Vater gesucht - es ist nie zu spät für das Glück 3

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VOM GLÜCK BESTIMMT

Lisa wünscht sich ein Kind - aber keinen Mann. Jared träumt von einem Sohn - aber nicht von einer Frau. Zufällig treffen sie sich in einer Klinik für künstliche Befruchtung. Durch einen "Unfall" wird nicht die von Jared ausgewählte Leihmutter, sondern Lisa von ihm schwanger. Kann das Baby die beiden zu einem Paar machen?

EIN KIND DER LEIDENSCHAFT

Ist eine künstliche Befruchtung wirklich für sie das Richtige? Caitlin, die sich sehnlichst ein Baby wünscht, fragt Jake, ihren Freund aus Kindertagen, um Rat. Er hält sich bedeckt, aber sein heißer Blick spricht Bände - kann es sein, dass sich Jake in sie verliebt hat und sich ihre geheimsten Träume doch noch erfüllen?

UM DIE HALBE WELT ZU DIR

Was bringt ein Citygirl aus London ins ferne Australien? In Clares Fall ist es ein Versprechen, das sie ihrer schwerkranken Schwester gegeben hat: Clare soll ihre Nichte Alice zu deren Vater bringen. Kaum in Mathison angekommen, fragt Clare sich entsetzt, wie man in dieser flirrenden Hitze und unendlichen Weite überhaupt leben kann! Bis sie von dem großen breitschultrigen Gray Henderson abgeholt wird. Zwar glaubt er nur zögernd, dass Alice die Tochter seines Bruders Greg ist. Doch auf seiner Ranch Bushman‘s Creek erkennt Clare, dass auch sie hier leben könnte - zusammen mit Gray, der ihr die Zärtlichkeit schenkt, die sie in ganz London vergeblich gesucht hat …

LIEBESREISE NACH ITALIEN

Traumhafte Tage der Liebe haben Claire und ihr Mann auf der Reise durch Italien erlebt. Trotzdem ist ihr größter Wunsch unerfüllt geblieben: ein Baby! Als Claire - wieder daheim in Australien - sieht, wie ihre Schwester heiß mit Adam flirtet, beginnt sie an seiner Liebe zu zweifeln. Verliert sie Adam, weil sie kein Kind bekommt?

ES IST NOCH NICHT ZU SPÄT

Als Laurel nach fünf Jahren ihre erste große Liebe wiedersieht, möchte sie nur eins: in Beaus Armen endlich glücklich werden. Wird es ihr gelingen, sein Vertrauen, das sie damals so schändlich missbrauchte, zurückzugewinnen? Kann Beau ihr verzeihen, dass sie ausgerechnet mit seinem Rivalen Buddy durchbrannte?

ZART ERBLÜHT DIE LIEBE

Die Chicagoer Anwältin Laura traut ihren Augen nicht: Wo kommt das süße Baby auf ihrem Bett plötzlich her? Zum Glück ist ihr Nachbar Justin sofort bereit, bei der Pflege der Kleinen zu helfen. Während Laura den sonst so unnahbaren Mann von seiner sanften, liebevollen Seite kennenlernt, fühlt sie sich immer mehr zu ihm hingezogen und findet wider Erwarten sogar Gefallen an ihrer neuen Familie". Allerdings gibt es da noch ein Problem: Wieso sieht das Baby Justin so ähnlich? Verschweigt er ihr etwas? Sind seine romantischen Gefühle - seine Küsse beim Gartenfest - womöglich bloß gespielt, damit sein Kind eine Mutter hat? "


  • Erscheinungstag 28.03.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733739614
  • Seitenanzahl 780
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Cover

Teresa Carpenter, Linda Randall Wisdom, Jessica Hart, Barbara Hannay, Marilyn Pappano, Hannah Bernard

Vater gesucht - es ist nie zu spät für das Glück 3

IMPRESSUM

Vom Glück bestimmt erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Cora-Logo Redaktion und Verlag:
Postfach 301161, 20304 Hamburg
Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0
Fax: +49(0) 711/72 52-399
E-Mail: kundenservice@cora.de

© 1999 by Teresa Carpenter
Originaltitel: „The Baby Due Date“
erschienen bei: Silhouette Books, Toronto
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe COLLECTION BACCARA
Band 172 - 2001 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Ursula Drukarczyk

Umschlagsmotive: Getty Images_Sam Edwards

Veröffentlicht im ePub Format in 07/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733758042

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

 

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1. KAPITEL

Mit energischen Schritten ging Dr. Clarice Rubin auf den Empfangstresen der „San Diego Klinik für Künstliche Befruchtungen“ zu und hielt der Arzthelferin einen Zettel hin. „Hier, diese Notiz ist wohl versehentlich zwischen die anderen Unterlagen geraten, die Sie mir auf meinen Schreibtisch gelegt haben.“

„Vielen Dank.“ Die junge Frau nahm das Blatt Papier entgegen und warf einen flüchtigen Blick darauf.

Dr. Rubin wollte sich schon wieder abwenden, als sie bemerkte, dass die Arzthelferin mit einem Mal ganz blass geworden war.

„Ach du meine Güte!“

„Was ist denn?“, fragte Dr. Rubin.

„Das ist Sarahs Handschrift. Sie hat mich vertreten, während ich Pause hatte. Es geht um eine Terminänderung. Da Mrs. Wentworth abgesagt hatte, haben wir den Termin mit Miss Langdon vorgezogen. Offensichtlich hat Sarah die Änderung vorgenommen, ehe sie nach Hause ging. Sie fühlte sich nicht wohl und muss wohl vergessen haben, mich von der Terminänderung in Kenntnis zu setzen …“

„Wentworth? Ist das nicht die Frau, die für eine künstliche Befruchtung mit Jared Steeles Samen vorgesehen war?“

„Genau. Mr. Steele war heute Nachmittag hier.“ Die junge Arzthelferin schlug eine Aktenmappe auf, die mit „Wentworth“ beschriftet war. „Wie ich befürchtet hatte: Alle Formulare sind von Lisa Langdon unterschrieben. Sie und Mr. Steele haben sich vorhin unterhalten, und ich dachte, sie gehören zusammen.“ Ihre Stimme überschlug sich fast vor Aufregung.

„Wollen Sie damit sagen, dass die künstliche Befruchtung von Miss Langdon nicht von einem anonymen Spender, sondern mit Mr. Steeles Sperma erfolgt ist?“

Die Sprechstundenhilfe nickte stumm.

„Das darf doch nicht wahr sein!“ Die verschiedensten Gedanken wirbelten in Dr. Rubins Kopf herum. Nicht auszudenken, wie Jared Steele reagieren würde, wenn er von der Verwechslung erfuhr. „Wie konnte das nur geschehen?“ Die Ärztin war fassungslos. „Wann hat Miss Langdon ihre Nachuntersuchung?“

Die Arzthelferin blätterte hastig in ihrem Kalender. „In zwei Wochen, am 18. April.“

„Dann werden wir diese zwei Wochen abwarten müssen. Sollten wir dann einen positiven Schwangerschaftstest erhalten, wird mir nichts anderes übrig bleiben, als Jared Steele persönlich anzurufen und ihm die Situation zu schildern.“

„Und Miss Langdon?“

„Ihr müssen wir natürlich auch reinen Wein einschenken. Und den Anwälten, die beide sicher einschalten werden. Das ist eine Katastrophe für den Ruf unserer Klinik! Ich kann dieses eine Mal nur hoffen, dass die Natur ein Einsehen hat und es nicht zu einer Empfängnis gekommen ist. Ich will mir gar nicht näher vorstellen, was passieren wird, wenn zwei sich völlig fremde Menschen herausfinden, dass sie beide das gleiche Baby wollen!“

„Herzlichen Glückwunsch, Lisa, Sie sind schwanger.“ Die Worte von Dr. Rubin hallten in Lisa Langdons Kopf wider, als sie die „San Diego Klinik für Künstliche Befruchtung“ verließ und in den strahlenden Apriltag hinaustrat.

Sie bekam ein Kind!

Vor lauter Freude hätte sie am liebsten getanzt und laut gesungen. Leichtfüßig lief sie auf ihren Nissan zu, schloss die Fahrertür auf und setzte sich hinter das Lenkrad. Wann war sie zuletzt so außer sich vor Glück gewesen, in einer solch überwältigenden Hochstimmung?

Es war ein langer Weg gewesen, ehe sie sich mit ihrem Kinderwunsch an die Klinik gewandt hatte. Vorher hatte Lisa diese Entscheidung mit all ihren Konsequenzen lange und sorgfältig durchdacht. Natürlich waren da auch das unüberhörbare Ticken ihrer biologischen Uhr und der Wunsch, ihre Einsamkeit zu beenden, mit eingeflossen. Doch ausschlaggebend waren tiefere Bedürfnisse. Sie hatte einem Kind so viel mit auf den Weg zu geben: Intelligenz, Begabung und – Liebe.

Liebe im Übermaß.

Seit sie ihren Entschluss gefasst hatte, war ihr endlich der Sinn des Lebens mit aller Deutlichkeit klar geworden. Und sie wusste, sie würde ihrem Kind eine gute Mutter sein.

„Ich bin schwanger.“ Mit zitternder Stimme sprach Lisa die Worte zum ersten Mal laut aus. „Ich werde Mutter!“

Sie zwang sich, ganz langsam und tief ein- und auszuatmen, um sich wieder ein wenig zu fassen. Minuten vergingen, ehe sie sich in der Lage fühlte, ihr Auto zu starten. Beim Ausparken ging ihr ein oft gehörter Ausspruch ihrer verstorbenen Mutter durch den Kopf: „Jeder Tag ist ein neuer Beginn.“ Die Hoffnung und Zuversicht, die dieser Satz beinhaltete, durchströmte sekundenlang ihr ganzes Sein.

Plötzlich ließ ein Gefühl von Furcht Lisa kurz erschauern. Doch sie weigerte sich, diesen ganz besonderen Augenblick von den anderen – beunruhigenden – Neuigkeiten, die Dr. Rubin ihr eröffnet hatte, überschatten zu lassen …

Jared Steele legte den Telefonhörer auf und sank, von Gefühlen übermannt, zurück in seinen Schreibtischstuhl. Natürlich war er in gewisser Weise auf Dr. Rubins Nachricht vorbereitet gewesen. Dennoch hatte er in den letzten beiden Wochen immer ungeduldiger auf diesen positiven Bescheid gewartet.

Er würde Vater werden!

Jared fuhr sich mit der Hand durchs Haar, als ihm bewusst wurde, was das bedeutete. Zwiespältige Gefühle machten sich in ihm breit. Einerseits fühlte er sich unendlich erleichtert, andererseits jedoch sah er voller Unbehagen den unvermeidlichen Problemen entgegen, die auf ihn zukommen würden. Freudige Erregung machte Furcht, Wut und dem beängstigenden Gefühl Platz, die Dinge nicht kontrollieren zu können.

Er sprang aus seinem Sessel hoch, um den Aufruhr in seinem Innern durch aktives Handeln in den Griff zu bekommen.

„Ich möchte sofort mit Zack reden“, bat er seine Sekretärin.

Während er wartete, lief er ungeduldig zwischen Fenster und Schreibtisch auf und ab.

Wie hatte es nur zu dieser fatalen Verwechslung kommen können? Er hatte alles so sorgfältig bis ins kleinste Detail hinein geplant. Und doch war die Sache nun gründlich schief gelaufen.

„Du wolltest mich sprechen?“ Zack Farrell betrat das Büro.

„Wo hast du bloß so lange gesteckt?“, fuhr Jared ihn an.

„Unten in der Halle.“ Der Chef des Sicherheitsdienstes schloss die Tür hinter sich. „Wo brennt es denn?“

„Du kannst dir nicht vorstellen, was passiert ist.“

„Erzähle.“ Umständlich zog sich Zack einen Stuhl heran.

Jared blieb am Fenster stehen und wartete, bis sein alter Freund Platz genommen hatte. „Sitzt du auch bequem?“, fragte Jared bissig, wobei er es gleichzeitig selbst ziemlich ungerecht fand, seine schlechte Laune an anderen auszulassen.

Zack zuckte jedoch mit keiner Wimper. „Ich arbeite jetzt seit sieben Jahren für dich, und befreundet sind wir schon seit unserer Jugend“, meinte er gelassen. „Wenn ich deine miese Stimmung schon zu spüren bekommen muss, kann ich es mir doch vorher wenigstens etwas gemütlich machen.“

Jared runzelte die Stirn, ließ sich aber auf keine weitere Diskussion ein. Zack hat ja recht, dachte er. Und wenn er die große Neuigkeit erst erfahren hat, wird er auch meine Gereiztheit verstehen.

„Die Leihmutteragentur hat vorhin angerufen“, begann er. „Diese Wentworth hat gekniffen. Sie ist überhaupt nicht in der Klinik aufgetaucht, sondern hat sich mit dem Vorschuss aus dem Staub gemacht.“

„Pech. Willst du jetzt eine andere Frau anheuern?“

„So einfach ist es leider nicht. Die Oberärztin, Dr. Rubin, hat auch angerufen. Als die Wentworth der Klinik absagte, hat irgendeine Krankenschwester ihren Termin einer anderen Frau gegeben. Leider hat sie niemanden über die Änderung informiert, ehe sie nach Hause ging.“

„Soll das heißen, dass …?“

Jared nahm einen tiefen Atemzug, ehe er mit einem schiefen Grinsen antwortete: „Ich werde Vater.“

Zack stand auf, drückte seinem Freund fest die Hand und schlug ihm dann lächelnd auf den Rücken. „Glückwunsch, alter Kumpel!“

„Danke.“ Jared setzte sich auf die Schreibtischkante. „Aber da ist noch etwas.“

„Was denn? Werden es etwa Zwillinge?“

Angesichts dieser albernen Frage konnte Jared nur verständnislos den Kopf schütteln. „Quatsch! Aber irgendwo da draußen läuft jetzt eine fremde Frau mit meinem Kind unter dem Herzen herum!“ Genau diese Tatsache irritierte ihn. Nicht, dass seine Pläne durchkreuzt worden waren, und er die Situation nicht mehr unter Kontrolle hatte, sondern der Gedanke, dass ein von ihm gezeugtes Kind existierte – und ihm womöglich der Zugang zu diesem Kind verwehrt werden würde.

Das konnte er unter keinen Umständen hinnehmen, niemals wieder!

„Beruhige dich, Jared, die Chancen …“

„Verdammt noch mal, komm mir jetzt bloß nicht mit Statistiken. Ich will wissen, was ich tun soll.“

„Das fragst du mich?“

„Ich bin total verzweifelt.“ Tief seufzend fuhr sich Jared mit den Fingern durch das dichte dunkle Haar.

„Vergiss es einfach“, riet ihm Zack. „Mach einen Termin mit der Leihmutteragentur aus und fang noch einmal bei Null an.“

„Bist du verrückt?“, fuhr Jared seinen Freund an. „Ich kann doch nicht den Rest meines Lebens in dem Wissen verbringen, dass da irgendwo ein Kind von mir existiert. Würdest du das etwa fertig bringen?“

„Nein, aber hier geht es auch nicht um mich. Meiner Meinung nach wäre die einfachste Lösung, diese ganze Sache so schnell wie möglich zu vergessen.“

Ungeduldig stieß sich Jared von der Schreibtischkante ab und setzte sich in seinen Chefsessel. „Hast du mich je die einfachste Lösung wählen sehen?“

„Es gibt immer ein erstes Mal.“

„In diesem Fall aber nicht. Mir ist völlig schleierhaft, wie du mir ernsthaft raten kannst, die Existenz meines eigenen Kindes zu ignorieren. Damit würde ich ja selbst die Motivation für meinen Kinderwunsch infrage stellen.“

„Ehrlich gesagt habe ich deine Gründe dafür ohnehin nie recht verstanden. Glaubst du nicht, du hättest den ewigen Verkuppelungsversuchen deiner Mutter ein Ende bereiten können, auch ohne ihr gleich einen Enkel zu präsentieren, der durch künstliche Befruchtung entstanden ist?“

Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte Jared seinen Freund. „Hast du etwa vergessen, was sich am letzten Samstag abgespielt hat?“

Ein flüchtiges Grinsen erhellte Zacks Gesicht. „Du kannst den beiden jungen Damen wirklich keinen Vorwurf machen. Sie waren überzeugt, die Einladung käme von dir. Um künftige Verwicklungen zu vermeiden, solltest du deiner Mutter klarmachen, dass es ziemlich ungünstig ist, zwei Frauen für dieselbe Nacht zu buchen.“ Er konnte sich ein Kichern nicht verkneifen.

„Sehr witzig! Ich kann mich aber nicht erinnern, dass du auch nur halb so laut gelacht hast, als Mutter dir am Samstag die Aufgabe übertrug, dich um die zweite Lady zu kümmern.“

„Weil mir der Ausdruck in ihren Augen nicht gefiel. Was ist eigentlich in letzter Zeit mit deiner Mutter los, Jared? Vor einem Jahr noch wäre ihr ein solcher Fehler nicht unterlaufen.“

„Ach Zack …“ Jared seufzte und schüttelte ratlos den Kopf. Er war immer so stolz gewesen auf seine schöne, lebenslustige Mutter. Umso mehr betrübte ihn, dass ihre Energie seit Kurzem rapide nachzulassen schien. Nachdem seine Schwester von zu Hause ausgezogen war, wurde dies von Woche zu Woche offensichtlicher. „Dr. Rubin nannte es ein ‚Leeres-Nest-Syndrom‘.“

„War das vor oder nach eurer Diskussion über moderne Methoden der Fortpflanzung?“

Zacks Frage brachte Jared wieder auf sein gegenwärtiges Problem zurück. Er runzelte die Stirn. „Mein Entschluss, auf diesem Weg Nachwuchs zu bekommen, hat nichts mit meiner Mutter zu tun. Obwohl ich zugegebenermaßen hoffte, ein Enkelkind würde sich vorteilhaft auf ihre Psyche auswirken. Nein, der wahre Grund ist, dass ich niemals heiraten werde.“

Nicht nach dem entsetzlichen Fehlschlag seiner Verlobung, nachdem er betrogen und verlassen worden war. Jared hatte seine Lektion wahrlich gelernt. „Soll ich aber deshalb ganz ohne Familie leben müssen?“, fügte er hinzu. „Ich habe einem Kind viel zu geben, ganz abzusehen davon, dass diese Firma kein schlechtes Erbe sein wird.“

Und darüber hinaus hoffte er, damit endgültig das Gefühl der Leere und der Schuld zu besiegen, das ihn so lange schon quälte.

Jared sah seinem Freund offen in die Augen, wohl wissend, welchen Dienst er von ihm verlangte. „Ich möchte dich um einen Gefallen bitten. Finde heraus, wer diese Frau ist, die mit meinem Kind schwanger ist. Ich will alles über sie wissen, Zack: Name, Adresse, Beruf, Alter, welche Zahnpasta sie benutzt. Einfach alles.“

Zacks Miene war ausdruckslos.

Jared hielt seinem Blick stand. Ein Gesetzesbruch kümmerte ihn nicht, dazu lag ihm die Angelegenheit viel zu sehr am Herzen. Und als ehemaliger Agent der Regierung verfügte Zack über Mittel und Wege, alle möglichen Informationen über diese Frau einzuholen.

„So wichtig ist dir die Sache?“, fragte Zack.

„Ja.“ Jared hasste es, seinen Freund um diesen Gefallen zu bitten. Dass er es dennoch tat, zeugte vom hohen Grad seiner Verzweiflung.

„Ich werde sehen, was ich tun kann“, erwiderte der Sicherheitschef nach einem Moment des Zögerns. „Hast du irgendwelche Anhaltspunkte für mich?“

„Wenige. Ich bin der Frau in der Klinik begegnet. Sie ist mittelgroß und schlank, hat blondes, langes Haar. Hübsche Augen in einem ungewöhnlichen Bernsteinton. Außer ihr habe ich dort niemanden gesehen, also kann nur sie die betreffende Person sein.“

„Ziemlich genaue Beschreibung für eine Zufallsbegegnung. Wieso ist sie dir überhaupt aufgefallen? Scheint doch gar nicht dein Typ zu sein.“

Jared hob die Schultern. „Sie hat mich angesprochen. Als ich sie dabei ertappte, wie sie mich unverblümt anstarrte, entschuldigte sie sich und erklärte, sie wäre Künstlerin. Sie sagte, ihr gefiele meine Nase.“

„Deine Nase?“

Ein vernichtender Blick traf Zack. „Auf jeden Fall gehört sie zu der Sorte Menschen, die man nicht vergisst.“

„Warum das?“, fragt Zack interessiert.

„Weil sie einem direkt in die Augen sieht, und weil ihr Lächeln ehrlich ist und von Herzen kommt.“ Jared durchforschte jeden Winkel seines Gedächtnisses nach weiteren Einzelheiten. „Sie sagte übrigens, dass Dr. Rubin eines ihrer Bilder besitzt.“

Mit betont langsamen Bewegungen erhob sich Zack aus seinem Sessel. „Nicht schlecht für den Anfang. In einer Woche hörst du von mir.“ Er ging zur Tür.

„Zack?“ Jared wartete, bis sein Freund sich umgedreht hatte. „Danke.“

„Ashley, Ashley, stell dir nur vor, es hat geklappt!“ Während Lisa den Telefonhörer mit beiden Händen umklammerte, kuschelte sie sich tief in ihr Sofa. Sie wünschte nur, ihre beste Freundin und Agentin Ashley Todd möge hier bei ihr in San Diego und nicht gerade in New York sein, damit sie sich ihr in die Arme werfen könnte.

„Ich freue mich so für dich, kleine Mama. Sobald ich zurück bin, feiern wir, okay? Wissen es die Mitarbeiter in der Galerie schon?“

„Nein, ich will noch ein wenig warten, bis die Schwangerschaft weiter fortgeschritten ist.“ Lisa lachte. „Schließlich liegen noch achteinhalb Monate vor mir. Nur du als meine beste Freundin sollst vorläufig davon wissen.“ Sie schluckte und versuchte, die unheilvollen Gedanken daran beiseite zu schieben, dass es womöglich noch jemanden gab, der Anspruch auf ihr Baby erheben könnte. „Wahrscheinlich bin ich einfach nur abergläubisch und will nichts zerreden.“

„Stimmt etwas nicht, Lisa?“

„Doch, doch, alles ist bestens.“ Sie versuchte, ihre Stimme zuversichtlich klingen zu lassen, um sich selbst und auch ihre Freundin davon zu überzeugen. „Ich kann es kaum erwarten, dich zu sehen und mit dir zu feiern.“

„Mir geht es ganz genauso. In einer Woche bin ich spätestens zurück in San Diego. Pass inzwischen gut auf dich und das Kleine auf, hörst du?“

„Keine Sorge, das werde ich. Es gibt nichts Wichtigeres für mich auf dieser Welt als dieses Baby!“

Jared starrte auf die Ledermappe, die Zack ihm vor wenigen Minuten übergeben hatte. Endlich! Fast eine Woche hatte es gedauert – sechs Tage und Nächte, von denen ihm jede Sekunde wie eine Ewigkeit erschienen war.

