Cora Collection Band 66

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GEHEIME FANTASIEN von MIA ZACHARY
Bis jetzt hat Meghan ihre erotischen Träume nur ihrem Tagebuch anvertraut. Nun will sie sie endlich in Miami ausleben. Dummerweise lässt sie es liegen, sodass der gut aussehende Alex Worth, Drogenfahnder und verdeckter Ermittler, es findet und darin liest. Als er Meghan kennenlernt und sie ihm eine Affäre vorschlägt, sagt er sofort Ja! Einzige Bedingung: Auf keinen Fall darf Liebe ins Spiel kommen ...

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  • Erscheinungstag 09.06.2023
  • Bandnummer 66
  • ISBN / Artikelnummer 9783751517126
  • Seitenanzahl 400
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

Mia Zachary, Emilie Rose, Susan Meier

CORA COLLECTION BAND 66

PROLOG

Montag, 14. Juli

Wie wird es sein, mit einem Fremden zu schlafen? Sich ganz hinzugeben und sämtliche Hemmungen fallen zu lassen?

Auf diesen Seiten, als „Elise“, meinem anderen Ich, bin ich wild und sinnlich gewesen, kühn und verführerisch. Ich habe von einem großen dunkelhaarigen Liebhaber fantasiert, der mir das Gefühl gibt, sexy, begehrenswert und weiblich zu sein. Ich habe davon geträumt, Risiken einzugehen und mich fallen zu lassen.

Mit dem letzten Eintrag in diesem Tagebuch kommt ein Neuanfang. Wie wird es sein, einen Liebhaber zu finden und zu sagen: „Nimm mich, ich gehöre dir“?

1. KAPITEL

Alex Worth schlenderte durch die elegante, in Marmor gehaltene Eingangshalle auf der Suche nach seiner Suite. Er hätte nie gedacht, dass ein Mann wie er einmal in einem Hotel wie dem „Cayo Sueño Resort“ wohnen würde. Endlich mal Undercover-Ermittlungen mit Sondervergünstigungen.

Sofort meldete sich sein Gewissen: Denk dran, was dich hierher gebracht hat. Und vergiss nicht, was auf dem Spiel steht.

Er ignorierte die Schuldgefühle und ging weiter. Da, auf der linken Seite, war es: Suite 809. Er schloss auf, und das Erste, was er bemerkte, waren die hochhackigen roten Sandaletten vor der Couch.

Alex schaute auf seine Magnetkarte und verglich die Nummer mit der an der Tür. Ja, dies war die richtige Nummer. Er betrachtete wieder die sexy Sandaletten. Zu seiner Suite gehörte auch eine Frau. Was für ein Service!

„Hallo?“

Er lauschte auf irgendein Geräusch.

Nichts.

Nachdem er seinen Koffer im Flur abgestellt hatte, warf er als Warnung die Tür zu.

Noch immer kam keine Reaktion. Da der dicke Teppich seine Schritte dämpfte, rief Alex erneut.

„Hallo? Ist hier jemand?“

Er steckte den Kopf ins Badezimmer. Keine Frau. Nur ein Kosmetikkoffer auf der Frisierkommode und ein benutztes Handtuch auf der Stange, an der die Dusche befestigt war. Das Wohnzimmer war ebenfalls leer, lediglich der Duft von Parfum hing noch im Raum. Irgendetwas, was nach Blumen und zugleich rauchig roch …

Ein mit Spitze besetzter BH mit dazu passendem Slip war sorgfältig auf dem Couchkissen arrangiert. Alex grinste. Wer war diese Frau? Die hellrote Unterwäsche war sorgsam ausgebreitet, als wollte sie sie anprobieren. Es war nicht schwer, sich eine sinnliche Frau in diesen Sachen vorzustellen.

Er warf den BH wieder auf die Couch, hob die Sandaletten vom Fußboden auf und ging in das nächste Zimmer. Vielleicht lag die Frau schweigend auf dem Bett und erwartete ihn.

Nein, kein Glück. Was ging hier vor? Wie war sie in seine Suite gelangt, und, was noch wichtiger war, wo steckte sie jetzt?

Zwei kleine Koffer standen an der Wand neben dem Kleiderschrank. Er stellte die Schuhe ab und drehte eines der Kofferschilder um. Offenbar verbrachte Meghan Elise Foster aus Baltimore, Maryland, ihren Urlaub in Florida. Jetzt hatte er einen Namen, aber der Grund für ihr Hiersein war nach wie vor ein Rätsel.

Er war von Rogelio Braga ins „Cayo Sueño“ eingeladen worden, seiner Verbindung zum Miami-Kartell. Braga sollte ihn erneut mit dem berüchtigten Frankie Ramos zusammenbringen. Daher konnte Alex auf dieser Reise niemandem trauen und musste sich vor allem in Acht nehmen, sogar vor aufregender Unterwäsche. Zu viele gute Agenten waren genau durch solche Situationen in Gefahr geraten.

Ein dritter Koffer lag offen auf dem Bett. Er war halb voll, als sei die Frau beim Auspacken unterbrochen worden. Alex durchwühlte kurzerhand den Inhalt. Er musste herausfinden, wer diese Frau war.

Die erotische Unterwäsche und die hochhackigen Sandaletten passten nicht zu den Sachen auf dem Bett, bei denen es sich um schlichte Markenkleidung handelte. Die Röcke waren nicht mini, die Ausschnitte moderat, die Farben dezent. Keine Streifen oder wilden Muster.

Die Unterwäsche dagegen hätte kaum aufreizender sein können. Er kannte solche Sachen aus den Katalogen seiner Exfrau, die noch immer an seine Adresse geschickt wurden. Halbschalen-BHs mit buntem Blumenmuster, seidene Strumpfhosen und Spitzenmieder quollen aus dem Koffer. An den meisten dieser Sachen hingen noch Preisschilder.

Merkwürdig. Vielleicht machte Miss Foster eine Identitätskrise durch – etwas, das er gut nachvollziehen konnte. Trotzdem beunruhigte ihn die ganze Angelegenheit. Er wandte sich bereits zum Gehen, als er ein gebundenes Buch auf der Fensterbank entdeckte. Es sah aus wie ein Adressbuch oder ein Kalender.

Neugierig ging er hin, um es sich näher anzusehen. Den handgeschriebenen Absätzen auf den aufgeschlagenen Seiten nach zu urteilen, hatte er Miss Fosters Tagebuch gefunden. Er begann zu lesen und hob überrascht die Brauen.

Plötzlich taucht er auf, wundervoll in seiner Nacktheit. Groß und stark und wunderschön steht mein Fantasie-Liebhaber mit mir unter dem Wasserfall. Er hebt die Arme, und das Wasser, das über seinen imposanten Körper perlt, glitzert in der Sonne. Er bewegt sich auf mich zu und bietet sich mir an. Keine Geste könnte schmeichelhafter sein oder verführerischer, als zu sehen, wie sehr er mich begehrt.

Ein prickelnder Schauer überlief Alex, während er sich die Szene ausmalte. Rasch klappte er das Buch zu und warf es wieder auf die Fensterbank. Es fiel herunter und blieb aufgeschlagen liegen. Einen Moment lang betrachtete er den blauen Paisley-Einband und kämpfte mit seinem Gewissen.

Die Erregung siegte. Er blätterte in dem Buch, bis er den Eintrag mit dem Wasserfall wiedergefunden hatte.

Er legt die Arme um mich, hebt mich hoch und küsst mich atemberaubend. Unsere Körper vereinigen sich, als er mich langsam auf sich senkt. Vor Lust schreie ich auf, als er seine Hüften zu bewegen beginnt …

Es klopfte.

Erschrocken klappte Alex das Tagebuch zu. Miss Foster konnte es nicht sein, da sie wohl kaum anklopfen würde. Nur zwei Leute wussten mit Sicherheit, dass er hier war – der eine war ein Freund, der andere eine Zielperson.

Sein Partner sollte erst später ankommen.

Automatisch griff Alex nach der Pistole im Bund seiner Jeans. Verdammt. Seine Beretta war zusammen mit seiner Polizeimarke und seinem echten Ausweis in Miami. Der Typ, den er spielte, würde nicht bewaffnet sein. Er musste sich zusammennehmen, und zwar schnell.

Sein Name war Nicholas Alexander. Er besaß ein kleines Investmentbüro in Coral Gables. Er war hier, um Möglichkeiten zu besprechen, das Geld des Kartells außer Landes zu schaffen.

Die Show beginnt.

Er umfasste den Türknopf und versuchte seinen Puls zu beruhigen. Deutlich erinnerte er sich an das Mündungsfeuer. Ein scharfes Krachen. Schmerz. Alex schluckte hart und öffnete die Tür.

Draußen stand ein Page. „Mr. Alexander? Ich habe eine Zustellung für Sie.“

Alex ließ sich seine Erleichterung nicht anmerken und wechselte das kleine Buch, das er immer noch festhielt, von der linken in die rechte Hand. „Muss ich irgendwo unterschreiben?“

„Nein, Sir. Es kommt von innerhalb des Hotels.“ Der junge Mann überreichte ihm eine Flasche Champagner und wünschte ihm einen angenehmen Nachmittag.

