Sinnliche Begierde nach dem Arzt - 5 Herzfrequenz erhöhende Romane

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EINE AFFÄRE MIT DIR IST NICHT GENUG! von SUE MACKAY
Schweren Herzens beendet Olivia ihre leidenschaftliche Affäre mit Zac, bevor sie sich noch hoffnungslos in den überzeugten Single-Doc verliebt. Doch als sie ihn jetzt bei einer Spendengala wiedertrifft, knistert es sofort wieder gefährlich heiß …

ALLE WOLLEN DR. FINELLI von LOUISA GEORGE
Ein wunderschöner nackter Männerpo auf ihrem Computermonitor? Offensichtlich wurde Dr. Matteo Finelli beim Umziehen heimlich fotografiert. Nun soll Rechtsanwältin Ivy Leigh den sexy Arzt aus Italien über die Gefahren des Internets aufklären. Doch sie kann nur an das Foto denken …

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"Ich will doch nur dich!" Dr. Rafael de Luca schaut Abbie in die Augen - aber seine Frau weicht dem Blick verlegen aus. Was ist in den drei Monaten passiert, in denen Abbie mit ihrer kleinen Tochter in Amerika war? Hat Rafael seine Liebste für immer verloren?

DIAGNOSE: FILMREIF! von LOUISA GEORGE
Lola kennt ihn erst eine halbe Stunde – und will ihm ihr Herz öffnen! Dabei hat Dr. Jake Lewis ihr gesagt, dass er sie für genauso oberflächlich hält wie viele Frauen in Hollywood. Warum flattern dann hundert Schmetterlinge in ihrem Bauch, wenn Jake sie nur anspricht?

SÜSSE VERLOCKUNG FÜR DR. BRICE von AMY RUTTAN
Den Reizen seiner schönen jungen Chefin Virginia kann sich Dr. Gavin Brice nicht entziehen. Doch er hat versprochen, für seine Nichten zu sorgen! Auch wenn Virginias Küsse verlockend süß und erregend sind, ist auf Dauer einfach kein Platz für eine Frau in seinem Leben. Was jetzt?


  • Erscheinungstag 06.04.2023
  • ISBN / Artikelnummer 9783751522182
  • Seitenanzahl 800
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

IMPRESSUM

Eine Affäre mit dir ist nicht genug! erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

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Leitung: Miran Bilic (v. i. S. d. P.)
Produktion: Christina Seeger
Grafik: Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn,
Marina Grothues (Foto)

© 2016 by Sue MacKay
Originaltitel: „Breaking All Their Rules“
erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London
Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA PRÄSENTIERT ÄRZTE ZUM VERLIEBEN
Band 101 - 2017 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg
Übersetzung: Dr. Susanne Hartmann

Umschlagsmotive: WhataWin/wacomka/GettyImages

Veröffentlicht im ePub Format in 03/2021 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH , Pößneck

ISBN 9783751506038

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten.
CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

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1. KAPITEL

Olivia Coates-Clark gab einer Schwester ein Zeichen, damit sie ihr die Stirn abtupfte. Das Kitzeln störte sie schon seit einigen Minuten. „Liegt es an mir, oder ist es im OP heute Morgen wärmer als sonst?“

„Ich merke nichts“, antwortete Kay, die Anästhesistin, während sie die Monitore beobachtete. „Vielleicht bist du wegen heute Abend gestresst, Olivia?“

„Ich? Gestresst?“ Sie verzog unter der Maske das Gesicht. Sie war ein Kontrollfreak. Natürlich war sie gestresst. „Okay, setzen wir das zweite Implantat ein.“

„Also ist für die Spendengala alles fertig?“ Kay ließ nicht locker.

„Daumen drücken“, murmelte Olivia. Sie wollte nicht daran denken, was schiefgehen konnte. Auf ihrer Liste waren Häkchen neben jedem Auftrag und Lieferanten sowie neben den Namen aller Teilnehmenden, einschließlich des Blindenhunds eines Gasts.

„Ich bin gestern Zac über den Weg gelaufen. Er freut sich darauf, alle wieder zu treffen.“

Olivia ließ sich von Kays bemüht gleichgültigem Ton nicht täuschen. „So geht es wahrscheinlich allen.“ Die Narkoseärztin war darauf gekommen, warum ihr so heiß war. Zachary Wright. Allein bei dem Gedanken daran, dass sie ihn bei der Veranstaltung sehen würde, die sie wochenlang organisiert hatte, erschauerte sie vor unerwünschter Vorfreude. Und dann war da noch diese ungewohnte Nervosität. „Zac“, seufzte Olivia in ihre Maske. Der eine Mann, den sie nicht vergessen konnte. Und sie hatte es wirklich versucht!

„Soll ich Ihnen noch einmal die Stirn abtupfen?“, fragte die Schwester.

„Nein, danke.“ Das nervte sie nicht mehr, und das andere – Zac – würde sie ignorieren, indem sie sich darauf konzentrierte, den Assistenzarzt zu überwachen, während er die Expanderprothese auf der linken Seite von Anna Seddons Brust einsetzte.

Er hatte so genau beobachtet, was sie auf der rechten Seite machte, als würde sein Leben davon abhängen. Und das tat es auch. Ein einziger Fehler, und Olivia würde ihm gewaltig aufs Dach steigen. Bis jetzt leistete er bei der zweiten Expanderprothese jedoch hervorragende Arbeit. „Achten Sie darauf, dass sie genauso liegt wie die erste. Keine Frau wird Ihnen für schiefe Brüste danken.“ Dies war zwar nur die erste Operation, um Annas Brüste wiederaufzubauen, aber es musste gut gemacht werden.

Der Mann sah nicht auf, als er sagte: „Ich hab’s verstanden. Hier geht es ebenso sehr um Aussehen und Selbstvertrauen wie um Krebsvorbeugung.“

„Dafür zu sorgen, dass sich ein Mensch wohler fühlt, ist unsere Stellenbeschreibung.“ Sie war eine Chirurgin geworden, die Menschen wiederherstellte, die bei Unfällen oder durch Operationen entstellt worden waren. Aber sie kritisierte die Fachärzte für plastische Chirurgie nicht, die Menschen unter weniger traumatischen Umständen glücklich machten. Jeder hatte das Recht, sich wohlzufühlen, sich zur Not hinter einem perfekten Äußeren zu verstecken.

Für Olivia war es lebenswichtig, besonders schön auszusehen: Es verlieh ihr Selbstbewusstsein, war ein Schutzschild, seit ihr Vater die Familie verlassen hatte, als sie zwölf war. Er hatte seine Kleidung, sein Auto und ihr Herz mitgenommen und es ihr überlassen, mit den Problemen ihrer Mutter fertigzuwerden.

„Ich sehe nicht zum ersten Mal eine gesunde Frau, die sich ihre Brüste abnehmen lässt, aber ich kapiere es noch immer nicht“, sagte Kay. „Ich weiß nicht, ob ich den Mumm hätte, wenn ich noch gar nicht Krebs habe.“

Olivia verstand sie nur allzu gut, bloß … „Wenn du deine Großmutter und eine Schwester an die Krankheit verloren hättest und deine Mutter Brustkrebs gehabt hätte, würdest du vielleicht anders denken.“

„Ich würde alles tun, um meine Kinder aufwachsen zu sehen“, sagte eine von den Schwestern.

„Ja, Sie haben recht. Das würde ich auch.“ Kay schauderte. „Trotzdem, es ist eine ungeheure Entscheidung. Da wünscht sich eine Frau, dass ihr Mann ihr zur Seite steht.“

„Annas Ehemann ist toll. Ich würde so weit gehen, ihn einen Helden zu nennen. Er unterstützt sie voll und ganz.“ Olivia fragte sich, ob sie noch bei Sinnen war. Helden gab es in Romanen und Filmen, nicht im wirklichen Leben. Jedenfalls nicht oft, und nicht in ihrem Leben. Nicht, dass sie einen hineinlassen würde, wenn sich einer anbieten würde.

Plötzlich sah sie im Geiste Zac vor sich, und sie bildete sich ein, seinen Duft zu riechen. Jetzt krieg dich wieder ein. Zac war nicht ihr Held. War nichts mehr für sie, seit sie ihre Affäre vor achtzehn Monaten beendet hatte. Olivia seufzte wieder. Was wäre passiert, wenn sie den Mut gehabt hätte, die Affäre über den Sex hinaus in eine Beziehung zu lenken, in der sie redeten und füreinander da waren? Zac hätte sie sicherlich verlassen. Indem sie ihm zuvorgekommen war, hatte sie sich zumindest davor bewahrt, verletzt zu werden.

