Verrat mir dein Geheimnis!

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Hier stimmt etwas nicht! Ellie zieht als Kindermädchen zu Mac Carmichael. Alles an dem reichen Hotelier ist perfekt: seine blauen Augen, sein Körper, seine Stimme … Doch Ellie erahnt ein Geheimnis hinter dem attraktiven Äußeren, das sie mit den Waffen einer Frau lüften will.


  • Erscheinungstag 26.09.2019
  • ISBN / Artikelnummer 9783733727437
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Das war vertraglich nicht geregelt.

Ja, Ellie Swanson hatte sich dazu bereit erklärt, Happy Maids zu leiten, solange ihre Chefin auf Hochzeitsreise war. Liz Harper Nestor hatte ihren gut aussehenden Exmann Cain noch einmal geheiratet und verbrachte ihre wohlverdienten Flitterwochen in Paris. Und ja, Ellie war durchaus imstande, während der vier Wochen die vierzehn Angestellten von Happy Maids zu beaufsichtigen. Sie war jedoch nicht befugt, das Unternehmenskonzept zu ändern.

Was der Mann verlangte, der ihr gegenübersaß.

„Ich bin ein Bekannter von Cain.“

Natürlich. Mac Carmichael, groß und schlank, mit blauen Augen und kurz geschnittenem schwarzem Haar, trug seinen maßgeschneiderten marineblauen Anzug mit der Lässigkeit eines Mannes, der gewohnt war an handgearbeitete Anzüge, erlesene Weine und Menschen, die seine Befehle entgegennahmen. Genau wie Cain.

„Und er hat gesagt, die Firma seiner Frau sei die beste in der Stadt.“

„Wir sind ein Reinigungsdienst. Wir vermitteln keine fest angestellten Haushälterinnen.“

„Sollten Sie aber.“

Eine Schweißperle rann ihr über den Rücken. Die Klimaanlage war kaputt. Nicht, dass Ellie mit der schwülen Hitze nicht fertig wurde, die im Juni in Miami herrschte. Scheitern war das, was sie nicht ertragen konnte. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag als Chefin wies sie einen wichtigen Kunden ab. Einen, der vielleicht nicht nur Cain erzählte, dass er bei Happy Maids das Gewünschte nicht bekommen hatte. Gut möglich, dass er es auch allen seinen reichen Freunden erzählte. Den Leuten, die Liz nach ihrer Rückkehr als Neukunden gewinnen wollte.

„Bitte erklären Sie mir noch einmal, wonach Sie suchen.“

„Meine Haushälterin hat unerwartet gekündigt. Während ich Einstellungsgespräche führe, brauche ich einen Ersatz.“

„Ich kann zwei- bis dreimal die Woche eine Mitarbeiterin zum Putzen schicken“, bot Ellie hoffnungsvoll an.

Mac Carmichael schüttelte den Kopf. „Ich habe eine Tochter und einen Sohn, die jeden Morgen ihr Frühstück bekommen müssen.“

„Dann schicke ich jeden Tag um sieben eine Haushaltshilfe zu Ihnen.“

„Lacy steht um fünf auf.“

„Unsere Angestellte wird um vier da sein.“

„Manchmal arbeite ich nachts.“

Verblüfft sah Ellie ihn an. „Die Haushaltshilfe soll auch Kindermädchen sein?“

Ihre Blicke trafen sich. Während Ellie ihm in die sündhaft blauen Augen sah, spürte sie ein unwiderstehliches Prickeln.

„Und bei uns wohnen.“

Ellie schnappte nach Luft.

„Außerdem zahle ich sehr gut.“

Ah, die Zauberworte. Selbst Opfer häuslicher Gewalt, engagierte sich Liz für A Friend Indeed, eine Wohltätigkeitsorganisation, die misshandelten Frauen dabei half, ihr Zuhause hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen. Dazu passte natürlich, dass Liz die Frauen einstellte, bis sie wieder auf die Beine kamen. Tatsächlich war Ellie die Erste, die Liz eingestellt hatte, nachdem sie sich bei der Wohltätigkeitsorganisation kennengelernt hatten.