Mit gemischten Gefühlen zog er den Schreibhefter hervor und schlug die erste Seite auf. Lisa Langdons Gesicht starrte ihm entgegen. Er nahm das Foto in die Hand, um es aus der Nähe zu betrachten. Der Fotograf hatte gute Arbeit geleistet; soweit Jared sich erinnern konnte, war die Frau lebensgetreu abgelichtet. Ihr blondes hüftlanges Haar war in einem Knoten zusammengefasst, einige kürzere lose Strähnen umrahmten ein Gesicht, das vor Gesundheit und Lebensfreude nur so strahlte.

Zack hatte recht gehabt, sie war tatsächlich nicht Jareds Typ. Er zog Frauen von kultivierter, eleganter Schönheit der unschuldigen Natürlichkeit einer Lisa Langdon vor.

Entspannt lehnte er sich zurück, blätterte weiter und begann schließlich zu lesen. Lisa Langdon war dreißig Jahre alt. Im Alter von zehn war sie durch einen tragischen Verkehrsunfall, bei dem ihre Eltern starben, zur Waise geworden. Von da an hatte sie in verschiedenen Kinderheimen gelebt. Zur Zeit arbeitete sie als Buchhalterin in einer renommierten Kunstgalerie in der City von San Diego, widmete sich jedoch in ihrer Freizeit ganz der Malerei.

Jared interessierte sich besonders dafür, welchen gesellschaftlichen Umgang sie pflegte. Zack hatte herausgefunden, dass Lisa ihre Gewohnheiten im vergangenen Jahr grundlegend geändert hatte. War sie vorher nur gelegentlich ausgegangen, so hatte sie sich plötzlich immer häufiger mit verschiedenen Männern getroffen. Dieses Muster änderte sich erst wieder im Januar. Nach ihrem ersten Besuch in der Klinik traf Lisa Langdon überhaupt keine Verabredungen mehr mit Männern.

„Fakten“, murmelte er enttäuscht vor sich hin. Wie war es nur möglich, so viele Informationen über eine Frau zu haben und dennoch nichts von ihr zu wissen?

Er nahm noch einmal das Foto zur Hand und ertappte sich plötzlich dabei, dass er schmunzelte. Ihr strahlendes Lächeln forderte den Betrachter geradezu auf, in ihre aufrichtige, überschäumende Lebensfreude mit einzustimmen. Der Ausdruck ihrer bernsteinfarbenen Augen schien eine Seele widerzuspiegeln, die ehrlich und rein war, ohne den Schatten eines Geheimnisses oder Zweifels.

Mit großen Schritten ging Jared in seinem Büro auf und ab und sah sich dabei immer wieder das Foto an. Natürlich interpretierst du viel zu viel in diese künstlerisch gelungene Aufnahme hinein, alter Junge, mahnte er sich selbst zu mehr Objektivität.

Vor einer Woche hatte er Dr. Rubin gebeten, Miss Langdon seinen Namen, seine Adresse und Telefonnummer zu geben. Seitdem wartete er auf Lisas Anruf.

Jared holte tief Luft und fuhr sich mit der Hand durch das dichte Haar. Ihm war klar, dass sie Zeit brauchte, um die Neuigkeiten zu verdauen.

Aber inzwischen war eine ganze Woche vergangen!

„So geht es auch wieder nicht“, brach es zehn Minuten später aus ihm heraus. Wer war er eigentlich, dass er hier wie ein geduldiges Lamm saß und darauf wartete, dass die Gnädigste über seine Zukunft und die seines Kindes entschied? Und wenn sich diese Möchtegernmalerin am Ende überhaupt nicht bei ihm meldete?

Unruhig lief Jared in seinem Büro auf und ab und starrte auf das schweigsame Telefon. Nein, er würde nicht mehr länger warten. Er war noch nie der Typ gewesen, der untätig zusehen konnte, wie wichtige Dinge über seinen Kopf hinweg entschieden wurden. Außerdem war da jener Vorfall in seiner Vergangenheit, den er einfach nicht vergessen konnte.

„Ich werde keinerlei Druck auf sie ausüben“, sagte er laut zu sich selbst. „Ich werde ihr nur dabei helfen, die Fakten richtig zu verstehen.“

Kaum hatte er konkrete Pläne gemacht, fühlte er sich schon erheblich besser. Er verließ sein Büro und bat beim Hinausgehen seine Sekretärin, alle Termine für den heutigen Tag abzusagen.

2. KAPITEL

Mit Schwung parkte Lisa ihren Wagen in der Auffahrt und stieg glücklich lächelnd aus. Sie kam gerade von einem Abendessen mit Ashley, die am frühen Nachmittag endlich aus New York zurückgekehrt war. Wie schön war es gewesen, sich endlich mit der Freundin persönlich unterhalten zu können! Ashley war nämlich fast so begeistert über die Schwangerschaft wie Lisa selbst.

Leise vor sich hin summend ging sie auf die Haustür zu und kramte dabei in ihrer Handtasche nach den Hausschlüsseln.

„Endlich!“

Abrupt hob Lisa den Kopf und blieb stehen.

Ein Mann versperrte ihr den Weg.

„Oh.“ Überrascht ließ sie die Schlüssel fallen. Als sich Lisa bückte, um sie aufzuheben, fiel ihr Blick auf ein Paar auf Hochglanz polierte Lederslipper und die Aufschläge einer Hose mit feinen Nadelstreifen. Langsam schaute Lisa an der Bügelfalte empor, während der Mann vor Ungeduld auf den Zehenspitzen wippte und die Hände in die Hosentaschen schob.

Rasch richtete sich Lisa auf. Wer mochte das sein? Neugierig musterte sie sein Gesicht, bemerkte kühn geschwungene Lippen und eine perfekt geformte Nase … Da machte es „Klick!“, und sie erinnerte sich. Der Mann aus der Klinik.

„Jared Steele“, entfuhr es ihr.

Erschrocken trat sie einen Schritt zurück und hielt instinktiv die Hände schützend über ihren Unterleib. Was wollte der Typ hier? Dumme Frage; im Grunde hätte sie längst mit seinem Auftauchen rechnen müssen. Natürlich war er wegen des Babys gekommen – ihres Babys …

„Genau“, erwiderte Jared. „Ich habe auf Ihren Anruf gewartet.“ Er rührte sich keinen Zentimeter von der Stelle.

Dennoch wich Lisa weiter vor ihm zurück. „Woher wissen Sie, wer ich bin und wo ich wohne? Dr. Rubin hat mir absolute Diskretion zugesichert.“

„Dr. Rubin hat mir Ihre Adresse auch nicht genannt.“ Er machte eine vage Handbewegung, worauf Lisa sofort zurückzuckte.

Er runzelte die Stirn. „Können wir nicht hineingehen? Wir müssen miteinander reden.“

Spontan schüttelte sie den Kopf, denn sie war nicht vorbereitet auf dieses Zusammentreffen. Warum nur hatte sie Dr. Rubin nicht besser zugehört oder sich wenigstens die Zeit genommen, die Unterlagen durchzulesen, die sie von ihr erhalten hatte?

Weil ich ein wenig Zeit haben wollte, um die freudige Nachricht meiner Schwangerschaft auszukosten, ehe ich mich der Wirklichkeit stellen und Jared Steele gegenübertreten muss, gab sie sich selbst die Antwort.

„Sie hätten nicht kommen dürfen.“

„Sie hätten mich anrufen sollen.“

„Ich hatte noch keine Zeit zum Überlegen. Gehen Sie bitte!“

„Nein.“

„Dann rufe ich die Polizei.“

„Und ich meinen Anwalt.“

Nein! Lisa stockte vor Angst der Atem. Nur das nicht! Sie wollte keine gerichtliche Auseinandersetzung. Ihr Herz hämmerte, und ihr langsam erwachender Mutterinstinkt riet ihr dringend, einfach davonzulaufen.

„Hören Sie, wenn Sie nicht mit mir allein sein wollen“, sagte Jared, „dann können wir uns auch in einem Restaurant unterhalten. Auf jeden Fall brauchen Sie wirklich keine Angst zu haben, ich werde Ihnen nichts tun.“ Er hatte Mühe, seine Ungeduld zu verbergen.

„Das will ich hoffen – schließlich bin ich mit Ihrem Kind schwanger.“

Lisa richtete sich kerzengerade auf. Wie seltsam, diese Worte an einen Fremden zu richten. Im Grunde blieb ihr nichts anderes übrig, als zuzugeben, dass er recht hatte. Sie mussten wirklich miteinander reden. Es war sinnlos, sich noch länger vor der Wahrheit zu verstecken.

„Wir bleiben lieber hier“, entschied sie. „Über solche persönlichen Dinge sollte man sich besser nicht in einem öffentlichen Lokal unterhalten.“

Sie schloss die Tür auf und ging ihm ins Haus voran.

„Machen Sie es sich bequem.“ Lisa wies auf ihr pfirsichfarbenes Sofa, wobei sie bemerkte, dass ihre Hand leicht zitterte. „Bitte entschuldigen Sie mich einen Moment. Ich möchte mich ein bisschen frisch machen“, sagte sie und verließ mit raschen Schritten das Zimmer.

Sie brauchte unbedingt ein paar Minuten für sich allein.

Aus der Frisierkommode im Schlafzimmer holte sie die Unterlagen, die Dr. Rubin ihr gegeben hatte, dann lief sie damit ins Bad und schloss sich ein. Nachdem sie Gesicht und Hände mit kaltem Wasser gekühlt hatte, setzte sie sich auf den Wannenrand und schlug die Mappe auf. Nach kurzer Zeit musste sie jedoch feststellen, dass sich kaum mehr darin befand als Jared Steeles Name und Anschrift samt Telefonnummer.

Mist! Sie hatte mehr erwartet. Angestrengt versuchte sich Lisa an das Gespräch mit Dr. Rubin zu erinnern, in dem sie über die unglückselige Verwechslung gesprochen hatten.

Die ganze Geschichte hatte nur passieren können, weil sie und Steele gleichzeitig in der Klinik gewesen waren. Die Frau, die für die künstliche Befruchtung mit Steeles Sperma vorgesehen war, hatte ihren Termin kurzfristig abgesagt.

Lisa war gern eingesprungen, da sie ihren ursprünglichen Klinikbesuch wegen einer unerwarteten Steuerprüfung in der Galerie hatte absagen müssen. Noch heute konnte sie sich gut an ihre Erleichterung erinnern, nicht weitere vier Wochen auf einen neuen Termin warten zu müssen.

Welch eine Ironie des Schicksals!

Denn Jared Steele hatte nicht als anonymer Samenspender fungieren wollen, wie Dr. Rubin erklärt hatte. Viel mehr war es so, dass jene andere Frau als Leihmutter sein Baby austragen sollte. Die Ärztin hatte sich bei Lisa entschuldigt und ihr absolute Diskretion zugesichert.

Das änderte allerdings nichts an der Tatsache, dass eben dieser Jared Steele nun in ihrem Wohnzimmer saß und Lisa befürchten musste, dass er gekommen war, um Ansprüche auf ihr Baby zu erheben.

Und sie konnte es ihm nicht einmal verdenken.

Noch immer verstand Lisa nicht, wie es ihm gelungen war, ihren Namen und ihre Adresse ausfindig zu machen. Es blieb ihr wohl nichts anderes übrig, als ihn danach zu fragen.

Sie holte tief Luft, nahm all ihren Mut zusammen und verließ das Badezimmer.

Während Jared auf Lisas Rückkehr wartete, betrachtete er die Bilder an den Wänden ihres Wohnzimmers. Sie waren alle von äußerst talentierter Hand gemalt, wie er mit Kennerblick feststellen konnte. Eines der Gemälde, das ein kleines Mädchen mit honigblondem Haar ganz allein auf einem Spielplatz darstellte, weckte sein besonderes Interesse.

Sollten seine Informationen über Lisa richtig sein, und davon ging er aufgrund von Zacks Zuverlässigkeit aus, dann stellte dieses Bild sie selbst dar. Es verkörperte auf äußerst eindrucksvolle Art die Erinnerung an ihre Kindheit, ihre Einsamkeit als Waise und den Wunsch, dass eines Tages ihre Träume Wirklichkeit werden würden.

Das Gemälde drückte unterschwellig so viel Unschuld und Sehnsucht aus, dass sich Jared beim Betrachten ganz schuldbewusst fühlte. Er wünschte, Lisa hätte nicht so zu Tode erschrocken ausgesehen, als sie ihn vorhin vor ihrer Tür entdeckt hatte. Ungeduldig runzelte er die Stirn und rief sich dann selbst zur Ordnung. Es fehlte gerade noch, dass er jetzt auch noch Mitleid mit ihr empfand!

Als Lisa um die Ecke zum Wohnzimmer bog und Jared vor ihrem Bild stehen sah, blieb sie wie angewurzelt stehen. Ihr gefiel die Art nicht, wie er es betrachtete – so, als könnte er hinter die Darstellung geradewegs ins Herz des Malers sehen. Sie fühlte sich ihm gegenüber ohnehin schon verletzlich genug.

Doch als er sich nun zu ihr umdrehte und seinen eindringlichen Blick auf sie richtete, änderte sie ihre Meinung. Sollte er doch lieber das Bild anschauen, statt sie mit dieser eigenartigen Intensität zu betrachten. Lisa reckte das Kinn ein wenig vor und trat näher.

„Woher wussten Sie meine Adresse?“, fragte sie trotzig.

Augenblicklich hatte sie seine ungeteilte Aufmerksamkeit.

Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter. Woher kam bloß diese eigenartige Wirkung, die dieser Mann auf sie ausübte? Empfand sie Angst vor ihm oder hatte sie am Ende Mitleid mit ihm? Dass sie sich körperlich zu ihm hingezogen fühlen könnte, wies sie sofort weit von sich.

„Ihre Kunst hat mir den Weg gewiesen“, erwiderte Jared ohne Umschweife. „Unsere Unterhaltung in der Klinik war zwar nur kurz, aber Sie erwähnten, dass Sie Malerin seien.“ Er lächelte etwas verlegen. „Es geschieht nicht jeden Tag, dass eine schöne Frau mein Riechorgan bewundert.“

„Sie haben zufälligerweise nun einmal eine klassisch schöne Nase – rein vom künstlerischen Standpunkt her betrachtet.“ Lisa verschränkte die Arme vor der Brust.

Über den blauen Augen, die sie unverwandt ansahen, wölbten sich fragend seine dunklen Augenbrauen. Obwohl dieser Blick Lisa verunsicherte, zwang sie sich, ihn zu erwidern. Keinesfalls durfte dieser Mann bemerken, wie bedrohlich sie seine Gegenwart empfand.

„Wie auch immer. Sie erwähnten damals, dass Dr. Rubin ein Gemälde von Ihnen besitzt. Ich habe es gesehen und war sehr beeindruckt davon. Das Bild ist signiert mit ‚L. Langdon‘. Der volle Name hätte mir meine Suche zwar erleichtert, aber auch mit dem Nachnamen allein war es nicht allzu schwer, Sie aufzuspüren.“

Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus, während Lisa über seine Erklärung nachdachte. Ihr Name war in Künstlerkreisen inzwischen zwar einigermaßen bekannt, aber sie hatte noch keine eigene Ausstellung gehabt. Jared Steele oder die Person, die in seinem Auftrag arbeitete, hatte also ganze Arbeit geleistet.

Wollte er ihr Kind?

„Sie hätten mir mehr Zeit geben sollen“, begann sie und spürte, dass sie ihre vorgetäuschte Gelassenheit nicht mehr lange aufrechterhalten konnte. Das Gefühl, in der Falle zu sitzen, verdrängte jede andere Empfindung.

„Das wollte ich ja. Ich …“

„Ich habe Ihren Namen, Ihre Adresse und Ihre Telefonnummer.“

„Ich weiß, aber …“

„Dr. Rubin hat mir diese Auskünfte über Sie gegeben. Die Entscheidung, ob ich Kontakt mit Ihnen aufnehme, sollte allein bei mir liegen.“

„Das ist nicht …“

„Ich hätte Sie schon angerufen.“

„Ich …“

„Sie hätten mir mehr Zeit geben müssen.“

„Genug jetzt!“

Lisa hielt inne. Er hatte recht. Sie wiederholte sich ohnehin nur. Und ihre Einwände schienen sowieso kaum Eindruck auf ihn zu machen. Außerdem war es ziemlich gleichgültig, wann sie dieses Gespräch führten. Sie würde nie wirklich bereit dafür sein.

„Können Sie sich vorstellen, wie ich mich gefühlt habe?“, fragte Jared mit belegter Stimme. „Ich konnte an nichts anderes mehr denken, nicht schlafen, nicht essen. Ich kann mich nicht einmal mehr auf meine Arbeit konzentrieren.“ Er schüttelte resigniert den Kopf.

Seine abgehackten Sätze spiegelten deutlich die Hilflosigkeit wider, die er in den letzten Tagen empfunden haben mochte, und weckten Mitleid in Lisa. Als er sich mit einer verzweifelten Geste durchs Haar fuhr, wandte sie sich ab. Zu gut verstand sie das Gefühlschaos, dem er ausgesetzt gewesen war – Ungewissheit, Erleichterung, Glück und Angst. Schließlich hatte sie das alles selbst durchlitten.

Lisa ging auf einen Sessel zu und setzte sich steif auf die vorderste Kante. Sie musste unbedingt ihre Gefühle unter Kontrolle halten, vor allem durfte sie ihm nicht ihre Furcht zeigen.

„Was machen wir nun?“, fragte sie betont ruhig und bat Jared Steele mit einer Handbewegung, ebenfalls Platz zu nehmen. Doch er blieb stehen und sah sie unverwandt an.

„Wenn ich das bloß wüsste, verdammt noch mal!“

„Wie bitte?“ Er hatte es so leise vor sich hin gemurmelt, dass Lisa sich fragte, ob sie recht gehört hatte.

„Nichts.“ Jared trat zu ihr. „Sie wissen, wie es geschehen ist?“ Er nahm ihr gegenüber auf dem Sofa Platz.

„Ja.“

Ein neuer Gedanke schoss ihr plötzlich durch den Kopf. „Ist diese andere Frau etwa auch schwanger von Ihnen?“

„Nein“, erwiderte er ernst. „Seit sie ihren Termin damals abgesagt hat, habe ich nichts mehr von ihr gehört.“ Und nach einer kleinen Pause machte er ihr unmissverständlich seinen Standpunkt klar: „Ich will dieses Kind.“

Lisa zuckte zusammen, als hätte er sie geschlagen. Allein schon der Gedanke daran, ihr Baby wegzugeben, schmerzte sie. Ihre größte Befürchtung war Wirklichkeit geworden. „Sie wollen das Kind?“

„Ja.“

„Nein. Kommt nicht infrage“, erwiderte sie fest. „Niemals!“

„Einfach so? Ohne Fragen, ohne Erklärungen, ohne Diskussion? Einfach nein?“

„Genau. Ich schulde Ihnen nämlich keinerlei Erklärung, aber eines will ich Ihnen trotzdem sagen.“ Um sicherzugehen, dass er ihre Position auch richtig verstand, beugte sie sich ein wenig vor und sah Jared eindringlich an. „Ich wünsche mir dieses Kind mehr als alles andere auf der Welt. Seit Monaten habe ich diese Schwangerschaft geplant und mich geistig und körperlich darauf vorbereitet. Dass diese Komplikation mit Ihnen eintreten würde, konnte ich natürlich nicht vorhersehen.“

Lisa senkte den Kopf. „Als die Ärztin mich über diese unselige Verwechslung aufklärte, wurde alles anders. Das Wissen ist wie ein zweischneidiges Schwert. Ich bin schwanger, in mir wächst ein neues Leben heran. Das ist … wie ein Wunder. Und auf der anderen Seite sind Sie da und stehen wie ein drohender Schatten über mir und meinem Baby. Es ist einfach nicht fair. Dieses Kind bedeutet mir alles. Ich kann es nicht hergeben. Ich würde damit ein Stück von mir selbst aufgeben.“

Nach ihren leidenschaftlichen Worten blieb es lange still zwischen ihnen. Eine spannungsgeladene Sekunde lang trafen sich ihre Blicke. Lisa wartete auf eine Reaktion von Jared, doch sein Gesichtsausdruck blieb unergründlich. Intelligent wie er war, hatte er ihren Standpunkt natürlich begriffen, aber Verstehen und Akzeptieren waren zwei verschiedene Dinge.

Jared stand auf und begann, ziellos im Zimmer herumzulaufen. Seine Ruhelosigkeit zerrte an Lisas ohnehin zum Zerreißen gespannten Nerven. Ganz offensichtlich war er ein Mann der Tat, der sich normalerweise voll unter Kontrolle hatte. Die augenblickliche Situation überforderte sie beide.

Den Blick fest auf ihr Bild an der Wand geheftet, brach Jared dann endlich das angespannte Schweigen. „Ich hatte mit der anderen Frau eine Zahlung von fünfzigtausend Dollar bei Empfängnis und weiteren fünfzigtausend nach der Geburt vereinbart. Ich bin bereit, Ihnen die gleiche Summe anzubieten.“

Angesichts dieser ungeheuren Überheblichkeit konnte Lisa nur den Kopf schütteln. Anscheinend hatte er ihr überhaupt nicht zugehört. Wut stieg in ihr auf, die sie nur mühsam zügeln konnte. Abrupt erhob sie sich, ging zur Tür und hielt sie für ihn auf. „Sie sollten jetzt besser gehen.“

In Jareds blauen Augen blitzte unverhüllter Ärger auf, bevor er sich abwandte, um seinen Unmut vor ihr zu verbergen. „Wir müssen aber darüber reden …“

„Ich habe Ihnen nichts mehr zu sagen. Mein Kind ist nicht käuflich!“

Mit geöffneten Fenstern raste Lisa in ihrem Nissan über den Highway 8 und dann nach Norden auf den Highway 5. Sie atmete die salzige Meeresluft in tiefen Zügen ein, hielt ihr Gesicht dem Wind entgegen und hieß seine kühlende Wirkung willkommen.

Sie war auf der Flucht. Sie hatte Angst.

Jared Steele wollte ihr Baby.

Er würde es nicht bekommen, jetzt nicht und auch zu keinem anderen Zeitpunkt. Ein heftiges Schluchzen schüttelte ihren Körper. Nur zehn Minuten, nachdem Jared ihr Haus verlassen hatte, war sie in ihren Wagen gestiegen. Sie hatte nur den einzigen Wunsch verspürt – so schnell und so weit wie möglich vor ihm zu fliehen.

Dieses Kind bedeutete Lisa alles, Familie und Zukunft. Schon jetzt liebte sie es abgöttisch und machte Pläne …

Pläne, die Jared Steele nicht einschlossen.

Wie konnte er sich nur einbilden, er könnte ihr das Kostbarste, was es auf der Welt gab, abkaufen – abkaufen wie ein Ding, eine Sache! Dass er es überhaupt gewagt hatte, ihr diesen Vorschlag zu unterbreiten! Für wen hielt er sich eigentlich?

Für den Vater.

Am Ende all ihrer quälenden Fragen stand immer dieselbe vernichtende Antwort. Es führte kein Weg daran vorbei: Er war der Vater ihres Babys.

