Heiße Nächte mit dem Bad Boy (Baccara 2126)
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Hartley Tarleton hatte in seinem Leben eine Menge Fehler gemacht, doch Fiona James zu verlassen, und das gleich zweimal, war der dümmste gewesen. Allerdings hatte er seine Gründe gehabt. Mildernde Umstände. Familiäre Verpflichtungen. Dennoch hatte er die Dinge schlecht gemanagt. Fiona war vermutlich nicht in versöhnlicher Stimmung. Schlimmer noch, er war hier, um sie demütig um einen Gefallen zu bitten.
Trotz jeder Menge Bedenken parkte er auf der Straßenseite gegenüber ihrem ordentlich gepflegten Bungalow. Das Mittelklasseviertel von Charleston war sanft gealtert, hatte das Beste des Südstaaten-Charmes der Stadt behalten und war noch immer erschwinglich für Singles und junge Familien. Fiona war Landschaftsmalerin, sehr talentiert und mit erstklassigem Ruf. Die brotlosen Künstlerjahre lagen hoffentlich hinter ihr.
Hartley trommelte auf dem Lenkrad herum und ging in Gedanken noch einmal seine Rede durch. Das Haus und die Frau zogen ihn wie magisch an. Zwei Nächte hatte er hier verbracht, wenn auch nicht hintereinander. Aus Gründen, die er nicht zu eingehend analysieren wollte, erinnerte er sich an jedes Detail.
An schwierigen Tagen im vergangenen Jahr war er zur Ruhe gekommen, indem er sich die wunderschöne alte Essecke in Fionas kleiner Küche in Erinnerung rief. Der Tisch war gelb mit grauen Sprenkeln. Er hatte sich Fiona mit ihren natürlichen roten Locken und den riesigen graublauen Augen vorgestellt, wie sie mit einem Zeichenblock vor sich auf einem der Stühle mit den verchromten Beinen saß.
Langsam stieg er aus dem Auto und streckte sich. Derart zögerlich zu sein sah ihm gar nicht ähnlich. Eigentlich war er eher impulsiv. In jungen Jahren hatten die Leute diese Tendenz als Zeichen von jugendlicher Unreife kritisiert. Er sah es lieber so, dass er den Stier bei den Hörnern packte. Er nahm sein Schicksal gern selbst in die Hand.
Ein Schweißtropfen rann ihm den Rücken hinunter. Der Tag war absurd heiß und feucht. Vielleicht war er zu lange weg gewesen. Charleston war sein Zuhause. Warum bloß fühlte er sich wie ein Eindringling?
Das Herz hämmerte ihm in der Brust, als er die Straße überquerte und den Weg hinauflief. Er hatte sich Sorgen gemacht, dass Fiona unterwegs sein könnte, doch ihr sorgfältig restaurierter VW Käfer stand in der Einfahrt. Das Auto war so pink wie Zuckerwatte, und kleine blaue Seepferdchen zierten die Motorhaube. Alles in allem ein schrulliger Wagen, der perfekt zum Image einer Künstlerin passte.
Auf der Veranda lockerte er die Krawatte und zwang sich, einen kühlen Kopf zu bewahren. Trauer und jede Menge andere Emotionen strömten auf ihn ein. Sein Hals war staubtrocken. Fest entschlossen drückte er auf die Klingel.
Als Fiona die Türklingel hörte, seufzte sie erleichtert auf. Sie hatte neue Öl- und Acrylfarben im Wert von mehreren hundert Dollar bestellt. Die Gebühr für die Über-Nacht-Lieferung hatte sie erschaudern lassen, doch sie war selbst schuld, weil ihr nicht früher aufgefallen war, dass sie nicht alles Nötige hatte, um den neuen Auftrag zu beginnen.
