Verführt von deinen heißen Küssen

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Dieser Mann bedeutet nichts als Ärger! Das ist Kronprinzessin Freja sofort klar, als Playboy-Milliardär Santiago del Almodovár ihren Palast betritt. Nicht nur will er gegen ihren Willen ein Spielcasino in dem nordischen Königreich bauen, er ist auch so unverschämt sexy, dass ein nie gekannter sinnlicher Hunger in Freja erwacht. Als der glutäugige Spanier sie mit einem atemberaubenden Kuss überrascht, kann sie ihm nicht widerstehen. Ein Fehler, der bald nicht nur ihren unbescholtenen Ruf, sondern auch ihr Herz in Gefahr bringt?


  • Erscheinungstag 28.12.2021
  • Bandnummer 2524
  • ISBN / Artikelnummer 9783751509381
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

PROLOG

Ménage-à-Milliardär!

Die Schlagzeile prangt über dem viel zu attraktiven Gesicht von Santiago del Almodovár. Er blickt direkt in die Kamera, deshalb fühle ich mich, als würde er durch mich hindurchstarren. Obwohl mehrere Länder zwischen uns liegen, rieselt mir ein Schauer über den Rücken. Zwei schöne Frauen flankieren den Mann. Eine hat blonde, die andere kirschrote Haare. Sie ähneln sich kein bisschen, doch für jemanden wie ihn sind sie zweifellos austauschbar. Ich lächle spöttisch.

„Wollen Sie sich allen Ernstes mit diesem Mann einlassen?“, frage ich den Premierminister meines Landes während unseres Telefonats. Unwillkürlich rümpfe ich die Nase, denn ich dachte immer, er hätte gesunden Menschenverstand.

„Sein Ruf ist zwar nicht einwandfrei, Euer Hoheit …“ Er lacht verlegen. „Aber er besitzt ein gewaltiges Vermögen, und das Parlament hat geschlossen für seine Investition gestimmt.“

„Sein Ruf ist nicht nur nicht einwandfrei, sondern skandalös. Meine zugegebenermaßen kurze Recherche hat außer besagtem Vermögen nichts zu seinen Gunsten ergeben.“ Ich sage es ruhig, will Zeit schinden.

Alle Abgeordneten haben für seine Investition gestimmt. Ich verstehe die sanfte Mahnung des Premierministers. Es wurden Fakten geschaffen. Offiziell ist meine Zustimmung zu dem Deal erforderlich. Weigere ich mich, stelle ich mich gegen mein Parlament und schaffe einen Präzedenzfall. Doch wie zum Teufel kann ich einwilligen? Was würden meine Eltern denken? Ganz einfach. Obwohl sie vor vielen – zu vielen – Jahren gestorben sind, höre ich laut und deutlich die missbilligende, traurige Stimme meines Vaters. Dies hier ist das genaue Gegenteil von dem, was er sich wünschen würde. Und ich habe geschworen, stets seinem Beispiel zu folgen.

Ich lasse den Kopf hängen und hebe eine Handfläche an die Stirn. Die andere Hand schließe ich fester um mein Handy.

„Er bietet eine königliche Summe für das Grundstück“, sagt der Premier.

Trostlosigkeit durchflutet mich. Es gibt keinen König mehr. Auch keine Königin. Nur mich. Eine Prinzessin, die verzweifelt versucht, den Bankrott des Königreiches abzuwenden, ohne die Kultur ihres Volkes zu opfern. Ich tue alles, was in meiner Macht steht, um meinem Titel gerecht zu werden. Wie meine Eltern es erwartet hätten. „Aber zu welchem Preis?“, murmle ich und richte mich wieder auf. Ich starre auf einen Gobelin an der Wand gegenüber. Ein antikes Stück, das ich schon als kleines Mädchen geliebt habe.

Jäh höre ich die Stimme meines Vaters. Wenn die Welt an die Tür von Marlsdoven klopft, müssen wir aufmachen, ohne uns niedertrampeln zu lassen. Was uns einzigartig macht, muss um jeden Preis bewahrt werden.