Lisa überlegte, welche Umstände einen Mann wohl dazu treiben konnten, sich eine Leihmutter zu suchen. Doch dann sagte sie sich, dass sie es im Grunde gar nicht wissen wollte.

Nachdem sie etliche Stunden ziellos durch die Gegend gefahren war, beruhigte sie sich allmählich so weit, dass sie wieder einigermaßen klar denken konnte. Sie hatte sich für die künstliche Befruchtung entschieden, weil sie ihr Baby ganz für sich allein haben wollte.

Und nun war trotz sorgfältiger Planung genau das Gegenteil eingetreten.

Lisa kämpfte hart mit sich um eine objektive Betrachtung der Situation und kam letztendlich zu dem Schluss, dass Jared Steele an dieser unglücklichen Verkettung von Zufällen ebenso wenig Schuld hatte wie sie selbst.

Als die Sonne einem Feuerball gleich über Santa Barbara unterging, gab Lisa einer plötzlichen Eingebung nach und steuerte den Parkplatz eines kleinen Hotels an der Küstenstraße an. Sie stieg aus und ging eine Weile nachdenklich am Strand spazieren.

Dieser Abend am Meer erinnerte sie an die glücklichsten Momente ihrer frühen Kindheit, als sie mit ihren Eltern oft im immer noch warmen Sand gesessen und Würstchen und Marshmallows über einem Lagerfeuer gegrillt hatte. Die Erinnerung an diese schönen Stunden würde sie für alle Zeit in ihrem Herzen bewahren.

Ihr Entschluss stand bald fest. Gleich morgen früh würde sie wieder nach Hause zurückkehren. Nicht etwa, weil es fair war oder richtig, oder weil sie Rücksicht auf Jareds Gefühle nahm. Nein. Lisa war einfach klar geworden, dass ein Kind beide Elternteile brauchte. Und sie würde ihrem Baby den Vater nicht vorenthalten …

Zwei Tage nach ihrer impulsiven Fahrt ans Meer traf sich Lisa mit Ashley zum Mittagessen, um ihr von den Geschehnissen der letzten Zeit zu berichten.

„Einhunderttausend Dollar?“, rief Ashley fassungslos aus und zog damit die Blicke der Gäste an den Nebentischen auf sich. „Dieser Mistkerl! Versucht, einer Frau ihr Baby abzukaufen! So etwas sollte gesetzlich verboten werden!“

Lisa sah sich verstohlen um, doch die Leute um sie herum hatten sich bereits wieder diskret abgewandt.

„Das war auch meine erste Reaktion. Aber dann habe ich mich gefragt, was einen Mann überhaupt auf die Idee bringt, sein Kind von einer Leihmutter austragen zu lassen.“

„Ist er vielleicht so abgrundtief hässlich, dass er auf normalem Wege nichts zustande bringen kann?“, vermutete Ashley.

Das Blut schoss Lisa in die Wangen, und Ashley verstand augenblicklich. Mit fragend hochgezogenen Augenbrauen musterte sie ihre Freundin. „Verstehe! Er ist also eine Zierde seines Geschlechts.“

Lisa nickte. „Er sieht umwerfend gut aus.“

„Hm, dann muss er irgendeine Macke haben.“

„Du bist wirklich unbezahlbar. Ich danke dir für deine humorvolle Unterstützung.“ Liebevoll drückte Lisa Ashleys Hand. „Weißt du, ich denke, ihm fehlt etwas in seinem Leben. Er wirkt ziemlich unglücklich.“

Ihre Freundin warf ihr einen scharfen Blick zu. „Hör sofort auf damit, Lisa Langdon! Du bist ganz zweifellos die warmherzigste, liebevollste Person, die ich kenne, aber noch nicht einmal du kannst den abscheulichen Vorschlag dieses Typen gutheißen.“

„Natürlich nicht. Nicht im Traum denke ich daran, sein Angebot anzunehmen. Und ich will ihn auch gar nicht verteidigen, aber …“

„Kein Aber. Du solltest dich mal reden hören, Lisa. Hast du denn überhaupt keinen Selbsterhaltungstrieb?“

„Doch, habe ich.“

Lisa sah die Besorgnis in ihren Augen. Ashley würde sie nie verstehen können. In mancher Hinsicht waren sie sich sehr ähnlich, in anderen Dingen aber hatten sie vollkommen unterschiedliche Ansichten.

Ihre Freundin mit dem flammend roten Haar und der wohlproportionierten weiblichen Figur führte ein ziemlich turbulentes Leben. Ihre Gefühle brodelten meist dicht unter der Oberfläche – Wut, Freude, Kummer oder Leidenschaft. Doch genau wie bei Lisa, gab es auch bei Ashley tiefere Empfindungen, die sie wohl verborgen hielt. Die im Waisenhaus verbrachten Jahre hatten beide gelehrt, nicht zu viel von sich preiszugeben.

„Weiß ich ja.“ Ashley langte über den Tisch und tätschelte Lisas Hand. „Aber ich finde, du solltest trotzdem einen Anwalt einschalten.“

Lisa zuckte zusammen, dann schüttelte sie den Kopf. Allein der Gedanke daran versetzte sie in Panik. Seit dem tödlichen Unfall ihrer Eltern, den sie im Alter von zehn Jahren miterleben musste, hatte sie einen Horror vor Anwälten und Richtern – und auch vor den Vertretern der Medien, die damals ihr ganzes Leid an die Augen der Öffentlichkeit gezerrt hatten.

Ungeachtet ihrer Ablehnung fuhr Ashley fort: „Lass mich meinen Anwalt anrufen. Ich kann dir sicher einen Termin für morgen …“

„Nein.“ Lisa mochte diesen Weg noch nicht ins Auge fassen. Sie hatte insgeheim beschlossen, Jared um ihres Kindes willen anzuerkennen, in der Hoffnung, dass sie sich irgendwie außergerichtlich einigen würden.

„Denk wenigstens darüber nach. Was ist, wenn er zum Beispiel das Sorgerecht beantragt?“

Bei dieser Bemerkung wurde Lisa ganz übel. Im Stillen verglich sie Jareds Besuch in der Klinik letzten Monat mit dem in ihrer Wohnung. Damals war er sehr charmant gewesen und überhaupt nicht aggressiv. Vor zwei Tagen hatte sie jedoch eine ganz andere Seite an ihm kennengelernt. Doch konnte sie ihm sein Selbstbewusstsein und seine Sorge um das Baby denn übel nehmen?

Oder durfte sie ihn dafür verdammen, dass er alles getan hatte, seinen Wunsch nach einem Kind in die Realität umzusetzen? Hatte Lisa selbst nicht genauso gehandelt?

„Bisher hat er mir nicht damit gedroht“, antwortete sie schließlich. „Und ich glaube auch nicht, dass er es tun wird. Mir wäre es auf jeden Fall viel lieber, wenn wir uns gütlich einigen könnten, ohne Anwälte und Gerichte einzuschalten.“

„Aber warum willst du dich nicht schützen?“, beharrte Ashley.

„Wenn ich jetzt zum Anwalt laufe, dann komme ich mir vor, als suche ich Ärger. Du weißt genau, dass ich nie die Absicht hatte, mein Glück auf Kosten eines anderen Menschen durchzusetzen.“

Die Freundin seufzte und lehnte sich in ihrem Stuhl zurück. „Ich weiß. Wenn du auf mich gehört hättest, wäre dies alles nie passiert.“

„Möglich, aber dafür gäbe es jede Menge anderer Probleme. Gerade um ein solches Theater zu vermeiden, habe ich mich ja für künstliche Befruchtung entschieden.“

Ashley hob die Schultern, als bezweifelte sie genau dies. „Ich bin immer für dich da, wenn du mich brauchst“, antwortete sie dann aber besänftigend.

„Ich weiß.“ Lisa lächelte ihr dankbar zu. „Und ich verspreche dir, dass ich alles noch einmal überdenken werde.“ Sie erhob sich. „Was würde ich nur ohne dich tun?“

Ashley stand ebenfalls auf und legte ihr beim Hinausgehen kurz einen Arm um die Taille. „Schluss jetzt mit den Gefühlsduseleien! Ich muss mich beeilen, damit ich pünktlich zu meinem nächsten Termin komme. Am Donnerstag sehen wir uns wieder und suchen gemeinsam die Gemälde aus, die du Mrs. Dumond zeigen willst.“ Als sie auf der Straße angelangt waren, winkte Ashley Lisa zum Abschied zu und eilte dann zum Parkplatz.

Doch an ihrem Wagen blieb Ashley noch einmal stehen. „Vergiss diesen Jared Steele, er ist ein Idiot!“ Mit diesen Worten stieg sie in ihr Auto und fuhr mit quietschenden Reifen davon.

„Ja, ja“, murmelte Lisa leise vor sich hin, „du hast gut reden …“

3. KAPITEL

„Der Bote ist da, um die Dokumente abzuholen, Mr. Steele.“

„Danke, Martha. Schicken Sie ihn bitte herein.“

Er griff nach dem braunen DIN-A4-Umschlag, in dem neben einem Scheck auch ein ausgeklügelter Vertrag steckte, der Miss Langdon von allen Rechten und Pflichten seinem Kind gegenüber befreite. Jared hoffte, sie würde auf den Handel eingehen, wenn sie erst die Summe auf dem Scheck sah.

Besonders wohl fühlte er sich nicht, als er das Kuvert dem jungen Mann vom Kurierdienst aushändigte. Doch in Anbetracht seiner eigenen Vergangenheit konnte sich Jared kein falsches Mitleid leisten.

Damals, vor zwölf Jahren, hatte er eine Entscheidung mit fatalen Folgen getroffen, woraufhin eine junge Frau ihr gemeinsames Kind abtreiben ließ. Solch einen Fehler würde er nie wieder begehen. All seine Instinkte rieten ihm, die jetzige Situation so schnell wie möglich unter Kontrolle zu bekommen. Und wenn Geld dabei eine Rolle spielte, musste er es eben einsetzen. Dabei war er sich sehr wohl bewusst, dass es rein egoistische Motive waren, die ihn so handeln ließen.

Seit Jahren lebte er mit den Schuldgefühlen aus der Vergangenheit. Mit der Geburt dieses Babys, so hoffte Jared, würde er diese Schuld – und die Leere in seinem Innern – besiegen können.

Er wollte sein Leben in Frieden führen und ohne den Zwang, heiraten und eine Familie gründen zu müssen. Er wollte endlich wieder nach Hause fahren und seine Familie besuchen können, ohne Gefahr zu laufen, dort eine der heiratswütigen Damen vorzufinden, die seine Mutter in ihrem Feldzug, sein Singledasein zu beenden, tatkräftig unterstützten.

Der einfache Grund, warum Jared bis heute kein Kind hatte, war der, dass er nach jenem entsetzlichen Vorfall während seiner Collegezeit nie wieder eine Frau nah genug an sich herangelassen hatte. Das Risiko, ein Kind zu zeugen, war ihm stets zu groß erschienen.

Damit kam er wieder zurück zu Lisa Langdon. Angesichts ihrer Schönheit, Liebenswürdigkeit und Herzenswärme empfand er ihre Unabhängigkeit und innere Stärke als besonders frustrierend.

Wie offen sie damals in der Klinik gewesen war! Freimütig und ohne sich zu entschuldigen hatte sie ihm erklärt, warum sie ihn so neugierig anstarrte.

Bei diesem Gedanken stahl sich unversehens ein kleines Lächeln auf Jareds Gesicht. Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet seine Nase die Aufmerksamkeit einer Frau erregen würde? Den meisten fielen als Erstes seine stahlblauen Augen auf, sein dichtes dunkles Haar, oder auch sein durchtrainierter Körper.

Nicht jedoch Lisa Langdon. Ihr gefiel seine Nase. Nicht auszudenken, wohin ihre Unterhaltung geführt hätte, wenn die Krankenschwester sie damals nicht unterbrochen hätte.

Er nahm den Telefonhörer auf und wählte die Nummer seiner Sekretärin.

„Ja, Sir?“

„Ich erwarte einen Anruf von Lisa Langdon. Stellen Sie ihn bitte gleich durch.“

„Wie wäre es mit diesem Bild?“ Lisa nahm eine Leinwand, die umgedreht an einer Wand ihres Ateliers gestanden hatte, und hielt sie Ashley zur Begutachtung hin.

Die Szene „Sonnenuntergang am Meer“ war in kräftigen Farben gemalt. Im Vordergrund war eine Sandburg zu sehen, die ganz offensichtlich von Kinderhand gebaut worden war, wie ein vergessenes Spielzeug und eine liegen gelassene kleine Schaufel daneben bewiesen. In der Ferne wanderte eine dreiköpfige Familie den Strand entlang.

„Ja, das gefällt mir. Stell es zu den anderen.“

Lisa streckte sich. Seit einer Stunde schon sortierten sie Bilder aus, die sie Mrs. Dumond, der Besitzerin der Galerie, zeigen wollten. „Drei reichen doch, findest du nicht?“ Mit den Händen stützte sie ihren schmerzenden Rücken.

„Ja, ich denke schon. Ich will nur sehen, was du sonst noch hast.“ Geistesabwesend ging Ashley von einem Gemälde zum anderen.

Ein Klopfen an der Tür unterbrach sie. Lisa öffnete und nahm von einem Boten einen Umschlag entgegen. Dann wendete sie das Kuvert unschlüssig hin und her, weil kein Absender darauf vermerkt war. Schließlich riss sie es auf und besah sich den Inhalt: einen Vertrag und ein weiterer, kleinerer Umschlag mit ihrem Namen darauf.

„Was ist denn das?“

Nachdem sie die ersten Zeilen überflogen hatte, begann ihr Herz wild zu hämmern. Je weiter sie las, umso größer wurde ihre Wut über die grenzenlose Unverschämtheit dieses Jared Steele.

„Wie kann er es wagen …“

Auf drei Seiten legte das juristische Dokument in allen Einzelheiten fest, wie jegliche Beziehung zwischen Lisa und ihrem Kind in Zukunft vermieden werden sollte. Jared erwartete von ihr die Übergabe des Babys unmittelbar nach der Geburt und untersagte ihr anschließend für immer jeden Kontakt zu ihm und dem Kind.

„Woher nimmt er nur das Recht …“

Schon die Tatsache, dass er einen derart gemeinen Vertrag überhaupt aufsetzen konnte, ging über ihre Vorstellungskraft hinaus. Lisa vermochte es einfach nicht zu glauben, obwohl sie den schriftlichen Beweis mit eigenen Augen vor sich sehen konnte.

„Mit wem redest du eigentlich?“, fragte Ashley, die ihr in den Flur gefolgt war.

Lisa fuhr herum, als sie die Stimme ihrer Freundin hörte. Sie bemerkte erst jetzt, dass sie offensichtlich laut mit sich selbst geredet hatte. „Sieh dir das an.“ Noch immer fassungslos drückte sie Ashley die Papiere in die Hand.

„Was ist das?“

„Lies es selbst. Du kennst dich doch mit Verträgen aus, vielleicht kannst du mir erklären, was das soll.“ Aufgeregt lief Lisa auf und ab, während Ashley die Unterlagen rasch überflog.

„Du meine Güte!“ Ashley traute ihren Augen nicht. „Der Schuft meint es ernst.“

„Für wen hält er sich eigentlich?“

„Und was ist das?“ Ashley hielt den kleinen Umschlag mit Lisas Namen in die Höhe.

„Keine Ahnung“, erwiderte Lisa mit einem Stirnrunzeln. „Ich habe noch nicht nachgesehen.“ Widerwillig nahm sie das Kuvert aus Ashleys Hand. Was mochte Jared ihr noch geschickt haben? Sicherlich nichts Gutes, so viel war ihr klar.

Als sie den Scheck sah, riss sie ungläubig die Augen auf. Sie fühlte sich so hilflos wie noch nie zuvor, gleichzeitig aber wurde sie von ohnmächtiger Wut gepackt. Sprachlos hielt sie ihrer Freundin den Scheck hin.

„Dreihunderttausend Dollar“, flüsterte Ashley. „Ohne Unterschrift, natürlich. Dein Name unter dem Vertrag gegen seine auf dem Scheck. Der Kerl hat wirklich Nerven!“ Voller Besorgnis sah sie Lisa in die Augen. „Und Geld wie Heu. Traust du dir zu, dich mit ihm anzulegen?“

„Allerdings, und wenn ich alles verliere, was ich besitze“, antwortete Lisa im Brustton tiefster Überzeugung. Sie atmete langsam und bewusst, um sich wenigstens etwas zu beruhigen. Dann steckte sie Vertrag und Scheck sorgfältig zurück in den Umschlag. „Würdest du mich zu Jareds Büro in Mission Valley fahren? Ich bin im Moment viel zu aufgeregt, um mich selbst ans Steuer zu setzen.“

„Solltest du nicht lieber noch abwarten und in aller Ruhe nachdenken? Eine Nacht darüber schlafen, wie man so schön sagt?“

„Was gibt es da noch zu überlegen?“

„Okay, wie du meinst. Aber ich finde, du solltest jetzt doch einen juristischen Rat einholen.“

Lisa nickte. „Du hast recht. Aber erst will ich mit Jared Steele reden.“

„Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist.“

„Es muss sein. Ich kann nicht anders. Er soll sich bloß nicht einbilden, ich sei käuflich.“

„Also gut“, gab Ashley nach. „Ich hole nur noch meine Tasche aus dem Atelier.“

„Danke, Ashley“, sagte Lisa, als sie zwanzig Minuten später vor dem zwölfstöckigen Gebäude aus Glas und Stahl anhielten, das ein schlichtes Metallschild als Sitz der Firma „Steele Inc.“ auswies. „Mach dir keine Sorgen. Ich werde ihm einfach diese Unterlagen auf den Tisch knallen und ihm noch einmal klar und deutlich zu verstehen geben, dass ich mein Baby nicht verkaufe. Egal, womit er mich ködern will.“

„Willst du dir das wirklich antun? Ich fahre dich gern wieder nach Hause“, versuchte Ashley noch einmal mit ernster Miene, sie von ihrem Vorhaben abzubringen.

Lisa schüttelte nur den Kopf und öffnete die Beifahrertür. „Danke fürs Herbringen. Du brauchst nicht auf mich zu warten. Ich nehme mir nachher ein Taxi.“

Mit hoch erhobenem Kopf und energischen Schritten betrat sie das Gebäude. Obwohl sie normalerweise ihre Vorgehensweise immer sehr genau plante, war sie im Augenblick innerlich viel zu aufgewühlt, um sich eine Strategie zurechtzulegen. Wenn sie das Zusammentreffen mit Jared Steele einigermaßen meistern wollte, musste sich heute ganz auf ihren Instinkt verlassen.

Sie ging am Empfang vorbei direkt auf den Fahrstuhl zu und drückte dort den obersten Knopf. Aus irgendeinem Grund wusste sie, dass Jared sein Büro auf dem höchsten Punkt der Macht, also im zwölften Stockwerk haben musste.

Der Lift hielt unterwegs mehrere Male an. Leute stiegen ein und aus. Lisa blieb hinten mit dem Rücken an die Wand gelehnt und versuchte, ihr starkes Herzklopfen in den Griff zu bekommen.

In der obersten Etage öffnete sich die Tür des Aufzugs mit einem leisen „Ping“. Lisa betrat einen großen modernen, weiß möblierten Empfangsraum mit vielen tropischen Grünpflanzen und einer raumhohen Glasfront. Ein dicker dunkelblauer Teppichboden dämpfte ihre Schritte.

Eine blonde, äußerst attraktive und schick gekleidete Empfangsdame blickte ihr entgegen. Lisa trat auf den Tresen zu. „Ich möchte Jared Steele sprechen.“

„Haben Sie einen Termin?“, fragte die junge Frau mit einem etwas abschätzigen Blick auf Lisas sportliche Freizeitkleidung.

Lisa reckte hochmütig das Kinn. „Er wird mich empfangen.“

„Mr. Steele ist im Moment leider nicht erreichbar. Möchten Sie einen Termin für die nächste Woche vereinbaren? Oder kann Ihnen vielleicht einer unserer Angestellten weiterhelfen?“

Unter normalen Umständen hätte sich Lisa vom eisigen Ton und dem selbstbewussten Auftreten der jungen Dame vielleicht einschüchtern lassen, heute jedoch nicht.

„Ich werde warten.“

„Das ist reine Zeitverschwendung. Ohne Termin empfängt Mr. Steele niemanden.“

Lisas Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. Sie hatte es wirklich nicht nötig, sich derart von oben herab behandeln zu lassen.

„Mich wird er empfangen“, wiederholte sie unbeeindruckt und marschierte geradewegs auf die Tür ohne Aufschrift hinter dem Empfangstresen zu. Die junge Empfangsdame sprang auf und lief ihr hinterher. „Warten Sie! Sie können doch nicht einfach …“

Ohne anzuklopfen öffnete Lisa die Tür. Als sie so unerwartet eindrang, sah jedoch leider nicht Jared Steele überrascht auf, sondern eine ältere Dame, der man ihre Tüchtigkeit als Privatsekretärin auf den ersten Blick ansah.

Lisa zögerte und wusste im ersten Moment nicht recht, ob sie eintreten oder umkehren sollte. Dann jedoch straffte sie entschlossen die Schultern.

„Ich möchte zu Mr. Steele.“

„Mr. Steele ist in einer Besprechung. Hatten Sie einen Termin?“, erkundigte sich die Sekretärin höflich. Es schien aber, als sei die Frage eher an die Empfangsdame gerichtet, die nervös hinter Lisa stand.

„Ich habe versucht, ihr zu erklären, dass Mr. Steele niemanden empfangen kann“, rechtfertigte sich die junge Frau. „Aber sie ist einfach an mir vorbeigerauscht.“

Die ältere Dame nickte und wandte sich dann an Lisa. „Ich kann Sandras Worte nur bestätigen. Mr. Steeles Besprechung dauert sicher mehrere Stunden. Vielleicht kann ich einen Termin für Sie in der nächsten Woche vereinbaren?“

Ob Jared wohl Anweisung gegeben hatte, sie nicht vorzulassen? Eigentlich machte das keinen Sinn. Lisa hatte vielmehr damit gerechnet, dass er auf eine Reaktion ihrerseits wartete.

„Nein, ich werde nicht bis nächste Woche warten. Mit oder ohne Termin, ich werde hier nicht weggehen, ohne ihn gesehen zu haben.“ Sie blickte sich suchend nach einem Stuhl um.

Die ältere Dame kam um ihren Schreibtisch herum. „Seien Sie doch vernünftig. Wenn Sie diesen Raum nicht freiwillig verlassen wollen, wird Sandra den Sicherheitsdienst holen müssen, der Sie dann hinausbegleitet.“ Sie gab der Jüngeren einen Wink, die daraufhin das Büro verließ. „Es hat einfach keinen Sinn. Mr. Steele ist ein sehr beschäftigter Mann mit einem vollen Terminkalender. Nennen Sie mir Ihren Namen, dann trage ich Sie für nächsten Freitag ein.“

Würdevoll nahm Lisa in einem weißen Sessel in der Nähe des Fensters Platz. „Ich heiße Lisa Langdon und werde mich nicht von der Stelle rühren.“

Die Augen der Sekretärin verengten sich leicht, als sie den Namen hörte, doch sie hatte sich schnell wieder unter Kontrolle. „Sie hätten mir gleich sagen sollen, wer Sie sind“, meinte sie mit einem spröden kleinen Lächeln. „Entschuldigen Sie bitte, ich werde sehen, ob ich Mr. Steele stören kann.“

Nachdem sie den Raum verlassen hatte, sackte Lisa vor Erleichterung in sich zusammen. Derartige Szenen waren nicht gerade ihre Stärke. Dann richtete sie sich wieder auf und straffte die Schultern. Der wahre Kampf hatte ja noch nicht einmal begonnen.

