Vor Junggesellen wird gewarnt

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Garrett McCabe ist Junggeselle. Und das aus Überzeugung. Nie hätte der erfolgreiche Journalist erwartet, dass ausgerechnet Emily, die Herausgeberin einer Hausfrauenzeitschrift, in ihm ein so wildes Verlangen auslöst! Nicht nur nach Sex. Etwa auch nach Liebe?


  • Erscheinungstag 06.11.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733774981
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

„Welche Farbe bevorzugt sie bei ihren Dessous?“, fragte Garrett McCabe, während er die Auslage des Miederwarengeschäfts musterte. Dann bemerkte er den schockierten Gesichtsausdruck seines Freundes, Josh Banks. Der Dritte im Bunde bei diesem Stadtbummel, Tru Hallihan, warf Garrett einen missbilligenden Blick zu, bevor er sich wieder dem Schaufenster zuwandte.

Josh vergewisserte sich, dass keiner der Passanten, die an diesem Samstagmorgen das Beverly-Einkaufscenter bevölkerten, Garretts indiskrete Frage gehört hatte, und erwiderte ruhig: „Ich glaube, das geht nur meine Frau und mich etwas an.“

„Wie du willst. Allerdings habe ich eine unschlagbare Theorie entwickelt, was Damenunterwäsche angeht“, fuhr Garrett fort.

„Lass hören“, forderte Tru ihn auf.

„Wie ihr euch sicher erinnert, war dieses Thema bereits Gegenstand meiner Zeitungskolumne. Die Farbe ihrer Dessous verrät viel über die Persönlichkeit einer Frau. Nehmen wir den Typ rote Wäsche: Sie wagt viel, ist aber für meinen Geschmack zu dominant. Frauen, die weiße Dessous tragen, leiden oft unter sexuellen Defiziten und sind eher praktisch veranlagt. Lasst bloß die Finger von Frauen, die Blümchenunterwäsche tragen. Sie haben den Kopf voll romantischer Flausen. Dann gibt es noch die, die Schwarz tragen. Sie …“

„Taryn trägt Schwarz“, mischte Josh sich ein.

Garrett lächelte. „Glückskind. Unverklemmt und abenteuerlustig. Also, geh rein und kauf Taryn etwas nettes Schwarzes. Zum Beispiel das dort drüben.“ Er deutete auf ein schwarzes Spitzenbustier.

Josh blinzelte hinter seiner konservativen Metallbrille und rückte seine Krawatte zurecht. „Du meinst, ich soll da reingehen und das da kaufen? Ich weiß nicht einmal, wie man so was nennt.“

„Ein Bustier“, half Garrett ihm. „Ich dachte, du brauchst ein Geschenk für euer Jubiläum?“

„Es sieht reichlich unbequem aus“, meinte Josh, nachdem er das Objekt eingehend begutachtet hatte. „Seid ihr beide wirklich jemals mit einer Frau zusammengewesen, die so etwas getragen hat?“

Tru schob die Hände in die Taschen seiner Lederjacke. „Leider nicht“, seufzte er.

„Ich auch nicht“, gab Josh zu.

Beide wandten sich erwartungsvoll an Garrett. Er wählte seine Worte sorgsam, denn immerhin hatte er einen Ruf zu wahren. Garrett McCabe war Autor der beliebten Zeitungskolumne „Boys’ Night Out“, die zweimal wöchentlich erschien und Männern – insbesondere Junggesellen – sagte, was Trend war und was nicht. Er galt als überzeugtester Junggeselle von Los Angeles. Allerdings klafften auch hier Wunsch und Wirklichkeit ein klein wenig mehr auseinander, als Garrett bereit war, öffentlich zuzugeben.

Er war mittlerweile der einzige Unverheiratete der drei Freunde. Der ehemalige Privatdetektiv Tru Hallihan hatte vor drei Monaten die Therapeutin Caroline Leighton geheiratet. Und Josh, Steuerberater von Beruf, war vor ein paar Wochen in Las Vegas durch die Malerin Taryn Wilde vom Junggesellen zum Ehemann avanciert.