„Meine Assistentin schickt Ihnen die Verträge, Euer Hoheit. Wenn Sie unterschreiben könnten …“

„Ich sehe mir die Verträge an und melde mich dann bei Ihnen“, unterbreche ich den Premier. Die Vorstellung, dass ein Mann wie Santiago del Almodovár solch ein erstklassiges Grundstück dieser Stadt besitzt, widert mich an. Genau wie sein Plan, dort ein glamouröses Spielcasino zu bauen. Es wäre das Gegenteil der Vision meines Vaters für unser geschichtsträchtiges Fürstentum.

Ich bin die Verwalterin dieses Landes. Es ist meine Pflicht, so gut für die Menschen hier zu sorgen, wie ich nur kann. Was würde mein Vater sagen, wenn er wüsste, dass ich so ein Projekt erlaube? Sieh zu, dass es sich lohnt. Ich höre seinen Rat so deutlich, als würde er ihn gerade in diesem Zimmer aussprechen.

Also straffe ich die Schultern. „Herr Premierminister?“

„Ja, Euer Hoheit?“

„Ich möchte ihn treffen.“ Sieh zu, dass es sich lohnt. Vielleicht kann ich ihn dazu bringen, Bedingungen zu akzeptieren, die das Projekt wirklich interessant machen? Sollte ihm mein Vorschlag nicht gefallen, kann er ja gehen. Offenbar will er das Grundstück unbedingt. Warum soll ich nicht mit ihm verhandeln und den bestmöglichen Deal herausschlagen?

„Dazu besteht keine Notwendigkeit“, erwidert der Premier entrüstet.

Kein Wunder. Santiagos Ruf eilt ihm ungefähr dreitausend Fußballfelder voraus. Er ist ein Schürzenjäger erster Güte. Ebenso berüchtigt als Partygänger wie als Casanova, der laufend Frauen erst zum Dinner und dann in sein Bett einlädt, um sich anschließend der nächsten Kandidatin zu widmen. „Befürchten Sie, ich könnte ihm nicht gewachsen sein, Sir?“

Der Premier seufzt. „Es ist ein knallharter Verhandler.“

„Ich komme schon zurecht“, erwidere ich knapp. Mein Blick wandert zum Bildschirm des Laptops. „Arrangieren Sie es bitte möglichst bald. Danke.“

Es ist nur ein Foto, doch der Blick des Mannes wirkt spöttisch, herausfordernd … Ich klappe den Laptop zu und stehe zügig auf. Wenn Santiago dieses Grundstück kaufen will, muss er ein paar Kröten schlucken. Und falls er dazu nicht bereit ist, kann er sich zum Teufel scheren.

1. KAPITEL

Das Sonnenlicht lässt den Hof des Palastes blass schimmern. Die Birken rings um den Hof werfen Schatten, als würde ein Gitter auf dem Boden liegen. Und auf dem Mann, der gerade in meine Richtung schreitet.

Seit Tagen bin ich für diese Begegnung – für ihn – gewappnet. Auf meinen Wunsch hin ist der Sicherheitsbericht über den spanischen Tycoon umfangreich und detailliert ausgefallen. Er hat meine eigene Recherche bestätigt. Dieser Mann lebt intensiv und draufgängerisch, mit wenig Sorge um seinen Ruf, seine Gesundheit oder, soweit ich es beurteilen kann, irgendeinen Menschen in seinem Dunstkreis. Santiago del Almodovár ist die Art Mann, die ich nicht ausstehen kann.

Da er fast zwei Meter groß ist, kommt er mit langen Schritten rasch näher. Er schaut mich mit hellbraunen Augen an. Fast goldfarben sind sie, wie die eines Wolfes. Sein Blick ist rätselhaft und eindringlich, als würde er mich durchschauen.

Ich setze ein frostiges, eindeutig warnendes Lächeln auf. Er trägt einen Anzug – mehr oder weniger. Marineblaue Hose, weißes, am Hals offenes Hemd, Jackett. Keine Krawatte. Ein bemerkenswert lässiges Outfit für einen Gast in Sölla Palace, aber dank des Sicherheitsberichts weiß ich ja, dass Santiago wenig von Konventionen hält. Ob er absichtlich so auftritt? Um seine Gesprächspartner aus dem Konzept zu bringen und sich dadurch einen kleinen Verhandlungsvorteil zu verschaffen?