Um Arbeit für all die Frauen zu haben, die Hilfe wollten, brauchte die Firma jeden Auftrag.

Mac Carmichael stand auf. „Wenn Sie das nicht schaffen, gehe ich wieder.“

Halt ihn auf!

Blitzschnell erhob sich Ellie aus dem Chefsessel. „Warten Sie.“

Schon auf dem Weg zur Tür, wandte sich Mac Carmichael um und sah Ellie wieder an.

Seine Augen erinnerten sie an das Meer im Hochsommer, ruhig, tief und wundervoll blau. In der Sonne, die durchs Fenster ins Büro schien, schimmerte sein schwarzes Haar. Er hatte hohe Wangenknochen und die Art von sinnlichen Lippen, die die meisten Frauen veranlasste, einen zweiten Blick auf den Mann zu werfen und sich zu fragen, wie es wohl wäre, ihn zu küssen.

Ihn anzuschauen sollte eigentlich purer Genuss sein. Stattdessen brachte sein finsterer Gesichtsausdruck Ellie dazu, an der Intuition zu zweifeln, die ihr Leben bestimmte.

„Ja?“

„Ich …“

Warum nur hatte sie Mac Carmichael aufgehalten? Sie hatte keine Angestellte, die als Haushälterin und Kindermädchen arbeiten konnte. Die meisten Frauen, die bei Happy Maids beschäftigt waren, hatten selbst Kinder und mussten jeden Abend nach Hause zurückkehren. Am Arbeitsplatz wohnen kam für sie nicht infrage.

„Ich … Vielleicht können wir eine Kompromisslösung finden.“

Seine Miene verfinsterte sich noch mehr. „Ich suche nicht nach Kompromisslösungen.“

Es war sein voller Ernst. Um das zu wissen, brauchte Ellie keine Intuition.

„Ich will noch heute jemanden haben.“

Lass ihn nicht gehen.

Eine innere Stimme mahnte Ellie. Aber war es wirklich klug, sich auf ihre Intuition zu verlassen?

„Ich mache es.“

„Sie?“

„Hier am Schreibtisch sitze ich nur, weil ich für Cains Frau Liz einspringe. Sie leitet das Unternehmen selbst, aber sie ist den ganzen Monat auf Hochzeitsreise. Ich bin sehr wohl imstande, zu kochen, zu putzen und Kinder zu betreuen.“

Sein Blick glitt von ihrem Gesicht zu ihrem hübschen roten Kleid, und plötzlich bereute Ellie, heute das trägerlose Mini angezogen zu haben. Es war eher für ein Mittagessen mit Freunden in einem Straßencafé gedacht, nicht fürs Büro. Sie hatte sich dafür entschieden, weil die Klimaanlage kaputt war. Woher sollte sie wissen, dass ein Kunde hier auftauchen würde?

Jetzt lächelte Mac Carmichael, und ihr blieb die Luft weg. Bei diesem Lächeln hatte Ellie das Gefühl, als würde sie vor Hitze zerfließen.

„Wir haben eine Klimaanlage, also sollten Sie vielleicht Jeans und T-Shirt anziehen.“ Er nahm eine Visitenkarte aus seiner Jacketttasche, kritzelte etwas auf die Rückseite und gab Ellie die Karte. „Das ist meine Privatadresse. Wir treffen uns dort in einer Stunde.“ Damit drehte er sich um und ging hinaus.

Verdammt! Ellie sank in den Chefsessel. Worauf hatte sie sich da eingelassen? Nun hatte sie nicht nur Liz’ Arbeit, sondern auch noch einen Ganztagsjob. Mehr als das! Sie musste am Arbeitsplatz wohnen!