Bis vor Kurzem noch hatten Tru, Josh und Garrett jeder für sich allein im berühmt-berüchtigten Apartmenthaus „Bachelor Arms“ gewohnt. Jetzt lebte Tru mit Caroline zusammen in deren Haus oben in Laurel Canyon, und Taryn war bei Josh eingezogen. Man sah sich ab und zu beim Mittagessen und traf sich immerhin noch regelmäßig an den Dienstagen im Flynn’s zum Pokern.

Garrett bedauerte die Heirat seiner beiden Freunde. Sicher, Caroline und Taryn waren wunderbare Frauen, aber er war davon überzeugt gewesen, dass er, Josh und Tru bis in alle Ewigkeit Junggesellen bleiben würden. Offensichtlich bin ich der einzige, der an die echte Berufung zum Junggesellendasein glaubt, dachte Garrett. Ich will frei sein – und wenn ich mit einer Frau zusammen bin, dann nur zu meinen Bedingungen.

Garrett warf einen letzten Blick auf das Bustier. „Ehrlich gesagt, habe ich leider noch keine Frau mit solch exklusivem Geschmack kennengelernt. Aber man soll ja die Hoffnung nie aufgeben.“

Nicht, dass Garrett jemals schlechte Erfahrungen mit der Ehe gemacht hätte. Seine Eltern, seine Großeltern, seine sieben Geschwister waren sämtlich glücklich verheiratet. Eine Tradition, der sich mittlerweile kein Mitglied der Familie mehr entziehen konnte. Auch Garrett nicht. Dass er mit fünfunddreißig Jahren immer noch unverheiratet war, gab in der Familie Anlass zu einigen Spekulationen.

Allmählich wurden seine Ferienaufenthalte zu Hause in Boston durch unzählige bohrende Fragen der Familie und arrangierte Treffen mit heiratsfähigen Frauen zur Qual. Er bemühte sich schon lange nicht mehr, seine Handlungsweise zu rechtfertigen, und nahm an, dass seine Weigerung, zu heiraten, auch dem Wunsch entsprang, seiner Familie zu trotzen.

„Kauf das Ding, Josh“, sagte er nun zu seinem Freund. „Du wirst es nicht bereuen.“

„Ich dachte eigentlich an etwas … etwas Traditionelleres“, wandte Josh ein. „Es muss doch Dinge geben, die man sich üblicherweise zu Jubiläen schenkt. Silber zum Beispiel bedeutet fünfundzwanzig Jahre, Gold fünfzig Jahre. Und zwei Wochen?“

„Für zwei Wochen gibt es sexy Unterwäsche“, erklärte Garrett. „Nach zwei Monaten schenkt der aufmerksame Ehemann schwarzes Leder.“

Josh sah Tru fragend an, doch der schüttelte den Kopf. „Lass uns woanders unser Glück versuchen“, meinte Josh schließlich. „Ich habe das Gefühl, dass dieses Jubiläum Taryn wichtig ist, und ich habe keine Lust, gleich zu Beginn meiner Ehe einen Fehler zu machen.“

„Na gut“, lenkte Garrett ein. „Aber sieh zu, dass es nicht mehr so lange dauert. Ich muss noch vor fünf Uhr meine Kolumne fertigschreiben, und ich habe bisher nicht einmal eine Idee, worum es diesmal gehen soll. Wieso versuchen wir es nicht mal in der Buchhandlung oben im achten Stock? Kochbücher machen sich immer gut als Geschenk.“

Joshs Miene hellte sich auf. „Ein Kochbuch? Das könnte es sein, denn Taryn möchte unbedingt kochen lernen.“ Er warf dem schwarzen Bustier noch einen sehnsüchtigen Blick zu und ging dann zur Rolltreppe hinüber.