Vergeblich warte ich auf die Verbeugung, die meinem Rang gebührt. Er stoppt knapp sechzig Zentimeter vor mir und lächelt so spöttisch, dass Schmetterlinge in meinem Bauch aufschwärmen. Als er mir forschend in die Augen sieht, bekomme ich aus heiterem Himmel eine Gänsehaut. Ich verdränge sie genauso wie den Verstoß gegen das Protokoll und strecke meine rechte Hand aus. „Danke, dass Sie gekommen sind, Mr. del Almodovár.“

„Prinzessin …“

Seine Stimme ist rau und warm und erinnert mich an das sonnige Barcelona, in dem er aufgewachsen ist. Er hat einen Akzent. Schon wieder kündigt sich eine Gänsehaut an, doch bevor sie sich richtig einstellen kann, durchzuckt mich etwas wie ein Blitz. Der Besucher schließt nämlich seine deutlich größere Hand um meine, selbstbewusst und fest. Ich fühle mich, als würde seine Berührung tausend Volt von meinen Fingerspitzen in meinem Arm und von dort in jeden Winkel meines Körpers jagen. Es kostet mich jedes Fitzelchen Selbstbeherrschung, das ich besitze, um meine Reaktion zu verbergen. So rasch ich kann, lasse ich meine Hand an die Seite sinken.

„Bitte.“ Ich deute auf die Treppe und schlucke, weil ich heiser und angestrengt klinge. Innerlich ächze ich. Wenn mir schon plötzlich der Sex-Appeal eines Mannes auffallen muss, wieso dann ausgerechnet jetzt, bei Santiago del Almodovár? Ich bin vierundzwanzig und habe noch nie einen Mann geküsst. Für das einzige überlebende Mitglied der Königsfamilie von Marlsdoven ist ein Date nicht einfach zu bewerkstelligen. Außerdem bin ich noch niemandem begegnet, der mich gereizt hat.

Vielleicht auch deshalb, weil meine Eltern meinen Ehemann bereits ausgewählt haben. Vor meiner Geburt. Ihr sehnlichster Wunsch war, dass ich den jüngsten Sohn ihrer engsten Freunde heirate. Kurz nach ihrem Tod habe ich es erfahren. Womöglich hat mich das davon abgehalten, mich auf jemanden einzulassen. Mir hat noch niemand den Kopf verdreht. Ich registriere durchaus, wenn ein Mann attraktiv oder charmant ist. Ich bin auch gern mit netten, interessanten Menschen zusammen. Aber bis heute habe ich bei keinem so etwas wie ein Knistern gespürt.

Warum bei diesem Mann? Warum heute?

Ich beiße die Zähne zusammen und rufe mir all die Gründe in Erinnerung, warum ich mich konzentrieren muss. Mr. del Almodovárs Bestreben, kostbares Kronland zu kaufen. Am Ufer des Flusses dieser alten, stolzen Stadt ein Spielcasino zu bauen. Sein Plan bedroht alles, was ich wertschätze. Ich muss das Heft in der Hand behalten.

„Netter Palast“, murmelt er, als wir durch die riesigen vergoldeten Türen gehen, neben denen zwei uniformierte Wachen stehen.

Sein Kompliment klingt nicht mal annähernd ehrlich. Wenn überhaupt, ist es ein Scherz. Ich ziehe die Stirn kraus. Die meisten Besucher sind überaus beeindruckt von den tausend Jahre alten Räumen und der grandiosen Einrichtung. So sehr, dass ich Überstunden machen muss, um ihnen die Befangenheit zu nehmen und ein vernünftiges Gespräch zustande zu bringen. Aber dieser Mann besitzt ein gewaltiges Vermögen und verdient pro Jahr mehr als das Bruttoinlandsprodukt meines Landes. Er ist wohl nicht leicht zu beeindrucken.

Ein unterschwelliges Gefühl in mir wird stärker. Geringschätzung. Denn Reichtum und Luxus sind die eine Sache, Geschichte jedoch ist eine völlig andere. Die kunstvollen Steinreliefs in diesem Saal wurden vor eintausendeinhundert Jahren geschaffen. Die Gewölbedecke ist atemberaubend hoch, und in der Nachmittagssonne kommen die Buntglasfenster perfekt zur Geltung. Nur ein Banause kann hier stehen und immun gegen diese Schönheit sein.