Selbst in einem vollen Festsaal würde sie ihn heute Abend ziemlich häufig sehen, was ihr nicht so recht behagte. An dem Tag, als Zacs Anmeldung für die Spendengala in ihrem Posteingang angekommen war, hatte Olivia ihn wegen einer Spende für die Versteigerung angerufen. Seitdem musste sie ständig an ihn denken. Jetzt hör aber auf. Er hat dich nie losgelassen, du hast dich immer daran erinnert, wie gut ihr zusammen wart.

„Also gibt es da draußen noch anständige Männer“, sagte Kay sarkastisch.

Zac war vielleicht einer von den Guten. Olivia war nicht lange genug mit ihm zusammen gewesen, um es herauszufinden. Ihre Leidenschaft für ihn war zu schnell zu stark geworden. Sie hatte die Affäre beendet, um die Kontrolle zu behalten und nicht verlassen zu werden. Das mit zwölf durchzumachen, war schlimm genug gewesen. Es wäre absurd, wenn ihr das als Erwachsene noch einmal passierte.

Jetzt hatte sie eine Operation abzuschließen und eine Gala zu eröffnen. „Überprüfen wir das hier, und fangen wir mit der Kochsalzlösung an.“ Und dann musste sie ins Hotel und hoffentlich nicht mehr allzu viele Dinge erledigen.

Eine Stunde später wünschte Olivia, sie wäre für den Rest des Tages im OP geblieben. Die vielen Nachrichten auf ihrem Telefon waren das erste warnende Anzeichen dafür, dass in dem Hotel, in dem der Galaabend stattfand, nicht alles nach Plan lief.

Als sie zu ihrem Auto rannte, ruinierte der Regenguss ihr sorgfältig gestyltes Haar. Das war die zweite Warnung. Regen hatte sie nicht eingeplant, was ihre Laune weiter verschlechterte. Heute Abend musste alles perfekt sein!

Olivia schlug die Autotür zu und blickte wütend durch die Windschutzscheibe hoch zum dunklen Himmel. Der dritte warnende Hinweis darauf, dass die Sache schiefging, kam augenblicklich. Als sie das Auto starten wollte, sprach das Klicken für sich. Die Batterie war hin. Weil? Olivia schlug mit der flachen Hand aufs Armaturenbrett. Sie hatte das Licht angelassen.

Olivia wusste sofort, dass Zac gerade das Luxushotel betrat. Sie sah zwar die Rezeptionistin an, aber sie wusste es. Ihre Haut prickelte, ihre Bauchmuskeln spannten sich an, und die Luft um sie herum knisterte. Schlimmer, sie vergaß, worüber sie gerade mit der jungen Frau auf der anderen Seite des glänzenden Eichenholztresens gesprochen hatte.

Also blieb alles beim Alten: Zac verwirrte sie, brachte sie dazu, sich heiß und sexy und außer Kontrolle zu fühlen. Und er hatte noch nicht einmal ein Wort zu ihr gesagt. Wahrscheinlich hatte er sie von hinten nicht erkannt.

„Hallo, Olivia. Es ist schon eine Weile her.“

Diese heisere, erotische Stimme war unverkennbar. „Seit was?“ Olivia drehte sich um.

Zac blickte sie durchdringend an. „Seit wir zuletzt die Nacht miteinander verbracht haben und gerne zusammen waren.“

„Mir gleich eins auswischen, warum auch nicht?“ Olivia rang nach Atem. Sie wusste, wie falsch es war, sich zu wünschen, dass er sie umarmen und sagen würde, er hätte sie vermisst.

Sofort sah Zac zerknirscht aus. „Entschuldige, Olivia. Ich wollte dich nicht aufregen.“

„Hast du nicht“, log sie. Ihr Herz horchte plötzlich auf, als hätte es etwas zu sagen. Zum Beispiel? Nicht darauf einlassen. „Das Bett war die Basis unserer Beziehung.“

In jener letzten Nacht war Olivia um drei Uhr morgens aufgestanden und hatte gesagt, sie könne nicht mehr. Dann hatte sie ihn verlassen, ohne zu erklären, warum. Ihm von ihren Ängsten zu erzählen hätte bedeutet, sich eine Blöße zu geben. Und das war etwas, was sie niemals tat.

„Und? Wie geht’s so? Immer was los bei dir?“ Belanglos, ungefährlich, und überhaupt nicht das, was sie wirklich fragen wollte. Hast du eine neue Frau in deinem Leben? Vermisst du mich wenigstens ein kleines bisschen? Oder bist du dankbar, dass ich die Sache beendet habe? Im Moment sehnte sie sich danach, dass er sie berührte, dass er sie noch mehr erregte. War es richtig gewesen, zu gehen? Natürlich. Regel Nummer eins: die Kontrolle behalten. Damals war sie kurz davor gewesen, sie zu verlieren.

Zac besaß die Unverfrorenheit, zu lachen. „Was? Du hast kein wachsames Auge auf mich gehabt?“

Sein sexy Lächeln schnitt ihr ins Herz. Er hatte überhaupt nichts Feindseliges an sich, sie erkannte nur ein spöttisches Funkeln in seinen schönen Augen. Er war ebenso gut wie sie darin, Gefühle zu verbergen.

Olivia lehnte sich an den Empfangstresen, die Beine so, dass eins vor dem anderen und ein bisschen gebeugt war, wodurch sich der feuchte Stoff ihrer ohnehin schon engen Designerjeans über dem Oberschenkel spannte. „Jetzt muss ich mich entschuldigen. Ich habe mich über irgendwelchen Klatsch nicht auf dem Laufenden gehalten.“

„Mein Leben ist todlangweilig.“

Leider widerlegte das belustigte Zwinkern, bei dem sie immer dahingeschmolzen war, seine Worte.

„So, so.“ Sie verdrehte die Augen. Es war nicht vorstellbar, dass Zac nicht mit Leuten verkehrte, schon gar nicht, dass er nicht mit gut aussehenden, attraktiven Frauen verkehrte. War sie eifersüchtig? Das konnte nicht sein. Sie hatte ihn verlassen, nicht er sie. Aber Zac mit einer anderen? Der Gedanke daran tat weh.

„Ich konnte dich nie täuschen.“

Es war unglaublich befriedigend für sie, zu sehen, dass er dorthin blickte, wo ihr dunkelvioletter Dreiviertelmantel auf ihrem Oberschenkel endete. Noch erfreulicher war, dass sein Lächeln verschwand. Und es war wahnsinnig aufregend, Zachary nicht ein-, sondern zweimal verwirrt blinzeln zu sehen.

Aufregung konnte sie in ihrem Leben zurzeit nicht gebrauchen, und Zac und Aufregung waren ein und dasselbe. „Ich bleibe grade auch oft für mich“, sagte Olivia, nicht mehr sicher, worüber sie redete. Ihn direkt vor sich zu haben, lenkte sie ab.

„Jetzt bin ich schockiert.“

Sein sexy Lächeln war zurück und machte sie ganz schwach.

„Warum? Es ist ja nicht so, als wäre ich jemals ein Partygirl gewesen.“

„Du hast nie irgendetwas Flatterhaftes und Leichtfertiges an dir gehabt, Olivia.“

Zac strahlte Selbstvertrauen aus, was für den Abend nichts Gutes verhieß, wenn sie am selben Tisch sitzen würden. Sie hätte dafür sorgen sollen, dass er am anderen Ende des Saals saß, aber ausgerechnet das war unmöglich zu organisieren gewesen, weil sie beide als Einzige solo zur Spendengala kamen.

„Willst du damit sagen, dass ich spießig bin?“ Erschrocken wurde ihr bewusst, dass sie miteinander spielten. In ihrer ersten gemeinsamen Nacht hatten sie sich schonungslos geneckt und danach nie damit aufgehört. Höchste Zeit, Abstand zwischen sie beide zu bringen. „Ich muss noch einiges erledigen, wir sehen uns später. Ich hoffe, du hast einen schönen Abend.“

Enttäuschung huschte über sein Gesicht, und er blickte sie gekränkt an. Aber das konnte nicht sein. Nicht gekränkt. Sie hatte nichts weiter getan, als ihn beiseitezuschieben. Wahrscheinlich hatte das seinen Stolz verletzt. Zac hatte den Ruf, zu lieben und zu verlassen, wann es ihm passte.

Zum ersten Mal in die Arme gefallen waren sie sich nach dem Tod eines Kleinkindes im OP. Olivia hatte es nicht ausgehalten, an die schmerzerfüllten Eltern zu denken, und bei Zac hatte sie vorübergehend Trost gefunden. Und dazu Sex, wie sie ihn noch nie erlebt hatte. Dass sie jahrelang zusammen Medizin studiert und bis zu jenem Tag nichts füreinander empfunden hatten, war eines der Geheimnisse des Lebens. Von da an reichte ein einziger Blick, und sie hatten sich gegenseitig die Kleider vom Leib gerissen und waren ins Bett gesunken, aufs Sofa, auf den Tisch. Sie hatten wenig geredet und viel Sex gehabt.

