Wem gehört dein Herz, süße Sara?

– oder –

 

Rückgabe möglich

Bis zu 14 Tage

Sicherheit

durch SSL-/TLS-Verschlüsselung

Erst eine unvergessliche Nacht mit ihrem umwerfenden Chef Luca Rossini, dann gleich ein Heiratsantrag und schließlich märchenhafte Flitterwochen in Venedig. Der reizenden Sara fehlt es mit diesem Mann an fast nichts - nur an einem: Wird Luca ihr je seine Liebe gestehen?


  • Erscheinungstag 24.04.2016
  • ISBN / Artikelnummer 9783733774042
  • Seitenanzahl 130
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Nachdem Sara das Taxi bezahlt hatte, lief sie schnell die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf, die sie mit Antonia teilte. Seit sie Antonias Nachricht bei der Arbeit erhalten hatte, ging ihre Fantasie mit ihr durch. Fieberhaft überlegte Sara, was passiert sein mochte.

„Miss Dalton lässt Ihnen ausrichten, dass Sie sofort nach Hause kommen sollen“, hatte die Frau in der Zentrale gesagt. „Sie wollte nicht einmal zu Ihnen durchgestellt werden, Miss Lacey.“

Als Sara die Wohnungstür öffnete, schallte ihr ohrenbetäubende Musik von Phil Collins entgegen, und auf dem Fußboden im Flur lag ein stahlblauer Pumps.

„Antonia?“, rief Sara und schaute ins Wohnzimmer, wo jedoch niemand war. Dann stellte sie fest, dass die Tür zum Schlafzimmer nur angelehnt war, und öffnete sie.

„Antonia?“, rief sie wieder, und erst dann sah sie das halb nackte Paar, das in leidenschaftlicher Umarmung in dem zerwühlten Bett lag.

Sara?“ Ihre Cousine fuhr hoch und blickte sie entsetzt an. Ihr honigblondes Haar war zerzaust, ihre Lippen geschwollen.

Sara, die sich gerade hatte zurückziehen wollen, blieb wie erstarrt stehen, als sie den Mann erkannte, der im Bett lag. Ihr war, als hätte man ihr einen Schlag in die Magengrube versetzt, und ihr Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen.

„O mein Gott …“ Blitzschnell schnappte Brian sich sein Hemd und rollte sich vom Bett.

Antonia versuchte hastig, ihre Bluse wieder anzuziehen. „Warum bist du nicht bei der Arbeit?“, schrie sie.

„Du hast angerufen … und mir eine Nachricht hinterlassen, dass ich sofort nach Hause kommen soll“, brachte Sara hervor.

„Bist du verrückt?“, entgegnete Antonia wütend. „Ich habe dich ganz bestimmt nicht angerufen!“

„Du Miststück!“, fuhr Brian sie an. „Das hast du mit Absicht gemacht …“

„Sei nicht albern“, zischte sie, bevor sie Sara mit einem boshaften Ausdruck in ihren blauen Augen ansah. „Aber ich habe dich gewarnt, dass ich Brian haben kann, stimmt’s?“

„Nein …“ Brian schaute Sara an, in deren grünen Augen ein gequälter Ausdruck lag, und kam mit erhobenen Händen auf sie zu. „Ich schwöre dir, dass es noch nie vorgekommen ist …“

Sara wandte sich ab und floh aus der Wohnung, während er ihr vom Flur aus verzweifelt hinterherrief. Einen Moment lang blieb sie stehen und versuchte, tief durchzuatmen, bevor sie wieder auf die Straße ging.

Antonia und Brian. Ihre Cousine und ihr Verlobter. Starr blickte Sara auf ihren Verlobungsring. Die Hochzeit hatte in sechs Wochen stattfinden sollen … Sara schien es, als hätte die Welt plötzlich aufgehört, sich zu drehen. Sie stand so unter Schock, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. Und dennoch erinnerte sie sich an Dinge, die Antonia über Brian gesagt hatte.