Und? Was sonst kann ich von dem Mann erwarten? Er verdankt sein Vermögen dem Bau von Spielcasinos. Orten, an denen Menschen ihr Geld und alle Hoffnungen verlieren. Wie mein Onkel, dessen Spielsucht ihn so viel gekostet hat. Sogar sein Leben. Der Gedanke versetzt mir einen scharfen Stich. Vor lauter Panik wird mir übel. Meine Eltern haben Glücksspiel gehasst. Die Vorstellung, in Marlsdoven ein Casino zu errichten, war tabu. Was hätte mein Vater gesagt?

Mein größtes Ziel ist es, dass meine Eltern stolz auf mich sein können. Ich will so entscheiden, wie sie es von mir erwarten würden. Dad hätte gewusst, wie man dem Premierminister das Casinoprojekt ausredet. Nie seit dem Tod meiner Eltern habe ich mir mehr gewünscht, die beiden an meiner Seite zu haben.

Auf dem Weg durch den Saal kneife ich die Augen zusammen und atme zittrig ein, aber der Sauerstoff dringt nicht bis in meine Lunge vor. Ich sehe Sternchen vor mir, meine enttäuschten Eltern, und fühle mich wie eine Versagerin.

Santiago verzichtet auf Small Talk, während ich ihn einen nicht minder eindrucksvollen Korridor entlang führe. Rechts und links hängen Porträts von Mitgliedern der Königsfamilie. Manche Gemälde sind Hunderte von Jahren alt.

Mein Blick wandert wie von selbst zu den Porträts meiner Eltern, und mein Herz zieht sich zusammen. Auch heute, sieben Jahre nach ihrem Tod, empfinde ich tiefe Trauer. Ich sehe meinem Dad nicht in die Augen, denn ich weiß, er würde diesen Termin verabscheuen. Mein Versprechen, das Andenken meiner Eltern zu ehren, liegt in Trümmern.

Für unsere Besprechung wurde eins der Paradezimmer hergerichtet. Ein Fehler, merke ich sofort. Es ist nämlich nicht besonders groß, sodass Santiago überwältigend viel Raum einzunehmen scheint. Mein Puls rast, als ich mich zu ihm umdrehe. Der Mann ist nicht nur hochgewachsen, sondern auch breit. Wie ein Krieger, der sich als Geschäftsmann ausgibt. Wahrscheinlich könnte er mit bloßen Händen einen Löwen bändigen. Ich habe keine Ahnung, woher dieser Gedanke plötzlich kommt, aber er ist in mehr als einer Hinsicht verstörend, deshalb schiebe ich ihn zur Seite. Da ich unzählige Fotos von meinem Gast gesehen habe, wusste ich, dass er attraktiv ist. Allerdings war ich nicht auf diese Wirkung gefasst.

Denn er ist nicht bloß attraktiv. Bestimmte Dinge haben die Kameras nicht eingefangen. Zum Beispiel eine kleine Narbe, die seine Oberlippe minimal kantig wirken lässt. Ein paar Sommersprossen auf seinem Nasenrücken. Man sieht sie kaum auf der sonnengebräunten Haut, aber sie haben etwas Wildes, Faszinierendes und gefährlich Verwirrendes an sich. Er hat dichte dunkle Haare, die sich im Nacken ganz leicht kräuseln. Jetzt hebt er eine Hand und fährt sich damit durch die Haare. Dabei beobachtet er mich mit den Augen, die mich so an die eines Wolfes erinnern. Ich bin enorm angespannt.

„Er wird alles daransetzen, sich einen Vorteil zu verschaffen“, hat Claudia, meine engste Beraterin, gewarnt. „Seien Sie auf der Hut.“

Eine Palastangestellte erscheint auf der Schwelle. Der Anblick der vertrauten Person in der vertrauten Uniform macht mir bewusst, wer und wo ich bin. Dies ist mein Territorium, und der Besucher will etwas von mir: meinen Grund und Boden.

