CORA Collection Band 29

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Eigentlich wollte die Hochzeitsplanerin ihm nur bei der Organisation einer Trauung helfen. Dass sie sich in ihren Auftraggeber verliebt, war nicht vorgesehen!

WENN EINE HOCHZEITSPLANERIN HEIRATET von VICTORIA PADE
Als Hochzeitsplanerin erfüllt Vonni Träume – nur sie selbst hat kein Glück in der Liebe. Als sie die Hoffnung endgültig aufgibt, trifft sie Dane Camden. Der attraktive Unternehmer könnte ihr Mr. Perfect sein! Charmant, großzügig – aber leider überzeugter Junggeselle …

FUNKEN DER LUST von JENNIFER LABRECQUE
Sie will die perfekte Hochzeit für ihre Kundin – er will diese Heirat um jeden Preis verhindern! Zwischen der Hochzeitsplanerin Natalie und dem attraktiven Beau Stillwell sprühen vom ersten Moment an die Funken. Funken der Wut – und der Lust …

HOCHZEIT WIE IM MÄRCHEN von CAROL GRACE
Er wollte bloß, dass sie die Hochzeit seiner Schwester organisiert – und nun soll er mit Carolyn den großen Tag in Weiß durchspielen. Scheich Tarik ist gefangen zwischen Verwirrung und Faszination. Eigentlich wollte er nur die Beste engagieren – Fantasien von heißen Nächten mit der verführerischen Hochzeitsplanerin waren nicht geplant!


  • Erscheinungstag 31.07.2020
  • Bandnummer 29
  • ISBN / Artikelnummer 9783733728724
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Victoria Pade, Jennifer LaBrecque, Carol Grace

CORA COLLECTION BAND 29

1. KAPITEL

„Nur keine Sorge, Melanie, ich habe alles unter Kontrolle! Friseur, Caterer und Florist haben den Termin zugesagt. Die Konditorei garantiert die pünktliche Lieferung der Torte. Um die Platzkärtchen kümmere ich mich heute Abend“, versicherte Vonni Hunter nachsichtig.

Sie ließ sich ihre Ungeduld nicht anmerken, obwohl sie wegen eines Termins außer Haus unter Zeitdruck stand. Es kam häufig vor, dass eine Kundin in Panik geriet, wenn der Hochzeitstermin näher rückte. Diese Braut war zwanzig Minuten vor Ladenschluss unangemeldet bei Burke’s Weddings hereingeschneit.

„Ich verspreche Ihnen, dass es eine wahrhaft fantastische Hochzeit wird. Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?“

„Ja. Sie können dafür sorgen, dass ich in vier Tagen wie Sie aussehe. Ich muss die sechs Pfund wieder loswerden, die ich mir vor lauter Stress angefuttert habe“, erklärte Melanie Danfort-Hayes unglücklich.

Sie war die Tochter eines Prominenten und sehr sympathisch und umgänglich, äußerlich jedoch wenig anziehend und so füllig, dass sechs Pfund mehr oder weniger kaum ins Gewicht fielen. Nun passte sie leider nicht mehr in ihr Brautkleid, sodass es auf den letzten Drücker geändert werden musste.

Vonni hakte sich bei ihr unter. „Sie sind die Frau, in die Douglas sich verliebt hat. Er ist vor Ihnen niedergekniet und hat Sie gebeten, seine Frau zu werden. Das dürfen Sie nicht vergessen.“

„Aber Sie sind so schön blond und so hübsch und …“

„Trotzdem kann ich keinen einzigen Mann dazu bringen, mir einen Antrag zu machen, sosehr ich es mir auch wünsche und mich auch ins Zeug lege. Ich bin die Hochzeitsplanerin, die keinen Ehemann findet. Aber Sie, Melanie, werden schon in vier Tagen vor dem Altar zu dem Mann schreiten, der Sie über alle Maßen liebt und Sie zu Mrs. Barnes machen will. Ich bin diejenige, die neidisch auf Sie sein kann, nicht umgekehrt.“

Melanie blinzelte die Tränen in ihren Augen fort und lächelte. „Er liebt mich wirklich so, wie ich bin. Außerdem hat er sogar zehn Pfund zugenommen. Wir müssen seinen Smoking auch ändern lassen. Dadurch bin ich überhaupt erst auf die Idee gekommen, das Brautkleid noch mal anzuprobieren.“

„Da sehen Sie, wie gut das Schicksal es mit Ihnen meint! Sie haben das Problem rechtzeitig bemerkt und können es beseitigen. Alles wird perfekt.“

„Wieso schaffen Sie es immer, dass ich mich viel besser fühle?“

„Weil ich möchte, dass Sie eine wunderschöne Hochzeit feiern und ein langes glückliches Leben mit Douglas vor Ihnen liegt. Das haben Sie verdient.“

„Sie auch. Nun, nicht mit Douglas, aber mit jemand anderem.“

Vonni lachte. „Ihr Wort in Gottes Ohr!“ Sie führte Melanie zum Ausgang. „Falls Sie noch irgendetwas brauchen oder sich Sorgen machen …“

„Dann kann ich auf Sie zählen, das weiß ich. Tut mir leid, dass ich in Panik geraten bin. Eigentlich bin ich ja sicher, dass Sie alles unter Kontrolle haben. Sie haben jede Hochzeit ausgerichtet, die ich in den letzten Jahren besucht habe, und alle waren fantastisch.“

„Ihre wird noch viel schöner. Sie haben bei Ihren Entscheidungen sehr viel Geschmack bewiesen.“

„Ich kenne mindestens drei Menschen, die grün vor Neid werden.“

Lächelnd bugsierte Vonni sie zur Tür hinaus. „Dafür werden wir sorgen.“

Sie verabschiedeten sich auf dem Bürgersteig vor dem Geschäft, das inmitten elitärer Boutiquen im Herzen von Cherry Creek North lag.

Vonni kehrte allein in den Laden zurück und verschloss die Tür, denn es war bereits nach Geschäftsschluss.

Es war nicht ungewöhnlich für sie, einem Kunden entgegenzukommen und ihn zu Hause aufzusuchen, anstatt ihn ins Geschäft kommen zu lassen. Den Löwenanteil der Kundschaft von Burke’s Weddings bildete Denvers Geldadel, und der war es gewohnt, hofiert zu werden. Aber zu Dane Camden in das Camden Building zitiert zu werden, das war allerdings in mehrfacher Hinsicht ein unvermutetes Novum – und gerade vorhin geschehen.

Zum einen waren zwar kürzlich mehrere Verlobungen in der Familie verkündet worden, nicht aber Danes. Zum anderen traf Vonni sich normalerweise mit der Braut oder dem Brautpaar gemeinsam, nicht aber mit dem Bräutigam allein. Zumindest nicht bei der Erstbesprechung.

Darüber hinaus hatte er bei seinem Anruf erwähnt, dass er nicht nur über eine Hochzeit sprechen, sondern auch ein spezielles Angebot unterbreiten wollte. Was besser außerhalb ihres Ladens geschehen sollte.

Ein geheimnisvolles Angebot von einem Bräutigam zu erhalten, war wirklich nicht die Regel.

Allerdings hatte er lachend relativiert, dass es sich um ein geschäftliches Angebot handelte. Seine Stimme klang voll und tief.

Das war also das Charisma, von dem Vonni gehört hatte. Zweifellos besaß er davon im Überfluss. Trotzdem vergaß sie darüber nicht die abschreckenden früheren Geschäftspraktiken zwischen den Hunters und den prominenten Camdens. Jedem Vorschlag der skrupellosen Familie stand sie misstrauisch gegenüber.

Auf dem Weg ins Hinterzimmer überlegte Vonni, was es bedeutete, eine Camden-Hochzeit auszurichten. Etwas, worauf ich stolz sein kann, das bestimmt lukrative Folgeaufträge einbringt und mich der lang ersehnten Partnerschaft bei Burke’s Weddings einen Riesenschritt näher bringt …

Deswegen war ihr sehr daran gelegen, diesen Termin einzuhalten. Sie wollte sich nur noch schnell etwas aufhübschen und lief in die Toilette.

Vor dem Spiegel über dem Waschbecken kämmte sie sich die blonden Haare, die ihr offen auf die Schultern fielen und an den Seiten mit Spangen zurückgesteckt waren. Mascara und Eyeliner waren noch einwandfrei und betonten wirkungsvoll ihre grünen Augen. Vonni erneuerte den malvenfarbigen Lippenstift, betupfte sich Nase und Kinn mit Reispapier und musterte sich.

Sie fand ihre Stirn etwas zu hoch und die Lippen zu voll. Doch im Großen und Ganzen war sie mit ihrem Äußeren zufrieden. Sie hatte nichts an sich, was abschreckend wirkte. Trotzdem wollte es ihr trotz aller Anstrengungen nicht gelingen, einen Ehemann zu finden.

Bereits zu College-Zeiten hatte Vonni erkannt, dass sie zwar einen Beruf ergreifen, vor allem aber Ehefrau und Mutter sein wollte. Ein Leben ohne eigene Familie erschien ihr traurig und unbefriedigend.

Deshalb hatte sie sich damals schon auf Ehemannpirsch begeben, wie sie es humorvoll nannte. Im Laufe der Zeit war es zu ihrem Hauptziel, ihrer Leidenschaft, ihrer Mission geworden – wenn auch vergebens.

„Und daher hast du mir etwas ganz Entscheidendes voraus, Melanie“, murmelte sie vor sich hin.

Vor Kurzem hatte sie beschlossen, mehr Zeit mit anderen Dingen zu verbringen. An die verzweifelte Sucht hatte sie bereits so viel Zeit, Energie und Gedanken verschwendet hatte, dass sie dringend eine Auszeit brauchte.

Sie zupfte sich die beigefarbene Bluse zurecht und schlüpfte in die taillenkurze Jacke, die zu der braunen Hose gehörte. Ein kritischer Blick in den Spiegel verriet, dass sie geschäftsmäßig aussah, was ganz in ihrer Absicht lag.