Unvermittelt wurde die Tür wieder aufgerissen, und Sandra kam mit einem großen, breitschultrigen Mann im Schlepptau herein.

„Martha, Farrell ist hier. Martha?“, rief Sandra, ohne Lisa im ersten Moment an ihrem Fensterplatz zu bemerken.

„Sie ist gegangen, um Mr. Steele zu holen“, informierte Lisa sie ein bisschen schadenfroh.

„Was …?“ Verdutzt drehte sich Sandra um. Sie wirkte jetzt leicht beunruhigt. „Sie sind noch da?“

„Sicher, ich warte auf Mr. Steele.“

Der Blick der blonden jungen Frau wanderte bedeutungsschwer von Lisa zu Farrell. Doch noch ehe etwas geschehen konnte, kehrte Martha zurück.

„Sandra, Sie können wieder an Ihren Platz gehen. Zack, es tut mir leid, dass wir Sie umsonst gestört haben. Es ist alles in bester Ordnung. Mr. Steele wird gleich hier sein, um mit Miss Langdon zu sprechen.“ Sie wandte sich an Lisa. „Er bittet Sie, in seinem Büro auf ihn zu warten.“

Mit ziemlich wackeligen Knien stand Lisa auf und folgte Martha in den angrenzenden Raum. Nachdem die Sekretärin sie allein gelassen hatte, blickte sich Lisa erstaunt um.

Waren die beiden anderen Büros sachlich und betont funktionell eingerichtet, herrschte hier eine geradezu behagliche, luxuriöse Atmosphäre. Dieser großzügig geschnittene Eckraum mit dem wunderschönen Mahagonischreibtisch, der schicken Designersitzgruppe und einem antiken Aubussonteppich in Blautönen hatte so gar nichts von kühlem, knallhartem Business an sich.

Der Blick von hier oben über Mission Valley war grandios. Zwar konnte man die historische Missionsstation „San Diego de Alcala“ nicht sehen, doch die umliegende Hügellandschaft und die üppige Vegetation des Tales lagen malerisch vor Lisa ausgebreitet. Zu jedem anderen Zeitpunkt hätte die Malerin in ihr danach gelechzt, diese wunderbare Aussicht in einer Skizze festzuhalten, doch heute stand ihr nicht der Sinn danach.

„Miss Langdon.“

Lisa schloss kurz die Augen und wappnete sich innerlich. Er war hier. Das Warten war vorüber.

Langsam drehte sie sich um. Jared Steele lehnte mit dem Rücken an der geschlossenen Tür und sah Lisa an. Eine volle Minute lang hielt sie seinem eindringlichen Blick stand, dann senkte sie den Kopf und nahm den bewussten Umschlag aus ihrer Handtasche.

Wortlos schüttete sie den Inhalt über dem Schreibtisch aus. Tausend kleine Papierfetzen regneten auf das schimmernde Holz nieder.

Jared betrachtete die Bescherung. „Wir müssen reden …“, begann er.

„Ich finde, damit habe ich meinen Standpunkt mehr als deutlich gemacht.“ Lisa wies auf die Schnipsel.

„Wir wissen beide, dass es nicht so ist.“

Da war es um ihre Selbstbeherrschung geschehen. „Für keinen Betrag der Welt würde ich mein Kind hergeben“, brach es leidenschaftlich aus ihr heraus. Trotzig hob sie das Kinn. „Und nun? Wie soll es jetzt weitergehen?“

„Ich denke, wir sollten noch einmal ganz von vorn anfangen.“ Mit einer Handbewegung forderte er sie auf, Platz zu nehmen.

Sie tat es. Nicht aus Gründen der Bequemlichkeit, sondern weil sie fürchtete, sich nicht länger auf den Beinen halten zu können. „Sind Sie eigentlich verheiratet?“, fragte sie dann aus einer plötzlichen Eingebung heraus.

„Wie bitte?“ Der unvermittelte Themenwechsel überraschte Jared.

„Ich möchte wissen, ob Sie verheiratet sind. Die Frage ist doch wohl erlaubt, oder? Haben Sie sich vielleicht an die Klinik gewandt, weil Ihre Frau keine Kinder bekommen kann?“

Jared sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. „Das geht Sie nichts an.“ Seine Stimme klang verbittert. „Sie waren doch einverstanden damit, nichts über den Vater Ihres zukünftigen Kindes zu erfahren, als Sie sich zur künstlichen Befruchtung entschlossen.“

„Das war, bevor Sie vor meiner Haustür auftauchten“, erwiderte Lisa, ohne mit der Wimper zu zucken.

„Würde es denn einen Unterschied machen, ob ich verheiratet bin?“ Jared musterte sie eindringlich.

„Nein“, gab sie zurück. „Es wäre nur eine weitere Komplikation.“

„Nun, ich bin nicht verheiratet.“

Während er Lisa keine Sekunde aus den Augen ließ, verschränkte er lässig die Arme vor der Brust. „Ich kann jedoch auch ohne Ehefrau gewährleisten, dass es meinem Kind an nichts mangeln wird.“

„Was soll das heißen?“ Lisa schoss wie eine Furie aus ihrem Sessel hoch. „Vielleicht schwimme ich nicht so im Geld wie Sie, aber ich bin sehr wohl in der Lage, für mein Kind zu sorgen. Außerdem glaube ich, dass es etwas gibt, das Sie dem Kind nicht geben können. Bisher habe ich Sie nämlich noch nie das Wort ,Liebe‘ in Zusammenhang mit dem Baby aussprechen hören.“

Sie drehte sich um und blieb mit dem Rücken zu ihm stehen, denn sie war zu wütend, um Jared noch länger ansehen zu können.

„Verdammt! Natürlich habe ich Gefühle für das Kind, aber darum geht es jetzt nicht. Sie sagen, Sie hätten nicht mit mir gerechnet, aber das beruht leider auf Gegenseitigkeit. Tatsache ist, dass Sie etwas von mir besitzen, und das möchte ich zurück!“, entgegnete er.

Alle Farbe war aus Lisas Gesicht gewichen. Erschöpft sank sie wieder in ihren Sessel.

„Hören Sie, es tut mir leid“, lenkte Jared ein. „Ich wollte Sie nicht beleidigen. Diese Sache mit der Schwangerschaft … Ich … Ich weiß einfach nicht, wie ich damit … umgehen soll.“

Überraschenderweise empfand Lisa Mitleid mit Jared, als sie sein gestammeltes Eingeständnis hörte, und beschimpfte sich insgeheim selbst als Idiotin. Natürlich musste sie sich in erster Linie um ihr eigenes Wohlergehen kümmern. Trotzdem durfte sie vor der Tatsache, dass Jared Steele der Vater des Kindes war, nicht die Augen verschließen. Sie konnte sich in seine Notlage hineinversetzen und fühlte mit ihm. Nicht genug natürlich, um ihm ihr Baby zu überlassen, aber vielleicht gelang es ihnen ja, einen Kompromiss auszuarbeiten.

Lisa verspürte eine eigenartige Verbundenheit mit Jared, nicht nur, weil sie sein Kind unter dem Herzen trug. Obwohl sie zugeben musste, dass eine wohlige Wärme sie durchströmte, wenn sie nur daran dachte. Auf gewisse Weise war ihr ihre eigene Schwangerschaft viel bewusster geworden, seit Jared Steele in ihr Leben getreten war.

„Sie haben recht, Mr. Steele …“

„Jared … Verdammt, nennen Sie mich doch Jared!“

Sein plötzlicher Ausbruch traf Lisa völlig unvorbereitet. Offensichtlich hatte er nach seinem Eingeständnis Schwierigkeiten, sein betont sachliches und unpersönliches Verhalten weiter aufrecht zu halten. Erstaunt beobachtete sie, wie er mit der Hand heftig seinen Nacken massierte, als wollte er dadurch seine große innere Spannung abbauen.

Jared Steele zeigte also durchaus menschliche Züge.

Als er sich jetzt in Bewegung setzte, auf sie zukam und sich in den Stuhl neben ihr fallen ließ, machte Lisa Anstalten, aufzustehen. „Ich sollte jetzt besser gehen.“

Eine starke, sonnengebräunte Hand legte sich über ihre und hielt sie fest.

„Bitte bleiben Sie“, bat er und zog seine Hand erst weg, als Lisa sich wieder zurücklehnte. „Wir müssen das ausdiskutieren.“

„Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, wäre ein gemeinsames Sorgerecht“, antwortete sie spontan.

Erstaunt sah er sie an. Eine tiefe senkrechte Falte erschien auf seiner Stirn, während er über ihren Vorschlag nachdachte. „Und wie soll das funktionieren?“ Seine Stimme klang bitter. „Ich nehme an, Sie erwarten von mir einen finanziellen Ausgleich für die Zeit, in der Sie mir mein Kind überlassen.“

Lisa war von ihrem großzügigen Angebot mindestens ebenso verblüfft wie Jared. Woher diese plötzliche Eingebung kam, wusste sie nicht, doch seine Antwort darauf war nicht sehr vielversprechend.

Impulsiv streckte sie die Hand aus und berührte seinen Arm. „Sie kennen mich nicht“, sagte sie. „Wir beide kennen einander nicht. Anscheinend gab es in Ihrer Vergangenheit einen Vorfall, der Sie verbittert hat. Das geht mich natürlich nichts an, aber glauben Sie nicht, dass unsere Situation auch ohne unangebrachte Vorurteile schon kompliziert genug ist?“

Unbewusst strich sie mit einer liebevollen Geste über seinen Arm, ehe ihr klar wurde, was sie da tat. Sofort zog sie ihre Hand zurück.

„Ist es nicht verrückt?“, fuhr Lisa fort. „Das Baby ist noch nicht einmal geboren, und schon streiten wir uns über Geld und Besuchszeiten. Ich will das nicht. Für mein Kind wünsche ich mir ein Leben, das nur aus Liebe, Lachen und Glück besteht.“ Hoffentlich begriff er jetzt endlich, dass ihr das Wohl des Kindes wichtiger als alles andere war.

„Sie haben recht“, gab Jared nach einer Weile zu. „Vielleicht sollten wir unsere Diskussion über Geld, Besuchszeiten und Sorgerecht wirklich verschieben, bis wir uns besser kennengelernt haben. Wollen wir nicht gleich damit anfangen? Was halten Sie davon, wenn ich Ihnen meine Firma zeige?“

„Gerne“, erwiderte Lisa, total erleichtert über seine Bereitschaft, mit ihr an einem Strang zu ziehen.

Doch mit dem Nachlassen der Anspannung wurde der Kloß in ihrer Kehle, den sie schon die ganze Zeit über gespürt hatte, immer größer, und plötzlich schossen Lisa heiße Tränen in die Augen. „Entschuldigung“, murmelte sie verlegen und wandte den Kopf ab, damit Jared sie nicht weinen sah.

„Lisa?“ Besorgt legte er ihr einen Arm um die Schulter.

Sie zuckte leicht zusammen, als sie seine Nähe fühlte, empfand sie dann aber als seltsam tröstlich. Während Jared beruhigend auf sie einredete, versiegten ihre Tränen langsam. Nach einer Weile entzog sie sich ihm und räusperte sich, um ihre Stimme wieder unter Kontrolle zu bekommen. „Alles in Ordnung. Geben Sie mir eine Minute Zeit, okay?“, bat sie leise und nahm dankbar das Taschentuch entgegen, das er ihr anbot.

„Tut mir leid“, wiederholte Lisa noch einmal, nachdem sie sich ausgiebig geschnäuzt hatte.

Jared wischte ihre Entschuldigung mit einer Handbewegung beiseite. „Keine Ursache. Ich habe in letzter Zeit viel über Schwangerschaft gelesen. Es scheint durchaus üblich zu sein, dass werdende Mütter ohne ersichtlichen Grund in Tränen ausbrechen.“ Er sah sie an. „Alles wieder okay?“

Lisa nickte. Seine Worte nahmen ihr schon wieder den Wind aus den Segeln. Dabei hätte sie in ihm viel lieber den gemeinsten und niederträchtigsten Mann aller Zeiten gesehen. Schließlich hatte er versucht, ihr ihr Baby abzukaufen! Seine Kenntnisse über Schwangerschaften und seine Anteilnahme schienen jedoch zu beweisen, dass er sich seiner Verantwortung sehr bewusst war und Lisas Sorgen ernst nahm.

Und das mochte sie an ihm.

Sie hatte einem Waffenstillstand zugestimmt und würde ihr Bestes geben, um ihn einzuhalten. Dennoch versetzte sie Jareds großes Interesse an seinem Kind – an ihrem Kind! – in Alarmbereitschaft …

4. KAPITEL

„Meine Firma entwirft und baut nicht einfach Häuser, sondern wir betreuen jedes Projekt vom Anfang bis zum Ende. Wir haben weltweit mehr als zwanzig Niederlassungen. Unsere Belegschaft setzt sich aus Verwaltungsangestellten, Ingenieuren, Statikern, Innen- und Landschaftsarchitekten zusammen.“ Der Stolz und Feuereifer, mit dem Jared von seiner Arbeit sprach, imponierte Lisa sehr.

„Zwanzig Niederlassungen?“, wiederholte sie beeindruckt. Er hatte sie von einem Stockwerk der „Steele Inc.“ zum anderen geführt und ihr alles ausführlich erklärt und gezeigt. Ein Unternehmen dieser Größenordnung musste eine Menge unternehmerisches Wissen und Unsummen an Kapital erfordern. Sollte sich Jared entschließen, das Sorgerecht gerichtlich erkämpfen zu wollen, hatte er einen immensen Vorteil ihr gegenüber, was Geld und Einfluss betraf.

„Verzeihen Sie, Mr. Steele, könnte ich Sie einen Moment sprechen?“ Ein beleibter Mann mit schon dünner werdendem Haar war neben sie getreten.

Jared stellte sie vor und sah Lisa dabei fragend an. Sie nickte nur, froh darüber, eine kleine Verschnaufpause zu bekommen. Während Jared sich auf das Problem seines Angestellten konzentrierte, suchte Lisa nach einem Stuhl, um sich einen Moment auszuruhen.

„Lisa?“ Nachdem die kurze Unterredung mit seinem Angestellten beendet war, wollte Jared die Besichtigungstour durch sein Unternehmen voller Tatendrang fortsetzen. Er schaute sich nach allen Seiten suchend um und entdeckte sie schließlich zusammengekauert auf einem der Besucherstühle. Gerührt betrachtete er diese schöne Frau, die wenige Meter von ihm entfernt, den Kopf auf eine Faust gestützt, friedlich schlief.

Frau? Im Augenblick wirkte sie eher wie ein kleines Mädchen.

Eine Welle von Zärtlichkeit erfasste ihn. Doch da er sich selbst nicht traute, verbot er sich, über dieses merkwürdige Gefühl länger nachzudenken. Mochte Lisa im Augenblick auch wie ein unschuldiges Kind aussehen, so durfte er doch nicht vergessen, dass sie eine erwachsene Frau war, die zudem mit seinem Kind schwanger war.

Vorsichtig hob er sie auf und nahm sie in seine Arme. Die Kehle wurde ihm eng, als er auf ihr hübsches Gesicht hinabsah. Kein Zweifel: Lisa Langdon würde jede Menge Unruhe in sein friedliches Leben bringen!

Ohne auf die nach oben gezogenen Augenbrauen und offenen Münder seiner Angestellten zu achten, trug er Lisa durch die Korridore und hielt dabei nur einmal kurz inne, als er auf den Chef seines Sicherheitsdienstes stieß. Zack Farrell trat gerade aus dem Lift, als Jared ihn betreten wollte.

„Zack.“ Jared nickte ihm zu, während er mit der schlafenden Lisa auf dem Arm an ihm vorbeiging.

„Da hast du ja ganz schön schwer zu tragen“, bemerkte Zack trocken.

„So ist es“, erwiderte Jared ohne weitere Erklärungen.

In seinem Büro bettete er Lisa vorsichtig auf das Sofa. Warum hatte sie ihm nicht gesagt, dass sie müde war? Und wieso war es ihm nicht selbst aufgefallen? Er schlüpfte aus seinem Jackett und deckte sie damit zu.

Während Lisa schlief, setzte er sich an seinen Schreibtisch und las in einem Buch für werdende Väter. Immer wieder sah er von seiner Lektüre hoch und zu Lisa hinüber. Sie musste sich heute völlig verausgabt haben.

Er würde in Zukunft wohl auf sie achten müssen.

Lisa regte sich. Irgendetwas hatte ihren Schlaf gestört. Vorsichtig öffnete sie ein Auge, musterte ihre Umgebung und schloss dann wieder schläfrig die Lider. Während sie sich seufzend tiefer in die Kissen kuschelte, überlegte sie, wie sie auf diese äußerst bequeme Couch gekommen war.

Dann fiel es ihr ein: Jared, der Streit, Tränen, eine Art Waffenstillstand, der Rundgang durch die Firma, ein Stuhl. Sie musste dort eingeschlafen sein, was allerdings noch lange nicht erklärte, wieso sie jetzt auf dem Sofa im Chefbüro lag. Er konnte sie doch wohl kaum durch das ganze Gebäude getragen haben?

Wo war er eigentlich? Und weshalb war sie aufgewacht? Ein neuerliches Geräusch riss sie endgültig aus ihrem Halbschlaf und veranlasste sie, zur Tür zu sehen.

Jared.

Lisa beobachtete, wie er leise hereinkam, und schloss rasch wieder die Augen.

Das Kissen neben ihr wurde unter seinem Gewicht zusammengedrückt. Mühsam öffnete Lisa beide Augen. Jared saß neben ihr und sah freundlich auf sie herab.

Mit einem Finger schob er ihr sanft eine honigblonde Haarsträhne aus dem Gesicht. Mit ihren schlaftrunkenen Augen und den geröteten Wangen fand er sie überaus sexy. „Haben Sie gut geschlafen?“

Sie nickte.

„Sie hätten mir sagen sollen, dass Sie erschöpft sind.“

„Ich weiß“, antwortete Lisa schuldbewusst. „Aber die Müdigkeit überfiel mich ganz plötzlich.“

„Ja, ein typisches Merkmal der ersten Schwangerschaftswochen. Sie sollten darauf achten, dass Sie nachts immer genügend Schlaf bekommen und sich auch tagsüber so oft wie möglich ausruhen.“

„Oje“, jammerte Lisa. „Sie haben schon wieder einschlägige Literatur gelesen. Aber sagen Sie … wie bin ich eigentlich hierher gekommen? Sie haben mich doch hoffentlich nicht durch das ganze Haus geschleppt, oder?“

Jared räusperte sich. „Ich möchte Sie nur sehr ungern anlügen.“

„Es wäre mir lieber, Sie würden mich das nächste Mal kräftig wachrütteln.“ Er wollte protestieren, doch sie gebot ihm mit einer Handbewegung Einhalt. „Ich sterbe übrigens vor Hunger.“

Mit einem leisen Lachen schüttelte Jared den Kopf. „Okay, damit kann ich schon besser umgehen.“

Lisa starrte ihn fasziniert an, weil sie ihn bisher noch nie hatte lachen sehen. Es machte ihn jünger, noch attraktiver und gleichzeitig viel zugänglicher.

Geschmeidig erhob er sich, fasste sie an beiden Händen und zog sie sanft hoch. „Ich habe einen Tisch im ‚Lighthouse‘ für sieben Uhr bestellt. Sie haben also dreißig Minuten Zeit, um sich frisch zu machen. Dort drüben ist mein privates Bad.“ Er wies auf eine Tür hinter seinem Schreibtisch.

Lisa hob sein Seidenjackett vom Boden auf, faltete es ordentlich zusammen und legte es über eine Stuhllehne. Dann nahm sie ihre Handtasche vom Tisch und verschwand im Bad.

Nach genau zwanzig Minuten erschien sie mit frischem Make-up und ordentlich frisiertem Haar.

Jared betrachtete sie wohlwollend. „Fertig?“

„Ihr Unternehmen ist wirklich großartig“, sagte Lisa beim Hinausgehen. „Ich bin sehr beeindruckt, besonders von Ihrem Büro.“

„Vielen Dank. Ich weiß dieses Lob aus dem Mund einer Künstlerin sehr wohl zu schätzen.“

„Sie haben die Farbkombinationen selbst ausgesucht, nicht wahr?“

„Wie kommen Sie darauf?“, fragte er überrascht.

„Nur so.“ Lisa lächelte in sich hinein. Wie sie ihn nach der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft einschätzte, wäre er wahrscheinlich wenig begeistert über ihre psychologischen Rückschlüsse bei seiner Wahl der Farben.

„Sie haben recht. Aber suchen Sie nun bitte nicht nach irgendwelchen hintergründigen Motiven. Ich mag einfach Blautöne sehr gern.“

„Genau“, besänftigte sie ihn und hob die Schultern, als wäre dies sowieso völlig nebensächlich.

Noch ehe Jared etwas erwidern konnte, waren sie im Erdgeschoss angelangt, und die Fahrstuhltüren öffneten sich. In der Halle schien sich ein kleiner Aufstand abzuspielen; eine Traube neugieriger Menschen drängte sich um den Empfangstresen. Lisa blinzelte. Sie musste zwei Mal hinsehen, ehe sie die rothaarige Frau erkannte, die dort im Mittelpunkt des Interesses stand.

„Na gut, dann holen Sie doch die Polizei!“, rief Ashley Todd, Nase an Nase mit dem Sicherheitsdienstchef Zack Farrell. „Die kann dann gleich das ganze Gebäude hier durchsuchen. Ich jedenfalls rühre mich keinen Zentimeter von der Stelle, ehe ich Lisa nicht …“

„Ashley“, unterbrach Lisa den Wortschwall ihrer Freundin, die sofort zu ihr herumfuhr.

Es dauert einen Moment, ehe der feindselige Ausdruck auf Ashleys Gesicht der Erleichterung wich. „Lisa! Wie gut, dich zu sehen. Bist du okay?“

„Natürlich.“ Sie zog ihre Freundin ein wenig von der Menschenmenge weg. „Was machst du denn hier?“

„Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Seit drei Stunden rufe ich alle fünfzehn Minuten bei dir zu Hause an. Wo warst du die ganze Zeit?“

„Hier. Ich bin eingeschlafen, und Jared wollte mich nicht wecken.“

Ashley riss ihre grünen Augen auf. „Du hast geschlafen?“, fragte sie ungläubig, um dann flüsternd hinzuzufügen: „Hat er dir etwas angetan?“

Lisa schüttelte den Kopf. „Es geht mir gut, wirklich“, versicherte sie ihrer Freundin noch einmal.