„Euer Hoheit.“ Die Angestellte knickst. Damit erntet sie ein weiteres spöttisches Lächeln vom spanischen Milliardär. Meine Handflächen fühlen sich heiß an. Aus einem unerfindlichen Grund will ich ihm diese unverschämte Miene austreiben. „Sind Sie bereit für den Nachmittagstee?“

Ich wende mich meinem Gast zu. Irgendetwas in mir erschauert. „Mr. del Almodovár, möchten Sie etwas essen oder trinken?“

„Ein Bier.“

Rasch drehe ich mich wieder zu der Angestellten um. „Ein Bier für unseren Gast und Tee für mich. Danke.“

Ich werde das Gefühl nicht los, dass er mich auslacht. Pikiert deute ich auf die beiden Sessel, die einander am bodenlangen Fenster gegenüberstehen. Von hier aus hat man einen fantastischen Blick auf den Fluss Laltussen. Seit Urzeiten fließt er hier entlang, unbeeindruckt von menschlichen Befindlichkeiten. Eine Konstante im Leben meines Volkes. Normalerweise beruhigt und tröstet mich sein Anblick. Heute bin ich anscheinend nicht in der Lage, mich beruhigen zu lassen.

Mein Gast setzt sich genauso, wie ich es erwartet habe – nicht die Spur von Zurückhaltung oder Respekt vor diesem geschichtsträchtigen Zimmer und seiner Einrichtung. Er nimmt Platz wie ein Athlet, der gar nicht weiß, wohin mit seiner Energie. Die Beine weit gespreizt, stützt er beide Ellbogen auf die Armlehnen und beugt sich vor.

Als ich mich setze, drücke ich instinktiv die Knie zusammen und stelle die Füße nebeneinander. Die Hände falte ich im Schoß. Wir könnten gar nicht unterschiedlicher sein. Er fühlt sich hundertprozentig wohl in seiner Haut und ist einfach er selbst. Egal, wo er sich gerade befindet. Ich hingegen habe mein Leben lang gelernt, wer ich sein muss. Manchmal frage ich mich, was oder wer ich wirklich bin. Wer ich hätte sein können, wenn ich nicht als Prinzessin auf die Welt gekommen wäre. Was für eine Frau wäre aus mir geworden, wenn die Umstände mich nicht mit siebzehn Jahren zur einzigen Überlebenden der Königsfamilie gemacht hätten?

Er sieht mich an. Seine Augen bringen mich durcheinander. Einen Moment lang vergesse ich, dass ich ihn hergebeten habe. Dass ich in dieser Besprechung den Ton angeben muss.

„Ich habe mich mit Ihrem Angebot beschäftigt“, beginne ich und achte darauf, meine Gefühle nicht in meiner Stimme mitschwingen zu lassen. Es ist nicht hilfreich, wenn er weiß, wie sehr ich gegen sein monströses Casino bin.

„Davon gehe ich aus. Und wie finden Sie es, Prinzessin?“

„Bitte, so brauchen Sie mich nicht zu nennen.“

„Wie soll ich Sie denn stattdessen nennen?“

Obwohl mir wenig an Förmlichkeiten liegt, zögere ich. Soll ich diesem Mann wirklich anbieten, mich mit meinem Namen anzusprechen? Ich brauche jede Grenze zwischen uns, die ich kriegen kann. „Die meisten Gäste nennen mich Euer Hoheit.“

„Unterschiedet sich das von Prinzessin?“

Er blickt so zynisch drein, dass sich mein Magen zusammenkrampft. Betreten schaue ich zur Seite. Meine Wangen fühlen sich warm an. Gemächlich fließt der Laltussen jenseits des Fensters entlang. „Die Anrede ist mir geläufiger.“

Ich zwinge mich, ihn wieder anzusehen. Prompt wünsche ich mir, ich hätte es nicht getan, denn er hat den Blick auf meine Halskette geheftet. Oder möglicherweise auf die Andeutung eines Dekolletés, die der Ausschnitt meines Kleides entblößt? Ich kann nicht leugnen, dass ich ungewöhnlich auf diesen Mann reagiere. Als würde Elektrizität durch meinen Körper strömen. Ich schließe kurz die Augen, um mich zu sammeln. Als ich sie wieder öffne, tauchen unsere Blicke ineinander.

Mein Puls pocht immer schneller.

Das Klopfen ist eine willkommene Störung. Abrupt stehe ich auf und marschiere zur Tür.

Eine andere Angestellte steht mit einem Tablett aus Sterlingsilber da. Sie knickst. Bevor sie hereinkommen kann, nehme ich ihr das Tablett ab, ignoriere ihre erstaunte Miene und drehe ihr den Rücken zu. Sie zieht die Tür leise ins Schloss, sodass ich mit Santiago allein bin.