Frustriert wählte Ellie die Nummer von Cains persönlicher Assistentin Ava. „Störe ich?“

„Guten Morgen, Magic. Wie läuft es an Ihrem ersten Tag?“

„Schlecht. Nennen Sie mich nicht mehr Magic. Ich glaube, mein sechster Sinn ist im Eimer.“

Ava lachte.

„Ich meine es ernst. Hier ist eben so ein Typ hereingekommen und hat eine Haushälterin verlangt, die gleichzeitig als Kindermädchen arbeiten soll. Eine, die bei ihm wohnt. Und ich habe angeboten, den Job zu übernehmen.“

„Sie persönlich?“

„Ja.“

„Oh. Das sieht Ihnen gar nicht ähnlich!“

„Ich weiß. Aber er ist ein Bekannter von Cain, und ich mochte ihn nicht enttäuschen. Während er hier war, ist meine Intuition völlig durcheinandergeraten, und plötzlich hatte ich selbst den Job am Hals. Ich dachte, Sie könnten vielleicht eine Agentur finden, die ihm eine echte vorübergehende Haushälterin vermittelt. Und ihn dann anrufen und ihm mitteilen, ich hätte mich versehen.“

„In Ordnung, ich kümmere mich darum. Wie heißt er?“

Ellie drehte die Visitenkarte um. „Mac Carmichael.“

„Ach, du Schreck. Ellie, Sie sitzen fest. Das ist ein schwieriger Mensch, deshalb würde es nicht einmal helfen, ihm eine richtige Haushälterin zu besorgen. Er ändert niemals eine getroffene Abmachung. Seine Familie besitzt Hotels auf der ganzen Welt. Cain versucht seit Jahren, wegen eines bestimmten Projekts mit ihm ins Geschäft kommen. Dies ist möglicherweise ein Test für Cain.“

„Wahrscheinlich hatte ich deshalb die Eingebung, ihn nicht abzuweisen.“

„Ich denke ja“, stimmte Ava zu. „Wo ich arbeite, ist einerlei, also werde ich alle Anrufe an mich in das Büro von Happy Maids umleiten und während des Tages Ihre Telefongespräche und eventuelle Kundenbesuche mit abwickeln. Jeden Abend treffen wir uns dann für eine Stunde und erledigen zusammen den Papierkram.“

„Das würden Sie für mich tun?“

„Natürlich. Hier geht es nicht nur um Happy Maids, sondern auch um Cains Unternehmen, und ich bin Cains Assistentin. Außerdem mag ich Sie.“

Ellie lachte. „Okay.“

„Miss Magic, das wird besser als okay. Ich bin sicher, Sie leisten so gute Arbeit für Mac, dass Sie eine Menge Pluspunkte für Liz und Happy Maids sammeln. Und es ist denkbar, dass Sie damit Cain den Kontakt zu Carmichael Incorporated herstellen, auf den er schon seit Jahren hinarbeitet. Dafür tue ich alles. Das gilt auch für Sie im Übrigen.“

„Sich ums Büro zu kümmern sollte vorerst genügen.“

„Ich bin in einer Stunde da.“

„Bringen Sie einen Schlüssel mit, weil ich sofort losfahre. Mr. Carmichael will sich in einer Stunde in …“, wieder blickte Ellie auf die Visitenkarte, „… Coral Gables mit mir treffen. Und da ich im Haus wohnen soll, muss ich einen Koffer packen. Und Ava?“

„Ja?“

„Vielleicht machen Sie unterwegs besser irgendwo halt und kaufen Shorts und ein Tanktop.“

Ava lachte. „Wie wäre es, wenn ich einfach einen Klimatechniker anrufe?“

„Das geht auch. Wir sehen uns heute Abend.“

Mac Carmichael raste mit seinem Bentley die kurvenreichen Straßen von Coral Gables entlang und stoppte am Tor, das er öffnete, indem er einen Code in das Tastenfeld auf der linken Seite eintippte. Dann brauste er die gepflasterte Auffahrt hoch zu seinem riesigen Haus. Auf einen Tastendruck hin schwang das Garagentor auf, und Mac fuhr hinein. Als sich das Tor hinter ihm schloss, stieg er aus dem Auto und ging durch den Wirtschaftsraum in die moderne Küche.