Sie trug ein farbbeflecktes T-Shirt und uralte Jeans mit Löchern an den Knien, aber der Paketbote hatte sie schon schlimmer gesehen. Als sie auf die Füße sprang, protestierte ihr Rücken. So lange auf einem Fleck zu sitzen und sich Verspannungen zuzuziehen war ein Berufsrisiko. Wenn sie tief in ihre Arbeit versunken war, konnte sie stundenlang malen oder zeichnen, ohne zu bemerken, wie die Zeit verging.
Der Sprint durch das kleine Haus bis zur Tür dauerte nur Sekunden. Das Einzige, was sie kurz aufhielt, war ein Zusammenstoß ihres Zehs mit dem hinteren Fuß des Sofas. Verdammt, verdammt, verdammt. Vor Schmerzen sprang sie auf dem anderen Fuß weiter. Sie musste sich beeilen, denn die Annahme des Pakets erforderte eine Unterschrift.
Atemlos und keuchend riss sie die Tür auf und war kurz von den hellen Sonnenstrahlen geblendet. Der Mann, der auf ihrer Veranda stand, war kein Fremder. Und ganz sicher kein Paketbote.
Es dauerte geschlagene fünf Sekunden, bis sie das Unvorstellbare verarbeitet hatte.
„Hartley?“ Schnell verwandelte sich der Schock in Ärger. „Oh, verdammt, nein.“ Dieser Mann hatte ihr Ego verletzt und ihr vielleicht sogar das Herz gebrochen.
Instinktiv warf sie die Tür zu. Oder versuchte zumindest, sie zuzuwerfen. Ein großer Fuß – in einem Anzugschuh der Größe sechsundvierzig aus italienischem Leder – schob sich kurz vorher in den Türrahmen. Sein Besitzer stöhnte vor Schmerzen, doch er gab keinen Zentimeter nach.
„Bitte, Fiona. Ich brauche deine Hilfe.“
Da war sie. Ihre Schwäche. Ihre Achillesferse. In einer Reihe von annehmlichen, aber nur mittelmäßigen Pflegefamilien aufzuwachsen hatte sie gelehrt, dass es ihr das Dach über dem Kopf sicherte, wenn sie sich unentbehrlich für die Gemeinschaft machte.
Seit mehr als einem Jahrzehnt stand sie jetzt auf eigenen Beinen – also seit sie zu alt für das System geworden war. Sie hatte Geld auf der Bank, und ihre Bonität war makellos. Dieses perfekte kleine Haus war beinahe abbezahlt. Anderen einen Gefallen zu tun war inzwischen eine Gewohnheit, keine Notwendigkeit. Eine Gewohnheit, die sie geschworen hatte, sich abzugewöhnen.
Doch als sie Hartley tatsächlich ins Gesicht sah, geriet ihre Entschlossenheit ins Wanken. „Du siehst furchtbar aus“, murmelte sie, die Hand noch immer an der Tür, um ihm den Eintritt zu verwehren. Ihre Aussage war nicht vollkommen richtig. Selbst mitgenommen und mit dunklen Augenringen war Hartley Tarleton der attraktivste Mann, den sie je gesehen hatte. Muskulöse Schultern, schmale Hüften und ein Lächeln, das zum Wohle aller Frauen verboten gehörte.
Das erste Mal hatten sie sich vor einem Jahr bei der Hochzeit von gemeinsamen Freunden getroffen. Hartley war Trauzeuge gewesen und Fiona seine zugewiesene Begleiterin. Während der Zeremonie hatte er sie den Weg zum Altar entlanggeführt. Später am Abend, nach einer rauschenden Hochzeitsparty mit extrem gutem Wein in Hülle und Fülle sowie jeder Menge Tanz, hatte er sie aus dem scheußlichen pinkfarbenen Brautjungfernkleid geschält … in ihrem eigenen Schlafzimmer. In das sie ihn eingeladen hatte.
In jener Nacht war ihre körperliche und emotionale Verbindung eng und geradezu explosiv gewesen.
Doch als sie am folgenden Morgen aufwachte, war er verschwunden.