Ich deponiere das Tablett auf einem Beistelltisch, nehme das hohe Bierglas und bringe es meinem Gast. Meine Knie zittern leicht.

Mit einem süffisanten Blick streckt er eine Hand nach dem Glas aus. „Danke, Euer Hoheit.“

Nein. Diese Anrede ist nicht besser. Seine Stimme hat noch immer diesen unzulässigen herausfordernden Unterton. Er mag respektvoll klingen, ist es aber nicht. In Wirklichkeit neckt er mich.

Ich kehre zum Tablett zurück. Nachdem ich mir Tee eingeschenkt habe, hebe ich Tasse und Untertasse mit beiden Händen hoch und bleibe stehen. Mein Sessel steht zu nah an diesem Mann. Wenn ich dort sitze, bleibt mir nichts anderes übrig, als ihn anzusehen. Außerdem widerspricht Sitzen meiner Einstellung. Deshalb gehe ich zum Fenster und blicke hinaus auf den Fluss und die dahinterliegende Stadt.

„Ihr Projekt ist … ambitioniert.“ Es ist keineswegs das einzige Wort, das mir dazu einfällt. Alles, was er plant, ist mir zuwider.

„Nicht mehr als andere Projekte, die ich verwirklicht habe.“

„Ja.“ Ich nippe. „Ihre Erfolgsbilanz bei dieser Art Vorhaben ist beeindruckend.“

„Danke, Euer Hoheit.“

Schon wieder dieser spöttische Unterton. Ich stehe kerzengerade da und kann meine Gefühle kaum noch in Schach halten. „Es wäre das erste Casino in Marlsdoven.“

„Und es stößt bei Ihnen nicht auf Zustimmung.“

Alarmsirenen schrillen in meinem Hinterkopf. Weiß er etwa von meinem Onkel? Oder ist es nur ein Schuss ins Blaue? „Wie kommen Sie darauf?“ Ich höre, wie er sein Glas abstellt. Ein flüchtiger Blick zeigt mir, dass er es halb ausgetrunken hat.

„Die Verhandlungen sind abgeschlossen, und Ihre Regierung ist zur Unterschrift bereit.“

„Es ist Kronland. Die Regierung kann nicht ohne meine Einwilligung unterschreiben.“ Kaum habe ich es gesagt, wird mir klar, dass ich seine Behauptung bestätigt habe.

„Und aus dem Grund arrangieren Sie um fünf vor zwölf ein Geheimtreffen? Um zu verhindern, dass der große böse Bauunternehmer Ihr idyllisches Königreich korrumpiert?“

Wut züngelt in mir hoch. Meine Lippen öffnen sich, weil ich ungehalten nach Luft schnappe. Zum Glück halte ich die Teetasse – ich weiß nämlich nicht, was ich sonst mit meinen Händen tun würde! Nie zuvor hat jemand so mit mir geredet. Mit solch unverhohlener Respektlosigkeit, solchem Zynismus und solcher Abneigung. Wie kann er die Bedeutung dieses Projekts herunterspielen? Ich habe aus erster Hand erlebt, was Sucht anrichten kann! Ich kenne das Übel, das aus seinen Casinos kommt. Wenn er in Marlsdoven so einen Ort schaffen will, dann müssen die Vorteile die Nachteile deutlich übertreffen.

„Dies ist kein Geheimtreffen“, entkräfte ich den ersten Vorwurf, weil ich zu geladen bin, um vernünftig auf den zweiten Vorwurf einzugehen. „Nichts in meinem Leben ist geheim. Ihr Name steht in meinem Tagesplan.“

Ungläubig sieht er mich an. „Man hat mich gebeten, zum hinteren Tor des Palastes zu kommen und durch die Hintertüren hineinzugehen. Es waren keine Fotografen anwesend.“

Das ist korrekt. Meine Haut kribbelt heiß. Geheim ist diese Besprechung nicht direkt. Allerdings habe ich versucht, die Presse nicht mit der Nase darauf zu stoßen. „Wollten Sie gern fotografiert werden, Santiago?“, frage ich defensiv.