Sie eilte in „ihr“ Büro, das eigentlich Chrystal gehörte, der Inhaberin von Burke’s Weddings, die jedoch meistens durch Abwesenheit glänzte. Dann schnappte sie sich ihre Handtasche und eine Ledermappe mit allen nötigen Unterlagen für eine Erstbesprechung und verließ das Geschäft.

Da es ein schöner Junitag war, ging sie zu Fuß zu dem zwölfstöckigen Camden Building, das nur drei Häuserblocks entfernt war. An der Rezeption meldete sie sich an und erfuhr, dass sich das Büro von Dane Camden im obersten Stockwerk befand.

Natürlich! Wo sonst sollte die Chefetage sein? Den Camdens gehört schließlich das ganze Gebäude.

Während der Fahrt im Lift dachte sie an den Mann, den sie gleich treffen sollte. Sie war sich sicher, ihn auf Anhieb zu erkennen, obwohl sie sich nie begegnet waren. Sein Gesicht war ihr aus der Presse und den Medien vertraut. Die Familie stand ständig im Fokus der Öffentlichkeit, denn sie besaß die weltweite Supermarktkette namens Camden Superstores und dazu zahlreiche Zulieferfirmen und Produktionsstätten.

Und Dane Camden kam viel herum. Vonnis Kundinnen legten häufiger Fotos vor, auf denen er bei Festlichkeiten zu sehen war, weil sie das Outfit oder Styling seiner jeweiligen Begleiterin kopieren wollten.

Sein Name fiel häufig unter den Bräuten und ihren Trauzeuginnen. Mit ihm zu verkehren, schien eine Art Initiationsritus zu bedeuten – besonders bei den Damen der wohlhabenden feinen Gesellschaft, die Chrystals gesamten Freundeskreis ausmachte und bei Burke’s Weddings die absolute Mehrheit der Klientel bildete.

Obwohl er ein Playboy war, hatte Vonni nie eine Klage über ihn gehört. Keine seiner Gespielinnen schien darauf zu hoffen, ihn zum Altar schleifen zu können. Über ihn wurde nur Gutes und voller Zuneigung gesprochen und von der gemeinsamen Zeit mit ihm in höchsten Tönen geschwärmt.

Daher war Cade Camden für Vonni quasi eine Legende.

Wie werden die ledigen Frauen in seinen Kreisen wohl reagieren, wenn er tatsächlich heiratet? Und wer könnte es überhaupt schaffen, einen so großen – und schlüpfrigen – Fisch an Land zu ziehen?

Der Lift hielt im obersten Stockwerk. Die Tür glitt auf, und da stand Dane Camden höchstpersönlich. Der Mann sah in natura weit besser aus als auf sämtlichen Fotos.

„Vonni Hunter?“

„Stimmt.“

„Ich bin Dane. Unsere Empfangsdame hat schon Feierabend. Deshalb habe ich hier auf Sie gewartet, damit Sie nicht erst lange nach meinem Büro suchen müssen.“

Erstaunlich, dass ein Mann von seinem Format so rücksichtsvoll ist! „Vielen Dank.“

„Ich weiß es sehr zu schätzen, dass Sie mich aufsuchen“, erklärte er auf dem Weg in ein vornehm ausgestattetes Büro. „Darf ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee, Tee, Soda?“

„Nein, danke.“

Er deutete zu einer Sitzgruppe. „Wie ich schon am Telefon erwähnt habe, sollte eines meiner Anliegen nicht in Ihren Geschäftsräumen besprochen werden.“

Vonni sank auf die Sofakante, während er sich in den Sessel auf der anderen Seite des kleinen Couchtisches setzte.

Im nächsten Augenblick klopfte es. Eine Frau, die ihm sehr ähnlich sah, steckte den Kopf zur Tür herein. „Entschuldige, dass ich störe, Dane, aber du musst dir das hier ansehen, bevor ich nach Hause gehen kann.“

„Vonni, das ist meine Cousine January. Jani – Vonni Hunter.“

„Hallo! Sie haben die wunderschönsten grünen Augen der Welt“, verkündete January.

„Danke“, murmelte Vonni verlegen.

„Ich habe ganz spontan im Standesamt geheiratet. Sonst hätte ich Sie gebeten, meine Hochzeit auszurichten. Können Sie Ihr Geschäft nicht auf Babypartys ausweiten?“

Ist das weite Sommerkleid ein Indiz für Bedarf in dieser Richtung? „Eine interessante Idee. Ich werde darüber nachdenken.“

„Gut. Dane, ich muss dich wirklich dringend sprechen.“

Er wandte sich mit belustigt funkelnden Augen an Vonni. „Sie müssen Janis Aufdringlichkeit entschuldigen. Sie nutzt ihre Schwangerschaft schamlos gegen uns aus, um ihren Willen durchzusetzen.“

„Auf ärztliche Anordnung“, behauptete January mit einem strahlenden Lächeln.

Er ging mit ihr gemeinsam die Papiere durch.

Das gab Vonni Gelegenheit, den berühmt-berüchtigten Dane gründlich zu mustern.

Sein schokobraunes Haar war oben länger als an den Seiten, was einen sportiv-lässigen Eindruck erweckte, ohne ungepflegt zu wirken. Die leuchtend blauen Camden-Augen, von denen ihre Kundinnen zu schwärmen pflegten, waren in der Tat bemerkenswert: heidelbeerblau, scharfsinnig und überraschend warmherzig für eine derart hochgestellte Persönlichkeit.

Seine Nase was schmal, recht lang und hatte einen kleinen Höcker. Die Lippen waren nicht besonders voll und wirkten trotzdem sinnlich. Dane hatte ein schmales, kantiges und sehr maskulines Gesicht, das auf markante Weise attraktiv war.

Auf eine Weise, die unter die Haut geht.

Dabei sprachen nicht nur die Gesichtszüge für ihn. Er war zudem groß und muskulös. Sein grauer Anzug spannte sich um die Schulterpartien. Alles in allem war Dane Camden eine eindrucksvolle Erscheinung.

Schluss damit, ermahnte sich Vonni. Schließlich schickte es sich nicht für eine Hochzeitsplanerin, heiß auf den Bräutigam einer anderen Frau zu sein.

„Hat mich gefreut, Vonni!“, rief Jani und wandte sich zum Gehen.

Vonni schreckte aus ihren Betrachtungen auf. „Mich auch!“

Dane kehrte zur Sitzgruppe zurück. „Bitte entschuldigen Sie die Unterbrechung.“

„Kein Problem. Und herzlichen Glückwunsch. Das hätte ich gleich sagen sollen.“

Verwirrt runzelte er die Stirn. „Wozu?“

„Zu Ihrer Verlobung.“

„Ich heirate nicht. Weder jetzt noch irgendwann sonst. Niemals. Dachten Sie etwa, dass es mir um meine eigene Hochzeit geht?“

„Na ja, normalerweise ruft man mich nicht wegen anderer Leute Hochzeiten an.“

Er lachte. Sein Lachen klang volltönend und wirkte verführerischer, als Vonni lieb war. Dass er nicht der Bräutigam war, konnte ihr ganz egal sein. So gut er auch aussehen mochte, sie hatte ihre Suche nach einem Ehemann aufgegeben. Außerdem hatte sie auf die harte Tour gelernt, keine Zeit an bindungsscheue Männer zu verschwenden. Dass er in diese Kategorie fiel, hatte er gerade eben sehr nachdrücklich klargestellt.

„Diesmal ist es aber so“, entgegnete er. „Meine Großmutter will heiraten. Und zwar schon in zwei Wochen. Deswegen hat sie mich beauftragt. Ich bin nämlich derjenige in der Familie, der Unmögliches möglich macht.“

Verblüfft fragte Vonni: „Ich soll in zwei Wochen eine Hochzeit ausrichten?“ Noch dazu für die Matriarchin des gesamten Camden-Clans?

„Ja“, bestätigte er und schenkte ihr ein etwas schiefes Lächeln. Es zauberte Fältchen um die Augen und Furchen um die Mundwinkel und wirkte einfach faszinierend. „Jani hat recht. Sie haben wirklich ganz wundervolle Augen. Sie sind so groß und glänzen wie dunkelgrüne Jade“, schwärmte er und starrte ganz tief hinein.

Gerade als Vonni sich unwohl zu fühlen begann, kehrte er zum ursprünglichen Thema zurück. „Die Hochzeit soll tatsächlich in zwei Wochen stattfinden. Aber Sie brauchen keine Angst zu haben. Ich denke, für uns beide ist es machbar, denn es soll keine spektakuläre Veranstaltung werden. GiGi – so nennen wir unsere Großmutter – will nur eine kleine Feier bei sich zu Hause.“

„Wie klein denn?“

„Vielleicht hundert Gäste. Einschließlich Familie, die schätzungsweise ein Viertel ausmacht. Ich habe in letzter Zeit nicht nachgezählt. GiGi und ihr Verlobter sind beide fünfundsiebzig und wollen kein großes Trara, nur ein schlichtes, geschmackvolles Fest. Um die Trauung selbst brauchen Sie sich nicht weiter zu kümmern. Die wird im engsten Familienkreis abgehalten und erfordert keine besonderen Vorbereitungen.“

„Ich soll also mit Ihnen zusammenarbeiten?“, hakte Vonni nach. Sie war sich nicht sicher, ob ihr diese Vorstellung gefiel, denn Dane Camden übte eine seltsame Wirkung auf sie aus.

„Ja. GiGi hält sich in Montana bei einer Freundin auf, die gerade frisch operiert wurde, und kann erst zur Hochzeit zurückkommen. Der Termin soll aber nicht verschoben werden, denn an dem Datum hat das Brautpaar damals in der Highschool das erste Mal zueinandergefunden. Ich werde ihr per E-Mail berichten und Fotos zur Begutachtung schicken, aber im Wesentlichen werden Sie mit mir zusammenarbeiten. Das geht übrigens Hand in Hand mit der anderen Sache, über die ich mit Ihnen reden möchte. Mein Spezialprojekt.“

„Das geschäftliche Angebot?“

„Habe ich das nicht sehr clever einfließen lassen?“, lobte er sich selbst und lächelte ironisch. „Jedenfalls haben wir beschlossen, in den Camden Superstores Hochzeitspakete zu verkaufen. Es war schon immer unser Ziel, alles aus einer Hand anzubieten, und jetzt möchten wir in jedem unserer Kaufhäuser eine entsprechende Abteilung einrichten.“

Will er etwa durch die Hochzeit seiner Großmutter von meinem Know-how profitieren, um es in seinem Spezialprojekt anzuwenden? Dieser ungeheuerliche Verdacht drängte sich Vonni geradezu auf. Denn die Camdens waren bekannt dafür, andere Unternehmen durch Dumpingpreise vom Markt zu verdrängen. „Meinen Sie den Verkauf von Brautkleidern und Smokings?“, fragte sie hoffnungsvoll. In dieser Hinsicht brauchte sie keine geschäftlichen Einbußen zu befürchten, da Burke’s Weddings keine Hochzeitsbekleidung anbot.