Wieder im Wohnzimmer, stellte Alex die Flasche und die dazugehörige Nachricht auf den Couchtisch. Kein Problem. Nur eine Zustellung. Noch brauchte er Braga nicht gegenüberzutreten. Er konnte sich entspannen.

Zu dumm, dass sein Körper nicht so schnell reagierte wie sein Verstand.

Er sank auf das Sofa, stützte die Ellbogen auf die Knie und atmete tief durch. Dann rieb er sich das Gesicht und ärgerte sich über den Schweiß auf seiner Stirn. Die Panikattacken kamen einfach zu oft.

Groll und Frustration stiegen in ihm auf. Die Übelkeit verschwand langsam, doch sein Selbstvertrauen hatte einen Knacks bekommen. Mit den Fingern der linken Hand strich er über die Narbe an seiner Stirn.

Ich weiß nicht mehr, was ich eigentlich tue.

Die letzten acht Jahre hatte er bei der Drogenfahndung verbracht, dreieinhalb davon bei der Special Operations Divison, kurz SOD, einer Spezialeinheit aus Agenten, Staatsanwälten und Experten der Antidrogenbehörde DEA, des FBI und der Zollbehörde. Alex betrachtete sich als einen der besten Agenten, den die SOD hatte. Er nahm an jedem Einsatz in vorderster Front teil und war stets der erste Freiwillige bei neuen Aufträgen gewesen. Der Job hatte ihn immer ausgefüllt, und bis vor sechs Wochen war er sein ganzer Lebensinhalt gewesen.

Doch dann war es passiert. Ein Treffen ging schief gegangen, weil eine Informantin ein doppeltes Spiel gespielt hatte. Sie wurde bei dem darauf folgenden Schusswechsel getötet, und die Tarnung seines Partners flog auf. Alex hatte unbeabsichtigt Rogelio Bragas Leben gerettet, war jedoch mit einem Streifschuss an der Stirn im Krankenhaus gelandet.

Im Lauf des letzten Monats hatte sich seine unterschwellige Angst in lähmende Panik verwandelt. Er hatte ein posttraumatisches Stresssyndrom, wie ihm der Psychologe von der Antidrogenbehörde ihm geduldig erklärt hatte. Zähneknirschend hatte Alex die vorgeschriebene Therapie über sich ergehen lassen.

Posttraumatisches Stresssyndrom, du meine Güte. Er hatte Schlafprobleme, das war alles.

Nachdem er erfolgreich das Kartell infiltriert hatte, stand er unter großem Druck, den Fall zu lösen. Je höher das Risiko, desto größer wurde die Angst, wieder ins Gesicht geschossen zu werden. Er hasste sich für diese Schwäche. Und er fing an, seinen Job zu hassen.

Er nahm den Champagner und las das Etikett, ehe er sich die Nachricht vornahm.

Alexander, willkommen im ‚Cayo Sueño‘. Ich hoffe, Sie genießen mein kleines Geschenk. Braga

Ein Geschenk, wie? Der Parfümduft im Zimmer stieg ihm wieder in die Nase. Er musste Meghan Foster aufspüren und herausfinden, ob sie nur zufällig oder absichtlich in seinem Zimmer gelandet war. Wie dem auch sei, er konnte es kaum erwarten, sie in diesen kirschroten Sandaletten zu sehen.

„Ich hatte gerade Sex am Strand. Wollen Sie das auch mal probieren?“

Ein knochiger Ellbogen stieß Meghan Foster in die Rippen. Sie drehte sich um, bis sie von Ausschnitt zu Angesicht dem haarigsten Mann gegenüberstand, den sie je gesehen hatte. Der Pelz an seinem Kinn und Oberkörper machte das fehlende Kopfhaar mehr als wett.

„Wie bitte?“ Sie wich zum Poolgeländer zurück und widerstand dem Impuls, die Arme vor den Brüsten zu verschränken.

„Es ist ein Scherz. Sie wissen schon, Sex am Strand, der Drink.“ Er hob sein Glas mit den kleinen Sonnenschirmen darin und zeigte auf die pinkfarbene Flüssigkeit. „Also, wie wär’s mit Sex?“

Meghan schüttelte es innerlich bei der Vorstellung, wie dieser haarige Gnom mit dem Zahnlückenlächeln nichts weiter als Sand auf der Haut trug. „Tja, ich glaube lieber nicht.“

„Sie haben keine Ahnung, was Ihnen entgeht, Mädchen.“

„Doch, habe ich.“

Der Gnom zuckte mit den behaarten Schultern und ging weiter, um die Nächste anzusprechen.

Einige ihrer Tagebucheintragungen drehten sich um Wasser. Tatsächlich hatte sie mehrere Versionen der berühmten Szene aus dem Film „Verdammt in alle Ewigkeit“ geschrieben. Doch wenn ein Mann ihr vorschlagen wollte, sie in der Brandung zu lieben, sollte er lieber jünger, größer und besser aussehend sein.

Eine Steelband spielte beim Willkommensempfang, und Meghan wiegte sanft die Hüften im Rhythmus mit. Sie schaute sich um und konnte nicht glauben, was für eine große Menschenmenge sich angefunden hatte. Die Party war leicht ausgeufert und breitete sich von der Veranda auf das Sonnendeck am Pool aus.

Meghan setzte ihre Brille auf, geblendet vom aquamarinblauen Wasser. Hellgraue Wolken schoben sich gelegentlich vor die Spätnachmittagssonne, linderten die Hitze jedoch nicht. Meghan bereute es, dieses Outfit gewählt zu haben. Die Seidenbluse klebte ihr an der Haut, die Leinenshorts waren viel zu dick. Meghan trank den letzten Schluck Cola aus ihrem Kristallglas und stellte es auf das Geländer.

Dann hielt sie nach ihrer Schwester Ausschau. Julie leitete das Unterhaltungsprogamm des „Cayo Sueño“. Sie und ihre Mutter hatten gespart, um Meghan mit diesem dringend benötigten Urlaub zu überraschen. Ihre Mutter hatte sie sogar extra ermahnt, endlich mal nicht brav zu sein.

Bei dieser Erinnerung musste Meghan lächeln. Sie hatte absolut nicht vor, ein braves Mädchen zu sein. Eine Woche auf der Trauminsel war genau das, was sie brauchte, um ihr neues Leben zu beginnen, und sie würde keinen einzigen Augenblick vergeuden. Sie hob ihr Gesicht der Sonne entgegen und nahm sich vor, wild und hemmungslos zu sein.

Verklemmt, kalt und langweilig, so hatte Rob sie genannt an jenem Tag, als sie den im Schritt offenen Slip gefunden hatte. Noch nie in ihrem Leben hatte sie im Schritt offene Slips getragen.

Wie dumm konnte man sein? Als Rob ihr erklärte, er müsse Überstunden machen, hatte sie ihm geglaubt. Als er sagte, er müsse auf Geschäftsreise, hatte sie ihm immer noch geglaubt. Dabei trieb er es die ganze Zeit mit einer silikonverstärkten Blondine im Büro. Er machte sich nicht einmal die Mühe, es abzustreiten, und das war schlimmer als die Affäre an sich.

Rob machte Meghan für die Affäre verantwortlich. Er warf ihr vor, zu unerfahren und zu verklemmt zu sein, um ihn zufrieden zu stellen. Er habe eine „echte“ Frau gefunden, die aufregend, abenteuerlustig und erfahren sei – all das, was Meghan nicht war und nicht sein konnte, außer in ihrem geheimen Tagebuch.

Der Betrug hatte sie völlig zerstört und als Frau zutiefst verunsichert. Ihr war klar gewesen, dass in ihrer Beziehung etwas fehlte. Wenn sie miteinander schliefen, hatte sie sich nie ganz gehen lassen. Sie verdrängte diese Erinnerung, entschlossen, nach vorn zu schauen. Die Vergangenheit konnte sie nicht ändern, sosehr sie es sich auch wünschte.

Was sie brauchte, war eine Affäre. Eines dieser unverbindlichen Sexabenteuer, über die sie bisher nur geschrieben oder von denen sie geträumt hatte und die man hinterher nicht bereute. In dieser Woche würde sie sich ausleben und nach Herzenslust amüsieren. Sie würde eine angehende Sexgöttin sein. Sobald sie den richtigen Mann gefunden hatte …

Erneut stieß ein Ellbogen sie in die Rippen. Meghan seufzte ungeduldig in der Erwartung, den haarigen Gnom wieder vor sich zu sehen. Sie wirbelte herum, den Kopf nach unten gerichtet.

„Hören Sie, ich will keinen Sex …“ Sie verstummte und errötete. Vor ihr stand eindeutig nicht der Gnom. Stattdessen hatte sie den Schritt einer verwaschenen Jeans vor sich.

