem ich Ihre Hilfe brauche.“ Eine Falte erschien zwischen seinen Brauen. „Ehrlich gesagt ist es mehr als ein Problem. Es handelt sich eher um eine drohende Katastrophe.“

Jetzt war ihre Neugierde geweckt. „Wenn es nichts damit zu tun hat, dass Ihr Jasmin welkt oder Ihr Kompost gemulcht werden muss, wüsste ich nicht, wie ich Ihnen helfen könnte.“

Die Falte verschwand und seine Lippen entspannten sich ein wenig. „Es handelt sich nicht um ein Gartenproblem.“

„Dann bin ich nicht sicher, was ich …“

„Ich brauche für eine Woche eine Freundin, und Sie wären für die Rolle perfekt.“

2. KAPITEL

Lucy glitt die Heckenschere aus der Hand und fiel klappernd zu Boden. Dabei verfehlte sie zum Glück ihre Stiefel mit den Stahlkappen, die sie ein kleines Vermögen gekostet hatten.

„Sie sind verrückt …“

„Hören Sie mich einfach an, okay?“ Er hob beide Hände. Als wenn sie das davon abhalten würde, ihm ein wenig Verstand einzubläuen. Aber das passte ja. Die klugen, gut aussehenden, witzigen Männer waren immer amtlich beglaubigte Verrückte.

„Meine Firma läuft Gefahr, einige wichtige Kunden zu verlieren, und deshalb brauche ich eine massive positive PR-Spritze.“ Er massierte seine Schläfen, als hätte er Kopfschmerzen. Sie kannte das Gefühl. „GR8 4U Public Relations ist die beste Agentur in Melbourne, und sie veranstalten einen Spendenmarathon, der mir dabei helfen könnte, wieder gute Schlagzeilen zu bekommen. Der Haken ist nur, dass ich Teil eines Pärchens sein muss, um dabei mitzumachen.“ Er nickte ihr zu. „Und da kommen Sie ins Spiel.“

Sie lachte. Ein lautes, hysterisches Lachen, dem sie, sobald es angefangen hatte, keinen Einhalt mehr gebieten konnte.

„So lustig ist das nun auch wieder nicht“, sagte er und betrachtete sie mit einer betörenden Mischung aus verletztem Stolz und kleinem, verlorenen Jungen.

„Es ist absolut zum Totlachen.“ Sie hielt sich die Seiten und beugte sich ein wenig vor. Mit tiefen Atemzügen versuchte sie, ihr Kichern in den Griff zu bekommen. „Sie haben vermutlich eine ganze Armee an Blondinen in Ihrem Handy gespeichert und glauben nun, ich sollte Ihre Freundin spielen?“

Das Lachen fing wieder an, und sie hätte Schwierigkeiten gehabt, aufzuhören, wenn Cash nicht einen Finger an ihre Lippen gelegt hätte, um sie zum Schweigen zu bringen.

Die Geste wirkte Wunder. Denn in dem Moment, in dem er sie berührte, war Lachen das Letzte, woran sie dachte. Zu sehr musste sie sich bemühen, Empörung oder Genervtheit oder irgendetwas in sich hervorzurufen, um sich davon abzuhalten, das zu tun, wonach ihr in diesem Moment war: den Finger zu küssen.

Sie schlug seine Hand zur Seite, und er fuhr fort. „Alle Frauen, die ich kenne, sind unpassend. Sie wollten eine feste Beziehung oder einen Ehering. Deshalb wären Sie perfekt.“

Als Lucy ihren Mund öffnete, um ihm zu widersprechen, fuhr er fort: „Sie mögen mich nicht.“

„Das ist der erste vernünftige Satz, den Sie heute sagen.“

Er kniff die Augen ein wenig zusammen. „Glauben Sie mir, wenn ich eine andere Wahl hätte, würde ich die nehmen, aber meine Firma ist mein Ein und Alles, und ich kann es mir nicht leisten, sie zu verlieren.“

