Heiß wie Feuer, kalt wie Eis

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Topmodel Ana spürt ein verräterisches Kribbeln, als der attraktive Geschäftsmann Bastien Heidecker sie in seine Arme zieht. Doch während ihr Herz immer heißer brennt, bleibt sein Blick kalt wie Eis. Denn Bastien verfolgt nur ein Ziel: Er will Ana vor den Paparazzi schützen! Damit der Skandal, der ihretwegen gerade über sein Diamantenimperium hereinbricht, nicht noch größer wird. Ana ist verzweifelt: Was kann sie bloß tun, um ihre Unschuld zu beweisen? Nichts schmerzt so sehr, wie sich insgeheim nach den Küssen eines Mannes zu sehnen, der sie mit Verachtung straft …


  • Erscheinungstag 10.05.2016
  • Bandnummer 2231
  • ISBN / Artikelnummer 9783733706722
  • Seitenanzahl 144
  • E-Book Format ePub
  • E-Book sofort lieferbar

Leseprobe

1. KAPITEL

Bastien Heidecker stieß die Tür zum Konferenzraum auf und trat ein. Zunächst nahm keiner seiner leitenden Mitarbeiter von ihm Notiz. Alle verfolgten gebannt die Katastrophe, die ihnen gestochen scharf auf einem Riesenbildschirm präsentiert wurde.

Der Geschäftsführer Henry Lang bemerkte ihn als Erster.

„Mr. Heidecker! Wir halten uns gerade über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden …“ Der untersetzte dunkelhaarige Mann griff nach der Fernbedienung, drückte auf einen Knopf und eilte zu seinem Platz.

Während Bastien darauf wartete, dass auch die restlichen Manager seiner Firma sich um den Konferenztisch versammelten, musterte er wutentbrannt den Bildschirm. Was er dort sah, verlieh seinem schwelenden Ärger neue Nahrung.

Ihr Gesicht, eingefroren im Stand-by-Modus, starrte ihm entgegen. Obwohl er innerlich vor Zorn kochte, konnte er es seinen Mitarbeitern nicht übelnehmen, dass sie fasziniert waren. Von der Frau, um die sich alles drehte. Die im Mittelpunkt des Desasters stand, das gerade über seine Firma hereinbrach.

Ana Duval, das junge Topmodel britisch-kolumbianischer Herkunft, sah einfach umwerfend aus. Mit ihrer strahlenden Schönheit, gepaart mit einem Hauch von Unschuld, Trotz und sorgfältig inszenierter Verletzlichkeit, brachte sie jeden heißblütigen Mann auf der westlichen Erdhalbkugel um den Verstand. Und sicherte sich seit Jahren einen Platz im internationalen Rampenlicht.

Verdammt, fast hätte sie mich auch um den Finger gewickelt.

Schon als Fünfzehnjähriger hatte Bastien gewusst, dass die magere, rehäugige Achtjährige, mit der er zu seinem Leidwesen fast einen ganzen Sommer hatte verbringen müssen, nur Ärger bedeutete. Allerdings hatte er nicht ahnen können, welches Chaos sie sechzehn Jahre später in seinem Leben anrichten würde.

Sein Blick glitt von ihren seidig glänzenden schwarzen Haaren zu dem geschmeidigen Körper, dann weiter zu den Beinen. Lange, schlanke Beine, die einer ihrer Fans einmal schwärmerisch „ein Meter Männerglück“ genannt hatte.

Ob er wollte oder nicht, ihr Anblick ließ ihn nicht kalt. Und noch weniger die Erinnerung daran, wie Ana sich erst vor wenigen Wochen an ihn geschmiegt und zärtlich seinen Namen geflüstert hatte …

Ärgerlich schob er den Gedanken von sich. „Wie stehen die Aktien?“, fragte er, während er seinen angestammten Platz am Kopfende des Tischs einnahm.

Henry Lang verzog gequält das Gesicht. „Um mehr als fünfzig Prozent gefallen und weiter im Abwärtstrend.“

„Was sagt die Rechtsabteilung? Können wir etwas dagegen unternehmen?“

„Heute um vierzehn Uhr findet eine gerichtliche Anhörung statt“, informierte ihn der Geschäftsführer mit einem Blick auf seine Armbanduhr. „Da es Ms. Duvals erstes strafrechtliches Vergehen ist, bleibt zu hoffen, dass der Richter Milde walten lässt.“

Mutmaßliches Vergehen“, korrigierte Bastien scharf.