Ihr Blick wanderte über eine schmale Taille, hinauf zu einer breiten Brust unter einem blau-gelb geblümten Hemd. Sie sah muskulöse Arme, breite Schultern und schließlich ein atraktives Gesicht. Die schwarzen Haare, die dem Mann ihm in die Stirn fielen, weckten in ihr den Wunsch, die seidigen Strähnen zu berühren. Offenbar hatte er sich seit einigen Tagen nicht rasiert.

Du meine Güte! Im linken Ohrläppchen funkelte ein kleiner goldener Ring!

Der moderne Pirat hob eine Braue, und dabei fiel Meghan die dünne Narbe auf, die unterhalb seines Haaransatzes endete. Erschrocken richtete sie den Blick auf seinen Mund. Das war ein großer Fehler, denn seine vollen, sinnlichen Lippen sahen zum Küssen aus. Sie waren leicht geteilt, sodass seine makellosen weißen Zähne hervorblitzten. Das freundliche und zugleich verwegene Grinsen sandte einen lustvollen Schauer durch ihren Körper.

Er war absolut vollkommen. Groß, dunkelhaarig und geheimnisvoll, wie einer ihrer erotischen Fantasien entsprungen. In seiner verspiegelten Sonnenbrille konnte sie ihr verblüfftes Gesicht sehen.

„Ich hatte ja keine Ahnung, dass es sich um ein solches Hotel handelt. Normalerweise muss ich erst fragen, bevor ich zurückgewiesen werde.“

Seine raue Stimme ließ sie erneut erschauern. Wer war so verrückt, diesen Mann zurückzuweisen? Er war zu toll, um wahr zu sein.

„Ich habe Sie für jemand anderes gehalten.“

Er wirkte amüsiert … und interessiert? „Sie meinen, Sie wollen Sex?“

„Nicht mit dem Gnom. Ich meine … ach, vergessen Sie es.“

Sein heiseres Lachen erregte sie noch mehr.

Jetzt war eigentlich der Zeitpunkt zum Verschwinden gekommen, doch Meghan rührte sich nicht von der Stelle und starrte weiter diese lebendig gewordene Fantasie an. Angesichts dieses verführerischen Fremden war sie nicht mehr sicher, ob sie es tun sollte. Aber dann lächelte er noch einmal und strahlte eine kühne Sinnlichkeit und etwas Gefährliches aus.

Welche angehende Sexgöttin konnte da widerstehen?

2. KAPITEL

„Sie sind nicht das, was ich erwartet habe.“

„Wie bitte?“ Meghan stutzte und konzentrierte sich auf den Piraten, statt auf das Durcheinander ihrer Hormone.

„Oh, ich meinte, für ein Strandhotel haben Sie viel zu viel an.“ Er grinste. „Nette Schuhe.“

Sie schaute auf ihre hochhackigen weißen Sandaletten, die zu ihren Shorts passten. „Wahrscheinlich bin ich noch nicht richtig in Urlaubsstimmung.“

Mit einem Kopfnicken deutete er auf die Menschenmenge um sie herum. „Das ist vielleicht eine Party, was?“

„Sie ist gerade eben viel besser geworden.“ Flirtete sie etwa? Und ob. Sehr gut.

Er schenkte ihr ein Lächeln. „Das Gleiche dachte ich auch.“

Meghan senkte den Blick, da sie ihm nicht glaubte. Dieser Mann sandte Signale, die sie völlig aus der Fassung brachten. Nervös spielte sie mit ihrem goldenen Armband. „Kommen Sie öfter her?“

„Ich war noch nie in diesem Hotel, aber ich verbringe viel Zeit in Key West.“

„Was machen Sie beruflich?“

„Ich bin Börsenmakler.“

Sie betrachtete sein schrilles Hemd. „Verzeihen Sie mir die Bemerkung, aber ich kann Sie mir nur schwer an der Börse vorstellen.“

„Arbeitsurlaube sind immer locker. Was ist mit Ihnen?“

Jemand schubste ihn von hinten. Als er sich umdrehte, machte er unbewusst einen Schritt nach vorn. Mit der rechten Hand stieß er gegen ihre Brust. Ein heißes Prickeln durchströmte Meghan.

Wow. Wenn sie auf eine zufällige Berührung schon so reagierte, wie sollte sie dann mit einer absichtlichen umgehen? Benommen versuchte sie sich an seine Frage zu erinnern.

„Oh, ach so. In den letzten zwei Jahren habe ich nebenberuflich als Rechtsanwaltsgehilfin gearbeitet. Im Herbst beginne ich ein Jurastudium an der University of Miami.“

„Dann werden Sie also Anwältin.“ Er grinste. „Haben Sie schon gehört, dass man Anwälte jetzt für Laborexperimente benutzt? Anscheinend gibt es ein paar Sachen, die selbst Ratten nicht machen.“

„Meine Güte, den kannte ich noch nicht.“ Sie stimmte in sein Lachen ein. „Ich werde mich auf Zivilrecht spezialisieren, nicht auf Strafrecht. Ich möchte Schlichtungen und Schiedsgerichtsverfahren machen.“

„Ich nehme an, das ist für lange Zeit Ihr letzter Urlaub.“ Er prostete ihr mit seiner Bierflasche zu. „Hoffen wir, dass es ein erinnerungswürdiger wird.“

Und wieder erschauerte sie. Seine Stimme war so tief und sinnlich wie das Rascheln seidener Bettwäsche auf nackten Körpern …

Gelächter und Applaus brachten sie zurück in die Realität.

„Wollen wir uns ansehen, was da los ist?“ Der Pirat bot ihr den Arm, und sie hakte sich bei ihm ein. Er führte sie zum Geländer am Pool und blieb hinter ihr stehen. Meghan spürte seine Körperwärme an ihrem Rücken und empfand das verrückte Verlangen, ihren Po an ihm zu reiben.

Vorsichtig warf sie einen Blick über die Schulter und betrachtete ihren Traummann. In Gedanken zog sie ihm das schrille Hemd und die enge Jeans aus. Sein Körper würde vollkommen sein. Schlank, fest, athletisch. Hart.

Wenn sie solche Begierde empfand, konnte sie kaum frigide sein. Ihre Reaktion auf diesen Mann bewies, dass sie eine normale, gesunde Frau war.

Er musste gemerkt haben, dass sie ihn anstarrte, denn er grinste wissend. Ertappt. Errötend und mit einem leisen Seufzer richtete sie ihre Aufmerksamkeit auf die provisorische Bühne unter ihnen.

Die Mitarbeiter des „Cayo Sueño“ stellten sich vor. Meghan hörte geistesabwesend einige Namen, Herkünfte und Berufsbezeichnungen. Dann nahm Julie das Mikrophon. Die gestärkte weiße Uniform hob die Bräune und die fantastische Figur ihrer Schwester hervor. Begeistert verkündete sie die angebotenen Aktivitäten auf und außerhalb der Insel.

„Ich persönlich finde, dass sieben Tage gar nicht ausreichen, um alles zu genießen, was wir Ihnen anbieten!“

„Wieso komme ich mir plötzlich wie auf einem Kreuzfahrtschiff vor?“, murmelte der Pirat.

Meghan lachte und drehte den Kopf, um ihn anzusehen. „Drücken Sie die Daumen, dass wir nicht Shuffleboard spielen müssen.“

Er schien ihr in die Augen zu sehen, aber sie konnte nicht sicher sein. Sie wollte, dass er die Sonnenbrille abnahm, damit sie seine Augen sehen konnte. Würden sie grün sein, wie die des Mannes aus ihren Fantasien?

Julie erwähnte kurz die Ruinen aus der Zeit vor Christoph Kolumbus im Nordosten der Insel. Außerdem listete sie einige Ausflüge auf Key West auf sowie zu den Lower Keys und in den Dry Tortugas National Park. Nachdem sie allen einen schönen Urlaub gewünscht hatte, sagte sie: „Oh, eines noch, solange ich jedermanns Aufmerksamkeit habe. Die Frau auf dem Balkon in der beigen Bluse und der weißen Shorts ist meine Schwester.“

Julie winkte Meghan zu, auf die sich sämtliche Blicke richteten. Ihr Magen zog sich zusammen, und sie war wie erstarrt.

„Es ist Meghans erster Urlaub in zwei Jahren und ihr allererster Besuch im ‚Cayo Sueño‘. Ich weiß, dass ihr alle dafür sorgen werdet, dass sie sich in dieser Woche amüsiert. Danke!“

Zum millionsten Mal in ihrem Leben wünschte Meghan sich, sie wäre ein Einzelkind. „Julie Anne Foster, ich bringe dich um.“

„Es ist keine gute Idee, das vor Zeugen anzukündigen. Die neigen dazu, sich an so etwas zu erinnern, sobald die Leiche gefunden wurde.“

Sie drehte sich zu ihm um. Da er die Arme auf das Geländer gestützte hatte, befand sie sich praktisch in seiner Umarmung. Sie brauchte sich nur vorzubeugen, um ihn zu küssen.