„Mit einem Anwesen wie diesem haben Sie doch sicher ein paar Millionen für schlechte Zeiten zurückgelegt?“ Sie zeigte auf die zweigeschossige Villa, die sich über zwei Straßenzüge am Küstenvorland von Williamstown erstreckte – einem der teuersten Pflaster für Immobilien in der Gegend. „Hilft das nichts?“

Seine Lippen pressten sich zu Seiner dünnen, wütenden Linie zusammen. „Ich brauche positive PR mehr als das Geld.“

Wenn es nicht darum ging, dass seine Firma Klienten und damit Geld verlor, musste es einen höllisch guten Grund geben, warum er sich ausgerechnet an sie, eine Frau, die er kaum kannte, wandte, um sie zu bitten, für eine Woche seine Freundin zu spielen.

„Warum?“ Sie nagelte ihn mit dem eisigen Blick fest, den sie sich normalerweise für ihre kurzen Begegnungen aufsparte. „Was verschweigen Sie mir?“

Sein Blick glitt über ihre Schulter und fokussierte das intensive Blau der Port Phillip Bay an diesem perfekten Sommertag. „Ich arbeite mit Berühmtheiten, deren Egos genauso groß sind wie die Honorare, die ich für sie investieren soll. Mein Ruf ist alles. Und wenn der in irgendeiner Weise beschädigt wird …“

Sie hob eine Augenbraue und ermutigte ihn, weiterzusprechen. Er schüttelte den Kopf. Sein schmerzhafter Gesichtsausdruck weckte beinahe Mitleid in ihr. Aber nur beinahe. „Eine von Melbournes heißesten Nachwuchsschauspielerinnen hat es nicht allzu gut angenommen, dass ich ihr Angebot abgelehnt habe, unsere geschäftliche Zusammenarbeit … äh … auszuweiten.“

Der unerwartete eifersüchtige Stich überraschte sie. Genau wie der widerstrebende Respekt, den sie für ihn empfand. Nicht viele Männer würden ein solches Angebot von so einer Frau ablehnen.

„Wie auch immer. Sie hat Gerüchte in die Welt gesetzt. Schlimme Gerüchte. Und ich kann mich nicht an die Presse wenden, ohne noch mehr Öl ins Feuer zu gießen und wie ein herzloser Bastard zu wirken. Also muss ich das Problem auf andere Weise angehen.“

„Und Sie glauben, sich für eine Woche eine falsche Freundin zuzulegen ist das Richtige?“ Sie unterdrückte ein Kichern, als er sie anfunkelte. „Ehrlich, ich muss mich jetzt wieder an die Arbeit machen …“

„Es würde Ihr finanzieller Schaden nicht sein.“

Und einfach so löste sich Lucys Respekt für den verrückten, aber umwerfenden Cash in nichts auf. „Sie wollen mich dafür bezahlen, dass ich Ihre Freundin spiele?“

Er plusterte sich auf, als hätte sie ihn beleidigt. „Nun ja, für Sie muss doch wohl auch irgendetwas dabei herausspringen, oder?“ Sein abschätzender Blick glitt über ihren Körper und ließ ihre Haut kribbeln. „Sie würden es ja wohl kaum aus reiner Herzensgüte tun.“

Sie schnippte mit den Fingern. „Stimmt. Vor allem wenn man bedenkt, dass ich Sie nicht einmal leiden kann.“

Genervt von der Ablenkung und davon, dass ihr Zeitplan für den Tag ganz durcheinandergebracht wurde, hob sie die Heckenschere wieder auf. „Machen Sie sich keine Sorgen. Ich bin mir sicher, Sie finden irgendeine andere arme Seele – äh, verzeihen Sie, ich meine eine andere unendlich dankbare, freundlich lächelnde Frau, die Ihnen eine Woche lang jeden Wunsch von den Augen abliest.“

Unbeeindruckt von ihrer schnippischen Art verschränkte er die Arme vor der Brust. „Also machen Sie es nicht?“

Ihre Antwort bestand darin, die Heckenschere zwei Mal zuschnappen zu lassen.