Henry runzelte die Stirn. „Verzeihung, Sir?“

„Bis zum Beweis ihrer Schuld wird Ms. Duval lediglich verdächtigt, eine Straftat begangen zu haben, non?“

Einige der Anwesenden rutschten unruhig auf ihren Stühlen herum. Henrys Blick huschte zum Bildschirm. „Aber sie wurde mit den Drogen in der Hand im VIP-Bereich des Nachtclubs gefilmt …“

Bastien presste die Lippen zusammen. Er hatte sich das Video, das irgendein Idiot ins Netz gestellt hatte, auf dem Weg von Heathrow hierher bereits angesehen. Auch der Vorstandschef der Heidecker Bank in Genf, einer renommierten Schweizer Privatbank und Mutterkonzern von Heidecker Diamonds, kannte es schon und hatte äußerst ungehalten darauf reagiert. Genau wie er selbst. Er musste das Problem schnellstens aus der Welt schaffen.

Zum Glück stand die Mehrheit des Vorstands hinter ihm, doch es gab ein Stigma, das hartnäckig an ihm haftete.

Wie der Vater, so der Sohn.

Er war nicht wie sein Vater. Nach jenem verhängnisvollen Sommer im Ferienhaus seiner Eltern in Verbier hatte er sich geschworen, allen zu beweisen, dass er mit den Genen seines Vaters nicht zwangsläufig auch dessen schlechte Charaktereigenschaften geerbt hatte. Zwölf Jahre lang war ihm das gelungen

Bis zu jenem kleinen Ausrutscher neulich in Cannes. Da hatte er sich von süßen Versprechungen und einem verlockenden Körper blenden lassen und darüber fast sein Ziel aus den Augen verloren. Seitdem plagten ihn Selbstzweifel.

Zornig musterte er das Gesicht der Frau auf dem Bildschirm. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie unschuldig war, tendierte gen null, doch das behielt er lieber für sich.

„Was auch immer ihr vorgeworfen wird, Ana Duval ist das Gesicht von Heidecker Diamonds. Unsere Diamanten werden von den prominentesten Frauen auf der ganzen Welt getragen. Bevor sie nicht rechtskräftig verurteilt ist, hat Ana Duval als unschuldig zu gelten. Wir bestehen auf dieser Unschuldsvermutung, ist das klar?“

Bastien wartete, bis alle reihum ihre Zustimmung signalisiert hatten. Er hatte das beklemmende Gefühl, gerade miterleben zu müssen, wie sich die Geschichte seiner Familie auf groteske Weise wiederholte. Besser, er ließ die Vergangenheit ruhen.

Ana Duval mochte wie die jüngere Version der Frau aussehen, die seine Familie zerstört hatte. Aber er war nicht willensschwach wie sein Vater.

Er musste der Frau, die seine Marketingabteilung engagiert hatte, die Stange halten. Sich von ihr zu distanzieren, hätte den Verdacht gegen sie nur erhärtet und das vorzeitige Ende der Werbekampagne für Heidecker Diamonds eingeläutet.

„Wie verhalten wir uns den Medien gegenüber?“, fragte er seinen Pressesprecher.

„Wir fahren die ‚Kein Kommentar‘-Schiene.“

Bastien nickte. „Bleiben Sie vorerst dabei, aber setzen Sie ein Dementi auf. Und Sie, Henry, strecken Ihre Fühler in Richtung Konkurrenz aus. Wir müssen darauf vorbereitet sein, die Firma abzustoßen, sollte die Talfahrt nicht aufzuhalten sein.“

Er war in erster Linie Geschäftsmann. Bevor der Skandal um Ana aufkam, hatte sein Handelsunternehmen sich hervorragend am hart umkämpften Diamantenmarkt bewährt, doch er wusste aus Erfahrung, wie schnell es damit vorbei sein konnte. Ein Skandal wie dieser konnte das solideste Unternehmen – und die stabilste Familie – in ihren Grundfesten erschüttern.