„Ich lasse dich jetzt allein, damit du einchecken kannst.“

„Ich checke nicht ein.“

Sie hätte sich daran erinnern sollen. Schließlich wusste sie die Namen der Leute, die hier im Hotel übernachteten, anstatt nach dem Galaabend nach Hause zu fahren. „Wohnst du in der Nähe?“

„Auf der anderen Straßenseite.“

„In dem tollen Apartmenthaus mit Blick auf die Superjachten und Nobelrestaurants?“ Wow. Er verdiente gut. Natürlich, er kam aus vermögenden Verhältnissen, aber Olivia erinnerte sich, dass er einmal gesagt hatte, er habe sein Medizinstudium selbst bezahlt. Sie hatte ihm nie erzählt, dass sie auch aus einer reichen Familie kam. Erst recht nicht, dass ihre Mutter das Geld benutzt hatte, um sie zu bestechen, damit sie zu ihr hielt. Jedenfalls so lange, bis Olivia alt genug war, um zu begreifen, dass es überhaupt nicht lustig war, Schnapsflaschen vor ihrem Vater zu verstecken.

„Wohnst du hier im Hotel?“, fragte Zac.

„Ja.“ Das Haus, das sie im vergangenen Sommer gekauft hatte, stand weniger als zwanzig Minuten entfernt im exklusiven Parnell. „Ich werde hier bis kurz vor Beginn beschäftigt sein. Nach Hause zu fahren, um mich für den Abend fertig zu machen, kostet Zeit, die ich möglicherweise nicht habe, wenn etwas schiefgeht.“ Viel war schon schiefgegangen. Olivia sah zur Rezeptionistin hinüber, und plötzlich fiel ihr wieder ein, dass sie mitten in einem weiteren Gespräch gewesen war, bevor Zac auf sie zugekommen war. „Könnten Sie mir bitte Bescheid sagen, wenn Dr. Brookes und seine Familie einchecken?“

Die junge Frau nickte. „Natürlich, Dr. Coates-Clark.“

„Ich bin im Festsaal“, teilte Olivia ihr unnötigerweise mit, die Hotelangestellten hatten ihre Handynummer. Im Moment war sie nicht so gut darin, sich an irgendetwas zu erinnern. Sie sollte sich besser zusammenreißen, bevor der Abend losging.

Zac zuckte die imposanten Schultern, die sie viele Male geküsst hatte. „Ich helfe dir.“

„Danke, nicht nötig. Ich werde alles regeln.“ So schön es auch wäre, Hilfe zu haben, Zac würde sie wahrscheinlich nur in noch größere Schwierigkeiten bringen, allein schon dadurch, dass er im selben Raum wie sie war.

Olivia ging zum Fahrstuhl, um nach oben zu dem Saal zu fahren, in dem das Essen, die Versteigerung und der Ball stattfinden würden. In etwas über drei Stunden sollte die Spendengala beginnen, und sie wollte alles kontrollieren und sehen, ob die Blumen endlich gekommen waren. Wegen schlechten Wetters habe es an diesem Morgen nur wenig Blumen auf den Märkten gegeben, hatte sich die Floristin entschuldigt.

Unglaublich, wie berührt sie gewesen war, als sie Zac eben wiedergesehen hatte. Trotz des leidenschaftlichen Aufruhrs, den er sofort in ihr ausgelöst hatte. Als hätte sie ihn vermisst. Doch eigentlich hatte sie Zac außerhalb der Arbeit und des Betts gar nicht gekannt, deshalb gab es abgesehen vom umwerfenden Sex nicht viel zu vermissen. Seltsam, dass sie das Gefühl hatte, dass mehr an Zac war, über das sie etwas erfahren wollte. Schließlich war sie vorher auch nicht interessiert gewesen.

Nicht interessiert? Doch, natürlich war sie interessiert gewesen. Genau deshalb hatte sie die Affäre ja beendet.

Eine große Hand drückte auf die Taste, mit der man den Fahrstuhl rief. „Unter den Chirurgen ist bekannt, dass du Hilfe bei der Versteigerung brauchst. Ich melde mich freiwillig. Und fange jetzt an. Keine Widerrede.“

„Nein danke, Zac. Ich habe alles im Griff.“ Die zweite Lüge.

Sie machte den Fehler, Zac anzublicken. Sofort verschlug es ihr die Sprache. Er sah so gut aus, dass jede Frau, die in seine Nähe kam, völlig außer sich geriet. Sie auch. Olivia schloss kurz die Augen, doch sein Gesicht hatte sich ihr eingeprägt. Zachary Wright. Wenn es überhaupt einen Mann auf der Welt gab, in den sie sich verlieben könnte, dann war es Zac. Es war ein großes Wenn. Schmerzliche Erfahrungen in ihrer Kindheit und Jugend erinnerten sie ständig daran, dass sich nur ein einziger Mensch um sie kümmern würde: sie selbst.

Aber eine einzige Berührung, und Zac hatte immer alles mit ihr machen können, was er wollte. Nicht, dass er es auf üble Art ausgenutzt hatte. So ein Mann war er nicht. Na bitte. Sie wusste etwas über ihn. Hoffentlich hatte er nicht geahnt, dass sie fast die Seine gewesen war, bereit, absolut alles zu tun, um ihn zu halten.

„Geht es dir gut?“ Zac berührte ihren Arm.

Und trotz des dicken Wollmantels und der Seidenbluse darunter wurde Olivia sofort von Leidenschaft verzehrt. „B-bestens“, brachte sie heraus, während sie ihn anblickte und mühsam den Wunsch unterdrückte, ihn auch zu berühren, mit der Hand über seine Wange zu streichen und die Bartstoppeln zu spüren, die sein Kinn zu beschatten begannen.

Zac schob sie in den Fahrstuhl. „Dritter Stock?“

„Ja“, flüsterte Olivia heiser. Lass mich in Ruhe. Verschwinde sonst wohin mit deinem sexy Körper und diesen schönen Augen, die immer schon mein Verderben waren. Ich kann das heiße Verlangen nicht gebrauchen, das mich durchflutet. Geh weg.

„Ich gehe für den Rest des Tages nirgendwohin. Also gewöhn dich an den Gedanken, Olivia.“

Auweia. Hatte sie das etwa laut gesagt? Sie warf ihm einen schnellen Blick zu und entspannte sich ein wenig. Nein, er hatte nichts gehört. Aber richtig entspannen konnte sie sich erst, wenn der Abend vorbei war und sie ins Bett konnte.

Sie seufzte leise. „Bett“ war ein gefährliches Wort, wenn sie in Zacs Nähe war. Bei dem Wort schossen ihr alle möglichen Bilder durch den Kopf, die sie einfach nicht sehen wollte. Sie waren ihre Vergangenheit, nicht ihre Zukunft. Und nicht ihre Gegenwart.

2. KAPITEL

Wer hatte die ganze Luft aus dieser Kabine herausgelassen? Zac suchte nach einem Schuldigen. Sein Blick blieb an Olivia hängen. Er hatte seine Antwort. Es war ihre Schuld, dass er nicht atmen konnte, dass sein Herz viel zu schnell schlug. Olivia Coates-Clark. Kurz CC genannt. CC war klein. Zart aussehend – nicht von zartem Gemüt. Ein Persönchen, aber eine starke Persönlichkeit. Rundungen an all den richtigen Stellen, wie er genau wusste. Aufbrausend, wenn es ihr zu bunt wurde, freundlich, wenn alles nach ihrem Willen ging. Eine nicht enden wollende Sehnsucht.

Eine Sehnsucht, der er nie wieder nachgeben würde. Er musste sie ignorieren.

Olivia hatte ihn verlassen. Sie hatte seinen Stolz verletzt. Er machte Schluss, wenn er wirklich dazu bereit war, nicht umgekehrt. Er sollte dankbar sein, war dankbar. Mit ihr hatte er mehr als seine üblichen drei oder vier Dates gehabt. Da hatte es angefangen, dass sie ihm wichtig geworden war. In den seltenen Momenten, als sie unvorsichtig gewesen war, als sich tiefer Schmerz in ihrem Blick gezeigt hatte, da hatte er sie beschützen wollen. Und das war einfach nur dumm. Bei seiner Vergangenheit machte ihn das zu einer Gefahr für sie. Er tat Menschen weh, er beschützte sie nicht. Außerdem hatte er keine Lust, sich wieder das Herz brechen und abstumpfen zu lassen, wenn Olivia von seinen Unzulänglichkeiten erfuhr. Nein danke.