Seine sechsjährige Tochter Lacy saß an dem langen Holztisch vor den Terrassentüren und malte. Neben ihr saß Macs neun Monate alter Sohn Henry in einem Hochstuhl. Mrs. Pomeroy, Macs ehemaliges Kindermädchen und jetzige Nachbarin, wischte dem Baby gerade mit einem feuchten Tuch Brei vom Mund.

„Wie war’s?“

„Ich habe eine Ersatzhaushälterin gefunden.“

„Großartig, Mac.“

„Da bin ich mir nicht so sicher. Sie ist …“ Groß und blond und so attraktiv, dass er fast umgekehrt wäre. „Mir kommt sie ein bisschen sonderbar vor.“

Die achtzigjährige Elmira Pomeroy lachte. „Sonderbar? Nimmt sie etwa Drogen?“

„Nein, sie ist nur …“ Unpassend angezogen, unbeschreiblich hübsch. „Irgendwie seltsam.“

„Willst du die Frau wirklich in die Nähe deiner Kinder lassen?“

„So seltsam ist sie nicht. Außerdem habe ich keine Wahl. Ich bin auf Vertraulichkeit angewiesen und kann nicht einfach irgendjemanden beauftragen, der es nicht nötig hat, Stillschweigen zu bewahren.“

„Dann glaubst du also, sie hat den Zusammenhang schon hergestellt? Dass der Ehemann ihrer Chefin Millionen verdienen könnte, wenn sie ihre Sache gut macht?“

Mac warf sein Jackett über eine Stuhllehne. „Ich hoffe es. Wenn sie es noch nicht getan hat, wird sie es vom ersten Besten erfahren, den sie in Cains Büro anruft. Das müsste als Anreiz genügen, so lange zu bleiben, bis ich eine neue Haushälterin gefunden habe.“ Mac beugte sich über Lacy. „Hallo, Kleines. Wie wäre es, wenn du deinen Badeanzug anziehst und wir schnell mal ins Wasser springen, solange Mrs. Pomeroy noch hier ist und auf Henry aufpasst?“

Ihre blauen Augen funkelten vor Begeisterung. „Ja!“ Lacy raste aus der Küche.

Mac hob Henry aus dem Hochstuhl. „Und wie geht es dir heute?“

Der blonde Henry mit den blauen Augen schlug seinem Vater mit der pummeligen Babyfaust auf die Wange.

„Putzmunter.“

„Aber wirklich. Ich weiß nicht, ob er schon müde genug ist, um sofort einzuschlafen, wenn ich ihn ins Bett bringe.“

„Falls Sie Probleme haben, holen Sie mich aus dem Pool.“

Verständnisvoll lächelte Mrs. Pomeroy ihn an. „Nein, Mac. Du nimmst dir Zeit mit Lacy. Ihr könnt beide ein bisschen Spaß gebrauchen.“

„Mir geht es gut. Ich will mich nicht vor der Verantwortung den Kindern gegenüber drücken.“

„Du bist ein wundervoller Vater.“

Er wandte sich ab und versuchte, das Kompliment herunterzuspielen. „Ich tue nur, was jeder Vater tun sollte.“

Weshalb es ihm niemals in den Sinn gekommen wäre, seine Kinder zu verlassen, so, wie es ihre Mutter gemacht hatte. Sie war so selbstverliebt, dass sie Lacy und Henry aufgegeben hatte, nur weil ein zweites Kind zu haben ungünstig für ihre Karriere war. Nachdem Pamela das Ergebnis ihres frühen Schwangerschaftstests erfahren hatte, war sie unglaublich wütend gewesen. Sie hatte einen Koffer gepackt, war ausgezogen und hatte innerhalb von Tagen die Scheidung eingereicht. Dann kehrte sie nach Hollywood zurück und brachte ihre Filmkarriere wieder in Schwung.