„Ist das nicht etwas verfrüht?“, wagte Henry einzuwenden.

Bastiens Blick ruhte auf dem betörend schönen Gesicht von Ana Duval, das ihn über den blankpolierten Konferenztisch hinweg ansah.

„Manchmal muss man ein drohendes Unheil im Keim ersticken, bevor es weitere Kreise zieht.“

Ana Duval rieb sich die Unterarme. Auch zwölf Stunden später hatte die Erinnerung an den Moment, als sich die stählernen Handschellen um ihre zarten Handgelenke geschlossen hatten, nichts von ihrem Schrecken verloren.

Noch erschreckender war die Höhe der Kaution, die gerade festgesetzt wurde. Die Anhörung war unerwartet kurz ausgefallen, und die Richterin ließ keinerlei Sympathie für die Angeklagte erkennen.

Ana sprang auf. „Zweihunderttausend Pfund? Entschuldigung, Euer Ehren, aber …“

„Ms. Duval, überlassen Sie das bitte uns“, ermahnte sie einer der Anwälte von Heidecker Diamonds, während die Richterin sie missbilligend fixierte.

Frustriert sank Ana auf ihren Platz zurück. Selbst wenn sie alles verkaufte, was sie besaß, würde sie die geforderte Summe nicht aufbringen können. Sie musste sich darauf gefasst machen, jeden Moment in ihre trostlose Zelle zurückgebracht zu werden.

Während die Anwälte die Köpfe zusammensteckten, rechnete sie aus, wie viel Geld auf ihrem Konto war. Viel war es nicht.

Du meine Güte, man wird mich einsperren! Nur weil ich mein Asthmaspray benutzt habe. Das anschließend auf mysteriöse Weise aus ihrer Handtasche verschwunden und durch einen mit Heroin gefüllten Inhalator ersetzt worden war. Das Ganze war so absurd, dass es schon fast zum Lachen war. Doch die Lage war bitterernst.

Aufgewachsen mit einer Mutter, die jedes Anzeichen von Missmut oder Problemen mit einer Flut von Pillen erstickte, hatte Ana schon sehr früh eine tief verwurzelte Abneigung gegen jede Art von Drogen entwickelt. Erst nach einem schweren Asthmaanfall im letzten Jahr hatte sie sich dazu durchgerungen, überhaupt ein Spray mit sich zu führen.

Welche Ironie, dass ausgerechnet das kleine Gerät, das ihr im Notfall das Leben retten sollte, nun drohte, ihr Leben zu zerstören!

Die Anwälte unterbrachen ihre Beratungen. Ana wollte sich gerade nach dem Stand der Dinge erkundigen, als sie ein seltsames Kribbeln verspürte.

Sie kannte dieses Gefühl. Ihr Herz fing wild an zu hämmern, als ihr einfiel, woher.

Es war am zweiten Tag des Shootings für die Heidecker Diamant-Kampagne gewesen. Sie hatte bei strahlendem Sonnenschein an Deck einer Luxusjacht in Cannes posiert und sich zu Tode gelangweilt. Eigentlich hatte sie nur darauf gewartet, dass sie endlich ihren Vater anrufen und ihn zu seinen neuesten archäologischen Funden beglückwünschen konnte.

Genau wie jetzt hatte das verräterische Kribbeln in den Zehenspitzen begonnen, war ihre Beine hinaufgekrochen bis zu ihrem Schoß und hatte sich von dort überallhin ausgebreitet.

Genau wie jetzt hatte sie das Bedürfnis verspürt, davonzulaufen und sich zu verstecken. Eine lächerliche Anwandlung für eine Frau, deren Beruf es war, sich öffentlich zur Schau zu stellen. Genau in dem Moment, als das nervöse Kribbeln seinen Höhepunkt erreichte, hatte der Fotograf auf der Jacht auf den Auslöser gedrückt.

Erleichtert hatte sie die Glieder gereckt und sich umgedreht.

Und direkt in Bastien Heideckers silbergraue Augen geblickt.

Die Erinnerung an das, was danach geschehen war, raubte ihr immer noch den Atem. Egal, wie energisch sie es zu verdrängen versuchte.