Moment mal. Hatte sie es herausgefunden? Hatte sie deshalb ihre Affäre beendet? Nein. Sie sah ihn an, wie sie es immer getan hatte – voller Leidenschaft und Verlangen, nicht empört oder reserviert.

Zu atmen war unmöglich. Nicht nur entzog ihm Olivia den Sauerstoff, sie füllte das entstandene Vakuum mit dem Duft von Blumen und Obst und all seinen Erinnerungen an sie. Verdammt, er musste hier raus. Schnell. Zac ging einen Schritt auf die Türen zu, blieb stehen, blickte die Schalttafel an. Sie waren gerade zwischen zwei Stockwerken. Reiß dich zusammen.

Ja, klar. Das hier machte Olivia immer mit ihm. Sie brachte ihn mit einem Blick durcheinander, raubte ihm bei der leisesten Berührung den Verstand und erregte ihn allein dadurch, dass sie im selben Raum wie er war. Genau das passierte gerade. Achtzehn Monate hatte er sie nicht gesehen, nur einmal wegen der Versteigerung mit ihr telefoniert, und alles begann von vorne. Er begehrte sie wieder.

Unglaublich. Wie konnte ein erfolgreicher Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, der sich grundsätzlich nicht in feste Beziehungen hineinziehen ließ, wegen dieser einen Frau jede Kontrolle verlieren?

Ein Telefon summte diskret. Da an seiner Hüfte nichts vibrierte, musste es Olivias sein. Zac hörte interessiert zu, als sie ranging.

„Hier ist Olivia Coates-Clark.“ Sie blickte zur Decke der Kabine, während der Anrufer sprach. Dann: „Ich bin Ihnen für Ihre Mühe wirklich dankbar.“ Ihr Finger huschte über den Bildschirm, und das Telefon verschwand wieder in ihrer Manteltasche. „Ein Problem gelöst.“ Sie lächelte ihn offen an.

„Hattest du ein paar?“, fragte Zac und versuchte das heftige Verlangen zu ignorieren, das ihn durchströmte. Er konnte den Blick nicht von Olivias sinnlichen Lippen abwenden.

„Dass alles reibungslos abläuft, wenn man etwas so Großes organisiert, darf man wohl nicht erwarten. Aber allzu schlimm war es nicht.“

„War es deine Idee, Geld für Andy Brookes zu sammeln?“

Olivia nickte, und ihr kupferblondes Haar streifte ihre Wange, was Zacs körperliche Reaktionen noch verstärkte.

„Ich hatte die Idee, aber sobald ich mit Chirurgen im Auckland Surgical Hospital darüber gesprochen habe, hat sich die Sache wie ein Virus ausgebreitet. Jeder wollte dabei mitmachen, Andy zu unterstützen. Ich glaube, heute Abend wird ziemlich viel Geld zusammenkommen.“

Olivia lächelte wieder, dabei verzog sie sanft den Mund, und Zac erinnerte sich daran, wie gern er immer in seinem Bett neben ihr gelegen und sie beobachtet hatte, während sie nach dem Sex ein Nickerchen machte. So lieb und süß und ganz anders als die Tigerin, die ihn erregen konnte, bis er alles um sich herum vergaß.

„Danke für deine großzügige Spende“, sagte sie gerade.

Zac hatte ein Wochenende für eine vierköpfige Familie auf seiner Luxusjacht beigesteuert, und er würde am Ruder stehen. „Andy war der beliebteste Typ, als wir unseren Facharzt gemacht haben. Er hat einem immer geholfen, wenn man nicht gut drauf war.“

„Du vergisst die Streiche, die er uns gespielt hat.“ Wieder lächelte Olivia.

Und Zac konnte diese sinnlichen Lippen unmöglich ignorieren. Deshalb tat er es nicht. Er sah sie sich genau an. Dunkelrosa Lipgloss ließ sie glänzen, und er konnte sie fast auf seiner Haut spüren, während er sich vorstellte, wie Olivia ihn auf den Hals küsste, seine Brust, seinen Bauch, seinen … Zac stöhnte im Stillen und beugte sich von ihr weg, konzentrierte sich darauf, ein höfliches Gespräch mit seiner Exgeliebten zu führen.

„Ich erinnere mich deutlich an einige der Sachen, die Andy angestellt hat.“ Zac seufzte, während er sein Verlangen zu unterdrücken versuchte. Erinnerungen. Er hatte viel zu viele an Olivia, er hätte die Einladung ablehnen sollen, sich heute Abend seinen Kollegen anzuschließen. Aber er hatte Olivia ein für alle Mal loswerden wollen – nein, müssen – und geglaubt, dieser Abend mit ihr zusammen wäre perfekt dafür.

„Hast du Andys Frau kennengelernt?“

„Kitty war mit ihm auf der Konferenz in Christchurch, an der wir letztes Jahr teilgenommen haben.“ Die Konferenz, auf der du eine Rede halten solltest und die du an dem Tag abgesagt hast, nachdem du aus meinem Leben verschwunden bist.

Auch Olivia musste sich daran erinnert haben, denn ein Schatten fiel über die großen Augen und ließ das Hyazinthenblau dunkler werden. Warum dachte er immer an Blumen, wenn er in ihrer Nähe war?

„Ich hatte einen Notfall. Zu Hause.“

„Du wohnst doch allein.“ Sie hatte keine Kinder. Nicht, dass er wüsste. Verdammt, er wusste nicht einmal, ob sie Geschwister hatte.

„Meiner Mutter ging es nicht gut.“ Olivia machte ihren schon geraden Rücken gerade. „Andy ist damals viel herumgereist. Kaum zu glauben, dass er jetzt um sein Leben kämpft, anstatt seine Arbeit mit Querschnittsgelähmten fortzusetzen.“

Was war mit ihrer Mutter los gewesen? Zac bezweifelte, dass sie es ihm erzählen würde, wenn er fragte. Und wenn sie es erzählte, würde er Dinge über sie wissen, die ihn dazu bringen würden, sich mit ihr verbunden zu fühlen. Das Letzte, was er wollte. Sich für sie verantwortlich zu fühlen stand nicht auf seinem Programm. „Andy hat eine Chance, wenn er sich der Radikalbehandlung unterzieht, die sie ihm in Kalifornien anbieten.“

„Es muss auch für Kitty schwer sein.“

„Unvorstellbar.“ Zac ging einen Schritt näher an CC heran. Er war kurz davor, sie zu umarmen, damit die Traurigkeit verschwand, die sie ausstrahlte. War sie wegen ihres gemeinsamen Freunds traurig? Oder wegen ihrer Mutter? Durch irgendetwas hatte ihre kühle Fassade Risse bekommen.

Zac wusste, wie es war, sich einer Situation gegenüberzusehen, die einen zu zerstören drohte. Er war achtzehn gewesen, als der Unfall passiert war, durch den sein Bruder Mark querschnittsgelähmt war. Zwei Jahre älter als Mark, hätte er der Vernünftige sein sollen. Schwierig, vernünftig zu sein, mit einem unbeherrschten, aggressiven jüngeren Bruder, der es grundlos darauf anlegt, dich auf die Palme zu bringen. Fast zwanzig Jahre später konnten ihn die Schuldgefühle noch immer überwältigen, obwohl Mark mit seinem Leben weitergemacht hatte, das allerdings nicht das war, das er vor dem Unfall geplant hatte.

Die Schuld war erdrückend. Von der Familie gemieden zu werden, weil er das Auto gefahren hatte, als es über die Mauer ins Meer gekracht war, war ebenso zerstörerisch. Deshalb zog er einen Schutzpanzer über sein Herz. Wenn seine Eltern ihn nicht lieben konnten, wer konnte es dann? Wenn ihm nicht zuzutrauen war, verantwortungsbewusst zu sein, war keine Frau bei ihm sicher. Oder Kinder, die er bekommen könnte. Also durfte er nicht zulassen, dass irgendeine Frau seine Entschlossenheit schwächte, Single zu bleiben. Selbst wenn es gegen alles ging, woran er glaubte.