„Brian hat dich ausgesucht, wie er seine Hemden aussucht … Er braucht eine Frau zum Repräsentieren, die sich lange hält.“

„Vor drei Jahren hätte ich nur mit den Fingern zu schnippen brauchen, und er wäre gekommen. Er war schwer in mich verknallt.“ Genussvoll hatte sie jedes Wort betont.

Vor einem Schaufenster blieb Sara stehen, um ihr Spiegelbild zu betrachten. Sie sah eine kleine Frau, die das schwarze Haar zu einem Zopf geflochten hatte und ein braves marineblaues Kostüm mit einer weißen Bluse trug. Mit einer großen Blondine, die früher einmal die Titelseiten der Vogue geziert hatte, konnte sie nicht konkurrieren. Sie wusste nicht, was sie jetzt tun sollte.

Als sie einen Bus kommen sah, lief sie zu der nur wenige Meter entfernten Haltestelle. Nur flüchtig nahm sie dabei den Mann wahr, der in einem Hauseingang stand. Dass er ihr folgte und ebenfalls in den Bus stieg, merkte sie nicht.

„Muss Antonia unbedingt Brautjungfer sein? Meine Mutter kann sie nämlich nicht ausstehen“, hatte Brian sich beklagt. „Keine anständige Frau würde sich für Geld ausziehen.“

Auch als Sara kurz darauf auf die beeindruckende Londoner Zentrale von Rossini Industries zuging, merkte sie nicht, dass der Mann ihr immer noch folgte. Genauso wenig hörte sie, wie die Empfangsdame im vorletzten Stockwerk sich an sie wandte. Schließlich betrat sie ihr geräumiges Büro, das sie mit Pete Hunniford teilte. Pete war nicht da, und Sara fiel ein, dass am Vormittag bei seiner Frau die Wehen eingesetzt hatten. Ihr schien es, als wäre es eine Ewigkeit her.

Im nächsten Moment begann das Telefon zu klingeln. Sara setzte sich an ihren Schreibtisch und nahm ab.

„Hier ist Tasmin Laslo. Ich möchte Luca sprechen“, meldete sich eine Frauenstimme.

„Mr Rossini ist in einer Besprechung. Soll ich …?“

Die Schauspielerin murmelte etwas Unhöfliches. „Das ist gelogen, oder?“

Sara arbeitete seit einem Jahr als Sekretärin für Luca Rossini, und sie hatte seine Geliebten ständig mit irgendwelchen Lügen abspeisen müssen. Während der Arbeit war er für diese nur selten zu sprechen, und wenn er eine abgelegt hatte, dann überhaupt nicht mehr.

„Als ich in Ungarn gedreht habe, hat er mir ein Diamantarmband geschickt. Da wusste ich, dass es aus ist“, tobte Tasmin. „Er hat eine andere, nicht?“

„Sie sind eine wunderbare Schauspielerin“, hörte Sara sich sagen, „und viel zu schade für einen aalglatten Frauenhelden wie Luca Rossini.“

Tasmin schwieg einen Moment. „Wie bitte?“, brachte sie schließlich hervor.

Nachdem Sara den Hörer sekundenlang benommen betrachtet hatte, legte sie entsetzt auf. Du meine Güte, habe ich das wirklich gesagt? ging es ihr durch den Kopf. Dann stand sie auf. Ihr war plötzlich übel. Sie schaffte es gerade noch bis zur Toilette.

Als sie zehn Minuten später in ihr Büro zurückkehrte, zitterte sie immer noch wie Espenlaub. Das Telefon klingelte wieder, doch sie ignorierte es und genehmigte sich einen Brandy, den Pete in seinem Schreibtisch aufbewahrte. Antonia und Brian. Immer wieder musste sie an die beiden denken.

Sie glaubte, verrückt zu werden. Normalerweise behielt sie in Krisensituationen immer einen kühlen Kopf, aber noch nie zuvor hatte sie das Gefühl gehabt, für sie würde eine Welt zusammenbrechen. Nachdem sie noch einen Schluck Brandy getrunken hatte, streifte sie den Ring ab und legte ihn in eine Schublade. Daraufhin nahm sie den Hörer ab.