„Das ist nicht witzig. Einer dieser Kerle hier könnte ein geisteskranker Axtmörder sein, der jetzt dank meiner Schwester meinen Namen kennt.“

„Al …“ Er stockte, richtete sich auf und bot ihr die Hand. „Nick. Nicholas Alexander. Ich bin kein Axtmörder, ich schwöre es.“

Sie lachte und gab ihm die Hand. „Freut mich, Sie kennen zu lernen, Nick.“

Endlich nahm er seine Sonnenbrille ab. Seine Augen waren hellgrün wie Blätter im Frühling und hatten lange schwarze Wimpern. Er übertraf den Mann aus ihren Fantasien sogar noch.

Er ließ ihre Hand nicht los. „Und Sie sind Meghan Elise Foster aus Baltimore?“

Woher wusste er das? Verwirrt über seinen seltsamen Ton zog sie ihre Hand zurück. „Ja, die bin ich.“

„In dem Fall … Sie haben wirklich hübsche Unterwäsche.“

„Wie bitte?“

„Die rote mit Spitze, zum Beispiel. Sehr sexy.“

Wie konnte er ihre Unterwäsche gesehen haben? Nur die Verkäuferin hatte die nagelneue Unterwäsche zu Gesicht bekommen. „Wovon, um alles in der Welt, sprechen Sie?“

„Sie haben sie auf meiner Couch drapiert.“

„Auf Ihrer Couch?“

„Offenbar haben Sie durch ein Versehen mein Hotelzimmer bekommen. Nicht, dass es mir etwas ausmachen würde, es mit Ihnen zu teilen. Ich dachte nur, Sie wüssten es vielleicht gern.“

„Da muss ein Irrtum vorliegen.“ Sie nahm ihre Magnetkarte aus ihrer Umhängetasche und hielt sie ihm hin. „Ich habe Zimmer 809.“

„Nein. Sie halten sie verkehrt herum.“ Mit seinen warmen Fingern drehte er ihr Handgelenk. „Sehen Sie? Sie haben Zimmer 608. 809 ist meins.“

„Aber diese Magnetkarte passt in Ihr Schloss.“

„Schön. Ich freue mich schon darauf, Sie später in Ihrem roten Spitzenslip zu sehen.“ Er zwinkerte ihr zu.

„Los, gehen wir zur Rezeption und prüfen das.“

Sie stießen zu einer Gruppe verwirrter Gäste, die sich bereits vor der Rezeption des Hotels versammelt hatte. Der Manager entschuldigte sich bei jedem für die Fehlfunktion des Kodiergerätes, sodass mehrere Zimmer doppelt vergeben worden waren, ehe der Fehler entdeckt werden konnte.

Fünfzehn Minuten später stand Meghan mit Nick und einem Sicherheitsangestellten in der Tür von Suite 809. Sie konnte es nicht fassen. „Sind Sie sicher, dass das notwendig ist, Mr. Brooks?“

„Das haben Sie mich jetzt schon vier Mal gefragt, Ma’am. Und zum fünften Mal erkläre ich Ihnen, dass es zur Hausordnung dieses Hotels gehört, niemanden unbegleitet in das Zimmer eines anderen Gastes zu lassen.“

Nick versuchte, den Mann zu überzeugen. „Sie wird nichts stehlen. Die meisten Sachen hier drin gehören sowieso ihr.“

„Die Hotelordnung besagt …“

„Sie ist nicht ohne Begleitung. Ich bin doch hier. Sie müssen ihr nicht das Gefühl geben, eine Kriminelle zu sein.“

Schließlich gab der Sicherheitsangestellte nach. „Na schön, Sir. Aber beklagen Sie sich hinterher nicht bei mir, falls Ihnen etwas fehlt.“

Als er die Tür hinter ihnen schloss, stand Meghan allein mit dem erotischsten Mann, der ihr je begegnet war, im Zimmer. Sie musste sich räuspern, bevor sie sprechen konnte. „Danke. Ich fing schon an zu glauben, dass er mich durchsuchen wollte.“

„Würde es sich lohnen?“ Er stützte sich neben ihrem Kopf an der Wand ab und betrachtete sie mutwillig.

Du liebe Zeit, er wird mich küssen, dachte Meghan und legte ihm die Hände auf die Brust, um ihn aufzuhalten. Durch den Stoff spürte sie seine Wärme und seinen Herzschlag. Dann verschwand der herausfordernde Ausdruck aus seinen Augen, und an seine Stelle trat so etwas wie Verwirrung.

Hielt er sie etwa für eine Frau, die nur leere Versprechungen machte? In dieser Woche wollte sie sich wirklich amüsieren – bloß nicht so schnell. Wenn sie ihn gewähren ließ, landeten sie vermutlich gleich hier auf dem Fußboden. Andererseits … Nein, noch nicht.

„Die einzigen Schmuggelwaren sind die Seife und das Kräutershampoo.“ Sie tauchte unter seinem ausgestreckten Arm hindurch und ging ins Schlafzimmer, um ihre Sachen zu packen.

„Da wir gerade von Dingen sprechen, die verboten sein sollten …“ Er folgte ihr und hielt ihren BH und den Slip hin. „Das hier wollen Sie doch bestimmt zurückhaben.“

Vor Verlegenheit wäre Meghan am liebsten im Boden versunken. „Danke.“

„Es war mir ein Vergnügen“, erwiderte er amüsiert. „Sie scheinen mir gar nicht der Typ zu sein für rote Spitze.“

Sie presste die Lippen zusammen und setzte ihre Brille auf. Sie mochte zwar noch keine Sexgöttin sein, aber Elise war es. Elise trug rote Spitzenunterwäsche und konnte einen Mann in die Knie zwingen. Auch Nick.

„Sie kennen mich nicht gut genug, um beurteilen zu können, was für ein Typ ich bin.“ Ihre Stimme zitterte, obwohl Meghan sich bemühte, selbstbewusst zu klingen. Sie drehte sich auf dem Absatz um und ging ins Schlafzimmer, um die Unterwäsche im Koffer zu verstauen.

Alter Kummer, Selbstzweifel und Angst stiegen in ihr auf. Nie schien sie irgendwo hineinzupassen, nicht mal in ihre eigene Haut.

Alex beobachtete die Verwandlung, die mit Meghan vor sich ging. Er war faszinierter denn je. Die Frau war ein wandelnder Widerspruch. Diese Tagebucheintragungen waren so heiß, dass sie die Seiten qualmen ließen. Doch jetzt benahm sie sich, als würde sie am liebsten unsichtbar sein.

Wie, um alles in der Welt, konnte das die gleiche Frau sein, die solche Sachen schrieb?

Alex lehnte sich gegen die Frisierkommode, verschränkte die Arme vor der Brust und betrachtete sie. Meghan Elise Foster aus Baltimore war ganz und gar nicht das, was er erwartet hatte. Die Beschreibung, die er vom Zimmermädchen erhalten hatte, wurde ihr nicht gerecht.

Kurze braune Locken umrahmten ein interessantes Gesicht. Die Augen hinter ihrer metallgefassten Brille hatten die Farbe von Whiskey. Ihre goldene Haut war makellos, und dass sie noch erröten konnte, fand er sehr niedlich. Auf der Nase hatte sie Sommersprossen, und ihr Kinn schien auf einen störrischen Charakter hinzuweisen.

Ihre kleinen, aber perfekt gerundeten Brüste würden sich wunderbar in seine Hände schmiegen. Ihre Hüften waren wohlgeformt, ihr Po war großartig, und ihre Beine schienen endlos lang zu sein.

Während sie im Zimmer hin und her ging, tat sie ihr Bestes, ihn zu ignorieren. Doch ihre verstohlenen Blicke verrieten sie.

Alex grinste und näherte sich ihr. „Brauchen Sie Hilfe?“

„Ich komme zurecht, danke.“

Sie nahm ihre Baumwoll-T-Shirts, Leinenshorts und einen schlichten schwarzen Badeanzug aus der Kommode und legte alles ordentlich in den Koffer. Im Vorbeigehen atmete Alex ihren betörenden Duft ein.

„Was ist das für ein Parfum?“

Seine Frage schien sie zu verblüffen. „Es ist Körperöl. Ringelblume.“

„Es passt zu Ihnen.“

„Finden Sie? Wieso?“, fragte sie misstrauisch.

„Es ist ein süßer Duft mit einer Spur Würze.“

Sie grinste, offenbar zufrieden mit dieser Beschreibung.

Alex griff in die Kommodenschublade und nahm ein Nachthemd heraus, das sie in der Ecke vergessen hatte. Die weiße Seide raschelte leise zwischen seinen Fingern. Er hielt das Nachthemd an den dünnen Trägern hoch und konnte es sich sehr gut auf ihrer goldbraunen Haut vorstellen.

„Ich habe mich vorhin nicht richtig ausgedrückt. Was ich sagen wollte, war, dass ich eher erwartet hätte, eine Klassefrau wie Sie würde Weiß oder Pink oder Cremefarben tragen.“

„Und da haben Sie auch recht.“

Er bemerkte ihre Nervosität, als er langsam auf sie zukam. „Aber ich wette, die rote Spitze sieht an Ihnen unglaublich aus.“

„Ja, das stimmt.“

Sie hielt seinem Blick stand, als wollte sie ihn auf die Probe stellen statt umgekehrt. Hinter der Traurigkeit in ihren Augen flackerte Leidenschaft auf.