Das Beverly-Center war die Krönung der Einkaufszentren von Los Angeles. Polierter rötlichgrauer Marmor wechselte sich ab mit Glas und Stahl, melodiöse Hintergrundmusik erfüllte die lichtdurchfluteten, klimatisierten Etagen, der aromatische Duft von exotischen Gerichten lockte Passanten in die edlen Restaurants. Hier konnte man im Überfluss alles kaufen, ob man es nun brauchte oder nicht.

Garrett hasste Einkaufszentren fast noch mehr als Zahnarztpraxen. Was finden Frauen bloß an 170 Läden auf acht Etagen?, fragte er sich. Vielleicht ist es genetisch bedingt. Männer haben X- und Y-Chromosomen, Frauen dagegen X und E, wobei E für Einkaufszentrum steht, dachte er sarkastisch. Eine seiner Kolumnen hatte dieses E bereits zum Thema gehabt.

Als sie den achten Stock erreichten, bemerkte Garrett eine lange Schlange von Leuten, die ihren Anfang offensichtlich in der Buchhandlung nahm. „Vielleicht solltest du dich lieber für Parfum entscheiden, Josh. Im Buchladen scheint zu viel los zu sein.“ Garrett reckte sich, um das Transparent über der Tür der Buchhandlung lesen zu können. „Irgendeine Autorin namens Emily Taylor signiert ihr neuestes Buch.“

„Emily Taylor!“, rief Tru. „Caroline besitzt alle Bücher von ihr. Sie liest sie abends im Bett.“

„Wie schmeichelhaft für dich“, neckte ihn Garrett.

„Hat sie etwas mit ‚At Home‘ zu tun?“, erkundigte sich Josh.

„Genau. Das Magazin für ein schönes Zuhause“, bestätigte Tru. „Emily Taylor At Home“.

„Wer ist Emily Taylor?“, wollte Garrett wissen.

„Eine Hausfrau, nehme ich an“, erwiderte Tru. „Von Berufs wegen.“

„Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt“, sagte Garrett. „Kann ich sie mieten, damit sie sich um mein Apartment kümmert? Und um meine Wäsche, um die Vorräte …“

Josh schüttelte den Kopf. „Taryn sagt, Emily Taylor habe die Sorge für ein schönes Zuhause zur Kunst erhoben. Taryn versucht, sie in der Küche zu kopieren, aber ich glaube, es ist besser, wenn sie bei dem bleibt, was sie am besten macht: Popcorn in der Mikrowelle und Orangensaft.“

„Du hast es gut“, mischte sich Tru ein. „Caroline versucht, Emily Taylors Gartentipps umzusetzen. Das bedeutet, ich muss ebenfalls gärtnern. Die letzten vier Wochen haben wir damit verbracht, mehrjährige Stauden zu besorgen. Außerdem habe ich mindestens eine Tonne Gartenerde vom Auto in den Garten geschafft und letzten Sonntag das Baseballspiel der Lakers verpasst, weil ich herausfinden sollte, welchen pH-Wert unsere Erde hat. Caroline hat angekündigt, dass wir einen englischen Vorgarten haben werden, der dem von Emily Taylor bis auf das letzte Blättchen gleicht.“

„Taryn hat versucht, aus einer Tischdecke einen Duschvorhang zu machen“, berichtete Josh. „Als ich ihr Geld für einen richtigen Duschvorhang geben wollte, hat sie mir erklärt, dass es darum gar nicht gehe. Dann fing sie an zu weinen und warf mir vor, ich würde ihre Bemühungen nicht ernst nehmen, und sie sei als Hausfrau eine Versagerin. Danach musste ich einen Artischockenauflauf essen“, fügte er hinzu und schauderte.