Leider war ihre Tante am Apparat, die mit ihr über die Hochzeit sprechen wollte. Sara hörte benommen zu und ließ sich schließlich auf ihren Stuhl sinken. „Tante Janice?“ Nach kurzem Zögern fuhr sie fort: „Es tut mir leid, aber die Hochzeit findet nicht statt. Brian und ich haben uns getrennt.“ Selbst in ihren Ohren klang es wie ein schlechter Witz.

„Sei nicht albern, Sara“, entgegnete Janice Dalton scharf. „Wovon redest du?“

„Es tut mir sehr leid, aber … Brian und ich haben beschlossen, doch nicht zu heiraten.“

„Wenn ihr euch gestritten habt, schlage ich vor, dass ihr euch schnellstens wieder versöhnt“, erklärte ihre Tante kühl. „Gestern hat Brian mit uns zu Mittag gegessen, und da war noch alles in Ordnung.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, legte sie auf.

Sara zitterte immer noch. Wie hätte sie ihr die Wahrheit sagen können? Nach dem Tod ihrer Mutter hatten Janice und Hugh Dalton ihr ein neues Zuhause gegeben. Es war für alle Beteiligten weniger peinlich, wenn sie so tat, als hätten Brian und sie ihre Meinung geändert. Seine Familie wohnte nicht nur nebenan, sondern war auch mit den Daltons befreundet. Saras Kehle war wie zugeschnürt. Liebte Brian Antonia?

Antonia hatte bereitwillig die Hüllen fallen lassen, als man ihr angeboten hatte, sich für den bekannten Rossinikalender ablichten zu lassen. Marco, Luca Rossinis jüngerer Bruder, hatte es ihr, Sara, ebenfalls angeboten und argumentiert, sie hätte im Gegensatz zu ihrer Cousine das gewisse Etwas.

Er hatte den Vorschlag vor einigen Monaten auf einer Betriebsfeier gemacht, und da sie verlegen geworden war, bot er ihr nun eine stetig ansteigende hohe Summe, wenn sie sich ganz auszog. Bitter dachte sie daran, dass er in ihr sah, was alle sehen wollten – eine Frau, die genau das Gegenteil von ihrer aufregenden Cousine war, zurückhaltend, prüde und berechenbar.

Antonia hatte ihr in der Schule den Spitznamen „Prüde Jungfer“ verpasst und dieses Image irgendwann zerstört, indem sie überall verbreitet hatte, dass sie unehelich war, das Ergebnis eines Ferienflirts ihrer Mutter mit einem griechischen Kellner. Da niemand es gewagt hatte, etwas gegen Antonia zu sagen, hatten sich alle aus Angst gegen sie, Sara, gewandt. Um diesen Schikanen zu entgehen, hatte sie mit sechzehn die Schule verlassen und einen Sekretärinnenkurs belegt, was nicht gerade ihr Lebenstraum gewesen war.

Brian dagegen war die Verkörperung all ihrer Träume gewesen …

Plötzlich hasste Sara sich. Sie war langweilig und altmodisch, denn obwohl sie erst dreiundzwanzig war, hätte sie ihren Job bereitwillig an den Nagel gehängt, um Hausfrau und Mutter zu werden.

Als sie schließlich aus den Augenwinkeln sah, dass die Tür offen stand, wurde sie von Panik ergriffen. Luca Rossini stand reglos da wie ein Raubtier, das gleich zum Sprung ansetzte. Beide Telefone klingelten. Eigentlich sollte er in Rom sein, ging es ihr durch den Kopf.

„Machen Sie gerade Kaffeepause?“, erkundigte er sich leise, und in dem Moment hörte auch das Klingeln auf.

Sara betrachtete ihn benommen. Er war einen Meter neunzig groß und wirkte sehr männlich und vital. Das schwarze Haar, das markante Profil, der dunkle Teint und die dunklen Augen verrieten seine italienischen Vorfahren. Er besaß eine überwältigende Anziehungskraft, und sie fühlte sich in seiner Gegenwart äußerst unwohl.