„Ich meine das und auch alles andere. Inklusive Ihrer Tätigkeit. Wir wollen Pauschalpakete anbieten, die in jeder Preisklasse die gesamte Bandbreite abdecken. Wir stellen die Lokalitäten zur Verfügung, die wir entweder anmieten oder sogar kaufen. Wir sorgen für Dekoration und Gestühl, Geschirr und Besteck, Speisen und Getränke …“

„Also alles von A bis Z.“

„Genau. Und da Sie als die Beste in der Branche gelten, möchten wir Sie engagieren.“

Verwirrt fragte Vonni: „Ich soll also zuerst über Burke’s Weddings die Hochzeit Ihrer Großmutter innerhalb von zwei Wochen abwickeln …“

„Richtig.“

„… und danach Hochzeitsabteilungen in Ihren Kaufhäusern einrichten, damit Sie in direkte Konkurrenz zu uns treten können?“

Dane schüttelte den Kopf. „Es wird zwar Konkurrenz entstehen, aber nicht gegen Sie gerichtet. Ich bitte Sie, zu Camden Superstores überzuwechseln. Als Bereichsleiterin, die für das komplette Design und die Entwicklung der Hochzeitsabteilungen verantwortlich ist.“

„Mit anderen Worten möchten Sie, dass ich bei Burke’s Weddings – wo mir eine volle Partnerschaft angeboten wurde – kündige, um bei den Camdens als Angestellte anzufangen?“

„Nicht als eine gewöhnliche Angestellte. Wir wollen Ihren Namen zu einem Markenzeichen machen und bieten Ihnen eine leitende Position und einen Vertrag mit wasserdichten Klauseln. Falls das Projekt wider Erwarten aus irgendwelchen Gründen scheitern sollte, erhalten Sie eine äußerst großzügige Abfindung.“ Er räusperte sich und fügte nüchtern hinzu: „Natürlich ist mir klar, dass die Vergangenheit unserer Familien hier böses Blut schaffen könnte.“

Seine Bemerkung bestätigte, was Vonni bisher lediglich vermutet hatte: dass Dane bestens im Bilde war, obwohl die üblen Machenschaften zwischen den Hunters und den Camdens bis in das Jahr 1953 zurückdatieren. „So ist es in der Tat.“

„Versuchen Sie bitte trotzdem zu berücksichtigen, dass es kein Camden war, der die eigentliche Tat durchgeführt hat“, gab er zu bedenken.

„Aber Ihre Familie hat davon profitiert.“

„Genau wie …“

„Ja, ich weiß“, unterbrach sie.

„Ich wollte nur darauf hinweisen, dass wir die Hände nicht direkt im Spiel hatten“, beharrte er. „Können Sie nicht beiseitelassen, was vor so langer Zeit geschah? Insbesondere, da ich Ihnen weit größere und bessere Aussichten biete als eine potenzielle Partnerschaft bei Burke’s Weddings. Bei uns bekommen Sie eine reelle Chance.“

Als ob die Partnerschaft das nicht wäre!

Bevor sie Einwände erheben konnte, fuhr er fort: „Wir bieten in unseren Geschäften stets nur das Beste an, und auf dem Gebiet der Hochzeitsplanung sind das Sie. Ihr guter Ruf eilt Ihnen voraus, und wir kennen Ihre Arbeit durch Hochzeiten, an denen wir teilgenommen haben. Außerdem wissen wir, dass eigentlich Sie das Unternehmen ausmachen, obwohl Burke’s Weddings all die Lorbeeren einheimst.“

„Bei Ihnen würde Camden Superstores die Lorbeeren kassieren.“

Dane schüttelte den Kopf. „Nein. Bei uns wäre Ihr Name das Zugpferd. Wir wollen unseren Kunden Vonni-Hunter-Hochzeiten bieten. Ob kostspielig oder preiswert, unsere Pauschalpakete werden exklusiv von Ihnen zusammengestellt – mit Ihrem geschulten Blick, Ihrem Geschmack, Ihrer Expertise. Bräute, die es sich leisten können, bekommen über uns eine umfangreiche persönliche Betreuung von Ihnen. Und zwar nicht nur wie bisher hier in Denver, denn wir wollen Sie bis nach Europa zu Prominenten und in Königshäuser entsenden.“

Dane Camden machte eine bedeutungsvolle Pause. „Wir wollen Sie ins Scheinwerferlicht rücken und Ihnen die gebührende Anerkennung zukommen lassen. Mitsamt allen Nebenleistungen, die damit verbunden sind.“

Sein Angebot war verdammt schmeichelhaft und so reizvoll, dass Vonni ihre anfänglichen Vorbehalte vergaß. „Sie legen mir also die ganze Welt als Hochzeitsplanerin zu Füßen, sofern es mir gelingt, eine Feier für Ihre Großmutter in zwei Wochen zu organisieren?“

„Das Jobangebot steht auf jeden Fall. Und wenn jemand es schafft, in so kurzer Zeit eine Hochzeit auszurichten, dann wir beide. Wie gesagt, ich bin in der Firma derjenige mit dem größten Durchsetzungsvermögen, und Sie sind eine Koryphäe auf dem Hochzeitsmarkt.“

„Die Aufgabe bedeutet zwar eine große Herausforderung, aber aufgrund meiner jahrelangen Geschäftsbeziehungen zu allen Zuliefererfirmen ist es wohl machbar. Was die andere Sache angeht …“

Die Frage, was aus ihrem derzeitigen Job werden sollte, wenn Camden Superstores das Vorhaben in die Tat umsetzte, wirkte beängstigend. Andererseits war es für Vonni unvorstellbar, Burke’s Weddings und somit Chrystal den Rücken zu kehren, um bei den Camdens anzuheuern und womöglich wie ihr Großvater vor dem Nichts zu enden.

„Sagen Sie vorläufig nichts dazu“, mischte sich Dane in ihre wirren Überlegungen. „Uns bleibt noch genügend Zeit, um darüber zu reden. Später können Sie mich ausfragen, Bedenken äußern und den Vertrag so aushandeln, wie es Ihnen am angenehmsten ist. Und falls Sie mich wegen der damaligen Geschehnisse mit Ihrem Onkel und Ihrem Großvater ohrfeigen möchten, damit Sie sich besser fühlen, dürfen Sie auch das tun.“

Ihre Knie wurden weich, als er sie angrinste. „Befürchten Sie denn gar nicht, dass ich Gefallen daran finden könnte, Sie zu ohrfeigen?“, fragte sie herausfordernd.

„Sie brauchen mir nur den Fehdehandschuh hinzuwerfen, und ich hebe ihn auf.“

Vonni konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. „Also planen Sie unabhängig von dem Jobangebot die Hochzeit mit mir?“

Er nickte. „Dann sollten wir möglichst schnell ein Konzept erstellen.“

„Am kommenden Samstag finden zwei Hochzeiten von mir statt, also habe ich bis dahin nur abends und danach am Wochenende Zeit.“

„Ich stehe zur Verfügung, wann immer Sie es einrichten können.“

„Okay. Heute Abend bin ich schon voll ausgelastet. Morgen schaffe ich es vielleicht, die Liste und einen Terminplan auszuarbeiten, den wir unbedingt einhalten müssen. Könnten wir uns am Mittwoch treffen?“

„Ich werde mir den ganzen Abend frei halten.“

„Gut.“ Vonni schlug ihre Aktenmappe auf und reichte Dane eine Visitenkarte, eine Kopie ihres Standardvertrags und eine Liste ihrer Dienstleistungen. Dann stand sie auf, um zu gehen.

„Ich bringe Sie noch zum Fahrstuhl“, bot Dane an und sammelte damit erneut Pluspunkte für Höflichkeit.

Auf dem Weg durch das Gebäude bemerkte er: „Wenn Sie sich gerade mal nicht mit der Hochzeit meiner Großmutter beschäftigen, können Sie sich schon mal ausmalen, wie Ihr Name auf den Wegweisern in allen Camden Superstores aussehen wird.“ Mit einer ausholenden Armbewegung gab er vor, von einem Banner abzulesen: „Vonni-Hunter-Weddings“.

Doch Vonni schwebte schon seit Jahren eine ganz andere Aufschrift vor: Burke & Hunter Weddings. In wundervollen Lettern kunstvoll auf das Schaufenster gemalt.

Obwohl sie es nicht aussprach, spürte er offensichtlich ihren mangelnden Enthusiasmus und bat: „Überlegen Sie es sich gut. Und sagen Sie mir Bescheid, wann und wo wir uns am Mittwoch treffen.“

Der Fahrstuhl kam. Vonni stieg ein, drückte den Knopf für das Foyer und drehte sich zu Dane um. „Das werde ich tun.“

Als sich die Türen zu schließen begannen, neigte er den Kopf zur Seite und murmelte: „Wow! Tatsächlich wundervolle Augen.“

Seltsamerweise dachte sie ganz ähnlich über seine strahlenden Augen.

Dann schloss sich die Tür, und der Lift setzte sich in Bewegung. Während der ganzen Fahrt nach unten dachte Vonni an Dane Camden und gestand sich ein, wie deutlich sie seinen legendären Charme spürte.