Es gefällt mir, seinen Vornamen auszusprechen. Seit ich die Fotos von ihm gesehen habe, nenne ich ihn in Gedanken Santiago. Egal. Inzwischen haben wir ohnehin die Grenzen der Etikette überschritten.

„Meine Bemerkung zielte mehr auf Ihre Gefühle ab als auf meine“, dreht er den Spieß um und mustert mich, als wäre ich ein wissenschaftliches Experiment.

Plötzlich fällt mir ein Detail aus dem Sicherheitsbericht ein: Dieser Mann besitzt ein außergewöhnliches Talent, herauszufinden, wie Menschen ticken.

„Es macht mir nichts aus, in den Palast bugsiert zu werden, als wäre ich ein beschämendes Geheimnis“, fährt er fort. „Allerdings finde ich es aufschlussreich, dass Sie diesen Weg gewählt haben.“

Ich will protestieren, überlege es mir aber anders. Warum soll ich mich für meinen Standpunkt schämen? „Es erscheint mir sinnlos, mein Volk über Ihr Projekt zu informieren, bis feststeht, dass es verwirklicht wird.“

Er nimmt sein Glas, trinkt noch einen Schluck und stellt es wieder auf den Tisch. Mit einer geschmeidigen, eleganten Bewegung erhebt er sich und kommt auf mich zu, bevor mir richtig klar wird, was er vorhat. Mir bleibt keine Zeit, mich für seine Nähe zu wappnen. Sein Aftershave ist regelrecht berauschend, aber er trägt zu wenig davon. Ich muss tief einatmen, um den maskulinen Duft zu riechen. Jedes Hormon in meinem Körper scheint einen Tanz aufzuführen.

„Ihr Premierminister will das Projekt unbedingt verwirklichen.“

„Natürlich. Sie würden Milliarden investieren. Selbstverständlich ist er dafür.“

„Aber das beeinflusst Sie nicht?“ Demonstrativ schaut er sich in dem kostbar eingerichteten Paradezimmer um.

Wenn er wüsste! Marlsdoven ist alles andere als reich. Kurz nach dem Tod meiner Eltern wurde hinter meinem Rücken Staatseigentum privatisiert. Damals war ich zu jung und unerfahren, um in meiner Trauer zu begreifen, was ablief. Mit dem Resultat, dass ein Großteil unserer Einnahmen an ausländische Firmen geht.

„Der Verkauf von Kronland gestaltet sich schwierig“, murmle ich. So habe ich es als Siebzehnjährige gelernt. „Wird es verkauft, ist es unwiederbringlich weg. Man muss umsichtig vorgehen, damit die Vorteile für das Land den Verlust eines solchen Grundstücks wettmachen.“

Seine Augen verengen sich. „Sie glauben, bei dem Casino ist das nicht der Fall?“

Richtig. Casinos sind gefährlich. Ich ersticke den Gedanken, denn es wäre kontraproduktiv, auf das Verständnis und Mitgefühl dieses Mannes zu zählen. „Ich glaube, es könnte durchaus der Fall sein“, antworte ich mit einem Schulterzucken. Mein Herz schlägt schneller, weil wir uns der Schlüsselfrage nähern. Eigentlich wollte ich mir Zeit nehmen, meinen Charme spielen lassen, den Gast mit der Geschichte und kulturellen Bedeutung meines Landes beeindrucken. Ein gutes Verhältnis aufbauen. Doch er hat all das übersprungen und geschickt den Kern meiner Vorbehalte offengelegt.

„Dann lassen Sie uns Klartext reden, Prinzessin. Was brauchen Sie von mir?“

2. KAPITEL

Was brauche ich von ihm?

Mein Mund wird trocken, während ich versuche, mir eine Antwort einfallen zu lassen. Mein Hirn ist blockiert, total überwältigt von Santiago. Mein Körper gewinnt die Oberhand über sämtliche guten Vorsätze. Statt mich auf das eigentliche Thema zu konzentrieren, ertappe ich mich bei dem sehnsüchtigen Wunsch, eine Hand auszustrecken und diesen Mann zu berühren. Herauszufinden, ob seine breite muskulöse Brust so fest ist wie in meiner Vorstellung.

Was zum Teufel passiert mit mir?