Heute schimmerten seine kaffeebraunen Augen – so dunkel, dass sie beinahe schwarz waren – voll starker Emotionen. „Bitte, Fee.“ Seine Stimme war rau. „Fünf Minuten.“
Was hatte dieser Mann bloß an sich, dass er all ihre Abwehrmauern niederriss? Schließlich hatte er sie nicht nur einmal sitzen lassen, sondern zweimal. War sie eine Masochistin? Normalerweise fiel sie nicht auf alberne Schmeicheleien von Männern herein. Doch sie hatte tatsächlich geglaubt, dass Hartley ebenso wie sie der Magie der betörenden Anziehungskraft zwischen ihnen verfallen war.
Sie seufzte über ihr eigenes rückgratloses Verhalten, trat einen Schritt zurück und öffnete die Tür. „Gut. Aber nur fünf Minuten. Ich bin beschäftigt.“
Sie versuchte, gleichgültig zu wirken, versagte dabei aber kläglich. Als er an ihr vorbeiging, versetzte sie der verführerisch frische Geruch seines Aftershaves zurück zu den beiden Nächten, in denen sie so verzweifelt versucht hatte zu vergessen.
Hartley durchquerte den Raum und machte sich auf ihrem Sofa breit. Sie blieb stehen, die Arme vor der Brust verschränkt. Bei ihrer ersten Begegnung hatte er einen Smoking getragen, wie es sich für einen Hochzeitsgast gehörte. Neun Monate später, als er ohne Erklärung für seine lange Abwesenheit vor ihrer Tür aufgetaucht war, hatte er eine ausgeblichene Jeans und ein blassgelbes Baumwollhemd mit aufgekrempelten Ärmeln getragen.
Heute schrie sein maßgeschneiderter Anzug förmlich nach Geld. Trotz seiner beinah greifbaren Verzweiflung sah er aus wie ein reicher Mann. Mit anderen Worten: nicht wie die Art von Mensch, mit der Fiona ein Date haben sollte. Oder mit der sie schlafen sollte. Oder irgendwelche Zukunftspläne schmieden.
Das Schweigen dehnte sich aus. Hartley lehnte sich vor, stützte die Ellbogen auf die Knie und senkte den Kopf. Er war ein Mann, der immer wusste, was zu sagen war. Die Art von Mann, die mit einem einzigen verschmitzt neckischen Zwinkern das Interesse einer Frau wecken konnte.
Jetzt, da sie den großen bösen Wolf in ihr Haus gelassen hatte, blieb er stumm.
Die drückende Stille machte sie schließlich mürbe. „Was willst du, Hartley?“
Sie wollte es ungeduldig und desinteressiert klingen lassen. Stattdessen zitterte ihre Stimme. Innerlich zuckte sie zusammen und hoffte, dass es ihm nicht aufgefallen war. Wenn es je einen Zeitpunkt gab, an dem eine Frau die Kontrolle über die Situation übernehmen und die Spielregeln festlegen konnte, dann jetzt.
Er verdiente ihr Mitleid nicht.
Endlich richtete er sich auf und sah sie an, die Hände auf den Oberschenkeln zu Fäusten geballt. Sein Gesicht wirkte eingefallen. Eindeutig ein Zeichen von Trauer. „Mein Vater ist tot“, brachte er mühsam hervor. Der Ausdruck in seinen Augen lag irgendwo zwischen kindlicher Fassungslosigkeit und stumpfer erwachsener Gewissheit.
„Oh mein Gott. Das tut mir so leid.“ Trotz der Verärgerung zog sich ihr Herz vor Mitleid zusammen. „Ist es plötzlich passiert?“
„Ja. Ein Schlaganfall.“
„Warst du in Charleston?“ Bei der Hochzeit hatten sie herausgefunden, dass sie beide in dieser wunderschönen rustikalen Stadt lebten, doch offensichtlich verkehrten sie die meiste Zeit in unterschiedlichen Kreisen.