Wenn sie nicht so viel Geld für die Aussteuer gebraucht hätte, hätte sie ihren sehr gut bezahlten Job bereits nach einer Woche gekündigt, denn er vermittelte ihr das Gefühl, anders, ja geradezu töricht zu sein.

„Trinken Sie Ihren Kaffee aus.“ Lässig nahm er die halb volle Tasse, die auf ihrem Schreibtisch stand, und reichte sie ihr.

Offenbar hatte er nicht gemerkt, dass es kein Kaffee war. Ihre Hand zitterte, als Sara die Tasse entgegennahm und sie in einem Zug leerte. Prompt traten ihr die Tränen in die Augen.

„Wo ist Pete?“

„Er ist noch im Krankenhaus bei seiner Frau.“ Sara war verblüfft, weil sie seine scharfe Zunge gar nicht zu spüren bekam. Langsam stand sie auf und stützte die Hände auf den Schreibtisch. Als sie seinem Blick begegnete und dabei ein erregendes Prickeln verspürte, wandte sie den Kopf ab. Nein, sie war für seine Reize nicht empfänglich, das hatte sie sich immer wieder bewiesen.

„Dann müssen Sie wohl seinen Platz einnehmen.“

„Seinen Platz einnehmen?“ Das war unmöglich, denn Pete, sein Mädchen für alles, war Luca treu ergeben und überaus ehrgeizig. Er hatte ihr einmal anvertraut, dass seine erste Ehe gescheitert war, weil er nie zu Hause war.

„Keine Angst, es ist nichts Schlimmes.“ Wie immer jagte der Klang von Lucas tiefer Stimme ihr einen Schauer über den Rücken. „Sie sollen nur einige Briefe schreiben.“

Stirnrunzelnd griff Sara zu Block und Stift, denn Luca sprach sehr langsam, was sonst überhaupt nicht seine Art war. Er trat zur Seite, um ihr den Vortritt zu lassen, und in ihrem Bemühen, so viel Abstand wie möglich zu ihm zu halten, verlor sie das Gleichgewicht.

Als er blitzschnell ihren Arm umfasste, erschauerte sie und versuchte, gegen das plötzliche Schwindelgefühl anzukämpfen. „Ist alles in Ordnung?“, erkundigte er sich leise.

„J… ja. Tut mir leid.“ Sara versteifte sich, woraufhin er sie sofort losließ. Als sie dann vorsichtig den Flur entlangging, verschwamm ihr alles vor den Augen. Sie war beschwipst, aber sie fühlte sich dabei unsagbar wohl, denn der Brandy wirkte wie ein Betäubungsmittel gegen den Schmerz, der unweigerlich folgen würde.

„Setzen Sie sich, Sara“, forderte Luca sie auf, sobald sie sein Büro betreten hatten.

Sara ließ sich auf den nächstbesten Stuhl sinken aus Angst, Luca könnte etwas merken. Plötzlich fühlte sie sich alles andere als wohl. In Luca Rossinis Gegenwart war es der reinste Wahnsinn, keinen klaren Kopf zu haben.

Sie zuckte zusammen, als sie aufblickte und feststellte, dass Luca vor ihr stand. Dann schlenderte er zur Fensterfront. Seine Bewegungen waren sehr geschmeidig, und der elegante, perfekt geschnittene anthrazitfarbene Anzug betonte seine kräftige Statur.

„Soll ich anfangen?“

Normalerweise bat er nicht um Erlaubnis. Als sie unsicher nickte, begann er zu diktieren. Obwohl er dabei sehr lange Pausen machte, fiel es ihr schwer, sich zu konzentrieren, weil ihre Gedanken immer wieder abschweiften. Verzweifelt fragte sie sich, wie lange Brian sie schon mit Antonia betrog. Die geöffnete Weinflasche im Wohnzimmer und die Weingläser im Schlafzimmer hatten darauf hingedeutet, dass die beiden nicht von Leidenschaft überwältigt worden waren, sondern alles geplant hatten.