Auch wenn ich nicht die geringste Absicht habe, ihm zu verfallen …

2. KAPITEL

Am nächsten Morgen gelang es Dane nach mehreren vergeblichen Versuchen endlich, seine Großmutter telefonisch zu kontaktieren. „Wieso bist du so schwer zu erreichen, obwohl es in einem Nest wie Northbridge praktisch nichts zu tun gibt?“

„Oh, Dane! Tut mir leid. Ich musste Agnes zur Physiotherapie begleiten und hatte mein Handy vergessen“, erklärte Georgianna Camden. „Gibt es Probleme?“

„Nein. Aber wenn du mich schon zwingst, wie ein Mädchen eine Schürze umzubinden und deine Hochzeit zu planen, musst du wenigstens erreichbar sein.“

Sie lachte. „Du trägst eine Schürze? Das würde ich gern sehen!“

„Ich fürchte, dazu wird es tatsächlich noch kommen, da du mir eine Aufgabe übertragen hast, die eine Frau viel besser bewältigen könnte. Außerdem will ich nie heiraten, wie du genau weißt, und habe deshalb nie darauf geachtet, was alles so dazugehört. Und jetzt soll ausgerechnet ich die Planung durchführen!“

Georgianna ignorierte seine Beschwerde und verkündete sarkastisch: „Jonah und mir geht es bestens, danke der Nachfrage.“

Jonah Morrison war ihr Spätverlobter. Sie kannten sich seit Kindesbeinen, da beide in der Kleinstadt Northbridge aufgewachsen waren, hatten sich aber zwischendurch für viele Jahre aus den Augen verloren.

Dane besann sich auf seine gute Kinderstube und erkundigte sich: „Und wie geht es Agnes?“

„So weit ganz gut. Die Operation ist erfolgreich verlaufen. Sie kann das neue Knie sogar schon ein bisschen belasten.“

„Grüß sie von mir und sag ihr, dass sie sich darauf gefasst machen soll, bei deinem zweiten Hochzeitstag ein flottes Tänzchen mit mir aufs Parkett zu legen.“

Georgianna lachte und gab die Botschaften an ihre Freundin weiter.

„Wird gemacht“, hörte er die Neunundsiebzigjährige im Hintergrund antworten.

„Agnes ist einverstanden“, sagte Georgianna trotzdem. „Wenn mir ein Jahrestag ins Haus steht, geht mit dem Termin also alles in Ordnung?“

„Vonni Hunter meint, dass es nicht leicht wird, aber sie will ihr Bestes geben. Trotzdem verstehe ich immer noch nicht, warum du ausgerechnet mich für die Organisation ausgesucht hast. Ich kenne mich mit Hochzeiten überhaupt nicht aus. Wenn ich eine Feier besuche, interessieren mich nur die Getränke an der Bar.“

„Nicht zu vergessen alle ledigen Frauen, die du abschleppen kannst.“

Dane lachte. „So ist das nun mal bei ledigen Männern auf Partys.“

„Wie auch immer, ich habe dich zu meinem Bevollmächtigten ernannt, und dabei bleibt es“, beharrte Georgianna. „Lass dich einfach von der Hochzeitsplanerin leiten.“

Die Aussicht, sich von der überaus ansehnlichen Vonni Hunter leiten zu lassen, machte ihm die Sache durchaus schmackhafter, doch das wollte er seiner Großmutter nicht eingestehen.

„Die Planung der Feier wird dir helfen, die Hochzeitsabteilungen in unseren Kaufhäusern einzurichten.“

„Das ist eine rein geschäftliche Angelegenheit. Damit komme ich klar. Ich bin auch gern bereit, Wiedergutmachung für die unlauteren Machenschaften meines Urgroßvaters zu leisten. Immerhin geht es dabei auch um unseren guten Ruf, da er bekanntermaßen der Begründer des Camden-Imperiums ist. Aber all die verspielten aufgerüschten Details für dein Fest …“

„Hast du mich jemals verspielt oder aufgerüscht erlebt?“

Er musste unwillkürlich grinsen, denn seine Großmutter war eher handfest und so gar nicht verspielt. Trotzdem beharrte er: „Das Drumherum an sich ist mir zu verspielt. Dafür wären meine Schwestern oder Cousinen eher qualifiziert.“

„Aber ich habe dich darum gebeten“, konstatierte sie entschieden.

Natürlich konnte Dane seiner Großmutter keine Bitte abschlagen. Schließlich hatte sie ihn, seine Geschwister und seine Cousins bei sich aufgenommen und großgezogen, nachdem alle Kinder ihre Eltern bei einem Flugzeugabsturz verloren hatten. „Na schön. Aber beklag dich nicht, wenn es Zigarren als Gastgeschenke gibt. Dann bist du selbst schuld.“

„Wage es ja nicht! Als Gastgeschenke will ich kleine Beutel mit jeweils fünf kandierten Mandeln – als Glücksbringer.“

„Siehst du? Von solchen Dingen verstehe ich überhaupt nichts.“

„Deshalb haben wir ja eine Hochzeitsplanerin. Jetzt erzähl mir von ihr.“

„Jadegrüne Augen“, antwortete er spontan.

„Hm. Das muss hübsch aussehen.“

„Ja, bemerkenswert“, bestätigte er sachlich. „Lange blonde Haare und reine Haut. Die Nase ist so perfekt wie von einem Schönheitschirurgen, aber ich denke, sie wurde damit geboren. Sie hat volle Lippen, die einem sofort ins Auge fallen, und einen zierlichen Körper mit Kurven an den richtigen Stellen.“

„Mit anderen Worten – du hast gar nicht darauf geachtet, wie sie aussieht?“, stichelte Georgianna.

Oh doch, das habe ich. Die Frau ist eine Wucht! Obwohl Dane normalerweise nicht auf Blondinen stand, hatte Vonni Anklang bei ihm gefunden. So sehr, dass ihm ihr Bild vor Augen geblieben war, nachdem sie sein Büro längst verlassen hatte. Doch das hat nichts zu bedeuten.

„Ich beschreibe sie dir nur, um dich wissen zu lassen, dass sie hübsch anzusehen ist und wir nicht nur ihren Namen, sondern auch ihr Bild für Werbezwecke benutzen können – falls sie sich anheuern lässt“, erklärte Dane. „Wir können ihr Aussehen ebenso vermarkten wie ihre berufliche Erfolgsbilanz. Sie eignet sich perfekt für unseren Unternehmensbereich – ganz unabhängig davon, dass wir sie als letzte lebende Hunter durch das Jobangebot für H. J.s Ungerechtigkeiten gegenüber ihrem Großvater entschädigen wollen.“

Sein Urgroßvater war lange Zeit verdächtigt worden, zur Durchsetzung seines Willens auf unlautere Machenschaften wie Hehlerei zurückgegriffen zu haben. Durch die Entdeckung seiner Tagebücher vor Kurzem hatte sich bestätigt, was die Familie bis dahin zwar gehört hatte, aber lange nicht wahrhaben wollte: dass er in geschäftlicher Hinsicht tatsächlich äußerst skrupellos gehandelt hatte.

Die jetzige Camden-Generation war entschlossen, Wiedergutmachung zu leisten. Anstatt in langwierigen Gerichtsprozessen schmutzige Wäsche zu waschen, war sie bemüht, die Betroffenen diskret auf direktem Wege zu entschädigen, ohne öffentliches Interesse zu wecken.

„Ich verstehe“, murmelte Georgianna. „Dass du dir jedes kleine Detail über Vonni Hunter eingeprägt hast, dient also rein geschäftlichen Zwecken.“

Ihrem Tonfall entnahm er, dass ihr nicht entgangen war, wie sehr er sich zu der Hochzeitsplanerin hingezogen fühlte. Trotzdem bestätigte er: „Allerdings. Mir geht es nur um Marketing und Advertising.“

In gewisser Weise entsprach das der Wahrheit. Ganz egal, wie sehr Vonni Hunter ihn beeindruckt haben mochte, Dane pflegte Pflicht und Vergnügen strikt zu trennen. Außerdem war da noch die leidige Altlast zwischen den Hunters und den Camdens. Er ließ sich grundsätzlich mit keiner Frau ein, die womöglich noch ein Hühnchen mit ihm zu rupfen hatte.

„Ich muss dich enttäuschen, falls dir vorschwebt, mich zu verkuppeln. Dafür solltest du lieber nicht riskieren, dass ich deine Hochzeit vermassle. Auch wenn deine letzten Missionen zu Traumpaarungen geführt haben, wird es bei mir nicht dazu kommen.“

Bei den verschiedenen Wiedergutmachungsaktionen von H. J.s Sünden hatten sein jüngerer Bruder Lang, sein Cousin Cade und seine Cousine January ihre Lebenspartner gefunden. Dane war jedoch fest entschlossen, sich nicht einfangen zu lassen. Er wollte weder heiraten noch Kinder haben.

Als drittältestes Enkelkind von Georgianna hatte er mithelfen müssen, seine sieben jüngeren Geschwister und Cousins großzuziehen, sodass er sich bereits wie ein mehrfacher Vater fühlte.

Er hatte genug davon, sich ständig anpassen und Kompromisse schließen zu müssen. Nun wollte er nur noch allein in seinem eigenen Haus leben und die herrliche Stille und Zurückgezogenheit genießen. Er wollte sich nach niemandes Zeitplan außer seinem eigenen richten und sich nur in Gesellschaft begeben, wenn ihm danach zumute war. Er legte Wert auf die totale Freiheit eines kinderlosen Singles.

So grün Vonni Hunters Augen auch sein mochten, die Frau konnte ihm nicht weiter unter die Haut gehen, als es bereits geschehen war.

„Ich denke nicht mal im Traum an Kuppelei!“, widersprach Georgianna nachdrücklich. „Ich will lediglich, dass du meine Trauung planst und Wiedergutmachung an Vonni Hunter leistest. Die Einrichtung von Hochzeitsabteilungen war nur ein gut gemeinter Vorschlag von mir.“

„So, so“, murmelte er sarkastisch, weil er seine Großmutter kannte. Er wusste, dass sie all ihre Enkel unter die Haube bringen wollte und sich Urenkel von ihnen wünschte. „Ich werde nicht heiraten. Keine Frau auf dieser Erde wird das jemals ändern. Nicht du, nicht Vonni Hunter und niemand sonst.“

„Prima! Dann wirst du irgendwann eben der arme alte Onkel Dane, der niemanden an seiner Seite hat!“, rief sie pathetisch.