Olivia rückte zur Seite, brachte Abstand zwischen sie beide. „Es besteht Hoffnung, dass wir heute Abend ein Vermögen sammeln.“

Zac unterdrückte seine Enttäuschung. Er sollte dankbar sein, dass Olivia so klug war, es bei einem unpersönlichen Verhältnis zwischen ihnen zu belassen. Es fiel ihm nicht leicht. Er würde sie lieber umarmen. Was natürlich die Anspannung nur verstärken würde, die sie beide gepackt hatte, sobald er ins Hotel gekommen war. Er begehrte Olivia und wusste, dass sie ihn ebenso begehrte. Sie waren gut darin gewesen, die sexuellen Bedürfnisse des anderen zu deuten. Sonst war da nicht viel gewesen. Oberflächlich, vielleicht. Aber so hatten sie es gemocht. Sie hatten beide neben der Arbeit wenig Zeit für anderes gehabt.

Trotzdem, Olivia jetzt zu umarmen wäre wundervoll. Warum? Zac hatte keine Ahnung. Er fühlte sich in ihrer Nähe einfach so lebendig wie seit Monaten nicht mehr. Achtzehn Monate, um genau zu sein. Das Gefühl hatte nichts mit Sex zu tun, sondern mit Freundschaft und Vertrautheit. Nein, nicht Vertrautheit. Das wäre gefährlich. Er zog den Schutzpanzer wieder über sein Herz. Ein Abend, und er würde die Sehnsucht los sein.

Die Fahrstuhltüren glitten auf. „Nach dir“, sagte Zac und folgte Olivia, sein Blick auf ihre wundervollen Beine und die knielangen schwarzen Stiefel gerichtet, die sie perfekt hervorhoben. War es falsch, sich nach dem zu sehnen, was sie einmal hatten? Wahrscheinlich nicht. Aber dass er die Vertrautheit mit ihr brauchte? Das war ihm noch nie passiert, es machte ihn verwundbar. Als er Olivia vorhin am Empfang hatte stehen sehen, war er zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder von Gefühlen überwältigt worden.

„Zac.“ Olivia blieb stehen und wartete, bis er neben ihr war.

Ihr schlanker Hals war zu sehen, wo ihr Mantel am Kragen offen stand. „CC.“ Wenn er ihren Spitznamen benutzte, hörte er vielleicht auf, sich etwas zu wünschen, was er nicht haben konnte. Sie hatte schon gezeigt, dass sie ihn fallen lassen konnte, wie und wann es ihr passte.

Ihr Mund verzog sich zu einem herzzerreißenden Lächeln. „Ich bin schon länger nicht mehr CC genannt worden. Mir hat es immer gefallen, einen Spitznamen zu haben. Es hat mir das Gefühl gegeben, dass ich zu unserer Gruppe dazugehöre.“

„Du hast dich nicht dazugehörig gefühlt? Olivia, ohne dich hätten wir nicht so viele Ausflüge und Partys gehabt. Du hast unsere Klasse zusammengehalten.“ Sie hatte Freizeitvergnügen für sie alle organisiert und viele Stunden daran gearbeitet, in denen sie nicht hatte lernen können. Dafür musste sie dann ganze Nächte an ihrem Schreibtisch sitzen und den Rückstand aufholen. Aber zu denken, sie sei kein unverzichtbares Mitglied der Gruppe gewesen? Wieso hatte er das nicht mitbekommen?

Ihr Lächeln wurde bitter. „Ich habe schon immer die Sache in die Hand genommen. So werde ich nicht ausgeschlossen und habe das Sagen. Niemand ignoriert die Anführerin, stimmt’s?“

„Ich nehme an, du hast recht.“ Zac hatte durch seine Familie erfahren, wie es war, ein Außenseiter zu sein. Aber auf der Universität hatte er dafür gesorgt, dass niemand es merkte, indem er hart an Freundschaften gearbeitet hatte. Wie Olivia, anscheinend. Alle in der medizinischen Fakultät hatten sie geliebt und bewundert. Sie war spontan und kontaktfreudig und lustig, verrückt manchmal, aber niemals außer Kontrolle. Es war, als hätte sie sich auf einer Gratwanderung befunden: zwischen völligem Loslassen und unterdrückten Gefühlen.

Außer im Bett. Mit ihm.

Verdammt, ihm wäre nichts lieber, als wieder mit Olivia zu schlafen. Aber dazu würde es nicht kommen. Es hätte zu viele Konsequenzen für sie beide. Sie wirkte plötzlich verletzlich, und das bedeutete, dass er ihr sehr wehtun könnte – sogar ohne Absicht. Es schockierte ihn. Er wollte sie beschützen, nicht zerstören. Er hatte sie gern.

Olivia wollte weg von Zac und ihrem Riesenfehler und eilte durch die Flügeltür in den Festsaal, der jetzt mit Bändern, Tischwäsche und Stuhlhussen in Blau und Weiß dekoriert war. Seit wann erzählte sie denn jemandem von ihren Unsicherheiten? Nicht einmal Zac – besonders Zac nicht – hatte auch nur andeutungsweise erfahren, dass sie ständig damit rechnete, dass andere über sie herzogen.

Abrupt blieb Olivia stehen. Der Festsaal war vergrößert worden, indem man eine Trennwand zurückgeschoben hatte. Himmelblau war vorherrschend, die Farbe von Andys liebster Aucklander Rugbymannschaft. Unzählige Eimer mit blauen und weißen Iris waren endlich geliefert worden und warteten darauf, dass die Floristin die Blumen zu Sträußen band und in die Glasvasen steckte, die in der Mitte jedes Tisches stehen sollten. Alles wurde so, wie sie es geplant hatte.

Olivia war sich seiner Nähe schon bewusst, bevor Zac etwas sagte.

„Das sieht fantastisch aus.“

Zac. Der kurze Moment im Fahrstuhl war eine Qual gewesen. Olivia hatte sein herbes Aftershave gerochen und sich unbewusst zu ihm geneigt. Als sie ihm angesehen hatte, dass er sie umarmen wollte, war sie wenigstens so klug gewesen, zur Seite zu rücken. Auch wenn sie sich danach gesehnt hatte, in seinen starken Armen zu sein.

Jetzt setzte sie ein Lächeln auf und räumte ein: „Ja.“ Hoffentlich würde Zac es nicht bemerken, wenn das Lächeln nicht ihre Augen erreichte.

„Mit irgendetwas bist du nicht zufrieden. Sag schon.“

„Die Floristin ist spät dran, die Weingläser sind noch nicht aufgedeckt, die Band hat mir versichert, sie würden bis vier aufgebaut haben, und …“, Olivia sah auf ihre Armbanduhr, „… jetzt ist es fünf vor halb vier.“ Und du lenkst mich ab. Ich will dich. In meinem Bett. Ich will Sex mit dir haben, so wie früher. Eigentlich würde ich mich sogar mit dieser Umarmung zufriedengeben.

„Wir schaffen das. Sag mir, was du zuerst erledigt haben willst.“

Seine Augen funkelten vor Belustigung, als hätte er ihre Gedanken gelesen. Hatte er wahrscheinlich. Wie gut kannte sie ihn? Wirklich? Sie hatten keinen Wert darauf gelegt, sich über ihre Familien zu unterhalten oder darüber, wie sie aufgewachsen waren und wofür sie sich interessierten. Nur Sex. Olivia gab ihm ihr Telefon. „Versuch die Band. Ihre Nummer ist gespeichert – Eziboys .“

„Du hast die Eziboys dazu gebracht, heute Abend hier aufzutreten?“ Zac blickte sie bewundernd an. „Was musstest du dafür tun? Hast du die Jungs mit kostenlosen Schönheitsoperationen für den Rest ihres Lebens bestochen?“

Olivia boxte ihn leicht in den Bizeps. „Einer von ihnen ist mit Andys jüngerem Bruder zur Schule gegangen. Sie wollen der Familie helfen.“

„Also war es nicht dein eindrucksvoller Charme?“ Er zeigte ihr ein strahlendes Zachary-Wright-Lächeln, eines, das berühmt dafür war, dass es Frauen auf die Knie sinken und ihn anflehen ließ.

Olivia blieb aufrecht stehen. So gerade eben. „Ruf sie bitte an.“ Zu bitten zählte nicht, wenn sie stand. Im Moment wollte sie sowieso die Band und nicht Sex mit diesem Traummann, der aussah, als wäre er vom Titelbild einer Surfing-Zeitschrift gestiegen. Noch eine Lüge.