„Du bist alles, was ich habe, Lisa, praktisch meine ganze Familie. Entschuldige, dass ich hier so einen Aufstand veranstaltet habe, aber ich hatte einfach Angst um dich.“

Lisa umarmte sie. „Ich danke dir sehr für diesen Freundschaftsbeweis. Aber mir fehlt wirklich überhaupt nichts. Jared und ich wollen versuchen, zu einer Einigung zu kommen. Um uns besser kennenzulernen, gehen wir jetzt essen, verstehst du?“

Angesichts Lisas offenkundiger Unversehrtheit entspannte sich Ashley allmählich. „Nun gut, ich bin dir für heute wohl genug hinterhergejagt. Ruf mich aber auf alle Fälle an, wenn du wieder daheim bist.“

„Versprochen.“

Gerührt sah Lisa, wie Ashley Zack Farrell noch einmal mit einem vernichtenden Blick bedachte. Dann warf ihre Freundin das lange rote Haar in den Nacken, rückte ihre Handtasche zurecht und verließ hoheitsvoll das Gebäude.

„Lisa?“

Jared trat neben sie. Und obwohl sie keinerlei Körperkontakt miteinander hatten, spürte sie doch seine Wärme, die sie wohltuend umhüllte. Sie machte einen Schritt zur Seite, um etwas Abstand zu gewinnen. „Ja, ich bin so weit. Wir können gehen.“

Auf der Fahrt zum Restaurant in Jareds noblem Mercedes herrschte einträchtiges Schweigen zwischen ihnen, weil jeder in seine eigenen Gedanken vertieft war.

Nur wenig später erreichten sie ihr Ziel. Das „Lighthouse“ – ein umgebauter Leuchtturm – war ein ausgezeichnetes Restaurant am Strand, berühmt für seine Steaks und Meeresfrüchtespezialitäten. Fischernetze mit exotischen Muscheln, ausgestopfte Fische und Modelle von Segelschiffen hoben die gemütliche, maritime Atmosphäre hervor.

Jared und Lisa wurden zu einem Tisch am Fenster mit Blick auf den Pazifik geleitet. Lisa schaute eine Weile den Wellen zu, die sich am Strand brachen, und war so in die Betrachtung dieses friedlichen Bildes vertieft, dass sie Jared erst wieder wahrnahm, als er ihre Hand berührte. Sofort war sie mit all ihren Sinnen bei ihm.

Ein kurzer Blick in ihr Gesicht, schon zog er seine Hand wieder weg. Trotzdem lag plötzlich ein spürbares Knistern in der Luft, und sie waren sich beide der Gegenwart des anderen stark bewusst.

Als der Kellner mit einem Scotch und einem Tomatensaft kam, löste sich die Spannung zwischen Jared und Lisa ein wenig. Während des Essens dann unterhielten sie sich überraschenderweise ganz ungezwungen und lebhaft über ihre jeweiligen Berufe.

Schließlich bedankte sich Lisa für den gelungen Abend. Jared neigte leicht den Kopf. „Sind Sie heute zum ersten Mal im ‚Lighthouse‘?“

„Nein, ich war mit Ashley schon einmal hier. Wir feierten damals den Verkauf meines ersten Bildes.“ Sie lächelte stolz. „Entschuldigen Sie bitte die kleine Szene vorhin in Ihrer Firma. Ich fürchte, ich habe heute ganz schön für Wirbel gesorgt.“

„Kein Problem. Sie und Ihre Freundin stehen sich offensichtlich sehr nahe.“

„Ja, sehr. Wir sind zusammen in einem Waisenhaus aufgewachsen. Und obwohl wir nicht blutsverwandt sind, habe ich sie immer quasi als Familienmitglied betrachtet.“

Eigentlich hatte sie nach dieser Enthüllung mit einer Reaktion von Jared gerechnet, mit neugierigen Fragen nach ihren Eltern, zum Beispiel. Doch als seine Miene ausdruckslos blieb, fiel Lisa ein, dass er ohne Hilfe der Klinik herausgefunden hatte, wer sie war. Also besaß er vermutlich noch weitere Informationen über sie.

„Sie haben Nachforschungen über mich angestellt, nicht wahr?“ Als sich seine Augen ein wenig verengten, wurde ihr klar, dass sie mit ihrer Vermutung ins Schwarze getroffen hatte. „Ich möchte die Akte über mich lesen.“

Jared lehnte sich ein wenig in seinem Stuhl zurück und betrachtete sie aufmerksam. „Warum?“

„Weil Sie sich aufgrund dieser Akte eine Meinung über mich gebildet haben. Ich schäme mich meiner Vergangenheit keineswegs, aber aus dem Zusammenhang gerissen, könnte manches falsch interpretiert werden.“

„Mannstollheit, zum Beispiel?“

Lisa runzelte die Stirn. Der vorwurfsvolle Ton in seiner Stimme war nicht zu überhören. „Was meinen Sie?“

„Ich meine die diversen Männerbekanntschaften, die Sie letztes Jahr gepflegt haben. Wie viele waren es? Fünf? Sechs? Sieben?“

Lisa fühlte, wie ihr erst alle Farbe aus dem Gesicht wich, bevor ihr das Blut heiß vor Wut wieder in die Wangen schoss. Sie hob das Kinn und sah Jared direkt in die Augen.

„Keine Ahnung, ich habe nicht Buch geführt. Und Ihr Ton missfällt mir sehr. Ich habe ein paar Männer getroffen, bin einige Male mit dem einen oder anderen ausgegangen. Na und? Vielleicht habe ich sogar gehofft, dem Richtigen zu begegnen. Und falls Ihre Nachforschungen nicht ins letzte Detail gingen, dann kann ich Ihre Neugier gern befriedigen und Ihnen mitteilen, dass ich mit keinem von ihnen ins Bett gegangen bin!“

Nach Lisas glühender Rede herrschte gespanntes Schweigen zwischen ihnen. Ein Ober näherte sich mit der Dessertkarte, doch Jared bedeutete ihm mit einer Handbewegung, wegzubleiben.

Beschämt wegen ihres Ausbruchs senkte Lisa den Blick und starrte auf ihren Teller. Im Grunde konnte sie es Jared nicht übel nehmen, dass er sich über die sexuellen Gewohnheiten der Frau informierte, die sein Kind unter dem Herzen trug.

Dennoch fühlte sie sich ebenfalls im Recht. Es war ihr Kind, und obwohl sie sich redlich bemühte, so gelang es ihr doch immer noch nicht, es auch als sein Kind anzuerkennen. Sie brauchte einfach mehr Zeit, sich an diesen Gedanken zu gewöhnen.

„Von mir aus können wir gehen.“

Während Jared die Rechnung beglich, ging Lisa schon ins Freie hinaus. Die kühle Abendluft tat ihr gut nach dem vorzüglichen Essen und all der Aufregung. Mit beiden Händen stützte sie sich auf das Geländer der Terrasse und atmete in tiefen Zügen die salzige Meeresbrise ein.

Schritte näherten sich, dann spürte Lisa, wie Jared ihr sein Jackett um die Schultern legte. Dankbar für die Wärme sah sie weiter dem beruhigenden Spiel der Wellen zu ihren Füßen zu. Manchmal muss man sich eben mit dem Unabänderlichen abfinden, dachte sie und streckte Jared dann versöhnlich ihre Hand hin.

„Gehen wir ein wenig spazieren.“

Jared ahnte, dass er es eines Tages bereuen würde, doch er nahm Lisa bei der Hand, während sie gemeinsam zum Strand hinuntergingen. Dort angekommen, zog sich Lisa sofort die Schuhe aus und rollte ihre Hosenbeine nach oben. In immer noch gebückter Haltung und froh, ihn nicht ansehen zu müssen, antwortete sie dann auf seine unausgesprochene Frage.

„Ich weiß nicht, ob Sie das verstehen können, denn es ist schwer für mich, es zu erklären. An meinem neunundzwanzigsten Geburtstag wachte ich auf und hatte plötzlich das Gefühl, schon seit Ewigkeiten keine Familie mehr zu haben. Ich fand, es wäre höchste Zeit, diesen Zustand zu beenden.“

Jared hörte ihr schweigend zu. Im Dunkel der Nacht war sein Gesichtsausdruck nicht zu erkennen. Das, was Lisa gesagt hatte, konnte er nachempfinden, denn er wusste ja, wie lange sie schon einsam war: seit ihrem zehnten Lebensjahr – eine Ewigkeit! Mitfühlend beobachtete er, wie sie sich aufrichtete und sich die sandigen Hände an der Hose abklopfte.

„Bei einem Arztbesuch wurde entdeckt, dass ich eine Zyste in der Gebärmutter habe. Meine Gynäkologin sprach von Gebärmutterentfernung in nicht allzu ferner Zukunft. Und als sie von meinem Kinderwunsch hörte, meinte sie, ich sollte mich damit beeilen.“

Wieder breitete sich Schweigen zwischen ihnen aus. Lisa ließ sich die sanften Wellen über die Füße laufen, Jared blieb ein wenig höher im trockenen Sand. Obwohl nur ein oder zwei Meter zwischen ihnen lagen, hatte Lisa das Gefühl, Meilen von ihm entfernt zu sein.

„Das Leben verläuft nicht immer so, wie wir es uns erhoffen“, sprach sie weiter. „Ein Märchenprinz war leider nicht in Sicht, und als die Zeit verging und ich meine biologische Uhr immer lauter ticken hörte, begann ich, über künstliche Befruchtung nachzudenken. Der Wunsch nach einem Baby wurde übermächtig. Ich wollte auf dieser Welt endlich wieder jemanden haben, der durch Blutsbande mit mir verknüpft ist. Vielleicht halten Sie es ja für egoistisch, aber ich habe einem Kind so viel Liebe zu geben. Kann es denn falsch sein, wenn man lieben möchte?“

Bange Sekunden lang hing ihre Frage unbeantwortet zwischen ihnen. Das stetige Rauschen des Meeres dröhnte laut in ihren Ohren. Lisa wartete inbrünstig darauf, dass Jared etwas sagen würde. Jetzt, wo sie ihm ihre geheimsten Wünsche und Gedanken enthüllt hatte, fühlte sie sich psychisch komplett ausgelaugt.

Plötzlich zwang eine besonders hohe Welle sie dazu, auszuweichen. Als Lisa in den trockenen Sand flüchten wollte, stolperte sie über ein Stück Treibholz und verlor das Gleichgewicht. Aus Sorge um ihr ungeborenes Kind schrie sie laut auf. Doch sofort war Jared an ihrer Seite, packte sie um die Taille und verhinderte ihren Sturz. Durch ihre Kleidung und den Stoff seines Jacketts hindurch konnte Lisa die Wärme seines Körpers spüren.

„Vorsicht.“ Seine leise, raue Stimme ganz nah an ihrem Ohr jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken.

„Danke …“

Jared seufzte resigniert, weil er fühlte, dass er ihr nun etwas schuldig war. Ihr ehrliches Geständnis konnte nur mit der gleichen Offenheit beantwortet werden. Er schlang ihr von hinten die Arme um die Taille und hielt sie fest. Was er zu sagen hatte, war leichter auszusprechen, wenn er Lisa dabei nicht in die Augen sehen musste. Aus Gründen, die ihm selbst nicht so ganz klar waren, zog er sie noch ein wenig dichter an sich und stützte sein Kinn leicht auf ihren Kopf.

„Meinen Sie etwa, der Wunsch eines Ehepaars nach einem Kind sei weniger selbstsüchtig?“, fragte er. „Verständlicher vielleicht, aber genauso egoistisch.“

„Ich habe mir diese Entscheidung nicht leicht gemacht. Wahrscheinlich rühren meine Schuldgefühle aus meiner bürgerlichen Erziehung.“

„Über solche Dinge habe ich mir nie Gedanken gemacht. Ich möchte ein Kind, und ich denke, ich werde ihm ein guter Vater sein. In meiner Jugend habe ich mich immer als Familienmensch gesehen, als Ehemann, Vater und so weiter. Das änderte sich im College – zumindest was den Ehemann angeht. Mir wurde klar, dass ich nicht willens bin, mich ein Leben lang nach den Launen einer Frau zu richten.“

„Harte Worte, finden Sie nicht?“, fragte Lisa. „Ihre Zeit am College liegt schließlich schon eine Weile zurück.“

Die Lektion von damals werde ich aber nie vergessen, dachte Jared, denn sie ist überaus schmerzhaft gewesen. „Meine Meinung hat sich seither nicht geändert, und dank der modernen Medizin besteht dafür auch kein Anlass. Es gibt Leihmütter, und ich hatte keine Mühe, eine zu finden, die mein Baby austragen wollte.“

„Das klingt sehr zynisch“, antwortete Lisa so leise, dass die Brandung ihre Worte fast übertönte. „Wenn Sie keine Zeit für eine Frau haben, wie wollen Sie dann Zeit für ein Kind finden?“

„Das ist keine Frage der Zeit. Ich werde die notwenigen organisatorischen Schritte einleiten, um mein Kind aufziehen zu können. Ich habe schon damit begonnen, einen Großteil meiner Aufgaben in Übersee an kompetente Manager zu delegieren.“

Und dieser Entschluss war ihm leichter gefallen, als er vorher vermutet hätte. Ein gutes Anzeichen dafür, wie er selbst meinte, dass seine Entscheidung für ein Kind richtig gewesen war. „Frauen haben durchaus einen Platz in meinem Leben, aber eben nicht als Ehefrau.“

Lisas Körper versteifte sich. „In Ihrem Bett, nehme ich an? Das scheint mir eine ziemlich bequeme Rechtfertigung.“

Jared spürte ihr Zurückweichen und befahl sich, sie sofort loszulassen, doch es gelang ihm nicht. Es machte ihn wütend, dass er den physischen Kontakt mit ihr so genoss. Nur ein einziges Mal in seinem Leben hatte er es bisher zugelassen, dass sein Körper die Herrschaft über seinen Willen übernahm. Dieser Fehler durfte ihm niemals wieder passieren.

Einen Augenblick später gab er sie frei, doch für alle Fälle blieb er dicht neben ihr – sie könnte ja noch einmal das Gleichgewicht verlieren. Schon wieder eine Rechtfertigung, musste er im Stillen zugeben.

„Wir treffen die meisten Entscheidungen aufgrund von Rechtfertigungen. Können wir mit den Ergebnissen leben, machen wir weiter, wenn nicht, verkümmern wir elendiglich.“

„Welch furchterregende Philosophie! Wollen Sie das etwa ihrem Kind weitergeben?“

„Ich werde mein Kind lehren, wie das Leben wirklich ist: Schau in die Zukunft, nimm dir, was du willst, traue niemandem und halte dir immer den Rücken frei.“

Lisa drehte sich um und vergrößerte dabei den räumlichen Abstand zwischen ihnen. „Ich glaube, dass man vom Leben das zurückbekommt, was man investiert. Mein Kind wird lernen, nach dem Guten im Menschen zu suchen.“

„Sie sind eine Träumerin.“

„Lieber Träumerin als Zynikerin. Nur wer träumt, kann erleben, dass Träume Wirklichkeit werden. Dieses Baby ist für mich ein solcher wahr gewordener Traum.“

Jared focht einen inneren Kampf mit sich aus gegen die unerwartete und ungewollte Woge der Zärtlichkeit, die ihn erfasste. „Für mich auch“, hörte er sich dann überrascht seine Gedanken laut aussprechen. Verlegen wandte er sich ab.

Lisa trat nahe zu ihm, nahm ihn bei der Hand und drehte ihn zu sich herum, um ihn ansehen zu können. Mondlicht glitzerte in ihrem von der Gischt feuchten Haar und ließ es aussehen, als sei es übersät von Tausenden von Diamanten. Sie legte ihre warme Hand auf seine kühle Wange und holte sein Gesicht zu sich herunter.

Sie drückte ihm einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. „Vielen Dank für Ihr Vertrauen.“

Das Nächste, was Jared bewusst wahrnahm, war, dass seine Lippen ihren Mund suchten. Wieder einmal hatte sein Körper die Oberhand gewonnen und ließ ihn Dinge tun, die er gar nicht tun wollte. Zwischen ihnen begann eine Leidenschaft aufzuflackern, gegen die sie beide ankämpften. Nach wenigen Sekunden aber war der Widerstand gebrochen.

Als Erste gab Lisa auf. Sie schlang ihm die Arme um den Hals und erwiderte seinen Kuss, indem sie ihre Zungenspitze vorschob und damit sanft über seine Unterlippe strich. Jared stöhnte auf und zog Lisa so eng an sich, dass sich ihre Körper von Kopf bis Fuß berührten.

Alle Barrieren zwischen ihnen fielen, und sie standen sich als gleichwertige Partner gegenüber. Ein Mann und eine Frau, die sich dem uralten Ritual eines Kusses hingaben.

Ein Schauer lief durch Jareds muskulösen Körper. Er löste seinen Mund von ihrem, fasste nach Lisas Handgelenken und drückte ihre Arme seitlich hinunter an ihren Körper. Sein Atem ging stoßweise.

Selbst nach Luft ringend und beschämt über ihr Verlangen, ihn endlos weiterzuküssen und mehr, wandte Lisa ihr Gesicht ab. Sie standen sich noch immer so dicht gegenüber, dass sie den schnellen Schlag seines Herzens hören konnte. Also hatte diese Umarmung auch ihn nicht unberührt gelassen.

Verwirrt sah sie Jared in die Augen. Wenn er das Gleiche wollte wie sie, warum hatte er dann aufgehört?

In diesem Augenblick durchbrach lautes Lachen die Stille der Nacht.

„Hey, Mister, wollen Sie vielleicht meine Decke haben?“, johlte eine junge Stimme.

„Genau, wir wollen Action sehen!“, rief ein anderer Teenager.

Sie waren zu viert, wie Lisa über Jareds Schulter hinweg erkennen konnte. Lauter junge Typen von höchstens fünfzehn Jahren, deren Kommentare jetzt immer lauter und anzüglicher wurden.

„Wir sollten besser gehen“, flüsterte sie.

„Gleich. Warte hier.“

„Wohin willst du?“

„Ein Wörtchen mit den Jungs reden.“

Lisa beobachtete, wie er den Strand hinaufkletterte. Die Jungen verstummten, als er näherkam. Etwas in seiner Körperhaltung schien ihnen Respekt einzuflößen. Jared kam bei den Jugendlichen an und sprach mit ihnen. Die beiden Wortführer plusterten sich noch ein wenig auf, hörten ihm dann aber zu. Nach einer Weile trollten sich alle vier ruhig von dannen.

Jared ging Lisa entgegen, nahm sie beim Ellbogen und führte sie über den Parkplatz zu seinem Mercedes. Was für ein undurchschaubarer, außergewöhnlicher Mann er doch ist, dachte sie. Ob ich es wohl jemals lerne, ihn richtig einzuschätzen, um zu einem vernünftigen Kompromiss mit ihm zu gelangen?

Er fuhr sie nach Hause und brachte sie bis zur Tür.

„Es war ein langer Tag, Jared, und ein sehr … interessanter Abend. Vielen Dank und gute Nacht.“

Unschlüssig machte er einen Schritt auf sie zu, hielt inne, runzelte nachdenklich die Stirn und trat rasch wieder zurück. „Zack Farrell wird dir deine Akte am Montag vorbeibringen.“

Ohne ein weiteres Wort drehte er sich um und verschwand in der Dunkelheit.

5. KAPITEL

„Lisa?“, ertönte die Stimme der jungen Empfangssekretärin durchs Telefon. „Hier ist ein Besucher für Sie. Wollen Sie nach vorne kommen, oder soll ich ihn zu Ihnen schicken?“

Ihn? Sofort tauchten Jared Steeles markante Gesichtszüge vor Lisas innerem Auge auf. Aber warum sollte er sie hier in der Galerie aufsuchen wollen? Beim Gedanken, dass er sich womöglich ihren Waffenstillstand zu Herzen nahm, geriet sie auf der Stelle in Hochstimmung.

„Ich komme nach vorne.“

Nervös und aufgeregt verließ sie ihr Büro. Auf dem Weg zum Ausstellungsraum hielt sie kurz vor einem Spiegel inne und überprüfte ihr Aussehen. Ganz passabel, fand sie. Eigentlich war sie nicht besonders eitel, trotzdem wollte sie Jared Steele nicht mit verschmiertem Augen-Make-up oder zerzaustem Haar unter die Augen treten.

Sie hatte den Showroom kaum betreten, als sie feststellen musste, dass es sich bei ihrem Besucher nicht um Jared Steele handelte. Der Mann, der mit dem Rücken zu ihr vor einem Gemälde stand, war größer, kräftiger und dunkler als Jared. Es war Farrell, der Sicherheitschef der Firma „Steele Inc.“. Unter dem Arm trug er eine schwarze Ledermappe. Als er ihre Schritte hörte, drehte er sich um, kam ihr aber nicht entgegen, sondern wartete, bis sie zu ihm getreten war.

„Miss Langdon“, grüßte er mit einem Kopfnicken.

„Mr. Farrell.“ Lisa streckte ihm die Hand entgegen. „Was kann ich für Sie tun?“

„Freut mich, dass Sie sich an mich erinnern. Jared bat mich, Ihnen dies hier zu überreichen.“ Er hielt ihr die Mappe hin. In großen goldenen Buchstaben waren die Worte „persönlich“ und „vertraulich“ auf der Vorderseite eingeprägt.

„Vielen Dank.“ Lisa brauchte gar nicht erst nach dem Inhalt der Mappe zu fragen.

Farrell nickte. „Es ist das einzige Exemplar. Sie können es behalten.“

Überrascht sah sie auf. „Jared ist bereit, es mir zu überlassen?“

„Ich überlasse es Ihnen.“

„Sie?“

„Ja“, erwiderte er knapp.

Lisa grübelte darüber nach, was dieser Mann wohl mit der Sache zu tun haben mochte. Sie hatte das starke Gefühl, dass Farrells Rolle weit über die des Boten hinausging.

„Und, hatten Sie Spaß beim Lesen?“, fragte sie gereizt.

Ihr Missmut ließ ihn unberührt. „Ich brauchte die Akte nicht zu lesen, schließlich habe ich alles selbst recherchiert.“

„Herzlichen Glückwunsch, Sie müssen sehr stolz darauf sein.“

„Jared ist mein Freund.“

„Rechtfertigt diese Tatsache das Herumschnüffeln in anderer Leute Privatangelegenheiten?“

„Nein“, erwiderte er ohne weitere Erklärung.

„Das ist die einzige Ausfertigung?“

„Ja.“

„Und Sie geben sie mir.“

„So ist es.“

„Was sagt Jared dazu?“

„Ich habe mit diesem Bericht einem Freund einen Gefallen getan. Jared hat keine Verfügungsgewalt darüber. Er hat jetzt Zugang zu der echten Person. Wenn er etwas wissen will, kann er Sie ja direkt fragen.“

Sollte das eine Entschuldigung sein? Auf jeden Fall nahm Lisa sie als solche an. „Vielen Dank.“

Farrell hob die Schultern. „Die Situation ist nicht einfach, weder für Jared noch für Sie. Es war das Mindeste, was ich tun konnte.“ Er wandte sich zum Gehen.

„Warten Sie.“

Er drehte sich um und blickte sie mit seinen beinahe schwarzen Augen fragend an.