Er lachte. „Wie wär’s, wenn ich einfach der lustige Onkel Dane bleibe, den niemand anketten kann?“

„Eine Frau zu finden, die du liebst, und mit ihr eine Familie zu gründen, würde dich zu einem ausgeglichenen Menschen machen und auf eine höhere Daseinsebene heben. Dazu sind wir hier auf dieser Welt.“

„Deine Einstellung ist nicht zufällig gefärbt von deiner eigenen Romanze? Außerdem habe ich genügend Frauen um mich, die ich liebe – dich und Jani, Lindie und Livi …“

„Deine Schwestern und Cousine zählen ebenso wenig wie ich.“

„Und ich habe genügend Familie, die mich erhebt und so ausgeglichen macht, wie ich nur sein kann.“

„Eigene Kinder mit einer Ehefrau – das ist die Familie, die dich ausfüllt“, beharrte Georgianna.

„Ich fühle mich total ausgefüllt und bin sehr glücklich als Single. Für immer.“ Er ignorierte ihr theatralisches Seufzen und verkündete: „Ich werde mich morgen Abend mit Vonni Hunter treffen. Also halte dein Handy bereit, falls ich dich anrufen muss. Wir haben keine Zeit zu verschwenden.“

„Schon gut, verstanden. Ich lasse dich ja in Ruhe.“

„Du liebst und bewunderst mich also – ganz egal, was ich mit meinem Leben anfange?“

„Ja“, bestätigte sie widerwillig. „Ich will nur nicht, dass aus dir ein einsamer alter Mann wird.“

„Das kann mir in dieser Familie nicht passieren“, entgegnete Dane, bevor er das Gespräch beendete.

Er war bereit, seiner Großmutter jeden Wunsch zu erfüllen – abgesehen von einer privaten Beziehung zu ihrer Hochzeitsplanerin. „Tut mir leid, GiGi“, murmelte er vor sich hin.

Selbst die wundervolle Vonni Hunter konnte seine Einstellung zu Ehe und Kindern ebenso wenig ändern wie jede andere Frau.

Pünktlich um acht Uhr stand Vonni vor dem Grillrestaurant Cherry Cricket, wo sie zu einem Arbeitsessen verabredet waren. Wenig später kam er einen Häuserblock entfernt aus dem Camden Building und eilte zu ihr.

Ohne Krawatte, mit offenem Hemdkragen und das Jackett über eine Schulter gehängt, sah er attraktiv und so leger aus, als wäre er nach Feierabend unterwegs zu einem Date.

Zum Glück trug Vonni noch immer ihre Arbeitskleidung: weiße Bluse mit Wasserfallkragen zu einem petrolfarbenen Kostüm mit Bleistiftrock. Ihre High Heels drückten und erinnerten sie daran, dass sie selbst noch im Dienst war.

„Mussten Sie lange warten?“, fragte Dane zerknirscht.

Sein Lächeln ließ sie ihre schmerzenden Füße vergessen. „Nein, nein. Ich war ein paar Minuten zu früh hier.“ Worum sie sich immer bemühte, wenn es um geschäftliche Angelegenheiten ging. Und mehr ist es nicht, ermahnte sie sich, als er ihr eine Hand leicht auf den Rücken legte und sie in das Lokal führte.

Ganz wie bei einem Date, dachte sie unwillkürlich.

Weil im Gastraum ein enormer Lärmpegel herrschte, steuerte Dane sie an der Bar vorbei zu einem ruhigen Tisch auf dem Patio.

Er hängte das Jackett über eine Stuhllehne. „Ich nehme ein Feierabendbier. Wie steht’s mit Ihnen? Bier, Wein oder etwas Stärkeres?“

„Nein, danke, nur eine Limonade.“

Er nahm zwei Speisekarten aus dem Tischständer und reichte ihr eine. „Ich bin am Verhungern. Suchen wir uns gleich etwas aus, damit wir das Essen zusammen mit den Getränken bestellen und danach einfach reden können.“

Nur über die Hochzeit seiner Großmutter, ermahnte Vonni sich, um seinem verführerisch lässigen Auftreten ebenso entgegenzuwirken wie dem unerwünschten Gefühl, dass es sich doch um ein Date handeln könnte. Entschieden konzentrierte sie sich auf die Speisekarte.

Als sie gewählt hatten und der Kellner an den Tisch kam, bestellte Dane galant für sie mit, bevor er Papiere aus der Brusttasche des Jacketts holte. „Hier ist der unterzeichnete Vertrag. Der Scheck für die Anzahlung ist auch dabei, damit es gleich losgehen kann.“

Sie verstaute beides in ihrer Aktenmappe, gab einen Überblick über ihre To-do-Liste und schlug schließlich ihren Terminkalender auf. „Wir haben Juni – der beliebteste Monat für Hochzeiten“, warnte sie. „Ich bin voll ausgebucht.“

„Ich stehe Ihnen jederzeit zur Verfügung“, versicherte er, „einschließlich abends und an den Wochenenden.“

Als das Essen serviert wurde, hatten sie bereits sämtliche Termine durchgesprochen, und Dane stellte fest: „Wir werden uns also sehr viel sehen.“

„Bis zur Hochzeit schon“, schränkte Vonni ein.

„Ist das meine Henkersfrist? Wenn ich Sie bis GiGis Hochzeit nicht überreden kann, zu uns an Bord zu kommen, verliere ich Sie endgültig?“

Eigentlich hätte sie sich seit der letzten Begegnung gründlich mit der potenziellen beruflichen Veränderung auseinandersetzen sollen. Doch bei jedem Anlauf hatte sie Dane vor sich gesehen und immerzu an ihn denken müssen. Ein wahrlich guter Grund, sein Angebot nicht anzunehmen. „Ich bin sehr zufrieden mit meinem jetzigen Job.“

„Großartige Verhandlungstaktik!“, lobte er unverdrossen. Wider Erwarten ging er jedoch nicht näher darauf ein, sondern eröffnete: „Wir wissen nicht viel über den Mann, dem wir unsere Kosmetiklinie verdanken. Erzählen Sie mir von ihm.“

„Von meinem Großvater?“

Er nickte. „Und vor allem davon, wie er damals auf die Formeln für das Make-up gekommen ist.“

„Im Ernst?“, hakte Vonni zweifelnd nach.

„Natürlich.“

Die schwindende Aufmerksamkeit eines Mannes, während sie redete, war für Vonni immer ein gewaltiger Abtörner. Da es ihr nur recht war, wenn auch Dane sich so verhielt, entschied sie sich für eine ausschweifende Antwort und eröffnete: „Mein Großvater war Chemiker. Kurz nach seinem Examen wurde er in den Zweiten Weltkrieg eingezogen. Dort beauftragte man ihn, Tarncremes zu entwickeln.“

„Camdens preisgekrönte Kosmetiklinie begann als Kriegsbemalung?“

„So wurde es mir erzählt. Als er aus der Armee ausschied …“

„Abe – so hieß er doch, oder? Abe Hunter?“

„Richtig. Nach seiner Entlassung suchte er lange vergeblich nach einer Anstellung. Dann las meine Großmutter einen Zeitungsartikel über Max Factor und brachte ihn auf die Idee, seine Tarncreme weiterzuentwickeln und Make-up für Frauen herzustellen. Haben Sie nichts davon gewusst?“

„Lange Zeit war uns nur bekannt, dass es früher einmal eine weitgehend unbeachtete Marke gab, die meine Großmutter, meine Mutter und meine Tante benutzten und liebten. Als mein Urgroßvater H. J. beschloss, eine Kosmetikabteilung in seinen Kaufhäusern einzuführen, entschied er sich für eben diese Marke und kaufte die Rezepturen, um selbst zu produzieren. Mehr wussten wir bis vor Kurzem nicht.“

„Inzwischen wissen Sie also mehr?“

„Etwas mehr. Wir sind vor Kurzem auf einige Informationen gestoßen.“ Mehr wollte Dane nicht verraten, und daher stellte er fest: „Ihr Großvater hat also das Make-up entwickelt und seine eigene Produktionsfirma gegründet.“

„Zusammen mit seinem Cousin Phil, der bis dahin Autoverkäufer war. Abe war für Entwicklung und Produktion verantwortlich, während Phil sich um alles andere kümmern sollte – Marketing, Verkauf, Auslieferung. Somit war Hunter Cosmetics geboren.“

„Die Firma steckte also noch in den Kinderschuhen, als H. J. auf der Bildfläche erschien, oder?“

„Die ersten Erfolge hatten sich bereits eingestellt“, korrigierte Vonni. „Und es war nicht H. J. Camden allein, der meinem Großvater und Phil das Angebot unterbreitet hat. Da war noch jemand namens Hank dabei.“

„Henry James junior, genannt Hank. H. J.s einziger Sohn. Mein Großvater.“

„Aha. Wie auch immer, die beiden wollten nicht nur die Produkte für ihre Kaufhäuser abnehmen, sondern Hunter Cosmetics aufkaufen.“

„Mit dieser Geschäftspraktik fing H. J. an, und wir haben sie bis heute beibehalten. Wenn es kostengünstiger ist, von uns angebotene Waren selbst zu produzieren, tun wir es nach Möglichkeit.“

Vonni wünschte sich, dass Danes Aufmerksamkeit nachließ, dass er ihr nur halb zuhörte und dabei Kurzmitteilungen verschickte, wie sie es bei einigen Dates erlebt hatte. Doch Dane zeigte immer noch reges Interesse. Er nahm Anteil. Er tauschte Informationen mit ihr und hörte zu.

Wie schön wäre es, wenn du kein Camden wärst und wir uns schon vor Monaten kennengelernt hätten! Hastig verdrängte sie diesen prekären Gedanken und konzentrierte sich wieder auf seine Ausführungen.