In meinem ganzen bisherigen Erwachsenenleben war ich nie hin und weg von einem Mann. Und doch stehe ich jetzt hier, vor genau jenem Mann, bei dem ich meine fünf Sinne unbedingt zusammenhalten muss. Ich laufe Gefahr, mich in eine Dummschwätzerin zu verwandeln.

„Wollen wir Ihren Vorschlag durchgehen?“, rege ich an. Wenn wir über Verträgen brüten, wird Santiagos Wirkung auf mich doch gewiss zunichte gemacht?

„Tun wird das nicht gerade?“

„Richtig, meine ich. An einem Tisch, mit den Unterlagen. Auf diese Weise könnte ich meine Bedenken konkreter erläutern.“

„So können wir es machen“, stimmt er zu, und mir wird bewusst, dass er in dieser Unterhaltung die Zügel übernommen hat. „Aber vorher würde ich Ihre Bedenken gern hören. Jetzt. Kurz gefasst.“

„Befehlen Sie mir etwa?“ Ich ziehe eine Braue hoch.

„Oh, niemals, Euer Hoheit“, antwortet er mit einem amüsierten Unterton. „Sie sind diejenige, die hier Befehle gibt.“

Meine Wangen fühlen sich schon wieder warm an. „Sie sind anders als alle Menschen, die ich je kennengelernt habe“, entschlüpft es mir.

„Das kann ich mir vorstellen.“

In seiner banalen Bemerkung schwingt Geringschätzung mit. Als würde mein Geständnis, er sei einzigartig, bei ihm Spott wegen meiner Rolle im Palast und dem Land auslösen. „Was heißt das?“

„Dass Ihre üblichen Besucher wahrscheinlich handverlesen sind.“

Ich ringe hörbar nach Luft. „Mr. del Almodovár …“

„Santiago“, unterbricht er mich.

Es hat mir ja schon gut gefallen, seinen Vornamen auszusprechen. Sogar noch schöner finde ich es, ihn aus seinem eigenen Munde zu hören. Mit diesem spanischen Akzent, der nach Sonnenschein und Gewürzen klingt. Ich bin mir der Nähe dieses Mannes so bewusst, dass sich mein Magen auf köstliche Weise zusammenzieht.

„Ich glaube, wir haben einen schlechten Start erwischt“, sage ich und bemühe mich um ein Quäntchen Selbstbeherrschung. „Sie kennen mich nicht; ich kenne Sie nicht. Sie sind nicht hier, um mich kennenzulernen, und ich habe kein Interesse daran, Sie kennenzulernen. Mir geht es um mein Land und die Folgen Ihres Megakomplexes für die Kultur dieser Region.“ Ich kneife die Augen leicht zusammen. Mein Atem geht unregelmäßig. Plötzlich sehe ich meinen Vater vor mir. Panik packt mich. Ich enttäusche ihn gerade so sehr. Wenn es bloß einen anderen Weg gäbe! „Vielleicht sollten wir auf persönliche Bemerkungen verzichten und uns mit den Verträgen beschäftigen. Wie ich es vorgeschlagen habe.“

„Sind Sie sicher, dass Sie auf persönliche Bemerkungen verzichten wollen?“, fragt er leichthin.

Schlagartig ist mein Körper in Alarmbereitschaft. Als würde ein Feuer in meinem Bauch entfacht und sich ausbreiten. Meine Brüste fühlen sich eng an und prickeln, bis meine Knospen gegen meinen Spitzen-BH drängen. Ich drehe mich um, weil ich Angst habe, dass jemand mit Santiagos Erfahrung mich durchschaut. Er nimmt mich Stück für Stück auseinander, streift immer mehr Schichten ab, und ich kann mich nicht schützen. Was mir noch mehr Sorgen bereitet: Ich weiß nicht, ob ich mich schützen will.

„Sie machen nicht den Eindruck, als wollten Sie den Deal vorantreiben.“ Ich blicke zum Fluss, auf der Suche nach Gelassenheit, die sich nicht einstellt.

Autor

Clare Connelly
<p>Clare Connelly liebt Liebesromane – von Jane Austen bis E L James. Nachdem sie lange erfolgreich Selfpublisherin war, ging 2017 ihr Traum in Erfüllung, als ihr erstes Buch bei einem Verlag erschien. Seitdem ist sie nicht mehr zu stoppen. Clare liest und schreibt leidenschaftlich gerne, und lebt in einem kleinen...
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