Auch diesmal sah sie direkt in Bastiens Augen, als sie den Kopf wandte.

Im Bruchteil einer Sekunde erwachte ihr Körper aus dumpfer Benommenheit zu glühendem Leben. Mit klopfendem Herzen beobachtete sie, wie der einschüchternd große, gutaussehende Mann, der im Gerichtssaal alle Blicke auf sich zog, zu seinen Anwälten trat und leise mit ihnen verhandelte

Während der ganzen Zeit ließ er Ana nicht aus den Augen.

Sie ihn auch nicht, Nicht einmal, als er auf sie zukam und schräg hinter ihr Platz nahm. Erst als er sie mit einer knappen Kopfbewegung anwies, nach vorn zu sehen, wandte sie sich rot vor Verlegenheit ab. Wie kann ich ihn nur so unverhohlen anstarren!

Als der Richterhammer auf das Pult niederging, zuckte sie vor Schreck zusammen. Aus dem Augenwinkel bemerkte sie Bastiens spöttisches Lächeln, schürzte die Lippen und richtete sich würdevoll auf.

Sie wünschte, sie hätte darauf bestanden, sich vor dem Gerichtstermin noch umziehen zu dürfen. Das hautenge, blau schillernde Seidenkleid, das sie nur ihrer Mitbewohnerin Simone zuliebe angezogen hatte, war selbst für die Party am Abend zuvor reichlich gewagt gewesen. Jetzt, im hellen Tageslicht, noch dazu in einem Gerichtssaal, wirkte es geradezu obszön.

Verlegen zupfte sie an ihrem Rocksaum und bekam kaum mit, was um sie herum geschah. Dass die Anhörung zu Ende war, bemerkte sie erst, als Gemurmel aufkam und Bastien den Anwälten die Hände schüttelte.

Rasch stand sie auf und griff nach ihrer winzigen Handtasche. Zu ihrer Erleichterung eilte nicht sofort ein Wachmann herbei, um ihr Handschellen anzulegen.

„Was ist denn jetzt?“ Es sollte kühl und geschäftsmäßig klingen, doch ihr Mund war so trocken, dass sie nur ein Lallen herausbrachte. Mit einer fahrigen Bewegung strich sie die langen schwarzen Haare zurück, die schwer und glänzend über ihre Schultern fielen.

Bastien trat auf sie zu, der Blick kalt wie Eis. „Du hattest wohl gewisse Schwierigkeiten, dich zu konzentrieren.“

„Tut mir leid, aber …“

Sie war so überwältigt von ihm, dass sie weiche Knie bekam. Vielleicht lag es auch daran, dass sie seit gestern nichts mehr gegessen hatte. Jedenfalls wurde ihr plötzlich schwindelig.

Leise fluchend fasste er sie an den Oberarmen und hielt sie aufrecht. „Warte, wie leid es dir erst tun wird, wenn ich mit dir fertig bin.“

Der Klang seiner rauen dunklen Stimme dicht an ihrem Ohr ließ Ana erschauern. Viel zu oft hatte sich diese Stimme in den vergangenen Wochen in ihre Träume geschlichen und sie höhnisch daran erinnert, welche Schwäche sie für ihn hegte.

Als Achtjährige war sie ihm wie ein Hündchen nachgelaufen, obwohl er ihr deutlich zu verstehen gegeben hatte, dass sie ihm auf die Nerven ging. Jetzt, mit vierundzwanzig, fand sie ihn auf andere, viel gefährlichere Weise anziehend – und wäre seinem Charme neulich fast erlegen.

Das passiert mir nicht noch einmal.

„Lass mich gehen, Bastien.“ Sie versuchte, sich aus seinem Griff zu befreien, doch er zog sie unbarmherzig näher.

„Ich weiß nicht, wie aufnahmefähig dein drogenumnebeltes Hirn ist, aber hör mir genau zu. Wir beide verlassen gleich das Gerichtsgebäude. Draußen wartet nicht nur mein Wagen, sondern auch eine Horde Reporter auf uns. Du sagst kein einziges Wort, oder ich bringe ich dich um. Ist das klar?“

„Nimm deine Hände weg, Bastien! Du irrst dich. Ich habe keine…“

Seine Finger bohrten sich so fest in ihre Oberarme, dass sie vor Schreck verstummte. Zitternd atmete sie seinen warmen, männlich herben Duft ein.