Zac scrollte schon durch ihre Kontaktliste. „Deine Floristin ist da.“ Er nickte zur Tür, dann widmete er sich wieder dem Telefon. „Jake, bist du das, Mann? Wie geht’s?“

Olivia blickte Zac starr an. Er kannte Jake Hamblin, den Leadgitarristen der Band? Das könnte helfen, die Gruppe dazu zu bringen, tatsächlich aufzutauchen. Zac steckte voller Überraschungen. Hatte er nicht auch etwas über die Floristin gesagt? Olivia drehte sich um und stand einer gepflegten Frau in einer schwarzen Hose und einem Angorapullover unter ihrer Jacke gegenüber. „Sie sind die Floristin? Ich bin Olivia Coates-Clark.“

Die Frau nickte, warf Zac ein Lächeln zu. „Das bin ich. Wie ich sehe, sind die Blumen endlich gekommen. Zeigen Sie mir, wo Sie die Sträuße haben wollen, dann fange ich damit an.“

Zac gab Olivia das Telefon zurück. „Wie steht’s, Mrs. Flower?“ Das war tatsächlich ihr Name. „Ihre Hüfte funktioniert noch gut?“

„Sie waren der Chirurg. Was glauben Sie?“

Er lachte. „Gute Antwort.“

Also kannte er diese Frau auch. Wahrscheinlich ließ er durch sie schöne Blumen an all seine Geliebten schicken. Autsch. Er hatte ihr Blumen geschickt, als sie ihn verlassen hatte. Einen fantastischen Strauß Pfingstrosen.

„Haben wir eine Band?“, fragte sie energisch.

„Sie sind gerade dabei, die Ausrüstung in den Warenaufzug zu laden“, sagte Zac. „Was als Nächstes? Soll ich die Eimer mit Blumen irgendwohin tragen?“

Mit der Band und den Blumen waren zwei Probleme gelöst. Olivia schüttelte erstaunt den Kopf. Bei Zac passierten Dinge einfach so. Irgendwie war mit ihm hier alles einfacher geworden. „Wir brauchen an der Wand dort zwei lange Tische für die Versteigerung. Unser Kontaktmann vom Hotel wollte sie vor einer Stunde besorgen.“

„Kein Problem.“

Musste Zac so gelassen klingen? Die Zeit verrann. Bevor sie ihr neues Kleid anzog und sich fertig machte, hatte sie ein langes Bad in dem Whirlpool in ihrem Zimmer nehmen wollen. Daraus wurde wohl nichts mehr. „Du hast leicht reden!“, fuhr sie ihn an.

Zac umfasste ihren Arm und führte sie dorthin, wo die Floristin bereits Iris mit Draht zu Sträußen band, die wunderschön aussehen würden. „Du erklärst, wo du alles haben willst, und versuchst, dich zu entspannen. Wir bringen das Ding rechtzeitig zum Laufen. Das ist ein Versprechen.“

„Ich bin entspannt.“

„Ungefähr so entspannt wie eine Maus, die es mit einer großen Katze aufnehmen will.“ Zac lächelte frech und schlenderte davon, bevor Olivia eine passende Erwiderung einfiel.

Das war gar nicht typisch für sie. Sonst hatte sie immer eine Antwort auf neunmalkluge Bemerkungen. Während sie ihm nachblickte, bemerkte Olivia, wie perfekt die breiten Schultern seine Lederjacke ausfüllten. Kein Wunder, dass sie nicht klar denken konnte. Zachary Wright lenkte sie viel zu stark ab.

3. KAPITEL

Eine Stunde später reichte Zac ihr ein Glas Champagner. „Vielleicht hilft er dir, dich zu entspannen.“

„Ich kann jetzt keinen Alkohol trinken.“

„Ein kleiner Drink wird deine Nerven beruhigen, Olivia. Na los.“ Zac blickte sie herausfordernd an, als er sein Glas an die Lippen hob.

Er wusste, dass sie nie eine Herausforderung ausschlug. Aber sie musste es tun. Der Abend konnte nur ein Erfolg werden, wenn sie hundertzehnprozentig in Form war. Das hatte das Verhalten ihrer Mutter sie gelehrt: sich beim Alkohol zurückhalten oder sich lächerlich machen. Das durfte heute Abend nicht passieren, wenn alle Augen auf sie gerichtet waren.

Zac probierte den Champagner und nickte anerkennend. Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen.

Und Olivia schmolz dahin. All ihre Erinnerungen an Zac wurden wach, heiße Sehnsucht breitete sich tief in ihrem Innern aus. Das Glas stieß an ihre Zähne, als sie den Champagner trank. Und während sich ihre verkrampften Schultermuskeln lockerten, spürte sie eine Anspannung anderer Art in ihrem Bauch und noch weiter unten. „Köstlich“, flüsterte sie. Zac oder der Champagner?

„Ja, Olivia, ist er. Jetzt nimm das Glas mit nach oben in dein Zimmer, und genieß ein Bad im Whirlpool, bevor du dich zurechtmachst. Ich kümmere mich um alles, was hier noch erledigt werden muss, dann gehe ich rüber, um mich umzuziehen.“

Sofort war sie wieder völlig beherrscht. „Nein. Danke. Ich muss nach den Blumen sehen und …“

„Die sind fertig.“ Zac nahm eine mit einem hellblauen Band geschmückte Iris vom Tisch und gab sie Olivia. „Nimm die mit nach oben.“

Olivia nahm das Geschenk an. „Meine Lieblingsblume.“

„Dieser besondere Farbton passt perfekt zu deinen Augen.“

„Wedgwood. So heißt die Sorte.“ Olivia starrte die Iris an und sah Dinge, die nichts mit diesem Wochenende oder mit Zac zu tun hatten.

Als sie die Schwertlilie zurückgeben wollte, umschloss Zac ihre Hand und hielt sie zwischen ihnen fest. Mit dem Daumen streichelte er die Innenseite ihres Handgelenks. „An wen erinnert sie dich?“

Scharfsichtig von ihm. Wie hatte sie diesen Mann verlassen können? An dem Tag musste sie unglaublich stark gewesen sein. Oder sehr dumm. „Mein Vater hat früher Iris gezüchtet.“ Bevor er gegangen war, weil er mit den Launen seiner alkoholkranken Frau nicht fertigwerden konnte. Und ich konnte es? Ich war erst zwölf, Dad.

Olivia entzog Zac die Hand und trat einen Schritt zurück. „Warum hilfst du mir?“ Wollte er etwa mit ihr ins Bett? Oder war das ihr angeknackstes Selbstbewusstsein? Zac hatte niemals Schwierigkeiten, eine Frau zu bekommen. Er brauchte sie nicht. Selbst wenn das, was sie miteinander gehabt hatten, himmlisch gewesen war.

War das Mitleid in seinem Blick? Olivia hasste das. Es war nicht nötig. Sie hatte schließlich gelernt, mit ihrer Mutter fertigzuwerden, indem sie ihre eigenen Gefühle kontrollierte und nicht die Launen ihrer Mutter. Dieselbe Taktik hielt Männer auf Abstand. Sie war sehr gut zurechtgekommen, nur nicht bei Zac. Eines Tages war ihr schockiert klar geworden, dass sie sich mehr aus ihm machte, als sie sollte. Und da hatte sie die Sache sofort abgebrochen. Niemand würde sie jemals wieder verlassen.

„Ich bin hier, weil du Hilfe brauchtest. Ich habe keine Partnerin, die sich ärgert, wenn ich hier hinter den Kulissen arbeite. Ich dachte, du würdest dich freuen und nicht versuchen, mich loszuwerden.“

Das habe ich schon einmal geschafft, dachte Olivia. Die Worte hingen zwischen ihnen in der Luft, als hätte sie sie laut ausgesprochen. Hatte sie nicht, aber sie wurde rot. „Tut mir leid, dass ich undankbar bin. Dass du hier bist, ist großartig, Zac. Wenn du nicht deinen Charme hättest spielen lassen, würde ich mich jetzt immer noch abmühen, dass die Floristin die Blumen so arrangiert, wie ich es für richtig halte.“ Olivia war nicht ganz wohl dabei gewesen, wie er die Floristin davon überzeugt hatte, dass ihre Art richtig war.

„Während du den Festsaalchef charmant überredet hast, für den Blindenhund einen Hundekorb in die Ecke zu stellen. Das ist gegen alle Regeln.“

Zacs Lächeln war schön, wenn er nicht gerade versuchte, jemanden für sich zu gewinnen. Schöner, als ihm guttat. Und ihr.

„Blinde dürfen ihren Hund überallhin mitnehmen.“

„Aber nicht unbedingt einen Schlafplatz im Festsaal für ihn verlangen.“

Das Lächeln wurde breiter und schöner und fegte durch sie hindurch wie ein entfesselter Sturm.

Olivia wusste, dass sie von Zac wegmusste. Sonst würde sie vielleicht vorschlagen, dass er sie massierte, bevor sie sich ankleidete. Während seiner Facharztausbildung hatte er einen Kurs gemacht, und er bewies sein Können liebend gern jedem, der eine Massage nötig hatte. Mit ihr hatte er manchmal viel mehr gemacht als das, aber heute Abend würde sie sich mit einer normalen Massage zufriedengeben, damit sie den Schmerz in ihren Schultern loswurde.