„Nein. Aber das hätte auch keinen Unterschied gemacht. Das alles ist innerhalb von ein paar Sekunden passiert.“
„Ich weiß nicht, was ich sagen soll, Hartley, außer dass es mir sehr leidtut.“
„Er war alt, aber nicht so alt. Mir ist nie in den Sinn gekommen, dass ich keine Gelegenheit mehr haben könnte, mich von ihm zu verabschieden.“
Sie wollte sich neben ihn setzen und ihn umarmen, aber sie kannte ihre Grenzen. Es war am besten, eine sichere Distanz zu wahren. In Hartley Tarletons Arme zu sinken würde ihren Verstand zu Brei werden lassen.
„Du musst mit mir zu der Beerdigung gehen. Bitte.“ Er stand auf und sah ihr in die Augen. „Ich würde nicht fragen, wenn es nicht so wichtig wäre.“ Die Muskeln in seinem Hals spannten sich beim Schlucken an. Als ihm eine dicke Locke in die Stirn fiel, schob er sie ungeduldig zurück. Er brauchte dringend einen Haarschnitt.
Sie hatte ihn nackt gesehen. Hatte das sanfte Streicheln seiner großen, leicht rauen Hände auf jedem Quadratzentimeter ihrer empfindsamen Haut gespürt. Jener andere Hartley ließ ihren Körper vor Lust vibrieren … ließ ihr dummes, romantisches Herz Tagträume spinnen. Doch sie kannte ihn nicht. Nicht wirklich.
„Ich denke nicht, dass das eine gute Idee ist, Hartley. Schließlich bedeuten wir einander nichts. Das hast du mehr als klargemacht. Ich will nicht mit dir zu der Beerdigung gehen“, sagte sie nachdrücklich. Sie versuchte, sachlich und entschlossen zu klingen, nicht wie eine Frau, die einem Mann erlaubte, wochenlang und ohne Erklärung zu verschwinden, nur um ihn dann wieder in ihr Bett zu lassen … noch einmal.
„Du verstehst das nicht.“ Er trat einen Schritt auf sie zu, doch sie hielt ihn mit ausgestreckter Hand auf Abstand.
„Keine Berührungen“, sagte sie, da sie sein Spiel durchschaute. Sie würde nicht zulassen, dass er sie weichkochte.
Genervt zuckte er mit den Schultern. „Gut. Keine Berührungen. Aber du musst mit mir auf die Beerdigung gehen, weil ich Angst habe, verdammt. Ich habe meinen Bruder und meine Schwester seit über einem Jahr nicht gesehen. Es gibt Spannungen zwischen uns. Ich brauche einen Puffer.“
„Wie überaus charmant“, erwiderte sie gedehnt. „Genau das möchte eine Frau hören.“
„Herrgott noch mal, Fee. Jetzt mach es nicht so kompliziert.“
Sein finsterer Blick wäre erheiternd gewesen, wenn sie sein Verhalten nicht so scheußlich gefunden hätte. „Ich benehme mich vollkommen vernünftig und rational, Mr. Tarleton. Du bist derjenige, der anscheinend den Verstand verloren hat.“
Mit einer Hand griff er sich in den Nacken, ein Schatten huschte über sein Gesicht. „Vielleicht habe ich das“, murmelte er. Rastlos ging er auf und ab, dann hielt er inne, um eine Nautilus-Muschel in die Hand zu nehmen, die ein Freund ihr aus Australien mitgebracht hatte. Wie ein Hamburgerbrötchen war sie mit einer feinen Juweliersäge aufgeschnitten, um die logarithmische Spirale im Inneren freizulegen. Hartley fuhr das Muster mit einer Fingerspitze nach, eine beinahe sinnliche Geste. „Das ist wunderschön“, sagte er.
„Ich habe es gerade erst aus meinem Atelier mitgebracht. Ich arbeite an einer Serie von vier Aquarellen … eine Galaxie, ein Hurrikan, diese perfekte Muschel. Das Muster taucht in der Natur öfter auf, als man vielleicht denkt“.