„Wenn ich dich heil von hier wegbringen soll, sagst du jetzt Ja und sonst gar nichts.“

In Ana regte sich flammender Widerspruch. Solange sie denken konnte, hatte sie sich nur auf sich selbst verlassen. Sie hatte gar keine andere Wahl gehabt.

Doch die Anklage, das Gericht, die drohende Gefängnisstrafe, das alles war neu und beängstigend für sie. Außerdem musste sie Bastien ohnehin Rede und Antwort stehen. Er war der Boss.

Sie schluckte. „Okay. Aber nur, bis wir hier weg sind.“

Er ließ sie los, trat einen Schritt zurück und musterte sie finster von oben bis unten. In seinen Augen spiegelt sich dieselbe Mischung aus Zorn und Verlangen wie an jenem warmen Abend an Deck der Jacht.

Mit raschem Griff zog er sein Jackett aus und legte es ihr um die Schultern.

„Magst du mein Kleid nicht?“, fragte sie provozierend, obwohl sie froh darüber war, sich nicht mehr so nackt zu fühlen.

„In deiner Freizeit kannst du meinetwegen halb nackt herumlaufen, aber nicht auf Kosten meiner Firma. Ich habe keine Lust, mich mit einem Rudel wildgewordener Paparazzi herumzuschlagen.“

Zu sehen, wie sich das teure blaue Hemd über seinem muskulösen Oberkörper spannte, ließ das verflixte Kribbeln in ihrem Bauch sofort wieder aufleben.

Sie wusste, was der Skandal für Heidecker Diamonds bedeutete. Also senkte sie lieber den Blick, bevor sie die Liste ihrer Sünden noch verlängerte, indem sie ihre unerklärliche Schwäche für den Firmenboss preisgab.

Als Kind war sie ihm nur lästig gewesen. Diese Abneigung hatte sich bei ihrem Wiedersehen in Cannes in etwas ganz anderes verwandelt.

Sie hatten nie wieder darüber gesprochen. Vielleicht weil sie beide wünschten, es wäre nie passiert.

Doch es war passiert. Um ein Haar wären sie beide schwach geworden.

Ihre Blicke begegneten sich. Wieder glaubte Ana, ein begehrliches Funkeln in seinen Augen zu sehen. Und einen Hauch von … Bedauern?

Beides verschwand so schnell, wie es gekommen war. Energisch fasste Bastien sie am Handgelenk und zerrte sie zum Ausgang.

Die dreisteren Pressevertreter lauerten ihnen bereits im Flur auf. Jahrelange Erfahrung hatte Ana gelehrt, niemals direkt in eine Kamera zu blicken, doch jetzt war sie so durcheinander, dass sie vom Blitzlicht geblendet ins Stolpern geriet.

Ihre High Heels, die nicht für eine Flucht aus dem Gerichtsgebäude geschaffen waren, knickten unter ihr weg. Ehe sie wusste, wie ihr geschah, fand sie sich in Bastiens Armen wieder.

Ihr blieb nichts anderes übrig, als die Hände um seinen Nacken zu legen und das Gesicht an seine Schulter zu schmiegen, während er sie sicher durch das Inferno aus Blitzlichtgewitter und aufgeregtem Geschrei aus dem Gerichtsgebäude trug.

Er roch wunderbar. Frisch, sauber und aufregend männlich. Seinen warmen Körper an ihrem zu spüren erinnerte Ana an den Vorfall auf der Jacht, als ihre Gefühle mit ihr durchgegangen waren. Ein heißes Prickeln durchlief sie.

Ohne die sensationslüsternen Reporter zu beachten, die sie von allen Seiten bedrängten, marschierte Bastien direkt auf eine am Straßenrand geparkte schwarze Limousine zu. Ein stämmiger Wachmann hielt ihnen den Schlag auf, und schon saßen sie im Innern der ledergepolsterten Luxuskarosse.

In der plötzlichen Stille, die sie umfing, sagte keiner von ihnen ein Wort. Nur ein gedämpftes Brummen war zu hören, als der Chauffeur den Motor anließ.