„Wieso zeigen Sie es mir nicht?“

„Wieso überlassen wir manche Dinge nicht einfach der Fantasie? Es gehört nicht zu meinen Gewohnheiten, mich von Fremden in meiner Unterwäsche betrachten zu lassen.“

„Lady, diese winzigen Fetzen Kleidung überlassen nicht mehr viel der Fantasie.“

Noch nie zuvor hatte er so auf eine Frau reagiert. Am liebsten hätte er sofort all ihre Widersprüchlichkeit aufgedeckt, um zu der wahren sinnlichen Frau darunter vorzudringen. Geheimnisse aufzudecken war sein Beruf, und er wollte hinter ihres kommen, trotz seiner eigentlichen Mission und der Möglichkeit, dass sie irgendwie darin verwickelt war.

Meghan kam ihm nicht wie jemand vor, der für das Kartell arbeitete. Aber er glaubte nicht an Zufälle. Und die jüngsten Ereignisse hatten ihn einiges über Täuschungen gelehrt. Falls sie für Braga arbeitete, würde er es bald genug herausfinden. Wenn sie es nicht tat, würde er sich das kurze Vergnügen ihrer Gesellschaft gönnen, ehe er sich ganz auf seine Arbeit konzentrierte.

Er strich ihr mit dem Zeigefinger über die Unterlippe. Er sah ihr in die Augen und wartete, ob sie den Blick abwenden würde.

„Verbringen Sie die Nacht mit mir. Dann werden wir keine Fremden mehr sein.“

3. KAPITEL

Zum zweiten Mal an diesem Tag packte Meghan ihre Koffer aus. „Nun, bis jetzt war es alles andere als langweilig.“

„Wie meinst du das?“ Die Glücksbringer an Julies Armreifen klimperten, als sie ihre Haare über die Schulter warf.

„Zuerst macht mir ein Gnom ein eindeutiges Angebot, und du stellst mich hin, als würden alle eine gute Tat vollbringen, wenn sie sich um mich kümmern. Danach musste ich meine Unterwäsche einem Piraten entreißen.“

Julie lachte. „Ein Gnom und ein Pirat? An die kann ich mich aus unserem Werbeprospekt nicht erinnern.“

„Der Gnom ist auch nicht wichtig.“ Meghan öffnete eine Schublade und legte ihre Unterwäsche hinein. „Und der Pirat ist der umwerfende Kerl, dessen Suite ich aus Versehen bezogen habe.“

„Ich hoffe, er hat deine Unterwäsche nicht getragen.“

„Nein, er hat sie nur gestreichelt.“

„Ich kann mir vorstellen, wie prüde meine große Schwester reagiert hat! Was hast du zu ihm gesagt?“

Gelassen antwortete Meghan: „Ich habe mich einverstanden erklärt, mit ihm die Nacht zu verbringen.“

„Wie bitte?“

„Er bat mich, mit ihm zu Abend zu essen.“

„Ach so“, meinte Julie erleichtert. „Ich dachte schon, du …“

„Ich habe vor, ihn zu meinem Liebhaber zu machen.“

„Was?“, rief Julie.

„Ich sagte …“

„Ich habe gehört, was du gesagt hast.“ Julie schüttelte den Kopf. „Das ist nicht dein Ernst.“

„Und ob das mein Ernst ist. Er sieht großartig aus, ist charmant und äußerst sexy. Nick wäre bestimmt der perfekte Liebhaber.“

„In deinem ganzen Leben hast du keinen falschen Schritt gemacht. Ich bezweifle, dass du jetzt damit anfängst.“ Julie winkte ab und nahm sich ein Stück Käse. „Du brauchst einen netten, soliden Mann mit einem Haus und einem Hund. Einen, der treu und verlässlich ist.“

„Nach dieser Beschreibung sollte ich mir den Hund besorgen. Ich bin nicht auf der Suche nach einer Beziehung, Julie.“

„Das ist ja großartig. Nur leider bist du auch nicht der Typ Frau, die sich einen Liebhaber nimmt.“

„Jeder glaubt immer zu wissen, was für ein Typ ich bin. Ist dir jemals in den Sinn gekommen, dass du mich überhaupt nicht kennst?“

Julie starrte sie an. „Aber es sieht dir gar nicht ähnlich, impulsiv oder leichtsinnig zu sein. Dreizehn Jahre lang, nachdem Dad uns verlassen hat, hast du unsere Familie zusammengehalten. Mom hat sich in allen Dingen auf dich verlassen, und mich hast du praktisch großgezogen, obwohl du nur zwei Jahre älter bist als ich.“

Meghan ignorierte die Bitterkeit, die in ihr aufstieg. Die Vergangenheit konnte man nicht ungeschehen machen, sosehr sie es sich auch wünschte. „Ich habe stets getan, was andere von mir erwartet haben, und nur selten, was ich wollte …“

„Das weiß ich, Meg, und es tut mir leid. Dafür werden Mom und ich dir ewig dankbar sein, denn ohne deine Unterstützung hätten wir es nicht geschafft.“

„Na ja, jetzt wo du diesen großartigen Job hast und Mom wieder verliebt ist, bin ich endlich an der Reihe, mein eigenes Leben zu führen. Ich sehne mich danach, einmal leichtsinnig und kühn zu sein und mich in eine leidenschaftliche Affäre zu stürzen.“

„Du bist ein braves Mädchen …“

„Ich will kein braves Mädchen sein! Ich will ungezogen sein!“ Meghan verschränkte die Arme vor der Brust und hob trotzig das Kinn. „Ich bin siebenundzwanzig Jahre alt und habe nie etwas Aufregendes oder Unerwartetes getan. Diese Woche ist meine Chance.“

Julie sprach ruhig und bestimmt. „Meg, du wüsstest doch nicht einmal, was kühn in Bezug auf Männer bedeutet.“

„Ist die Vorstellung denn wirklich so abwegig, dass ich mir einen Liebhaber nehme?“

„Ja.“

„Aber da ist so viel in mir, Julie. Ich kann es nicht in Worte fassen. Ich betrachte mich im Spiegel und frage mich, wer diese Frau ist. Ich habe Angst, es könnte die Eisprinzessin sein, die Rob beschrieben hat.“

„Das bist du absolut nicht! Du bist freundlich und liebenswert …“

Meghan ging ans Fenster. „Vielleicht klingt es verrückt, aber ich muss es tun. Ich will impulsiv und wild sein. Ich will eine echte Frau sein, die keine Angst vor ihrer Sinnlichkeit hat.“

Eine Frau wie Elise.

„Ich halte dich nicht für verrückt, sondern für mutig. Wenn es das ist, was du wirklich willst, dann tu es.“

Meghan drehte sich um und sah erleichtert, das Julie bewundernd lächelte. Froh, diese Last endlich losgeworden zu sein, nahm sie ein Stück Krabben-Quiche vom Hors-d’eauvre-Tablett. „Also, kannst du mich in eine Verführerin verwandeln?“ Diese Idee hatte sie schon vor ihrer Ankunft im „Cayo Sueño“ gehabt, doch nachdem sie Nick begegnet war, brauchte sie einen genauen Plan.

„Natürlich.“ Julie nahm das letzte Eibrötchen. „Aber nicht mit den Sachen, die du gerade ausgepackt hast.“

Meghan betrachtete sich im Schlafzimmerspiegel.

„Die Unterwäsche ist klasse“, fuhr Julie fort. „Aber dein äußeres Ich muss dein inneres Ich widerspiegeln. Wenn du eine Sexbombe sein willst, musst du dich auch wie eine anziehen.“

„Ich habe meinen Job aufgegeben. Das ist nicht der richtige Zeitpunkt, Geld für eine neue Garderobe auszugeben.“

„Ich werde dir ein paar von meinen Sachen leihen. Komm vor dem Abendessen in meine Hütte, dann kümmere ich mich auch um dein Make-up. Wir machen dich unwiderstehlich, und dann suchen wir für dich den Mann deiner Träume.“

Nick war der Mann, den sie wollte. Groß, dunkelhaarig und attraktiv, entsprach er so sehr ihrer Fantasie, dass es schon fast beängstigend war. Na ja, bis auf das hässliche Hemd.

„Na schön, reden wir mal über diesen tollen Kerl.“ Julie ging ins Wohnzimmer und nahm einen Bogen des Hotelbriefpapiers.

Meghan stand neben dem Sessel und schaute ihrer Schwester über die Schulter. „Was machst du da?“

„Eine Liste mit notwendigen Charakterzügen für deinen großen Helden. Auf diese Weise kannst du deine Suche eingrenzen.“

„Ich habe meine Wahl längst getroffen.“

„Dann kannst du heute beim Abendessen herausfinden, ob er geeignet ist“, erklärte Julie. „Er muss romantisch sein. Du weißt schon, einer der dir grundlos Geschenke macht und Blumen mitbringt.“

Meghan waren solche Dinge egal. Sie wollte nur großartigen Sex haben. Andererseits war es sicher auch amüsant, umworben zu werden.