„Ich glaube, ich höre nicht recht“, wetterte Garrett. „Ihr lasst also zu, dass diese Emily Taylor euer Leben regiert?“

„So schlimm ist es nun auch wieder nicht“, wehrte Josh ab. „Jedenfalls bis jetzt noch nicht. Taryn meint nur, sie benötige etwas Unterstützung, um eine gute Ehefrau zu werden. Ich wette, sie würde sich über ein signiertes Buch von Emily Taylor zu unserem Jubiläum freuen.“

„Stellen wir uns an“, mahnte Tru. „Wenn Caroline herausfindet, dass ich Emily Taylor so nahe gekommen bin und ihr kein signiertes Buch mitgebracht habe, muss ich wahrscheinlich einen Monat lang Schafsmist umgraben.“

Tru und Josh reihten sich in die Schlange ein, die hauptsächlich aus fröhlich miteinander schwatzenden Frauen bestand. Garrett sah ihnen ungläubig hinterher und folgte dann.

„Ihr müsst wahnsinnig sein“, sagte er zu seinen beiden Freunden.

„Warte es ab“, erwiderte Tru.

„Was?“, fragte Garrett.

„Du hast das Lächeln deiner Frau noch nicht gesehen, wenn du etwas ganz Besonderes für sie tust“, erklärte Tru. „Es gibt nichts Schöneres auf der Welt.“

„Ich bin gern verheiratet“, warf Josh ein. „Taryn macht mein Leben … aufregend.“

„Und ich habe vor, bis ans Ende meines Lebens Junggeselle zu bleiben“, stellte Garrett fest.

Tru und Josh grinsten sich wissend an.

„Ihr glaubt mir wohl nicht“, fragte Garrett drohend.

„Sicher glauben wir dir“, beruhigte ihn Tru. „Aber was ist mit der Frau im Spiegel?“

„Genau“, rief Josh. „Du hast die Frau in diesem verhexten Spiegel in Trus ehemaligem Apartment doch gesehen! Weißt du nicht mehr, was Eddie und Bob uns über die Legende erzählten?“

Garrett erinnerte sich genau an die lächerliche Geschichte. Angeblich erschien die Frau im Spiegel nur einem Menschen, dessen größte Angst oder dessen größte Hoffnung wahr würde.

Das „Bachelor Arms“ war die Wiege unzähliger Geschichten über Geister, Morde, Intrigen und Selbstmord. Jeder erzählte sie weiter, sodass schließlich sogar Garrett gemeint hatte, die Frau im Spiegel zu sehen. Doch er wusste, dass es so etwas nicht geben konnte.

„Sagt bloß nicht, dass ihr auf so etwas hereinfallt“, gab Garrett zurück.

„Warum nicht?“, erwiderte Tru. „Ich habe die Frau gesehen. Josh ebenfalls.“

„Lass gut sein“, sagte Garrett. „Viel mehr als die Frau im Spiegel interessiert mich im Moment, warum es einer professionellen Hausfrau namens Emily Taylor gelingt, jeden Mann auf diesem Planeten unterzukriegen. Ich glaube, ich habe ein Thema für meine Kolumne gefunden.“

„Das würde ich nicht tun“, flüsterte Josh mit einem Blick auf die Frauen, die in der Schlange warteten. „Damit könntest du dir das ganze weibliche Geschlecht zum Feind machen.“

„Ich habe keine Angst vor einer altmodischen kleinen Hausfrau“, gab Garrett zurück. „Glaubst du, sie mischt mir Arsen in ein paar Haferflockenplätzchen und zwingt mich, sie zu essen? Oder haut sie mich mit einem nassen Mopp?“

Während ihres Gesprächs hatten sie sich der Buchhandlung stetig genähert. Die Schlange vor ihnen war nicht mehr allzu lang. Garrett reckte den Kopf, um einen Blick auf die Hausfrau aller Hausfrauen zu erhaschen. Eine gedrungene, dunkelhaarige Frau saß hinter einem Tisch, etwa fünf Meter entfernt von ihm. Sie trug ihr Haar in einem Knoten, der mitten auf ihrem Kopf saß, und ihre Lesebrille mit Metallfassung war ihr bis zur Nasenspitze gerutscht. Sie sah aus wie aus einer Werbung für Kekse. Genau das hatte Garrett erwartet.