„Haben Sie alles?“

Die neue Seite war leer. Für einen Moment schloss Sara die Augen, um die Beherrschung wiederzugewinnen.

„Schon gut, Sara … Der Brief ist unwichtig.“

Sein sanfter Tonfall verblüffte sie. Als sie zu Luca aufschaute, der an seinem Schreibtisch lehnte, nahm er ihr den Block aus der Hand und legte ihn weg.

„Irgendetwas hat Sie aus der Fassung gebracht …“

Sie richtete den Blick auf seine Seidenkrawatte. „Nein …“

„Sie tragen Ihren Ring nicht.“

Nun wurde sie blass und zerbrach versehentlich den Bleistift, mit dem sie nervös gespielt hatte.

„Soweit ich weiß, wurden Sie heute Morgen unerwartet nach Hause gerufen“, fuhr er genauso sanft fort. „Was ist dort vorgefallen?“

Obwohl sie ihm am liebsten alles erzählt hätte, schwieg sie.

„Möchten Sie sich den Rest des Tages freinehmen?“

„Nein“, erwiderte sie entsetzt, denn sie wollte auf keinen Fall Antonia begegnen.

„Warum nicht?“

„Ich habe meinen Verlobten in flagranti mit meiner Cousine ertappt.“ Sara konnte es nicht fassen, dass sie es ihm erzählt hatte – ausgerechnet ihm. Eine tiefe Röte schoss ihr ins Gesicht.

Luca zuckte jedoch nicht mit der Wimper. „Da haben Sie noch einmal Glück gehabt.“

„Glück?“, wiederholte sie verständnislos.

Er machte eine ausdrucksvolle Geste. „Stellen Sie sich nur vor, was gewesen wäre, wenn Sie es erst nach der Hochzeit erfahren hätten.“

„Es gibt keine Hochzeit mehr“, erwiderte sie mit bebender Stimme, und erst jetzt wurde ihr die ganze Tragweite dieser Tatsache bewusst.

„Natürlich nicht. Keine Frau würde so etwas verzeihen, stimmt’s?“

Sie schwieg und dachte daran, dass Brian sie sofort angefleht hatte, ihm zu verzeihen, statt zu Antonia zu halten.

„Wie sollten sie ihm auch je wieder vertrauen?“, fuhr Luca hartnäckig fort. „Oder ihr?“

Für einen Moment hatte sie Hoffnung geschöpft, aber nun war wieder alles um sie her dunkel.

„Haben Sie etwa mit dem Gedanken gespielt, ihm noch einmal eine Chance zu geben?“

Sara zuckte zusammen. „Nein.“

Noch immer konnte sie nicht glauben, dass sie mit Luca Rossini über derart intime Dinge sprach. Schließlich war er nicht gerade dafür bekannt, dass er sich für die persönlichen Probleme seiner Mitarbeiter interessierte, von denen ohnehin erwartet wurde, dass sie ihre Arbeit niemals von ihren Privatangelegenheiten beeinflussen ließen.

„Warum stellen Sie mir all diese Fragen?“, flüsterte sie hilflos.

„Haben Sie jemand anders, dem Sie sich anvertrauen können?“

Es schien so, als wüsste er, dass sie jetzt ganz allein dastand. An ihre Tante und an ihren Onkel, ihre einzigen Verwandten, konnte sie sich nicht wenden, und ihre Freunde waren entweder auch mit Brian befreundet oder arbeiteten mit ihm zusammen. „Nein, aber …“

„Ich werde es für mich behalten“, versicherte Luca, während er sie fest ansah.

„Sie sind so … so nett zu mir.“ Sie versuchte, sich ihre Verblüffung nicht anmerken zu lassen, denn sie hätte es niemals für möglich gehalten, dass er so sein konnte.

„Sie hatten ein traumatisches Erlebnis, und ich mache mir natürlich Sorgen um Sie.“

„Danke, aber ich brauche Ihr Mitleid nicht“, entgegnete sie scharf.