Neun Monate später lieferte sie Henry bei Mac ab. Alle vier Wochen kam sie zu Besuch. Sie behauptete, es sei schwierig, öfter zu kommen. Bei ihrem letzten Besuch hatte sie Mac mitgeteilt, sie könne im Juli wohl nicht kommen. Der Film, den sie während ihrer Schwangerschaft gedreht habe, laufe in Kürze an, und sie werde jetzt die Runde durch die Talkshows machen und dafür werben.

Bei dem Gedanken daran geriet Mac in Panik. Er hatte absolut keine Ahnung, was Pamela sagen würde, wenn man sie nach ihrer Scheidung oder den Kindern fragte. Aber ihm war klar, dass die Paparazzi ihn und die Kinder rund um die Uhr verfolgen würden, wenn Pamela ihre Namen erwähnte.

Mit Leibwächtern, Alarmanlagen und gepanzerten Limousinen aufgewachsen, hatte Mac zu wissen geglaubt, wie es war, hinter hohen Mauern zu leben. Tatsächlich war es nichts im Vergleich zu einem Leben im Goldfischglas. Als Exmann eines Filmstars, dazu das Sorgerecht für die Kinder, hatte Mac den Schutz vor Publicity auf eine ganz neue Stufe hochschrauben müssen.

Wegen seines Geldes waren Lacy und Henry in Gefahr, entführt zu werden. Und der Beruf ihrer Mutter könnte ihre Gesichter weltweit auf die erste Seite sämtlicher Boulevardzeitungen bringen. Um seine Kinder zu schützen, hatte Mac drastische Maßnahmen ergriffen. Und dennoch war er nicht völlig überzeugt, dass seine Tochter und sein Sohn in Sicherheit waren.

„Du denkst wieder an deine grässliche Exfrau, stimmt’s?“

„Nein.“

„So, so.“ Mrs. Pomeroy lachte. „Du blickst also immer finster drein, bevor du mit deiner Tochter schwimmen gehst.“ Die alte Dame nahm das Baby aus Macs Armen. „Du brauchst eine gute Frau, die die grässliche ersetzt.“

„Eher friert die Hölle zu, als dass ich wieder einer Frau vertraue.“

„Scher nicht alle über einen Kamm“, erwiderte Mrs. Pomeroy.

In einem leuchtend blauen Badeanzug kam Lacy in die Küche gehopst. Mac hob seine Tochter hoch. Mrs. Pomeroy tat sich leicht mit ihren Ratschlägen. Sie zu befolgen war eine andere Sache. Pamela hatte Lacy das Herz gebrochen, als sie gegangen war. Henry würde immer nur eine Mutter kennen, die auf einen Sprung vorbeischaute, wenn ihr gerade danach war. Ein zweites Mal durfte Mac die Herzen seiner Kinder nicht aufs Spiel setzen.

Ellie überlegte, ob sie die gelbe Rüschenschürze umbinden sollte, die alle Haushaltshilfen von Happy Maids bei der Arbeit trugen. Aber Mac Carmichael hatte vorgeschlagen, dass sie Jeans und T-Shirt anzog, und Ellie ging lieber kein Risiko ein. Wenn sie schon die Ganztagshaushälterin spielen musste, dann sollte Cain dafür Geschäftsbeziehungen zu Carmichael Incorporated aufnehmen können. Um das zu erreichen, war es das Beste, sich genau an Macs Anweisungen zu halten.

Langsam fuhr sie durch die kurvenreichen Straßen von Coral Gables und suchte nach der Adresse, die Mac auf die Rückseite der Visitenkarte gekritzelt hatte. Schließlich fand sie das Grundstück, bog ab und stoppte vor dem Eisentor. Sie öffnete das Autofenster, drückte auf die mit „Besucher“ bezeichnete Taste an einer kleinen Metallsäule und beobachtete, wie eine Kamera sie heranholte. Sekunden später ging das Tor auf.