Unfähig, den Blick von ihm abzuwenden, betrachtete Ana das attraktive, scharf geschnittene Profil des Mannes, der sie noch immer in den Armen hielt. Als der Wagen mit einem Ruck vom Bordstein rollte, berührten ihre Lippen flüchtig Bastiens Hals. Heißes Verlangen durchzuckte sie. Und der übermächtige Wunsch, seine warme Haut gleich noch einmal zu küssen.

Er atmete scharf ein und beförderte sie unsanft auf den gegenüberliegenden Sitz. Sorgfältig befestigte er erst ihren, dann seinen Sicherheitsgurt.

Ana rang erschrocken nach Luft. Fast hätte sie einen Finger an ihre Lippen gelegt, um dem köstlichen Gefühl nachzuspüren, das der Beinahe-Kuss darauf hinterlassen hatte. Nur Bastiens laserscharfer Blick hielt sie davon ab.

Energisch rief sie sich zur Ordnung. Sie war stark und hatte schon ganz andere Dinge durchgestanden. Mit einer Mutter wie der ihren war sie gezwungen gewesen, ein stabiles Rückgrat zu entwickeln.

Sie würde nicht vor Bastien Heidecker zu Kreuze kriechen.

„Danke, dass du mich vor den Paparazzi gerettet hast, aber ich hätte die Sache lieber auf meine Weise geregelt“, sagte sie würdevoll.

Er musterte sie mit unbewegter Miene. „Erzähl mir jetzt genau, was gestern Abend passiert ist.“

„Warum? Du hast doch das Video gesehen. Einer deiner Anwälte war ganz aus dem Häuschen darüber, wie schnell es sich in den sozialen Netzwerken verbreitet hat.“

„Ist das alles, was du zu sagen hast?“

„Du glaubst mir ja doch nicht, also was soll’s?“ Sie hatte nicht vergessen, wie er sie im Gerichtssaal heruntergeputzt hatte.

„Sagen wir, ich gebe dir eine zweite Chance“, erwiderte er schulterzuckend. „Leg los, ich bin ganz Ohr.“

„Du hast dir deine eigene Wahrheit doch schon zurechtgelegt. Wie war das doch gleich mit meinem drogenumnebelten Hirn?“

„Oh, das weißt du noch?“, fragte er zynisch.

„Siehst du? Du hast dein Urteil längst gefällt. Warum sollte ich auch nur einen Atemzug darauf verschwenden, dir irgendetwas erklären zu wollen?“

Er lächelte herablassend. „Weil ich die Geschichte gern noch einmal aus deinem Mund hören würde.“

Ana war verärgert. Und enttäuscht, weil er ihr offenbar nicht glaubte. Kurz spielte sie mit dem Gedanken, seine Aufforderung zu ignorieren, doch in Anbetracht der Umstände war das keine gute Idee. Ihr Vertrag mit Heidecker Diamonds lief erst in einigen Wochen aus. Vorher konnte sie nicht zu ihrem Vater nach Kolumbien fliegen. Ihr unbescholtener Ruf war ein wesentlicher Bestandteil dieses Vertrags, und der Verdacht gegen sie brachte das Unternehmen in ernste Schwierigkeiten.

Wie ernst, das führte ihr Bastiens Anwesenheit in London deutlich vor Augen – und erst recht sein persönliches Erscheinen bei Gericht.

„Ich hatte einen Asthmaanfall“, erklärte sie wahrheitsgemäß.

Seine grauen Augen wurden schmal. „Ich kann mich nicht erinnern, in deiner Personalakte etwas von Asthma gelesen zu haben.“

„Du meinst damals, nachdem du erfahren hattest, dass dein Management mich für die Kampagne engagiert hatte, und mich auf der Stelle feuern wolltest?“

Nur deshalb war er in Cannes an Bord der Jacht gekommen. Nur deshalb hatte er alle anderen weggeschickt, um mit ihr allein zu sein. Und nur deshalb hätte sie fast den Respekt vor sich selbst verloren.