Er schloss die Hand um das schillernde Naturwunder und warf ihr einen Blick zu. „Und das vierte?“
Sie errötete leicht. „Kurioserweise ist es eine Art Blumenkohl … Romanesco.“
Zum ersten Mal lockerte sich die Anspannung in seinen breiten Schultern, und das für ihn so typische Grinsen erhellte sein Gesicht. „Ich habe noch nie jemanden wie dich getroffen, Fiona.“
„Was soll das heißen?“, fragte sie trotzig.
„Du bist etwas Besonderes. Du siehst die Welt auf eine Art, die uns Normalsterblichen verborgen bleibt. Darum beneide ich dich.“
Die Aufrichtigkeit in seiner Stimme und das ehrliche Kompliment erinnerten Fiona an all die Gründe, aus denen sie seinem Charme beim ersten Mal erlegen war. Und beim zweiten. Sein vertrautes Lächeln war süß und gleichzeitig unglaublich sexy. Bei einem Mann, der einen Meter neunzig groß und athletisch wie ein Sportler war, erwischte sie diese Spur von kindlicher Offenheit immer wieder auf dem falschen Fuß.
Was konnte es schaden, wenn sie ihn zur Beisetzung seines Vaters begleitete? Es ging um eine Stunde ihres Lebens, vielleicht weniger. Sie seufzte innerlich und gab den Kampf allmählich verloren. „Wann ist denn die Beerdigung?“
Jetzt sah er definitiv schuldbewusst aus. „Heute.“
Ihr fiel die Kinnlade herunter. „Heute?“
„In anderthalb Stunden.“
Schlagartig begann die Wut in ihr zu brodeln. „Und du hast wirklich geglaubt, du könntest hier einfach angetanzt kommen, meine Unterstützung einfordern und bekommen, was du willst?“
„Nein“, antwortete er energisch. „Nein.“ Beim zweiten Mal war er ruhiger. „Ich habe es gehofft, Fee. Nur gehofft.“
Er stopfte die Hände in die Hosentaschen und bewegte sich nicht. Das rechnete sie ihm hoch an. Bei ihren früheren Begegnungen hatte alles darauf hingedeutet, dass er tatsächlich mit nur etwas mehr als einem Kuss bekommen konnte, was er wollte. Doch Hartley spielte keine Spielchen. Er fragte einfach nur.
Bevor sie eine Antwort formulieren konnte, verzog er das Gesicht. „Ich weiß, dass ich dir eine Erklärung für mein Verhalten schulde. Wenn du mir den Gefallen tust, mir heute Nachmittag zur Seite zu stehen, dann schwöre ich, dir danach alles zu erzählen, was du wissen willst. Ich werde nicht weglaufen. Diesmal nicht.“
In seinem Gesichtsausdruck suchte sie nach der Wahrheit. „Warum stehen die Dinge zwischen dir und deinen Geschwistern so schlecht? Seid dein Bruder und du nicht Zwillinge? Ich meine, das hättest du mir erzählt. Sollten Zwillinge nicht eng miteinander sein?“
„Ich habe etwas getan, das meinen Vater und meinen Bruder Jonathan verärgert hat. Ich wurde aus dem Testament gestrichen. Und um ehrlich zu sein, habe ich es vielleicht auch verdient. Aber ich liebe meine Familie. Sie bedeutet mir alles. Ich würde den Riss gern kitten … falls das überhaupt möglich ist.“
Er hätte sie beschwatzen können. Oder anflirten. Oder sie sogar unter Druck setzen. Stattdessen stand er einfach nur da. Sah sie an. So intensiv, dass ihre Brustwarzen unter der weichen Baumwolle ihres BHs hart wurden. Sie hatte sich die körperliche Verbindung zwischen ihnen nicht eingebildet. Sie war heute ebenso real wie die anderen Male, als er wie eine Bombe in ihre Welt eingeschlagen war. So real wie die Uhr auf dem Kaminsims, die in gleichbleibendem Rhythmus tickte.