„Und es gibt nichts, womit ich Ihnen mein Angebot versüßen könnte?“

Es gefiel ihr gar nicht, wie aufgeregt ihr Herz mit einem Mal zu schlagen begann. „Nein. Gar nichts. Nicht einmal, wenn Sie mir versprechen würden, in einer meiner Shorts durch Melbourne zu laufen oder mir freie Hand zu lassen, diesen Garten von vorne bis hinten umzugestalten.“

Ehrlich gesagt, von Letzterem ließe sie sich durchaus verführen. Nicht die Shorts. Die Umgestaltung des Gartens. Das war etwas, worüber sie oft nachdachte, während sie ihren anderen Jobs nachging.

Ein Garten wie dieser verdiente es, geliebt zu werden und zu glänzen. Den Rasen zu mähen und die Hecken zu schneiden war angesichts der versteckten Schönheit ein Witz.

Wie oft hatte sie ihn in Gedanken schon komplett umgestaltet? Sehr oft, denn sie gab sich während ihrer Arbeit gerne Tagträumen hin. Sie stellte sich dann vor, wie ihre Gartenbaufirma immer bekannter wurde und sie dadurch in den schönsten Gärten der Stadt arbeiten konnte.

Welche Ironie, dass eines der Dinge, die ihr heute am meisten bedeuteten – ihre Arbeit – ihrer katastrophalen Ehe entsprungen war.

Die Villa ihres Exmannes Adrian Toorak war von einem unglaublichen Garten umgeben gewesen. Hier hatte sie viele Stunden verbracht. Erst nur zum reinen Vergnügen, später dann hatte sie sich in der Gartenarbeit verloren, um die ständig wachsenden Beweise dafür auszublenden, dass ihr Mann ein lügender, sie betrügender Mistkerl war.

Sie hatte sich auch in Büchern vergraben und einen Kurs in Gartenbauwissenschaften belegt, um ihre Liebe zu allem, was wächst, zu fördern. Zu dem Zeitpunkt, als ihre Scheidung durch war, lief ihre Firma Lucy’s Landscaping schon seit über einem Jahr sehr erfolgreich.

Sie mochte es, sich um die makellosen Gärten der reichen Kunden zu kümmern, die sie einst ihre Freunde genannt hatte. Sie vertrauten ihr, während Lucy geflissentlich ihre mitleidigen Blicke ignorierte. Durch das Gärtnern konnte sie nicht nur ihre Rechnungen bezahlen, es machte sie auch glücklich. Alles andere zählte nicht. Abgesehen von Gram, der Frau, die ihr überhaupt erst den Mut gegeben hatte, Adrian zu verlassen.

In Cashs Augen blitzte Interesse auf. „Was wäre, wenn ich verspreche, dass Sie den gesamten Garten umgestalten dürfen?“

Verdammt sei ihr verräterisches Herz dafür, bei dieser Aussicht einen Satz zu machen. „Wissen Sie, wie viel Sie das kosten würde?“

Er lächelte. „Ich bin sicher, Sie werden es mir gleich sagen.“

„Dreißigtausend.“

Sie musste ihm zugutehalten, dass er nicht einmal mit der Wimper zuckte. Typisch Millionär.

„Ich brauche Sie als meine Freundin, Lucy.“ Er kam einen Schritt näher. Zu nah. Der Geruch seines würzigen Duschgels vermischte sich mit dem Duft des in der Nähe wachsenden Seidelbasts und ließ sie ein wenig schwindelig werden. „Wie bitte?“

Er fixierte sie mit seinen blauen Augen und diesem verstörenden Lächeln. Lucy fragte sich, wie vielen Frauen es wohl gelungen war, Cash Burgess etwas abzuschlagen.

Sie war bestimmt die erste.

„Sorry, ich kann das nicht.“ Sie schaute mit übertriebener Geste auf ihre Uhr. „Und wenn Sie mich jetzt entschuldigen wollen, ich komme zu spät zu einem Termin.“

Bevor er etwas erwidern konnte, hatte sie die Heckenschere in ihren Werkzeuggürtel gesteckt, den sie um die Hüften trug, und machte sich daran, den Rasenmäher, so schnell ihre Beine sie trugen, zu ihrem Geländewagen zu schieben.