Er schien sich keiner Schuld bewusst zu sein. „Genau.“

Seine Gleichgültigkeit versetzte ihr einen Stich, doch sie ließ sich nichts anmerken. „Gesundheitliche Aspekte, die mich nicht an der Ausübung meiner Arbeit hindern, müssen nicht in meiner Akte verzeichnet sein. Asthma ist in der Regel nicht lebensgefährlich.“

Lauren Styles, Chefin einer Londoner Modelagentur und seit Jahren Anas persönliche Agentin, kannte ihr Problem und hatte kein Interesse daran, es publik zu machen. Sie war wie eine Mutter für Ana. Mehr, als ihre eigene Mutter es je gewesen war. Lauren stand uneingeschränkt hinter ihr. Schon deshalb durfte sie die Kampagne für Heidecker Diamonds auf keinen Fall platzen lassen. Oder den Firmenchef gegen sich aufbringen.

„Und weiter?“

„Meine Mitbewohnerin Simone hatte mich zu ihrer Geburtstagsparty eingeladen. Normalerweise meide ich Nachtclubs, weil ich die Luft dort nicht vertrage. Das weiß ich seit einem schweren Asthmaanfall letztes Jahr. Und auch gestern bekam ich Probleme …“

„Und warum bist du dann nicht gegangen?“

„Das wollte ich ja, aber Simone hat mich überredet zu bleiben.“

„Obwohl du Asthma hast?“

„Sie weiß nichts davon. Wir wohnen noch nicht lange zusammen. Jedenfalls ging ich in den Waschraum, um mir kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen. Später habe ich dann mein Asthmaspray benutzt und mir an der Bar eine Flasche Wasser geholt. Als ich an meinen Platz zurückkehre, wurde ich vom Fleck weg verhaftet. Die Polizisten zeigten mir die Aufzeichnung der Überwachungskamera, auf der zu sehen ist, wie ich mein Spray benutze, und nahmen mich fest.“

Bastien musterte sie zweifelnd.

„Ich hatte keine Ahnung, was das Ganze soll, okay?“, fuhr sie zornig fort. „Sie haben meine Handtasche durchsucht, den Inhalator gefunden, und jetzt habe ich eine Anzeige wegen Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz am Hals. Weil das Ding offenbar mit Heroin gefüllt war.“

Minutenlang herrschte angespannte Stille. In den Fassaden der Hochhäuser spiegelten sich ein paar blasse Sonnenstrahlen, als die Limousine durch die dichtbefahrenen Straßen der Londoner Innenstadt rollte. Im Wagen war es warm, doch Ana fror. Die klamme Kälte, die draußen herrschte, schien bis in ihr Innerstes vorgedrungen zu sein. Zitternd zog sie das Jackett enger um sich und genoss wehmütig Bastiens aufregenden Duft, der noch darin hing.

„Was ist?“, fragte sie gereizt, als sie merkte, dass er sie immer noch prüfend ansah. „Ich habe dir alles erzählt.“

„Nicht ganz. Du hast nicht gesagt, dass du keine Drogen nimmst.“

„Wie bitte?“, keuchte sie empört. „Was fällt dir ein?“

Er lehnte sich so weit vor, dass sie das kalte Glitzern in seinen Augen sah. „Oh, mir fällt so einiges ein, Ana. Die Existenz meiner Firma hängt davon ab, dass ich mir etwas einfallen lasse. Dank dir steht die nämlich gerade auf der Kippe.“

Ana richtete sich kerzengerade auf. Sie hatte sich nichts vorzuwerfen. „Ich nehme keine Drogen. Habe ich nie getan und werde ich nie tun. Zufrieden?“

„Hast du deine Handtasche zwischendurch aus den Augen gelassen?“

„Ich habe sie mit an die Bar genommen, aber es kann sein, dass ich sie nicht immer im Blick hatte. Das habe ich doch alles schon der Polizei gesagt.“

„Im Gegensatz zur Polizei habe ich, wie du dir vielleicht denken kannst, ein persönliches Interesse an deinem Fall.“

Seine leise, schneidende Stimme ging ihr durch und durch. Natürlich sprach er von seinen Geschäftsinteressen, doch sie musste ständig an ihre Begegnung auf der Jacht denken. Daran, wie nah sie einander gekommen waren.