„Erzählen Sie mir von Jared. Etwas Persönliches. Etwas, das mir hilft, ihn zu verstehen.“

„Er hat ein kompliziertes Verhältnis zu Frauen“, entgegnete Farrell nach kurzem Zögern. „Und er ist sehr besitzergreifend. Er wird es Ihnen nicht einfach machen. Aber er ist fair. Spielen Sie mit offenen Karten, dann werden Sie keine Mühe haben, seine Achtung und sein Vertrauen zu gewinnen.“

Lisa hielt die Mappe mit beiden Händen vor ihre Brust gepresst. „Damit sagen Sie mir nichts Neues.“

Er wandte sich zum Gehen, doch an der Tür drehte er sich noch einmal um und musterte Lisa nachdenklich. „Jared benimmt sich immer sehr anständig gegenüber Leuten, denen er einmal seine Zuneigung geschenkt hat“, meinte er schließlich.

Nun, natürlich würde er über seinen Freund nichts Nachteiliges sagen, das war ihr klar. Trotzdem, es war einen Versuch wert gewesen. Um ihm zu zeigen, dass sie ihm nichts nachtrug, drückte sie Farrell zum Abschied freundlich die Hand.

Lisa lehnte sich zurück und begutachtete ihr jüngstes Werk. Es war Samstagvormittag, seit mehr als drei Stunden hatte sie ohne Unterbrechung gemalt. Sie war sehr zufrieden mit ihrer Arbeit. Landschaften im Zwielicht waren im Augenblick ihr Lieblingsmotiv.

„Vielleicht ein kleiner Tupfer mehr Weiß“, murmelte sie vor sich hin. Ein paar geschickte Pinselstriche an der richtigen Stelle, und ihr Bild war fertig.

Es wurde auch höchste Zeit, denn inzwischen verspürte sie einen Bärenhunger. Sie wischte ihre Hände an einem Lappen ab und war gerade auf dem Weg in die Küche, als es an der Tür klingelte.

Lisa öffnete und sah zu ihrer Überraschung Jared auf ihrer Schwelle stehen. Sofort begann ihr Herz verräterisch zu klopfen, denn er sah geradezu umwerfend aus in Jeans und dem weinroten Polohemd. Doch er war nicht allein gekommen. Auf dem Arm trug er einen etwa zweijährigen Jungen, und an der freien Hand hielt er ein Mädchen von sieben oder acht Jahren.

„Hi.“ Er lächelte sie an.

„Hi.“ Lisa trat einen Schritt zurück und ließ die drei eintreten.

„Das sind meine Nichte Penny und mein Neffe David.“

„Hallo, Penny, hallo, David“, begrüßte Lisa die beiden und strich dem Jungen mit dem Finger über die Wange. „Ich bin Lisa.“

„Wir wollen in den Zoo“, erklärte ihr das Mädchen ernsthaft.

„Ja? Das wird euch sicher großen Spaß machen.“ Sie ging in die Hocke, um mit der Kleinen auf gleicher Höhe zu sein. „Verrätst du mir, welches deine Lieblingstiere sind?“

„Giraffen, Elefanten und Bären.“

„Aha. Elefanten mag ich auch sehr. Meinst du denn, du wirst heute welche sehen?“

„Aber ja, die wohnen doch im Zoo. Onkel Jared hat versprochen, sie uns zu zeigen.“ Penny lachte und entblößte dabei eine Zahnlücke in ihrem Oberkiefer. „Hast du Lust, mit uns zu kommen?“, fragte sie aufgeregt.

Verlegen lächelnd, richtete sich Lisa wieder auf. Sie war sich nicht ganz sicher, wie sie auf die Einladung der Kleinen reagieren sollte, und warf Jared einen fragenden Blick zu.

„Meine Schwester zieht um und muss unbedingt ein paar Stunden ungestört packen“, erklärte er. „Deshalb will ich mit den Kindern in den Zoo. Kommst du mit?“

Lisa war überwältigt. Dann stutzte sie. „Soll das etwa ein Test sein?“, fragte sie ein wenig misstrauisch.

Jared ließ den kleinen Jungen von seinem Arm auf den Boden hinunter. „Ja“, erwiderte er und sah ihr dabei direkt in die Augen. „Bist du bereit?“

„Einverstanden, ich muss mich nur rasch umziehen.“

Das Wetter war genau richtig für einen Besuch im Tierpark. Trotz eines leicht bedeckten Himmels war es angenehm warm. Jared schlug vor, eine Rundtour mit dem Bus zu machen, doch Lisa und Penny wollten lieber zu Fuß gehen.

„Okay“, stimmte Jared zu. Leise und nur für Lisas Ohren bestimmt, sagte er dann: „Wenn die Kinder irgendwann müde sind, können wir immer noch in den Bus steigen.“

„Braucht David keinen Buggy?“, fragte Lisa.

„Nein“, antwortete Penny. „Es muss ihn nur jemand an der Hand nehmen. Los, wir nehmen uns alle an der Hand, das wird lustig.“ Aufgeregt hüpfte sie von einem Fuß auf den anderen.

Die Erwachsenen waren einverstanden. Jared nahm Penny an die Hand und Lisa David. „Und jetzt fasst ihr beiden euch auch noch an“, beharrte Penny. „Die Reihenfolge muss Junge-Mädchen-Junge-Mädchen sein.“

Unvermittelt wurde Lisas Kehle so trocken, dass sie schlucken musste. Aus den Augenwinkeln spähte sie zu Jared hinüber. Er war ihr schon viel zu oft viel zu nahe gewesen. Sie erinnerte sich an jede einzelne seiner Berührungen, und allein der Gedanke daran machte sie ganz kribbelig.

Mit ausdrucksloser Miene hielt Jared ihr seine Hand hin, also blieb Lisa nichts anderes übrig, als ihre hineinzulegen. Als sich seine warmen Finger mit ihren verschränkten, konnte Lisa diese Berührung bis zu ihren Zehenspitzen spüren.

Sie räusperte sich. „Wollen wir bei den Affen anfangen?“, fragte sie mit rauer Stimme.

„Oh ja, bei den Affen, bei den Affen!“, schrien Penny und David begeistert.

Und so verbrachten sie den Tag damit, San Diegos weltberühmten Tierpark zu besichtigen – erst zu Fuß, später dann mit dem Bus. Je länger sie zusammen waren, umso ungezwungener gingen sie alle vier miteinander um, und Lisa gewöhnte sich sogar ein wenig an Jareds Nähe. Immer wieder streiften sich wie zufällig ihre Hüften, Schultern oder Knie. Manchmal fasste Jared sie bei der Hand, ohne von Penny dazu aufgefordert zu werden. Doch so beiläufig und zufällig der Kontakt auch sein mochte, er verfehlte nie seine Wirkung auf Lisa.

Als Letztes hatten sie sich den Streichelzoo aufgehoben. Einträchtig standen sie nebeneinander und beobachteten die spielenden Kinder. Es gab Ziegen und Schafe in allen Größen, die das übermäßige Streicheln, Klopfen und Umarmen entweder passiv über sich ergehen ließen oder aber flohen, so schnell ihre Hufe sie trugen.

David war besonders kühn und kniff einer der kleinen Ziegen ins Ohr. Als sie erschrocken davonsprang und zu ihrer Mutter flüchtete, begann er vor Enttäuschung zu weinen.

„Ist ja gut, David.“ Tröstend nahm Jared ihn auf den Arm. „Komm, wir wollen mal sehen, was es hier noch zu entdecken gibt“, munterte er den Kleinen auf und ging mit ihm ins Hasengehege.

Während Lisa den beiden nachsah, gesellte sich auch Penny zu ihrem Bruder und ihrem Onkel. Die drei gaben ein hübsches Bild ab. Und obwohl sie nicht hören konnte, was gesprochen wurde, war es unübersehbar, wie sehr Jared die beiden Kinder am Herzen lagen.

Er würde einen wundervollen Vater abgeben! Bei diesem Gedanken zog sich ihr Magen schmerzhaft zusammen, und die Kehle wurde ihr eng.

Mit einem Mal hatte die Zukunft ein neues Gesicht bekommen – und Jared war der Grund dafür. Bisher hatte Lisa bei dem Wort Familie immer nur an sich und ihr Kind gedacht. Nun war alles anders. Obwohl weder er noch sie es sich selbst ausgesucht hatten, war er nun ein Teil ihres Lebens.

Sein dunkles Haar glänzte in der Sonne. Lisa sah ihn an und dachte darüber nach, warum sie sich in seiner Gegenwart so ganz als Frau fühlte: schön und begehrenswert.

Langsam ging sie auf den Mann und die beiden Kinder zu. Als sie nahe genug an sie herangekommen war, hörte sie, wie sie über irgendetwas kicherten.

David begann, von einem Fuß auf den anderen zu hüpfen. „Pipi.“

„Ich muss auch“, sagte Penny.

Beim letzten Mal hatte sich Lisa allein um dieses Problem gekümmert, doch nun sollte Jared ruhig auch mal seinen Teil tun. Lächelnd nahm sie Penny bei der Hand. „Wir beide gehen jetzt auf die Damentoilette. Wir treffen euch dann am Ausgang.“

„Sehr witzig.“ Jared nahm den Kleinen auf den Armen. „Wer testet jetzt wen?“

Lisa kicherte. „Wirst du es auch hinkriegen?“

Er straffte die Schultern. „Eine meiner leichtesten Übungen.“

„Keine Sorge, Onkel Jared“, rief Penny ihnen nach. „David weiß, wie es geht!“

Als Jared vor dem Haus seiner Schwester anhielt, wartete sie bereits an der Eingangstür. Nachdem er den Kindern beim Aussteigen behilflich gewesen war, winkte sie ihm zu und bedankte sich. Dann scheuchte sie die beiden Kleinen ins Haus.

„Die haben vielleicht eine Power“, bemerkte Lisa, als Jared wieder hinter dem Lenkrad Platz nahm. „Wo haben sie bloß diese unglaubliche Energie her?“

„Von den Feen. Alles okay mit dir?“, fragte er. Mit den Fingern strich er ihr sanft das honigblonde, zerzauste Haar glatt. Als ihm bewusst wurde, was er tat, zog er seine Hand rasch zurück.

Lisa hielt überrascht den Atem an. Doch sie wollte lieber nicht zu viel in diese Geste hineininterpretieren.

„Ich bin ein bisschen müde, aber sonst ist alles bestens“, erklärte sie und sah ihn neugierig an. „Wie meinst du das, sie hätten die Energie von Feen?“

„Wie wäre es mit einem schönen Abendessen?“, fragte er, statt ihre Frage zu beantworten.

„Sehr gerne.“

„Wunderbar, dann nichts wie los.“

Jared wählte ein Restaurant, das ausgezeichnetes Essen servierte, aber nicht zu elegant für ihre sportliche Freizeitkleidung war. Nachdem sie ihre Bestellung aufgegeben hatten, lehnten sie sich entspannt und wohlig müde von dem langen Tag an der frischen Luft in ihren Stühlen zurück.

„Was hast du vorhin mit den Feen gemeint?“

„Ach, das war nur Unsinn. Vergiss es.“

„Nein, ich möchte es wissen.“

„Ich weiß nicht einmal, ob es ein echtes Märchen ist, oder ob meine Mutter es sich selbst ausgedacht hat.“

„Jetzt bin ich aber wirklich neugierig.“

„Auf deine Verantwortung …“ Geistesabwesend griff Jared nach ihrer Hand. Während er sprach, spielte er mit ihren Fingern, ohne Lisa dabei anzusehen.

„Es war einmal eine Fee. Sie hatte die Aufgabe, alle kleinen Kinder der Welt morgens aufzuwecken. Deswegen nannte man sie die Morgenfee. Eigentlich war sie dem Winterkönig versprochen, doch sie verliebte sich in den Sandmann. Also ging die Morgenfee zu Mutter Natur und bat darum, von ihrem Eheversprechen entbunden zu werden, was diese ihr jedoch verweigerte. Mutter Natur betonte, Versprechen wären dazu da, eingehalten zu werden. Doch die Morgenfee brach ihr Versprechen trotzdem.“

Während er erzählte, sah er Lisa kein einziges Mal an, sondern hielt den Blick unverwandt auf ihre ineinander verschränkten Hände gerichtet. So konnte Lisa ihn in aller Ruhe betrachten.

„Als Mutter Natur das herausfand, wurde sie sehr wütend. Und weil die Morgenfee für ihre Tat bestraft werden musste, sprach Mutter Natur einen Fluch über die Liebenden aus. Der einzige Augenblick, an dem sie sich von nun an noch sehen konnten, und auch das nur für eine winzige Sekunde, sollte der sein, an dem sich ein Kind zwischen Wachen und Schlafen befindet. Um ihren Liebsten so oft wie möglich anschauen zu können, gibt die Morgenfee seitdem den Kindern eine extra Portion Energie, damit sie öfter ermüden und ein kleines Schläfchen halten müssen. Für einen kurzen Moment lang kann sie dann den Sandmann sehen, wenn sie die Kleinen wieder aufweckt.“

„Wie schön“, sagte Lisa träumerisch. „So romantisch und traurig. Aber ich glaube, du hast recht, deine Mutter muss sich diese Geschichte wohl ausgedacht haben, denn ich habe sie noch nie gehört.“

„Es war ihr immer sehr wichtig, uns drei abends ins Bett zu bringen. Sie war nicht emanzipiert wie die Frauen heutzutage, sondern sie hat ihre Rolle als Ehefrau und Mutter stets sehr ernst genommen.“

„Drei?“

„Ich habe eine jüngere und eine ältere Schwester. Joanne, die Mutter von Penny und David, ist ganz in die Fußstapfen unserer Mutter getreten. Und Mary ist Juniorpartnerin einer Kanzlei in Los Angeles.“ Er zögerte kurz und meinte dann: „Ich habe ihnen noch nicht von dem Baby erzählt.“

Da Lisa nicht recht wusste, wie sie auf diese Eröffnung reagieren sollte, nickte sie nur. „Das klingt, als wärst du sehr stolz auf deine Schwestern.“

„Bin ich auch. Als mein Vater starb, fühlte ich mich verantwortlich für sie alle, meine Mutter eingeschlossen. Ich war gerade zweiundzwanzig Jahre alt, kurz vor dem Abschluss meines Studiums, und meine Hochzeit stand unmittelbar bevor.“

Hochzeit? Lisa blinzelte verwirrt. Sie hatte gar nicht gewusst, dass er verheiratet gewesen war. Hatte er nicht gesagt, dass sich seine Ansichten über die Ehe während des Studiums geändert hatten?

Brütendes Schweigen breitete sich zwischen ihnen aus. Dachte Jared gerade an seine Exfrau? Oder war er Witwer? Sie hatten sich bisher so ungezwungen unterhalten, dass Lisa jetzt Angst hatte, ihn zu fragen, weil sie damit womöglich die gute Stimmung zerstörte.

Zu spät. Was auch immer ihm durch den Kopf gehen mochte, sein Blick war hart geworden, und seine Lippen hielt er fest zusammengekniffen. Nein, Lisa würde nicht zulassen, dass er seinen trüben Erinnerungen nachhing.

„Was geschah dann?“, fragte sie sanft.

Er richtete den Blick auf sie, blinzelte, und für einen kurzen Moment glaubte sie, tiefen Kummer in seinen Augen entdeckt zu haben.

„Ich löste meine Verlobung, trat in das Familienunternehmen ein, brachte irgendwie mein Studium zu Ende und war für meine Mutter und meine Schwestern da, wenn sie mich brauchten. Was nicht allzu oft der Fall war, denn sie sind alle drei unabhängig, stark und selbstbewusst.“

Aha, er hatte seine Verlobung also gelöst. Aus welchem Grund hatte er nicht geheiratet? Lisa spürte, dass in der Antwort sein schmerzvolles Geheimnis verborgen lag.

Sie war froh über die Fortschritte, die sie beide heute in ihrer Beziehung gemacht hatten. Doch nun war es an der Zeit, das Thema zu wechseln. Die Gelegenheit dazu ergab sich, als der Ober mit dem Dessertwagen an ihrem Tisch erschien.

„Eigentlich sollte ich lieber verzichten“, sagte sie beim Betrachten all der Köstlichkeiten, obwohl ihr das Wasser im Mund zusammenlief.

Jared fluchte indessen leise in sich hinein. Welcher Teufel hatte ihn nur geritten, dass er von seiner Vergangenheit und zu allem Überfluss auch noch von dieser katastrophalen Verlobung erzählt hatte?

Vielleicht lag es daran, dass Lisa so wunderbar zuhören konnte. Sie stellte keinerlei Fallen, um an interessante Informationen heranzukommen, sondern fragte aus echter Anteilnahme. Einerseits schätzte er sie aufrichtig für diese Charaktereigenschaft, auf der anderen Seite machte sie ihm höllische Angst.

„Sir?“

Gedankenverloren schaute Jared auf, bemerkte den Kellner und schüttelte verneinend den Kopf. Lisa dagegen hatte sich für ein großes Stück Erdbeersahnetorte entschieden.

„Du nimmst nichts? Das ist schön, dann kannst du mir bei meinem Nachtisch helfen. Ich konnte einfach nicht widerstehen, denn ich liebe Erdbeeren!“

Unbefangen rückte sie ihren Stuhl näher und hielt Jared lächelnd eine Gabel voll an die Lippen. Er öffnete den Mund und ließ zu, dass sie ihn mit dem cremigen Dessert fütterte. Er sah ihr beim Kauen unverwandt in die Augen, bis ihr Lächeln erlosch. Wohlweislich gab sie ihm dann ihre Gabel und nahm seine, um damit weiterzuessen.

Wie zwei Teenager saßen sie gemeinsam über einen Teller gebeugt und gingen sogar so weit, dass sie sich darüber zankten, wer den letzten Happen von der Torte bekommen sollte. Lisa gewann, indem sie Jared einfach die übrig gebliebene Erdbeere vor der Nase wegschnappte und sie sich vor Wonne seufzend in den Mund schob.

Am liebsten hätte Jared ebenfalls geseufzt, so sehr erregte ihn ihre sinnliche Freude an der Süßigkeit. Eines stand fest – er hatte sich heute viel zu oft dazu hinreißen lassen, Lisa zu berühren. Sie fühlte sich so warm und weich an, er würde das Gefühl ihres Körpers in seinem Arm wohl nicht so schnell vergessen können.

Mit einer betont lässigen Geste winkte er den Kellner wegen der Rechnung heran. Je früher ich Lisa nach Hause bringe, dachte Jared, umso besser für meinen Seelenfrieden.

Nachdem sie sich im Auto angeschnallt hatte, kuschelte sich Lisa zufrieden in ihren Sitz. Jared, der sie aus den Augenwinkeln heraus betrachtete, kam nicht umhin festzustellen, dass jede ihrer Bewegungen von einer unglaublichen, aber unbewussten Sinnlichkeit geprägt war.

„Vielen Dank für die Einladung, Jared. Der Tag war ganz wundervoll.“

„Du warst mir eine große Hilfe. Die Kinder mochten dich sehr.“

„Das klingt, als wärst du überrascht?“

„Bin ich auch. Ich dachte, du hättest wenig Erfahrung mit Kindern.“

„Dann hast du wahrscheinlich den Teil des Berichts über mich überlesen, in dem steht, dass ich letztes Jahr an einer Schule in La Mesa Zeichenunterricht erteilt habe.“

„Scheint so. Wirst du dieses Jahr auch unterrichten?“

„Nein, ich will mir nicht zu viel zumuten, jetzt wo ich schwanger bin …“ Sie zog die Nase kraus.

Jared lächelte ihr aufmunternd zu. „Damit bin ich sehr einverstanden.“

„Da bin ich aber froh“, gab Lisa mit hochgezogenen Augenbrauen zurück.

Er warf ihr einen raschen Blick zu und sah dann wieder nach vorn auf die Straße. „Kein Grund, sarkastisch zu werden. Ich bin ja ganz deiner Meinung.“ Er brachte den Wagen zum Stehen. „Da wären wir. Ich bringe dich noch zur Tür.“

Wie beim letzten Mal wartete er, bis Lisa aufgeschlossen und das Licht im Flur angeknipst hatte, ehe er sich zum Gehen wandte.

„Möchtest du noch auf einen Kaffee hereinkommen?“

Er schüttelte den Kopf. Das Risiko war ihm zu groß. Er nahm ein Kärtchen aus seiner Tasche und reichte es ihr. „Hier.“

„Was ist das?“

„Eine Terminvereinbarung. Ich habe für diesen Freitag einen Arztbesuch für dich ausgemacht.“

Lisa verschlug es die Sprache. Sie sah das Kärtchen gar nicht erst an, sondern gab es Jared sofort zurück. „Nein, vielen Dank“, sagte sie mit übertriebener Höflichkeit.

„Was ist los?“

„Nichts. Ich brauche weder einen Termin noch einen Arzt, weil ich beides bereits habe.“

„Wann? Bei wem?“

Lisa schwieg.

„Ich habe ein Recht darauf, es zu wissen“, beharrte Jared.

„Und ich habe keine Lust, mit dir zu streiten.“ Sie sah ihn kühl an, ehe sie schließlich antwortete: „Dr. Wilcox, Dienstag in einer Woche.“

Dann schlug sie ihm die Tür vor der Nase zu.

6. KAPITEL

„Oh nein, so ein Mist!“, fluchte Lisa. Mit aller Macht versuchte sie, einen Stapel in Packpapier eingewickelte Bilder aus dem Kofferraum ihres Autos zu zerren. Vergeblich, irgendetwas musste sich verhakt haben. Sie zog erneut und fiel beinahe hinten über, als sich das oberste Bild unvermittelt löste.

Zum Glück umfingen zwei starke Hände von hinten ihre Taille und hielten sie fest.

„Danke“, stieß sie erleichtert hervor. Das war nun schon das zweite Mal innerhalb von zwei Wochen, dass sie beinahe gefallen wäre. Sie musste einfach besser auf sich achten.

Dankbar drehte sie sich zu ihrem Retter um und riss erstaunt die Augen auf, als sie Jared Steele erkannte.

„Du musst unbedingt mehr auf dich aufpassen, du wärst beinahe gefallen. Wenn ich nicht zufällig zur Stelle gewesen wäre …“

Lisa dachte gar nicht daran, auf seinen Tadel einzugehen. Stattdessen sagte sie ironisch: „Ich wünsche dir ebenfalls einen schönen guten Morgen.“

„Alles in Ordnung?“

„Aber ja“, bekräftigte sie und fuhr, um ihn abzulenken, fort: „Ich hatte Eier und Toast zum Frühstück, und fürs Mittagessen habe ich ein Thunfischsandwich und Selleriesalat dabei.“ Jared hatte sie in der letzten Woche mindestens einmal täglich angerufen, sich nach ihrem Befinden erkundigt und gefragt, was sie gegessen hatte. Inzwischen war Lisa schon so daran gewöhnt, dass sie ihm beides ungefragt von sich aus mitteilte.

„Und Milch?“, fragte er mit ernster Stimme, aber in seinen Augen funkelte es lustig.

„Und Milch“, stimmte sie ihm zu.

„Sollen diese Bilder aus dem Kofferraum heraus oder hinein?“ Er nahm ihr das Paket ab.