„Mitleid ist wirklich das Letzte, was Sie bei mir erregen.“ Er lächelte ironisch. „Sie sollten Ihre Freiheit feiern. Zwei Jahre Ihres Lebens haben Sie an diesen kleinen Vertreter verschwendet. Die Zukunft hat Ihnen viel mehr zu bieten …“

„Woher wissen Sie, dass Brian Vertreter ist?“, flüsterte sie.

„Ist er es nicht? Er sieht jedenfalls so aus.“

Sara hatte das Gefühl, dass irgendetwas nicht stimmte, aber ihr Leben war ja auch völlig aus den Fugen geraten.

„Sie wohnen mit Ihrer Cousine zusammen, stimmt’s?“ Offenbar war ihm nicht entgangen, dass sie misstrauisch war, denn er fügte hinzu: „Marco hat es mir gegenüber erwähnt.“

„Ja.“ Sie errötete, denn sie musste daran denken, dass Antonia ihr alle Einzelheiten über ihre kurze Affäre mit Lucas Bruder erzählt hatte. Die ganze Geschichte hatte sie peinlich berührt.

„Natürlich möchten Sie jetzt nicht in Ihre Wohnung zurückkehren.“ Lässig warf Luca ihr einen Schlüsselbund in den Schoß. „Sie können das Firmenapartment benutzen, bis Sie eine Lösung gefunden haben.“

Selbst in ihrem derzeitigen Zustand war Sara verblüfft über seinen Vorschlag. Bei besagter Wohnung handelte es sich um ein Penthouse im obersten Stockwerk, das ausschließlich von der Familie Rossini und gelegentlich von deren engen Freunden benutzt wurde. „Das kann ich unmöglich …“

„Wo wollen Sie sonst hin?“

Sara umklammerte den Schlüsselbund. „Ich bin Ihnen sehr dankbar.“

„Es ist ein neuer Anfang“, erklärte er. „Ich gebe heute Abend eine Dinnerparty. Warum kommen Sie nicht auch? Sie sollten jetzt nicht allein sein.“

Glaubte er wirklich, sie wäre in der Stimmung, auf eine Party zu gehen?

„Ich komme schon zurecht.“ Unwillkürlich fragte sie sich, ob er nur jemand brauchte, der die Leute vom Partyservice beaufsichtigte. Pete nahm normalerweise an diesen Dinnerpartys teil und sorgte dafür, dass alles glattlief. Luca bezahlte ihn dafür. Luca Rossini war so reich, dass er nur zum Spaß Geldscheine hätte verbrennen können.

„Ich rufe Sie später an. Ich schicke Ihnen einen Chauffeur, der Sie um sieben abholt“, erwiderte er unbeirrt.

„Ich habe nichts …“

„Ich kaufe Ihnen ein Kleid. Machen Sie sich darüber keine Gedanken, cara.“

„Aber ich …“

Er nahm ihre Hände und zog Sara sanft zu sich hoch. Dann führte er sie zur Tür. „Gehen Sie nach oben, und legen Sie sich eine Weile hin. Versuchen Sie, positiv zu denken. Lächeln Sie …“ Mit einem Finger zog er sanft die Konturen ihres Mundes nach, was seltsam tröstlich auf sie wirkte.

Als sie zu ihm aufschaute und seinem Blick begegnete, war sie wie hypnotisiert und schwankte ein wenig. Wieder hielt er sie fest, und sie verspürte einen ihr bisher unbekannten Schmerz, der sie erschauern ließ. „Mr Rossini …“

„Luca … Cristo!“, rief er und ließ sie unvermittelt los.

Beinah hätte sie das Gleichgewicht verloren. Benommen beobachtete sie, wie er zum Telefon ging, und merkte erst jetzt, dass es klingelte. Nachdem er wieder aufgelegt hatte, sagte er: „Gehen Sie jetzt nach oben, und legen Sie sich hin.“

Sara verließ langsam sein Büro und kehrte in ihres zurück. Da sie Kopfschmerzen hatte, löste sie ihren Zopf und strich sich anschließend durch das offene Haar. Ihr Telefon klingelte, und nach kurzem Zögern nahm sie ab.