Noch eine Lüge. Olivia stürzte ihren Champagner hinunter.

„Hier.“ Zac füllte ihr nach. „Nimm das Glas mit nach oben in dein Zimmer.“

„Du wiederholst dich.“

„Ich dachte, du hast die Botschaft beim ersten Mal nicht verstanden.“ Er fasste Olivia am Arm, führte sie zu den Fahrstühlen und drückte die Taste nach oben. Als die Türen aufgingen, schob er sie in die Kabine. „Wir sehen uns beim Aperitif.“

„Ich werde vor sechs unten sein.“ Ungeduldig klopfte sie mit dem Stiefel auf den Boden, bis der Lift auf ihrer Etage hielt. Dank Zacs Hilfe hatte sie überraschend eine Stunde für sich. Genug Zeit, um die starken Gefühle zu unterdrücken, die sie unerwartet wieder für ihn empfunden hatte. Danach konnte sie weitermachen wie geplant: freundlich, aber distanziert. Bisher war sie damit gescheitert.

In ihrem Zimmer legte sie auf dem Weg ins Bad und zum Whirlpool Kleidungsstücke ab. Als das Wasser einlief, schüttete sie eine großzügige Menge Schaumbad hinein und zog sich ganz aus, dann entfernte sie ihr Make-up und sah im Spiegel, dass sie albern lächelte und ihre Augen lange nicht mehr so gestrahlt hatten.

Hey, sei vorsichtig.

Warum war sie so aufgeregt? Sie wollte keine zweite Affäre mit Zac. Die erste zu beenden war schwer genug gewesen. Das noch einmal zu tun würde sie umbringen. Auch wenn es zwischen ihnen um kaum mehr als Sex gegangen war, hatte sie in den Wochen danach Mühe gehabt, wieder ins Lot zu kommen. Olivia fragte sich zum tausendsten Mal, wie ihr Vater sie und ihre Mutter ohne einen Blick zurück hatte verlassen können. Er hatte mehr zu verlieren gehabt, und dennoch hatte er sich nur noch – selten – durch einen Anwalt mit ihnen in Verbindung gesetzt. Keine Geburtstagskarten, keine Anrufe zu Weihnachten. Nichts. Ihr Vater war einfach aus ihrem Leben verschwunden.

Olivia ließ sich ins Wasser gleiten und spürte, wie das Sprudeln den letzten Rest ihrer Verkrampfungen löste. Sie würden wiederkommen, aber für die nächsten zwanzig Minuten würde sie genießen, wie sich ihre Muskeln entspannten. Vielleicht würde es ihr dabei helfen, später am Abend Zac gegenüberzutreten.

Sie musste in Topform sein, ihre gemeinsamen Freunde würden Zac und sie beobachten und nach Hinweisen auf Streit suchen. Oder, schlimmer, nach Anzeichen dafür, dass sie sich wieder füreinander interessierten. Keine Chance, Leute.

Ihr fielen die Augen zu, und in ihrem Kopfkino lief ein Film mit Zac. Er sah so wahnsinnig gut aus. Noch immer bewegte er sich wie ein Panther, wachsam, aber geschmeidig. Wie sie diesen durchtrainierten Körper vermisst hatte. Sie hatte alles an Zac vermisst.

Als er sie zum Fahrstuhl geführt hatte, war er besorgt um ihr Wohlergehen gewesen. Und dann waren da noch die Blume und der Champagner. Also erinnerte er sich daran, dass sie nur Wein trank, und dann normalerweise Champagner. Ja, sie verwöhnte sich, aber es gab ja sonst niemanden, den sie verwöhnen konnte. Abgesehen von ihrer Mutter, und um sie kümmerte sie sich mehr als genug.

Kann es sein, dass Zac mich ein kleines bisschen vermisst hat? fragte sich Olivia. Sie würde niemals fragen. Er würde es sowieso nicht zugeben.

Du doch auch nicht!

Zac streifte zwischen den Gästen umher, die in den Festsaal strömten, und blickte zum zehnten Mal auf seine Armbanduhr. Zwanzig nach sechs, und von Olivia keine Spur. So untypisch für sie.

„Hallo Zac, schön, dich zu sehen.“ Paul Entwhistle kam auf ihn zu. „Wie ist es dir so ergangen?“

„Paul.“ Zac schüttelte seinem alten Mentor die Hand. „Mir geht’s gut. Und dir? Stiftest du noch immer Chaos unten in Waikato?“ Paul hatte vor zwei Jahren die Stelle des Leiters der orthopädischen Abteilung übernommen.

Er lächelte entspannt. „Ich bin in Altersteilzeit, um mehr Zeit mit der Familie zu verbringen. Was ist mit dir? Ich konnte es nicht glauben, als ich gehört habe, dass du und Olivia auseinander seid. Ich dachte, ihr könnt niemals voneinander lassen.“

Zac unterdrückte die auflodernde Verärgerung. Dies war heute Abend zweifellos nur die erste von vielen Bemerkungen über seine Vergangenheit mit Olivia. „Also stecken wir voller Überraschungen?“ Sofort wünschte er, er könnte seine Worte zurücknehmen. Paul war ihm ein Freund gewesen und hatte ihm komplexe Operationsverfahren beigebracht, die er jetzt regelmäßig einsetzte. Mit Sicherheit verdiente er seine Wut nicht. Er versuchte es noch einmal. „Zu dem Zeitpunkt war so viel los, dass irgendetwas geopfert werden musste.“

„Das verstehe ich ja, nur hätte ich nie gedacht, dass es ausgerechnet eure Beziehung trifft.“ Paul sah sich im Saal um. „Wo ist Olivia überhaupt?“

Fünf vor halb sieben. „Ich habe keine Ahnung. Ich rufe sie an.“ Zac ging aus dem Saal und wählte ihr Handy an. Ja, er hatte noch immer ihre Nummer, er benutzte sie nur niemals. Sie zu löschen hätte einfach sein sollen, doch er hatte es nicht gekonnt. Nicht einmal, als er wütend auf Olivia gewesen war, weil sie ihn verlassen hatte.

„Zac, ich bin eingeschlafen.“

Also hatte sie ihn immer noch auf Anruferkennung. Interessant.

„Ist alles okay? Ich bin gleich unten.“ Sie klang atemlos.

„Atme tief ein und aus, und zähl bis zehn. Alles läuft so, wie du es geplant hast.“

„Ja, aber ich muss da sein und alle willkommen heißen. Oh, verdammt.“

Zac hörte ein Klirren im Hintergrund. „Olivia, ist alles in Ordnung mit dir?“

„Ich habe mein Glas vom Rand des Whirlpools gestoßen. Jetzt liegen überall Scherben auf dem Boden.“

„Ruf das Zimmermädchen.“

„Ich habe keine Zeit. Ich kann doch nicht nach den Gästen eintreffen, als wäre es mir egal. Wie konnte ich nur so dumm sein und im Whirlpool einschlafen?“ In ihre Stimme mischten sich Panik und Ärger.

„Hör mir zu.“ Zac versuchte, sich den Anblick nicht vorzustellen. Olivia im Whirlpool, mit Seifenschaum auf ihren üppigen Brüsten.

„Ich habe jede Stunde, die ich Zeit hatte, für diese Gala gearbeitet, und ich bin müde. Nur noch ein paar Stunden länger hätte ich durchhalten müssen!“

Olivia war voll in Fahrt, und Zac wusste, dass nur eine Bombe sie jetzt noch zum Schweigen bringen konnte. Er lieferte. „Ich komme nach oben und helfe dir.“ Als würde sie ihn hereinlassen.

„Du kannst nicht heraufkommen!“, stieß sie empört hervor. „Ich bin nicht angezogen.“

Also hatte er einen Volltreffer gelandet, sie hatte ihn gehört. Zac lächelte. Wärme breitete sich in ihm aus, machte ihn ganz sentimental. Verrückt. Dies war völlig falsch.

„Lass dir Zeit“, sagte er. „Mach dich in Ruhe fertig, und dann leg einen großen Auftritt hin. Bis dahin sind alle da, und du kannst sie hinreißen, wenn du zum Rednerpult gehst, um die Eröffnungsrede zu halten.“

Olivia schwieg. Sein Lächeln wurde breiter. Er konnte fast hören, wie ihr Verstand arbeitete.

„Toll“, sagte sie und legte einfach auf.

Zac schob das Telefon wieder in die Hosentasche seines Anzugs und wollte gerade zurück in den Saal, als sich die Fahrstuhltüren öffneten. Ein blasser, dünner Mann trat heraus, und Zac ging hinüber, um ihm die Hand zu schütteln. „Andy, schön, dich zu sehen.“ Er sah schrecklich aus. Leukämie machte kurzen Prozess mit seiner Gesundheit.