„Jedenfalls war es eigentlich so vorgesehen, dass Abe und Phil bei uns einsteigen“, fügte er hinzu. „Abe in der Produktion und Phil im Verkauf.“

„Phil war nicht begeistert von der Idee. Als Mitbesitzer von Hunter Cosmetics wollte er nicht wieder zu einem bloßen Verkäufer degradiert werden. Und mein Großvater wollte weder seine Formeln abtreten noch für die Camdens arbeiten. Daher lehnten beide das Angebot ab.“

„Bis H. J. es beträchtlich versüßt hat.“

„Das war meinem Großvater egal.“

„Phil aber nicht. Ihm gefiel die Vorstellung, so viel Geld einzusacken.“ Dane trank einen Schluck Bier. „Ich nehme an, Ihr Großvater hatte keinen Patentschutz?“

„Nein. Er hat die Formeln als Betriebsgeheimnis in einem Safe gehütet, für den nur er und Phil die Kombination kannten. Als das Angebot erhöht wurde, stahl Phil die Formeln und verkaufte sie und verschwand mit dem ganzen Erlös.“

„War Hunter Cosmetics denn so aufgebaut, dass Phil auch ohne Abes Unterschrift Handlungsvollmacht hatte?“

„Leider. Das war der größte Fehler meines Großvaters. H. J. und Hank kannten sämtliche Fakten. Anstatt sich anständig zu verhalten und meinen Großvater in den Deal einzubeziehen, drückten sie beide Augen zu und kauften gestohlenes Eigentum.“

Dane zuckte zusammen. „Aua!“

Trotz des brisanten Themas herrschte keine Feindseligkeit zwischen Dane und Vonni. Das mochte daran liegen, dass die Geschehnisse so lange zurücklagen.

Vonni zog herausfordernd eine Augenbraue hoch. „Die Formeln gehörten meinem Großvater. Phil stahl sie. Ihre Familie kaufte sie. Das ist Handel mit Diebesgut. Oder sehen Sie das etwa anders?“

„Als der Deal abgeschlossen wurde, behauptete Phil, dass Abe es sich anders überlegt hätte“, wandte er ein, doch es klang nicht wirklich überzeugt.

„ H. J. und Hank müssen gewusst haben, dass es gelogen war“, konterte sie. „Mein Großvater hatte ihnen am selben Tag eine endgültige Absage erteilt. Außerdem muss der Handel bei Nacht und Nebel über die Bühne gegangen sein. Mein Großvater hatte die Formeln erst spätabends im Safe eingeschlossen. Am nächsten Morgen waren sie verschwunden.“ Sie redete sich in Fahrt.

„Als er Phil nicht erreichen konnte, wollte er H. J. anrufen. Er erreichte nur Hank, der zunächst den Unschuldigen spielte, aber schließlich bestätigte, dass die Camdens bereits im Besitz der Formeln und der entsprechenden Übertragungsurkunde waren. Wie können Sie da noch glauben, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist?“

Etwas beschämt gestand Dane ein: „Ich gebe zu, dass H. J. und Hank sich bei Abe hätten rückversichern müssen, anstatt Phil zu glauben.“

„Noch dazu mitten in der Nacht!“

„Das Geld wurde aber an Hunter Cosmetics gezahlt, nicht an Phil persönlich.“

„Mit einem Scheck, der nicht gesperrt wurde, sodass Phil ihn einlösen konnte, sobald die Banken öffneten. Mein Großvater hatte das Nachsehen.“

„Er hätte ja das Stellenangebot annehmen können, nachdem Phil mit dem Geld verschwunden war“, gab er zu bedenken.

Vonni lachte auf. „Für Leute arbeiten, die ihn übers Ohr gehauen hatten? Noch dazu an den Rezepturen, die ihm gestohlen wurden? Unmöglich! Das hätte mein Großvater niemals gemacht. Dazu war er viel zu stolz. Hätten Sie das etwa getan?“

„Nein.“

Da Dane durch seine ehrliche Antwort gewissermaßen die Verfehlungen seiner Familie zugab, war auch Vonni zu einem Zugeständnis bereit. „Natürlich war meinem Großvater klar, dass Phil die Hauptschuld traf. Aber er gab den Camdens insofern die Schuld, dass sie im Vorfeld von der Unrechtmäßigkeit des Handels wussten. Deshalb wurde der Name Camden in meiner Kindheit wie ein Fluch ausgesprochen. Über Phil wurde allerdings Schlimmeres gesagt.“

„Man hat nie wieder von ihm gehört, oder?“

„Nein. Niemand in der Familie weiß, was aus ihm wurde.“

„Und Abe starb 1976?“

„Stimmt. Nach einer Operation am offenen Herzen. Woher wissen Sie das?“

„GiGi hat Nachforschungen angestellt, als kürzlich neue Informationen über H. J. und Hunter Cosmetics ans Licht kamen. Und womit hat er sich nach 1953 den Lebensunterhalt verdient?“

„Er hat für eine Produktionsfirma von Haarpflegeprodukten gearbeitet.“

„Also hat er sich nicht unterkriegen lassen.“

„Um seine Familie zu ernähren und ein geregeltes Leben zu führen. Gelegentlich soll er lamentiert haben, wie reich er hätte werden können, wenn die Dinge anders gelaufen wären.“

Dane nahm diesen Seitenhieb mit einem stoischen Nicken zur Kenntnis. „Nun, wenn Sie in unserer Firma anfangen, wird sich zeigen, wie wir das Unrecht an Ihnen als seiner Enkelin gutmachen können.“

Vonni lächelte. „Sehr geschickt, wie Sie das Thema wieder auf das Stellenangebot bringen.“

Er grinste charmant und zuckte die breiten Schultern. „Ich will bloß sagen …“

„Sie wollen mir nahelegen, etwas zu tun, wozu mein Großvater unter keinen Umständen bereit war: eine Partnerschaft aufgeben und nicht länger der eigene Chef sein, um sich anstellen zu lassen.“

„Sie wären immer noch Chefin. Mit Hunderten von Untergebenen und sehr wenigen von uns über Ihnen.“

Im Geist sah sie Dane plötzlich sehr lebhaft über sich. Schnell verdrängte sie diesen beunruhigenden Gedanken.

Ganz nebenbei und ohne sich dessen richtig bewusst zu werden, hatten beide die Burger und Pommes aufgegessen und ihre Gläser geleert.

Dane beglich die Rechnung und bat Vonni: „Überlegen Sie es sich gut. In der Zwischenzeit organisieren wir die Hochzeit für meine Großmutter.“

„Dazu bin ich bereit.“

„Ohne ungute Gefühle wegen der damaligen Ereignisse?“

„Gänzlich ohne“, bestätigte sie.

Als sie das Cherry Cricket verließen und sich voneinander verabschiedeten, fiel Vonni jedoch auf, dass sie sehr wohl ungute Gefühle hatte. Nämlich eine Schwäche für Dane, die ihr gar nicht willkommen war und der sie auf gar keinen Fall nachgeben wollte.

Auch wenn sie allmählich nachvollziehen konnte, warum so viele Frauen von ihm schwärmten und sich mit ihm einlassen wollten – selbst ohne jede Hoffnung, es mit ihm jemals zum Altar zu schaffen.

3. KAPITEL

„Georgianna Camden heiratet? Das darf ich mir nicht entgehen lassen!“, rief Chrystal Burke aufgeregt.

Obwohl sie die Firma von ihrem Vater zum Examen geschenkt bekommen hatte, tauchte sie nur sporadisch im Geschäft auf, um sich auf den neuesten Stand bringen zu lassen.

Falls gerade eine Hochzeit stattfand, die sie interessierte, besuchte sie die Feier in ihrer Eigenschaft als Hochzeitsplanerin, benahm sich aber wie ein Gast und überließ Vonni die Koordination des Events.

So lief es schon seit acht Jahren. Nur in den ersten Monaten war Chrystal tagtäglich erschienen – bis sie erkannt hatte, dass Arbeit nicht gerade ihre Lieblingsbeschäftigung war.

Nun fragte sie: „Habe ich richtig verstanden, dass du die gesamte Planung zusammen mit Dane Camden durchführst?“

„Ja, das hast du. Seine Großmutter hält sich bei einer kranken Freundin in Montana auf und kann sich nicht selbst darum kümmern. Er agiert als Verbindungsmann, und sie trifft die endgültigen Entscheidungen aus der Ferne.“

Chrystal seufzte und gestand vertraulich ein: „Weißt du, ich konnte leider nie bei ihm landen.“

Die beiden Frauen waren von ihrem zweiten Lebensjahr an zusammen aufgewachsen, da Vonnis Mutter als persönliche Assistentin von Chrystals Mutter gearbeitet hatte. Trotz der Herkunft aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten hatten die beiden Kinder sich angefreundet und sogar dieselben Schulen besucht. Die Beziehung war schwesterlich, doch die Persönlichkeiten klafften weit auseinander.

„Aber du bist wieder verheiratet“, wandte Vonni mit vorwurfsvollem Unterton ein. „Also kannst du auch jetzt nicht bei ihm landen.“

„Vielleicht sollte ich diese Hochzeit ausrichten“, überlegte Chrystal. „Ich könnte zu deinen Meetings mit ihm und den Besichtigungen von Lokalitäten und so weiter mitkommen.“

Mit anderen Worten: Sie wollte die Gelegenheit zu einem Flirt nutzen, ohne einen Finger zu rühren. Eigentlich war Chrystal nicht boshaft oder gehässig. Sie neigte nur zu Flatterhaftigkeit und Egozentrik.

Da Vonni sich darüber im Klaren war, störte sie sich normalerweise nicht daran. Trotzdem ging ihr das unverhohlene Interesse an Dane nun gewaltig gegen den Strich. Plötzlich glaubte sie, ihr Territorium verteidigen zu müssen. „Du hast geschworen, dafür zu sorgen, dass deine zweite Ehe nicht scheitert.“

„Du wärst ja immer dabei“, beschwichtigte Chrystal. „Also könnte ich gar nichts Unanständiges mit ihm anfangen. Ich würde einfach nur arbeiten.“

Vonni holte tief Luft und hielt den Atem an, um ihre wachsende Verärgerung zu bekämpfen. Warum sie Wut verspürte, wusste sie nicht. Schließlich war sie nicht an Dane Camden interessiert, auch wenn er wider Erwarten ganz anders als die sogenannten „Jungen aus gutem Hause“ war, die sie in ihrer Jugend kennen- und meiden gelernt hatte.