„Sara?“, erkundigte Pete sich ungeduldig. „Wo warst du?“

„Ich war …“

„Du musst mir einen Gefallen tun“, unterbrach er sie. „Luca hat mich gestern gebeten, Marco einige Papiere zur Unterschrift vorzulegen, aber ich habe es vergessen. Sie liegen in der obersten Schublade rechts in meinem Schreibtisch. Nimm ein Taxi zum Atelier, und leg sie ihm vor, ja?“

Sie atmete einmal tief durch und seufzte schließlich resigniert. „Okay.“

„Du bist ein Engel. Ich wette, deine Nachfolgerin ist lange nicht so hilfsbereit.“

Als sie kurz darauf das Taxi bestieg, musste sie daran denken, dass sie bald arbeitslos sein würde. Man hatte bereits eine Nachfolgerin für sie gefunden, die in vierzehn Tagen anfangen würde. Sie hatte gekündigt, weil Brian nicht gewollt hatte, dass sie nach der Hochzeit weiterarbeitete. Und sie hatte keine Ersparnisse, denn sie hatte jeden Penny in das alte Haus gesteckt, das er gekauft hatte. Außerdem hatte sie jede freie Minute mit Renovierungsarbeiten verbracht. Als ihr nun bewusst wurde, dass sie nie darin wohnen würde, war sie nicht nur traurig, sondern auch furchtbar wütend.

Noch vor drei Jahren hatte sie miterlebt, wie Brian ihrer Cousine den Hof gemacht hatte, allerdings ohne Erfolg. Doch sie hatte bereits während der Zeit, als sie bei den Daltons gewohnt hatte, die Lektion gelernt, dass Antonia alles haben musste und ihr alles weggenommen hatte, was ihr lieb und teuer gewesen war. Nur diesmal war es kein Spielzeug oder ein Andenken gewesen, sondern der Mann, den sie liebte. Sara war kreidebleich, als sie schließlich aus dem Taxi stieg.

Es war das erste Mal, dass sie Marcos hochmodernes Fotostudio betrat. Am Empfangsbereich war so viel los, dass sie Platzangst bekam, und eine kurz angebundene Rothaarige zeigte ihr den Weg.

Als Sara das Studio betrat, traf sie Marco dort allein an. Er lag zurückgelehnt in einem Sessel im grellen Licht mehrerer Scheinwerfer. Es sah aus, als würde er schlafen, doch als er Sara sah, sprang er auf und lächelte spöttisch. „Wie komme ich zu der Ehre? Erzählen Sie mir nicht, Sie hätten beschlossen, mein Angebot doch anzunehmen. Miss Dezember in roten Stiefeln und mit Stechpalmenbeeren übersät … Was halten Sie davon?“

Sie errötete, biss jedoch die Zähne zusammen und wich seinem Blick aus, als sie ihm die Akte überreichte. „Würden Sie bitte diese Papiere unterzeichnen?“

Plötzlich lachte er.

„Was ist daran so komisch?“, entgegnete sie aggressiv.

Marco betrachtete sie amüsiert. „Ich verlange einen Preis.“

„Einen Preis?“

Wieder lachte er. „Erst müssen Sie mir etwas sagen. Sind Sie je scharf auf meinen Bruder gewesen?“

Verständnislos schaute sie ihn an. „Wie bitte?“

„Luca ist ein sehr attraktiver Knabe, dem die Frauen in Scharen nachlaufen. Wenn er nicht mein Bruder wäre, würde ich ihn hassen. Kommen Sie, mir können Sie es sagen … Wenn Ihr Herzallerliebster nicht wäre, hätten Sie es gern ausprobiert, stimmt’s? Sie kennen doch den Film Ein unmoralisches Angebot, in dem Robert Redford eine Million Dollar für eine Nacht mit Demi Moore zahlt, oder? Sie hätten auch ein Vermögen machen können …“

„Ich weiß nicht, worauf Sie hinauswollen.“ Das war gelogen. Sie glaubte nur, ihren Ohren nicht zu trauen.