Er nahm eine Ausgabe von „Emily Taylors Sommer an der See“ von einem Seitentisch und blätterte sie durch. Tipps für gelungene Picknicks und Barbecues reihten sich aneinander. Das letzte Mal, dass Garrett im Freien gegessen hatte, war bei einem Spiel der Dodgers gewesen. Ein Hot Dog und ein schnell hinuntergekipptes Bier, das war alles, was es gegeben hatte. Er blätterte weiter und musste lächeln. Perfekte kleine Dinners im Grünen, Essen von sauberen Tellern – und natürlich keine einzige Ameise in Sicht.

Nun, er würde Emily Taylor wie ein Täubchen in der nächsten Ausgabe von „Boys’ Night Out“ rupfen. Sofort formten sich Worte in seinem Kopf, und er war in Versuchung, Papier hervorzukramen, um sie aufzuschreiben.

Doch zunächst würde er sich dieses „Täubchen“ einmal näher ansehen. Josh und Tru kamen zurück, jeder mit einem signierten Buch in der Hand. Nun ging Garrett hinüber zum Autorentisch. Er gab sein Buchexemplar der dunkelhaarigen Miss Taylor.

„Schreiben Sie einfach ‚dem besten Autor, den ich kenne‘ hinein“, forderte Garrett sie auf.

Sie schüttelte nervös den Kopf.

Garrett runzelte die Stirn. Was ist los mit ihr?, dachte er. Hat sie zu viel Möbelpolitur eingeatmet?

„Könnten Sie bitte noch einmal wiederholen, was Miss Taylor in Ihr Exemplar schreiben soll?“, bat ihn die Frau hinter dem Autorentisch. Sie nahm ihm das Buch aus der Hand und gab es an eine Frau zu ihrer Linken weiter. Garrett hatte bisher nicht die geringste Notiz von ihr genommen.

Er betrachtete die Gestalt, die still neben der anderen Frau saß. Kein Wunder, dass ich sie übersehen habe, dachte er. Auf den ersten Blick wirkte sie völlig unscheinbar. Doch dann sah er in ihre unglaublich grünen Augen und musterte die Frau genauer.

Wild gelocktes rotes Haar fiel ihr bis auf die Schultern, und die Zartheit und Blässe ihrer Haut gaben ihr etwas Porzellanfigurenhaftes. Sie trug ein einfaches geblümtes Kleid, das nichts von ihrer Figur preisgab. Ruhig, ohne ein Lächeln, sah sie zu Garrett auf.

„Sie sind Emily Taylor?“, fragte Garrett.

„Ja, dies ist Emily Taylor“, antwortete die dunkelhaarige Frau. „Sie freut sich, Sie kennenzulernen. Bitte wiederholen Sie noch einmal, was Miss Taylor in Ihr Buch schreiben soll.“

Garrett war einen Moment sprachlos. Dann streckte er seine Hand aus. „Ich habe Sie mir anders vorgestellt“, sagte er. Emily Taylor sah zu ihm auf, lächelte aber weder, noch ergriff sie seine Hand.

„Ich fürchte, Miss Taylor hat keine Zeit, sich zu unterhalten“, belehrte ihn die Assistentin. „Es warten noch viele Leute, die sie sehen möchten. Bitte machen Sie den Platz frei.“

„Aber sie hat mein Buch noch nicht signiert“, bemerkte Garrett, der immer noch Emily ansah.

Emily blinzelte, öffnete das Buch und schrieb ihr Autogramm in ordentlicher Schrift hinein. Dann gab sie es Garrett mit einem künstlichen Lächeln zurück.

„Vielen Dank“, murmelte sie und blickte sofort wieder zu Boden.