Er war weder arrogant noch oberflächlich, weder hinterhältig noch schmeichlerisch. Er besaß Sinn für Humor, wirkte bescheiden und bodenständig, umgänglich und kooperativ. Er war unglaublich attraktiv und doch kein bisschen eingebildet.

Trotz seiner zahlreichen positiven Eigenschaften dachte sie nicht im Traum daran, ihm nachzustellen. Demnach hatte ihre Abneigung gegen Chrystals Mitwirkung nichts mit dem Mann an sich zu tun. Es kommt einfach ungelegen. Weil es zeitlich zu eng für mich wird, um mich durch eine dritte Partei von meinen Aufgaben ablenken zu lassen.

Da sie Chrystal bestens kannte, schlug sie herausfordernd vor: „Vielleicht solltest du diese Hochzeit selbst ausrichten. Ich habe auch so schon alle Hände voll zu tun und den Auftrag bloß angenommen, weil …“, nicht etwa, weil Dane die tollsten Haare, blauesten Augen und breitesten Schultern hat, die mir je untergekommen sind, „… ich nicht gewagt habe, einen so wichtigen Kunden abzuweisen, der sich in Zukunft als Goldgrube erweisen könnte. Wenn du also wieder anfangen willst zu arbeiten …“

„Oh, ich will doch nicht arbeiten!“, wandte Chrystal arglos ein.

„Wegen der kurzen Frist sind alle Meetings für abends und am Wochenende anberaumt“, fuhr Vonni in sanftem Ton fort. „Wie willst du Richard erklären, dass du ihn bis zu der Hochzeit kaum noch sehen kannst, weil du all deine Zeit ausgerechnet dem Mann widmen willst, der ihm zwei Exfreundinnen ausgespannt hat?“

Mit entsetzter Miene rief Chrystal: „Richard würde einen Anfall kriegen! Er hasst Dane abgrundtief. Das hatte ich ganz vergessen.“

„Außerdem ist die Zeit so knapp bemessen, dass wir praktisch rund um die Uhr arbeiten müssen. Da bleibt überhaupt kein Freiraum. Die Treffen mit Dane werden ganz sporadisch ausfallen. Den Löwenanteil machen Papierkram und Organisation ohne ihn aus.“

Chrystal verzog das Gesicht. „Das habe ich gar nicht bedacht. Außerdem bin ich abends unabkömmlich, und an diesem Wochenende fahren Richard und ich nach Napa zu seiner Mutter.“ Sie seufzte. „Aber Dane Camden! Bisher habe ich ihn nur von Weitem gesehen. Ich habe es nicht mal geschafft, dass jemand uns miteinander bekannt macht. Männer tun es nicht, weil sie befürchten, dass man sie seinetwegen sausen lässt, und Frauen wollen ihn einfach für sich selbst.“

Schnell redete Vonni sich ein, dass sie ihn nicht einmal unbewusst für sich selbst beanspruchte.

„Wie ist er denn so persönlich aus der Nähe?“

„Ich arbeite nur mit ihm zusammen. Wir sind uns weder nahegekommen noch persönlich geworden.“

„Immerhin hast du mit ihm geredet. Ich habe nicht mal das geschafft.“

„Er ist ganz sympathisch und hat gute Manieren – auf altmodisch galante Weise. Er hat mir die Restauranttür aufgehalten und für mich bestellt …“

Neidisch hakte Chrystal nach: „Du warst mit ihm essen?“

„Rein geschäftlich, zum Abendessen im Cherry Cricket, weil es auf halbem Weg zwischen unseren Büros liegt und wir es zeitlich nicht anders einrichten konnten.“

„Aber ihr wart nur zu zweit, und er hat für dich mitbestellt? Das klingt ganz nach einem Date.“

„Es war nur geschäftlich“, beharrte Vonni, räumte aber ein: „Er ist umgänglich und sieht besser aus als auf Fotos. Aber das weißt du ja selbst, da du ihn schon häufiger gesehen hast. Ansonsten ist er einfach ein normaler Mann.“

„Und an dich verschwendet“, konstatierte Chrystal in missbilligendem Ton.

„Ganz eindeutig.“

„Du hast die Suche nach einem Ehemann also ernsthaft auf Eis gelegt?“

„Allerdings.“

„Dadurch verlierst du wertvolle Zeit.“

„Ich habe bereits wertvolle Zeit verloren. Jahr um Jahr. Seit dem College war ich auf der Suche nach einem Ehemann. Es war sozusagen meine zweite Berufung.“

„Deshalb verstehe ich nicht, wieso du jetzt aufgeben willst.“

Vonni hatte das Thema zur Genüge mit ihrer Mutter und auch mit Chrystal durchgekaut und war es leid, ihre Entscheidung zu verteidigen. Trotzdem erklärte sie: „Momentan sehe ich keinen Sinn darin. Ich habe jede Dating-Site im Internet besucht und an unzähligen Blind Dates teilgenommen. Ich habe mich mit guten Freunden verabredet in der Hoffnung, dass mehr daraus werden könnte, und mich mit unattraktiven Männern getroffen, weil ich dachte, dass sich etwas entwickeln könnte.“ Sie seufzte.

„Ich habe sogar fast zweitausend Dollar an eine private Vermittlerin bezahlt und ihre guten Ratschläge angenommen. Ich habe in aussichtslose Beziehungen mit bindungsscheuen Männern investiert und nichts gewonnen. Ich habe nur Zeit, Geld und Energie verloren. Jetzt ist Schluss damit. Ich stelle meine Suche nach einem passenden Ehemann ein. Für mindestens sechs Monate.“

„Eine Auszeit klingt total langweilig und einsam. Was willst du denn mit dir anfangen?“, fragte Chrystal.

„Mir einen Hund anschaffen. Ich wollte schon immer einen und dachte, ich müsste mir zuerst einen Ehemann suchen. Dann werde ich ein Haus kaufen und darin mit dem Hund leben. Anschließend will ich das Haus einrichten und mich dabei nur nach meinem eigenen Geschmack richten. Und nicht zu vergessen: einen richtigen Urlaub machen. An einem Ort, an dem ich einfach nur Spaß haben will. Ohne den Hintergedanken im Kopf, dort einen Mann kennenzulernen.“

„Ohne jemanden, mit dem du das teilen kannst, wird es keinen Spaß machen.“

„Gerade diese Einstellung hat dazu geführt, dass ich auf alles verzichtet habe. Was habe ich vorzuweisen? Keinen Ehemann und keinen Hund. Kein Haus und keinen lohnenswerten Urlaub. Einfach nichts. Ich habe mir meine Wünsche versagt, weil mir das Schicksal einen Ehemann vorenthält. Damit ist jetzt Schluss! Das Schicksal mag mir für immer einen Ehemann verwehren, aber alles andere werde ich mir gönnen.“

Mitleidig schüttelte Chrystal den Kopf. „Wir werden einen Mann für dich finden. Ich spreche mit Richard. In seine Kanzlei sind einige neue Anwälte eingetreten. Vielleicht ist einer von denen Single.“

„Das ist mir egal!“, rief Vonni aufgebracht. „Ich will keinen von denen kennenlernen. Ich kann nicht mehr. Ich bin müde – ja sogar ausgelaugt von der Suche nach geeigneten Ehemännern. Vorläufig ist die Sache für mich abgehakt.“

„Ich finde das dumm. Vor allem jetzt. Du bist immerhin schon dreißig und wirst schließlich nicht jünger. Irgendwann bist du sechzig und ganz allein mit einem Hund und einem Haus und Urlaubsfotos, die ein Fremder von dir machen musste.“

„Vielen Dank, dass du es so verlockend klingen lässt.“ Vonni lachte, weil ihr Plan auf sie nicht bedrückend, sondern befreiend wirkte. „Betrachte es mal so. Ich bin erst dreißig. Ich kann es mir leisten, mich ein paar Monate ganz auf mich selbst zu konzentrieren, mich neu zu organisieren, neue Energie zu tanken, mich neu zu erfinden.“ Sie machte eine kleine Pause.

„Danach falle ich hoffentlich nicht wieder auf einen Mann rein, der nur nimmt und nicht gibt, der bloß auf ein bisschen Vergnügen für eine Nacht aus ist. Vielleicht ziehe ich dann jemanden an, der dasselbe will wie ich.“

„Während du damit beschäftigt bist, dir ein Haus und einen Hund anzuschaffen, findet der Mann, der dasselbe wie du will, vielleicht eine andere Frau, und dann kannst du deren Hochzeit planen.“

„So negativ will ich nicht denken“, wehrte Vonni entschieden ab.

„Das solltest du aber. Allerdings ist es richtig, deine Hoffnungen nicht auf Dane Camden zu projizieren. Ich habe gehört, dass er strikt gegen Ehe und Familie ist. Andererseits … Wenn du das von vornherein berücksichtigst und momentan sowieso nicht nach einem Ehemann suchst, könnte ein kleiner Flirt mit ihm genau das Richtige für dich sein.“

Aus unerklärlichen Gründen löste diese Vorstellung bei Vonni jede Menge Aufregung aus. Trotzdem schwor sie sich selbst ebenso wie Chrystal: „Kommt nicht infrage! Ein Hund, ein Haus und ein Urlaub – abgesehen von der Arbeit ist das alles, womit ich mich in nächster Zeit befassen werde.“

Pünktlich um halb sieben traf Dane bei Burke’s Weddings ein, und Vonni machte sich unverzüglich mit ihm ans Werk.

Sie besprachen Termine und Lokalitäten, wählten Tische und Stühle aus, diskutierten über Stoffe und Farben und entwarfen Einladungen und Speisekarten.

Darüber verstrich eine Stunde nach der anderen. Es war bereits nach elf Uhr, als Vonni ihn vor die Wahl zwischen Schärpen aus Satin oder Spitze für die Bestuhlung stellte.