„Ich wollte sie in die Galerie bringen.“

„Das erledige ich für dich.“

„Eines kann ich selbst nehmen.“

„Kommt nicht infrage.“

„Jared! Ich bin doch keine Invalidin“, entfuhr es ihr ungnädig. Dieser Mann konnte ein solcher Dickschädel sein! „Also gut, ich gehe voraus.“

„Ich dachte, du erledigst die Buchhaltung. Wieso trägst du also schwere Bilder durch die Gegend?“

Der missmutige Unterton in seiner Stimme war nicht zu überhören. Lisa biss sich auf die Unterlippe, um eine heftige Antwort zu unterdrücken. Sie wusste ja, dass er sie nicht absichtlich reizen wollte. Sein Beschützerinstinkt ging einfach mit ihm durch. Trotzdem riet ihr ihr Selbsterhaltungstrieb, Jared in die Schranken zu weisen.

„Hör mal, ich bin stark und gesund und kann auf mich selbst aufpassen. Ich werde nichts tun, das mein Kind gefährden könnte. Ein Füller ist das Schwerste, was ich normalerweise hebe. Dies hier sind einige meiner eigenen Bilder, die ich der Besitzerin dieser Galerie, Mrs. Dumond, zeigen will.“

„Sollen sie ausgestellt werden?“

„Keine Ahnung. Vielleicht. Ich hoffe es.“

Nachdem sie ihm die Tür aufgehalten hatte, führte Lisa Jared durch die Galerie und stellte ihn allen Mitarbeitern einschließlich Mrs. Dumond vor. Als sie dann in ihrem Büro und allein waren, rückte Lisa mit ihrer Frage heraus: „Warum bist du eigentlich hergekommen?“

„Um dich zum Arzt zu fahren.“

Ein Blick auf die Uhr auf ihrem Schreibtisch sagte Lisa, dass er recht hatte. Wenn sie nicht zu spät kommen wollte, musste sie sich unverzüglich auf den Weg machen. Dann erst ging ihr der Sinn seiner Worte richtig auf.

„Um mich zum Arzt …“ Unfähig, den angefangenen Satz zu beenden, starrte sie Jared fassungslos an. „Du wirst mich natürlich nicht zum Arzt fahren.“

„Doch, das werde ich.“

Wie konnte ein Mensch nur so unbeschreiblich arrogant sein? „Nein.“

„Doch.“ Er sah auf seine Armbanduhr. „Wir müssen sofort los, sonst kommen wir zu spät.“

„Ich fahre nicht mit dir.“

„Du bist wirklich unvernünftig.“

„Und du bist unausstehlich!“ Lisa griff nach ihrer Handtasche und wollte an Jared vorbei aus der Tür schlüpfen, doch er verstellte ihr den Weg.

„Es bringt doch nichts, wenn wir mit zwei Autos die gleiche Strecke fahren.“

„Genau. Du wirst mich nämlich nicht begleiten. Entschuldige mich jetzt bitte.“ Sie stieß ihn zur Seite und eilte zu ihrem Nissan.

„Lisa!“ Jared war ihr gefolgt. „Hör mir doch zu!“

„Auf Wiedersehen, Jared.“ Nachdem sie sich hinters Lenkrad gesetzt hatte, schlug sie ihm die Autotür vor der Nase zu. Ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen, legte Lisa den Rückwärtsgang ein und fuhr aus der Parklücke.

Ihr Herz klopfte wie verrückt. So eine Unverschämtheit! Diesen dreisten Einbruch in ihre Privatsphäre würde sie sich nicht länger gefallen lassen.

Als sie die Praxis betrat, hatte sie sich noch immer nicht beruhigt. Ungeduldig füllte sie die notwendigen Formulare aus und wartete, bis sie ins Untersuchungszimmer gebeten wurde. Anschließend zog sie sich wieder an und ging zu ihrer Gynäkologin ins Sprechzimmer.

Dr. Wilcox war nicht allein. Vor ihrem Schreibtisch saß Jared auf einem der Besucherstühle!

Wie betäubt nahm Lisa neben ihm Platz.

„Ich habe Mr. Steele gerade nach seiner Blutgruppe befragt“, begann die Ärztin. „Zum Glück ist sie mit Ihrer verträglich, sodass wir von dieser Seite keine Probleme zu erwarten haben.“

Während sie fieberhaft überlegte, wie sie mit dieser Situation umgehen sollte, nickte Lisa. Sie hatte nur zwei Möglichkeiten – entweder dieses Gespräch einigermaßen anständig über die Bühne zu bringen oder aber eine Szene zu machen, die sich gewaschen hatte – und die Jared ihr gewiss nicht verzeihen würde. Sie entschied sich für die erste Alternative.

„Sie sind in guter körperlicher Verfassung, Lisa“, fuhr die Ärztin fort. „Ich werde Ihnen einen Diätplan mitgeben, der allerdings nur als Anhaltspunkt dienen soll. Sie werden selbst merken, was Ihnen gut tut und was nicht. Ihr Appetit wird in der nächsten Zeit zunehmen, und ich empfehle Ihnen, lieber mehrere kleine Mahlzeiten zu sich zu nehmen, als drei große.“

Lisa streckte die Hand nach dem Diätplan aus, doch Jared kam ihr zuvor und las ihn erst sorgfältig durch, ehe er ihn an sie weiterreichte. Dieses Verhalten brachte sie schon wieder gehörig auf die Palme, und nur mühsam konnte sie ihr Temperament im Zaum halten.

„Ich verschreibe Ihnen ein Vitaminpräparat sowie Eisen und Kalzium“, sagte Dr. Wilcox. „Wir sehen uns regelmäßig alle vier Wochen bis zum achten Monat, und ab dann vierzehntägig. Haben Sie noch Fragen an mich?“

Lisa schüttelte stumm den Kopf. Nichts war so wichtig, dass es in Jareds Gegenwart besprochen werden musste. Sie würde noch einmal anrufen oder wichtige Fragen bei ihrem nächsten Termin vorbringen.

Jared war weniger zurückhaltend „Was empfehlen Sie ihr bei Schmerzen, zum Beispiel Kopfweh?“

Einige Minuten lang hörte Lisa zu, wie die beiden über die Vor- und Nachteile von verschiedenen Medikamenten diskutierten. Gelangweilt sah sie auf ihre Armbanduhr und überlegte, ob sie sich nicht mit einer Entschuldigung einfach schon verabschieden sollte.

„Wie steht es mit Sex?“, wollte Jared plötzlich wissen.

Sie traute ihren Ohren nicht. „Wie bitte?“

„Kein Grund zur Verlegenheit, Lisa. Diese Frage wird häufig gestellt.“ An Jared gewandt, fügte die Gynäkologin hinzu: „Es bestehen keinerlei Einwände dagegen.“

„Vielen Dank für Ihre Hilfe, Dr. Wilcox.“ Lisa stand abrupt auf. „Ich werde meinen nächsten Termin mit Ihrer Arzthelferin abstimmen. Jared?“ Damit drehte sie sich auf dem Absatz um und verließ das Sprechzimmer.

Jared folgte ihr auf dem Fuß. „Lisa.“ Er griff nach ihrer Hand. „Ich weiß, es gefällt dir nicht, dass …“

Sie machte sich los. „Der Waffenstillstand ist vorüber!“

„Mach dich doch nicht lächerlich! Verstehst du denn nicht, wie wichtig das alles für mich ist? Es geht hier schließlich auch um mein Kind. Ich habe das Recht …“

„Sei still.“ Bei ihrem Auto angekommen, fuhr Lisa zu Jared herum. „Auch ich habe Rechte. Eines davon betrifft meine Intimsphäre. Wir sprechen uns erst wieder, wenn du das eingesehen hast.“

Während sie vor Wut bebte, wühlte sie in ihrer Tasche nach dem Autoschlüssel. Als sie ihn endlich gefunden hatte, gelang es ihr nicht, ihn ins Schloss zu stecken, so sehr zitterten ihre Hände.

„Komm her, ich helfe dir.“ Unbeeindruckt von ihrer schlechten Laune, streckte Jared die Hand aus.

„Das kann ich allein!“ Rasch entfernte Lisa den Schlüssel aus seiner Reichweite. „Ich kann laufen und Dinge tragen und weiß sogar, wie ich mich ernähren und welche Fragen ich meiner Ärztin stellen muss. Und mein Liebesleben geht dich nicht das Geringste an! Geh mir auf der Stelle aus den Augen, ehe ich handgreiflich werde!“

Er trat einen Schritt zurück und steckte die Hände in die Hosentaschen. „Ich rufe dich an“, sagte er dann gelassen.

„Alles, bloß das nicht!“

„Ich kann einfach nicht glauben, dass du ihm mit Schlägen gedroht hast. Ausgerechnet so ein sanftmütiges Wesen wie du!“ Ungläubig lachend, schüttelte Ashley den Kopf. Die beiden Frauen saßen in Lisas Wohnzimmer auf dem Teppichboden, aßen Popcorn und sahen sich gemeinsam einen Videofilm an.

„In dem Moment war mir einfach nach roher Gewalt zu Mute“, erwiderte Lisa. „Da fragt dieser Kerl doch meine Ärztin, ob ich Sex haben darf! Ist es zu fassen?“

„Wann war das eigentlich? Offenbar habe ich die interessantesten Dinge verpasst, während ich in New York war!“

„Ungefähr vor eineinhalb Wochen. Seitdem habe ich nichts mehr von ihm gehört. Nur diese Blumen da hat er heute Morgen geschickt.“

Ashley begutachtete das exotische Arrangement auf Lisas Wohnzimmertisch. „Wie hübsch!“

„Das soll wahrscheinlich ein Friedensangebot sein.“

„Ich bin beeindruckt. Wirst du ihn anrufen?“

Lisa hob die Schultern. „Weiß ich noch nicht.“

Ihre Freundin bedachte sie mit einem prüfenden Blick. „Du willst ihn wohl schmoren lassen, stimmt’s?“

„Vielleicht. Verdient hätte er es auf alle Fälle. Du solltest bloß mal die Akte sehen, die er über mich hat anfertigen lassen!“

„Akte? Zeig her.“

Rasch überflog Ashley die Seiten. „Unglaublich. Da ist jedes einzelne Heim aufgezählt, in dem du warst. Ich dachte, solche Informationen seien vertraulich.“

„Eigentlich schon. Anscheinend verfügt dieser Zack Farrell über hervorragende Beziehungen.“

„Farrell?“ Nachdenklich zog Ashley die Nase kraus. „Das hätte ich mir gleich denken können. Der arbeitet doch mit Gangstermethoden!“

Lisa musste lachen. „Ich hatte ganz vergessen, dass ihr euch ja schon mal begegnet seid. Er hat wohl einen bleibenden Eindruck bei dir hinterlassen, was?“

Ashley überhörte ihre Worte und fuhr fort, in der Mappe herumzublättern. „Das ist ungesetzlich, weißt du das? Du könntest die beiden vor Gericht bringen.“

„Ich habe nicht die Absicht. Unsere Situation ist schon schwierig genug.“

„Du bist einfach zu anständig! Ich an deiner Stelle wäre knallhart. Du darfst diesem Jared nicht alles durchgehen lassen.“

„Das tue ich ja keineswegs. Aber wie soll ich ihm bloß begreiflich machen, dass er nicht einfach in mein Privatleben eindringen kann?“

„Zahle es ihm mit gleicher Münze heim“, erwiderte Ashley mit einem Schulterzucken.

„Aber wie? Ich habe keine Lust und auch nicht die finanziellen Mittel, einen Privatdetektiv anzuheuern.“

„Musst du gar nicht. Bestimmt reicht es schon, wenn du Steele damit drohst. Oder besser noch, quetsch ihn selbst aus.“

Lisa klatschte in die Hände. „Das gefällt mir! Ich verlange Einsicht in Vermögensunterlagen, will alles über seine Familie wissen und sämtliche Zeugnisse sehen. Gleiches Recht für alle! In Jareds Wohnung werde ich mich ebenfalls gründlich umschauen, da war ich nämlich noch nicht. Wenn schon, denn schon.“

„Du machst Fortschritte, meine Liebe“, lobte Ashley. „Trotzdem solltest du dich zur Sicherheit von einem Juristen beraten lassen. Ich wette, Jared hat seine rechtlichen Möglichkeiten längst ausgelotet.“

„Meinst du?“, fragte Lisa nachdenklich. „Also gut, ich bin einverstanden. Vereinbare einen Termin bei deinem Anwalt für mich. Aber du musst auf jeden Fall mitkommen.“

Ashley legte ihr aufmunternd einen Arm um die Schultern. „Das ist eine weise Entscheidung. Du wirst es nicht bereuen, glaub mir.“

Doch genau das tat Lisa, als sie Freitagnachmittag in einem tiefen Ledersessel in einem äußerst exklusiv möblierten Büro hockte. Der Geruch nach Kaffee und schwerem Zigarrenrauch bereitete ihr Übelkeit.

Ashley, im roten Blazer und schwarzem Minirock, saß links neben ihr.

Zwanzig Minuten dauerte die Unterredung mit Edward Hatchard, dem Chef der Sozietät, nun schon.

Zuerst hatte sich Lisa gegen die sehr persönlichen Dinge gesträubt, die er von ihr wissen wollte. Mr. Hatchard machte ihr jedoch rasch klar, dass er diese Informationen brauchte, und dass darüber hinaus die Gegenseite sehr viel rüder in ihren Fragen sein würde als er.

Das änderte nichts an der Tatsache, dass sich Lisa erniedrigt und total elend fühlte. Wie gelähmt saß sie da und starrte den Anwalt geschockt an.

Ashley dagegen reagierte prompt. Sie sprang auf und fuchtelte wild mit den Händen herum. „Jetzt ist es aber genug!“, rief sie erregt. „Miss Langdon kam zu Ihnen, um Ihren Rat einzuholen und nicht, um verhört zu werden. Ich kann nicht nachvollziehen, was die von ihr bevorzugte Art der Verhütung mit ihren Rechten in einem Sorgerechtsprozess zu tun haben soll.“

„Bitte nehmen Sie doch wieder Platz, Miss Todd, und beruhigen Sie sich. Falls es zu einem Prozess kommen sollte, wird das Gericht Miss Langdons gesellschaftliches und sexuelles Leben genauestens unter die Lupe nehmen. Darauf müssen wir vorbereitet sein.“

„Mr. Hatchard …“, versuchte Lisa, das Gespräch wieder unter Kontrolle zu bekommen, „… ich habe wirklich nicht die geringste Absicht, einen Prozess anzustrengen. Ich bin nur hier, um mich über meine Rechte zu informieren.“

„Nun, darüber kann ich Ihnen keine verbindliche Auskunft erteilen. In sogenannten Leihmütterverfahren gaben viele Richter der leiblichen Mutter das Sorgerecht, es gab aber auch fast ebenso viele Entscheidungen zugunsten des Spenderpaares. In Ihrem Fall stehen die Chancen ungefähr zwei Drittel zu Ihren Gunsten. Allerdings ist Mr. Steele ein Mann von großem Einfluss, dessen Sperma Sie noch dazu versehentlich erhielten …“

„Genug damit, Hatchard“, unterbrach Ashley ihn. „Wir kennen die Situation und wollen nur wissen, wie die Rechtslage ist.“

„Wie gesagt, ich kann für nichts garantieren, aber Miss Langdon hätte in einem Prozess gegen die Klinik recht gute Erfolgsaussichten. Da können wir mit einer hohen Entschädigung rechnen. Bei einem Sorgerechtsverfahren allerdings sieht es weniger gut aus. Ich würde auf gemeinsames Sorgerecht plädieren. Auf diese Weise könnten wir Mr. Steele zu Unterhaltszahlungen verpflichten. Die Öffentlichkeit stünde sicher hinter Miss Langdon und …“

Zitternd erhob sich Lisa aus ihrem Sessel. Sie hatte genug gehört. Mit gezwungener Höflichkeit streckte sie dem Anwalt ihre Hand hin. „Vielen Dank für Ihre Mühe, Mr. Hatchard, aber ich muss jetzt leider gehen. Auf Wiedersehen.“

Ashley erhob sich ebenfalls, um sich zu verabschieden. Gemeinsam verließen sie das Büro. Im Fahrstuhl schloss Ashley ihre Freundin tröstend in die Arme. „Es tut mir so leid.“

„Das war doch nicht deine Schuld.“ Lisa erwiderte die Umarmung und trat dann einen Schritt zurück. „Du hattest vollkommen recht, ich musste mich juristisch beraten lassen. Viel schlauer bin ich jetzt zwar auch nicht. Aber nach wie vor steht fest, dass ich auf keinen Fall vor Gericht ziehen will. Jared ist für die ganze Geschichte ebenso wenig verantwortlich wie ich. Nur weil er Geld hat, werde ich ihn doch nicht zu Unterhaltszahlungen zwingen. Außerdem will ich mein Privatleben nicht an die Öffentlichkeit zerren lassen.“

„Und was hast du jetzt vor?“

„Gleich morgen früh werde ich zu Jared gehen. Auf ein gemeinsames Sorgerecht können wir uns sicherlich auch so einigen. Dazu brauchen wir kein Gericht.“

Nachdem sich die Fahrstuhltüren im dritten Stock lautlos geöffnet hatten, trat Lisa auf einen eleganten Flur hinaus. Sie sah auf ihre Armbanduhr. Es war neun Uhr fünfzehn am Samstagmorgen. Nicht zu früh, wie sie fand, um Jared Steele einen Besuch abzustatten.

Zwei Wohnungstüren befanden sich auf dieser Etage, doch beide besaßen weder Klingelknopf noch Namensschild. Aufs Geratewohl entschied sich Lisa für die Tür auf der Südseite. Ehe sie anklopfte, atmete sie ein einige Male tief durch. Doch nichts rührte sich in der Wohnung.

Nach einer Minute klopfte sie noch einmal entschiedener, worauf die Tür unvermittelt von einer untersetzten dunkelhaarigen Frau aufgerissen wurde. „Ja bitte?“

„Ich möchte zu Jared Steele“, sagte Lisa.

„Er ist da. Ich wollte gerade gehen, aber ich sage ihm Bescheid. Wie war doch gleich Ihr Name?“

Noch ehe Lisa antworten konnte, tauchte Jared auf. Er hatte offensichtlich gerade geduscht, denn er trug einen Bademantel, und sein Haar glänzte feucht. Als er sie sah, stieß er einen überraschten Laut aus.

„Hallo!“ Strahlend lächelnd, ging Lisa an der Frau vorbei auf ihn zu.

Sorgenvoll blickte er Lisa entgegen. „Ist etwas passiert?“

„Aber nein. Ich habe deine Blumen erhalten und glaube, dass wir miteinander reden müssen.“

„Wirklich alles in Ordnung mit dem Baby?“

„Gewiss.“

„Und mit dir auch?“

„Ja.“

„Du hättest vorher anrufen sollen.“ Der Ausdruck in Jareds Augen wurde merklich kühler.

„Vielleicht.“ Anlässlich der Wichtigkeit ihres Besuches verstärkte Lisa ihr Lächeln noch. „Wie gesagt, danke für die Blumen. Aber ehe ich einem Waffenstillstand zustimmen kann, brauche ich einige Informationen von dir. Ich habe hier eine Liste aufgestellt.“ Während sie ihm das Papier hinhielt, schaute sie sich suchend um. „Ich warte dort im Wohnzimmer, bis du angezogen bist.“

„Was zum …“ Nach einem einzigen Blick auf die Liste hielt Jared Lisa zurück. Seine Finger schlossen sich um ihr Handgelenk, nicht fest genug, um ihr weh zu tun, aber doch so kräftig, dass sie ihm folgen musste. „Im Wohnzimmer wirst du nicht warten. Komm mit.“

Die Frau, die vorhin die Tür geöffnet hatte, war inzwischen verschwunden – offensichtlich die Haushälterin.

Jared zog Lisa hinter sich her über den Flur in sein Schlafzimmer. Der Raum war ganz in Silbergrau und Schwarz gehalten und strahlte ebenso viel Männlichkeit aus wie sein Bewohner.

„Was zum Teufel bildest du dir eigentlich ein? Einfach hier unangemeldet hereinzuschneien und dann auch noch Forderungen zu stellen?“ Mit wütenden Bewegungen entledigte er sich seines Bademantels und ging dann, nur mit knappen grauen Boxershorts bekleidet, zu seinem Schrank. Unbeeindruckt ließ sich Lisa in einen Sessel fallen und beobachtete Jared ohne jede Verlegenheit.

„Seit fast zwei Wochen hast du nichts von dir hören lassen, und dann kommst du mit so etwas!“ Angewidert warf er ein Paar Jeans, gefolgt von einem hellblauen Hemd, aufs Bett. „Du hast kein Recht, einfach hier anzutanzen“, fuhr er wütend fort. „Sich näher kennenzulernen bedeutet doch nicht automatisch, in die Privatsphäre eines Menschen einzudringen.“

Lisa hörte nur mit halbem Ohr zu – zu sehr faszinierte sie sein Anblick. Selbst jetzt, wo er so außer sich war, wirkten Jareds Bewegungen immer noch geschmeidig wie die einer Wildkatze. Sein gebräunter, muskulöser Körper war die reinste Augenweide. Die dunklen Haare auf seiner Brust glitzerten noch feucht, und Lisa ertappte sich bei dem Verlangen, diese Feuchtigkeit von seiner Haut zu lecken. Woher diese plötzliche sexuelle Anziehungskraft auch kam, Lisa schämte sich ihrer nicht.

Doch je mehr sein Körper Stück für Stück unter der Kleidung verschwand, umso deutlicher drangen seine Worte in ihr Bewusstsein. Ausdrücke wie ‚neugierig‘ und ‚herumschnüffeln‘ erregten als Erstes ihre Aufmerksamkeit. Und als er schließlich von seinen Rechten und seiner Verantwortung anfing, war sie ganz bei der Sache.