Garrett lächelte. „Nein“, sagte er. „Ich danken Ihnen.“

Tru und Josh warteten vor dem Zeitschriftenregal. Als Garrett zu ihnen trat, rieb er sich demonstrativ beide Arme, als wäre ihm kalt. „Bisschen kühl hier drin“, meinte er zu seinen Freunden.

Josh sah ihn erstaunt an. „Mir ist nicht kalt.“

Tru grinste und legte ein Magazin zurück ins Regal. „Was ist los, McCabe?“, fragte er. „Hat dein berühmter Charme sie nicht aufgetaut?“

Garrett grinste. „Ein harter Brocken, diese Lady“, gab er zu. „Gentlemen, ich brauche nicht mehr weiterzusuchen. Diese frostige Göttin des Haushalts erscheint in der nächsten Kolumne von ‚Boys’ Night Out‘. Kommt, lasst uns hier verschwinden. Ich muss an meinen Schreibtisch.“

„Ich gehe nicht wieder hinaus“, sagte Emily verzweifelt und lehnte sich haltsuchend an ein hohes Bücherregal.

Wenn sie gekonnt hätte, hätte sie sich hier angekettet oder sich in der winzigen Toilette eingeschlossen. „Die vielen Leute – es ist einfach unerträglich! Es waren sogar Männer darunter. Und alle wollten mit mir reden. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte.“

Nora Griswold, ihre beste Freundin und Geschäftspartnerin, schwieg einen Moment. Dann sagte sie: „Emily, das sind deine Fans. Sie lieben dich. Alles, was sie wollen, ist die Möglichkeit, dich zu sehen. Du weißt doch genau, wie gut sich deine Bücher in Kalifornien verkaufen. Was hast du geglaubt, wer sie kauft?“

„Ich fühle mich aber wie ein schmieriger Vertreter, der den Leuten etwas andreht“, jammerte Emily. „Und wenn ich wieder da hinausgehe, finden sie heraus, dass ich nicht die Verkörperung der modernen kreativen Hausfrau bin, sondern ein neurotisches Nervenbündel.“

„Lass das, Emily“, sagte Nora bestimmt. „Du bist ein Profi und in deinem Metier ausgezeichnet. Alle Frauen dieses Landes mögen und respektieren dich. Du hast es geschafft, dass es hierzulande etwas bedeutet, wenn eine Frau sich bemüht, ein schönes Heim zu schaffen. Schau dir all die berufstätigen Frauen an, die wer weiß was dafür geben würden, wenn sie zu Hause sein könnten, um deine Ideen in Haus und Garten umzusetzen.“

„Du übertreibst“, widersprach Emily. „Ich habe vielleicht ein wenig Talent für Kunsthandwerk, ja, und vielleicht auch fürs Kochen. Meinetwegen auch fürs Gärtnern. Aber deswegen bin ich noch lange nichts Besonderes.“

„Ganz im Gegenteil. Du bist eine wichtige Persönlichkeit – allerdings mit einem ausgemachten Minderwertigkeitskomplex.“

„Geh du doch nach draußen“, rief Emily. „Du kannst ja die Bücher signieren und mit den fremden Leuten reden. Versuch doch mal, intelligent zu erscheinen, wenn dir ein Kloß im Hals steckt und du am liebsten in Tränen ausbrechen würdest.“

„Ich bin nicht diejenige, die sie sehen wollen. Sie wollen Emily Taylor.“

„Warum muss ich das bloß tun?“, schluchzte Emily und raufte sich ihre kupferroten Locken. „Ich wollte nie, dass wir das so groß aufziehen. Mir hätte es genügt, ein paar Bücher zu schreiben und unbekannt zu bleiben. Ich hatte noch nicht einmal Interesse an der Zeitschrift, ehe du mich dazu überredet hast. Nora, ich bin eine einfache Hausfrau aus Rhode Island. Meine Schulbildung ist mangelhaft, beruflich war ich nie gefordert, einen Ehemann habe ich auch nicht mehr vorzuweisen. Ich bin nicht der Star, den du aus mir machen willst.“