Julie fuhr fort. „Er muss außerdem sensibel sein, damit du mit ihm neue sexuelle Genüsse erkunden kannst. Aber vor allem muss er hässlich sein.“

„Hast du den Verstand verloren?“ Meghan versuchte ihr den Stift wegzunehmen. „Nick ist nicht hässlich. Im Gegenteil.“

Julie eroberte sich den Stift zurück. „In den Talkshows heißt es immer, ein hässlicher Mann betrügt einen nicht, weil er zu dankbar dafür ist, dass eine schöne Frau sich dazu herabgelassen hat, Notiz von ihm zu nehmen.“

Meghan verdrehte die Augen. „Was für eine verrückte Liste fertigst du da an?“

„Gut, dann finde Mr. Wundervoll selbst.“

Meghan nahm das Blatt Papier. Außer „romantisch“ und „sensibel“ hatte Julie noch „abenteuerlustig, verwegen, heldenhaft“ aufgeschrieben. Tiefe Traurigkeit überkam sie. Es war eine Beschreibung ihres verstorbenen Schwagers. Sie sah zu Julie.

„Ich habe ihn geliebt und vermisse ihn auch, aber …“

Ihre Schwester lächelte traurig. „Du kannst Kyles Namen ruhig aussprechen.“

Mit den Erinnerungen kamen auch wieder die Schuldgefühle wegen seines Todes. „Es tut mir leid, Julie. Ich suche einfach keinen Mann, der die Gefahr liebt. Wie du gesagt hast, ich brauche jemanden, bei dem ich sicher bin.“

„Niemand versteht deine Ängste besser als ich. Ich werde dir immer dankbar sein für die Male, wo du herübergekommen bist, um bei mir zu bleiben. Es war nicht leicht, mit einem Cop verheiratet zu sein und sich jeden Abend zu fragen, ob er nach Hause kommen würde.“ In Julies Stimme schwang der Kummer mit. „Aber ich würde keinen einzigen unserer gemeinsamen Tage eintauschen wollen, egal, wie es geendet hat.“

„Oh, Julie.“

Julie wischte sich die Augen. „Aber he, du suchst doch keinen Ehemann. Komm, kümmern wir uns wieder um Mr. Wundervoll.“

Froh, das Thema wechseln zu können, nahm Meghan ein neues Blatt Papier. Schweigend schrieb sie eine Liste mit ihren echten Wünschen und einigen albernen Punkten, die Julie zum Lachen bringen würden.

„Mein Traummann muss bodenständig sein, damit ich mit ihm aktuelle Ereignisse und die Weltpolitik besprechen kann.“

„Du hasst Politik. Wann hast du zum letzten Mal eine Zeitung gelesen?“ Julie versuchte ihr das Blatt Papier wegzunehmen.

Meghan hielt es fest und las weiter. „Er muss außerdem intelligent sein, sensibel, erfolgreich, männlich, sexy und … bereit.“

„Bereit? Also wirklich. Gib es zu, in Wirklichkeit willst du einen Mann, der wie ein Model aussieht und sich im Bett wie ein Pornostar verhält.“

Darüber mussten sie beide lachen. Nachdem sie wieder zu Atem gekommen waren, sah Julie auf ihre Uhr. „Ich muss wieder an die Arbeit. Ich veranstalte heute Abend eine Party am Wasserfallpool, und es gibt noch viel zu tun.“

Meghan umarmte ihre Schwester fest. „Nochmals vielen Dank für alles, was du für mich getan hast.“

„Ich freue mich so, dass du hier bist. Du wirst eine tolle Woche verbringen.“ Julie küsste sie auf die Wange. „He, wieso kommst du nicht auch zur Party? Das ist die beste Gelegenheit, nach Mr. Wundervoll Ausschau zu halten, falls es mit Nick nicht funktioniert.“

„Ich glaube, es wird sehr gut mit Nick funktionieren“, entgegnete Meghan lächelnd.

Alex nahm sich ein kaltes Bier aus der Minibar und wollte auf den Balkon gehen. Als er durch das Wohnzimmer kam, überlegte er, ob er den Champagner kalt stellen sollte. Aber wahrscheinlich würde er das Zeug ohnehin nie trinken. Dann fiel ihm Meghans blaues Tagebuch auf dem Couchtisch ins Auge.

Sein Gewissen setzte ihm zu, weil er das Buch mit ihren Fantasien einfach behalten hatte. Vermutlich war Meghan zu durcheinander gewesen, um daran zu denken. Er hingegen konnte es nicht vergessen. Er nahm es vom Tisch und erinnerte sich genau an die Eintragung, die er zuletzt gelesen hatte. Nur dass in seiner Vorstellung der Mann und die Frau unter dem Wasserfall er und Meghan waren.

Er presste seine heißen Lippen auf ihre, während sich ihre nackten, nassen Körper vereinten und sie lustvoll aufschrie …

Alex schaute auf seine Uhr und entschied, dass er noch Zeit hatte, um ein bisschen mehr zu lesen.

Eine Weile später griff er nach seinem Bier. Vor ungefähr sechs Seiten hatte er einen trockenen Mund bekommen. Die Flasche war leer. Er überlegte einen Moment, ob er sich eine neue holen sollte. Stattdessen zündete er sich jedoch eine Zigarette an und schlug die nächste Seite auf. Nur noch einen Eintrag …

Die wilden, erotischen Szenen, die Meghan entworfen hatte, fesselten ihn. Schließlich drückte er die Zigarette aus und fragte sich, ob das nicht alles inszeniert war – das Tagebuch, ihre verführerische Unschuld, ihr Erröten bei den Flirtversuchen. Alles konnte sorgfältig geplant sein, um sein Vertrauen zu gewinnen.

Alex klappte das Tagebuch zu und legte den Kopf zurück, um die Nackenverspannung zu lockern. Außerdem musste die Ausbuchtung in seiner Jeans verschwinden, bevor er sich mit Meghan zum Abendessen traf.

Nach einer kurzen Dusche rasierte er sich und zog sich an. Auf dem Weg zur Tür steckte er das Tagebuch in die Brusttasche seines sportlichen Jacketts und überlegte, ob er es ihr vor oder nach dem Essen zurückgeben sollte. Er verließ den Fahrstuhl und ging durch die Lobby zu der kleinen Cocktailbar gleich neben dem Atrium. Er ließ den Blick über die Gäste schweifen, bis er Meghan an einem Ecktisch entdeckte.

Wow!

Sie trug ein pinkfarbenes Kleid, das ihren Körper wie eine zweit Haut umschmiegte und dessen Ausschnitt ihre hübschen Brüste betonte. Der Saum war hochgerutscht und gab den Blick auf ihre gebräunten Oberschenkel frei. Sie hatte die Beine übereinander geschlagen und war barfuß. Ein weiteres Paar verführerischer Sandaletten lag unter dem Tisch.

Alex zwang sich, den Blick auf ihr Gesicht zu richten. Sie trug ihre Brille nicht, dafür hatte sie irgendetwas gemacht, was ihre wundervollen braunen Augen geheimnisvoll wirken ließ. Ihre Lippen glänzten pinkfarben. Allein sie anzusehen erregte ihn.

Alex war so auf Meghan konzentriert, dass er den Mann an ihrem Tisch gar nicht bemerkt hatte – einen Mann, den er sehr gut kannte. Überwältigt von Erinnerungen, schloss er kurz die Augen. Schüsse. Chaos. Der Geruch von Blut. Schmerz. Die Narbe an seiner Stirn begann zu pochen, und ihm wurde übel.

Rasch versteckte er sich hinter einem Marmorpfeiler und wartete, bis das Gefühl der Beklemmung verschwand. Er beobachtete Braga und bewunderte insgeheim seine tadellosen Manieren. Wäre der Mann kein Drogenhändler, hätte Alex ihn vielleicht sogar gemocht.

Erneut drehte sich ihm der Magen um. Seine Hoffnung schwand, dass Meghan nichts mit dem Kartell zu tun hatte, als er sie über etwas, was Braga gesagt hatte, lachen hörte. Sprachen sie über ihn und das Spiel, das sie mit ihm trieb? Braga hatte Nicholas Alexander ins „Cayo Sueño“ eingeladen, um ihm dafür zu danken, dass er ihm das Leben gerettet hatte. Und Miss Foster, falls das wirklich ihr Name war, musste die Belohnung sein. Verdammt!

Er wollte gern glauben, dass Meghan mit der Sache nichts zu tun hatte und die Begegnung reiner Zufall war. Doch wenn er an die Frau in ihrem Tagebuch dachte, musste er ihr zugutehalten, dass sie es großartig verstand, ihre wahre Persönlichkeit zu verbergen. Offenbar ließen seine detektivischen Fähigkeiten nach, sonst hätte er sich nicht so leicht hereinlegen lassen.