Menschenskind. Wie reich war der Mann?

Während Ellie die mit schönen ockergelben Steinen gepflasterte Auffahrt hochfuhr, betrachtete sie den landschaftlich gestalteten riesigen Vorgarten. Gleich hinter dem schwarzen Eisenzaun, der das Grundstück umgab, standen Bäume und verstärkten noch das Gefühl der Abgeschiedenheit. Rote, gelbe und orangefarbene Hibiskengärten tauchten ohne besondere Anordnung auf und setzten Farbtupfer in die grünen Rasenflächen.

Wirklich überwältigt war Ellie jedoch von dem Haus mit dem ockergelben Verputz, den dunkelbraunen Fensterrahmen und der funkelnden Glastür. An der Seite entdeckte Ellie ein Garagentor und einen zweiten, schlichteren Eingang. Dort parkte sie und stieg aus.

Es hörte sich an, als würde jemand in einem Swimmingpool planschen. Sie folgte dem Geräusch zur Rückseite des Hauses und blieb staunend stehen.

Reihen von flachen ockergelben Steinstufen führten von einer Wand aus Glastüren zu einem Pool, der von blauen und beigefarbenen Fliesen eingefasst war. Die Umrandung setzte sich fort in einem Fußweg zu einer Terrasse aus demselben Stein wie die Treppe. Hinter der Terrasse stand ein großer Pavillon. Am Ende des Gartens war der Kanal, wo eine strahlend weiße Jacht lag.

„Ellie?“

Sie sah wieder zum Pool. Mac Carmichael schwamm zusammen mit einem kleinen Mädchen von ungefähr sechs Jahren, wahrscheinlich seine Tochter. Zögernd näherte sich Ellie ihnen.

„Hallo.“

Schüchtern winkte das blonde Mädchen.

„Ich bin sofort bei Ihnen.“ Mac steuerte auf die Leiter am Beckenrand zu, stieg aus dem Pool und nahm ein Handtuch von einer beigeweiß gestreiften Sonnenliege. „Sie sind schnell hergekommen.“

Ellie war wie erstarrt. Mit dem blauen Himmel als Hintergrund schienen seine Augen eher topasblau zu sein. Wasser rann ihm über die muskulöse Brust. Die nasse schwarze Badehose schmiegte sich an seine schlanken Hüften und den straffen Po.

„Ich …“ Es war lange her, dass sie sich heftig zu einem Mann hingezogen gefühlt hatte, deshalb hatte sie die Symptome nicht erkannt. Aber hier waren sie. Ihre Haut prickelte. Ihr Herz hämmerte. Sie war unfähig, einen zusammenhängenden Satz zu bilden.

Jetzt war ihr klar, warum ihr sechster Sinn nicht geduldet hatte, dass Mac das Büro von Happy Maids verließ. Nicht wegen Cain. Es war die Anziehungskraft gewesen, die Mac auf sie ausübte. Ellie befahl sich, nicht in Panik zu geraten. Zwar hatte ihre Intuition sie aus einem leichtfertigen Grund hierhergebracht, aber sobald sie von Ava erfahren hatte, dass Cain geschäftlich Kontakt zu Mac suchte, hatte Ellie sowieso nicht mehr zurückgekonnt.

Liz hatte sie gerettet, als Ellie dringend Hilfe gebraucht hatte. Nun hatte sie endlich die Chance, sich erkenntlich zu zeigen.

„Ich musste nur nach Hause fahren, mich umziehen und einen Koffer packen“, erwiderte Ellie lächelnd.