„Du bist ein Star, ob du willst oder nicht, Emily. Und es wird Zeit, dass du dich wie einer benimmst. Es ist wichtig, Parker Publishing zu zeigen, dass du hinter der Zeitschrift stehst. Dass du bereit bist, Werbung für deinen Namen zu treiben.“

Emily ließ sich in einen Klappstuhl sinken und begann, mechanisch Butterkekse in sich hineinzustopfen, die auf einem Teller lagen, den der Manager der Buchhandlung für sie bereitgestellt hatte. Die Kekse waren nicht selbst gemacht, aber zumindest stammten sie aus England. Emily konnte das beurteilen. In der Novemberausgabe ihrer Zeitschrift hatte sie über die „Shortbread“ genannten Butterkekse einen Artikel geschrieben und dafür sämtliche Varianten dieser Plätzchen getestet, die in den Vereinigten Staaten aufzutreiben waren. Dann hatte sie ihren Leserinnen ein eigenes Rezept vorgestellt. Sie war sogar für eine Woche nach England gefahren, um Antiquitätenläden nach den schönsten Backformen abzusuchen. „Erklär mir bitte noch einmal, warum wir unsere Zeitschrift ‚At Home‘ unbedingt verkaufen müssen“, sagte sie zu Nora, während sie einen Keks kaute. „Ich arbeite gern mit Arnie Wilson. Er hat mich nie dazu gezwungen, Bücher zu signieren oder in der Öffentlichkeit aufzutreten.“

„Arnie war ein wunderbarer Verleger und Geschäftspartner“, erläuterte Nora. „Aber er wird in den Ruhestand treten, und Richard Parker besitzt genau die finanziellen Mittel, die wir brauchen, um ‚At Home‘ zum Marktführer zu machen. Wir sollten begeistert sein, dass er unsere kleine Zeitschrift überhaupt in Erwägung gezogen hat. Außerdem müssen wir dann nie mehr überlegen, woher wir das Geld für die Bezahlung unserer Mitarbeiter nehmen.“

„Na, so schlimm war es doch wirklich nie“, warf Emily ein. „Es hat doch immer funktioniert.“

„Mit Parker wird es besser funktionieren. Er wird dich zu einem Markennamen in der Heim- und Gartenszene machen, Emily.“

„Ich bin bereits so etwas wie ein Markenname, und ich hasse es. Ich möchte nur in Ruhe an meinen Projekten arbeiten.“

„Daran ist Eric schuld, meinst du nicht?“, erwiderte Nora.

„Was hat mein Exmann damit zu tun?“

„Dein werter Exmann ist an allem schuld. Er hat dein Selbstvertrauen zerstört.“

Emily seufzte und nahm sich einen neuen Keks. „Fang nicht wieder mit deiner Amateurpsychologie an, Nora. Ich bin einfach nur schüchtern.“

„Du hast da draußen nicht mal zwanzig Worte von dir gegeben. Und die bestanden aus ‚vielen Dank‘. Die Leute erwarten, dass du fröhlich und intelligent bist. Du hast uns gezeigt, wie man Pfirsichpotpourri macht und echte Louisiana-Pralinen. Du hast uns beigebracht, wie man Fußböden und Wände verziert. Du hast uns gelehrt, wie man simple Barbecues oder Nachmittagskaffees zu unvergesslichen Erlebnissen machen kann. Und jetzt reiß dich zusammen und lerne, deinen Fans ins Auge zu sehen.“

„Na gut!“, sagte Emily halbwegs überzeugt. Sie stand auf, doch sofort überkam sie wieder Angst. Die Butterkekse lagen ihr wie Steine im Magen.

„Wir müssen noch etwas besprechen“, hielt Nora sie zurück.