„Okay. Ich gehe mit dir hin.“ Ein platonisches Date anlässlich einer Beerdigung bedeutete nicht, dass sie ein drittes Mal kapitulierte. „Ich kann in einer halben Stunde fertig sein. Passt das?“
Er nickte. „Danke, Fiona.“ Sein Blick war nüchtern. „Das weiß ich wirklich zu schätzen.“
„Warte hier auf mich. Wenn es an der Tür klingelt, mach bitte auf. Ich erwarte ein paar Pakete.“
Hartley sah Fiona hinterher und wünschte, er könnte ihr unter der Dusche Gesellschaft leisten und vergessen, dass sein Leben gerade völlig aus den Fugen geriet. Dass sie zugestimmt hatte, ihn zu begleiten, war geradezu ein Wunder. Wegen seiner momentanen Situation und der immer größer werdenden Nervosität davor, seine Familie wiederzusehen, musste er all die erotischen Erinnerungen beiseiteschieben, die dieses kleine Haus in ihm hervorrief.
Er hatte ein flaues Gefühl im Magen, doch die brennende Furcht erlosch langsam. Mit Fee an seiner Seite könnte er diesen Nachmittag überstehen.
Bevor er sein Handy herausziehen und seine E-Mails checken konnte, klopfte es laut an der Tür. Der uniformierte Lieferbote auf der Veranda strahlte, doch als Hartley öffnete, verblasste sein Lächeln.
„Ich habe ein paar Pakete“, sagte er.
Hartley ging nicht darauf ein, wie peinlich und unnötig diese Erklärung war. „Das sehe ich“, sagte er verhalten.
Der Junge, höchstens Anfang zwanzig, versuchte, einen Blick ins Haus zu erhaschen. „Fiona muss für diese Lieferung unterschreiben.“
Sofort regte sich Hartleys Revierverhalten. „Miss James ist unter der Dusche.“
Der junge Mann verstand die diskrete Zurechtweisung und wurde prompt rot. „Sie könnten das vermutlich auch.“
„Vermutlich könnte ich das.“ Hartley kritzelte seinen Namen auf das elektronische Klemmbrett und gab es ihm zurück. „Ich richte ihr Grüße aus.“
Drei große Kartons wechselten den Besitzer. Hartley schenkte dem armen Trottel ein lapidares Nicken und schloss nachdrücklich die Tür. Er konnte den Jungen nicht für seine Schwärmerei verurteilen, aber Fiona hatte einen Mann in ihrem Leben verdient.
Die Ironie dahinter entging ihm nicht. Genau genommen konnte er jetzt, da er sich Fionas Unterstützung sicher war, einen Moment darüber nachdenken, was sie so in den Wochen und Monaten getrieben hatte, in denen er die Welt bereist hatte. Gab es irgendwo einen Mann, der Einspruch dagegen einlegen würde, dass er, Hartley, sich in ihr Leben einmischte?
Seine üble Abneigung gegen diesen Gedanken verriet ihm, dass er stärker involviert war, als er zugeben wollte. Es schien unmöglich, dass er auf eine Frau fixiert war, die er – zusammengerechnet – weniger als eine Woche kannte. Und doch hatte Hartley unter all den Menschen in seinem Leben, die er hätte überreden können, ihn zur Beerdigung seines Vaters zu begleiten, Fiona ausgewählt.
Der Frieden, den er gerade tief in seinem Herzen verspürte, bestätigte ihn darin, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
In den nächsten Wochen und Monaten würde sich jede Menge verändern. Selbst wenn sein Bruder ihm nicht vertraute und seine Schwester ihm vorwarf, so lange fort gewesen zu sein, würden sie zusammenarbeiten müssen, um die Angelegenheiten ihres Vaters zu regeln.
Nur Hartley wusste, wie ausgesprochen schwierig das werden würde.