„Heißt das etwa, Sie haben es nicht mal gemerkt? Oder wollen Sie mir weismachen, dass Luca es nicht riskiert hat?“

„Falls Sie damit andeuten wollen, dass Ihr Bruder sich zu mir hingezogen fühlt, dann irren Sie sich …“

„Soweit ich weiß, war von zwei Millionen die Rede“, belehrte er sie genüsslich. „Wahrscheinlich dachte Luca, eine Million wäre zu wenig.“

Sara schwirrte der Kopf. Im Scheinwerferlicht war es so heiß, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. „Ich finde diese Unterhaltung sehr geschmacklos, Marco.“

„Also Luca will mit Ihnen ins Bett … Ist das etwa ein Verbrechen? Lust regiert die Welt“, fügte Marco ungeduldig hinzu.

Luca Rossini wollte mit ihr schlafen? Sie konnte es einfach nicht fassen.

Marco schüttelte langsam den Kopf. „Sie hatten tatsächlich keine Ahnung, stimmt’s? Liebe macht wirklich blind. Aber vergessen Sie nicht, dass Sie ihn nicht mögen, und halten Sie sich von ihm fern. Heiraten Sie Ihren Vertreter, und werden Sie glücklich bis ans Ende Ihrer Tage“, riet er trocken, während er die Akte durchblätterte.

Dass Luca Rossini sie begehrte, war Unsinn und zweifellos nur ein weiteres Beispiel für Marcos seltsamen Sinn für Humor. Unwillkürlich fragte sich Sara, ob sie ihre Abneigung Luca gegenüber so deutlich gezeigt hatte, dass sogar sein Bruder es gemerkt hatte. Als sie daran dachte, wie nett Luca zu ihr gewesen war, verspürte sie heftige Gewissensbisse.

Nein, sie hatte Luca Rossini nie gemocht, seine Arroganz, seine Ungeduld, seine spitze Zunge und seinen Egoismus. Außerdem hatte sie sein Verhalten gegenüber Frauen immer missbilligt, denn sobald er ihrer überdrüssig wurde, legte er sie ab. Er führte ein aufregendes Leben – schnelle Autos, leichte Mädchen, Nachtklubs, Filmpremieren, Spielhöllen, im Sommer Trips nach Südfrankreich, im Winter in die Alpen. Wenn er eine Geliebte satthatte, bekam sie von ihm die obligatorischen vierundzwanzig roten Rosen und ein Diamantarmband. Besonders einfallsreich war er in dieser Hinsicht nicht.

Aber schließlich hatte Luca Rossini es auch nicht nötig, die Frauen zu belügen und zu betrügen und leere Versprechungen zu machen …

O Brian, wie konntest du mir das antun? dachte Sara. Ihre Kopfschmerzen waren unerträglich, und sie schwankte leicht, weil es so stickig war. Etwas unbeholfen zog sie ihre Kostümjacke aus und atmete tief durch. Zwei Millionen Pfund … Beinah hätte sie hysterisch aufgelacht. Es war so lächerlich …

„Sie wissen, dass Heiraten sehr kostspielig ist.“ Fasziniert betrachtete Marco, wie sie die Jacke zu Boden gleiten ließ. „Warum lassen Sie sich mein Angebot nicht noch einmal durch den Kopf gehen? Es würde unter uns bleiben, denn ich würde die Fotos nicht veröffentlichen.“

Noch während Sara versuchte, den Blick auf ihn zu richten, nahm sie eine Bewegung und einen Wortschwall auf Italienisch wahr. Plötzlich tauchte Luca im Scheinwerferlicht auf und verpasste seinem Bruder einen Faustschlag.

Autor

Lynne Graham
<p>Lynne Graham ist eine populäre Autorin aus Nord-Irland. Seit 1987 hat sie über 60 Romances geschrieben, die auf vielen Bestseller-Listen stehen. Bereits im Alter von 15 Jahren schrieb sie ihren ersten Liebesroman, leider wurde er abgelehnt. Nachdem sie wegen ihres Babys zu Hause blieb, begann sie erneut mit dem Schreiben....
Mehr erfahren