„Es ist zu heiß, um in Jeans hier draußen zu stehen.“ Mac zeigte zur Treppe. „Gehen Sie hoch. Sobald ich Lacy aus dem Pool geholt habe, sehen wir uns drinnen.“

„Lassen Sie sich Zeit“, sagte Ellie, die gern einen Moment allein wäre, weil sie sich erst einmal beruhigen musste. Wie konnte ein Mann so viel Glück haben? Nicht nur war Mac Carmichael reich und lebte in einem atemberaubenden Haus, er sah auch noch fantastisch aus.

„Wenden Sie sich oben nach links, dort ist die Küche. Wir kommen gleich.“

Mit einem Nicken drehte sich Ellie um. Ihr war, als würde sie die Treppe in ein Museum anstatt in ein Wohnhaus hinaufsteigen. Natürlich, sie wusste nicht viel darüber, wie ein „normales“ Zuhause aussehen sollte. Sie war in Pflegefamilien aufgewachsen, bis sie mit siebzehn ausgerissen war. Dann hatte sie auf der Straße geschlafen und erbittert kämpfen müssen, um jeden Tag etwas zu essen zu haben. Schließlich fand sie einen Job in einer Pizzeria und lernte Sam kennen. Ein Jahr wohnte sie bei ihm und ertrug seine seelischen Misshandlungen, bis daraus eines Abends körperliche Gewalt wurde.

Da flüchtete Ellie, aber A Friend Indeed konnte sie nicht aufnehmen, weil es eine Wohltätigkeitsorganisation war, die sich um Frauen mit Kindern kümmerte. Liz hatte Ellie ihr Sofa und einen Job angeboten. Nach vier Jahren bei Happy Maids, in denen sie mit Liz und den Freunden zu tun gehabt hatte, die sie durch A Friend Indeed gewonnen hatte, verstand Ellie erst jetzt allmählich, was normale Beziehungen waren.

Wegen ihrer Herkunft konnte sie sich verzeihen, dass sie ein bisschen ehrfürchtig dieses Haus betrat. Zwar putzte sie für Miamis Oberschicht, doch Mac Carmichael war eine Klasse für sich, und von außen wirkte seine Villa wirklich wie ein Museum.

Ellie schob die zweite der vier Glastüren auf und stand zwischen einer riesengroßen Küche auf der linken Seite und einem gemütlich eingerichteten Zimmer auf der rechten. Mit dem braunen Ledersofa, dazu passenden Sesseln, kleinen Kirschholztischen, und einem gewaltigen Flachbildfernseher zwischen den Bücherregalen an der hinteren Wand schien es der Raum zu sein, in dem sich die Familie hauptsächlich aufhielt.

Das gefiel Ellie.

In der Küche musste sie allerdings erst einmal schlucken. Der Herd hatte acht Kochzonen. Der Kühlschrank war mit demselben Kirschholz verkleidet, aus dem die Schränke waren. Von einem Regal über dem Herd hingen Töpfe und Pfannen aus Kupfer. Lachsfarbene Granitarbeitsflächen betonten die kräftige Farbe der Schränke. In die Mitte der Kücheninsel war eine Spüle mit einem hohen Kupferwasserhahn eingelassen, eine weitere in eine Arbeitsplatte.

Ehrfürchtig blickte sich Ellie um. Sie putzte für einige ziemlich reiche Leute. Aber Mac gehörte zu den Superreichen, die fest angestellte Haushälterinnen und Küchen hatten, die groß genug waren, um für eine Dinnerparty mit hundert Gästen zu kochen. Als Happy Maid machte sie nur sauber. Sie kochte nicht für ihre Kunden.

Angst schnürte ihr die Brust zusammen. Ellie zog ihr Handy aus der Hosentasche und drückte eine Kurzwahltaste.

Autor

Susan Meier
<p>Susan Meier wuchs als eines von 11 Kindern auf einer kleinen Farm in Pennsylvania auf. Sie genoss es, sich in der Natur aufzuhalten, im Gras zu liegen, in die Wolken zu starren und sich ihren Tagträumen hinzugeben. Dort wurde ihrer Meinung nach auch ihre Liebe zu Geschichten und zum Schreiben...
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