Denn für eine spannungsgeladene Sekunde wäre sie unter dem stummen Flehen in seinem Blick beinahe weich geworden und hätte Ja gesagt.

Lucy hatte kaum ihre Stiefel vor der Hintertür des Hauses ihrer Großmutter ausgezogen und die Küche betreten, da wusste sie schon, dass irgendetwas gar nicht stimmte.

Gram backte jeden Morgen. So wie Lucy gärtnerte, um ihren Ehemann zu vergessen, backte Gram, um sich an ihren zu erinnern.

Sie belieferte ortsansässige Cafés und Schulen und das örtliche Obdachlosenheim. Sie war mit Leib und Seele Bäckerin. Deshalb war es nicht normal, dass Lucy die Küche betrat und ihre Gram regungslos am Küchentisch sitzen sah, vor sich einen Stapel Dokumente. Das war genauso unvorhersehbar wie Cashs Vorschlag, eine Woche lang seine Freundin zu spielen.

„Gram, was ist los?“ Lucy zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben ihre Großmutter. Sie griff nach ihrer Hand, deren klamme Kälte ihr einen Schauer der Vorahnung über den Rücken jagte.

Gram schüttelte den Kopf. Tränen rannen über ihre Wangen, während sie ihren verängstigten Blick auf die Dokumente geheftet hielt.

Lucy nahm sich den obersten Zettel und hielt verblüfft inne, als Grams Finger sich mit überraschender Stärke um ihr Handgelenk krallten.

„Nicht.“

In dem einen Wort lagen so viel Trauer und Schmerz und Verzweiflung, dass Lucy ebenfalls die Tränen in die Augen stiegen.

„Gram, bitte, du machst mir Angst …“

„Ich könnte alles verlieren“, murmelte Gram und schob die Papiere so heftig von sich, dass sie vom Tisch rutschten und sich auf dem Fußboden verteilten. „Ich habe deinen Großvater wirklich geliebt, aber bei Gott, er war ein egoistischer Mistkerl.“

Lucy starrte sie schockiert an. Gram hatte Pops bis zu seinem Tod vor zwölf Monaten angebetet. In all den Jahren, die sie ihre Enkeltochter aufgezogen hatten, hatte sie Gram nie ein schlechtes Wort über ihn verlauten hören.

Lucy war überrascht gewesen, wie gut ihre Großmutter mit seinem Tod zurechtgekommen, wie pragmatisch sie mit dem Verlust umgegangen war. Und obwohl sie Gram auf der Beerdigung und später hatte weinen sehen, hatte sie sie doch nie so wütend oder offensichtlich verärgert erlebt wie jetzt.

Sie legte ihrer Gram tröstend eine Hand auf die Schulter. „Erzähl mir, was passiert ist.“

Endlich hob Gram den Kopf und sah sie aus tieftraurigen Augen an. „Ich könnte das Haus verlieren.“

Lucy hörte die fünf Wörter wohl, doch sie verstand sie nicht. Sie hatte den Großteil ihres Lebens in diesem Haus verbracht – seit dem Tag, an dem ihre Eltern damals, als sie noch ein Kleinkind gewesen war, bei einem Autounfall ums Leben gekommen waren.

Dieses gemütliche Häuschen in Footscray, einem von Melbournes Arbeitervierteln, war mit Liebe und Lachen und Essen erfüllt gewesen. Sobald die Neuigkeiten von Grams Marmeladenplätzchen und Zitronenkuchen die Runde gemacht hatte, waren Lucys Freunde immer zu gerne zu ihr gekommen, und ihre Großeltern hatten es genossen, von jungen Leuten umgeben zu sein. Genauso wie Lucy es genossen hatte, von ihrer Aufmerksamkeit und Liebe umgeben zu sein.

Autor

Nicola Marsh
Als Mädchen hat Nicola Marsh davon geträumt Journalistin zu werden und um die Welt zu reisen, immer auf der Suche nach der nächsten großen Story. Stattdessen hat sie sich für eine Karriere in der Gesundheitsindustrie entschieden und arbeitete dreizehn Jahre als Physiotherapeutin

Doch der Wunsch zu schreiben ließ sie nicht los...
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