Ein Geräusch im Flur ließ ihn hochschauen. Ihm stockte der Atem. „Fiona“, stieß er heiser hervor. „Du siehst fantastisch aus.“
Ihr klassisches schwarzes Kleid war ärmellos und knielang. Sexy schwarze Sandaletten brachten ihre schlanken Beine zur Geltung. Sie hatte sich Mühe gegeben, das mittellange Haar mit zwei altertümlichen Schildpattkämmen zu zähmen. Jetzt umrahmten feuerrote Locken ihr elfenhaftes Gesicht. „Ist das okay?“, fragte sie. „Um ehrlich zu sein, war ich schon ziemlich lange nicht mehr auf einer Beerdigung.“
Sie spielte an dem einzelnen Perlenohrring, der zu ihrer Halskette passte.
„Du bist perfekt“, antwortete er.
An guten Tagen vermied Fiona Beerdigungen. Zu dieser speziellen zu kommen, noch dazu am Arm des Mannes, der sie so schäbig behandelt hatte, ergab keinen Sinn.
Und doch war sie hier.
Charleston mit all seinem provinziellen Charme aalte sich in der Sommersonne. Die Innenstadt war eine einzigartige Mischung aus vornehmer Südstaaten-Eleganz und den Überbleibseln vergangener Schönheit. Palmen und von Pferden gezogene Kutschen. Schicke, abgeschiedene Innenhöfe. Und überall die Patina von altem Geld. Weiter außerhalb existierten auch ärmere Viertel, doch hier im historischen Zentrum herrschten Reichtum und Macht.
Als Fiona und Hartley das vornehme Bestattungsinstitut im Herzen der Stadt erreichten, wusste sie, dass sie in Schwierigkeiten steckte. Hartley hatte die ganze Zeit über kaum ein Wort gesprochen, doch sie konnte ihn überdeutlich an ihrer Seite wahrnehmen.
Trotz der Anspannung in seinem Gesicht und seiner greifbaren Nervosität steuerte er den Wagen sicher und vertrauensvoll.
Es war unmöglich, nicht an die anderen Male zu denken, an denen sie zusammen gewesen waren. Zumindest war es für sie unmöglich. Hartley war vermutlich zu aufgewühlt, um an Sex zu denken.
Von ihrer Rolle, die sie an diesem Nachmittag zu spielen hatte, war Fiona absolut nicht überzeugt. „Also, was muss ich wissen?“, fragte sie. „Ich möchte nichts Falsches sagen.“
Hartley warf ihr einen Seitenblick zu, bevor er einen freien Parkplatz ein Stück weiter entdeckte und mühelos einparkte. „Halt dich einfach an mich. Meine Schwester wird emotional sein. Aus verschiedenen Gründen. Sie weiß nicht, warum ich so lange weg war.“
„Willkommen im Klub“, murmelte Fiona.
Hartley ignorierte ihren Sarkasmus. „Mazies Ehemann heißt J. B., ein Freund von uns aus Kindertagen. Er und Mazie haben vor Kurzem wieder Kontakt aufgenommen und sich verliebt. Und um dich noch mehr zu verwirren: J. B. ist der beste Freund meines Bruders.“
„Verstanden.“
„Jonathan, mein Zwillingsbruder, hatte vor nicht allzu langer Zeit eine schwere Gehirnoperation, von der er sich aber komplett erholt hat. Seine Frau heißt Lisette. Sie arbeitet schon lange für Tarleton Shipping.“
„Und deine Mutter? Ich habe dich noch nie von ihr sprechen hören.“ Fiona stieg aus und glättete mit feuchten Händen ihr Kleid. Fremde zu treffen war nicht ihre Stärke. Unter diesen Umständen stand allerdings viel mehr auf dem Spiel als gewöhnlich. Hartley stieg ebenfalls aus, warf die Tür zu und stützte die Arme auf das Autodach, als er sie ansah. „Meine Mutter ist nicht mit von der Partie. Die einzigen Menschen, mit denen du heute zu tun haben wirst, sind meine Geschwister und ihre Ehepartner.“
Falls seine Worte sie hatten beruhigen sollen, war das ordentlich schiefgegangen. Hartleys Geheimniskrämerei verriet ihr, dass die Familie Tarleton mehr als eine Leiche im Keller hatte. Warum sonst sollte er so besorgt darüber sein, seinen Bruder und seine Schwester zu treffen? Allmählich dämmerte es Fiona, dass ihr kurzer Kontakt nicht die einzige Beziehung war, die er abgebrochen hatte.