Emily setzte sich. „Was denn noch, Nora? Du hast doch nicht etwa gleich die nächste Signierstunde ausgemacht? Ich werde so etwas nie wieder machen. Bitte, bitte, zwing mich nicht dazu.“

„Keine Angst, es geht nur um eine Party. Richard Parker hat dir zu Ehren ein paar Gäste eingeladen.

„Wie viele?“

„Nicht viele“, versicherte Nora.

„Bitte sei ehrlich. Wenn man dich kennt, weiß man, dass du ein Rolling-Stones-Konzert für eine kleine Veranstaltung hältst.“

„Ich habe ihn nicht gefragt, wie viele Leute kommen.“

Emily gab nicht nach und fixierte Nora mit ihrem Blick. Sie waren so lange befreundet, dass Nora die einzige Person war, der Emily Trotz zu bieten wagte.

„Ungefähr hundert“, gab Nora endlich zu. „Aber es findet bei ihm zu Hause in Beverly Hills statt.“

„Bei ihm zu Hause? Na prima. Ich hoffe, er hat ein starkes Schloss an seiner Badezimmertür, weil ich mich dort für den gesamten Abend einschließen werde. Du weißt doch, wie ich Partys hasse. Ich eigne mich nicht für Smalltalk. Die Leute reden über Politik und weltweite Probleme, und inzwischen wünsche ich mir, die Küche zu inspizieren. Oder den Flur zu tapezieren.“

Nora tätschelte ihren Arm, und Emily sah unglücklich zu ihr auf. „Mach dir einfach nicht so viele Gedanken darüber. Und jetzt gehe ich uns einen Kaffee holen. Dann machen wir noch eine halbe Stunde weiter. Diesmal möchte ich, dass du mit den Leuten redest, Emily.“

„Warum machen wir eigentlich nicht mal einen Beitrag über Kaffee?“, sagte Emily plötzlich. „Kaffee ist im Moment so im Trend: Cappuccino, Caffè latte, Mokka, und diese wunderbare Vielfalt an Kaffeebohnen. Wir finden das alles so selbstverständlich, aber keiner macht sich Gedanken darüber, wie wichtig diese Dinge für uns sind. Man könnte eine kleine Geschichte des Kaffees hinzufügen und unseren Leserinnen zeigen, wie man die verschiedenen Kaffeevarianten zu Hause selbst herstellen kann. Was meinst du?“

„Du denkst zu viel ans Arbeiten.“

„Was gibt es denn sonst noch?“, fragte Emily.

„Männer, zum Beispiel.“

„Das ist dein Betätigungsfeld, Nora, nicht meins.“ Emily errötete. „Ich bin nicht einmal fähig, mit einem Kater zu reden, ohne einen Knoten in der Zunge zu haben. Welcher Mann würde so etwas wie mich überhaupt interessant finden?“

„Vielleicht dieses unglaubliche Mannsbild, das vorhin ein Autogramm von dir wollte. Der Typ, der dir die Hand schütteln wollte.“

„Ich habe ihn nicht bemerkt“, antwortete Emily.

Nora stemmte die Hände in die Hüften und sah Emily seufzend an. „Hoffnungslos. Absolut hoffnungslos.“

„Nun geh schon und besorg uns den Kaffee, Nora. Währenddessen kratze ich meinen restlichen Mut zusammen und bereite mich darauf vor, meinen Fans gegenüberzutreten.“

„Beeil dich. Unsere Pause ist fast vorbei.“

Als Nora den Raum verlassen hatte, atmete Emily tief auf. Natürlich hatte Nora recht. Früher oder später würde sie ihre Ängste überwinden müssen und sich ihrer Karriere stellen.

Autor

Kate Hoffmann
Seit Kate Hoffmann im Jahr 1979 ihre erste historische Romance von Kathleen Woodiwiss las – und zwar in einer langen Nacht von der ersten bis zur letzten Seite – ist sie diesem Genre verfallen. Am nächsten Morgen ging sie zu ihrer Buchhandlung, kaufte ein Dutzend Liebesromane von verschiedenen Autorinnen und...
Mehr erfahren