„Ist das nicht großartig? Ich konnte es nicht glauben, als Olivia mir erzählt hat, wie viele Leute kommen und was für wundervolle Dinge für die Versteigerung gespendet worden sind.“ Andy fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. „Es ist wirklich zum Heulen.“

„Das geht nicht, Mann.“ Zac setzte ein breites Lächeln auf, obwohl es ihm die Kehle zuschnürte. „Alle Frauen würden dich nachahmen.“

Überraschend lachte Andy. „Du hast recht. Was für ein Galaabend wäre das? Man müsste Taschentücher statt Champagner herumreichen.“

„Ich nehme an, du trinkst zurzeit keinen Alkohol.“ Zac sah Kitty und die drei kleinen Söhne ruhig hinter Andy warten. „Ich freue mich, dass du hier bist.“ Er schloss die Frau in die Arme, spürte ihr Zittern und wusste, dass sie Angst vor diesem Abend hatte. „Ihr schafft das“, sagte er so leise, dass nur sie es hörte.

Kitty nickte. „Dank CC. Sie hat einen Tisch für uns und die Jungs besorgt. Und einen Babysitter für später, wenn es Zeit ist, die Kinder in unsere Suite zu schicken. Und im Grunde alles, was wir vielleicht brauchen.“

„Das ist unsere CC.“ Verdammt, Olivia, ich könnte mich in dich verlieben, wenn ich nicht mein Herz verschlossen hätte, dachte Zac. „Los, ich führe euch zu eurem Tisch.“ Andy sah aus, als würde er gleich zusammenbrechen, und sie hatten noch nicht einmal angefangen.

Es dauerte lange, durch den Festsaal zu gehen, weil viele Leute der Familie für die Versteigerung viel Glück wünschten. Zac wusste, dass alle es gut meinten und die meisten über Andys Aussehen entsetzt waren, aber er wollte sie anfahren, sie sollten Andy erst einmal Zeit lassen, sich an seinen Tisch zu setzen.

Als er schließlich einen Stuhl für Kitty hervorzog, ging ein Raunen durch den Saal. Olivia war eingetroffen. Zac hatte sie nicht gesehen, aber er wusste es. Sie hatte diese Wirkung auf Menschen, auf ihn. Sie schlug wie ein Blitz ein, warf allen ein strahlendes Lächeln zu. Jeder spürte ihre Anziehungskraft, geriet in ihren Bann.

Als Zac zum Rednerpult blickte, dachte er, er wäre gestorben und im Himmel. Während der verrückten Wochen ihrer Affäre hatte er Olivia niemals so zu Gesicht bekommen, wie sie in diesem Moment aussah. Wenn, dann hätte er sie in jener letzten Nacht zurück in sein Schlafzimmer gezogen und sie ans Bett gefesselt, damit sie ihn nicht verlassen konnte. Er hätte darauf gesetzt, dass sie ihm nicht das Herz brechen würde, auch wenn klar war, dass sie es getan hätte. Sensationell war nicht annähernd das richtige Wort, um sie zu beschreiben. Und das Kleid? Sollte verboten werden. Zumindest sollte sie es nicht in der Öffentlichkeit tragen dürfen. Es saß wie angegossen, der weiche goldene Stoff schimmerte auf ihren üppigen Rundungen und betonte ihre Figur.

Zac hatte gedacht, er könnte damit fertigwerden, an diesem Abend in Olivias Nähe zu sein. Doch er hatte nicht die geringste Chance.

4. KAPITEL

„Herzlich willkommen zu einem Abend, der ganz bestimmt wunderschön wird.“ Das Mikrofon in der Hand, stand Olivia am Rednerpult. Ihre Nervosität ließ etwas nach. Sie hatte es geschafft. Andy war mit seiner Familie hier, die Kollegen waren hier, und der Lärmpegel sprach bereits dafür, dass sich die Leute amüsierten. Puh.

Zac war auch da. Na und? Das wusste sie bereits.

Er stand neben Andy und starrte sie an. Er sah verblüfft aus. Olivia trat hinter dem Rednerpult hervor und wiegte die Hüften, sodass der goldene Stoff ihres Kleids wellenförmig über ihre Oberschenkel strich. Nein, nicht verblüfft. Es hatte Zac umgehauen. Sein Blick war auf sie fixiert. Oder vielmehr auf ihre Schenkel. Die sexuelle Anziehungskraft zwischen Zac und ihr war noch immer da, sehr lebendig, schon neu entflammt und kurz davor, zu brennen.

Sie bemerkte plötzlich die Stille im Saal, und Olivia erinnerte sich, warum sie hier vorne stand. Sie sollte die versammelten Freunde und Kollegen mit ihrer Rede mitreißen, nicht wegen Zacs weggetretener Miene aus dem Häuschen sein.

„Ich hoffe, ihr habt alle die Telefonnummer eures Bankdirektors parat, denn wir veranstalten die tollste Versteigerung aller Zeiten. Es wird großen Spaß machen, aber damit ihr in Stimmung kommt, wird schon jetzt Champagner herumgereicht. Haltet einfach einen der jungen Männer an, die mit Tabletts voller Gläser herumgehen, und bedient euch.“

Sie suchte Zacs Blick. Er stand noch immer da und beobachtete sie, aber zumindest sah er nicht mehr aus wie vom Donner gerührt. Dann zwinkerte er und nickte.

Olivia verstand. Mach weiter, alle warten.

„Und damit wir alle bis zum Ende durchhalten, werden während der nächsten Stunde auch Platten mit Kanapees herumgereicht. Wir machen die Versteigerung vor dem Dinner. Also seht euch die wundervollen Spenden an, die auf den Tischen neben dem Eingang ausgestellt sind. Am wichtigsten: amüsiert euch – aber erst, wenn ich euch auf Wunsch der Hotelleitung gesagt habe, was im Fall von Feuer und Erdbeben zu tun ist und wo die Toiletten sind.“

Nachdem sie die Informationen gegeben hatte, kam Olivia zum Ende ihrer Rede. „Lasst uns einen schönen Abend zusammen verbringen. Wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr bei irgendetwas zu kurz kommt, sprecht mit …“, sie sah sich im Saal um, und natürlich fiel ihr Blick auf Zac, „… Zachary Wright. Er hat angeboten, bei Problemen zu helfen, und wir wollen ja nicht, dass er untätig herumsitzt, stimmt’s?“ Sie grinste ihn an und versuchte, sein selbstgefälliges Lächeln zu ignorieren. Was nicht so einfach war, wenn doch ihr Puls raste. Der Lärmpegel stieg schnell an, als sie sich vom Rednerpult entfernte.

Paul Entwhistle kam auf sie zu. „Olivia, du bist ein Wunder, Mädchen. Hier sind ja so viele Leute wie im Eden Park bei einem internationalen Rugbyspiel.“ Er umarmte sie ungestüm. „Gut gemacht.“

„Du neigst noch immer dazu, zu übertreiben.“ Lachend befreite sich Olivia. „Wirst du bei der Versteigerung mitbieten? Es sind wundervolle Preise dabei, wenn man sie so nennen kann.“

„Ich interessiere mich für ein oder zwei.“ Paul hatte ein listiges Funkeln in den Augen.

„Welche?“

Er wechselte plötzlich das Thema. „Wie ich sehe, stichelst du noch immer gern gegen Zac. Ich war traurig, als ihr euch getrennt habt. Ich dachte, ihr beide bringt es.“

Nein, nicht in diesem Leben. Aber gerade als sie das dachte, suchte Olivia die Menge nach ihm ab. Er war nicht schwer zu finden, Zac überragte die meisten. Er kam in ihre Richtung. „Ich bin anderer ...

Autor

Sue Mac Kay
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Louisa George
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Alison Roberts
<p>Alison wurde in Dunedin, Neuseeland, geboren. Doch die Schule besuchte sie in London, weil ihr Vater, ein Arzt, aus beruflichen Gründen nach England ging. Später zogen sie nach Washington. Nach längerer Zeit im Ausland kehrte die Familie zurück nach Dunedin, wo Alison dann zur Grundschullehrerin ausgebildet wurde. Sie fand eine...
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Amy Ruttan
Amy Ruttan ist am Stadtrand von Toronto in Kanada aufgewachsen. Sich in einen Jungen vom Land zu verlieben, war für sie aber Grund genug, der großen Stadt den Rücken zu kehren. Sie heiratete ihn und gemeinsam gründeten die beiden eine Familie, inzwischen haben sie drei wundervolle Kinder. Trotzdem hat Amy...
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