„… einfach hier unangemeldet aufzutauchen! Du bist mit meinem Kind schwanger, das ist eine Tatsache, bedeutet aber noch lange nicht, dass du jederzeit in meiner Wohnung erwünscht bist. Ich hatte jedoch schon befürchtet, dass etwas in der Art geschehen könnte.“

Lisa hatte genug. Während sie seinen Blick mit der gleichen Verachtung erwiderte, erhob sie sich. „Du warst es doch, der in mein Leben ohne Vorwarnung oder Erklärungen ganz nach Belieben eingedrungen ist! Du hast in meiner Vergangenheit herumgeschnüffelt, bist zu mir nach Hause gekommen und hast versucht, mir mein Kind abspenstig zu machen. Ständig rufst du an und fragst, was ich mache, wo ich gewesen bin und wie ich mich ernähre. Wenn das kein Eindringen in meine Privatsphäre ist, dann weiß ich nicht! Aber ich habe es ertragen und dich dazu, weil ich das Recht meines Kindes auf seinen Vater akzeptiere.“

Sie zögerte kurz und fügte dann hinzu: „Ich habe absichtlich nicht angerufen, bevor ich herkam, und ich habe diese Liste aufgestellt, weil du eine Lektion bitter nötig hattest. Ich gehöre nicht zu deinen Besitztümern, also hör auf, mich so zu behandeln!“

Während ihrer ganzen Rede veränderte sich Jareds Haltung in keiner Weise. Er blieb uneinsichtig. Deshalb gesellte sich jetzt auch noch Verzweiflung zu Lisas Wut. Mit langen, tiefen Atemzügen versuchte sie, ihrer Erregung Herr zu werden. „Ich verstehe ja, dass du unter irgendeinem Ereignis aus deiner Vergangenheit leidest …“

„Wie bitte?“, fuhr er sie an. „Wer hat über meine Vergangenheit geplaudert?“

„Niemand. Jedes Wort aus deinem Mund, jede deiner Bewegungen, dein ganzes Benehmen, alles wirkt wie ein Schutzschild gegen weitere Verletzungen.“

„Du weißt doch gar nicht, wovon du redest!“

„Das weiß ich sehr wohl. Schmerz ist Schmerz, egal was ihn hervorruft.“

Nervös fuhr sich Jared mit der Hand durchs Haar. „Ich wusste ja, dass du dich nicht mit dem zufriedengeben kannst, was ich dir anbiete.“

„Du weißt überhaupt nichts über mich oder meine Wünsche! Ich stelle keine Forderungen an dich und habe dich auch nicht gebeten, bei mir hereinzuschneien. Ich wollte mein Baby ganz für mich allein. Und zum ersten Mal schwanger zu sein ist für mich auch irgendwie unheimlich, verstehst du?“

Als Jared weiterhin beharrlich schwieg, fragte sich Lisa, warum sie nicht einfach ging, statt hier zu stehen und einen aussichtslosen Kampf zu kämpfen.

„So wie die Dinge nun einmal liegen, glaubte ich, wenigstens jemanden zu haben, mit dem ich diese ganz neue Erfahrung teilen könnte. Weit gefehlt! Wie können wir ein gemeinsames Kind haben, wenn zwischen uns keine wie auch immer geartete Beziehung herrscht? Eines will ich dir noch sagen, Jared Steele: Die Tatsache, dass du meinen Kontostand oder meinen gesundheitlichen Zustand kennst, macht dich noch lange nicht zum Vater!“

„Ich habe dich fast jeden Tag angerufen.“

Lisa machte eine unwillige Handbewegung. „Um zu erfahren, was ich gegessen habe!“ Er begriff einfach nicht. „Ich weiß, dass du mich auch nicht eingeplant hattest. Aber ich werde mich nicht in Luft auflösen, nur um es dir leicht zu machen!“

„Nichts an dieser ganzen Situation ist mehr einfach, seit du daran beteiligt bist!“, versicherte Jared höhnisch.

„Seit ich schwanger bin, meinst du wohl. Ohne mich gäbe es gar kein Kind!“

Seine Miene wurde noch mürrischer. Die ganze Unterhaltung lief nicht im Geringsten so, wie es sich Lisa erhofft hatte. Es war höchste Zeit, auf den Kern zu kommen.

„Du wirst dich entscheiden müssen“, fuhr sie fort. „Entweder du vergisst das Baby und hältst dich aus unserem Leben heraus, oder du gehst eine Verpflichtung ein. Wenn wir eine echte Beziehung zueinander aufbauen, können wir unser Kind gemeinsam und als gleichberechtigte Partner aufziehen.“

Nachdem sie ihm dieses Ultimatum gestellt hatte, hielt sie den Atem an und wartete gespannt auf Jareds Reaktion.

Stirnrunzelnd überdachte er ihren Vorschlag. „Und wenn ich nicht einverstanden bin mit diesen beiden Alternativen?“, fragte er schließlich. „Wenn ich vor Gericht gehe, um das alleinige Sorgerecht für mein Kind zu erkämpfen?“

„Nein!“, schrie Lisa entsetzt auf. „Das kannst du nicht!“ Mühsam rang sie um Selbstbeherrschung. „Ich kenne meine Rechte. Dieses Kind gehört mir.“

Seine blauen Augen verengten sich zu Schlitzen. „Und mir.“

Verzweifelt spielte sie ihren letzten Trumpf aus: „Ich bin sicher, du wirst nicht vor Gericht ziehen. Abgesehen davon, dass es überaus peinlich wäre, wirst du doch dein Kind und deine Familie nicht der Qual eines solchen Prozesses aussetzen!“

Jareds provokatives Schweigen machte Lisa rasend. Seit sie seine Wohnung betreten hatte, versuchte sie, Ruhe und einen kühlen Kopf zu bewahren. Ohne Erfolg – ohnmächtige Wut hatte die Oberhand gewonnen.

„Du willst doch nur bluffen, Jared. Es macht mich krank, wie du mich mit deinen miesen Spielchen in Angst und Schrecken versetzt. Das Kind bedeutet dir doch nicht mehr als eine Unterschrift unter einem Vertrag!“

Für einen Augenblick meinte sie, eine tiefe Qual in seinem Blick aufflackern zu sehen, doch gleich darauf waren seine Augen wieder kalt und hart.

„Ich bin eine Mutter, die versucht, ihr Kind zu schützen.“

„Vor dem Vater?“, fragte er.

„Wenn es sein muss.“

„Nein.“

„Doch.“ Lisa hatte plötzlich einen gallebitteren Geschmack im Mund, und Tränen brannten ihr in den Augen. „Dein ganzes Gerede über Gerichtsverfahren und alleiniges Sorgerecht machen es nötig. Du glaubst, mit deinem Geld kannst du dir alles kaufen, was du möchtest.“ Die Worte sprudelten nur so aus ihr hervor.

Mittlerweile war sie an einem Punkt angelangt, wo sie sein gefühlloses Gebaren keine Sekunde mehr ertragen konnte. „Wir leben nicht mehr im Mittelalter. Wir Frauen können über unseren Körper selbst bestimmen. Ich sollte wohl am besten Schluss machen mit …“

Entsetzt schlug sie sich die Hand vor den Mund. Mit weit aufgerissenen Augen begann sie, am ganzen Körper zu zittern. Die Worte, die sie besser nicht ausgesprochen hätte, hallten dröhnend in ihrem Kopf wider.

Hatte sie die Tränen eben noch zurückhalten können, so liefen sie ihr nun in Strömen übers Gesicht. Die Angst um ihr ungeborenes Kind nahm Lisa auch das letzte bisschen Kraft, das ihr noch verblieben war.

Verzweifelt umklammerte sie mit beiden Händen ihren Bauch, sackte auf die Knie und wiegte sich langsam wie in Trance hin und her …

7. KAPITEL

Die Sorge um Lisa ließ Jareds Wut im Nu verpuffen. Unfähig, ihrer Qual tatenlos zuzusehen, nahm er in Kauf, scharf von ihr zurückgewiesen zu werden, und hob sie vom Boden hoch.

Er setzte sich mit ihr in den Sessel, nahm sie auf den Schoß und begann sie wie ein Kind sanft zu wiegen. Anscheinend wirkte die gleichmäßige Bewegung beruhigend auf Lisa, denn sie schmiegte sich Schutz suchend in seine Arme.

„Es tut mir so leid“, flüsterte sie nach einer Weile schluchzend.

Auch Jared tat es leid. Er hatte sich wie ein Schuft benommen. Schlimmer noch …

„Es ist alles gut“, versicherte er ihr mit ungewohnt rauer Stimme. „Das Baby ist in Sicherheit. Ihm kann nichts passieren.“

„Ich habe es nicht so gemeint, dass musst du mir glauben. Niemals würde ich dem Baby Schaden zufügen, niemals, das schwöre ich!“

„Natürlich nicht“, erwiderte Jared und dachte an seine Vergangenheit und an die Frau, die ein Kind aus vorsätzlicher Bosheit abgetrieben hatte. Wie unterschiedlich sie doch waren, Beth und Lisa, die bei der bloßen Erwähnung von Abtreibung schon in Panik ausbrach.

Weil Lisa immer noch weinte, drückte er sie fester an sich, während er ihr beruhigend übers Haar strich. Das Bedürfnis, sie zu trösten, war stärker als alle anderen Gefühle wie Schuldbewusstsein oder Scham. Und auch der letzte Rest seines unangebrachten Zornes verflog angesichts ihres weichen Körpers, der sich eng an ihn kuschelte. Nur er, Jared, konnte ihr in diesem Moment die Sicherheit geben, die sie brauchte.

„Bitte hör auf zu weinen“, bat er leise ganz nah an ihrem Ohr. „Es tut mir in der Seele weh, wenn ich dich so sehe. Alles wird wieder gut.“

Dann begann er sinnlose, zärtliche Worte zu flüstern. Und ganz allmählich löste sich die Spannung in Lisas Körper, und ihre Tränen versiegten.

„Ich bin ein Dummkopf.“ Verlegen richtete sie sich auf.

„Besser?“ Er folgte mit der Fingerspitze der feuchten Spur, die eine Träne auf ihrer Wange hinterlassen hatte.

Lisa dachte über seine Frage nach. Ihr war klar, dass ihre starke physische Reaktion auf ihn – logisch betrachtet – geradezu lächerlich war. Auf der Gefühlsebene jedoch sah die Sache ganz anders aus. Sie nickte schließlich, senkte den Kopf und küsste ihn impulsiv auf die zarte Haut unter seinem rechten Ohr.

Jared umschloss ihr Kinn mit der Hand und drehte sacht ihren Kopf, bis sich ihre Lippen trafen und zu einem leidenschaftlichen Kuss verschmolzen. Die gegenseitige Anziehung, die sie beide von Anfang an zu unterdrücken versucht hatten, ließ sich nun nicht länger leugnen, sondern explodierte mit der Wucht eines Dampf speienden Geysirs.

Mit unverhohlenem Begehren ließ Jared seine Zunge durch ihren Mund gleiten, und Lisa erwiderte gierig sein sinnliches Spiel. Sie zerrte ungeduldig an seinem Hemd und schob es ihm über die Schultern. Als ihre Hände nun über seine nackte, heiße Haut glitten, spannten sich seine Muskeln vor Erwartung.

Sie schlang ihm die Arme um die Taille und erkundete mit den Fingerspitzen die Glätte seiner Haut. Und endlich durfte sie tun, wonach sie sich schon vorher gesehnt hatte … sie leckte einen Wassertropfen von seiner dunkel behaarten Brust.

„Mmh …“ Ein lustvoller Seufzer drang aus ihrer Kehle, die vor Leidenschaft wie zugeschnürt war.

„Lisa“, stöhnte auch Jared auf, suchte aber sofort wieder hungrig ihren Mund. Sie schmeckte so gut, so warm, süß und erwartungsvoll. Der Duft ihres Parfüms umhüllte ihn und verführte ihn dazu, die Punkte zu suchen, wo das Blut dicht unter der Haut fließt. Unter seinen Lippen und Fingerkuppen spürte er ihren Puls so verrückt rasen wie seinen eigenen. Und trotz all seiner Begierde versuchte er doch, sich darüber klar zu werden, was hier mit ihm geschah.

Noch keine Frau hatte es bisher geschafft, ihn allein durch ihre Berührung so schnell an den Punkt zu treiben, an dem es kein Zurück mehr gibt. Und obwohl Jared kaum noch zu einem klaren Gedanken fähig war, wollte er diesen Punkt doch nicht ohne Lisas Einverständnis überschreiten.

Er fasste sie bei den Schultern und hielt sie ein wenig von sich weg.

Verwirrt sah Lisa mit großen, vor Sinnlichkeit verschleierten Augen zu ihm auf. „Bitte, Jared, mach weiter, liebe mich.“

„Lisa.“ Um Klarsicht bemüht, schüttelte er den Kopf. „Weißt du, was du da von mir verlangst?“

„Das weiß ich ganz genau“, erwiderte sie rau, aber bestimmt. Sie hatte ihre Gefühle vollkommen unter Kontrolle. „Ich werde dies niemals bereuen, Jared. Mach mir unser Baby, ja?“

Ihre Bitte traf ihn mitten ins Herz. Die Kehle wurde ihm eng, sein Herz schlug schneller, und in seinen Lenden breitete sich die Lust aus wie ein ziehender Schmerz. Als Lisa sich wieder in seine Arme schmiegte, gab es kein Halten mehr. Jared hob sie auf und trug sie zu seinem Bett.

Er trat einen Schritt zurück, um sich seiner restlichen Kleidung zu entledigen. Dabei ließ er sie keinen Augenblick aus den Augen. Lisa beobachtete ihn voller Erwartung, bis er schließlich nackt und erregt zu ihr zurückkam.

Ihr Körper bog sich ihm entgegen und drängte sich an ihn. Dann hob sie ein wenig den Kopf, damit sich ihre Lippen endlich wieder vereinen konnten.

Nach einem langen, tiefen Kuss ließ er zu ihrem Entzücken seinen Mund auf Wanderschaft gehen, küsste erst ihre Mundwinkel, liebkoste ihre Wange und zog schließlich mit Zunge und Lippen eine heiße Spur ihren Hals hinunter, bis der Kragen ihrer Seidenbluse ihn aufhielt.

Jared stützte sich auf einen Ellbogen und begann ohne jegliche Hast, Knopf für Knopf der Bluse zu öffnen und den seidigen Stoff auseinander zu schieben.

„Du bist so süß.“

Er küsste erst die eine, dann die andere ihrer Brüste in dem pfirsichfarbenen, spitzenbesetzten BH, ehe er fortfuhr, ihr Kleidungsstück für Kleidungsstück auszuziehen, bis sie nackt vor ihm lag. Dabei liebkoste er jedes neu entblößte Stückchen Haut voller Zärtlichkeit und Leidenschaft, flüsterte die sinnlosen Worte der Liebe und der Lust, bis Lisa sich ihm atemlos und ungeduldig entgegenbog.

Liebevoll und behutsam drang Jared in sie ein. Nie würde sie den Ausdruck der vollkommenen Befriedigung vergessen, der sich auf seinem Gesicht ausbreitete. Lisa selbst empfand ebenfalls tiefe Glückseligkeit darüber, wie nah er ihr war.

Langsam begann er, sich zu bewegen, und Lisa stöhnte auf. Sie kam ihm bei jedem seiner Stöße mit dem Körper entgegen, und wenn er sich zu weit aus ihr zurückzog, spürte sie eine ungeheure Leere wie noch nie zuvor. Der Rhythmus ihrer Bewegungen wurde heftiger und wilder, bis die aufgestaute Anspannung endlich in einem atemberaubenden gemeinsamen Höhepunkt gipfelte.

Die Zeit verging langsam … Sekunden verstrichen, Minuten, eine Stunde …

Bewegungslos lagen sie eng aneinander gekuschelt, ihr Kopf ruhte auf Jareds Brust. Lisa hatte Angst, mit einer Bewegung oder einem Wort den intimen Augenblick zu zerstören, Angst, Jared könnte das gerade Erlebte bereits bedauern.

Denn er wollte diese Nähe nicht, die Lisa als so befriedigend empfand. Das hatte er ihr schließlich von Anfang an klargemacht.

Hör auf, ermahnte sie sich. Du hast keine Ahnung von seinen Gedanken!

Warum sollte sie sich außerdem um seine Gefühle sorgen, wenn sie sich nicht einmal über ihre eigenen im Klaren war? Bedauerte sie etwa, dass sie sich Jared hingegeben hatte?

Nein, keine Minute. Wie sollte sie auch, war doch dieses Liebesspiel nicht nur das umwerfendste Ereignis ihres Lebens gewesen, sondern ein Akt, bei dem sie unter anderen Umständen ihr Kind hätte empfangen können.

Vor zwei Monaten hatte durch ärztliche Kunst der Samen eines anonymen Mannes in ihrem Innern ein fruchtbares Ei vorgefunden. Biologisch war dies der Beginn eines neuen Lebens. Heute dagegen waren sich ein Mann und eine Frau voller Leidenschaft begegnet. Sie hatten sich gegenseitig berührt, zärtlich den Körper des anderen erforscht und einander höchstes Glück geschenkt – gefühlsmäßig war für Lisa auf diese Weise ein Baby gezeugt worden.

Aufgrund dieses beglückenden Zusammenseins erhoffte sie sich mehr als nur die Rückkehr zu einem simplen Waffenstillstand. Sie wünschte sich Harmonie – und Liebe.

Neben ihr rührte sich Jared. Sie hob den Kopf und sah auf ihn hinunter. Sofort veränderte sich sein Blick, schon machte er Anstalten, sich von ihr zu lösen. Jetzt musste sie sich rasch etwas einfallen lassen, um ihn daran zu hindern. „Nur heute“, flüsterte sie.

Seine Augenbrauen bildeten eine waagrechte Linie, als er Lisa misstrauisch betrachtete. „Ich …“

„Bitte! Lass uns diesen Tag miteinander verbringen. Nur du und ich. Ohne Arbeit, ohne Streit, ohne Diskussionen über das Baby. Und ohne Fragen. Nur du und ich und der Sonnenschein.“

Trotz seiner inneren Stimme, die ihm sofort abriet, war Jared versucht, Lisas Bitte zu erfüllen. Er hatte die ganze Zeit so dicht neben ihr gelegen, weil er es genoss, sie in den Armen zu halten. Und weil er die Rückkehr in die raue Wirklichkeit scheute. In der einen Sekunde hätte er Lisa am liebsten von sich geschoben, in der anderen sehnte sich jede Faser seines Körpers danach, sie für immer neben sich zu spüren.

Also blieb er unbeweglich liegen und ließ seine Gedanken schweifen.

Konnte er es sich gefühlsmäßig leisten, einen ganzen Tag mit ihr zu verbringen?

Nun, nachdem, was gerade passiert war, brachte Jared es nicht über sich, ihr den Wunsch abzuschlagen. „Okay, einverstanden.“

Lisas Augen glänzten vor Glück. „Danke.“ Sie küsste ihn flüchtig auf die Wange.

„Hey!“ Er drohte ihr mit dem Zeigefinger. „Nicht schon wieder. Wo uns dies das letzte Mal hingeführt hat, siehst du ja.“

„Berühren verboten – ist das die Regel für den heutigen Tag?“

„Hältst du mich für einen Masochisten?“, fragte er ironisch.

Erinnerungen an früher kamen ihm in den Sinn. Seit der katastrophalen Geschichte mit Beth hatte er sich nicht mehr so verwundbar gefühlt. Es darf nie wieder geschehen, dass mir jemand wehtut, schwor er sich.

„Wir können ja so tun, als seien wir verliebt ineinander“, sagte er ganz ohne den neckenden Unterton von eben. „Wenn du heute allerdings außer Sex noch etwas anderes vorhast, solltest du allmählich das Bett verlassen.“

Seine rüde Ausdrucksweise traf Lisa wie ein Schlag ins Gesicht. Zutiefst gedemütigt schwang sie ihre Beine über die Bettkante, stand auf und begann, ihre Kleider zusammenzusammeln.

„Meine Idee war wohl doch nicht so gut, glaube ich“, versuchte sie in betont lockerem Ton ihren Stolz zu bewahren. „Reine Zeitverschwendung. Vergiss es einfach.“ Während sie sich ihre Klamotten schützend vor den nackten Körper hielt, öffnete sie die nächstbeste Tür.

Sie führte in einen Wandschrank. Nun war es endgültig um Lisas Fassung geschehen.

„Wo ist das Bad?“, fragte sie mit brüchiger Stimme.

Jared verfluchte sich insgeheim selbst für sein schändliches Verhalten. Er wusste doch, wie sensibel sie war! Und trotzdem hatte er ihr absichtlich wehgetan. Rasch stand er auf, trat hinter sie und schlang die Arme um sie.

„Ich bin ein Idiot.“

„Lass mich.“ Lisa wand sich hin und her, um sich aus seiner Umarmung zu befreien. Als Jared sie daraufhin nur noch fester hielt, wurde ihr klar, dass sie mit ihrem Verhalten nur das Gegenteil erreichte.

Also stand sie ganz still und zählte langsam bis zehn. Dann drehte sie sich mit einem Ruck zu ihm um.

„Du hast recht, du bist ein Idiot“, stimmte sie zu. „Was ist eigentlich los? Wir haben gerade miteinander geschlafen. Findest du es so unnatürlich, wenn ich hinterher noch eine Weile mit dir zusammen sein möchte?“

„Nein. Natürlich nicht. Es tut mir leid.“ Er unterstrich seine Worte mit vielen winzig kleinen Küssen auf ihr Kinn. „Okay, ich will mit dir den Tag verbringen.“

Lisa schüttelte den Kopf. „Es würde nicht funktionieren.“

Jared wiegte sie liebevoll in seinen Armen hin und her, und sie ließ sich davon besänftigen. Die Andeutung eines Lächelns erhellte ihr Gesicht. Er konnte so charmant sein, wenn er wollte.

„Also gut. Aber ich muss zuerst unter die Dusche.“

„Nein“, berichtigte er sie. „Wir müssen unter die Dusche.“

„Hm, das klingt gar nicht übel.“

„Oh, ich verspreche, es wird dir sehr gefallen …“

Mit einem Kuss und dem Versprechen, das Frühstück vorzubereiten, machte sich Jared auf den Weg in die Küche.

Lisa sah ihm lächelnd nach. Seit er sich bei ihr entschuldigt hatte, war er sehr lieb und fürsorglich zu ihr gewesen. Und seine leidenschaftliche Zärtlichkeit unter der Dusche gab ihr die Hoffnung, dass dieser Tag doch noch ein Erfolg würde.

Als sie sich fertig angezogen hatte, blickte sie sich im Schlafzimmer nach einer Haarbürste um. Ein gerahmtes Foto auf einem Tisch vor dem Fenster erweckte ihre Aufmerksamkeit.

Neugierig trat sie näher und nahm es in die Hand. Das Bild zeigte die Umrisse eines Mannes und eines kleinen Jungen, die Hand in Hand in den Sonnenuntergang gingen. Über der unteren Ecke waren die Worte „War es das wert?“ hingekritzelt.

Was mochte das wohl bedeuten? Jareds Handschrift war es nicht, das wusste Lisa. Doch bestimmt spiegelte die auf dem Foto festgehaltene Stimmung seine Pläne und Wünsche wider, auch wenn die Worte darunter ihre Gültigkeit für die Zukunft infrage stellten.

Zu dumm, dass die Regeln für den heutigen Tag nicht zuließen, dass sie Jared nach dem Foto fragte.

Mit gemischten Gefühlen stellte Lisa das Bild wieder an seinen Platz zurück.

Nachdem sie eine Haarbürste im Badezimmerschrank gefunden hatte, kämmte sie sich und machte sich dann auf die Suche nach Jared.

Autor

Marilyn Pappano
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Linda Randall Wisdom ist in Kalifornien geboren und lebt in der Nähe von San Diego. Sie hat zwei Hunde, vier Hasen und eine Schildkröte namens Florence. Alle ihre Tiere sind in ihren Büchern erschienen. Sie wollte schon immer Autorin werden und wurde durch ihre Familie und Lehrer in der High...
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<p>Teresa Carpenters Familie lebt seit fünf Generationen in Kalifornien. Auch sie selbst wohnt dort: in San Diego an der Küste. Teresas große Verwandtschaft unterstützt sie in allem und gibt ihr Kraft. Besonders stolz macht es sie, ihre Nichten und Neffen zu beobachten, die allesamt klug, sportlich und für eine strahlende...
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