Alex beobachtete, dass Braga eine Hand auf ihren Unterarm legte, während er sprach. Als Meghan nickte, stand er auf und ging davon. Einen Moment lang saß sie still an ihrem Tisch, ehe sie sich in der Cocktailbar umschaute. Alex trat hinter der Säule hervor.

Meghan winkte fröhlich, als sie ihn entdeckte. Wenn ihre Geste echter Zuneigung entsprungen wäre, hätte er sich über die Begrüßung gefreut. Stattdessen war er wütend, dass er auf sie hereingefallen war.

„Hallo Nick!“ Sie deutete auf den Stuhl neben ihr. „Ich habe mich schon gefragt, ob Sie mich versetzt haben.“

Nick. Ja, richtig. Wir müssen beide unsere Rollen spielen, nicht wahr? Er setzte sich. „Sie sahen nicht gerade einsam aus.“

„Was? Oh. Das war nur Small Talk. Ich hatte nicht vor, Sie für ihn fallen zu lassen.“ Sie grinste mutwillig und legte die Hände in den Schoß. War sie nervös? Hatte sie Schuldgefühle?

„Wer war das?“ Er fand, er klang zu misstrauisch.

Meghan stutzte überrascht. „Niemand. Er hatte mich nur von der Willkommensparty erkannt.“

„Sie schienen sich angeregt zu unterhalten.“

„Und Sie scheinen eine Menge wahrzunehmen für jemanden, der gerade erst aufgetaucht ist.“

Er lächelte entschuldigend. „Tut mir leid. Das ist eine alte Angewohnheit von mir.“ Ihre Miene entspannte sich, und er fragte: „Worüber haben Sie sich unterhalten?“

„Er erzählte mir von den Ruinen auf der Ostseite der Insel. Offenbar ist er regelmäßig Gast im Hotel.“

„Er befolgte Julies Rat und sorgte dafür, dass Sie sich amüsieren, wie? Ich dachte, dass sei meine Aufgabe.“

„Noch sind Sie nicht engagiert.“ Sie legte den Kopf schief und musterte ihn amüsiert. „Zuallererst wäre da die Kleiderordnung.“

„He, das ist eins meiner Lieblingshemden.“ Er hielt eine Seite seines Jacketts auf, damit sie das Muster in Grün und Orange begutachten konnte.

„Jetzt fehlt bloß noch ein Papagei und ein Degen, damit das Outfit vollständig ist.“

Er senkte die Stimme. „Wenn es Ihnen nicht gefällt, werde ich es ausziehen. Dann können wir lüsterner Pirat und Dirne spielen.“

„Das hört sich nach einer interessanten Fantasie an.“

„Es ist eine von vielen. Die anderen erzähle ich Ihnen später.“

Grinsend lehnte sie sich zurück. „Na schön, Sie haben den Job. Was verlangen Sie?“

„Einen Tauschhandel. Wir können während des Essens verhandeln.“ Er stand auf und ging zu ihrem Stuhl.

„Ich sollte Sie warnen, ich habe die Absicht, ein harter Verhandlungspartner zu sein.“

Er lachte. „Lasst die Spiele beginnen.“

4. KAPITEL

„Guten Abend, Miss Meghan. Guten Abend, Sir.“

Der Kellner des Restaurants hieß sie am Eingang willkommen und führte sie zu einem ungestörten Tisch mit Blick auf den Golf von Mexiko. „Genießen Sie Ihr Essen.“

Meghan wollte sich setzen, doch Alex hielt sie am Arm fest.

„Stimmt etwas nicht?“

Er lächelte, sah jedoch über ihre Schulter hinweg, während er sie zum gegenüberliegenden Stuhl führte. „Von hier aus haben Sie einen besseren Blick auf das Wasser.“

Seine Aufmerksamkeit schien nicht ihr zu gelten. Wie sollte sie ihn verführen, wenn er sie nicht einmal ansah? Als sie sich auf seinen Platz setzte, probierte sie es damit, wie Elise sich verhalten würde. Sie lehnte sich zurück und strich provozierend mit den Fingern über ihr Schlüsselbein.

Nicks Blick glitt langsam über ihren Körper und verweilte bei ihren Brüsten. Meghan kam es fast so vor, als würde er sie mit den Augen ausziehen. Ein warmer Schauer der Erregung durchflutete sie.

„Sie starren mich an, Nick“, bemerkte sie mit einem selbstbewussten Lächeln.

„Ja, das tue ich.“

„Gefällt Ihnen, was Sie sehen?“

„Das wissen Sie genau, Sexy.“

Der Kellner kam, um ihre Bestellung aufzunehmen. Anschließend stützte Nick die Ellbogen auf den Tisch und verflocht seine Finger. „Erzählen Sie mir mehr von sich.“

„Was würden Sie gern wissen?“

„Alles.“

Sie runzelte die Stirn. „Wo ist der Witz, wenn man alles weiß? Da bleiben doch keine Geheimnisse oder Überraschungen mehr übrig, die man entdecken kann.“

„Tja, dann muss ich mich wohl mit dem zufrieden geben, was Sie mir verraten.“

„Ich bin ein Meter fünfundsiebzig groß und ich weigere mich, Ihnen mein Gewicht zu verraten.“ Sie klimperte mit den Wimpern.

„Faszinierend. Aber mich interessiert mehr, ob Sie mit jemandem zusammen sind, ob Sie für morgen Pläne haben und ob Sie nackt schlafen.“

Sie lächelte dem Kellner zu, der ihren Salat brachte, ehe sie sich wieder Nick zuwandte. „Erstens bin ich bin mit niemandem zusammen, zweitens habe ich keine Pläne für morgen und Frage drei beantworte ich nicht.“

„Sie sind im Urlaub. Wieso probieren Sie nicht etwas, was Sie noch nie vorher getan haben?“

Meghan stutzte. War sie so leicht zu durchschauen? Wenn ja, würde es einfacher sein, Nick zu verführen, als sie gedacht hatte. „Ich wäre gern abenteuerlustig. Haben Sie irgendwelche Vorschläge?“

„Wie wäre es mit einer Tour zu den Dry Tortugas? Der Nationalpark ist ideal zum Schnorcheln.“

Schnorcheln? Wenn das kein anderer Ausdruck für Sex war, war es nicht gerade das, was ihr vorschwebte. „Hm, klar. Hört sich gut an.“

„Möchten Sie lieber etwas anderes machen?“

Sie zögerte. Sollte sie es wagen? Elise würde es tun. „Meine Schwester erzählte mir, im Südwesten gebe es einen Nacktbadestrand.“

„Ich ziehe es vor, meinen Körper nur einer Frau zur Zeit zu zeigen. Ich schlafe übrigens nackt, für den Fall, dass Sie sich das schon gefragt haben.“

Nicks schlanker, muskulöser Körper auf einem weißen Laken ausgestreckt, nur mit einem feinen Schweißfilm bedeckt – was für eine Vorstellung!

„Ich werde es mir merken.“ Sie versuchte seinen ungezwungenen Ton aufzunehmen, doch das leichte Stocken in ihrer Stimme verriet ihr Interesse. War es vor einer Minute schon so heiß gewesen? Sie trank rasch einen Schluck Wein.

„Sie dagegen kommen mir nicht wie jemand vor, der nackt schläft“, meinte er. „Ich wette, Sie tragen nachts eins von diesen Spitzendingern, die ich in Ihrem Gepäck gesehen habe.“

„Das weiß nur ich. Sie müssen es herausfinden.“

Er grinste. „Wollen wir Model und Fotograf spielen?“

Sie lachte. „Was haben Sie eigentlich mit diesen Rollenspielen?“

„Na ja, ein Mann darf doch wohl träumen, oder?“

„Träumen Sie weiter, Nick.“

Anscheinend hatte sie einen Mann gefunden, dem Fantasien beinah so gefielen wie ihr. Konnte es besser laufen? Nick war eindeutig ihr Mr. Wundervoll. Jetzt musste sie nur noch den richtigen Zeitpunkt finden, um ihre Absicht zu erklären.

„Sie haben Salatdressing am Mund, Meghan. Möchten Sie, dass ich es wegmache?“

„Nein, aber danke für das Angebot.“

Ein Funkeln trat in seine Augen, als er beobachtete, wie sie den Tropfen von ihrer Lippe leckte. Am liebsten hätte sie seine Lippen liebkost, seinen Hals, seine Brust … wenn sie nicht bald aufhörte, ihn sich nackt vorzustellen, würde sie noch durchdrehen.