„Das ist mir klar. Und glaub mir, ich möchte die Sache ebenso gern geklärt haben wie du. Immerhin steht auch mein Ruf auf dem Spiel.“

Nicht nur das. Es konnte ihr durchaus passieren, dass sie jetzt von dem Freiwilligenprogramm ihres Vaters ausgeschlossen wurde, an dem sie so gern teilnehmen wollte. Professor Duval war ein weltberühmter Archäologe, aber jede Art von Vorteilsnahme war ihm zuwider, das hatte er seiner einzigen Tochter von klein an eingetrichtert.

Ana wusste, wie sehr er ihre Mutter für ihre Habgier verachtete. Die Frau, die sich erst in seinem Ruhm gesonnt und ihm dann, als sie genug von ihm hatte, einen brutalen Scheidungskrieg geliefert hatte.

Wenig später hatte Lily Duval sich an einen Schweizer Bankier herangemacht. Ohne Rücksicht auf die Menschen, deren Leben sie damit zerstörte, hatte sie ihre gierigen Finger nach einem Leben in Reichtum und Luxus ausgestreckt.

Verstohlen blickte Ana zu Bastien hinüber. Dachte auch er manchmal an jenen tragischen Sommer in Verbier zurück, oder hielt er die Erinnerung eisern unter Verschluss?

„Vermutlich willst du mich jetzt wieder feuern.“ Diesmal hatte sie wirklich schlechte Karten, aber sie würde sich mit allen Mitteln gegen die Anklage zur Wehr setzen.

„Eine verlockende Idee, aber so einfach ist das nicht. In den USA und in Japan laufen die ersten Spots gerade an. Die Ausstrahlung der kompletten Serie wurde im Voraus bezahlt. Dich zu ersetzen, hieße, sämtliche Shootings zu wiederholen.“

„Du willst, dass ich den Vertrag erfülle? Ich dachte …“

Das Autotelefon klingelte, und Bastien hob ab. Während er telefonierte, ließ er Ana nicht aus den Augen. Die Art, wie er sie mit regloser Miene fixierte, machte sie nervös. Er beendete das Gespräch und drehte sich wortlos zum Fenster.

Das gedämpfte Sonnenlicht, das durch die getönten Scheiben fiel, verlieh seinem dunkelblonden Haar einen sattgoldenen Schimmer. Das markante Profil mit dem kräftigen Kinn sprach von Durchsetzungsvermögen und Autorität, sein Mund aber war überraschend sinnlich.

Ana hätte nichts dagegen gehabt, wenn er für den Rest der Fahrt zum Fenster hinausgesehen hätte. So konnte sie ihn wenigstens ungestört betrachten. Die schweren Lider mit den dichten Wimpern, der sexy Mund … Und davon träumen, wie es sich angefühlt hatte, von ihm geküsst zu werden.

Ihr Herz machte einen Satz, als er sie unvermittelt ansah.

„Das war mein Geschäftsführer. Die Aktien von Heidecker Diamonds fallen weiter, und in einer halben Stunde schließt die Börse.“

Ihr Magen verkrampfte sich. „Was bedeutet das?“

„Es bedeutet, dass du besser anfangen solltest zu beten. Wenn der Kurs sich bis Börsenschluss nicht erholt hat, schuldest du mir einschließlich der Kaution, die ich gerade für dich lockermachen musste, rund fünf Millionen Pfund.“

2. KAPITEL

Ana war starr vor Schreck. „Ich glaube dir kein Wort“, stieß sie hervor.

Bastien presste die Lippen zusammen. Sein Blick war so kalt wie die schneebedeckten Gipfel seiner Schweizer Heimat. Wortlos drückte er auf einen Knopf, und aus der Konsole zwischen den Sitzen fuhr ein Monitor hervor. Er drehte ihn so, dass Ana ihn sehen konnte.

Autor

Maya Blake
<p>Mit dreizehn Jahren lieh sich Maya Blake zum ersten Mal heimlich einen Liebesroman von ihrer Schwester und sofort war sie in den Bann gezogen, verlor sich in den wunderbaren Liebesgeschichten und begab sich auf romantische Reisen in die Welt der Romanhelden. Schon bald träumte sie davon, ihre eigenen Charaktere zum...
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