Sie kamen früh am Bestattungsinstitut an. Hartley wollte etwas Zeit haben, um mit seiner Familie zu sprechen, bevor die Freunde eintrafen. Als er nach Fionas Hand griff, während sie die Stufen des Gebäudes mit den roten Ziegeln und weißen Säulen emporstiegen, war sie nicht sicher, ob er es überhaupt bemerkte.
Um ihn zu bestärken, drückte sie seine Finger. „Alles wird gut“, sagte sie leise. „Jede Familie macht das durch. Du schaffst das. Ihr alle schafft das.“
Seine Miene war düster, als er die Tür öffnete. „Der Tod ist eine Sache. Mit den Lebenden umzugehen ist etwas ganz anderes.“
Seine eigenartigen Worte begleiteten sie die nächste halbe Stunde und warfen ein anderes Licht auf das Familientreffen.
Mazie war die Erste, die ihren Bruder entdeckte. Mit tränennassem Gesicht rannte sie auf ihn zu und schlang ihm die Arme um den Hals. „Ich schwöre, ich sollte dir nicht verzeihen, aber ich bin so froh, dass du da bist.“
Fiona hielt sich zurück, als Hartley seine klassisch schöne Schwester in den Arm nahm. Mazies Haut war heller als die ihres Bruders. Und auch wenn es eine starke Familienähnlichkeit gab, waren ihre Augen eher bernsteinfarben als braun. Im Vergleich zu ihrer Eleganz fühlte Fiona sich unscheinbar. Mazie trug Smaragde, die ein Vermögen gekostet haben mussten.
Jetzt streckte Hartley die Hand aus und zog Fiona in den kleinen Kreis. „Mazie, das ist eine Freundin von mir, Fiona James. Sie war so freundlich, mich heute zu begleiten.“
Fiona schnitt eine Grimasse. „Ich habe ihm gesagt, dass man keine Begleitung für eine Beerdigung braucht, aber ein Nein wollte er nicht akzeptieren.“
Mazie lächelte unter Tränen. „Das klingt ganz nach Hartley. Moment mal“, sagte sie. „Die Künstlerin Fiona James? Mein Mann und ich besitzen ein paar deiner Bilder. Das Salzmarschland bei Sonnenuntergang. Die Brücke im Zwielicht. Sie bedeuten mir viel. Du bist unglaublich talentiert.“
„Danke“, sagte Fiona. Es verunsicherte sie noch immer, wenn sie erkannt wurde.
Mazie wischte ihr Gesicht mit einem Taschentuch trocken. „Jonathan ist gleich um die Ecke. Du kannst dieses Wiedersehen also direkt hinter dich bringen.“
Hartleys Miene verdunkelte sich. „Wird er wirklich wieder gesund?“
„Er ist so gut wie neu“, erklärte Mazie. „Er ist nicht mal ausgeflippt, als Lisette ihm gesagt hat, dass sie dich auf dem Laufenden gehalten hat. Offenbar stimmt es einen milde, wenn man dem Tod ins Gesicht schaut.“
Hartley legte Fiona einen Arm um die Hüften. „Bei Jonathan wurde anfangs eine falsche Diagnose gestellt, aber zum Glück wurde dieser Fehler rechtzeitig erkannt.“
„Wie gruselig.“ Fiona schüttelte den Kopf.