„Na schön, Sexy. Hören Sie auf, mich hinzuhalten, und werden Sie persönlich.“

Oh, und wie persönlich sie werden wollte. Aber nicht, was ihre kuscheligen Flanellpyjamas anging. „Normalerweise schlafe ich nur mit einem Slip bekleidet.“

„Mit welchem? Dem winzigen blauen mit …“

„Jetzt erzählen Sie mal etwas über sich, Nick“, unterbrach sie ihn. „Ich werde nicht als Einzige Geständnisse machen. Was ist der ungewöhnlichste Ort, an dem Sie je Sex hatten? Streicheln Sie sich unter der Dusche oder im Bett? Haben Sie …“

„Stopp!“ Er wirkte ein klein wenig geschockt. Offenbar hatte er mit dieser Unverblümtheit nicht gerechnet. „Wechseln wir das Thema.“

„Feigling.“

„Na gut. Ich hatte einmal Sex in einem stecken gebliebenen Fahrstuhl. Zwei Stunden.“

Ihr Puls beschleunigte sich. Eine Eintragung in ihrem Tagebuch handelte von einem Fahrstuhl, einem Fremden und einem Topf schmelzender Eiscreme. „Steckte der Fahrstuhl zwei Stunden fest oder hatten Sie zwei Stunden lang Sex?“

„Zwei Stunden lang Sex. Beeindruckt Sie das?“

„Kommt drauf an. Prahlen Sie oder flirten Sie?“

Er grinste mutwillig. „Es gibt zwei Dinge, die ich sehr gut mache. Und Flirten ist das andere.“

Meghan stützte das Kinn auf die gefalteten Hände. „Sie haben ein sehr gesundes Ego, Nick.“

„Ich habe außerdem einen sehr gesunden … Appetit.“

Meghan war sich der Nähe dieses sinnlichen Mannes nur allzu bewusst. Frag ihn, dachte sie. Los, tu es.

In diesem Moment trat der Kellner an ihren Tisch, entschuldigte sich für die Störung und flüsterte Nick etwas ins Ohr.

„Jetzt?“ Seine Miene drückte Besorgnis aus, und er fluchte leise. „Danke.“

„Was ist passiert?“ Verblüfft verfolgte Meghan, wie sich der charmante Mann, mit dem sie gerade noch gesprochen hatte, in einen Fremden mit harten Zügen verwandelte. „Nick?“

Er sah auf, und seine Miene entspannte sich ein wenig. „Tut mir leid. Ich muss mich um eine geschäftliche Angelegenheit kümmern.“

„Sie sollten auch Urlaub machen.“

„Es ist ein Arbeitsurlaub, schon vergessen? Ich bin hier auf Einladung eines wichtigen Kunden, daher kann ich ihn schlecht ignorieren – so gern ich das auch möchte.“

„Müssen Sie sofort gehen? Sie haben doch noch gar nichts gegessen.“ Es war ein lahmer Versuch, ihn hier zu halten, und das wussten sie beide.

„Es tut mir wirklich leid. Die Angelegenheit kann nicht warten. Wir sehen uns später, das verspreche ich.“

Alex warf die Tür zu seiner Suite hinter FBI Special Agent Emelio Sanchez zu, seinem Partner, seit er der Special Operations Divison zugeteilt war, und gleichzeitig sein bester Freund seit dem College.

Emelio aß eine Hand voll Cashewnüsse und betrat das Wohnzimmer. „Du bist sauer, weil ich dich bei irgendeiner Verabredung zum Abendessen gestört habe? In der Zwischenzeit musste ich die Minibar plündern.“ Er ließ sich in einen Sessel fallen und legte die Füße auf den Couchtisch.

Ja, Alex war sauer. Er konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt so von einer Frau fasziniert gewesen war. „Hoffentlich hast du einen guten Grund.“

„Und ob. Ich habe eben gehört, dass Frankie Ramos’ Yacht, die Cielo Blanco, in Key West angelegt hat.“

Alex blieb abrupt stehen. „So, Bragas Boss ist also endlich aufgetaucht. Ausgezeichnet.“

„Na ja, sein Boot ist hier. Aber er ist nicht darauf.“

„Was? Wo ist er?“

Emelios Miene verfinsterte sich. „Wir sind uns nicht sicher.“

„Na fabelhaft. Mein Abendessen wird kalt, und die Frau, mit der ich verabredet war, ist wahrscheinlich noch kälter. Du hast mich hier hochgeschleppt, um …“

„Ich habe dich hier hochgeschleppt, weil Easton will, dass du ihn anrufst, und zwar sofort.“ Brent Easton war ihr direkter Vorgesetzter bei der SOD.

„Das kann nichts Gutes heißen.“ Alex setzte sich auf die Couch und rieb sich die noch empfindliche Narbe an der Stirn. „Wir sollten schleunigst herausfinden, wo Ramos an Land gegangen ist.“

„Das ist nur eine Frage der Zeit. Wir werden ihn kriegen.“

„Das hast du vor sechs Wochen auch gesagt“, knurrte Alex.

Mit gefährlich leiser Stimme sagte sein Partner ihm, was er von diesen Worten hielt.

„Tut mir leid, Emelio. Es war dumm, das zu sagen.“ Alex fuhr sich mit beiden Händen durch die Haare und seufzte.

„Schon gut.“ Emelio zerknüllte die leere Nusstüte und warf sie in den Papierkorb.

„Dieser Fall sollte etwas Außergewöhnliches sein. Stattdessen strampeln wir uns ab, um Boden zurückzugewinnen.“ Alex hatte die Leitung übernommen, nachdem sein Freund einer Zeugin und Informantin zu nah gekommen war. Gina, so hieß die junge Frau, hatte in einem Dilemma gesteckt und letztlich keine andere Wahl gehabt, als ihn zu verraten. Jetzt kannte Braga und wer weiß wer noch alles Emelio als Cop.

„Lass uns nicht auf alten Geschichten herumreiten, Partner.“

Emelio hatte recht, doch war dieser Vorfall der Wendepunkt in Alex’ Karriere gewesen. Das Problem war, dass er nicht wusste, in welche Richtung. Konzentrier dich auf das Hier und Jetzt, ermahnte er sich. „Na schön. Was hast du gehört?“

„Es geht das Gerücht, dass Ramos langsam den Boden unter den Füßen verliert.“ Emelio nahm zwei Flaschen Bier aus der Minibar und reichte Alex eine. „Er kümmert sich mehr um seine Gewohnheiten als ums Geschäft. Einiges von dem gewaschenen Geld könnte sogar auf seinen Privatkonten liegen, statt auf denen des Kartells.“

Alex pfiff leise. „Ziemlich mutig. Drogenbarone sind nicht gerade bekannt für ihre Wohltätigkeit.“

„Entweder ist er mutig oder das Zeug, das er sich durch die Nase zieht, hat seine Hirnzellen beschädigt. Konzentrieren wir uns auf ihn. Wenn wir Ramos haben, liefert er uns den Rest der Truppe gegen ein mildes Urteil.“

Alex drehte die Flasche Bier zwischen den Händen. „Rogelio Braga muss überwacht werden. Ich glaube nicht, dass er mich rein zufällig in dieser Woche hierher eingeladen hat.“

Emelio schüttelte den Kopf. „Vergiss Braga fürs Erste. Wenn wir Ramos kriegen, zerbrechen wir das Miami-Kartell. Kokainsucht macht einen Mann paranoid und unberechenbar, aber auch verwundbar.“

„Hier läuft irgendein ganz großes Ding, das spüre ich. Braga trifft sich heute Abend mit einigen Profikillern zum Essen.“ Alex starrte an die Decke und sprach langsam, während er einige Szenarios entwarf. „Er sammelt seine Kräfte für einen Führungswechsel. Das wird alle Beteiligten betreffen, Zuschauer und Unschuldige gleichermaßen.“

„Du warst nie unschuldig, Mann“, spottete Emelio, um ihn aufzuheitern.

Doch Alex hoffte, dass Meghan unschuldig war. Er zog das dünne blaue Tagebuch aus der Innentasche. „Hör zu. Du musst jemanden für mich überprüfen. Ihr Name ist Meghan Elise Foster. Ihrem Gepäckaufkleber zufolge kommt sie aus Baltimore. Finde heraus, ob sie sauber ist.“

„Ich nehme an, sie war dein Date.“ Emelio musterte seinen Partner. „Glaubst du, die Lady spielt dir etwas vor?“

„Möglich. Sie hat sich heute Abend ziemlich vertraut mit Braga unterhalten. Anschließend hat sie mit mir geflirtet. Es gibt einen Punkt, der auf ihre Unschuld hindeutet, aber ich brauche Gewissheit.“

Sein Partner nickte. „Ich werde ihren Namen in die üblichen Datenbanken eingeben und sehen, was ich finde. In der Zwischenzeit bestell etwas zu essen, ja? Ich bin am Verhungern.“

Alex rief den Zimmerservice an und bestellte für sie beide, da es nicht so aussah, als würde er zu Meghan zurückkehren. Als Nächstes wählte er eine Nummer in Miami. Der erste Anruf würde automatisch an eine andere Verbindung weitergeleitet werden, für den Fall, dass der Hotelanschluss abgehört wurde. Während es klingelte, lehnte Alex sich zurück und schob sich das Sofakissen unter dem Kopf zurecht.

„Hallo? Hier spricht Brent Easton.“

Alex vergeudete keine Zeit mit dem Austausch von Höflichkeiten. „Ich bin’s. Em ist bei mir.“

Easto...

Autor

Mia Zachary
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