Da lehnte Dane sich an das weiße Samtpolster seines Stuhls zurück, hielt die großen kräftigen Hände hoch und erklärte: „Ich werfe das Handtuch. Jetzt brauche ich etwas zu essen und zu trinken. Und zwar etwas Hochprozentiges. Vielleicht muss ich auf Großwildjagd gehen oder Football spielen oder so, um zu beweisen, dass ich noch ein Mann bin.“

Vonni lachte ihn an und musterte ihn. Sein hellgraues Hemd stand am Hals offen. Die Ärmel waren bis zu den Ellbogen aufgekrempelt und enthüllten muskulöse Unterarme. In dem eleganten, ganz in Weiß und sehr feminin eingerichteten Planungsraum mit den Queen-Anne-Stühlen und dem verzierten antiken Tisch sah er zweifellos fehl am Platze aus. Beinahe wie ein Elefant in einem Porzellanladen. „Also gut. Genug für heute.“

„Mehr als genug. Es ist höchste Zeit für ein Bier. Gehen wir. Ich bringe Sie aus diesem grellen Weiß, bevor Sie erblinden.“

„Ich verbringe jeden Tag hier drinnen und bin noch nicht blind geworden.“

„Es könnte jederzeit passieren“, verkündete Dane ominös. „Wir müssen schleunigst an einen düsteren Ort verschwinden.“

„Ich habe hier noch einiges zu regeln, bevor ich gehe“, entgegnete Vonni, weil sie wusste, dass sie ihn nirgendwohin begleiten sollte. Schon gar nicht, nachdem ihre gemeinsame Arbeit für heute beendet war.

„Sie wollen mich doch wohl nicht zwingen, ganz allein zu essen, oder? Außerdem haben Sie bestimmt schon vierzehn Stunden gearbeitet.“

Es waren sogar sechzehn Stunden, und Vonni war müde und hungrig. Sicherlich brachte sie nur deshalb nicht die Kraft auf, ihm zu widerstehen. Außerdem wollte sie sich noch nicht von ihm verabschieden, denn sogar die harte Arbeit mit ihm hatte ihr Spaß gemacht. „Irgendwo in der Nähe?“

„Das kleine Kellerlokal gleich um die Ecke. Da gibt es verschiedene Biere vom Fass.“

Vonni kannte den Pub, der einfache Hausmannskost bot und ein beliebter Feierabendtreff war. „Na gut. Ich habe auch Hunger. Vielleicht können wir noch über die Schärpen reden und somit einen weiteren Punkt abhaken.“

„Auf keinen Fall! Seien Sie nicht so unbarmherzig!“ Dane stand auf und schnappte sich sein Jackett. „Verschwinden wir aus diesem weißen Albtraum!“

Sie musste über seinen melodramatischen Tonfall lächeln. „Ich hole nur schnell meine Sachen.“

Im angrenzenden Büroraum schlüpfte sie in den Häkelumhang, der zu ihrem gelben Kleid gehörte, und holte ihre Handtasche aus der Schreibtischschublade. Sie widerstand dem Drang, ins Badezimmer zu schlüpfen, um Frisur und Make-up zu prüfen. Denn sie wollte sich nicht eingestehen müssen, dass sie sich ernsthaft Gedanken machte, wie sie für Dane aussah.

Er wartete an der Ladentür auf sie. Sein Anblick faszinierte sie erneut. Er war groß und kräftig und unglaublich maskulin, obwohl er sich den ganzen Abend mit „Weiberkram“ befasst hatte.

Dennoch durfte sie sich nicht von der Kraft seiner Persönlichkeit und seinem umwerfenden Äußeren beeindrucken lassen. Um sich gegen die Wirkung zu wehren, die er auf sie ausübte, blickte sie an ihm vorbei zur Tür. „Gehen Sie schon vor. Ich muss die Alarmanlage einschalten.“

Er trat auf den Bürgersteig hinaus und wartete, während sie den Code eingab und die Tür verschloss.

Es war ein wunderschöner milder Sommerabend, und darüber sprachen sie auf dem Weg zum Pub. Das war jedoch nicht alles, was Vonni beschäftigte. Insgeheim stellte sie sich vor, dass Dane Hand in Hand mit ihr ging. Dass er einen Arm um sie legte, als wären sie ein Paar.

Diese Vorstellung war total absurd. Daran ist bloß Chrystal schuld, weil sie mir den Floh ins Ohr gesetzt hat, mich auf eine Affäre einzulassen.

Entschieden rückte Vonni ein Stück zur Seite, um ja nicht Tuchfühlung mit ihm aufzunehmen.

Der Pub war gut besucht, aber sie fanden einen freien Zweiertisch. Die Sitzplätze lagen einander gegenüber und machten es ihr unmöglich, Dane nicht zu mustern. Und wieder musste sie anerkennen, wie gut er selbst nach einem langen Arbeitstag aussah.

Unvermittelt entschied er: „Satinband. Spitze wäre zu aufgerüscht für GiGi. Entscheiden Sie, ob in Grün oder Grau oder beides. Und jetzt lassen Sie mich mit diesem Kram zufrieden.“

„Abgemacht.“ Vonni musste über seinen unerwarteten Ausbruch ebenso lächeln wie über die Tatsache, dass er wider Willen auf ihren Wunsch eingegangen war.

Es ist verdammt schwer, ihn nicht zu mögen. Er ist sympathisch und locker. Gut gelaunt und gutmütig. Humorvoll und geistreich. Alles in allem einfach sehr angenehm im Umgang.

Angenehm in rein beruflicher Hinsicht, relativierte sie hastig, sobald ihr bewusst wurde, dass sie seine Eigenschaften katalogisierte – als wolle sie beurteilen, ob er über Potenzial zum Ehemann verfügte und es sich lohnte, mehr Zeit mit ihm zu verbringen.

Zum Glück kam in diesem Moment ein Kellner an den Tisch und lenkte sie von ihrer geheimen Lobeshymne ab.

Dane überredete sie zu einem Glas Wein zu ihren Nachos und bestellte sich selbst ein Bier und Hähnchenflügel.

Sobald die Getränke serviert wurden, trank er einen großen Schluck, seufzte zufrieden und verkündete: „Sie haben einen furchtbaren Job.“

Vonni lächelte. „Das stimmt ja gar nicht! Ich liebe meinen Job.“

„Wollten Sie das von Anfang an werden?“

„Nicht unbedingt. Ich hatte eigentlich kein festes Berufsziel und habe Betriebswirtschaft studiert.“

„Wie sind Sie Hochzeitsplanerin geworden?“

„Chrystal Burke hatte das Geschäft von ihrem Vater zum Examen geschenkt bekommen und …“

„Chrystal Burke“, wiederholte er nachdenklich. „Der Name kommt mir bekannt vor, aber ich glaube nicht, dass ich sie kenne.“

„Sie sagt, dass Sie ihr nie vorgestellt wurden. Aber Sie verkehren in denselben Kreisen. Ihr Vater …“

„Howard Burke? Der Architekt und Bauunternehmer, der vor ein paar Jahren für das Bürgermeisteramt kandidiert hat?“

„Genau der. Chrystal und ich sind zusammen aufgewachsen, und sie hat mich gebeten, mit ihr zusammen im Geschäft zu arbeiten.“

Mit ihr? Nicht für sie?“

„Mit ihr. Wir sind befreundet. Aber sie hat bald festgestellt, dass sie nicht gern arbeitet. Sie hat es auch nicht nötig, da sie über ein beträchtliches Erbe von ihrer Großmutter verfügt und ihr Ehemann gut verdient. Insofern besteht Burke’s Weddings praktisch seit acht Jahren aus mir und meinen vier Assistenten – abgesehen von dem Personal, das für den jeweiligen Hochzeitstag engagiert werden muss.“

Dane zog die wohlgeformten Augenbrauen hoch. „Seit acht Jahren? Und wie lange wird Ihnen schon eine Partnerschaft versprochen?“

Fast genauso lange. Weil es ihr peinlich war zuzugeben, wie lange sie sich bereits hinhalten ließ, erwiderte sie ausweichend: „Eine ganze Weile.“

„Mir wurde versichert, dass der Laden die absolute Spitzenposition in der Branche einnimmt. Aber ich habe in diesem Zusammenhang nur Ihren Namen gehört.“

Diese Bemerkung war Vonni ebenfalls unangenehm. Deshalb ging sie nicht darauf ein. „Obwohl das Geschäft ein Geschenk an Chrystal war, ist Mr. Burke … nun ja …“

„… der eigentliche Besitzer und hat das Sagen“, vollendete Dane.

„Richtig. Nicht, was den alltäglichen Arbeitsablauf angeht, aber …“

„Im Hinblick auf das große Ganze.“

Sie nickte. „Als das Geschäft Profit abzuwerfen begann und er merkte, dass es eigentlich nicht Chrystals Verdienst war, hat er das Thema Partnerschaft angesprochen.“

„Um Sie bei der Stange zu halten.“

„Vermutlich.“

„Weil Sie Burke’s Weddings ausmachen. Als einziger Aktivposten sozusagen.“

Sie zuckte die Schultern. „Niemand ist unersetzlich.“

Dane lächelte nachdenklich, sagte aber nichts dazu. Stattdessen bot er ihr einen Hähnchenflügel an.

„Nein, danke. Ich stehe nicht besonders auf die Dinger. Möchten Sie meine Nachos probieren?“

„Unbedingt! Bitte einen mit allen Dips und Beilagen.“

Vonni erfüllte ihm den Wunsch und wunderte sich über seine Bodenständigkeit. Zwischen ihnen herrschte eine gewisse Vertrautheit, die darauf schließen ließ, dass er sich in ihrer Gesellschaft wohlfühlte, und dadurch entspannte auch sie sich sichtlich. Zweifellos besaß er eine gewinnende Art.

„Sind Sie sich denn sicher, dass es zu der Partnerschaft kommen wird?“, erkundigte er sich in ihre Überlegungen.

Autor

Victoria Pade
Victoria Pade ist Autorin zahlreicher zeitgenössischer Romane aber auch historische und Krimi-Geschichten entflossen ihrer Feder. Dabei lief ihre Karriere zunächst gar nicht so gut an. Als sie das College verließ und ihre erste Tochter bekam, machte sie auch die ersten schriftstellerischen Gehversuche, doch es sollte sieben Jahre dauern, bis ihr...
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